Silent Hill - Afflicted von RyuKusanagi ================================================================================ Kapitel 1: Der erste Kontakt ---------------------------- Silent Hill. Allein schon der Name bereitete Edward Kopfschmerzen während er langsam in dem geliehenen Streifenwagen die neblige Strasse entlang fuhr. Er konnte sich beim besten Willen nicht mehr vorstellen, warum er diesen Auftrag überhaupt angenommen hatte. Vielleicht wegen seinem Vater, vielleicht wegen seiner Schwester, vielleicht weil ihm seine Auftraggeberin so sympathisch war, er wusste es nicht mehr. Viele seltsame Gerüchte waren über Silent Hill in Umlauf. Anscheinend verschwanden in dieser Stadt schon viele Menschen spurlos. Ärzte, Psychologen, Reporter, Anwälte, Soldaten, Trucker, sogar eine Polizistin aus Brahms. Das hatte er auf dem Revier dort jedenfalls gehört. Und zumindest eine dieser verschwundenen Personen sollte er nun finden. Den Onkel seiner Auftraggeberin. Wobei ihm nicht ganz klar war, wie er dass bei diesem fast schon unnatürlich dichten Nebel anstellen sollte. Nicht einmal das Licht der Sonne drang richtig durch ihn durch. Es wirkte fast so, als wollte der Nebel die Stadt vor den neugierigen Blicken der Welt schützen. Aber nicht nur der Nebel war merkwürdig. Während der ganzen Fahrt über hatte er noch keinen einzigen Einwohner gesehen. Auch keine Tiere. Der gesamte Ort wirkte wie ausgestorben. Ausserdem schien das Funkgerät defekt zu sein. Angefangen hatte es kurz bevor er die Stadt erreicht hatte. Dieses fast schon ohrenbetäubende Rauschen, was ihn letztendlich dazu veranlasste, das Funkgerät auszuschalten. Um sein Taschenradio stand es nicht viel besser. Keine Einwohner auf der Strasse, keine Tiere, das Funkgerät spinnt, das Radio ebenfalls... Erholungsort... Na klar!, dachte Edward nur gelangweilt, während er den Wagen vor dem örtlichen Polizeirevier parkte und den Motor abstellte. Central Silent Hill, Sagan st. Polizeirevier. Er hatte sein vorläufiges Ziel erreicht. Gelassen stieg er aus und musterte das alt aussehende Gebäude. So wie das hier aussieht, werde ich wohl auf Unterstützung verzichten müssen., war der erste Gedanke, der ihm bei dem Anblick durch den Kopf ging. Das Gebäude wirkte so verlassen wie der Rest der Stadt und als Edward die Tür des Streifenwagens zuschlug, zerriss das Geräusch regelrecht die Stille. Nur kurz darauf riss ihn eine sanfte Stimme aus seinen Gedanken. "Sie sind nicht von hier!" Edward fuhr herum und starrte in die blauen, ausdruckslosen Augen einer jungen Frau, die direkt auf der anderen Seite des Streifenwagens stand. Hatte er sie etwa die ganze Zeit über nicht bemerkt? "Richtig, ich suche hier nur jemanden. Mein Name ist Edward!", entgegnete er knapp, während er sie dabei beobachtete, wie sie einen Bogen um den Wagen machte und vor ihm stehen blieb. Sie hatte feine Gesichtszüge, lange braune Haare, welche nach hinten an ihrer weißen Robe entlang hinunter hingen und trug weder Schuhe noch Strümpfe. Sie war hübsch, das stand für Edward ausser frage, doch ihre gesamte Erscheinung wirkte so, als wäre sie nicht real. "Sie suchen... jemanden? Suchen Sie vielleicht... mich?" Erstaunt blickte sie ihm in die Augen und griff noch bevor er ihr antworten konnte, nach seiner rechten Hand. Alles ging viel zu schnell. Edward wurde schlagartig schwindelig und das letzte was er spürte war, wie er auf dem harten Bürgersteig aufschlug. Eine nahezu alles verschlingende Finsternis umhüllte ihn, begleitet von dem Klang entfernter Sirenen, die sein Verderben anzukündigen schienen. Willkommen in Silent Hill! Das war der letzte klare Gedanke, den er fassen konnte. Ein Gedanke, der ihn schon lange verfolgte. Kapitel 2: Finsternis --------------------- Langsam und vorsichtig bahnte sich Keith seinen Weg durch den dunklen, bis zu seinen Knien mit rostfarbenem Wasser gefüllten