Spiegel deiner Selbst von Glasfluegelchen (...bis du ganz unten angekommen bist...) ================================================================================ Kapitel 7: In Schwäche liegt der Ursprung alles Schlechtem ---------------------------------------------------------- Flüstern… dieses grauenhafte, hektische Flüstern…Träume ich etwa schon wieder? Nein. Dieses Mal erkenne ich die Stimmen. Und sie sind nicht so unruhig wie jene zuvor. Oder? „Sind sie sicher, dass sie nur einen Schwächeanfall hatte Doktor?“ Schwächeanfall? Wer soll hier einen Schwächeanfall haben? Licht dringt zu mir durch. Aber nur schwach, gedämpft, als wäre es von einem Rollo ferngehalten. „Ja, so sieht es wohl aus Frau Finkenlied. Ihre Tochter weißt weder Fieber, noch sonstige ungewöhnliche Symptome auf. Ihr Kreislauf hat sich wieder stabilisiert. Lassen sie sie einfach ein bisschen schlafen, während die Infusion durchläuft. In ein bis zwei Stunden sehen wir dann weiter, aber ich glaube nicht das sie die Nacht bei uns verbringen muss.“ „Das erleichtert mich, vielen Dank Doktor. Ich hatte schon Angst, es wäre etwas Ernstes.“ Etwas Ernstes? Warum? Was ist passiert? Ich erinnere mich nicht. Ich fühle mich so schwach. Ich kann es hören, das harte Aufschlagen der Tropfen in dem Infusionsbeutel. Ich kann es spüren, wie die kalte Flüssigkeit sich in meinem Arm mit meinem heißen Blut mischt. Es schlägt auf, immer wieder, diese reine Flüssigkeit mischt mein Bewusstsein auf. Da, schon wieder. Ganz langsam. Es tropft so unendlich langsam, wie in Zeitlupe. Es hypnotisiert mich, erinnert mich an vergangene Dinge. Mit jedem Tropfen, der in meinem müden Geist aufschlägt, löst sich eine Erinnerung und führt ein fragwürdiges Theater vor meinen Augen auf. Da! Jetzt kann ich sie sehen. Da ist wieder eine. Aber wer ist das da vorne? Ich kann ihn nicht erkennen. Er ist groß und schlank. Ich kann ihn hören, ganz sanft. Er hat so eine weiche Stimme. Aber er ist so weit weg. Wer bist du? Was tust du? Nicht! Der nächste Tropfen fällt und lässt die erste Erinnerung wie Rauch entschwinden. Ich bin so müde, so müde. Ich muss schlafen, bitte lasst mich hier. Plötzlich ist es so schön ruhig und mein Herzschlag singt mir eine leise Melodie. Lasst mich schlafen. Bitte lasst mich einfach schlafen… „Alice?“ Eine weiche Hand strich zärtlich über meine Wange. „Alice, wach auf, komm schon.“ War es jetzt schon so weit? Vorsichtig schlug ich meine Augen auf und blinzelte in das schneeweiße, grell ausgeleuchtete Zimmer. „Mama? Was.. was mach ich denn hier? Was war denn los?“ „Du bist im Krankenhaus weil du heute Morgen wie der Blitz aus heitrem Himmel plötzlich umgekippt bist. Aber der Doktor hat dich wieder aufgepäppelt. Du hattest nur eine kleine Kreislaufschwäche. Und jetzt dürfen wir nach Hause gehen. Also komm, lass uns gehn.“ „Achso. Deswegen ist mein Kopf so schwer.“ „Ja, gut möglich. Vorsicht, halt dich an mir fest“ Träge richtete ich mich auf und stützte mich um nicht wieder rückwärts in das Bett hinein zu fallen. Seltsam. So schwach hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Schützend legte Mama ihren Arm um meine Schultern und reichte mir die linke Hand damit ich mich einhalten konnte. Sie war so liebevoll, wenn es mir nicht gut ging. Ich hasste Krankenhäuser. Sie stanken. Sie stanken nach Desinfektionsmitteln, nach Blut, Eiter und Tot und ich verfluchte die Ärzte dafür, das sie Nadeln und Messer in Körper hinein trieben. Obwohl es doch nur helfen sollte, ich hegte eine große Abscheu dagegen. Ich war so froh diesen Ort wieder verlassen zu dürfen, ich