My angel & my demon von Rosenmaedchen (It is what it is. [♥]) ================================================================================ Kapitel 11: Look into the soul ------------------------------ Blick in die Seele “Schau mal”. Lilith hielt ein eisblaues, sehr knappes Kleid empor. „Wie findest du das?“ Es war hinten geschnürt, hatte einen bauschigen Rock und fledermausartige Ärmel. Samantha legte den Kopf leicht schräg. „Das wirkt etwas obszön. Außerdem würde ich so etwas nie anziehen, Lilith.“ Die Blondine schnaubte und legte es über ihre Arm. „Wenn du es nicht willst, dann nehm ich es eben. Ich hab da auch Freude dran.“ „Du hast doch schon genug Sachen.“ Sie schaute ihre braunhaarige Freundin entgeistert an. „Schätzchen, man kann nie genug haben.“ Sie blickte auf Samanthas Arme, auf denen keine Sachen lagerten und dann auf ihre eigenen, vollgepackten Arme. „Wir sollten langsam mal was für dich finden.“ Sie ging in den Gang nebenan. „Ansonsten kauf ich dir irgendwas.“ Samantha lächelte leicht. Na ja, wenigstens ist sie wieder die Alte. Samantha begann, sich ebenfalls etwas umzuschauen. Als sie sich gerade durch die vielen verschiedenen Farben und Arten von Shirts und Tops wühlte fiel ihr etwas sehr wesentliches auf. „Lilith? Kommst du mal bitte her?“ Die Prinzessin ließ nicht lange auf sich warten und bog um die Ecke des Regals. „Was ist denn? Hast du etwa was gefunden?“ „Wie könnt ihr sowas anziehen?“ Sie schien verwirrt. „Wie, was?“ Samantha nahm eines der Tops von der Stange und hielt es hoch. „Da, am Rücken. Wie könnt ihr so etwas trotz eurer Flügel anziehen? Hier gibt’s doch keine Löcher um durchzuschlüpfen – oder wie läuft das da ab?“ Lilith grinste. „Komm mit in die Umkleide, dann zeig ich’s dir.“ Samantha folgte ihrer Freundin in eine der Umkleidekabinen, in der mit Sicherheit fünf Elefanten Platz hätten. Die Prinzessin streifte sich ihr schwarzes, luftiges Kleid vom Körper, welches einfach so von den Flügeln rutschte. Dann nahm sie das Top aus Samanthas Händen. „Pass auf, dass ist ganz einfach.“ Sie ließ ihre Hand über den Stoff am Rücken gleiten und dieser leuchtete leicht auf. Schlagartig sah Samantha, wie sich die Maschen lösten und große Löcher entstanden. Dann streifte Lilith sich das Top über und als es am Körper anlag schlossen sich die Löcher von ganz allein. Man sah keine einzige Maschenlücke mehr. Es wirkte, als wären sie nie da gewesen. „So funktioniert das ganze.“ „Das ist unglaublich.“ Samantha besah sich Liliths Rücken sehr genau und fuhr mit den Fingerspitzen über den Stoff. „Nichts.“ „Das ist Magie, meine Liebe.“ Lilith zog sich mit dem gleichen Prinzip wieder um. „Los, jetzt lass uns weiterschauen.“ Ein paar Läden weiter waren die beiden noch immer auf der Suche nach Klamotten. Lilith hatte sich ein kurzes, komplett besetztes Paillettenkleid, natürlich in schwarz, gekauft, worauf jede einzelne Paillette glitzerte. Jetzt fehlte nur noch eins für Samantha. Und das suchte Lilith eifrig. Sie wühlte sehr gründlich in allen Kleiderständern herum und hielt Samantha jedes zweite Kleid hoch – und jedes wurde abgelehnt. Die Braunhaarige seufzte. „Lil, geb es auf. Das hat doch keinen Sinn.