Little Brother + Big Brother =Chaos von Gouda-kun (Der ganz normale Wahnsinn!) ================================================================================ Kapitel 9: Die Hitzeperiode 2 - Eine böse Überraschung ------------------------------------------------------ Marcel spürte, wie langsam Zorn in ihm hochkochte. Wütend kniff er die Lippen zusammen damit er nichts Freches sagte, was ihn hinterher in Schwierigkeiten bringen würde. So hilflos fühlte er sich nicht grade wohl in seiner Haut. Blöde Truppe, noch blöderer Zufall; jetzt hätte Marcel ein paar coole Karatetricks bitter nötig gehabt. „Ah!“ rief das zweite Mädchen aus der Clique schrill – eine schlanke Blondine mit endlos langen Beinen - und zerrte heftig an den Ärmel ihrer Freundin. „Guck mal, Guck mal! Ich glaube, das Baby rastet gleich aus. Er kriegt schon einen ganz roten Kopf. Jetzt wird’s lustig!“ Das Mädchen neben ihr kicherte gespenstig. Im Gegensatz zu den anderen beiden umgarnte sie eine Mysteriöse, geheimnisvolle Aura. Von den drei weiblichen Personen saß sie noch am natürlichsten aus. „Der Kleine ist also der Jüngste von den Sandjoés? Mmm, er sieht seinen Brüdern ja nicht wirklich ähnlich… Viel zu Mager und zu Schmächtig, wenn ihr mich fragt. Die Zwillinge sind da schon ein anderes Kaliber, mit ihnen würde ich mich nicht anlegen!“ Die Wut in Marcels Bauch erreichte ihren Siedepunkt und loderte heiß in seiner Kehle auf. „Warum kommt ihr den immer zu mir!?“ rief er. Und dann lauter als zuvor. „Ihr seid wohl zu feige um stärkere Schüler wie Daimon oder Kim in die Quere zu komme. Denn sie würden euch mit Leichtigkeit in Stück reißen! Aber ich – ich bin ja ein leichtes Opfer; ich kann mich mit 14 Jahren nicht gegen einen Haufen Siebzehnjähriger Idioten wehren!“ Gregor brüllte vor Zorn auf. Die Menge von Schülern wich Blitzschnell zurück. „Feiglinge?! Wir? Ich glaube es hackt – Schau mal in den Spiegel, dann siehst du einen Feigling, du kleiner Bastard!“ Mit einem Hechtsprung landete Marcel vor Gregor und funkelte ihn mordlustig an, das Gesicht Magnetrot glühend. „Ach ja!!“ schrie er schrill zurück. Marcel konnte sich nicht erklären woher er auf einmal all den Mut nahm, aber es fühlte sich wahnsinnig gut an. „Wenn ihr wirklich drauf so Kess seid, warum vergreift ihr euch den immer an deutlich jüngere? An kleine und schmächtige Schüler die euch bei weitem unterlegen sind. Nur solche verprügelt ihr, oder klaut ihnen das Geld fürs Mittagessen. Das sind alles feige und unfairere Kämpfe – wo euch der Sieg sicher ist. Das nennst du mutig? Ich nenne das Erbärmlich!“ Marcel spürte sofort, dass er etwas ganz schrecklich gesagt haben musste, den Gregor kugelten fast die Augen aus dem Kopf. Seine Hand schoss nach vorne wie eine Gewehrkugel, doch Marcel hatte bereits mit so etwas in der Art gerechnet, und sprang Katzenhaft in Sicherheit. Die Zuschauer hielten stockend den Atem an; fast die ganze Schule hatte sich hier und jetzt zusammen gefunden. „Lauf weg! Die bringen dich um!“ kreischte eine winzige Fünftklässlerin, die Finger entsetzt vor den Mund geschlagen. Ein dumpfer Schlag ließ die Luft erzittern; ein paar Schüler schrien gleichzeitig während Gregor wie wild aus trat, und seinen Schuh in Marcels Margen rammte. Der unerwartete Schlag schleuderte den Kleinen durch die Luft ehe er hart im Gras aufprallte. Vor seinen Augen verschwamm alles… Der Schulhof, Felix, die Erde unter seinen Händen, die kreischende Meute an Gymnasiasten sowieso. Marcel blinzelte kurz; Durch einen langen Tunnel sah er noch eine in Flammen gehüllte Gestalt auf sich zukommen, dann überfiel ihn die Dunkelheit mit aller Macht und jedes Geräusch verstummte. Der Schmerz im Magen ließ glücklicherweise nach. Langsam tauschte er in die Kälte ein… „Marcel! Marcel! Oh nein. Bitte - Mach die Augen auf“ „Fee, beruhig dich, alles wird gut…“ sagte Connor, und drehte sich auf den Absätzen zu den Schaulustigen um. „Warum stehen hier alle so Blöd rum – Wenn uns schon keiner hilft möchte, muss wenigstens jemand den Krankenwagen rufen! Sofort!