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110 HP-OS - Impossible?

von

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Gott!?

Ganz allein stand Sirius auf dem Bahnsteig und starrte auf die Mauer, durch die er gerade eben geglitten war. Wie seltsam.

Eben noch war er im Kampf mit seiner Cousine Bellatrix gewesen und nun stand er einsam und verlassen auf einem fremden Bahnsteig.

Neugierig sah er sich um und suchte nach einer Person, die ihm Auskunft geben könnte. Denn er hatte bereits festgestellt, dass er nicht durch die Mauer zurück konnte.

Wie aber konnte er sonst wieder zurück? Er musste Harry und den Mitgliedern des Phönix helfen. Er konnte nicht einfach hier rumstehen und Däumchen drehen. Wohin war er hier nur geraten?

Dann sah er eine ältere Dame. Eilends lief er auf sie zu und hätte sie fast umgerannt.

Sie schien wirklich alt zu sein und wirkte nicht sehr glücklich. Als er vor ihr zum Stehen kam, blickte sie ihn verwundert an.

„Entschuldigung, könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich hier bin?“, fragte er hastig. „Und wissen Sie wie ich hier weg komme?“ Denn selbst Disapparieren half nichts.

„Junger Mann, Sie sind tot“, klärte die Dame ihn höflicherweise auf. Allerdings gefiel ihm diese Erklärung nicht.

„Wie kann ich tot sein? Ich bin nicht gestorben“, erklärte er ihr. „Wo ist denn der Ausgang?“

„Für dich gibt es hier keinen Ausgang mehr“, erklang eine andere Stimme hinter ihm und er wandte sich um.

„W…was machst du hier? Du…du solltest doch tot sein!“, rief Sirius entsetzt und wich zurück, womit er die ältere Dame zu Boden warf. Schnell half er ihr wieder auf und entschuldigte sich.

Der Mann, der vor ihm stand, kam auf ihn zu und lächelte ihn traurig an. „Ich bin tot. Hier sind alle tot. Nun ja, nicht ganz alle. Es ist ein Rätsel, wieso du hier bist. Du bist nicht tot, aber dennoch bist du hier.“

„Wo genau bin ich hier?“, fragte Sirius und blickte auf den Zug, der am Bahnsteig stand. Einige wenige Gesichter lugten aus dem Fenster und versuchten sie zu begaffen.

„Hier ist das Tor zum Reich der Toten. Normalerweise gelangt nur die Seele hierhin. Du aber…“, er brach ab und Sirius bemerkte nun, dass nichts hier von richtig kräftiger Farbe war. Alles war so blass und als er an sich hinab sah, erkannte er, dass er dagegen noch immer so farbig war wie zuvor. Wie seltsam!

„Und…wie komme ich hier wieder weg? Ich bin nicht tot. Ich muss zurück“, ereiferte er sich und rüttelte an dem anderen.

„Es geschieht selten, dass jemand das Tor der Toten wieder verlässt. Für dich könnte es völlig unmöglich sein. Meine Strafe ist es die Toten willkommen zu heißen und ihnen zu erklären, dass sie tot sind. Du kannst versuchen eine Weg zu finden, hier wieder herauszukommen, aber früher oder später wirst du aufgeben müssen, Sirius. Vielleicht wollte Gott, dass ich dich empfange. Vielleicht hat er mich ja deswegen hierbehalten.“

Sirius lächelte keineswegs darüber. „Denk nicht, dass ich dir dafür verzeihe, dass du dich gegen Lord Voldemort gewendet hast. Du warst ein Narr überhaupt Todesser zu werden. Und ich bin froh, wenn ich wieder von dir wegkomme.“ Einst hatte er seinen Bruder einmal gemocht, aber das war schon sehr lange her.

„Dann wünsche ich dir viel Glück. Ich denke, ich werde meinen Spaß daran haben dir dabei zuzusehen wie du dich bemühst. Ich sehe keine Hoffnung für dich.“

„Die hattest du auch nicht mehr, als du dich den Todessern angeschlossen hast. Witzig, nicht? Ich hätte nie gedacht, dass ich mal wieder mit dir reden würde.“ Verbittert ballte Sirius seine Hände zu Fäusten. „ Du musstest ja wissen, dass wir uns wieder begegnen würden.“

„Du könntest mir erzählen, was sich im Reich der Lebenden zuträgt, während du einen Ausgang suchst. Die meisten Toten sind nicht sehr gesprächig, wenn es um die Ereignisse der Welt geht.“ Doch für diese Bitte büßte er nur einen bösen Blick von Sirius ein, eine Antwort aber erhielt er nicht.

Sein großer Bruder entfernte sich von ihm offenkundig auf der Suche nach seiner Rettung.

Regulus wartete auf ihn. Er würde bald wieder zurückkommen.
 

Doch Sirius kam nicht zurück. Er stand am Ende des Bahnsteigs und suchte die Mauern ab. Irgendwie musste er doch hier herausfinden. Es musste eine Möglichkeit geben – selbst für ihn!

Oder hatte das Ministerium einen so einfachen Weg gefunden die Lebenden umzubringen? Ganz ohne Gewalt? Nein, er war nicht tot! Er würde es schaffen diesem Wahnsinn zu entrinnen!

Sein Leben war noch nicht zu Ende. Er musste Bellatrix besiegen, den anderen helfen. Er durfte sie im Kampf gegen Voldemort nicht allein lassen. Er musste sie unterstützen.

Wie hatte er sich nur so von seiner Cousine übertölpeln lassen können? Es war wirklich zum Haare raufen. Er wollte nicht sterben. Er wollte zurück. Er musste helfen. Sein Leben war noch nicht verwirkt. Konnte das denn wirklich das Ende sein? Da saß er jahrelang in Askaban, schaffte den Ausbruch und starb dann ohne James und Lily rächen zu können? Musste er wirklich darauf hoffen, dass er hier eines Tages Voldemorts Seele einher spazieren sah? Konnte er gar nichts weiter tun?

Hoffnungslosigkeit machte sich ihn im breit und er schlug auf die Wand ein. Er musste hier raus! Sie brauchten ihn doch.

Snapes Stimme drang an seine Ohren wie er ihn immer verhöhnt hatte, dass er nichts für den Orden leisten konnte. War er kein Verlust? Im Grunde hatte er mehr Scherereien gebracht als Gutes. Nur die Nachricht, dass nicht er James‘ und Lilys Mörder war sondern Peter, hatte ein wenig zur Klärung des Ganzen geholfen. Aber seitdem war er nicht mehr von Nutzen gewesen. Das Hauptquartier hatte er noch beisteuern können, aber das war es dann auch schon. Alle anderen waren so viel nützlicher.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter, aber er bewegte sich nicht und sagte auch nichts.

„Es muss schwer für dich sein, aber mach dich nicht verrückt. Erzähl mir doch erst einmal, wie du überhaupt hierher geraten bist.“

Sirius drehte sich langsam zu ihm um, blickte ihn lange Zeit an, dann schloss er die Augen und ließ sich an der Mauer hinab zu Boden sinken.

„Und was bringt das? Geschichten erzählen hat noch niemandem geholfen“, meinte er spöttisch und versuchte zu erahnen, wie lange er seine Freunde nun schon im Stich ließ. Viel zu lange.

Regulus hatte sich zu ihm hinunter gebeugt und ergriff seine Hände, um ihn hochzuziehen. Er ließ es geschehen. Dann gingen sie gemeinsam zu einer Bank nicht weit entfernt und setzten sich.

„Mag sein, dass ich nicht viel für dich tun kann, aber vielleicht finden wir ja doch einen Ausgang. Denn du hast immerhin auch einen Eingang gefunden, den es nicht geben sollte. Außerdem möchte ich aus erster Hand erfahren wie es dir ergangen ist.“ Er lächelte Sirius schief an.

„Das sieht dir ähnlich dich am Leid der anderen zu laben.“ Er gab es nicht gern zu, aber er war froh, dass jemand hier war, den er kannte. Was man sonst immer über das Leben nach dem Tod gehört hatte, hatte nicht ganz so friedlich geklungen. Er konnte sich also glücklich schätzen, dass es sein Bruder war, der ihn empfangen hatte, und ihn trotz ihres früheren Hass aufeinander so nett behandelte. Aber wahrscheinlich war er über die Jahre hinweg verweichlicht. Etwas anderes konnte er sich nicht erklären. War sein Bruder wirklich schon immer so gewesen? Nein. Er kannte auch sein anderes Gesicht.

