Please love me, a demon like yourself! von Kirihara_Kayare ================================================================================ Prolog: Was wird aus ihm? ------------------------- Weiß. Mehr sah er in diesem Moment nicht vor sich. Nur eine weiß-graue Sandwüste, den weißen Mond, kahle weiß gefärbte Bäume. Und sein weißes Fell mit den sanft bläulich schimmernden Streifen und Mustern. Aishen, so hieß der Dämon, wie er sich selbst gerne bezeichnete. Akuma Aishen. Und doch war er kein Dämon, kein Ungeheuer im klassischen Sinne. Er war ein Hollow, ein Adjuchas. Doch was sollte aus ihm werden? Ein Vasto Lorde? Oder doch noch etwas Höheres? Kapitel 1: Ookami no Ame ------------------------ Chapter 1: Ookami no Ame Die Zeit in Hueco Mundo verging langsam. Zu langsam, wenn du nur ein Adjuchas warst. Aishen spürte dieses Tag für Tag, auch wenn man jegliches Zeitgefühl in der immer währenden Nacht des Reichs der Hollow schnell verlor. Dem weißen Wolf war das Leben als Adjuchas schon zu viel geworden, auch wenn es zu wenig war. Im viel es jeden Tag schwerer, über andere Adjuchas her zu fallen und sie zu fressen. Jeden Tag wünschte er sich mehr und mehr, dieses Leben endlich zu beenden. Und wenn er sein Leben einfach aufgeben könnte, er würde es tun. Wenn doch diese abnormen Instinkte ihn nicht am Leben halten würden. Seit Tagen hatte der junge Adjuchas nun nichts mehr gegessen. Seinen Kopf ließ er hängen, seine gelben Augen, diese Augen einer Bestie, waren trüb. Sie trübten sich immer mehr. Seine hellblauen Pfoten tapsten über den kalten Sand, ohne ihn noch wirklich tragen zu können. Die letzte Kraft verließ den Körper des Hollow und er brach zusammen. Ein zarter Windhauch streifte seinen Körper, trieb ihm Sand in die halb geschlossenen Augen. Er streckte die Schnauze in die Höhe, blickte dem Mond ein letztes Mal entgegen, heulte das typische Wolfsgeheul. Dann legte er den Kopf wieder auf den Sand und verstummte komplett. Doch irgendwann spürte er eine Hand. Eine Hand, die ihm über das Fell strich. Er öffnete die Augen und traf mit ihnen auf den Blick eines seltsamen Mannes. Ein Mann mit blauem Haar, stahlblauen Augen. Er wirkte bedrohlich und doch beruhigend auf Aishen. "Wie heruntergekommen du doch bist, junger Freund!“ ,sagte der Mann mit einem frechen Grinsen. An seinem rechten Kiefer war eine Art Gebiss. Wie eine Hollowmaske sah es aus, aber sie war nicht vollständig. Aishen wollte die freche Aussage des jungen Mannes kommentieren, fand aber keine passenden Worte, die er mit seiner geringen Kraft hätte böswillig genug aussagen können. Somit schwieg er. "Meine Fresse. Was ein Kerl!“ ,seufzte er Blauhaarige und hob den wölfischen Körper des Adjuchas hoch. Aishen wehrte sich, doch der Blauhaarige war zu stark. Schließlich biss der Wolf dem Mann in die Hand. Doch selbst das ließ den Anderen kalt. "Unhöfflicher Knilch!“ ,knurrte er nur als Reaktion auf den Biss. Aishen spürte eine unglaubliche Kraft, die eindeutig von seinem Entführer ausging. Die Kraft war überwältigend. So stark wollte er auch sein. Vielleicht machte das Leben dann wieder Spaß. Doch nun war er zu erschöpft. Zumindest dachte er das vorerst. Später sollte er den wahren Grund für seine plötzliche Ohnmacht erfahren. Weshalb nahm er den weißen Wolf überhaupt mit? Wieso ließ er sich sowas einfallen? Grimmjow verstand sich selbst nicht mehr. War er wahnsinnig? Verrückt? Nun, laut Ulquiorra schon. Das sagte der Schwarzhaarige schließlich fast jeden Tag. Vielleicht hatte Aizen ja Verwendung für den wölfischen Hollow. Grimmjow mochte ihn auf jeden Fall nicht. Schließlich blutete seine linke Hand und schmerzte vom Biss des Adjuchas! "Ein neuer Arrancar wurde eben geboren.” Dieses Gerücht schoss blitzartig durch die Hallen Las Noches. Ein Gerücht, das ebenso schnell bestätigt wurde. Der Schrei eines Untiers, so ließ sich dieses Geräusch am besten beschreiben. "Was für ein Meisterstück.” ,meinte Ichimaru grinsend und sah zu Aizen rüber. Dieser nickte unberührt. "Sag, Arrancar, wie ist dein Name?” ,tönte seine unheilvolle