Sehnsucht (ab 16 Jahre) von raylight ================================================================================ Kapitel 1: Die Lady und der Waisenjunge --------------------------------------- Es war ein sonniger Julitag im Jahr 899, Eastbbourne an der Südküste Englands. Jasmin hatte ihre Leibwache ausgespielt und ging durch die Stadt. Sie wollte zum Hafen und das Meer beobachten. Die junge Frau war schön, schlank, hatte leicht gewellte dunkelblonde Haare und blaue Augen. Sie war vierzehn Jahre alt. Jasmin freute sich über dieses schöne Wetter. Es war herrlich warm. Mitten im Stadtzentrum wurde sie von Jugendlichen umzingelt. “Na was macht denn die Tochter des Barons auf unserem Gebiet? Wo ist ihre Leibwache?”, fragt der Anführer. “Mir war langweilig. Ich habe mich davon geschlichen.”, erklärte sie gelassen. “Dann werden wir dich als Geisel nehmen und Lösegeld fordern. Los Freunde nehmt sie fest!” Sie bekam es mit der Angst zutun. Plötzlich sprang ein rothaariger Junge vom Dach und stellte sich zwischen sie. “Er muß nicht viel älter sein als ich.”, dachte Jasmin. In der rechten Hand hielt er ein Schwert. Das Schwert hatte eine blaue Scheide. Die Klinge war nur auf einer Seite scharf. Der Griff war grün mit goldenen Knauf, Griffbügel und Glocke. “Was mischt du dich ein, du Strolch?” “Laßt sie in Ruhe!”, rief er mutig. “Hey, John! Das ist der Bastard mit dem komischen Schwert. Das Schwert des Teufels! Du hast es doch mal versucht zu klauen und hast einen Stromschlag abbekommen.”, flüsterte einer seinem Anführer ins Ohr. “Du hast recht.” Die Schläger griffen an. Er schlug zurück. Sie kamen gegen ihn nicht an. Dann ergriffen sie die Flucht. Der junge Mann drehte sich zu ihr um. “Alles Inordnung?”, fragte er besorgt. Jasmin musterte ihn. Sein Gesicht war schön mit wunderschönen dunkelbraunen Augen. Seine Haaren durchzog ein Mittelscheitel. Seine Stimme hatte einen herrlichen Klang. Sein Körper war schmächtig. Die Kleider waren schon viele Male geflickt worden. Sie bestanden aus einem weißen Hemd, braune Hose und Lederschuhe. “Ja, danke. Wie heißt du? Ich bin Jasmin, die Tochter des Barons Henry.” “Das wußte ich, wessen Tochter du bist. Ich bin Shanks Alitvo Shoned. Wie alt bist du?” “Vierzehn und du?” “Ein Jahr älter. Es ist besser, ich begleite dich.” “Danke, darf ich dein Haus sehen. Das heißt, wenn deine Eltern nichts dagegen haben?” Sie bemerkte in Shanks’ Augen eine Art Einsamkeit und Verzweiflung. “Ich habe meine Eltern mit acht Jahren verloren. Beide hatten sehr hohes Fieber und starben. Wir sind zu arm gewesen, um uns einen Arzt leisten können. Meine Mutter hat mir dieses Schwert vererbt. Es ist ein Familienerbstück. Das Schwert hat mir da gute Dienste geleistet. Dein Vater hat mich von den Schulden meiner Eltern frei gesprochen. Ich brauch bis zu meinem einundzwanzigsten Lebensjahr keine Abgaben und Steuern zahlen. Er hat es nur getan, weil er dich hat. Ich habe es bis jetzt immer schwer gehabt. Du hast es gut und hast sogar noch eine Familie. Dann mußt du nicht in Armut leben.” Shanks senkte den Kopf. “Ich habe meine Mutter vor vierzehn Jahren verloren, genau einen Tag nachdem ich geboren wurde. Du hast recht. Ich lebe in besseren Verhältnissen, als du. Aber dein Leben ist schöner, auch wenn da ein Haken ist. Mein Leben ist langweilig.”, erklärte Jasmin lächelnd. Shanks starrte ihr Kleid an. Alles paßte zu ihr. Und er? Er war nur ein mittelloser Waisenjunge mit trauriger Vergangenheit, der in Lumpen gekleidet war. Jasmin bemerkte, daß