„Ich hatte erwartet nicht nur schlechte Geschichten zu hören. Nun erzähl mir doch alles. Wir haben sehr viel Zeit.“

Und dann erzählte Sirius. Er erzählte alles. Er erzählte von Voldemorts Fall, über seinen Gefängnisaufenthalt und über seine Flucht. Letztendlich gelangte er zum Ende seiner Geschichte und erklärte ihm, die eben erst geschehenen Ereignisse und wie er dann hierher gekommen war.

„Das ist seltsam. Du hast dich also mit Bellatrix duelliert und bist dann durch einen Schleier gefallen? Und plötzlich lagst du hier am Boden.“ Regulus begann zu überlegen.

„Du siehst, dass ich mich mit dieser Situation nicht abfinden kann“, seufzte Sirius und vergrub sein Gesicht in den Händen. Wie konnte er nur zurückkehren? Es musste einen Weg geben. Vielleicht war er nicht offensichtlich, aber er war da. Es gab immer einen Weg.

„Im Ministerium befindet sich also ein Tor, das direkt ins Reich der Toten führt. Ich frage mich, wie sie das hinbekommen haben. Aber das spielt wohl keine Rolle. Ich weiß nicht, ob es wirklich ein Hintertürchen gibt. Dein Körper befindet sich im Reich der Toten. Es bleibt also nur eine Schlussfolgerung. Dein Körper ist tot, also bist auch du tot.“

„NEIN!“, schrie Sirius laut. „Ich werde wieder zurückkehren!“

„Das möchte ich sehen, Bruderherz. Denk daran, du kannst endlich zu deinem alten Freund James. Steig in den Zug und er wird dich zu James führen. Du würdest es bestimmt nicht bereuen. Sie halten dich wahrscheinlich bereits für tot. Ich bitte dich, Sirius. Nimm dein Schicksal an“, redete Regulus auf ihn ein und hoffte, dass sein Bruder sich nicht mehr wehren würde.

„Ich kann nicht, Regulus. Ich kann nicht im Unwissen bleiben. Ich kann nicht einfach alle im Stich lassen. Ich kann das nicht!“ Doch Sirius Hoffnung war schon fast erloschen. Regulus kannte sich hier doch gewiss sehr gut aus, wenn er bereits seit über 15 Jahren hier war. Oder wollte Regulus ihn reinlegen?

„Ich bitte dich, Sirius. Lass deine Seele ruhen. Du hast so viel erlebt.“ Regulus legte einen Arm um Sirius Schulter, doch der wehrte sie wieder ab.

„Du willst mich loswerden, nicht wahr? Es gibt eine Möglichkeit, oder? Du willst sie mir nur nicht sagen! Aber darauf fall ich nicht rein! Ich kenn dich zu gut, mein Lieber. Und wenn ich Jahre hier herumsuchen muss, ich werde eine Lösung finden.“ Sein Ehrgeiz war wieder geweckt. Sollte Regulus ihm doch Steine in den Weg legen, früher oder später würde er einen Ausweg finden.

Verdutzt blickte Regulus ihn an, zuckte dann aber nur mit den Schultern. „Denk, was du willst. Mir würde es besser bekommen, wenn du hierbleiben würdest. Dann wäre ich nicht so allein. Aber du musst selbst wissen, ob du mir trauen willst oder nicht.“ Sein Lächeln war verschwunden.

Er stand auf und ließ Sirius alleine, um den nächsten Toten zu empfangen. Kein schöner Beruf wahrscheinlich, aber wenigstens musste Regulus sich keine Sorgen mehr um die Lebenden machen. Und er hatte nichts mehr, wofür er noch leben könnte. Vielleicht Kreacher.
 

Es vergingen weitere Tage. Doch Sirius ließ nicht locker. Er tastete die Mauern sorgfältig ab und suchte weitere Möglichkeiten wieder lebendig zu werden. Allerdings hatte er früh bemerkt, dass Magie hier nicht wirkte. Er musste den Weg mit seinem Gehirn finden. Das passte hierzu.

Ironischerweise brauchte er keinen Schlaf, kein Essen und hatte auch keine anderen menschlichen Bedürfnisse mehr – nur noch eines: Wieder leben.

Mit Regulus hatte er sich nicht mehr unterhalten. Aber ab und an hatte er ihm ein wenig Arbeit abgenommen, wenn er vom vielen Suchen zu erschöpft war. Es war ganz unterhaltsam die Toten einzuweihen. Außerdem waren sie gute Quellen, um zu erfahren, was sich in der Zaubererwelt zutrug.

Mittlerweile hatte er aber schon fast alles abgesucht. Dadurch, dass er Tag und Nacht – es wurde nicht einmal dunkel – suchte, hatte er viel geschafft, aber nichts erreicht.

Aber er konnte nicht einfach aufgeben. War seine einzige Option sich mit seinem Tod abzufinden?

„Das hier ist für dich“, ertönte Regulus Stimme hinter ihm und Sirius drehte sich zu ihm um. Jede Störung verzögerte seine Rückkehr umso mehr. Das konnte er sich nicht leisten. Andererseits war ein wenig Gesellschaft immer gut. Er wollte nicht wahnsinnig werden.

Regulus gab ihm einen Brief. „Was ist das?“, fragte Sirius skeptisch und untersuchte den Brief auf mögliche Fallen. Aber er war ja schon tot. Was sollte Regulus also noch tun können?

„Öffne ihn und lies. Ich habe nicht reingeschaut.“ Und mit diesen Worten ging sein Bruder wieder.

Also öffnete er ihn und begann zu lesen.

„Sirius, es gibt keinen Weg zurück für dich. Steige in den Zug. Das ist deine Bestimmung. Wehr dich nicht dagegen. Gott.“

„Gott?“, lachte Sirius auf. Doch er erkannte die Schrift nicht als Regulus‘. Sie war ihm gänzlich unbekannt.

Also hatte Gott ihm eine Nachricht geschickt. Machte er sich über ihn lustig? Der Gedanke machte Sirius wütend, aber er sah ein, dass es keinen Zweck hatte. Gott konnte man wohl vertrauen.

Er würde in den Zug steigen. Er würde James und Lily besuchen und sich ihnen anschließen. Und er hoffte, dass das, was außerhalb dieses Bahnsteigs lag eine lebensähnliche Welt darstellte.

Und so ging er zu seinem Bruder und umarmte ihn. Regulus war so überrascht, dass er gar nicht reagierte, sondern es geschehen ließ. „Danke für deine Hilfe. Aber eine Frage hätte ich noch?“ Er löste sich von ihm und blickte wehmütig zu dem Zug. Es war schwer sein Leben einfach aufzugeben.

„Dann stell sie mir.“

„Wird nur meine Seele mitfahren?“ Die Frage war interessant. Denn sein Körper konnte ja nicht einfach für immer hier herumliegen.

„Das kann ich dir nicht sagen, Sirius. Vielleicht wirst du mitsamt deinem Körper in die Totenwelt übergehen.“

Regulus hatte ihm ja bereits gesagt, dass er nicht viel wusste. Damit musste er sich wohl zufrieden geben.

Ohne sich weiter zu verabschieden ging er los, blickte nicht mehr zurück – obwohl er nur zu gerne noch einmal die Mauern abgetastet hätte – und stieg dann in den Zug – mitsamt seinem Körper.

Frühling

Scorpius lag im Gras und genoss die Sonnenstrahlen, die auf ihn hinab schienen. Endlich war Frühling und die Kälte ebbte ab. Er hatte zwar nichts gegen Kälte, aber deswegen war sie ihm trotzdem nicht lieb. Viel zu oft war er bereits in den Kerkern der Kälte ausgeliefert.

Plötzlich ergoss sich eiskaltes Wasser über ihm und er riss entsetzt die Augen auf. Da entdeckte er Rose Weasley.

Er setzte sich auf und blickte an sich herunter. Alles an ihm war nass. Und zwar pitschnass. Sein weißes Hemd war sogar schon durchsichtig geworden. Diese verfluchte Weasley! Wie er sie doch hasste. Warum konnte sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Immerzu musste sie ihm irgendwelche Streiche spielen. Das war wahrscheinlich der schlechte Einfluss ihrer Familie.