Gang. Der stechende, Ekel erregende Geruch von Schimmel, welcher die Wände überzog und deren ursprüngliche Farbe nur noch erahnen liess, lag in der Luft. Wasser tropfte von der bräunlich verfärbten Decke, es war kalt und die Luftfeuchtigkeit entsprechend hoch. Er hatte keine ahnung wo er sich befand, suchte nach einem Anhaltspunkt, während der schwache Strahl seiner Taschenlampe seine Umgebung nur spärlich beleuchtete. Lediglich die grauenvollen Schreie, die aus weiter Entfernung kommen mussten und durch den langen Gang hallten, verrieten ihm das sein Weg ihn in die richtige Richtung führte. Oder aber in den sicheren Tod. Manche der Schreie klangen wahrhaft unmenschlich, während andere klare Hilferufe zu sein schienen und je weiter er voran kam, desto lauter wurden sie. Mit einem plötzlichen knacken meldete sich sein Funkgerät, während er sich langsam aber sicher seinem Ziel näherte. Immer stärker werdendes statisches Rauschen dröhnte aus dem kleinen Lautsprecher und ein plötzlich auftauchender Schatten zeichnete sich im schummrigen Schein seiner Taschenlampe von der Dunkelheit ab. Jemand schien sich nur wenige Meter von ihm entfernt unter Schmerzen zu krümmen. "Hallo?" Die Gestalt antwortete ihm nicht, gab nicht einen einzigen Laut von sich. Jedoch schien sie zu zucken und auf seine Stimme zu reagieren. Ist diese Person etwa verwundet?, war der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf ging und er beschleunigte seine Schritte. So laut das Rauschen des Funkgeräts auch wurde, er trat näher an die Person heran und blieb erst augenblicklich dann stehen, als der Lichtstrahl seiner Taschenlampe ihm offenbarte, auf was er die ganze Zeit über fixiert war. Was dort vor ihm stand, war nicht mehr mit einem menschlichen Wesen zu vergleichen. Etwas derartiges konnte nicht existieren. In gekrümmter Haltung, nur wenige Schritte von ihm entfernt, stand ein Monster bei dessen Anblick sich seine Augen weiteten. Zwar war sein Kopf dem eines Menschen nicht unähnlich, jedoch fehlten Augen, Nase, Ohren und Haare. Auch der Rest des Körpers war schrecklich entstellt. Anstelle von Händen, besaß die Kreatur nur zwei dicke Klumpen, aus deren Ende jeweils ein langer, spitzer Knochen ragte. Die Haut zeigte deutliche Spuren von Verwesung und hatte eine ungesunde braune Färbung. Die Arme und Beine wirkten unnatürlich dick, als wären sie angeschwollen und standen in starkem Kontrast, zum dünnen Torso, dem dürren Hals oder den knochigen Schultern. An einigen Stellen glaubte Keith sogar, die Organe und Adern erkennen zu können, die unter der Haut des Wesens pulsierten. Und das Untier schien ihn bemerkt zu haben, bäumte sich auf und gab ein grauenvolles Gurgeln von sich als es sein Maul öffnete, eine rot-bräunliche zähe Flüssigkeit herauslief und Keith einen guten Ausblick auf die spitzen Zähne bot. Panik und Übelkeit stiegen in ihm hoch, als die Kreatur langsam, mit schwerfälligen Schritten auf ihn zutrat. "Bleib stehen! Komm nicht näher!", rief er mit zitternder Stimme, griff intuitiv nach seiner Pistole und zielte. Immer mehr Panik machte sich in ihm breit. Obwohl er die Kreatur gewarnt hatte und eine Pistole auf sie richtete, blieb sie nicht stehen, weshalb er nur zurückweichen konnte. Ohne eine Sekunde länger zu zögern, feuerte er zwei Schüsse ab. Nur wenige Sekunden später drei weitere Schüsse, doch die Kreatur blieb nicht stehen, starb nicht daran. Zwar durchschlugen die Kugeln mühelos ihren Körper, verursachten für einen Menschen tödliche Verletzungen und schwere Blutungen, doch richteten sie nicht viel gegen den Angreifer aus. Das muss ein Alptraum sein... Das muss ein schrecklicher Alptraum sein! Seine Gedanken überschlugen sich, während er immer weiter rückwärts ging und versuchte, so den Abstand zu bewahren, bis er plötzlich den Halt verlor und in die rostbraune Brühe stürzte. Er musste aufstehen, so