Tücken des Schicksals von Shizuno (Die Chronik der Unsterblichen) ================================================================================ Kapitel 3: Begegnungen ---------------------- Kapitel 3 - Begegnungen Kiara stoppte Alana in sicherer Entfernung und überwand die restliche Strecke im Sprint. Von dieser Seite aus konnte sie nicht das gesamte Dorf einsehen, aber schon von hier war zu erkennen, dass etwas nicht stimmte. Mit jedem Schritt wurde ihre Angst ein bisschen stärker, ihr Verstand weigerte sich jedoch, sie zuzulassen. Doch noch immer begegnete ihr niemand auf der Straße. Keiner war im Eingangsbereich des Dorfes zu sehen. Die umliegenden Felder, auf denen sonst gearbeitet wurde, waren ebenfalls verlassen. Mit einmal hörte sie Schreie. Ohne lange darüber nachzudenken, rannte sie los. Am ersten Gebäude angekommen, schlich sie an der Hauswand entlang und spähte vorsichtig um die Ecke. Aber auch hier war niemand zu sehen. Von Haus zu Haus schleichend, näherte sie sich dem Marktplatz in der Mitte des Dorfes. Sie bog um eine Ecke, als plötzlich eine Tür genau vor ihrem Gesicht aufschlug. Fast verraten durch einen erschrockenen Aufschrei, reagierte sie doch noch instinktiv und versteckte sich hinter einem Stapel Holzkisten. Eine junge Frau stolperte hinaus und stürzte zu Boden, mit gezogenem Schwert trat ein Mann hinter ihr aus dem Gebäude. „Du dachtest wohl, du kannst dich vor uns verstecken“ lachte er kalt und schaute mitleidslos auf sie herab. Tränenerstickt flehte sie ihn an, sie zu verschonen, doch er hob nur seine Waffe und zog sie ihr unbarmherzig quer durch den Oberkörper. Sie wimmerte vor Schmerz noch einmal auf, bevor sie zusammenbrach, aber der Mann schenkte der sterbenden Frau schon keinerlei Beachtung mehr. Sein Interesse galt schon dem nächsten Haus. Kiara stockte der Atem, wie gelähmt starrte sie aus ihrem Versteck auf die Tote, unter der sich langsam eine dunkle Blutlache ausbreitete, ohne das der Erdboden bereit war, diese aufzunehmen. Sie versuchte, das grausige Bild und die Empfindungen von Panik und Übelkeit von sich abzuschütteln. Lautlos verharrte sie, bis der Fremde außer Sichtweite war, stand dann auf und ging zur Tür, aus der beide heraus gekommen waren. Bevor sie eintrat, fiel ihr Blick noch einmal auf die Frau, es war ein bekanntes Gesicht aus dem Dorf. Kiara wandte sich schwermütig ab und betrat dann das Haus. Der Innenraum war komplett verwüstet worden, alle Schranktüren standen offen, ob Regale oder Truhen, alles war ausgeräumt und deren Inhalt überall verteilt. Sie arbeitete sich leise durch den Raum zu einem Fenster, das zum Dorfplatz zeigte. Von hier aus konnte sie sehen, dass nun mehrere fremde Männer auftauchten, welche Sachen aus Häusern herausbrachten. Kiara horchte auf, denn leise waren die Schreie von eben wieder zu hören. Sie verließ das Gebäude und ging ein kleines Stück außen herum auf die Geräusche zu. Je näher sie kam, desto intensiver wurde der Geruch nach brennendem Holz. Ein ungutes Gefühl wie eine düstere Vorahnung drängte sich immer mehr auf , sie versuchte es wieder beiseite zu schieben, doch als das Gemeindehaus in Sicht kam, musste sie sich damit konfrontieren. Jetzt wusste sie, warum niemand zu sehen gewesen war. Der Anblick war kaum zu ertragen und zitternd wandte sie sich von ihm ab. Mit verkrampften Armen lehnte sie sich an die Wand neben ihr und rutschte an dieser in sich zusammen. Das größte Gebäude des Dorfes brannte lichterloh, aber es war noch zu erkennen dass die vorderste Tür mit Kisten und anderen Dingen versperrt worden war, zusätzlich waren die Fenster mit Holzbrettern vernagelt worden. Vereinzelt lagen tote Einwohner auf dem Weg dorthin, ein paar Glückliche, die nicht qualvoll in den