“ Im Hintergrund ertönten die Geräusche von hektischen Fußgetrampel. Die Schüler wuselten in alle Richtung davon; einige rannten zum Lehrerzimmer, die anderen in die Klassenräumen wo ihre Handys lagen. Einen Wimpernschlag später war der gesamte Pausenhof wie leer gefegt, nur eine zerbeulte Coladose rollte klappernd über den Asphaltboden. Dies war das einigste Geräusch weit und breit, ansonsten drückte sich eine gespenstige Stille auf jedes Trommelfeld in der Umgebung. Leise hockte sich Connor neben Fee und streckte eine Hand nach ihrer Schulter aus, die Finger streichelten leicht über die sanfte Haut. Als Antwort schniefte sie leise. Behutsam hatte sie Marcels Kopf in ihren Schoß gebettet um sich notfalls wie ein Schutzschild über ihn werfen zu können. „Er blutet“ flüsterte Fee. „Am Kopf ist eine mittelgroße Wunde, die er sich sicher beim Sturz geholt hat. Die Erde ist schließlich kein Sofakissen, und der Rasen hat den Aufprall nicht sonderlich gedämpft – ah!“ Sie hielt kurz die Luft an, und schloss in stiller Verzweiflung die Augen. Ihre Nasenflügel bebten leicht im Wind. „Ich spüre sein Blut auf meinen Oberschenkeln laufen, ganz warm und nass ist es. Wenigstens liegt er nicht mehr auf dem Boden, wenn sich die offene Stelle an seinem Kopf entzündet, ist er arm dran. Und das ist mein Ernst. Das tut nämlich höllisch weh; auf Hawaii habe ich mir neulich einen Splitter in den Daumen geschlagen, der sich dann wenig später entzündete. Die reinste Tortur war das! Dachte, der Arzt schneidet mir den Daumen ab…“ – Plötzlich geriet Fee ins schwanken, eine jähe Übelkeit überkam sie - “Connor, langsam wird mir schlecht – ich kann kein fremdes Blut sehen!“ Als Connor die Arme grade um ihre Hüfte schloss kam eine Person auf sie zu, die allesandere als glücklich dreinblickte. Dylan schaute die beiden mit derselben besorgten Mine an, wie sie ihn. In diesem Moment verstanden sie sich Wortlos. „Ich habe gehört was passiert ist…“ sagte Dylan ziemlich monoton. „Und die Schuldigen haben sich natürlich unbemerkt aus dem Staub gemacht. Feiges Dreckspack, wenn ich die in die Finger bekomme sind die erledigt!“ Trotz der harten Worte zeichnete sich eine Spur von Bitterkeit in seinen Augen ab. Aber Dylan behielt in der Tat recht; Von Felix und seiner skurrilen Clique war auf einmal nichts mehr zusehen. Irgendwie musste sie bei der ganzen Panik untergetaucht sein. Er beugte sich über Marcels Gesicht. Seine Stimme klang ganz fachmännisch. „Ich denke, Marcel hat eine leichte Gehirnerschütterung erlitten wenn man die dicke Beule am Hinterkopf in betrachtet zieht. War er bis jetzt schon mal bei Bewusstsein?“ Connor und Fee schüttelten beklommen den Kopf. „Marcel..? Marcel?! Bist du wach? Kannst du mich hören?“ Aber natürlich bekam Dylan keine Reaktion. Ein paar Mal berührt er Marcels Wangen, die so Weiß waren, wie die Uniform der Schulschwester. Dann seufzte er kurz. Allmählich beschlich Dylan das sichere Gefühl einen persönlichen Schützling gefunden zu haben. Und das meinte er wirklich ernst. Am liebsten wäre er Tag und Nacht an Marcels Seite geblieben, aus Angst ihn stieße etwas zu. Die heutige Welt war einfach viel zu gefährlich und brutal für einen zartbasierten Jungen wie Marcel! „Am besten bringen wir ihn sofort hoch ins Krankenzimmer. Soweit wie ich mit bekommen habe, ist der Krankenwagen schon alarmiert“ sagte Dylan. Da verschwand auf einmal der Boden unter Marcel, seine Beine flogen wie bei einer Schlenkerpuppe umher, bis sein ganzes Gewicht schließlich auf Dylans Armen lastete. Haltlos kullerte sein Kopf hin und her, schlug sachte an die Schulter seines Freundes. „Hey, Warte!