Er rümpfte die Nase, zog sich das Hemd über den Kopf aus und blickte sich dann nach Rose um. Weit konnte sie ja nicht sein. Das würde Rache geben, so wahr er hier stand.

In seiner Nähe hörte er ein Kichern. Er drehte sich um und sah ihr rotes Haar im Wind flattern. Sie hatte sich hinter einem Baum versteckt, aber der Wind hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht – und natürlich auch ihre Lautstärke.

Langsam näherte er sich dem Baum. Als er kurz davor stand und die Chancen gut waren, dass er sie noch fangen konnte, wenn sie weglief, rief er: „Nettes Versteck, Rose. Darf ich mich denn nicht einmal bei dir für die Dusche bedanken? Wirklich schade.“

Rose kicherte wieder und rannte dann los. Allerding beging sie den taktischen Fehler zu versuchen an ihm vorbeizulaufen. Scorpius holte sie nach wenigen Schritten ein und nahm sie in die Mangel.

„Na, Rose? Wollen wir vielleicht ein wenig schwimmen gehen?“, flüsterte er ihr süffisant ins Ohr. Dafür, dass sie verdammt gute Noten schrieb, schien sich ihre Intelligenz sonst in Grenzen zu halten. Wieso sollte jemand wie sie anderen sonst solche lächerlichen Streiche spielen? Scorpius verstand es einfach nicht. Aber Rose hatte sich über die sechs Jahre, in denen sie nun gemeinsam Hogwarts besuchten, nicht geändert. Sie schien wirklich Spaß daran zu haben ihn zu ärgern. Er seinerseits rächte sich gerne, aber ließ sich nicht zu solch Kindereien hinab wie sie.

„Nein, Scorpius, lass mich!“, lachte die Rothaarige und versuchte um sich zu schlagen, damit er sie losließ, aber er hatte sie fest im Griff. Das war auch sein Glück, denn er wusste, dass Rose sehr gut zuschlagen konnte, wenn sie denn wollte.

„Ach, komm schon, es ist doch bereits Frühling. Das Wasser ist bestimmt schön warm.“ Er versuchte sie nach Möglichkeit irgendwie hochzuheben, was ihm schwer fiel, da sie fast entkommen wäre, aber irgendwie schaffte er es dann doch sie in Richtung See zu bugsieren.

„Scorpius, lass mich. Das ist nicht lustig!“, schrie das Mädchen verzweifelt, aber er kannte kein Erbarmen. Wenn sie austeilen konnte, musste sie auch einstecken können. Und er wusste, dass sie kein Jammerlappen war. Ein bisschen kaltes Wasser hatte noch nie geschadet.

„Noch nicht gegen kaltes Wasser abgehärtet? Bist wohl ein Warmduscher? Dann sollten wir vielleicht schon einmal üben“, grinste Scorpius. Es machte Spaß sie zu ärgern. Ihre wechselnden Launen waren einfach unbezahlbar komisch.

„Ich warne dich! Dafür würdest du bezahlen! Lass mich los, Scorpius.“ Aber Rose‘ Schreie interessierten ihn nicht. Sollte sie doch Schreien. Rache war bekanntlich süß.

Allerdings achtete er darauf, dass ihre Hände nicht an ihren Zauberstab gelangten. Denn dann würde ihre Rache an ihm eher bitter aussehen – und sie hatte noch nicht einmal das Recht sich zu rächen. Er hatte ihr noch nichts getan. Er war von ihr durchweicht worden. Nicht sie von ihm. Er war pitschnass und fror tatsächlich ein wenig, aber das ließ er sich selbstverständlich nicht anmerken. Er war ein Malfoy und kein Weichei.

Sie hatte sich dasselbe verdient. Das war nur logisch. „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“, lautete ein Sprichwort. Er wusste nicht, woher es kam, hatte es Rose aber schon einmal sagen hören. Wahrscheinlich war es ein Muggelsprichwort, aber ob es das nun war oder nicht konnte ihm auch egal sein.

„Bitte, Scorpius! Das Wasser ist so kalt“, wimmerte Rose und vergrub ihre Hände an seinem Hals – sehr fest, denn er spürte ihre Fingernägel, die an seinem Nack entlang schabten.

„Hör auf damit“, blaffte er sie an, als er endlich direkt vor dem See zum Stehen kam und warf ihr einen missbilligenden Blick zu. Musste sie es ihm denn so schwer machen? Der Frühling hatte gerade erst begonnen, aber es war schon sehr warm. Das Wasser konnte daher nicht allzu kalt sein. Sie sollte sich nicht so anstellen. So verwöhnt war sie eigentlich nicht, dass sie jetzt ein Theater veranstalten durfte. Rose und Hugo Weasley waren wie alle Weasleys nicht mit dem Reichtum aufgewachsen, den er hatte. Sie mochten von berühmten Zauberern abstammen, aber das machte sie noch lange nicht so erhaben wie ihn. So sagte es sein Vater immer.

„Scorpius, bitte“, flüsterte sie nun nur noch immer wieder, nachdem sie die Fingernägelfolter beendete.

„Zum Merlin, Rose, nerv mich nicht. Es ist doch bloß Wasser. Kalt, aber immer noch nur Wasser. Du wirst schon nicht erfrieren. Dann holen wir uns eben beide eine Erkältung“, zischte er, watete ein Stück ins Wasser und versuchte sie dann möglichst weit reinzuwerfen. Er schaffte es wenigstens bis zu den tiefer gelegenen Stellen. Zufrieden entfernte er sich wieder aus dem Wasser und sah Rose zu wie sie mit all ihren Gliedmaßen strampelte.

Das ging noch einige Sekunden so, dann verschwand sie plötzlich unter Wasser. Das war der Moment, in dem es in Scorpius‘ Kopf Klick machte. Sie hatte ihn nicht direkt wegen des kalten Wassers angebettelt. Ob Frühling oder Sommer war, sie hätte unter keinen Umständen schwimmen wollen.

Er erinnerte sich zurück an die letzten Jahre und erinnerte sich nie daran Rose im See schwimmen gesehen zu haben. Vielleicht Hugo, James, Albus, Lily und ihre anderen Verwandten, aber niemals Rose.

Er stand wie versteinert da. Rose konnte nicht schwimmen! Eine andere Erklärung gab es nicht. Er bezweifelte, dass dies nur ein Trick war. So tückisch war selbst sie nicht. Ganz sicher nicht.

Ohne lange darüber nachzudenken, watete er wieder ins Wasser und sprang dann hinein, als es etwas tiefer wurde. Dann tauchte er. Seine Augen nahmen nur Umrisse war, aber er musste ja auch nur ihr rotes Haar erkennen. Er tauchte immer tiefer bis er die fast schon bewusstlose Rose entdeckte.

Er packte sie um den Brustkorb und versuchte mit ihr nach oben zu schwimmen. Sie war nicht allzu schwer, das wusste er, aber ihre und seine Kleider sogen an ihnen und so bereitete es ihm viel mehr Mühen bis sie endlich wieder an der Oberfläche waren. Schnell zog er sie ins seichte Gewässer, wo sie wieder stehen konnten. Doch Rose schien nicht mehr bei sich zu sein. Er zog sie bis ans Ufer und kniete sich dann neben sie.

„Rose, wach auf! Bitte, wach doch auf!“, rief er panisch und blickte sich um, ob irgendwo eine Menschenseele war, doch scheinbar hielt es keiner für nötig an so einem wunderschönen Tag das Schloss zu verlassen. Idioten waren sie alle.

Unter normalen Umständen hätte er sich gefreut, dass er ganz allein auf der Wiese liegen konnte und es kein kindisches Geschrei gab, niemand ihn stören konnte, aber in dieser Situation wünschte er sich das ganze Schloss wäre hier versammelt.

Er überlegte, was er tun konnte. Hatten sie nicht einmal einen Erste-Hilfe-Kurs in der 1. Klasse gehabt? Für diesen Fall war sicher auch eine Hilfestellung möglich.

Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern bis er sich an die Mund-zu-Mundbeatmung erinnern konnte und er konnte sich auch sehr gut vorstellen, weshalb. Aber er durfte jetzt nicht zimperlich sein.

Er drückte auf ihren Brustkorb und legte dann seinen Mund auf den ihren, um sie zu beatmen. Das ging längere Zeit so bis Rose zu husten begann und die Augen aufschlug. Schnell entfernte er sich von ihr und versuchte seine Verlegenheit zu überspielen.