“ „Spielverderberin“, murmelte diese und suchte trotzig weiter. Samantha stand von ihrem Sitzplatz auf und lief ebenfalls zu einem der Kleiderständer. Sie wollte einfach nur irgendwas kaufen, damit Lilith endlich Ruhe gab. Die Blondine war in der Sache Shoppen doch anstrengender, als Samantha es für möglich gehalten hätte. Dann sah sie es. Am Kleiderhaken zog sie es hervor und besah es sich. Ein schwarzes Kleid mit weißen Tupfen im Stil der fünfziger Jahre. Mit einem bauschigen Petticoat, einer Schleife am Ausschnitt und elegant im Nacken gebunden. Samantha war sofort Feuer und Flamme dafür. Lilith kam zu ihrer Freundin, da sie deren verschwinden bemerkt hatte. „Was hast du da?“ „Das Kleid, was ich möchte.“ Die Blondine nahm und besah es sich. „Das ist wirklich schön. Ein Rock ’n Roll – Kleid. Das sieht bestimmt gut an dir aus und wird zur nächsten Party getragen. „Zur nächsten Party? Willst du demnächst eine schmeißen?“ Lilith lächelte wissend. „Sobald mein Vater dienstlich unterwegs ist. Bald steht ein Besuch in Ismoen – der zweitgrößten Stadt der Hölle – an. Sie liegt an unserem kleinen Meer. Ein wirklich schöner Ort. Sie gleicht einer Seestadt.“ „Und da ist sie nicht die Hauptstadt?“ Die Prinzessin schüttelte den Kopf. „So groß ist Ismoen nun auch wieder nicht. Außerdem existiert Solas schon länger und war die Gründerstadt. In Ismoen kann man einfach nur in Frieden leben. Viele reiche Engel haben dort Villen oder wohnen dort. Die, die nicht mehr arbeiten müssen. Wir haben auch eine Villa dort.“ Plötzlich zwinkerte sie Samantha zu. „Zurück zum Thema: Die Party wird geplant, sobald mein Daddy zur Tür hinaus ist.“ Samantha war sich sicher, dass, wenn Lilith eine Party schmiss, sie diese nie vergessen würde. Als Duncan spät abends leise die Haustür öffnete war bereits alles dunkel im Haus. Samantha schlief also schon. Er drückte auf den Lichtschalter und überwand die letzten Stufen zur Garderobe. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Er war erst in der Werkstatt gewesen, für die er als Waffenmeister unter anderem zuständig war. Es war Victors private Werkstatt, über die Duncan, genauso wie über alle anderen, das Sagen hatte. Seine treusten Mitarbeiter hatten ihm einen Tagesbericht geliefert und er hatte die wichtigsten Aufgaben selbst erledigt. Danach hatte sein Weg ihn auf den Friedhof geführt, so wie jeden Tag. Er hatte dort Stunden verbracht und an die schönen Zeiten gedacht. Er zog Jacke und Schuhe aus. Sein Leben war erbärmlich. Viel zu viele Wunden kennzeichneten seine, schon immer, geschundene Seele und keine schien zu heilen. Duncan hob den Kopf und strich sich mit den Handflächen über sein Gesicht. Es würde auch keine heilen. Glück hatte in seinem Leben noch nie existiert. Die Wörter Liebe und Vertrauen kannte er einmal. Aber er hatte sie und ihre Bedeutung verlernt. Als er die Hände sinken ließ fiel sein Blick auf das Tattoo auf, welches sein rechtes Handgelenk zierte. Der Tätowierer hatte damals zu ihm gesagt, es würde für immer halten. Er hatte ihn gefragt, ob er sich sicher war. Vor allem mit dem Buchstaben, den er sich in die eine Ecke des Sternes stechen lassen wollte. Duncan hatte es bejaht. Auch sie hatte zu ihm gesagt, ihre Beziehung würde für immer halten. Diesmal hatte er gefragt, ob sie sich sicher war und sie hatte dies bejaht. Und nun war er allein – verlassen. Von ihr. Aber das