“ rief Connor. „Wenn er eine wirklich eine Gehirnerschütterung hat, dürfen wir ihn nicht bewegen!“ Doch Dylan ignorierte ihn, und war bereits an der Eingangstüre der Schule angelangt. Grelles Strahlen blendete Marcel als er die Augen aufschlug; vom Fenster her fiel helles Sonnenlicht auf ihn herab. Mit schwächelnder Kraft hob er die Hand und schützte sein Gesicht. Bei der Bewegung streifte sein Arm etwas Weiches und Warmes, vorauf er sich befand, es fühlte sich wie eine Decke an. So langsam erwachte neben seinen Geist, auch sein Gedächtnis. Die letzten Momente seiner Erinnerungen kehrten Zähflüssig wie Haferschleim zurück. Felix, und seine Freunde die ihn gehänselt hatten, die ganzen Schüler auf den Pausenhof, der Fußtritt in den Margen von Gregor… Das hier müsste entweder das Krankenhaus sein, oder das Krankenzimmer des Gymnasiums. Marcels Hand erlahmte und blieb nicht länger in die Luft hängen, doch kurz vorm Zusammenprall mit der Matratze fing sie jemand auf. Er drehte seinen Kopf zur Seite, aber nur ganz leicht und langsam, weil es weh tat. Neben dem Bett saß Dylan. Seine Finger hatten sich um Marcels Hand geschlossen. „Hey…“ er neigte seinen Körper leicht über die Bettkante „Wie schön das du endlich wach bist. Alle haben sich schon sorgen um dich gemacht“ „Was meinst du mit alle?“ fragte Marcel träge. Das Reden fiel ihm noch sehr schwer; ein betäubendes Gewicht drückte seine Zunge platt. „Fee Ledoux und Connor Lowery…“ „Das sind >AlleGhost Busters< beginnen. Keiner der Familienangehörigen von ihren geheimen Plan Notiz. Marcels Abwesenheit war den Zwillingen sowie nur Willkommen – das dachte zu mindestens er. Nach Sonnenuntergang klopfte es zaghaft an Marcels Zimmertüre und sein Kopf flog schmerzhaft aus allen Gedankenwolken. „Ja?“ rief er halblaut zurück, und schaffte es grade noch den Rucksack mit den Taschenlampen und dem Ersten-Hilfekasten unter seinem Bett zu verstecken. Als sich die Türe geräuschlos geöffnet hatte, erschien Kims Kopf ihm Spalt. Er lächelte ein kleinwenig und seine Augen funkelten schalkhaft. „Hi Blondie!“ rief er, schlenderte gelassen ins Zimmer und ließ sich neben Marcel auf den Fußboden nieder. „Wie geht es dir?“ Verwundert zog der Kleine die Stirn kraus. Woher kam dieser plötzliche Sinneswandel? Die ganzen 3 Wochen in denen Jeremy schon weg war, hatten sie kein einziges Mal nach seinem Befinden gefragt. „Gut. Wieso fragst du?“ „Nur der Notwendigkeit halber. Wir – das heißt Daimon, Kuroro und ich wollten nachher ein bisschen um die Häuser ziehen. Möchtest du nicht mitkommen?“ Kim zwinkerte mit dem goldenen Auge. „Jetzt wo wir Sturmfrei haben, wollten wir dich gerne auf eine Tour mitnehmen. Das bleibt natürlich unter uns. Na was sagst du?“ Dazu sagte Marcel gar nichts. Seine Zähne schienen wie auf einander festgeklebt; Das war das erste Mal das die Zwillinge ihn – ihn Marcel – dabei haben wollten, und er ging auf Geisterjagd. Enttäuscht senkte er den Blick auf seine Knie. „Ich kann leider nicht“ murmelte er traurig. „Heute Abend bin ich schon mit Fee und Connor verabredet“ „Oh…“ das klang aufrichtig überrascht. „Dann sag ihnen doch einfach ab. Ich kann nicht garantieren das ich Daimon noch einmal dazu überredet bekomme, dich mit zunehmen“ Doch Marcel schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte er sich selbst geschlagen. Hätte er heute Morgen doch einfach die Klappe gehalten. „Tut mir leid… es geht