„Geht es dir gut?“, fragte er schnell, bevor sie irgendetwas zu dieser Lebensrettung sagen konnte. Sie hatte ihm bereits ein schlechtes Gewissen bereitet. Er fühlte sich schrecklich schuldig dafür, dass sie wegen ihm fast ertrunken wäre.

Und dennoch ärgerte er sich auch darüber, dass sie nicht schwimmen konnte. Wie konnte jemand wie sie denn nicht schwimmen? Sie war Rose Weasley! Sie musste einfach schwimmen können. Es passte nicht wirklich zu ihr, dass sie es nicht konnte. Und es machte ihn so wütend. Hätte sie es gelernt, hätte er sie nicht retten müssen. Und er wusste, dass sie ihm trotz seiner Hilfe nichts schuldig war. Denn er hatte sie überhaupt erst in diese Lage befördert. Weasleys machten nur Ärger!

„Es geht“, keuchte Rose und hustete mehrmals. Dann sprach sie weiter – furchtbar erzürnt: „Tu das nie wieder! Ich hoffe, du weißt, dass du damit fast einen Schulverweis riskiert hättest?“

Er blickte sie verdutzt an. Sie dachte daran, dass er der Schule verwiesen worden wäre, wenn sie gestorben wäre? Wie edelmütig von ihr. Kein Wunder, dass sie eine Gryffindor war, aber dennoch beunruhigte es ihn. War das normaler Heldenmut oder steckte da mehr dahinter? Er konnte es nicht wirklich einschätzen. Das war immerhin Rose, die er da vor sich hatte. Sie war Genie und Wahnsinn vereint.

„Starr mich nicht so an, Scorpius! Du hättest es wenigstens darauf beruhen lassen können. Wozu gibt es denn Zaubersprüche? Wozu sind wir auf Hogwarts, wenn nicht um sie zu lernen?“ Mit diesen Worten suchte sie nach ihrem Zauberstab, zog ihn heraus und murmelte etwas. Dann waren sie beide wieder trocken.

Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Warum hatte eine Hexe, die zu einem Viertel Muggel war, ausgerechnet ihn darauf aufmerksam machen müssen, dass er zaubern konnte? Und wie hatte er das nur vergessen können? Naja, es hätte ihm auch nichts gebracht sich zu trocknen, wenn er sie ohnehin ins Wasser schleppen wollte. Und er konnte nicht wissen, dass sie nicht schwimmen konnte! Das sagte er ihr dann auch.

Sie lachte verbittert auf. „In diesem Fall kann ich dich wahrscheinlich wirklich nicht anprangern. Aber du hättest ja auf mich hören können. Ganz so weinerlich bin ich normalerweise nicht. Ich…hasse tiefes Wasser.“

Sie sagte es mit einem so merkwürdigen Unterton, dass er sich fragte, weshalb ausgerechnet so ein Mädchen Angst vor Wasser haben konnte. Aber das war viel zu privat. Es ging ihn nichts an. Er würde es einfach dabei belassen.

„Es tut mir auch wirklich leid, Rose, aber ich hatte ja nicht die leiseste Ahnung. Es wäre nur ein schöner Start in den Frühling gewesen. Es ist so schönes Wetter. Niemand ist hier draußen. Ich wollte es genießen. Und ich wollte dir nichts Böses. Es sollte witzig sein.“ Er versuchte sich an einem Lächeln, das aber sehr gequält aussah.

„Ich fürchte, ich habe dir den Tag ruiniert und du beinahe mein Leben. Kein wirklich schöner Frühlingsanfang“, seufzte sie und setzte sich etwas auf. „Aber trotzdem danke. Besonders…wegen dieser…du weißt schon.“ Sie errötete und blickte weg.

Und er wusste überhaupt nicht, wovon sie sprach. „Wegen was, Rose?“, fragte er vorsichtig und musterte den Teil ihres Gesichts, den sie nicht ganz abgewandt hatte, um irgendetwas aus ihrer Miene ablesen zu können. Aber sie schien nur furchtbar verlegen.

„Erste Hilfe“, flüsterte sie leise und Scorpius biss sich auf die Unterlippe. Das meinte sie. Er fühlte wie auch er errötete, aber das war ihm im Moment egal. Er war erschöpft, verlegen, erleichtert, geschockt und verwirrt. Und da war noch etwas. Ein Kribbeln in seinem Bauch. Konnten Bäuche einschlafen?

Ohne zu überlegen stellte er die Frage laut. Doch Rose blickte ihn nur verdutzt an. „Bitte was? Wieso denn?“

„Mein Bauch kribbelt komisch“, erklärte er. Er hatte das Gefühl irgendetwas falsch zu machen, aber er wusste einfach nicht was. Und dann fing Rose zu kichern an, allerdings schien ihr Kopf noch röter angelaufen zu sein. Wie merkwürdig!

„Was daran ist so lustig?“, beschwerte er sich und verschränkte beleidigt die Arme. „Darf man heutzutage keine Fragen mehr stellen? Ich dachte du bist so neunmalklug!“

Sie wurde wieder ernst und blickte ihn böse an. „Ich weiß, was das ist. Aber es würde dir nicht gefallen und außerdem werde ich es dir auch nicht sagen, wenn du dich so benimmst! Ich lass mir auch nicht alles gefallen. Wenn du es wissen willst, solltest du lieber nett zu mir sein. Es ist ohnehin in diesem Fall besser für dich.“ Sie streckte ihm die Zunge raus.

„Sag es mir doch einfach. Wenn es mir eh nicht gefallen wird, dann ist das doch ohnehin gut für dich“, entgegnete Scorpius und schüttelte verständnislos den Kopf. Dieses Mädchen war ihm wirklich ein Rätsel.

Sie murmelte etwas, das er nicht verstand. „Was?“, fragte er nach.

„Ich will aber, dass es dir gefällt“, meinte sie nun ein bisschen lauter – aber trotzdem hatte Scorpius seine Ohren spitzen müssen, um sie zu verstehen. Was hatte sie bloß? Er konnte sich ihr Verhalten gar nicht erklären.

„Vielleicht tut es das ja doch“, bemerkte er. Er wollte endlich wissen, was sie ihm verschwieg. Er fühlte sich komisch und er wusste überhaupt nicht, weshalb. Sein Bauch kribbelte total. Aber wenn er die Hand darauf legte, fühlte es sich nicht an als wäre er eingeschlafen. Es war ein angenehmes Kribbeln und er spürte die Hand immer noch, nicht so wie wenn zum Beispiel sein Fuß einschlief. Das war alles zu merkwürdig. Hatte sie ihn irgendwie verhext?

„Bezweifle ich, Scorpius“, seufzte sie und stand auf. Sie ging einfach los in Richtung Schloss und ließ ihn stehen. Was zum Merlin sollte das!?

„Hey! Rose! Bleib stehen! Rose!“ Er rannte ihr hinterher, sammelte unterwegs sein Hemd auf, das er schnell mit seinem Zauberstab trocknete, zog es sich über und holte sie dann endlich ein. Er versperrte ihr den Weg. „So, Rose, und jetzt sagst du mir, was los ist.“

„Ich denk gar nicht daran. Es wäre viel besser, wenn du es selber merkst. Es wird dir sicher nicht gefallen, Scorpius. Das ist zwar nicht wirklich befriedigend für mich, aber man kann nicht alles haben. Und wenigstens ärgerst du dich dann selbst. Ich würde jedenfalls gerne dein Gesicht sehen, wenn du es herausfindest.“ Sie lächelte bösartig und machte keine Anstalten an ihm vorbei zu gehen. Das war auch gut so, denn er würde sie um keinen Preis gehen lassen.

„Wenn du es mir jetzt sagst, wirst du mein Gesicht dabei sehen. Ist das nicht ein Angebot?“, fragte er und tippelte nervös mit einem seiner Füße auf den Boden. Was war so schlimm, dass sie es ihm nicht sagen wollte? Die Sache ärgerte ihn ungemein. Es war wirklich zum Haare ausreißen. Aber natürlich würde er sich seine Haare nicht ausreißen – er mochte sie viel zu sehr.

„Scorpius, glaub mir. Du willst es nicht wissen. Dein guter Frühlingsanfang ist dir aber gelungen, wenn auch nicht so wie du es vielleicht gewollt hast. Aber von anderen Leuten würde es als schön empfunden werden. Von dir eher weniger.“ In ihrem Blick lag Ungeduld, aber das war ihm egal.