Flammen sterben mussten. Nun waren auch keine Schreie mehr zu hören. Nur das Wüten des Feuers, es verschluckte den gesamten Dachstuhl des Hauses, selbst die beiden Nebengebäude brannten schon. Mit einem lauten Krachen stütze das Dach ein und eine riesige schwarze Rauchwolke stieg drohend in die Luft hinauf. Kiara vergrub ihr tränenüberströmtes Gesicht zwischen ihren verschränkten Armen. Hier war nichts mehr zu retten. Plötzlich ließ sie ein einziger lauter Schrei hinter sich aufschrecken. Sie drehte sich in die Richtung um und alle Vorsicht vergessend begann sie, dorthin loszustürzen. ~*~ „Alles in Ordnung“ hörte er von seinem Partner, der ihm gerade vom Wachturmraum entgegen kam, er klopfte ihm lachend auf die Schulter. „Viel Spaß da oben.“ „Kennst mich doch, den werd ich haben“ entgegnete Keith wie immer und kletterte mit federnden Schritten die Leiter zum Turm hinauf. Seit ein paar Jahren arbeitete er nun schon hier auf dem Anwesen des Fürsten Mac Brian. Der Fürst besaß eine Burg, auf der nun mittlerweile eine stattliche Anzahl Männer dienten, er sorgte mit ihnen für Arbeitskraft bis hin zu Sicherheit in seinem Land. Das Anwesend selbst lag in Lissagriffin, westlich von Ballyvoge, ein wenig weiter oben im Gebirge und zweiseitig umschlossen von diesem. Die Kleinstadt Lissagriffin lag am Fuße der Burg und erstreckte sich über die hügeligen Hänge bis fast hinab zur Ebene. Meistens war es auf dem Anwesen und in der Stadt recht ruhig. Keith mochte seine Arbeit und wenn man mit dem Kommanden Sean O'Ceallaigh nicht aneinander geriet, hatte man beste Aussichten auf ein gut aushaltbares Leben hier. Keith machte es sich auf dem breiten Fensterstock in einer Nische bequem, mit bestem Blick auf den Fluss hinunter. Wie jeden Nachmittag waren die Frauen gerade damit beschäftigt, die Wäsche zu waschen. Seine Neugier hätte nur zu gerne gewusst, über was sie da unten redeten und kicherten. Mit verschmitztem Lächeln dachte er an sein Mädchen vom letzten Abend und malte sich schon sein nächstes Zusammentreffen mit ihr aus. Beiläufig schaute er zum östlichen Turmfenster hinüber, doch genau dieser flüchtige Blick riss ihn aus seinen Träumereien. Auf den ersten Blick war es nicht auffällig, bis er den Horizont genauer absuchte. Am Himmel waren dunkelgraue Rauchwolken zu sehen, die dort nicht sein sollten. Anscheinend brannte da etwas. Ohne länger darüber nachzudenken, schlug er Alarm. ~*~ Kiara rannte durch eine schmale Gasse auf einen Innenhof zu. Auch hier brannten schon einige Gebäude, anscheinend hatten die Eindringlinge nun schon mehrere Brände gelegt. Atemlos blieb sie stehen, vor ihr befanden sich mehrere Personen auf dem Platz, wovon jedoch nur noch 2 lebten. Ein großer Mann mit dunklen, kurzen Haaren und ausländisch wirkenden Zügen, den sie nicht kannte, und ein zweiter am Boden kniend. Kiaras Aufmerksamkeit wandte sich sofort dem Letzteren zu und sie musste einen Aufschrei unterdrücken, als sie ihn erkannte, denn es war ihr Bruder, der da verletzt zu Boden gegangen war. Der Fremde hob sein Schwert und machte sich zum letzten Angriff bereit, denn Ayden wirkte zu geschwächt, um sich überhaupt noch bewegen zu können. Unbewegt kniete er da, seine einzige Möglichkeit, sich zu wehren, lag unerreichbar ein ganzen Stück vor ihm. Nur einen Augenblick, bevor der fremde Krieger seinen Angriff begann, stürmte auch Kiara vor. Sie griff nach Aydens Waffe, wirbelte herum und stellte sich schützend vor ihn. Den Angriff des Mannes konnte sie zwar abwehren, doch unter seiner Kraft ging auch sie in die Knie. Um für den nächsten Schlag bereit zu sein, stand sie jedoch sofort wieder auf. Doch der Fremde ging ein paar Schritte zurück, langsam senkte er dabei sein Mordwerkzeug. „Interessant, wen haben wir denn da?