Tattoo blieb, so wie der Tätowierer gesagt hatte und es erinnerte ihn immer wieder an sie. Und ihre Taten. Ihre Lügen. Ihren Vertrauensbruch. Seinen Schmerz. Wütend piekste er mit seinem Fingernagel in die Mitte des Sternes. Dann strich er gedankenverloren über jene Ecke, da wo der Anfangsbuchstabe ihres Namens gestanden hatte und wo jetzt eine freie Fläche war. Weg gelasert. Um die Erinnerungen zu bannen und sie zu vergessen. Aber es funktionierte nicht. Es würde nie funktionieren. Kopfschüttelnd bannte er sie aus seinem Kopf. Und damit alle Erinnerungen. Fürs erste. Aber sie würden wiederkommen, wenn er schwach war. So wie eben. Duncan schritt leise die Treppe empor und ging zu seinem Schlafzimmer. Schon von weiten sah er etwas weißes vor der Tür liegen. Er erkannte dann ein zusammengefaltetes Papier und hob es auf. Er schlug es auf und sah eine wunderschöne, saubere Handschrift. Dann begann er zu lesen Ich möchte nur, dass du weist, dass es mir leid tut. In keiner Weise wollte ich dir zu nah treten, dich verletzten oder sonstiges. Es war nur reine Neugier, die ich zügeln werde. Ich akzeptiere das ganze auch. Ich will nur, dass du nicht mehr sauer bist und weist, dass es ein riesiger Ausrutscher war. Das ist alles noch so neu für mich und du bist einer der wenigen, denen ich vertraue. Ich hoffe du nimmst meine Entschuldigung an. Samantha Duncan las den Brief mehrere Male und musste sich eingestehen, dass er von ihr beeindruckt war. Sie hatte ziemlichen Mut mit dieser Entschuldigung bewiesen. Auch wenn sie nur schriftlich war, was aber sehr gerechtfertig war, da sie sich den ganzen Tag nicht mehr gesehen hatten. Aber sie hatte geistige Größe bewiesen. Immerhin war er kurz davor gewesen, sie umzubringen. Normal sollte sie ihn lieber meiden, aber sie tat es nicht. Nein, sie vertraute ihm. Ihm. Er, dessen Leben auf der emotionalen Ebene so gut wie vorbei war. Er, der nur Probleme hatte. Er, der innerlich kaputt war. Es überraschte Duncan sehr. Sanft strich er über die saubere Schrift und steckte dann den Zettel ein. Er war sich sicher, dass Samantha hier einiges verändern würde. Vielleicht auch ihn selbst. Drei Wochen waren seitdem vergangen. Es war nicht sehr viel passiert in dieser Zeit. Duncan hatte Samanthas Entschuldigung angenommen und ihr Training hatte begonnen. Sie hatte angefangen zu lernen, was die kleinen Engelskinder in der Grundschule lernten und wurde auch schon mit den ersten Waffen genauer vertraut gemacht. Wie sie damit umging lernte sie Schritt für Schritt und sie konnte froh sein, dass Duncan so geduldig mit ihr zu seien schien. Außerdem hatte sie nun dreimal in der Woche Beschwörungstraining mit Juan, mit dem sie ihre Gabe trainierte und ausbaute. Sie übten zunächst mit einem kleinen Fuchs, dessen Fell strahlend rot leuchtete und welcher Samantha unheimlich gern hatte. Das gute an der Sache jedoch war, dass Samantha so mit Juan Zeit verbrachte und ihrem Plan, Lilith zum Glück zu verhelfen, einen riesigen Anstoß gab. Sie hatte schon bei der ersten Trainingseinheit festgestellt, dass Juan auch andere Dinge konnte außer ein Macho sein. In den Dingen, die er tat, war er sich unglaublich sicher und korrigierte sie immer an den richtigen Stellen. Sie schien ihn besser kennenzulernen und würde ihn bald einmal auf Lilith ansprechen – das war sie ihr schuldig. „So, dann sind wir für heute terminado“, sagte Juan gerade und nahm den kleinen Fuchs hoch. Samantha schaute verwirrt. „Was?