nicht. Ich will die beiden nicht versetzten“ „Na gut, wie du willst“ sagte Kim dessen Stimme sich sofort wieder kühl und unnahbar anhörte. „Es ist deine Entscheidung, mit wem du deine Zeit verbringst“ – er stand geschwind auf und taxierte Marcel mit einen frostigen Blick – „Aber sieh zu das eher zu Hause bist als wir 3, ansonsten darfst du in der Garage schlafen“ Damit war Kim verschwunden und die Türe flog laut in die Angel zurück. Zornig und enttäuscht zugleich schaute Marcel seinen Bruder hinterher. Wenn es an ihm legen hätte, wäre es sofort dabei gewesen, aber es ging einfach nicht. Er wollte seine Freunde nicht alleine lassen. Rasch tauschte Marcel seine Klamotten gegen einen dunkeln Pullover und schwarzer Jeans ein, ehe er sich beklommen an den Schreibtisch setzte, und darauf wartete dass die Zeit schneller verging. Doch fiel seit zum grübeln blieb ihn nicht mehr. Sein Wecker zeigte schon zwanzig vor Neun an. Wenn er pünktlich am Treffpunkt sein wollte, musste er so langsam mal los gehen. 10 Minuten später holte er sein Fahrrad aus der Garage und fuhr mit klapperden Zähnen zum Höllenberg. Der eisige und feuchte Wind trieb ihm die Röte ins Gesicht, und die Tränen in die Augen. Noch nicht mal einen Hund setzte man bei diesem Wetter vor die Türe, aber Hauptsache die Zwillinge und Kuroro machten sich unter diesen Umständen einen netten Abend. Nur äußerst widerwillig konnte Marcel sein Unmut verbergen, wie gerne er doch dabei gewesen wäre! Auf der Straße war es Leichenstill, nicht ein einziger Fußgänger begegnete ihm auf dem Weg. Sein Inneres zog sich leicht zusammen, als er hoch in den Himmel schaute. Dicke Gewitterwolken verweigerten ihm die Sicht auf Sterne und Mond. Mit einem Gefühl im Magen, als würde die jeden Moment Welt untergehen, fuhr Marcel schneller. Bloßes Frieren war die eine Sache, dabei jedoch von Regen bis auf die Knochen durchgeweicht zu sein, eine andere. Kurz nach 21 Uhr erreichte Marcel die Jansonstreet, und stellte sein Rad am Bürgersteig ab; Von Connor und Fee weit und breit noch nichts zusehen. Er seufzte. Sie hatten sich wohl verspätet. Während Marcel auf seine Freunde wartete, braute sich über seinen Kopf ein richtiges Unwetter zusammen. Die Wolkendecke wurde immer dunkler, und bald fielen die ersten Tropfen vom Himmel. Nach mehr als 15 Minuten knirschte Marcel wütend mit den Zähnen, immer wieder schaute er auf sein Handy, aber Fee und Connor ließen nichts von sich hören. Mit seiner Laune, sank auch die Temperatur merklich. Im Stillen schoss er ein Gebet in den Himmel; wenn seine Freunde ihn schon warten ließen, so sollte wenigstens das Wetter mitspielen! „Noch so später unterwegs?“ fragte plötzlich eine Samtweiche Stimme hinter Marcels Rücken. Verwundert, dass ihn jemand in dem Viertel der Superreichen ansprach, drehte Marcel sich voller Misstrauen um. Da im Regen stand eine schmächtig wirkte Person mit einem riesigen Schirm in der Hand, diese ihn mit großen, rot glühenden Augen musterte. Eine Welle an schönen, und weniger schönen Erinnerungen stürze auf ihn ein. Dieses engelsgleiche, perfekte Gesicht mit den großen, runden Augen hätte er selbst aus 100 Metern erkannt. Ein leichter Windstoß setzte Mephistos schwarz-glänzendes Haar in Bewegung, so das einzelne Strähnen seinen Makellosen Körper streiften. Der Dämon machte einen Schritt nach vorne, sodass der Schirm Marcel auch Schutz vor dem Regen bot. „Du wartet also auf deine Freunde?“ Mephisto lächelte eine Spur zu verschmitzt. Seine Fangzähne funkelten bedrohlich „Sie werden bei dem Unwetter garantiert nicht kommen. Möchtest du nicht eine Weile rein kommen, und dich aufwärmen?