er sich nach einem neuem Leben sehnte. Trotzdem war der magere Waisenjunge ein guter Mensch. Shanks führte sie zu seinem schäbigen Haus. “Das ist mein Haus.” Jasmin war geschockt. Das Dach drohte allmählich einzustürzen. “Es tut mir Leid für dich. Aber leider hat nicht jeder so ein Glück wie ich.” “Ich denke, daß mir jeden Tag die Decke runter fällt. Es ist ein Wunder, daß sie noch steht. In den Jahren bin ich zu einem Außenseiter geworden. Den Grund weiß ich nicht. Meine Nachbarn haben mir Kleidung geschenkt. Aber ihre Kinder sind weggezogen. Ihre Eltern sind letztes Jahr gestorben. Ich habe mir eine Angel gebaut, als das Schiff meines Vaters sank. So mußte ich wenigsten nicht hungern. Du hast ein schöneres Leben als ich.” “Nein, das stimmt nicht! Mein Leben ist nicht viel besser als deines, wie schon gesagt, mein Leben ist langweilig. Man sagt dir, was du tun sollst und wie du dich kleiden sollst. Andere Leute treffen für dich die Entscheidungen. Es heißt immer du mußt schön sein, zu jeder Feier gehen, wie du dich zu benehmen hast und wen du heiraten mußt.” Sie atmete noch mal durch. Dann bemerkte sie, daß die Sonne langsam unterging. “Oh! Ich glaube, ich muß nach Hause.” “Ich begleite dich bis zum Stadtrand.” “Darf ich dich wiedersehen?” “Wenn du es willst? Ich habe noch nie etwas besseres zutun gehabt. Du darfst aber eins nicht vergessen. Ich gehöre nicht zu deines Gleichen. Alle Leute hier behandeln mich, als wäre ich eine Mißgeburt. Weißt du, die Leute hier sind zwar arm, aber sie sind reicher als ich. In der ganzen Stadt bin ich der Einzige der kein Geld besitzt. Wäre dein Vater nicht so gnädig, dann wäre ich schon vor sechs Jahren gestorben.” Jasmin nickte. Am Stadtrand angekommen, sagten sie sich Lebewohl. Shanks blickte ihr noch lange nach bis sie verschwunden war. Sie war der erste Mensch, seitdem Tod seiner Eltern, mit der er reden konnte. Er hatte ihr ein Teil seiner Vergangenheit erzählt, was er sonst nicht gemacht hätte. In ihrem Zimmer konnte Jasmin den jungen Mann von heute einfach nicht vergessen. In seiner Stimme war ein überdrüssiger Klang. Er war es Leid so zu Leben. Jasmin bemerkte, daß es ihr auch nicht anders ging. Auch Jasmin träumte von einem neuen Leben. Sie hätte gerne auch solche Freiheiten wie er gehabt. Jasmin fühlte sich genauso wie Shanks. Jedes Leben hatte gute Seiten und schlechte Seiten und sie hätte am liebsten ein Leben ohne diesen lästigen Haken. Sie hatte gerade eins der Verbote ihres Vater überschritten. Jasmin hatte mit einem Bürgerlichen geredet, der den fast niedrigsten Rang in der ganzen Stadt besaß. Doch sie bereute es nicht. Dann klopfte es an der Tür. Es war ihr Vater. Jasmin wurde aus ihren Träumen gerissen. “Jasmin, wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht. Du warst nachdem Mittagessen einfach verschwunden. Kurz vor dem Abendbrot bist du wieder in deinem Gemach.” Jasmin senkte den Kopf. Was sollte sie ihm bloß sagen? Sie hatte Angst um Shanks. Dann holte sie Luft. “Ich habe mich davon geschlichen, weil mir langweilig war und habe in der Stadt einen Spaziergang gemacht.” “Was? In der Stadt? Hat man dich belästigt?” “Eine Gruppe von Schlägern hat mich bedroht und wollte mich als Geisel nehmen. Ich kann dich zu ihnen bringen, damit du sie folterst.” “Wie bist da herausgekommen? Hat dir jemand geholfen?” “Es schadet nicht, wenn ich ihm nur ein Teil der Wahrheit erzähle.”, dachte sie. “Ein junger Mann kam mir zu Hilfe und hat mich gerettet. Dann hat er mich nach Hause