“ fragte er amüsiert. Ayden blickte auf, er glaubte seinen Augen nicht zu trauen. „Kiara…?“ Fassungslos schaute er sie an. „B-bist du von Sinnen…? Verschwinde von hier…gegen den… hast du keine Chance…“ keuchte er, dann kippte er vor Erschöpfung einfach zur Seite um. „Ayden! Nein!“ schrie Kiara und wandte sich ihm zu. Erst jetzt fiel ihr auf, wie schwer seine Wunde war. „Lauf, Schwester… Der Typ… ist nicht… normal…“ flüsterte er ihr zu, bevor er endgültig das Bewusstsein verlor. Hinter ihr lachte der Krieger nur vergnügt auf. „Verstehe, ein kleines Familientreffen also. Gut, dann werde ich mal nachhelfen, dass du deinem Bruder folgst, Kleine.“ Kiara lehnte weinend über ihrem sterbenden Bruder, noch immer sein Schwert in der Hand. Sie schaute es nachdenklich an. Vieles sprach dafür, es einfach loszulassen, aufzugeben und all dem hier zu entfliehen. Sie atmete tief durch. „Nein“ sagte sich erst in Gedanken, dann sprach sie es laut aus, aber mehr zu sich selbst um ihre Entscheidung zu festigen und umfasste den Griff dabei so fest, dass es fast schon schmerzte. Im Aufstehen drehte sie sich wieder zu dem Mörder ihres Bruders um. „Ich habe keine Angst vor dir.“ Sie wischte sich dabei die Tränen aus den Augen. Um wieder klar sehen zu können, blinzelte sie mehrmals, dann hob sie ihre Waffe auf Angriffshöhe. Ein mordlustiges Grinsen huschte über sein Gesicht. „Wie du willst.“ Der Fremde kam auf Kiara zu gestürmt und schlug mit schnellen, derben Hieben auf sie ein. Sie wehrte fast alle Angriffe ab, trug aber einige Schnittwunden an Armen und Beinen davon. Erschöpft von der unglaublichen Kraft ihres Gegenübers taumelte sie zurück. Mit Mühe hob sie wieder ihre immer schwerer werdende Waffe, ihre Arme schmerzen schon jetzt von seinen kraftvollen Schlägen. Ihr wurde nun allmählich klar, was ihr Bruder gemeinte hatte. Dieser Mann hier war geübt im Umgang mit dem Schwert. Wenn es weiter so ginge, würde sie unweigerlich zu Grunde gehen. Plötzlich ertönten Schritte und ein weiterer fremder Mann betrat den Hof. „Wir sind hier fertig“ meldete er dem Krieger. „Gut, sag allen Bescheid. Ich habe hier noch etwas zu erledigen“ entgegnete dieser und beendete damit das Gespräch. Der Mann musterte Kiara erst mit einem abwertenden Blick, bevor er wieder verschwand. Der Krieger schenkte nun seine ganze Aufmerksamkeit erneut Kiara. Diese machte sich zum Angriff bereit, nun rannte sie auf ihn los und holte zum Schlag aus. Mit der Gewissheit, dass er den Schlag blocken würde, duckte sie sich unter seinem Arm weg und drehte sich auf seine Flanke. Mit aller Kraft rammte sie ihm die Klinge in den Leib, wollte sie gerade durchziehen, als er nach kurzer Verwunderung plötzlich blitzschnell reagierte. Der Schlag seines Ellbogens traf sie so hart im Gesicht, dass sie benommen nach hinten taumelte. Das nutze er aus, um ihr sofort nachzusetzen, er drehte seine Hand um und rammte ihr kraftvoll den Schwertgriff in die Rippen, so dass sie endgültig das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte. Der Krieger stellte sich vor sie. Er fasste sich mit einer Hand an die Seite und betrachtete das Blut an seiner Hand. „Respekt Kleine, das hat lange keiner mehr geschafft.“ Nach Atem ringend schaute Kiara ihn an. Mit Erschrecken sah sie, dass die Wunde, die sie ihm gerade mühsam zugefügt hatte, schon wieder aufgehört hatte zu bluten und langsam verheilte. „Aber… Wie ist das möglich?