Stimme durch die Halle. Die Espada beobachteten jede einzelne Bewegung des Neuen. Die weißen Haare, die sanftblauen Haarspitzen über seinen Ohren, die gelben Augen, die schlanken Gliedmassen. Alles an dem Jungen sah perfekt aus. Nein, es war perfekt. Ein weißer Knochenring zierte jeweils sein linkes Hand- und Fußgelenk. Und an Beiden hing ein wölfischer Reißzahn. "Akuma Aishen ist mein Name!” ,meinte der Junge. Seine Stimme war die eines Knaben und doch klang sie ernst. Ein wenig Verwegenheit klang in ihr mit. "Aishen. Welch ein hübscher Zufall. Mein Name ist dem deinen sehr ähnlich!” ,lachte Aizen. "Na und? Hat sich irgendjemand in dieser Gegend seinen Namen selbst ausgesucht?” ,knurrte der Junge den unangefochtenen Herrscher Las Noches an. "Natürlich nicht, Aishen! Aber nun denn. Mein Name lautet Aizen.” ,erklärte der Braunhaarige weiter. "Mir egal!” ,zischte der Junge. Die Espada beobachteten das Szenario, das jede Woche mehrmals wiederholt wurde, seit Monaten. Grimmjow fand es langsam langweilig. Doch dieser Junge dort, mit den gelben Augen, der interessierte ihn. "Zieh dir etwas an.” ,sagte Gin grad und reichte dem Jungen etwas zum Anziehen. Nachdem der Knabe sich angezogen hatte, ließ er den Blick durch den Raum schweifen. An jedem der zehn Espada blieb sein Blick kurz hängen, doch an ihm, an Grimmjow, am längsten. "Wir brauchen jemanden, der auf dich acht gibt für die ersten Tage. Gin hat keine Zeit. Er ist anderweitig beschäftigt.” ,sagte Aizen grade und der neue Arrancar löste seinen Blick vom Sexta Espada. "Hm.” ,brummte der Junge. Grimmjow wurde das ganze Theater zu viel. "Ich spiel aber nicht den Babysitter!” ,rief er und sprang auf. Er wollte schon gehen, als Ulquiorra ihn finster anfunkelte. "Bleib hier, Grimmjow. Wer nicht will, der muss erst recht!” ,hielt Aizen den Espada mit der Nummer sechs ruhig auf. Grimmjow knurrte genervt. "Außerdem hast du ihn angeschleppt!” ,murrte ein anderer Espada leicht verschlafen; Starrk. Grimmjow sah ein, dass sein Gemecker nur auf Widerstand stoßen sollte, also gab er seufzend nach. Aishen kicherte leise. "Der ist ja gar nicht so stark, wenn er sich was sagen lassen muss!” ,flüsterte er und schaute abschätzend zu Grimmjow. Der Blauhaarige starrte gereizt zurück. "Bastard!” ,knurrte er Aishen an und sprang vor seine Füße. "Du kannst dir nicht alles erlauben, nur weil du noch jung bist. Und klein und niedlich, was man hier sowieso nicht zu sein hat!” ,beschwerte der Blauhaarige sich und packte den Jüngeren am Kragen seiner weißen Jacke. "Lass ihn los!” ,befahl Aizen sachlich. Grimmjow sah zwischen dem Anführer und dem Neuen hin und her. Schließlich ließ er den Jungen los. Aishen atmete erleichtert auf. Doch plötzlich hatte er eine Faust im Gesicht und flog hinten über. Er lag auf der Erde und blickte zum Anderen auf. "Das war dafür, dass du mich gebissen hast. Jetzt sind wir quitt!” ,begründete der Sexta Espada sein Handeln. "Ach, hat der Biss nur so wenig weh getan? Wie blamabel für mich!” ,schnauzte Aishen und rappelte sich auf. "Jetzt passe ich auch auf ihn auf.” ,meinte Grimmjow und ging an Aizen vorbei um den Saal zu verlassen. Aishen sah ihm kurz nach. "Komm schon!” ,rief Grimmjow gereizt, ohne sich um zu drehen. Las Noches war groß. Größer noch, als es sich der grade mal 1.70 Meter große Junge hätte vorstellen können. Die Gänge, die Säle, einfach alles sah gleich aus. Ab und zu entdeckte er ein Fenster und starrte sehnsüchtig nach draußen. Wie lange er wohl hier bleiben müsse? Das war seine größte Sorge. Gleich danach kam die Frage, wann er Grimmjow, den blauhaarigen Arrancar vor ihm, endlich loswerden würde. Nach fast zwei Stunden wurde es ihm zu viel. Er blieb neben einem der Fenster stehen und lehnte sich hinaus. "Was soll das?” ,fragte Grimmjow, wie immer genervt von allem und jedem. "Warum hab ich solch bescheuerte Klamotten? Kann ich nicht sowas Cooles haben wie du?” ,hakte der Junge nach, ohne auf die Frage Grimmjows einzugehen. Den Blauhaarigen reizte diese Tatsache zwar nur noch mehr, dennoch hielt er sich zurück. "Geh