„Ich glaube nicht, dass es mir gefällt, wenn du etwas gegen mich in der Hand hast, Rose“, zischte er. „Sag es mir!“

Sie blickte ihn mit einem unergründlichen Blick an. „Ich hab nichts gegen dich in der Hand.“

„Das glaube ich dir erst, wenn du mir sagst, was du weißt.“ Er tastete nach seinem Zauberstab.

Doch noch bevor er ihn ziehen konnte, schritt sie auf ihn zu, legte ihre Arme um seinen Hals und ihre Lippen auf seine. Völlig überrumpelt ließ er den Kuss über sich ergehen.

Bevor er endlich den Gedanken fassen konnte sie wegzustoßen, wich sie selbst zurück und warf ihm einen ängstlichen Blick zu. „Weißt du nun, was ich meine?“

Er dachte nach. Während sie ihn geküsst hatte, war das Gefühl dieses Kribbelns immer stärker geworden – und er begriff langsam.

„Nein“, hauchte er und weitete geschockt die Augen. Denn ihm hatte der Kuss gefallen. Und zu seinem Entsetzen wollte er noch mehr.

„Nein“, wiederholte er als könne er seine Gefühle damit zunichtemachen. Es durfte einfach nicht wahr sein. Er konnte nicht. Er konnte nicht in Rose Weasley verliebt sein. Es war völlig absurd.

„Ich hab es dir ja gesagt. Kann ich jetzt bitte gehen?“, fragte sie und klang nun ziemlich fies. Ohne eine Erlaubnis zu erhalten ging sie an ihm vorbei, doch hatte sie nicht damit gerechnet, dass Scorpius ihr Handgelenk ergreifen würde.

„Warte“, sagte er leise und drehte sich zu ihr um. Er dachte über die letzten Minuten nach. Über alles, was sie zu ihm gesagt hatte. „Du sagtest, es würde dir gefallen, wenn mir die Sache gefällt.“

Sie blickte ihm nicht in die Augen, sondern irgendwo hinter ihn. Vielleicht war das schon Antwort genug für ihn – vielleicht hatte er auch keine gebraucht – aber dennoch musste er sich sicher sein. „Heißt das, du empfindest das auch für mich?“

Ihr Blick suchte endlich den seinen und sie kaute nervös auf ihrer Lippe herum. Es sah irgendwie süß aus, aber Scorpius schob den Gedanken sogleich wieder beiseite. So etwas durfte er nicht denken!

„Ich denke schon“, flüsterte sie nach einiger Zeit und versuchte ihr Handgelenk aus seinem Griff zu befreien. Aber er ließ sie nicht los. Warum sollte er sie ausgerechnet jetzt gehen lassen?

Er bemerkte wie sich ein Glücksgefühl in ihm ausbreitete und musste sich ein Grinsen verkneifen. Es gefiel ihm, dass Rose auch in ihn verliebt war, aber es gefiel ihm nicht, dass er in Rose verliebt war – oder doch? Er wusste es nicht. Aber es war nicht wirklich schlimm für ihn. Denn sie war ja auch in ihn verliebt und es gefiel ihr wahrscheinlich ebenso wenig. Es hätte ihr wohl gefallen, wenn es ihm gefallen hätte. Aber er wusste nicht, ob er ihr den Gefallen tun konnte. Etwas in ihm wollte es ihr Recht machen, aber er versuchte sich dagegen zu wehren. Das war Rose Weasley. Was würde sein Vater sagen, wenn er eine Weasley anschleppte?

Nein, soweit durfte er nicht denken. Es war ja nicht so, dass er und Rose eine langfristige Beziehung haben würden, nicht einmal eine kurze. Das wollte er nicht. Was würden sie nur alle sagen? Sie würden ihn alle auslachen, weil er ausgerechnet eine Weasley auserkoren hatte.

Aber was scherte es ihn überhaupt, was die anderen dachten? War es nicht besser, wenn er selbst glücklich war? Ja, so war es. Er sollte lieber an sich selbst denken.

„Ich denke, es ist in Ordnung für mich“, sagte er nach einiger Zeit und lächelte nun ehrlich.

Allerdings lächelte Rose nicht. „Was heißt das?“

Kapierte sie denn nicht? Er versuchte ihr gerade zu sagen, dass er eine Beziehung mit ihr wollte und sie begriff es nicht? Es war erschütternd. Sonst war sie doch auch so klug.

„Wenn du es nicht verstehst, ist es nicht mein Problem“, murrte er und ließ sie los. „Dann halt nicht.“ Er würde nicht vor ihr herumkriechen. So eine Blöße gab sich ein Malfoy nicht. Niemals.

„So einfach ist das, ja?“, schrie sie ihn nun an, als er an ihr vorbeiging. „Wenn etwas nicht nach deiner Nase läuft, gibst du anderen die Schuld und läufst weg!? Du bist so ein Feigling, Scorpius! Muss wohl in der Familie liegen.“

Er drehte sich blitzartig um. „Du kannst mich beleidigen, Rose, aber lass meine Familie aus dem Spiel.“

„Wieso denn? War dein Vater kein Feigling? Also…meine Eltern haben mir da etwas ganz anderes erzählt“, höhnte sie.

„Was wissen deine Eltern denn schon, hm? Beleidige ich sie? Glaub mir, ich weiß auch genug negative Dinge über deine Eltern“, entgegnete Scorpius ihr und ließ sie dann stehen.

„Scorpius, ich bitte dich! Scorpius!“, rief sie ihm nach, aber er stellte sich einfach taub. Sollte sie ihn doch so oft rufen wie sie wollte. Er würde nicht nachgeben. Er war ein Malfoy. Sie hatte seine Ehre und die seiner Familie beleidigt und außerdem seinen Tag ruiniert. Vielleicht war der Frühling doch kein so schöner Monat. An diesem Tag war in weniger als einer Stunde so viel passiert und er wünschte sich einfach er wäre im Bett geblieben. Oder vielleicht hätte er sie auch einfach ertrinken lassen sollen. Nein, das war wirklich fies. Das hätte er nicht getan, egal wie wenig er sie mochte.

Jetzt hatte er nur ein Problem. Er musste seine Gefühle für sie abtöten. Er konnte es sich nicht leisten in sie verliebt zu sein. Sie mochte manchmal mehr als in Ordnung sein, aber gerade eben war einer dieser Momente gewesen, in denen das nicht der Fall war.

Von seinen Gedanken völlig gefesselt, merkte er erst nicht wie sich jemand heftig um ihn klammerte. Bevor er jedoch um sich blickte, wusste er bereits, dass es Rose war. Wer auch sonst? „Lass mich los“, knurrte er. Er wollte sie nicht unnötig verletzen, deswegen wehrte er sich auch nicht, aber wenn sie ihm keine Wahl ließ, würde er es ohne zu zögern tun.

„Nein, Scorpius“, meinte sie mit fester Stimme und umklammerte ihn ebenso fester. „Ich wollte hören, was genau du meintest. Stolz gibt es in der Liebe nicht. Sag mir doch einfach, was du willst.“

„Nichts! Ich will rein gar nichts. Außer dass du mich in Ruhe lässt.“ Es war fies, aber er musste das tun. Sie hatte ihn verletzt und er würde nicht zulassen, dass sie das noch einmal konnte.

„Das stimmt doch gar nicht“, sagte Rose leise und er spürte, dass sie leicht zitterte.

„Woher willst du das wissen?“

„Du bist in mich verliebt, Scorpius.“

„Oh, das hätte ich fast vergessen. Stimmt ja“, spottete ich. „Aber das spielt ja ohnehin keine Rolle für dich.“

„Doch das tut es.“ Sie ließ ihn los und trat vor ihn hin. „Das tut es wirklich. Ich wollte dich nicht beleidigen. Das tut mir wirklich leid. Aber Angriff ist die beste Verteidigung, nicht wahr?“ Sie lächelte unsicher.

Scorpius glaubte zu verstehen, was sie ihm sagen wollte. Daher fragte er gar nicht erst nach. Also hatte er sie damit verletzt und sie hatte ihren Stolz auch nicht begraben wollen. „Ich dachte Stolz gibt es in der Liebe nicht?“

„Das sollte es auch nicht. Wir verstehen uns doch oftmals so gut. Können wir es nicht einfach probieren?“ Würde sie ihm überhaupt eine Wahl lassen, ob es ihm gefiel oder nicht?