schnell wie möglich. Er wollte es unmöglich so enden lassen, doch es war zu spät. Als er es endlich geschafft hatte, sich wieder aufzurichten, stand die Kreatur bereits über ihn gebeugt, jederzeit bereit dazu ihn zu durchbohren. Doch sie rührte sich nicht mehr und wurde im nächsten Moment, begleitet von einem unangenehm lauten Knacken, brutal zu Boden gerissen. "Hey... Sind Sie in ordnung?" Der Mann, der diese Frage stellte, hatte dem Monster ein langes, spitzes Stahlrohr von hinten in den Hals gerammt, welches er sogleich wieder entfernte. Er trug einen scheinbar schweren, schwarzen Schutzanzug, schwarze Handschuhe, einen schwarzen Helm und eine schwarze Gasmaske und ehe Keith sich versah, half ihm sein Unbekannter Retter auch schon ruckartig auf die Beine. Mit der Kraft die dieser Mensch aufbrachte, hatte er allem Anschein nach das Genick der Kreatur ohne grosse Schwierigkeiten durchtrennt. "Es ging mir schon besser... Ich hab ein paar echt verrückte Dinge gesehen und zweifle ehrlich gesagt gerade an meinem Verstand!", entgegnete der Angesprochene knapp auf die Frage und deutete dabei auf das tote Biest vor seinen Füssen. Dass das Rauschen seines Funkgeräts schon lange verstummt war, hatte er noch nicht bemerkt. Es interessierte ihn in diesem Moment auch nicht sonderlich, denn sein Kreislauf stand kurz davor zu kollabieren. Das Einzige was ihn beschäftigte waren die Bemühungen, weiterhin bei Bewusstsein zu bleiben. "Das wundert mich nicht... Mein Name ist Hank... Ich bin Soldat und ich bringe Sie..." Weiter kam er jedoch nicht. Nur kurz bevor Hank seinen Satz beenden konnte, fiel Keith bereits in Ohnmacht. Ihm war nun klar, das die Reise nach Silent Hill seine letzte gewesen sein könnte. Das all seine Alpträume an diesem Ort Realität werden könnten. Und das er kämpfen musste, wenn er die Stadt lebend verlassen und seine Ziele erreichen wollte. Kapitel 3: Entschlossen ----------------------- Hank verlor keine Zeit, griff nach dem Arm des jungen Mannes, ging in die Hocke und zog ihn in seine Richtung. "Das war wohl ein wenig zu viel für dich!", murmelte er unbeeindruckt zu sich selbst, während Keith ihm wie ein nasser Sack über die Schulter fiel. Langsam richtete der Ordenssoldat sich auf und ein leises Klicken ertönte, als er den Schalter der kleinen Taschenlampe betätigte die an seinem Gürtel angebracht war. Ein für die Grösse der Taschenlampe erstaunlich starker Lichtstrahl zerschnitt die Dunkelheit und Schritt für Schritt entfernte sich Hank von der Leiche des noch immer zuckenden Monsters und den Schreien. Er musste den jungen Mann zurück an die Oberfläche bringen. Weg von all den Schrecken, die ihn am anderen Ende des langen Ganges erwartet hätten. Auch wenn es grundsätzlich gegen seine Befehle ging. Befehle, die er zu gerne mit Füssen trat, wenn er die Chance dazu hatte. Das Retten von Zivilisten gehörte seiner Auffassung nach zu den Aufgaben der Ordenssoldaten. Unabhängig davon, ob die betreffende Person nun ein Bürger der Stadt war, oder nicht. Unabhängig davon, was die Mächtigen der Stadt behaupteten. Und nebenbei konnte er so die Kreaturen töten, ohne sich dafür verantworten zu müssen. Viele waren der Eisenstange des blutroten Ritters bereits im laufe der Zeit zum Opfer gefallen, doch es würden nie genug sein. Blutroter Ritter, diesen Spitznamen gaben ihm die anderen Ordenssoldaten aufgrund seines persönlichen Kreuzzugs. Zumindest diejenigen unter ihnen, die ihn respektierten. Das war seine Rolle. Der blutrote Ritter, der nun in Gedanken versunken seinen Weg immer weiter fortsetzte und das Wesen, an welchem er vor wenigen Minuten seinen Zorn ausgelassen hatte und dessen Blut noch immer an der Eisenstange klebte die er in der linken Hand hielt, weit hinter sich liess. Es dauerte nicht lange, bis die Stelle erreicht war, an der die Person die er nun mit sich schleppte wohl