“ Ohne die Antwort abzuwarten, griff er nach Marcels Hand und zog ihn auf die andere Seite der Straße. „Ich spüre dein Gefühlschaos“ sagte Mephisto nüchtern. „Und du bist nur zu recht verwirrt“ – er blieb stehen und schaute mit glänzenden, unergründlichen Augen auf ihn herab – „Dylan und ich wohnen in der alten Villa“ Normalerweise wäre Marcel vom Glauben abgefallen, aber eigenartigerweise konnte er sich nicht konzentrieren. Die bloße Tatsache dass der Teufel ihn so einfach, so automatisch berührte versetzte seine Gedanken in Trance. Wo ihre Finger aufeinander trafen, brannte die Haut wie Feuer. Der zusätzliche Schmerz vernebelte Marcels ohnehin schon abgestumpften Sinne noch mehr. Obwohl Mephisto sein geistiger Nervenzustand wahrnahm, ging nicht auf Marcel ein und ließ das Thema fallen. Behutsam zog er den Kleinen zur Villa und öffnete die Wohnungstüren. Sobald das Licht brannte drückte Mephisto sein Findelkind ins Wohnzimmer. „Du tropfst… Bei deinem schlechten Immunsystem bist morgen du krank“ bemerkte er kühl, und redete solange auf Marcel ein bis er ausgezogen, in einem Bademantel gewickelt auf der Couch saß, und einen Kakao schlürfte. „Danke“ sagte Marcel ein wenig verlegen als sich Mephisto mit einer zweiten Tasse Kakao neben ihn setzte. „Nur weil du es bist. Jeden anderen, hätte ich da draußen stehen gelassen“ antworte der Dämon brutal ehrlich, und trank einen Schluck mit gestürzten Lippen. „Ich nehme an, ihr Kinder wolltet ein bisschen rum schnüffeln? Wissen wer hier wohnt? Oh nein Marcel, du brauchst mir nichts erklären - Ich kann ja deine Gedanken lesen. Aber ich finde es nicht schlimm, dass ihr sowas macht. In euerem Alter ist man halt neugierig. Ist dir immer noch kalt, du Biberist ja?“ Zitternd blickte Marcel hoch. Er wusste nicht, ob Mephisto tatsächlich die Wahrheit sagte, wenn er behauptete es störte ihn nicht. Was, wenn er log hatte und in Wirklichkeit vor Zorn kochte? Als Marcel trotzdem nichts sagte, ergriff Mephisto die Initiative und legte den Arm über seine Schulter. „Besser so?“ „Ähm… ja… Danke. Sie - ich meine, Du bist echt nicht böse das meine Freunde und ich hier geglotzt haben“ „Nein, wenn ich was sage kannst du mir in der Regel glauben“ „Okay“ Immer wieder fielen ihm beim Sprechen die Augen zu. Er hatte in den letzten Nächten sehr schlecht und vor allem sehr wenig geschlafen. Aber das half ihm nicht. Gar nicht. In Mephistos Obhut wollte er kein Nickerchen machen, obwohl er es gut gebrauchen konnte. Er war Hundemüde. Und die Hand in seinem Nacken fühlte sich so warm, vertraut und auch irgendwie tröstlich an. Endlich mal jemand, der sich um ihn kümmerte. Eigentlich fühlte sich Marcel bei Mephisto gar nicht so unwohl; Die leichte Berührung tat ihn unheimlich gut. „Marcel…? Schläfst du?“ Mephisto beugte sich leicht über ihn und kniff ihn kräftig in die Wange. Mit einem Schlag saß Marcel wieder kerzengrade. Einen kurzen Moment fragte er sich, ob der Teufel noch alle Tassen im Schrank hatte. „Aua! Was soll das denn?“ motzte Marcel, und schaute seinen Nachbarn vorwurfsvoll an. Dieser zuckte jedoch ungerührt mit den Schultern. „Ich wollte nur verhindern dass du wegknickst. Und beschwer dich bloß nicht, normalerweise verteil ich mittelharte, quer durch die Fresse gezogene Ohrfeigen“ Selbst Marcels Lippen wurden weiß. Er sprang vom Sofa, und stolperte im nächsten Augenblick über einen Fußhocker; danach knutschte ihn erst mal der Boden. Sich schüttelnd vor Lachen stand Mephisto auf, und zog mit eleganten Schritten in die Küche ein. „Du Dummerchen“ kicherte er höhnisch. „Ich sagte normalerweise. Dir krümme ich nicht mal ein Haar, wo mein Dylan dir doch so nahe steht!