mochte ihn einfach nicht. Als wir nach Hause fuhren, hatte ich mich auf der Rückbank des Autos lang gemacht und gedankenverloren in den Himmel gestarrt. Die Sonne verschwand gerade mit den letzten verabschiedenden Strahlen hinter dem Horizont und noch immer fragte ich mich was heute Mittag eigentlich mit mir geschehen war. Schwächeanfall hatte der Arzt gesagt. Ja, ich konnte ihn reden hören, denn gerade als er mit Mama gesprochen hatte, war ich weder wirklich wach, noch richtig am schlafen. Das alles ergab keinen Sinn. War es tatsächlich möglich in einem Schwächeanfall derart zu phantasieren dass man schon schwarzen Rauch aufsteigen sieht, wo gar keiner war? Vielleicht war ich ja wirklich langsam dabei verrückt zu werden. Oder ich bewertete die Situation im Allgemeinen viel zu hoch? Aber in den Science Fiction Filmen war es doch immer genauso. Die Menschen drehten entweder komplett durch, oder sie unterschätzten die Gefahr die sich bedrohlich an ihre Fersen heftete. Nur, das hier war die Realität und kein überkitschter Thriller in der zu groß geratene Aliens auf die Erde umsiedelten um die Menschen als Wirte für ihre Brut und als Frischfleischlieferanten für den kleinen Hunger zwischendurch zu benutzen. Wie viel Interesse sollte ich diesem Vorfall also schenken? Zu meinem eigenen Besten war es wohl besser, das Ganze so schnell es nur geht zu vergessen. Es wäre nur ein Klotz am Bein und eigentlich hegte ich kein gesteigertes Interesse daran unnötigen Ballast mit mir durch die Gegend zu tragen. Besser ich bereitete mich geistig darauf vor, dass ich schon morgen meinen Arbeitsvertrag unterschreiben würde. Mama steuerte das Auto zielstrebig in die Garage. Fast hätte ich es nicht mal bemerkt dass wir zuhause sind, so sehr war ich in Gedanken versunken. Unter tiefem Seufzen streckte ich mich und bewegte mich schwerfällig aus dem Auto heraus. Eine angenehme Brise wehte in die Garage hinein und lockte mich in die anbrechende Nacht hinaus. Schwach leuchteten die ersten Sterne in der Dämmerung auf und ich atmete tief diese Luft ein, die nach gemähtem Gras und dem blühenden Leben roch. Es war fantastisch. Es war einer jener Momente in dem ich jeden Gedanken wie eine unbequeme Haut abstreifte und einfach nur den zirpenden Grillen eines Sommernachttraums lauschte. Ewig hätte ich so stehen bleiben können… wären da nicht diese nervigen Mücken gewesen die ihren gierigen Rüssel in meine Haut bohrten. „HA! Mistvieh!“ Zornig schlug ich auf meinen Arm und seufzte resignierend als ich das blutsaugende Monstrum an meinem Ohr vorbei schwirren hörte. Allein von ihrem hektischen Flügelschlägen sträubten sich meine Nackenhärchen, als ginge es um mein Leben. Naja, indirekt stimmte es sogar. Schließlich stahlen diese Räuber mein Blut und dieser Umstand war schon schlimm genug. „Alice? Kommst du bitte rein? Ich mach uns was zu essen.“ hörte ich Mama von weitem rufen. Seltsam. Gerade jetzt schienen mir Dinge wie Essen oder Schlafen so völlig belanglos. „Ich komme gleich.“ rief ich fast schon ferngesteuert zurück. Aber ich würde nicht hinein gehen. Nicht sofort, nicht gleich, ich wollte unbedingt noch an der frischen Luft bleiben und diesen schwerelosen Zustand genießen, in dem ich mich wähnte. Um die aufglimmenden Sterne besser beobachten zu können, legte ich mich in die hoch gewachsene Wiese die nur wenige Meter von unserem Haus in die Höhe wucherte. Was Herr Morrington wohl morgen zu mir sagen würde? Ich konnte noch immer nicht begreifen was ihn letztlich doch noch umstimmte, schließlich wäre die logischste Lösung gewesen mich direkt mit