“ fragte sie irritiert. „Um das zu erfahren, lebst du nicht mehr lange genug“ stellte er lachend fest. Trotz Schmerzen versuchte Kiara, sich wieder aufzurappeln, doch er setzte ihr einen Fuß auf die Brust, um sie damit nach hinten zu drücken. Zu schwach für Gegenwehr fiel sie zurück auf den Rücken. Der Mann stützte nun seinen Fuß auf ihren Brustkorb ab. Kiara schnappte nach Luft, als sie sein erdrückendes Gewicht spürte. „Du hattest deine Chance, schnell zu sterben, die hast du verpasst“ sagte er mit einem sadistischen Grinsen. Da nun die Erschöpfung langsam die Oberhand ergriff, fiel es ihr immer schwerer, die Augen offen zu halten, trotzdem sah sie ihn weiter entschlossen an. Erst hatte sie es nicht bemerkt. Doch irgendetwas an ihm war seltsam, jetzt erst auf den zweiten Blick fiel ihr auf, was es war. Seine Augen. Sie waren dunkel, wirkten dadurch kalt und unnahbar, aber sie hatten auch einen Hauch von etwas anderem. Sie besaßen einen Schimmer rötlicher Färbung, der nicht sein sollte und hinter welchem sich eine Wirklichkeit verbarg, die ihr mehr als nur einen eisigen Schauer über den Rücken liefen ließen. Unauffällig versuchte sie nun wieder, nach ihrer Waffe zu tasten. Doch er bemerkte die Bewegung sofort, nahm den Fuß von ihr herunter und trat damit auf ihre Hand. Kiara unterdrückte einen Aufschrei, als er zum puren Vergnügen noch ein wenig fester mit der harten Sohle seiner Stiefel zudrückte. Als er nach einer Weile zu diesem Spielchen keine Lust mehr hatte, löste er seinen Fuß von ihr und schleuderte mit einem Tritt das Schwert in unerreichbare Entfernung. „Mh, du willst also wirklich immer noch kämpfen und flehst nicht um dein jämmerliches Leben“ stellte er verwundert fest. Kurz überlegte er, dann hob er seine Waffe und schwenkte sie über Kiaras Kopf. Dann holte er aus. Kiara schloss die Augen, sie hoffte, dass es wenigstens schnell geschah und die Schmerzen endlich nachließen… Doch die nächsten Sekunden fand sie keine Erlösung, nur ein neuer Schmerz gesellte sich zu den schon vorhandenen. Ein Brennen zog sich über ihre linke Wange. Sie öffnete die Augen. Er hatte die Waffe neben ihrem Gesicht in den Erdboden gerammt und der scharfe Stahl schnitt ihr in die Haut. Schmunzelnd lehnte er sich auf den Griff. „Mädchen, mir scheint, du hast mehr Mut als all die anderen hier zusammen. Aber bei mir wird dir das nun nicht mehr viel nützen.“ Mit einem Ruck befreite er die Klinge wieder aus dem Erdboden. Er lehnte sich erneut zu ihr hinunter und berührte ihre Wange, sichtlich genoss er, wie das warme Blut über seine Hand lief. Sie versuchte, seiner Berührung auszuweichen, doch daraufhin hielt er ihr seine Klinge unters Kinn, um sie zu zwingen, ihm zuzusehen. Sein Schmunzeln wurde zu einem bösartigen Grinsen, bevor er die blutverschmierten Finger genüsslich ableckte. Kiara konnte ihn nur noch entsetzt anstarren, jeglicher klare oder gar vernünftige Gedanke über das, was er da tat, entzog sich ihr. „Oh, sehe ich nun tatsächlich einmal Angst in deinen Augen?“ fragte er nun wieder vergnügt lächelnd. Hastige Schritte erklangen neben ihnen. Sichtlich gereizt von der Störung drehte er sich zur Seite herum, als wieder einer seiner Leute den Hinterhof betrat. „Eine größere Gruppe bewaffneter Männer ist auf dem Weg hier her. Wir sollten jetzt wirklich los, Balog!“ Kiara verharrte immer noch sprachlos, während Balog sich über ihr wieder zu voller Größe aufbaute. „Wie schade, dass wir keine Zeit mehr haben“ sagte er enttäuscht, nun schaute er sich kurz um und bedachte sie ein letztes Mal mit einem undeutbaren Blick. Dann packte er Kiara am Kragen ihres Oberteils und warf sie in ein nahegelegenes, brennendes Haus. Balogs Leute verließen das Dorf in nördlicher Richtung, noch bevor Mac Brians Männer das Gebirge ganz umrundet und die Ebene erreicht hatten. Überall hatten die Plünderer weitere Brände gelegt, fast durch das ganze Dorf tanzten nun rot-orange lodernde Feuerwälle, um alles zu verschlingen, was sie berührten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)