“ Es hörte sich so verdammt ehrlich an, dass sich Marcels bereits heißen Wangen nur noch dunkler färbten. Scheu schlug er die Augen nieder, und brummelte für sich: „Alle Dämonen in meiner Umgebung drehen durch…“ „Was hast du gesagt, Kleiner?“ rief Mephisto von der Küche aus. Er hatte ein spitzenmäßiges Gehör, mit dem er sogar die Flöhe husten hörte. „Alle Dämonen um mich herum, benehmen sich in der letzen Zeit komisch“ Nun, da es interessant wurde, kam Mephisto wieder ins Wohnzimmer und stellte eine randvolle Kanne mit Kakao und einen Tellerkekse in die Mitte des Tisches. „Wie meinst du das?“ fragte er ruhig, doch mit unüberhörbarer Neugierde. Das Antworten fiel Marcel sichtlich schwer, da er nicht wusste, wie viel er von seiner Privatsphäre preis geben konnte. „Daimon – einer meiner großen Brüder, mit denen ich zusammen lebe, und der ebenfalls ein Dämon ist – hat mir neulich erklärt das sie sich während Meiner Pubertät verändern. Dass ihre Hormone verrücktspielen, und dass sie eigenartige Dinge tun“ Zugleich prustete Mephisto in seinen Kakao, hüstelnd stellte er die Tasse ab und betrachtete Marcel belustigt. „Ach, das hat Daimon wahrhaftig gesagt?“ sein gut gemeinter Sarkasmus trat deutlich hervor. „Dann muss ich seine Aussage aber mal schleunigst korrigieren; Das einzige Hormon das bei ihnen zurzeit heiß läuft, ist das männliche Geschlechtshormon Testosteron. Bei Frauen wären das natürlich die Östrogene, aber das tut jetzt wenig zur Sache. Um es kurz und knapp für dich zusagen; Deine Geschwister sind dauergeil! Sie wittern die Veränderung deines Körpers während der Pubertät. Für die Reifung benötigt der menschliche Organismus eine Vielzahl an verschiedenen Hormonen. Insbesondere erhöht sich die Produktion der Sexualhormone, die du non Stopp unabsichtlich in die Luft schleuderst. Die feinen Sinne deiner Brüder reagieren genau so unbewusst darauf, und das Verlangen überkommt sie. Diese Zeit nennen wir auch Hitzeperiode. Da vergessen Dämonen einfach alles; Hunger, Durst, Schmerz, gute Manieren und sogar Verwandtschaft. Du kannst froh sein, das sie dich noch nicht angefasst haben…“ Auf der einen Seite war es beschämend die ungeschönte Wahrheit aus Mephistos Mund zuhören, dem Verführer der Menschheit. Doch anderseits war Marcel sehr froh darüber dass ihn endlich jemand befriedigend aufklärte. Fürchteten, oder Schämten sich seine Brüder dafür? Hatte sie Angst, die Kontrolle über ihren Verstand zu verlieren, dass sie ihm wichtige Details verschwiegen? Marcel konnte sich keine Antwort geben. Und dann kam ihm urplötzlich eine Situation in den Kopf geschossen, die er auf einmal in einem ganz anderen Licht sah; er erinnerte sich an dem Tag zurück mit Daimon alleine zuhause, wo sie gemeinsam auf der Couch saßen. Als Daimons Hand langsam den Reißverschluss seines Oberteils öffnete, hatte er ihn vorher was gesagt, oder vielmehr gefragt. „Soll ich dir zeigen was passen kann, wenn du willst?“ Die Zweideutigkeit dieser scheinpaar harmlosen Frage trieb Marcel den Schweiß auf die Stirn; Damit hatte sein Bruder nicht auf seinen Blutdurst angespielt, sondern…- Nein, denk nicht weiter, mahnte sich Marcel in Gedanken, das ist doch Schwachsinn. Daimon hasst mich wie die Pest. Da gab es keinen Platz, für andere Gefühle… „Bist du dir da sicher?“ antworte Mephisto flüsternd auf seine lautlose Frage. Seine roten Augen schienen noch größer zu sein als vorher. Ihr inneres pulsierte wie eine unruhige Flamme. Innerhalb von einer Minute erlebte Marcel dann seinen zweiten Geistesblitz; Mephisto war auch ein Dämon und stand unter dem Einfluss der Hitzeperiode! Mittlerweile schien jeder Tropfen Blut aus seinem Gesicht gewichen. Krächzend richtete er sich auf, und ging ein paar Schritte Rückwerts. Die Falle hatte soeben zugeschlagen, jetzt saß Marcel ganz tief in der Grube. „Was auch immer du mit mir vorhast“ sagte er betont langsam. „Jeremy würde dir dafür die Zunge rausreißen“ „Ich sehe deinen Jeremy hier aber nirgendwo“ erwiderte Mephisto genauso langsam. Ein wahrhaftig unmenschlicher Zug huschte über sein sonst so schönes Gesicht. „Und hast du auch schon mal an Dylan gedacht? Was würde er sagen, wenn du dich an einem Kind vergreifst?