„Was soll das heißen?“, entgegnete er und biss sich auf die Zunge. Ein Déjà-vu.

„Das soll heißen, dass ich eine Beziehung mit dir möchte, insoweit du deine Gefühle wirklich für „in Ordnung“ hältst.“ Sie hielt sich viel wackerer als er, allerdings glaubte er, dass sie ohne die vorherige Szene nicht anders reagiert hatte.

„Und du meinst, das klappt?“, hakte er nach und runzelte die Stirn.

„Wenn wir nicht immer so stur sind, ja“, grinste sie nun und er musste auch grinsen.

„Eine Beziehung also?“

„Was willst du denn sonst? Weißt du, ich fühl mich noch nicht ganz bereit dich zu heiraten, Scorpius. Morgen vielleicht.“ Sie streckte ihm die Zunge raus.

„Eine Beziehung also“, bestätigte er sich selber und schüttelte grinsend über ihre Antwort den Kopf. Typisch Rose. „Vielleicht ist der Tag doch nicht ruiniert.“

„Ich finde, das ist ein schöner Frühlingsanfang“, meinte Rose und umarmte Scorpius.

„Das denke ich auch.“

Mechanisch

Verfluchte Muggel! Wie konnten sie nur irgendwelche schrecklichen Dinge erfinden? Und er, Draco, musste sich jetzt damit auseinandersetzen.

Die ganze Küche stand unter Wasser. Unter normalen Umständen hätte er ja zaubern können, aber sein Zauberstab war zur Reparatur und Astoria würde ihn ihm erst heute Abend wieder mitbringen. Solange musste er sich ohne begnügen. Aber warum hatte er ihn auch zerbrechen müssen? Naja, er hatte es ja nicht absichtlich gemacht. Wer setzte sich denn auch absichtlich auf seinen Zauberstab? Mal abgesehen davon, dass es nicht er sondern Scorpius gewesen war. Aber er hatte ihm bereits eine Predigt gehalten. Auch wenn sein pubertierender Sohn wahrscheinlich nur bedingte Reue zeigte. Er hatte unmissverständlich dargelegt, dass er nichts dafür konnte, wenn sein Vater seinen Zauberstab irgendwohin legte, wo sich jeder draufsetzen konnte. Dass besagter Sitzplatz der Küchentisch gewesen war, hatte ihn natürlich nicht gekümmert. Typisch Teenager. Allerdings hatte er sich in seinem Alter nie so etwas erlaubt. Sein Vater war ja auch strenger als er jetzt. Deswegen ärgerte es Draco auch so sehr, dass Lucius Malfoy als Großvater seinem Enkelkind viel zu viel durchgehen ließ, was Draco sich nie hätte erlauben dürfen.

Und nun lag er auf dem Boden und versuchte herauszufinden, warum das verfluchte Waschbecken ausgerechnet an seinem Zauberstabfreien Tag auslief – und noch viel wichtiger, wie er das Problem wieder beheben konnte.

Scorpius unterdessen saß friedlich am Tisch und schlang sein Frühstück herunter. Es schien ihn keineswegs zu stören, dass alles unter Wasser stand. Er amüsierte sich eher über die Situation. Behilflich war er Draco jedenfalls nicht. Ärgerlich!

Und dann sah er einen kleinen Riss im Rohr. Als er es berührte, merkte er jedoch, dass es kein kleiner Riss war, sondern das Rohr fast vollständig gespalten war. Schnell wich er zurück und rappelte sich wieder auf, bevor er noch zu nass gespritzt wurde. Nicht dass es etwas ändern würde, denn er war ohnehin klitschnass.

„Dad“, meinte Scorpius nach einem Bissen Toast, „Wieso rufst du nicht einfach einen Klempner an?“

Draco warf seinem Sohn einen bösen Blick zu. „Zauberer brauchen keine Hilfe von…Klempnern. Wir können uns selber helfen.“

„Das sieht man. Kaum hast du keinen Zauberstab mehr, läuft alles den Bach runter. Und das sogar fast wörtlich“, grinste Scorpius.

„Du bist mir auch keine Hilfe. Außerdem braucht man für einen Klempner ein Telefon. Und so etwas besitzen wir nicht, falls du dich erinnern kannst“, erklärte Draco. Allerdings brauchte er wirklich Hilfe. Wenn er aber seine engere Bekanntschaft darüber in Kenntnis setzte, würde Astoria schon bald darüber Bescheid wissen und das wollte er um jeden Preis verhindern. Er war der Mann im Haus und musste sich nicht vor ihr zum Narren machen. Wen konnte er also um Hilfe bitten? Ihm fiel ein einziger Name ein, den er sich am liebsten sofort wieder aus dem Kopf geschlagen hätte, aber leider hatte er keine bessere Idee.

„Ich statte mal ein paar Bekannten einen Besuch ab, Scorpius. Pass auf, dass hier nicht noch mehr Chaos entsteht, okay?“ Sein Sohn nickte brav.

Draco verließ die Küche und machte sich schnell Ausgehfertig. Dann ging er ins Wohnzimmer zum Kamin. Wenigstens funktioniert Flohpulver auch ohne Zauberstab.

Er nahm sich eine Prise, warf sie in den Kamin, stellte sich rein und nannte laut und deutlich genug die Adresse, zu der er wollte.

Wenn jemand ihm helfen konnte, was Muggelkram anging, dann war es die Person, die er im Begriff war zu besuchen.
 

Im Nachhinein überlegte er sich, hätte er vielleicht lieber erst ankündigen sollen, dass er auf einen Besuch hereinschneien wollte.

Zwei kleine Kinder hatten sich direkt auf ihn gestürzt als er leicht verrußt aus dem Kamin schritt und nach seiner Zielperson suchte.

„Daddy“, kreischte das Mädchen und biss in Dracos Bein, während der kleine Junge an seinen Haaren zerrte. Draco musste sich bemühen seine Tränen zu unterdrücken, denn dieser Angriff tat weh.

Schritte erklangen und Draco machte ein Paar schwarze Lackschuhe aus.

„Roxanne! Remus Neville!“, keifte das Paar Schuhe los und die Kinder ließen Draco schneller los als er bis zwei zählen konnte. „Was habt ihr nur für schlechte Manieren euch einfach auf einen Gast zu werfen? Geht spielen.“ Die Kinder liefen an ihr vorbei und kicherten leise.

Draco hatte sich währenddessen aufgerappelt und blickte auf eine schöne rothaarige Frau hinab. Dafür dass ihre Familie nie die reichste gewesen war, konnte man sich über Ginny Weasleys Aussehen keineswegs beklagen. Nun, viel mehr war sie ja nun eine Potter.

„Draco Malfoy“, sagte sie langsam und musterte ihn. „Was verschafft uns denn die Ehre?“

„Ich würde mich gerne mit deinem Mann unterhalten“, meinte Draco und mied es Harrys Namen in den Mund zu nehmen. Sollte er noch immer seinen Nachnamen verwenden? Sie war nun auch eine Potter. Aber für seinen Vornamen waren sie nicht vertraut genug. Er würde das Problem einfach umgehen.

„Dann komm mit“, seufzte sie und verließ das Wohnzimmer. Draco folgte ihr und wurde in einen nicht ganz so hellen Raum geführt. Die Wände waren im Vergleich zum Wohnzimmer nicht weiß sondern orangerot gestrichen. Die Möbel waren eher dunkel gehalten. Aber es wirkte dennoch gemütlich und warm.

„Diese Kinder kenne ich gar nicht“, stellte Draco fest, während er sich weiter umsah.

„Roxanne ist meine Nichte und Remus unser Jüngster. Fünf Jahre alt.“ Sie blickte ihn nicht an, stattdessen galt ihre Aufmerksamkeit dem hinteren Teil des Raumes.

„Ihr Weasleys ward schon immer richtige Gebärmaschinen“, rutschte es Draco raus und er sog kurz Luft ein. So konnte er auf Potters Hilfe verzichten. Er durfte bloß nicht seine Frau beleidigen.

„Dein Sohn Scorpius dagegen wächst völlig allein auf“, gab Ginny zurück. Sie hatte schon immer ein freches Mundwerk besessen.

