Der Scherbensammler von Katherine_Pierce (Mehr als nur ein Gesicht) ================================================================================ Kapitel 6: Ryou ahnt etwas -------------------------- Es war gar nicht so einfach, Kate durch den nachmittäglichen Verkehr zu folgen. Ryou kam rasch aus der Puste, obwohl er als Fußballer doch eine recht gute Kondition hatte. Seit dem Vorfall in Chemie hatte der Weißhaarige einen Verdacht, den er bestätigt sehen wollte. Er kannte sich aus, wenn es um verschiedene Persönlichkeiten ging. Immerhin hatte er auch damit zu kämpfen. ‚Ey, das hab ich jetzt überhört!’, beschwerte sich der Geist des Milleniumsringes prompt bei seinem Wirt. Ryou ließ den Kopf hängen. Es konnte schon nervig sein, wenn man mit einem Typen wie Kura einen Körper teilen musste. Aber es brachte auch gewisse Vorteile, wie der schmächtige Junge zugeben musste. Dieser Gedanke wiederum schien Kura eine Weile ruhig zu stellen, so dass Ryou sich völlig darauf konzentrieren konnte, Kate nicht aus den Augen zu verlieren. ‚Zum Glück hat sie den Bus Richtung Krankenhaus verpasst. Wer weiß, wo sie ausgestiegen wäre?’, dachte Ryou, während er um eine Straßenecke bog. Vor ihm ging Kate in ihrer Uniform, das lange rote Haar wippte auf und ab. Es hatte etwas Hypnotisierendes an sich. ‚Reiß dich zusammen, Ryou.’, schnauzte Kura, dem es wohl zu langweilig geworden war, sich in Racheplänen am Pharao zu ergehen. Ryou gab vor, seinen Yami nicht gehört zu haben. Stattdessen legte er etwas an Tempo zu, da Kate schon wieder um eine Biegung zu verschwinden drohte. ‚Hoffentlich verrate ich mich nicht. Sie wird garantiert sauer werden. Oder diese gruselige Cleo kommt wieder zum Vorschein’ Mit diesem Weib wollte Ryou nun wirklich nichts zu schaffen haben. Nicht, nachdem er hatte mit ansehen müssen, wie sie Seto Kaiba beinahe Salzsäure ins Gesicht geschüttet hätte. ‚Du bist und bleibst einfach ein Weichei!’, höhnte Kura da, ‚Ich für meinen Teil würde mich gern mal mit dieser Cleo messen.’ ‚Das sagst du aber auch nur, weil du keine Ahnung hast, was diese Frau so alles anstellen könnte!’, gab Ryou genervt zurück. ‚Ich steh auf Gefahr, wie du weißt.’, erwiderte Kura mehr als nur gelassen. „Oh ja, und wie ich das weiß...“, seufzte der Weißhaarige leise, während er Kate um die Biegung folgte und wie angewurzelt stehen blieb. Sie waren beim städtischen Krankenhaus von Domino angekommen. ‚Okay, jetzt mach ich mir echt Sorgen.’ Neugierig, wie Ryou war, hatte er sich nicht zügeln können, so dass er seiner Mitschülerin einfach weiter gefolgt war. Das war nicht wirklich leicht. Zwar schützte ihn die Menschenmenge im Foyer, aber Kate entfernte sich ziemlich hastig in Richtung Fahrstühle, wo kaum noch Möglichkeiten waren, um sich verborgen zu halten. Allerdings gab es da einen entscheidenden Vorteil seines Milleniumsringes. Nicht nur Kura wohnte darin, der Ring verfügte auch noch über gewisse andere Annehmlichkeiten. Zum einen konnte man damit die Gedanken anderer hören, solange sie sich um einen selbst drehten und, was noch viel nützlicher war, mithilfe des Ringes konnte man sich praktisch unsichtbar machen. So gelang es Ryou im letzten Moment, nicht aufzufliegen und mitzubekommen, welche Zahl Kate im Aufzug drückte. Kaum, dass das geschehen war, studierte er, mittlerweile wieder sichtbar für seine Umwelt, eine Übersicht über die verschiedenen Stationen des Krankenhauses. ‚Neunter Stock, Neunter Stock.’, überlegte er, während er die Übersicht überflog und schließlich an der richtigen Stelle stoppte. ‚Scheiße, die Psychiatrie.’, durchfuhr es Ryou. ‚Warum denn so geschockt?’, mischte Kura sich wieder einmal ungebeten ein, ‚Dass die Kleine einen Knall hat, hätte ich dir auch so sagen können.’ Ryou rollte mit den Augen. Wann lernte es sein Yami endlich, nicht einfach loszuplappern? ‚Werd ja nicht frech!’, drohte Kura. Von Ryou kam kein Kommentar. Stattdessen beschloss er, heimzugehen und ein paar Dinge zu Googlen. ‚Auch wenn die Chemieaufgabe wohl wichtiger wäre...’ Auf dem Heimweg trödelte Ryou ziemlich. Ihm ging einfach nicht aus dem Kopf, was er über Kate herausgefunden hatte. Wieso ging sie in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses? Sie schien keinen seelischen Knacks zu haben. Abgesehen von den Stimmungsschwankungen und anderen seltsamen Anwandlungen, wie etwa sich seltsame Namen zu geben. ‚Könnte sie schizophren sein?’, fragte Ryou sich, während er an einer roten Ampel hielt. Unwillkürlich sah er auf die Straße und erstarrte. In einem kleinen, verbeulten roten Auto saß Kate und neben ihr ein junger Mann, der Mitte oder Ende Zwanzig sein musste. Er sprach mit ihr, aber sie sah die ganze Zeit fasziniert auf den Verkehr. Bewegung kam in die Kreuzung. Kurz darauf war das Auto verschwunden. ‚Wer war dieser Mann? Ob er ihr Freund ist?’ Wenn Ryou es recht bedachte, wusste er eigentlich gar nichts von Kate. Nur, dass sie Fußball liebte und Sport ihr bestes Fach war. Okay, sie konnte nicht singen und Chemie war definitiv nicht ihr Fall. Aber abgesehen davon, was wusste er schon über sie, wenn er auch ihr Aussehen außen vor ließ? ‚Richtig, nichts.’, fasste Kura für seinen Wirt noch mal alles zusammen. Es klang leicht höhnisch. ‚Halt dich da raus!’, gab Ryou grob zurück, wurde aber von Kura mit einem bösen Blick bedacht und der Empfehlung, doch den Ring zu nutzen, um herauszufinden, wo Kate und der Mann hinfuhren. ‚Ich bin doch kein Stalker!’ ‚Klar doch, Ryou. Vorhin hattest du keinerlei Probleme, ihr nachzuspionieren.’, bemerkte Kura süffisant. Das Schlimme daran war, dass er Recht hatte. Ryou spürte die Neugier in sich immer weiter anwachsen. Er rang mit sich selbst. Sollte er Kate weiterhin verfolgen auf die Gefahr hin von ihr entdeckt zu werden? Oder sollte er heimgehen und über Chemie brüten? ‚Wenn du es nicht tust, wirst du dich sowieso nicht auf diese dämliche Titration konzentrieren können.’, wandte Kura zuckersüß ein. Er kannte Ryou einfach zu gut. Und zudem war er ebenfalls neugierig, was er allerdings niemals zugegeben hätte. Zumindest nicht freiwillig. Daher war ihm nun daran gelegen, Ryou überreden zu können, seine kleine Verfolgungsjagd fortzusetzen. Tatsächlich gelang es Kura erstaunlich schnell, ohne dass es großer Überredungskunst bedurft hätte. Der schmächtige Junge war einfach zu wissbegierig, als dass er seine Neugier hätte bezähmen können. Kate fragen, nein, das wagte er nicht. Sie konnte sehr verletzend werden, wenn man ihr zu nah trat, obwohl sie meist doch freundlich war. ‚Worauf wartest du noch?’, nörgelte Kura, der es eilig hatte, hinter das Geheimnis des rothaarigen Mädchens zu kommen. ‚Ist ja schon gut!’, erwiderte Ryou, nicht wenig genervt, aber dem Drängen seines Yamis doch nachgebend. Er befahl dem Ring, Kate zu verfolgen. Anstandslos gehorchte der Milleniumsgegenstand. Ryou, der von der ganzen Rennerei genug hatte, beließ es bei einem relativ flotten Schritttempo. Er würde ohnehin ans Ziel kommen und Klarheit darüber erhalten, warum Kate in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses gegangen und hinterher mit einem Mann, der um Einiges älter war als sie, in einem Auto gesessen war. Nach etwa zwanzig Minuten hatte Ryou sein Ziel erreicht. Er stand vor einem großen, gelben Haus, das etwas Seltsames ausstrahlte, was er nicht genau zu benennen wusste. Deutlich war da ein Schild im Vorgarten angebracht. ‚Wohnheim für zuwendungsbedürftige Jugendliche’ stand darauf in schwarzen Großbuchstaben. Das hieß natürlich nichts Anderes, als das in diesem Gebäude jede Menge psychisch kranke junge Menschen lebten. Und Kate war offensichtlich eine von ihnen, da der Ring immer noch stur in Richtung Eingangstür wies. Zwar befanden sich zur linken und rechten noch andere Häuser, doch sah keines davon so aus, als ob eine 17- jährige sich dort die Miete leisten konnte. Ryou seufzte. ‚Okay, offensichtlich hatte ich Recht. Kate muss ein Problem haben...’ ‚Fragt sich nur welches.’, mischte Kura sich erneut ein. Diesmal war Ryou nicht empört über die Einmischung. Er nickte und nahm sich vor, Google, das ja bekanntlich alles wusste, zu fragen, was für Krankheiten Kate haben konnte. Nachdenklich machte der Junge sich auf den Heimweg. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wie passte der fremde Mann in das Bild hinein? Ryou kam zu keinem befriedigenden Ergebnis. Aber eines nahm er sich vor: Kate im Augen zu behalten und hinter ihr Geheimnis zu kommen. Denn das sie eines wahrte, das war Ryou nur allzu klar. Niemand würde mit der Tatsache hausieren gehen, dass er in therapeutischer Behandlung war und sogar abgeschnitten von der Familie in einem Wohnheim lebte. ‚Was verbirgst du, Kate Thompson?’ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)