eingebrochen war. Ein grosses Loch klaffte in der Decke und bot einen guten, wenn auch schlecht beleuchteten Ausblick, auf den Innenraum der Silent Hill Historical Society. Mit einem vorsichtigen, grossen Schritt, stieg Hank über die Trümmer, die er durch das rostbraune Wasser nicht erkennen konnte und brachte die letzten Meter zu einer rostigen Leiter hinter sich, die sich im Licht seiner Taschenlampe von der Wand abzeichnete und einen langen Schatten warf. Der Aufstieg begann direkt nachdem er die Eisenstange sicher am Gürtel befestigt hatte und war durch die zusätzliche Last, die er durch Keith hatte, alles andere als einfach. Aber es war ihm die Mühe Wert. Frische Luft und Nebel kamen ihm entgegen, als er die schwere Luke öffnete, die jeglichen Aussenseitern den Blick auf die Hölle unter ihr versperren sollte. Das sich ihm etwas näherte, während die letzten Sprossen der Leiter überwunden wurden, blieb unbemerkt bis es zu spät war. Kapitel 4: Die Versammlung -------------------------- Erneut hatten die obersten Anhänger des Kultes sich in ihrem finsteren Raum eingefunden, der nur durch wenige Fackeln erhellt wurde. Versammelt um einen braunen, steinernen Altar, der seit jeher eines ihrer wichtigsten Symbole verkörperte und sie nicht selten an ihr Versagen erinnerte. Dies war eine ihrer Kirchen. Einige Meter tief unter der Erde, umgeben von bernsteinfarbenen Wänden, sicher vor neugierigen und unwürdigen Blicken. Stumm, in der Hoffnung noch immer in der Gunst ihrer Göttin zu stehen, verharrten sie und wussten, das es diesmal schwierig werden würde, einen Ausweg zu finden. Strafend blickten sie einander an. Sie alle wussten, was dringend besprochen werden musste und doch traute sich niemand das Wort zu ergreifen. "Werte Brüder und Schwestern... Wir haben ein Problem." Schliesslich trat nach langem Schweigen einer der Männer vor, gekleidet in eine Rote Robe, wie alle Angehörigen der Versammlung. Sein Gesicht verborgen im Schatten einer Kapuze, war es lediglich der missbilligende Ton, der in seiner Stimme lag, welcher auf seine schlechte Laune hindeutete. "Wie ihr sicherlich alle schon gehört habt... Ist einer unserer geistigen Anführer von uns gegangen. Die heilige Stätte wurde entweiht und die ehrwürdige Mutter ist verschwunden." Er gab den anderen Mitgliedern eine kurze Pause. Es wurde eifrig getuschelt, vielsagende Blicke ausgetauscht, unter den Roben Hände zu Fäusten geballt. "Und da wäre noch etwas... Unsere heilige Schwester Alessa, sie hatte Kontakt mit einem der Aussenseiter..." Nun traten drei der anderen Mitglieder vor. Zorn funkelte in ihren Augen. "Dann müssen wir diesen Mann finden!", rief die Frau unter ihnen herrisch. "Ich bin einverstanden! Er ist unsere einzige Hoffnung, wenn wir das Ritual erfolgreich abschliessen wollen!", stimmte einer der beiden Männer ihr zu. "Aber er ist ein Ungläubiger! Ein Aussenseiter... Das ist Ketzerei!", widersprach der zweite Mann den anderen beiden Anhängern und erntete viele Rufe der Zustimmung von Mitgliedern, die sich bisher noch nicht getraut hatten, ihre eigene Meinung zu äussern. Nun war die Frau an der Reihe, zu widersprechen. "Seid keine Idioten! Ihr wisst, dass wir keine andere Wahl haben! Ich werde die obersten Soldaten unseres Ordens auf diesen Mann ansetzen, mit oder ohne eure Zustimmung! Und wer mir dabei in die Quere kommt..." Mit einer flinken, fliessenden Bewegung zog sie einen kleinen Dolch aus ihrer Tasche unter der Robe und beendete ihren Satz mit den Worten: "... dessen Blut werde ich persönlich unserer Göttin opfern!" Erschüttert und zugleich tief beeindruckt, wagten es die anderen Räte nicht, ihr zu widersprechen. Zwar schüttelten einige vorwurfsvoll den Kopf, doch gegen die wachsende Zustimmung konnten sie nichts unternehmen. Die Versammlung hatte ihre Entscheidung getroffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)