gebracht.” “Mh, eine meiner Dienerinnen hat fast die gleiche Geschichte erzählt. Ich werde mich um die Schläger kümmern, aber wer war der Junge? Hat er sich vorgestellt? War er fünfzehn Jahre alt und hieß er Shanks Shoned, der rothaarige Waisenjunge?” “Was würdest du denn machen, wenn er es war?” “Ihn neue Kleidung schenken, da der Winter bald kommt. Wer meine Tochter rettet, bekommt von mir eine Belohnung und dieser Junge hat es nicht gerade gut getroffen. Also was ist?” “Ja, er war es.”, meinte Jasmin schüchtern. Henry nickte nur freundlich. Er hätte nie gedacht, das Shanks solange durchhält. So ging er am nächsten Tag mit ein paar Wachen in die Stadt und ließ die Schläger, die auf Jasmins Beschreibung paßten, festnehmen lassen. Henry ging allein zu Shanks. Er klopfte an die Tür. Shanks machte auf. Ängstlich blickte er Henry an. “Shanks, ich komme im Namen meiner Tochter. Sie hat mir erzählt, daß du sie beschützt hast. Ist das wahr?” “Ja, Mylord.”, antwortete Shanks zurückhaltend und mit gesenkten Kopf. Henrys Blick schweifte in den Raum, wo Shanks’ lebte. Dann erspähte er das Schwert. “Ich kann mich noch gut an deine Mutter, Lucy, erinnern. Sie hat gegen jede Ungerechtigkeit gekämpft. Dein Vater, Altivo, hatte sie damals gezähmt und dann wurdest du geboren. Ich habe das Gefühl, du ziehst das Unglück magisch an. Du hast einen Mißerfolg nachdem anderen. Die Schläger, die meine Tochter bedrohten, werde ich morgen hängen lassen. Vielleicht findest du sogar irgendwann deine große Liebe. Dann werden die Zeiten besser sein.”, meinte Henry sanft, “Danke, das du Jasmin beschützt hast und dann habe ich noch etwas für dich.” Er gab Shanks zwei Säcke. Es war ein großer und ein etwas kleinerer. “In dem einen ist neue Kleidung für den Winter und in den anderen ist etwas Essen darin Es ist auf jedenfall mal etwas anderes als jeden Tag Fisch zu essen.”, erklärte Henry. “Danke, Mylord!” “Ach ja noch etwas, wehe wenn du dich in Jasmin verliebst. Sie gehört Eric, dem Sohn des Earl James von Hasting. Hast du das kapiert!” Shanks nickte nur schüchtern. “Also dann, auf wiedersehen!” “Ja, bis bald.”, brachte er nur heraus. Auf der einen Seite war Henry sehr nett, aber auf der anderen Seite war er streng. Er seufze. Nie würde er wieder so einen Menschen wie Jasmin treffen. Shanks war ja in der ganzen Stadt als Außenseiter verschrien. Es tat ihm in der Seele weh, wenn er an die Realität dachte. Henry würde seine Tochter nie wieder außer acht lassen. Jasmin kam eine Woche später zu ihm. Sie hatte eine Armburst dabei. Er probierte sie aus und traf genau ins Schwarze. “Toll! Kannst du es mir beibringen?” Shanks nickte. Er zeigte ihr wie es geht. Sie übte mit ihm solange, bis sie so gut war, wie Shanks. Am Abend des Tages hatte Jasmin eine Idee. “Vater?” “Was ist?” “Wir können doch Shanks in die Dienerschaft aufnehmen. So wäre er wenigsten nicht mehr allein.” “Mh, das ist eine gute Idee. Ich werde ihn in fünf Jahren einstellen. Da er mit einundzwanzig sowieso Steuern bezahlen muß und das ist gleich praktisch. Du bist fast wie deine Mutter, Jasmin.” Er lächelte sie an und ging. Jasmin trat auf ihren Balkon und setzte sich auf eine Bank. Sie seufze. Betty, eine Dienerin, kam zu ihr und setzte sich zu ihr. Sie waren befreundet. “Mylady, ich hörte Sie seufzen. Was ist los?” “Mein Vater will das ich diesen Eric heirate, aber ich will nicht.” “Jedes Mädchen wäre froh, wenn sie so ein Angebot bekommen hätte. Er ist ein schöner Mann.” “Ja schon, aber ich kenne ihn doch kaum.” “Ich