“ „Garnichts, denn er wird es nie erfahren“ Noch immer unsicher auf den Beinen wankte Marcel zur Türe, doch schon im nächsten Moment knickten sie seitlich unter seinem Gewicht weg. Der Kopf tat ihm entsetzlich weh – was nach dem Aufprall mit dem Boden auch nicht wirklich sonderbar war - auch das Gedenken fiel ihm zunehmend schwerer. „Bitte…“ wimmerte Marcel verzweifelt. Seine kraftlose Zunge hatte arge Probleme die Wörter zu formen „Tu es nicht! Tu es nicht…“ Doch tief in seinem inneren wusste Marcel schon, das Bitten und Betteln keinen Sinn hatte. Man würde ihn nicht verschonen. Dieses Monster war es gewohnt seinen Willen mit allen Mitteln, und Wegen durch zusetzten. Als Mephisto auf Marcel zukam verzogen sich seine Lippen zu einer angsteinflößenden Grimasse. „Ich habe kein Mitleid, Kleiner“ sagte er und versuchte es mit einem entschuldigenden Lächeln. „Aber ich werde dir nicht weh tun… oder es zu mindestens versuchen“ Sich zu Boden hockend schob er seine Arme unter Marcels bewegungsunfähigen Körper, und zog ihn den Bademantel von den Schultern. „Entspann dich einfach. Umso leichter ich es habe, umso eher bist du von deinem Leid erlöst“ Ein heiseres Stöhnen verließ Mephistos Mund; wie sehr dieses Spiel sein Blut doch in Wallung brachte! Es war etwas, das er kannte, das er verstand weil es ihm gut tat. Seine ganze Persönlichkeit verschwand indem sich sein Gehirn ausschaltete, und der Dämon in seiner Brust die Oberhand gewann. Es kostete ihn alle Willenskraft ruhig zu bleiben, und nicht wie ein unzivilisierter Kleinstadtdämon über sein Opfer herzufallen. „Ich bitte dich, hör auf bevor es zu spät ist!“ rief Marcel nun etwas kräftiger und klammerte sich mit beiden Händen am Teppich fest. Er war zwar nur ein Mensch, aber einer in Panik und hatte Angst vergewaltigt zu werden. Nachdem er sich zweimal gegen Mephistos Brust geworfen hatte, ließ er ihn los, und Marcel gelang es in den Flur zustürzen. Wie in Trance setzte sich ein Bein vor das andere, immer weiter und weiter. Als er endlich die Türe erreicht hatte, und den Knauf in der Hand hielt, traf ihn aus heitern Himmel ein Schlag. Nur ein Schlag? Ein Schwinger, schleuderte seinen Kopf nach vorne gegen das Massivholz der Türe und veranlasste Marcel dazu, benommen zu Boden zustürzen. Er merkte, wie Blut durch sein Haar lief, über sein Gesicht floss und ihn die Sicht raubte. Doch er war zu betäubt um den dazugehörigen Schmerz wahrzunehmen. Im Bruchteiler einer Sekunde stand Mephisto über ihn; Sofort hob er den Fuß, und trat dann mit voller Kraft auf Marcels Bein. Zuerst spürte er nur das abscheuliche krachen der brechenden Knochen, und dann drang endlich der Schmerz durch sein vernebeltes Bewusstsein. Damit prallen alle Einflüsse gleichzeitig auf Marcels Gehirn, und er konnte nicht mehr anders als laut zu schreien. Dabei platze ihm fast die Lunge aus der Brust, aber er konnte gar nicht mehr aufhören mit dem Kreischen. Alles drehte sich, und Marcel konnte nicht mehr richtig Atmen. Schon seit Jahren Lid er unter Asthma und es war nur eine Frage der Zeit, wann er der erste Anfall bekam. Mittlerweile war ihm Kotzübel. Kleine, schwarze Punkte tanzen vor seinem geistigen Auge. Bald würde er das Bewusstsein verlieren… „Hast du geglaubt, ich lasse dich abhauen bevor ich meine Lust an dir gestillt habe?