Draco schwieg lieber. Ein Streit war völlig unnötig. „Wo ist er denn nun? Wie lange soll ich hier noch warten?“

Ohne ein Wort zu sagen verließ Ginny den Raum. Er wollte ihr schon fast hinterher laufen und sie anschreien, was das sollte, als der Sessel im hinteren Raumteil sich drehte und Harry Potter sichtbar wurde.

„Guten Morgen, Malfoy“, grüßte Harry ihn sachlich und blickte den Blonden fragend an. Es war bisher noch nie vorgekommen, dass Draco ihn besucht hatte. Da musste es schon einen besonderen Anlass geben.

„Guten Morgen, Potter“, grinste Draco seinerseits höhnisch ließ sich ohne Aufforderung auf einem Stuhl gegenüber von Harry nieder.

„Nun, was führt dich hierher, wenn ich fragen darf? Ich denke mal, du möchtest nicht einfach nur einen Kaffee mit mir trinken und über alte Zeiten reden?“, vermutete Harry richtig. Aber dieser Sarkasmus hatte Draco noch nie gefallen.

„Vielleicht ja doch“, gab er also einfach keck zurück. „Wäre es denn schlimm? Würde ich dann deinen ganzen Terminplan durcheinander bringen, Potter? Das wäre aber wirklich zu traurig.“

„Ich fürchte, das tust du gerade auch so, Malfoy. Aber es wäre mir dennoch lieber, wenn du meine Zeit sinnvoll verschwenden würdest.“ Über den Widerspruch des Satzes schwieg Draco einfach. Es hatte keinen Sinn seinen Retter zu vergraulen. Damit würde nur das Problem aufkommen, wenn er stattdessen um Rat fragen konnte. Denn Harry kannte sich bei den Muggeln gewiss aus, Draco dagegen eher weniger.

„In der Tat bin ich aus wichtigen Gründen hier, Potter. Ich brauche einen Mechaniker. Unser Abflussrohr ist gebrochen.“ Es war peinlich zugeben zu müssen, dass er nicht magische Hilfe brauchte, aber was sollte er tun? Einen Zauberstab besaß er nicht – deswegen hatte er auch nur auf Harrys Vernunft plädieren können, dass dieser kein Duell mit ihm anfangen wollte oder ihn direkt angriff, als er bei ihm hereinschneite.

Harrys Miene war erst absolut ernst, doch schon nach wenigen Sekunden zappelte er in seinem Sessel hin und her und lachte sich kaputt. Das war wirklich ärgerlich. Draco hasste es, wenn man über ihn lachte, und im Normalfall hätte er dem auch Einhalt geboten, aber ohne Zauberstab war er machtlos.

„Du brauchst einen Mechaniker?“, japste Harry, während er versuchte mit dem Lachen aufzuhören. „Was ist passiert? Plötzlich Squib geworden? Hat deine Frau dir verboten Magie anzuwenden? Bei dir würde ich es ja verstehen. Wahrscheinlich benutzt du deinen Zauberstab selbst, um dir den Arsch abzuwischen.“

Draco knirschte mit den Zähnen. „Ich bin nicht hier, um mich zum Volldepp erklären zu lassen, sondern um einen Mechaniker zu finden. Wenn du mir nicht helfen willst, gehe ich.“ Er funkelte Harry böse an.

Sein Lachen erstarb schnell, aber wahrscheinlich nicht wegen Dracos Drohung, denn die erschien dem Schwarzhaarigen eher als äußerst positiv. „Du brauchst einen Mechaniker? Wegen Rohrbruch? Warum zauberst du nicht? Im Ernst, Malfoy, ich verstehe es nicht.“

„Mein Zauberstab ist in der Reparatur“, murrte Draco und wurde langsam sehr ungeduldig. Warum musste Harry ihn so provozieren? Er sollte selber gut genug wissen, dass Dracos Temperament auch nicht von schlechten Eltern war.

„Oh, das erklärt natürlich einiges. Wenn du willst, könnte ich mir dein Rohr doch einmal ansehen? Ob auf Muggelart oder nicht, ich kenn mich ein wenig damit aus“, bot Harry an, auch wenn ihm deutlich anzusehen war, dass er nicht sehr begeistert von dem Gedanken war.

„Gibt es keinen Mechaniker, den man einstellen könnte?“, fragte Draco hastig. Er wollte Harry nicht unbedingt in seinem Heim haben, wenn es nicht gerade nötig war.

„Ein Muggel in einem Zaubererhaus? Davon würde ich dir abraten. Außerdem kriegst du mich quasi umsonst und ein Mechaniker kostet dich sehr viel und zwar nicht in Galleonen, Sickeln und Knuts. Da musst du Muggelgeld bieten können. Und für einen Besuch auf der Bank hast du eher keine Zeit. Ich gehe ja dann auch wieder. Oder hast du etwa Angst vor mir?“ Harry grinste ihn an. Es gefiel Draco keineswegs, dass der ehemalige Gryffindor die Kontrolle über das Geschehen hatte, aber er musste sich eingestehen, dass es wohl wirklich besser war seinen früheren Erzfeind als Mechaniker oder auch einfach Zauberstabschwenker einzustellen.

„Du willst keine Gegenleistung dafür haben?“, fragte Draco vorsichtig nach. Das wunderte ihn wirklich. Warum sollte Harry nicht selbst etwas für die angebotene Hilfe verlangen? Er hatte nicht viel davon ihm zu helfen – außer dass er sich über Dracos Unfähigkeit lustig machen konnte. Aber das war nichts Materielles, nichts Wertvolles.

„Sagen wir es mal so: Dafür bist du mir dann einfach ebenfalls einen Gefallen schuldig. Das wäre meiner Meinung nach ein faires Angebot. Außerdem habe ich momentan ohnehin nicht viel zu tun. Ich hab mir ein wenig Urlaub genommen, um mit meinen Kindern die Zeit zu verbringen. Aber Albus und Lily sind momentan bei Hermine und Ron und James ist bei Teddy. Und was treibt dein Sohn über die Ferien?“ Er stand auf und führte Draco zurück zum Kamin.

„Scorpius ist zuhause. Aber er wird die nächsten zwei Wochen bei Blaise und seiner Familie verbringen“, erzählte Draco ihm, obwohl er sich dachte, dass es Harry überhaupt nichts anging. Aber wenn er schon von seiner eigenen Familie berichtete, konnte er ihm ruhig entgegenkommen und das Gleiche tun.

„Nach dir“, meinte Harry und machte eine einladende Geste, um Draco dazu zu bewegen, dass dieser in die Schale voll Flohpulver griff und in den Kamin stieg.

Dies tat der Blonde dann auch und befand sich wenige Sekunden später wieder zuhause. Schnell stieg er aus dem Kamin und kurz darauf erschien auch schon Harry. Er schien mitgenommen von der Reise. Scheinbar mochte er Flohen nicht so sehr. Das amüsierte Draco.

Schweigend ging Draco voraus und führte Harry zur Küche. Scorpius war schon lange mit dem Frühstück fertig und wahrscheinlich im oberen Stockwerk, wo er vermutlich wieder einmal Zauberformeln verschlang. Der Lerneifer seines Sohnes, was diesen Teil seiner Ausbildung anging, war extrem hoch. Dafür ließen Scorpius‘ Talente in anderen Fächern zu wünschen übrig.

„Voila!“, präsentierte Draco bekümmert seine Küche, als er sie betrat – und sogleich bis zu den Knöcheln im Wasser stand.

„Du hast das Wasser nicht einmal abgeklemmt? Du scheinst es mit der Technik wirklich nicht so zu haben. Ich kümmere mich darum, kein Problem!“, seufzte Harry kopfschüttelnd und machte sich ans Werk. Draco derweil setzte sich an den Küchentisch und betrachtete Harry bei der Arbeit – es erinnerte ihn an die Situation von diesem Morgen. Er füllte sich in die Haut seines Sohnes versetzt. Aber Harry war natürlich nicht sein Vater.

Es dauerte länger als Draco erwartet hatte, was aber auch zum Teil daran lag, dass Harry in Dracos Haus nicht das nötige Material fand, um den Bruch zu beheben und außerdem Draco zeigen wollte wie er in einer erneuten gleichen Situation ohne Harrys Hilfe zurecht kommen würde. Draco versprach sich zwar, dass es diesen Fall nie wieder geben würde, aber das konnte ja keiner wissen.