glaube, Sie sind verliebt.” Jasmin fuhr herum. “Glaubst du?” “Ja, Mylady. Ich bin verheiratet und immer noch verliebt in meinem Mann. Sie sind in den jungen Mann verliebt, der Sie gerettet hat.” “Meinst du?” Sie nickte. “Shanks ist der freundlichste Mensch in der ganzen Stadt, neben dir. Mein Vater würde es nie erlauben ihn zu heiraten. Dabei habe ich mit ihm viel gemeinsam. Wir sind gute Freunde geworden.” Betty verabschiedete sich von Jasmin. Etwas später wurde sie zu ihrem Herrn gerufen. Sie war blondhaarig, schlank und vierunddreißig. “Mylord, sie haben mich gerufen?” “Ja, George wird in fünf Jahren in Pension treten, wie du weißt.” “Dann müssen wir ja einen Neuen einstellen. George ist ja auch schon sechzig Jahre alt.” “Er hat es mir gestern gesagt. Meine Tochter hat mir heute einen Vorschlag gemacht. Kennst du einen Waisenjungen namens Shanks?” Sie nickte. “Seine Mutter war mit mir befreundet. Warum?” “Er soll Georges Nachfolger werden. Jetzt kann ich ihn noch nicht gebrauchen, aber in fünf Jahren stell ich ihn ein.” “Das sind gute Nachrichten.” “Betty. Wußtest du, das Shanks ein wertvolles und geheimnisvolles Schwert besitzt.” “Ja, Mylord. Das Schwert gehörte erst Lucy. Sie hat gesagt: ‘Wer das Schwert berühren kann, der dient der Königsfamilie.’ Das hat Lucy mir jedenfalls so erklärt. Mehr wußte sie auch nicht. Warum fragen Sie?” “Mein Großvater hat mir etwas gesagt. Da war ich sieben. Nach einer Legende sollen die Shoneds einem Königsgeschlecht entstammen, deren Volk schon lange untergegangen ist, keine Ahnung ob es wahr ist. Es kann auch sein, das sie nur einem bestimmten König die Treue halten. Dieser König ist der Herrscher des ganzen Universums, mit anderen Worten einem Gott. Der Familienname Shoned wird Generation zu Generation weiter getragen. Diese Familie hat Merkmale, was für sie typisch ist. Sie sind ungestüm und rothaarig. Die Shoneds sind die Einzigen in der Stadt, die einen Familiennamen tragen. Als ich Shanks vor sechs Jahren Winterkleidung heimlich gebracht habe, habe ich das Schwert berührt und ich habe einen Blitzschlag abbekommen. Mit anderen Worten an der Erzählung meines Großvaters ist etwas dran.” “Was bedeutet der Name Shoned eigentlich?” “Mein Großvater sagt, es hieße Diamant. Alle der Familie waren allerdings gutaussehend. Dieser junge Mann ist da keine Ausnahme. Soweit ich weiß, ist Shanks der Letzte seiner Familie.” “Von wo kommt der Familienname her? Diese Familie muß doch von einem anderen Land entstammen.” “Das ist es ja, niemand weiß es genau. Mein Großvater meinte, sie kämen aus dem Weltall, von einem Planeten namens Cora, aber ob das wahr ist, bezweifle ich. Shanks ist jedenfalls ein Mensch und kein Außerirdischer. Betty soll ich dir etwas sagen, von meiner Familie wird das Gleiche behauptet. Auch meine Eltern stammen angeblich von diesem Planeten ab. Mein geheimer Familienname lautet Henry Bill Uran. Doch ich diene dem König von England und niemand anderem. Jasmin weiß über meine Familie Bescheid und hat fast genauso viel gefragt wie du. Uran bedeutet Aufgang. Mehr wollte ich dir nicht sagen. Bitte geht jetzt. Aber sage niemanden ein Wörtchen davon, sonst bringe ich dich um. Kapiert!” Betty nickte und ging aus seinem Gemach. So eine Geschichte hatte sie noch nie gehört, Menschen von einem anderen Planeten ein schauriger Gedanke. Sie dachte insich, daß Shanks sicher auch keine Ahnung hatte, wer er ist. Doch es konnte auch sein, er wußte es. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)