“ Ein wütendes Fauchen drang aus Mephistos Mund. „Ich bin nicht der Gute in dieser Geschichte!“ Und dann stürzte er sich mit einem Schrei der einen das Blut in den Adern gefrieren ließ, auf Marcel. Weinend erwachte Marcel aus einem tiefen, unruhigen Schlaf. Irgendetwas hatte ihn geweckt; vielleicht die salzigen Tränen auf seinem Gesicht, oder aber das unkontrollierte Pochen seines Herzens. Eins von beiden. Kalter Schweiß ran aus allen Poren und benetzte Marcels gesamten Körper; Jeder einzelne Zentimeter Haut brannte, jeder Knochen schmerzte und jeder noch so kleine Muskel war verkrampft. Aber er wagte es nicht die Augen zu öffnen, aus Angst er sähe die Person die ihm die Nacht lang gequält hatte. Sein ganzes Leben zerbrach vor seinem geistigen Auge, wie ein zersplitternder Spiegel: Missbrauch von einem Dämon! Er wusste nicht mehr genau, wann er das Bewusstsein verloren hatte, doch im Nachhinein kam es ihm wie die langersehnte Erlösung vor, denn Mephisto verletzte ihn entgegen seinem Versprechen. Immer wieder, und ohne Reue tat er Marcel Gewalt an. Seine Augen füllten sich von neuem mit Tränen. Er schlunzte leise, und schluckte hart doch da war nichts in seinem Mund, das er hatte runter würgen können. Das Schamgefühl verschnürte ihn die Kehle, drohte ihn zu ersticken. Schließlich ein Klopfen holte Marcel in die Realität zurück. Verwirrt riss er die Augen auf, und starrte an eine weiß, gestrichene Decke. An seine Zimmerecke. Wie konnte das sein? Was war hier los?! Wie in drei Teufelsnamen kam er in sein Zimmer zurück? Es gab tausende Möglichkeiten, doch eine noch absurder als die andere. „Darf ich reinkommen, Marcel?“ Augenblicklich lief es ihm kalt den Rücken runter, und ein kühler Hauch ließ die Haut an den Unterarmen kribbeln. Das war nicht Mephistos Samtstimme, sondern Kileys. Marcel spürte wie sich seine Haut unangenehm zusammen zog. Das beklemmende Gefühl machte erst in seiner Brust halt, einen Moment lang konnte er nicht richtig atmen. Kim öffnete die Türe und warf Marcel einen verwunderten Blick zu. Eine kleine Falte erschien auf seiner makellosen Stirn. „Was liegst du auf den Boden rum? Du hast doch ein Bett, wo drin du schlafen kannst“ Ein monotones Stummen halte im Raum wieder, wurde immer lauter. So langsam begriff Kim dass etwas nicht in Ordnung war; Die Luft roch nach Angst und das grauenerfüllte Gesicht seines Bruders, ließen Kims Sinne rotieren. Er atmete schneller, flacher. Das Keuchen drang bis in den letzten Winkel seines Gehirns. Etwas war passiert, jemand hatte Marcel trotz ihrer Anwesenheit verletzt! Mit einem Satz war Kim an seiner Seite. Das Denken erlahmte, seine Instinkte rückten in den Vordergrund und übernahmen die Führung. „Hey Marcel… was ist los? Warum antwortest du mir nicht?“ „Sag´s du mir…“ antwortete Marcel schwach. Behutsam drehte er den Kopf in die Richtung seines Bruders. „Ich weiß nicht genau, aber du bist die ganze Zeit lang hier gewesen. Vor einer halben Stunde haben wir doch mit einander gesprochen, weißt du das nicht mehr?“ „Nein“ sagte Marcel beharrlich. Das Denken wurde leichter, die Erinnerungen klarer. Sein Verstand regenerierte sich von dem Schock. „Ich bin doch mit dem Fahrrad weggefahren, weil ich mich um kurz vor 21 Uhr mit Fee und Connor treffen wollte“ „Es ist grade mal 19.50 Uhr“ Kims Augen weiteten sich. Die Falte in seiner Stirn grub sich tiefer in die Haut. „Seit ich hier oben war, hast du dein Zimmer nicht mehr verlassen. Sicherlich bist du eingeschlafen, und hattest einen Alptraum. Einen Besucher können wir auch ausschließen, in unser Haus kommt keiner rein ohne dass wir – Daimon oder ich - es merken“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)