einer Absage wieder nach Hause zu schicken. Statt dessen ließ er mich zappeln, nur um mir doch noch eine Chance zu geben. Wer weiß, vielleicht glaubte er doch an das Gute in mir, oder ich war ihm schlichtweg sympathisch… oder hegte er gar ein völlig anderes Interesse an mir? Gar nicht auszudenken. Ich und ein alter Knacker. Igitt! Ein Ekelschauer breitete sich auf meinem Rücken aus. Andererseits… wie viel Geld musste ein Hotelbesitzer wohl auf der hohen Kante haben? Mit Sicherheit wäre es ein Kinderspiel für ihn gleich mehrere Frauen auszuhalten. Aber ob er sich auch eine Frau meines Kalibers leisten konnte? „Aaaaliiiiiiiiiice?“ schallte die Stimme meiner Mutter. Ich hatte die Zeit wohl vollkommen vergessen. Ruckartig sprang ich auf und hechtete zur Tür hinein. „Entschuldige Mama, da bin ich.“ „Wo warst du denn so lange? Du hättest mir ruhig ein bisschen helfen können.“ „Ist ja gut.“ Maulte ich schon fast. Da war ich gerade fünf Minuten aus dem Krankenhaus heraus und sie musste mich schon wieder herumkommandieren. Und nachdem morgen auch eine große Herausforderung vor der Tür stand, hätte sie mir wenigstens heute eine kleine Auszeit genehmigen können. Aber nein. Ihr Alltag war erst dann perfekt wenn auch ich, genau wie sie, brav umher hastete und keine Ruhe gab. Äußerst frustrierend. Mit eingeschnappter Miene setzte ich mich und wartete bis auch sie dazu kam. „Kannst du nicht wenigstens beim Tisch decken helfen? Muss ich immer alles alleine machen?“ Diese Worte, sie fraßen sich in mich hinein, machten mich krank. Ich kochte vor Wut! „Man Mama, da komme ich gerade frisch aus dem Krankenhaus und dir fällt nichts anderes ein als mich prompt wieder durch die Gegend zu jagen! Kann ich mich vielleicht einfach mal ausruhen und mich auf den morgigen Tag vorbereiten?! Ist das denn zu viel verlangt?!“ „Du tust gerade so als wenn du von einem Auto überfahren worden wärst oder schwer krank bist.“ Griff sie mich an und fuchtelte aufgewühlt mit dem Besteck in der Hand herum. „Ich habe auch noch andere Dinge zu tun, außer dich zu bewirten und dafür zu sorgen dass dein Kleiderschrank explodiert! Da wird es doch wohl ein Klacks für dich sein wenigstens bei dieser lächerlichen Kleinigkeit mitzuhelfen! Es wird Zeit das du erwachsen wirst!“ „Wenn es doch nur Kleinigkeiten sind, Mutter, warum machst du sie dir dann nicht alleine?!“ Wütend sprang ich auf und stampfte in mein Zimmer hinauf. Was dachte sie sich eigentlich dabei! Ich war doch nicht ihr Dressierhund! Wie auch immer. Ich hatte sowieso keinen Appetit, also konnte sie ihren Fertigfraß getrost auch alleine essen! Ich hatte wichtigere Dinge zu tun als mich kugelrund zu fressen, also schnappte ich mir eine geräumige Tasche aus meinem Schrank und überlegte was ich für morgen alles brauchte. Mit einem genauen Plan vor Augen richtete ich in aller Ordentlichkeit mein Handy, eine Haarbürste, Parfum und ein kleines Schminktäschchen mit ausgewähltem Inhalt hinein. Aber irgendetwas fehlte doch noch. Was war das noch gleich? Krampfhaft überlegte ich, was ich wohl vergessen hatte. Richtig! Die Arbeitskleidung! Aber wo hatte ich sie das letzte Mal gesehen? Das zittrige gefühl von heute morgen setzte sich wieder in meinen Gliedern fest. Du meine Güte, ich hatte sie gerade an als ich das Bewusstsein verloren hatte. Prüfend sah ich in den Spiegel. „Verdammt! Warum sagt mir denn keiner das ich dieses Ding noch an habe?!