Und so saßen die beiden fast bis zum Abend an dem Rohr und versuchten es zu reparieren. Harry hätte es wahrscheinlich schneller hinbekommen, wenn Draco nicht immer nachfragen hätte müssen, was der Schwarzhaarige gerade getan hatte. Lieber fragte er jetzt als ihn noch einmal um Hilfe bitten zu müssen, selbst wenn es nicht leicht für ihn war sich so zu erniedrigen. Hilfe von einem Gryffindor! Einem Mann, dessen Mutter eine Muggelstämmige gewesen war! Zum Glück war Scorpius seit dem Frühstück nicht mehr aufgetaucht und wusste daher auch nicht, dass Harry in ihrem Haus war.

Es war kurz vor sieben, als die beiden endlich fertig wurden und Harry mit einem Zauberstabschwenker den Boden trocknete und ihre nasse Kleidung.

„Vielen Dank. Ich denke, dann solltest du jetzt gehen?“, meinte Draco eilig, denn ihm fiel ein, dass Astoria gleich nachhause kommen würde. Welche Blamage wäre es, wenn sie ihn mit Harry antreffen würde! Noch dazu wüsste sie dann, dass Draco ohne Zauberstab völlig hilflos war – zumindest was Mechanik anging.

Harry blickte ihn mit gerunzelter Stirn an. „Der Dank für meine Hilfe ist, dass du mich möglichst schnell aus deinem Haus rauswirfst?“

„Nein, aber es wäre wirklich freundlich“, er seufzte. „Ich will nicht, dass Astoria etwas davon erfährt. Es reicht schon, dass Scorpius sich über mich lustig gemacht hat. Wenn Astoria herausfindet, was passiert ist und wer mir geholfen hat…bitte tu mir das nicht an, Potter!“

Harry nickte verständnisvoll. „Allerdings würde ich deinem Sohn nicht unbedingt vertrauen. Ich denke, er wird es deiner Frau sagen. Aber es wird niemand erfahren, dass ich hier war. Also, Malfoy, ich hab etwas gut bei dir. Bis dann!“ Und mit diesen Worten flohte sich Harry zurück in sein eigenes Heim.

Keine Minute zu früh, denn Draco hörte gerade die Haustür aufgehen. Astoria war daheim. Er seufzte erleichtert auf. Alles war wie am Schnürchen verlaufen – gerade noch so. Er würde sich vor seiner Frau keine Schwäche eingestehen müssen und das befriedigte den Blonden doch sehr.

„Draco, Scorpius?“, drang Astorias wohlklingende Stimme zu ihm durch und er trat aus dem Wohnzimmer hinaus in den Flur. Er konnte die Gestalt seiner Frau gerade noch ausmachen, bevor sie ihn umarmte. „Lief heut alles gut?“

Sie ließen sich los. „Alles Bestens. Was sollte auch schon passieren?“ Er lächelte scheinheilig und hoffte auf die erlösenden Worte seiner Frau.

„Deinen Zauberstab hab ich leider nicht dabei. Sie meinten, es wäre sehr schwierig ihn zu reparieren und würde sehr viel kosten. Es würde günstiger kommen, wenn du dir einen neuen kaufst.“ Sie blickte ihn entschuldigend an.

Draco starrte sie an. Er sollte sich einen neuen Zauberstab kaufen, weil sein eigener unwiderruflich zerstört war? Das war eine Katastrophe! Draco hatte seinen Zauberstab seit er nach Hogwarts gekommen war – und nun musste er sich mit einem Neuen begnügen, der noch dazu nicht von Ollivander sein würde? Es tat im Herzen weh, aber wahrscheinlich hatte Astoria Recht. Reparaturen konnten sehr teuer werden. Und bei einem Zauberstab war es manchmal sehr verzwickt ihn wieder in normalen Zustand zu versetzen. Also hatte er nun seinen ersten Zauberstab verloren.

„Dann werde ich wohl morgen in der Winkelgasse vorbeischauen“, krächzte er , drehte sich wie in Trance um, ging ins Wohnzimmer und setzte sich.

„Ist alles in Ordnung, Schatz?“, fragte Astoria und brachte ihm einen Tee. Wie lange saß er nun schon hier? Er fühlte sich als hätte er seine große Liebe verloren, aber die stand gerade vor ihm und blickte ihn besorgt an.

„Ich weiß nicht“, gab Draco wahrheitsgemäß zur Antwort. „Ich fühl mich nicht sehr gut. Ich hatte meinen Zauberstab 30 Jahre und nun muss ich mich mit dem Gedanken anfreunden einen nicht annähernd so guten Zauberstab zu bekommen? Er wird niemals so sein wie mein bisheriger.“ Wahrscheinlich würde er den neuen Zauberstab immer mit seinem alten vergleichen. Kein sehr aufmunternder Gedanke.

„Ich wusste gar nicht, dass dir so viel an dem Stück Holz gelegen war?“, bemerkte Astoria und setzte sich ohne Erlaubnis auf seinen Schoß. „Was für einen Unterschied macht es denn, wenn du einen anderen hast? Es gibt sicher weitere Zauberstäbe, die zu dir passen.“

Sie verstand nicht. Würde sie ihren Zauberstab einfach wegschmeißen und einen neuen kaufen? Er konnte sich das bei ihr kaum vorstellen, aber ihre Worte machten es eindeutig und glasklar.

„Ich hab eine Art Bindung zu dem Stück Holz aufgebaut, Toria. Ich kann nicht einfach einen anderen nehmen ohne mich mies zu fühlen. Es fühlt sich an als würden wir Scorpius durch einen anderen Jungen ersetzen, weil er irgendeinen Makel hat, verstehst du?“

Astoria ließ schmiegte sich eng an ihn und wandte ihren Kopf ein Stück zu ihm um. „Natürlich verstehe ich dich, Draco. Mir ginge es nicht anders. Ich hätte aber nicht gedacht, dass dieser Verlust für dich so viel bedeutet.“ Sie stand auf und versuchte so auf seinen Schoß zu krabbeln, dass sie ihn ansehen konnte.

„Du scheinst mich nicht so gut zu kennen wie du dachtest“, stellte Draco schroff fest und ließ sich auch nicht von ihrem entschuldigenden Kuss beeindrucken.

„Sei doch nicht so! Ich hab auch eine Überraschung für dich, aber erst möchte ich, dass du wieder lächelst, mein Schatz.“ Sie grinste ihn an und ließ ihm gar keine Zeit ihrer Forderung nachzukommen, da sie sofort damit begann ihn zu kitzeln.

Er war schon immer kitzelig gewesen. Eine Schwäche, die selbst Blaise immer auszunutzen gewusst hatte. Schon bald krümmte er sich lachend und kichernd in dem Sessel, während Astoria nicht aufhören wollte. Er hatte immer bekümmert feststellen müssen, dass seine Frau nicht von der kitzeligen Sorte war. Das war furchtbar frustrierend und unfair, aber was sollte er machen?

„Du lachst“, triumphierte Astoria und beließ es endlich dabei. „Dann bekommst du jetzt auch deine Überraschung.“ Sie hörte sich an als würde sie mit einem kleinen Kind sprechen, das endlich seinen Lolly bekommen würde. Aber er liebte sie und ihre Art, also nahm er es ihr auch nicht übel.

„Dann spann mich nicht zu lange auf die Folter“, meinte Draco und streckte ihr die Zunge raus. Sie nutzte es, um mit ihm einen innigen Zungenkuss zu starten.

Er wollte schon fast protestieren, als sie sich wieder von ihm zurückzog und aufstand, aber da entdeckte er eine längliche schwarze Schachtel in ihrer Hand.

„Was ist das?“, fragte er skeptisch, auch wenn die Hoffnung in ihm bereits eine Vermutung hatte.

Sie reichte ihm die Schachtel ohne ihm zu antworten und grinste nur selig.

Angespannt nahm er den Deckel ab, sprang auf und umarmte Astoria so heftig wie er konnte.

„Draco Lucius Malfoy“, sagte diese ihn weniger erfreutem Tonfall. „Musst du deine Freude wirklich damit ausdrücken deinen Zauberstab erneut kaputt zu machen?“

Erst da wurde Draco bewusst, dass er beim Aufspringen die Schachtel fallen gelassen hatte und auch noch draufgestiegen war. „Oh nein“, hauchte er entsetzt und hob seinen wieder angeknacksten Zauberstab auf.



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