“ Der Spanier grinste. „Fertig, natürlich.“ Sie nickte. Samantha wusste mittlerweile, dass er wirklich Spanier war, beide Sprachen aber auch gern vermischte, da er ebenfalls fließend Portugiesisch sprach. „Also, bis in zwei Tagen, Juan.“ „Sí. Ich werde da sein, Sammy.“ Mit diesen Worten verabschiedete er sich und auch Samantha ging von dem Rasen, auf dem sie trainiert hatten. Sie hatte jetzt eine Verabredung mit Lilith, die sie zu sich in den Palast eingeladen hatte, um ihr etwas Wichtiges zu sagen. Samantha hatte schon den ganzen Tag darüber nachgegrübelt, was das denn sein könnte, hatte aber keine Idee gehabt. Vielleicht etwas mit Juan und ihr? Oder gar Duncan? Duncan. Sie ertappte sich immer öfter dabei, wie sie an ihn dachte. Und fieberte innerlich jedem Training entgegen. Aber wieso? Vielleicht mochte sie einfach nur seine Gesellschaft. Vielleicht war es aber auch etwas anderes. Sie schlug sich gegen die Stirn. Samantha wollte jetzt nicht über so etwas nachdenken. Dafür hatte sie keine Zeit. Sie war die Auserwählte, sie hatte wichtige Aufgaben zu erledigen und alle zählten auf sie. Da blieb keine Zeit für Schwärmereien. Hoffte sie zumindest. Lilith führte Samantha in einen Teil des Gartens, den sie aus den vielen Fenstern des Palastes noch nicht gesehen hatte. Obwohl er sich genau hinter dem riesigen Bau befand. Auf einem gepflasterten Steinweg liefen sie an dem Gebäude entlang, bis sie ein größeres Gewässer erkennen konnte. Es war angelegt, von exotischen Pflanzen bewachsen, die die Seiten abschirmten. Nur nicht die, die am Weg lag. Bambussträucher ragten ebenfalls in die Höhe und hüllten den Teich in Schatten. Ein paar Flamingos fühlten sich dort wie zu Hause. Eine geschnitzte Holzbank stand am Wegesrand mit Blick auf den kleinen See. Dorthin setzten sie sich. Lilith schien es sehr komisch zu finden zu schweigen während Samantha neben ihr vor Neugier fast explodierte. Als sie bemerkte, dass ihre braunhaarige Freundin immer unruhiger wurde, grinste sie. Das Grinsen wurde mit der Zeit immer breiter. „Wieso wolltest du noch mal, dass ich herkomme?“ Lilith schaute sie an, doch das Grinsen blieb da, wo es war. „Mein Vater ist dieses Wochenende in Ismoen.“ Samantha ging förmlich ein Licht auf. „Du willst doch nicht -“ „Doch, genau das will ich.“ Sie strich sich die Haare zurück. „Die Party muss nur sorgfältig geplant werden und die richtigen Leute müssen eingeladen werden. Du wirst mir doch dabei helfen?“ Als Samantha nicht sofort antwortete, wurde das Gesicht der Prinzessin erst. „Oder?“, fragte sie noch einmal nach. „Ich hab davon doch keine Ahnung…“ Lilith lachte. „Oh, dafür brauchst du keine Ahnung. Die Leute lad ich schon ein, keine Sorge. Aber bei allen anderen kannst du mir helfen, auch wenn du angeblich keine Ahnung hast.“ Sie nickte. „Na dann, lass uns gleich anfangen.“ Lilith zwinkerte ihr zu und zog aus dem Nichts einen Block und einen Stift hervor. Freudig schrieb sie die ersten Dinge auf und Samantha schaute ihr zu. Schon bald konnte die Party steigen. To be continued. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)