“ Hastig zog ich Rock und Bluse aus, aber wo war die Schürze? So ein Mist! Ich musste sie verloren haben. Was jetzt? Wie konnte ich erklären dass ich keine Ahnung hatte wo meine Schürze war, und das, noch bevor ich überhaupt das erste Mal gearbeitet hatte? Ich sah nur noch eine einzige Chance mich aus der Affäre zu ziehen. Ich würde morgen einfach sagen dass ich keine bekommen hätte. Bestimmt würden sie nicht weiter nachfragen und mir eine neue geben. Ich prüfte das Outfit auf Flecken, legte es sorgfältig zusammen und packte es in die Tasche hinein. Jetzt hatte ich fast alles zusammen. Den Rest würde ich erst morgen erledigen, schließlich war es schon 22.00 Uhr und ich wollte halbwegs ausgeschlafen sein wenn ich morgen zur Arbeit ging. Der Tag hatte hektisch angefangen. Um ein Haar hätte ich fast verschlafen weil ich mir noch immer keinen neuen Wecker gekauft hatte. Obwohl sie noch ziemlich böse war, hatte mich Mama wenigstens aufgeweckt bevor sie ihrer Arbeit nachging. Und jetzt war ich selbst auf dem Weg in das Hotel, rannte wie von der Tarantel gestochen um nur keine Sekunde zu spät zu kommen. Es fühlte sich genau wie beim ersten Mal an. Als ich die Treppe des Hotels hinauf sprintete, hatte ich den Eindruck, sie würde länger werden, über sich hinaus wachsen, so dass man das Gefühl nicht los wurde, das Hotel schwebte und würde sich in andere Sphären aufmachen, sobald man die Schwelle des Tores überschritt. Fast schon automatisch öffnete sich das Tor als ich auf dem Absatz der Treppe angelangt war. Und wieder waren es Lucien’s Augen, die sich durch mein Antlitz bohrten. „Morgen“ grüßte ich ihn knapp und wollte gerade den roten Teppich zum Empfang hin beschreiten. Aber er stellte sich mir in den Weg. „Würdest du mich bitte vorbei lassen Lucien, ich werde erwartet.“ „Soso.“ Reagierte er vielsagend und zog fragend die Augenbraue in die Höhe. „Wenn du doch erwartet wirst, kleine Alice, warum trägst du dann deine Kleidung nicht?“ „Meine Kleidung?“ Seine Augen machten mir Angst. Sie leuchteten, als könnten sie durch mich hindurch blicken, als wüssten sie jedes Geheimnis das verstaubt in der hintersten ecke meines Gedächtnisses lag. Aber es lag kein Schimmer in ihnen, der verriet ob er mir nun antworten würde, oder mich lieber zappeln ließ. „Ich wäre dir sehr dankbar wenn du endlich aufhören würdest mich ständig so anzustarren. Wenn du mich jetzt also entschuldigst?!“ Gerade als ich mich an ihm vorbei gedrückt hatte, packte er mich an den Schultern und drehte mich wieder zu sich. Was sollte das plötzlich? Angewidert streifte ich seine Hände von mir. „FASS MICH NICHT AN!“ Schnauzte ich. Dieser Idiot fing so langsam an mir über die Maßen auf die Nerven zu gehn. Erst sah er mich an als würde er mich jeden Moment verspeisen wollen und dann versperrte er mir den Weg, hielt es aber nicht einmal für nötig mir den Grund für seine Störung zu nennen. Was wollte er denn nur von mir? „Sieh an, sieh an. Das kleine Mädchen hat einen starken Willen.“ Plötzlich beugte er sich über mich, fixierte mich an den Armen und flüsterte seinen heißen Atem in mein Ohr „Ob du ihn wohl auch noch hast, wenn ich dir dein Rückgrat breche?“ Zur Drohung bestätigend bohrte er seine Finger in meine Haut. Doch so sehr ich auch versuchte ihn abzuschütteln, mit einem Mal schien er übermenschliche Kräfte zu haben, die er ganz offensichtlich an mir zu erproben versuchte. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht als er bemerkte dass er mir Schmerzen zufügte und mit weit aufgerissenen Augen beobachtete er wie ich anfing mich zu winden. Aber irgendwann beginnt jedes Opfer nach Aufmerksamkeit und Hilfe zu rufen. Ich hielt es nicht mehr aus und stieß einen grellen Schrei aus der sich donnernd in der Eingangshalle überschlug. „LUCIEN!