Spiegel deiner Selbst von Glasfluegelchen (...bis du ganz unten angekommen bist...) ================================================================================ Kapitel 5: Öffnet die Pforten für das Kind der Unschuld ------------------------------------------------------- Stunden, verbracht in boshaften Gedanken waren inzwischen verstrichen. Dieses Gör hatte doch tatsächlich den Schneid hier herein zu spazieren und sofort alles in meinem Reich auf den Kopf zu stellen. Kaum zu glauben dass dieser unsagbar, unverschämte Mensch schon 20 Jahre alt sein soll. Es ärgerte mich überhaupt noch diese nutzlosen Papiere mit den belanglosen Infos zu studieren. Was machte es schon aus wer sie war und wo sie her kam. Ihr Charakter war verdorben. Absolut unzumutbar für ihre Umwelt. Und diesen Umstand galt es zu verändern. Ganz egal zu welchem Preis. „Was meinen sie Ruben? Ist sie noch zu biegen? Oder müssen wir sie brechen?“ „Lass das meine Sorge sein Lucien. Sie wird ihre Lektion schon lernen.“ Aber erst einmal lassen wir sie eine Weile zappeln. Gebt ihr 2 Tage. Danach ruft sie an und gebt ihr vorerst einen Job als Zimmermädchen. Wir wollen ihr den Einstieg nicht all zu leicht machen.“ „Ich werde mich darum kümmern.“ Schachmatt. „Gut. Dann geh jetzt. Ich hab zu tun.“ Luciens Art schaffte mich. Und doch versetzte er mich immer wieder in einen Zustand großer Verwunderung. In seinem Auftreten war er absolut straff, geradlinig und korrekt. Doch allen Erwartungen zum Trotz war er dazu im Stande in geschmeidigen, katzenhaften Bewegungen zur Tür hinaus zu gleiten und in der gleichen Lautlosigkeit wieder zu erscheinen. Er war überall und doch nirgendwo, verborgen vor den milliarden Augen dieser Welt, wenn er nicht gesehen werden wollte. Wäre es nicht die Unterwelt gewesen, die mir mit ihren Aufgaben zu Rang und Namen verholfen hätte, dann wüsste ich bis heute nicht um seine Existenz und seine Kraft die er tapfer in seinem Innersten verbirgt, bis jener Tag anbricht an dem er sie zu benutzen weiß. Wer weiß, vielleicht wäre ich längst schon seiner Überlebenswut zum Opfer gefallen, hätte ich ihn durch andere Umstände kennen gelernt. Es gibt Tage, an jenen er würdige Beute wittert. Tage, an denen gieriges Lechzen aus seinen Augen springt und ihn an den Rand seiner Vernunft treibt. Vernunft. Das war überhaupt sein größter Widersacher. Er war ein Kind des Himmels, verstoßen von jenen scheinheiligen Wesen die unter dem Deckmantel der Vernunft ihre Schlechtigkeiten an ihm ausließen. Das geschundene, schwarze Schaf unter den einhundert reinblütigen Wesen, weil er der irdischen Empfindung des Schmerzes verfallen war. Unverstanden, ungeliebt, lebte er nur noch zu einem einzigen Zweck. Er musste fallen um zu überleben. Er musste tief sinken um seine niederen Triebe lenken zu lernen um sich eines Tages für erlittene Schmach zu rächen. So kämpfte er sich von Tag zu Tag, wurde schwächer und schwächer, bis er sich fast schon aufgegeben hatte. Eines Nachts, als er es nicht mehr ertrug nur ein unbedeutendes Wesen ohne Existenzberechtigung zu sein, stürzte er in einen Abgrund, fern dieser Welt. Schwarz, tobend, zornig, umgeben von ausgezehrten, rachedurstigen Wesen die alle das gleiche wollten. So wandelte ihn sein tiefer Schmerz in eine Gestalt die es ihm erlaubte in die Rolle des Rächers aufzusteigen. Doch auch er ist nichts weiter mehr, als ein Mensch. Ein Mensch mit Schwächen, der mit dieser ungeahnten Kraft außer Kontrolle geraten würde. Und so kam ich. Der Urvater der Rache, geschickt um Hand in Hand mit ihm jene zu richten, die so wie Alice jede Schuld von sich schieben und sich an unschuldigen Wesen vergehn, die von der Welt geächtet nur noch als Schatten ihrer selbst in Erscheinung treten. Es war Zeit zu handeln, denn Lucien würde nicht mehr lange ausharren können. Es war bereits 20 Uhr vorbei, Zeit nach Hause zu gehen. Schwerfällig erhob ich mich aus meinem gemütlichen Chefsessel um die Bürotür von innen zu verschließen. Es war besser so, denn um nichts in der Welt sollten Angestellte oder Besucher mitbekommen das es einen siebten Stock hier gab, der alles andere als gewöhnlich, oder gar natürlich war. Ich stapfte zu meinem Schreibtisch zurück um die 2te Schublade einen Spalt weit aufzuziehn. Es brauchte nur so viel, um mit dem Zeigefinger an der Decke des Faches nach dem Schalter zu tasten. Ein Sensor sprang an und trieb eine kleine Nadel in meinen Finger. Diese Prozedur hatte ich schon unzählige Male hinter mich gebracht. Irgendwann spürte ich die Stiche nicht mehr. Es war der Tribut dafür wenn man mit dem versteckten Aufzug in die oberste Ebene gelangen wollte, in der Herz des Hotels. Von lautlosen elektrischen Mechanismen bewegt, schoben sich die zwei Bücherregale hinter meinem Schreibtisch auseinander und gaben den Weg zum Aufzug frei. Ab hier ging alles von alleine. Keine Schalter, keine Technik, keine besonders ausgeklügelten Systeme. Ich stieg in die lichtleere Kabine. Meine Anwesenheit wurde erkannt. Die Bücherregale verschlossen sich wieder und meine Reise in den Schoß der Rache begann, denn die Dunkelheit und ich hatten Pläne zu schmieden…. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)