“ Diese zornige Stimme ließ seine Gesichtszüge endgültig entgleiten. Wieder einmal hatte er sich den Zorn seines Bosses zugezogen. Widerwillig ließ er von mir ab und murmelte unverständliche Worte in sich hinein. „Langsam gehst du zu weit!“ Ruben von Morrington mischte sich in das Geschehen ein und rügte ihn wie einen übermütigen Welpen der seine Grenzen eindeutig überschritten hatte. „Was stehst du hier noch herum?! Hast du nichts zu tun?“ Ich verstand die Welt nicht mehr. Was war denn nur los? Warum war Lucien nur so unheimlich wütend auf mich, dass er mir unbedingt wehtun musste? Ich kannte ihn doch überhaupt nicht. Ob er mir wohl nur wegen der Ohrfeige von neulich so böse war? Aber was mir noch weniger in den Kopf wollte, warum ließ von Morrington ihn überhaupt hier arbeiten? Schließlich war ich offensichtlich nicht die Einzige die er auf diese Art und Weise zu verschrecken versuchte. Lucien löste sich aus dem Konflikt, der scheinbar nur noch aus wütenden Blicken bestand. Wortlos verbeugte er sich und wandte sich ab. Es erleichterte mich ihn gehen zu sehn. Unter der Anspannung war mir gar nicht aufgefallen wie sehr mein Nacken brannte. Seltsam. Dieses Phänomen hatte ich immer nur dann, wenn ER in meiner Nähe war, aber sobald er wieder verschwand ließ das brennen Augenblicklich nach und ich fühlte mich viel befreiter. Jäh wurde ich aus meinen Gedanken gerissen als mein zukünftiger Chef meinen Arm griff und die Abdrücke kontrollierte die Lucien hinterlassen hatte. „Du meine Güte, da hat der gute Junge aber mächtig über die Stränge geschlagen.“ Bemerkte er trefflich. „Was war denn nur los, das er sich so benommen hat?“ „Wenn ich das nur wüsste. Ich verstehe selbst nicht was er gegen mich hat.“ Mit nachdenklicher Miene rieb ich über die brennenden Wundmale. „Na gut, dann kümmern wir uns wohl besser um das, weswegen sie hier sind. Kommen sie doch bitte mit in mein Büro“ Endlich war es soweit. Ich war Stolz das ich es bis hier hin geschafft hatte. Jetzt fehlte nur noch das vertragliche. Wortlos folgte ich ihm in sein Büro und setzte mich nicht eher, bis er es mir ausdrücklich erlaubte. „Sooo, Frau Finkenlied. Nach langen, reiflichen Überlegungen, bin ich zu dem Entschluss gekommen ihnen doch eine Stelle bei uns zu geben. Ich möchte ganz offen zu ihnen sein, eigentlich standen alle Karten gegen sie. Aber prinzipiell hat jeder bei mir eine zweite Chance verdient, deswegen werde ich sie vorerst als Zimmermädchen einsetzen.“ Eindringlich sah er mich an und schlang die Hände ineinander „Allerdings erwarte ich von ihnen, wie von allen anderen auch, dass sie sich an einige Regeln halten. Sie stehen also jetzt in einer gewissen Beweißpflicht bei mir.„ Ernsthaft nickte ich und folgte seinen weiteren Erläuterungen. „Es wird nicht wieder vorkommen, dass sie ohne Grund und Aufforderung in Zimmern schnüffeln. In erster Linie sind sie dazu hier um die Zimmer in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren und sie sauber zu halten. Das bedeutet für sie: Morgens um 8:00 Uhr, mittags gegen 12:00Uhr und abends um 17:00Uhr durchlaufen sie ein Stockwerk oder einen Gang der ihnen zugewiesen wird. Sie klopfen und warten auf Reaktion bevor sie eintreten. Mit einer Ausnahme. Hängt ein Schildchen am Türknauf das darauf hinweist nicht zu stören, dann ziehen sie weiter. Unterlassen sie jede Störung! Haben sie das Verstanden?“ „Ja, natürlich.“ nickte ich und schluckte hart weil mir dieser ernste, aufdringliche Unterton in seiner Stimme zu schaffen machte. Eines wurde mir ohne große Überlegungen klar. Von Morringten war eine ernst zu nehmende und sehr autoritäre Person. Besser, ich riss mich zusammen und prägte mir ein, was er mir da gerade herunter betete. „Gut. Für den ersten Tag werde ich ihnen jemanden mitschicken der sie genauer einweißt. Haben sie ihre Arbeitskleidung erhalten?“ Das hatte ich glatt vergessen. Ich hoffte, das er mir meine Lüge nicht gleich an der Nasenspitze ablesen konnte und so schoss ich lächelnd prompt die nächst beste Antwort heraus dir mir durch den Kopf geisterte. „Sie meinen die Bluse und den Rock? Ja, die habe ich bekommen. Passt ausgezeichnet, vielen Dank“ „Bluse und Rock sagen sie?“ Großer Gott, er tat es schon wieder. Er beugte sich über den Tisch und starrte direkt durch meine Augen in mich hinein. „Haben sie nicht etwas vergessen?“ „Vergessen? Ich denke nicht. Warum?“ mit großer Mühe verkniff ich mir sämtliche Zuckungen, die gerade am liebsten mit mir durchgegangen wären. „Sie haben keine Schürze erhalten?“ „Tut mir Leid, nein.“ Er griff nach seinem Telefon und tippte zwei Ziffern ein. Keine Sekunde später war bereits das knacken einer geöffneten Leitung zu hören. „Ja, schicken sie mir bitte Frau Anailarna. Sie soll sich Frau Finkenlied zur Seite nehmen und einweisen!“ Da war er wieder, dieser bestimmte, autoritäre Ton. Es wunderte mich nicht, wenn seine Lakaien ihm mit großem Respekt gegenüber traten. Er war wie dafür geschaffen einen Betrieb wie diesen zu führen. Es lag ihm wohl im Blut. Während ich nachdachte und angespannt, wie auf dem Präsentierteller dasaß, zog er einige Schubläden auf und kramte Verträge hervor. „Gut, Frau Finkenlied. Bitte unterschreiben sie diese beiden Bögen hier, dann haben wir den Schriftkram erledigt und sie können starten. Frau Anailarna wird ihnen heute behilflich sein.“ Mein Herz klopfte mir bis zum Hals als ich den Stift an mich nahm und meine Unterschrift setzte. Er beobachtete dabei jeden Zug, jede Linie und jeden Punkt den ich machte. Gerade als meine Nervosität ein neues Level erreichte, klopfte es an der Tür und eine hochgewachsene Frau mit lockigem schwarzen Haar schlich in auffallend attraktiver Pose zur Tür herein. „Sie haben nach mir verlangt, Herr von Morrington?“ „Ja, bitte kümmern sie sich um Frau Finkenlied. Zeigen sie ihr was sie zu tun hat und kümmern sie sich bitte darum das sie eine neue Schürze bekommt. Sie hat wohl nur die Hälfte der Arbeitskleidung bekommen.“ Ein bissiger Gesichtsausdruck haftete an ihm, als er die letzten Worte ausgesprochen hatte. Er stand auf und deutete mir ihr zu folgen. Diese widerliche Gänsehaut würde ich heute wohl nicht mehr loswerden, wenn er mich immer so eindringlich ansah. „Jawohl Herr von Morrington. Bitte hier entlang, Frau Finkenlied“ Meine Nerven waren wie Drahtseile gespannt und ich selbst tanzte darauf einen Akt ums überleben. Jedenfalls fühlte es sich so an, als ich mir abermals musternde Blicke gefallen lassen musste, nur weil ich der hübschen schwarzen in den zweiten Stock nachlief. „Sooo, hier wären wir also. Alice, nicht? Ab hier kannst du die Formalitäten ablegen. Ich heiße Lorain“ „Ähm, ja, richtig. Hallo Lorain.“ Freundlich schüttelte ich ihr die Hand. Das war das erste Mal das mir in diesem Haus jemand respektvoll und offen gegenüber trat. Sie verschwand in ein Zimmer, kramte aus einem der Schränke eine neue Schürze heraus und schickte mich in einen Raum in dem ich mich umziehen konnte. Ohne Spiegel zupfte ich meine Kleidung zurecht und begab mich wieder an ihre Seite. Ab hier begann für mich der abenteuerliche Alltag eines Zimmermädchens. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)