zu Aizen und sag ihm, was du für Kleider haben willst. Er macht sie dir.” ,entgegnete er betont ruhig. "Und wann kann ich hier raus? Warum hast du mich überhaupt mitgenommen?” ,hakte der Jüngere weiter nach. "Wärst du lieber gestorben?” ,war die knappe Antwort. Der Junge schwieg daraufhin erst einmal. Dann senkte er den Kopf und schüttelte ihn leicht. "Nein.” ,seufzte er traurig. "Aber ich wäre lieber frei als hier.” Grimmjow sah seinen kleinen Schützling musternd an. "Spiel hier nicht den kleinen Checker! Da draußen hättest du keine zehn Sekunden mehr überlebt, hätte ich dich nicht mitgenommen!” ,knurrte er schließlich, unbedacht der Tatsache, dass der Junge in ihm eher den Checker sah als umgekehrt. "Hm.” ,entgegnete der Junge zur Überraschung Grimmjows nur. Grimmjow knirschte kurz mit den Zähnen, packte den Kleineren dann am Kragen und riss ihn zu sich um. "Was heißt hier ,hm’? Was soll das?” Die letzte Sicherung schien bei dem Blauhaarigen rausgesprungen zu sein. War das nicht schon glatt normal? ,Ruhig bleiben!’ ,mahnte Grimmjow sich in Gedanken, atmete einmal tief durch und ließ Aishen los. Die gelben Augen des jungen Arrancar starrten den Sexta Espada geschockt und völlig verstört an. "Pah!” ,gab Grimmjow von sich, abwertend, angewidert von diesem Bengel, und ging davon. Aishen folgte ihm nicht, blieb an dem Fenster stehen und sah dem Blauhaarigen nach. Grimmjow ärgerte sich darüber, dass er Aishen solche Angst eingejagt hatte. Denn Ulquiorra schien die Sache mitbekommen zu haben. Natürlich war der Schwarzhaarige sofort zu Aizen geeilt, hatte ihm vom Fehlverhalten des Größeren, des Älteren erzählt. Wie Grimmjow diesen vermaledeiten Ulquiorra doch hasste! Dabei hätte er so viel Spaß mit Aishen haben können. Nun durfte er den Jungen nicht mehr sehen, ihm nicht nahe kommen. Es sei denn Ulquiorra, der nun die Verantwortung für den Jungen übernommen hatte, war in der Nähe. Doch das war er nie. Ulquiorra ließ den Jungen immer alleine durch das Schloss wandern. "Scheiße! Was mache ich mir da überhaupt für Gedanken?” ,knurrte Grimmjow und setzte sich auf. Bis eben hallte er noch auf seinem Bett gelegen, die Arme hinterm Kopf verschränkt, mit starrem Blick an die Decke. Grimmjow verstand es nicht mehr. Was war los mit ihm? Unwillkürlich kam in ihm das Gefühl auf, irgendetwas zu zerstören. Und am liebsten hätte er jetzt Ulquiorra vernichtet, der ihn um seine Art willen ankotzte. Nun, gedacht, getan. Grimmjow sprang auf, machte sich auf den Weg. Hoffte innigst, den Cuatro Espada zu treffen. Am liebsten zusammen mit dem Jungen. Und sein Hoffen wurde erhört, sein Wunsch erfüllt. Die Beiden waren ausnahmsweise mal zusammen zu finden. Ein böswilliges Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. Doch dann fielen alle seine Gefühlsregungen plötzlich und ohne Vorwarnung von ihm ab. Der Junge klammerte sich genussvoll grinsend an den Arm des schwarzhaarigen Pessimisten. Grimmjow sah den beiden Kerlen nur verwundert nach. In ihm schien eine Welt zusammenzubrechen. Warum? Warum machte der Kleine das? Und warum ließ Ulquiorra, der Arrancar, der keine Gefühle kannte, das zu? Und warum kümmerte ihn das überhaupt? Ohne drüber nachzudenken machte er kehrt, lief zurück zu seinem Zimmer, schloss sich ein. Er wollte alleine sein. Aishen machte sich des nachts heimlich auf den Weg. Er wusste nicht genau, wo er hin musste, doch Ulquiorra hatte ihm gesagt, er müsse sich nur auf das Reiatsu des Anderen konzentrieren. ,Nun gut!’ ,dachte der Weißhaarige. ,Das war leichter gesagt, als getan!’ Er konnte die verschiedenen Reiatsu noch nicht auseinander halten. Lediglich die Reiatsu von Ulquiorra, Aizen und Ichimaru konnte er erkennen. Doch wie er sein jetziges Ziel finden sollte, war ihm ein Rätsel. Doch irgendwann spürte er etwas Bekanntes. Eine Kraft, die ihm bekannt war, weil sie ihn nicht nur ein, sondern schon zwei Mal überwältigt hatte. Kein Zweifel, dass war Grimmjows Reiatsu. Mit ernster Mine folgte er dem schwachen Impuls des Reiatsu, bis er vor einer verschlossenen Tür stand. Er schluckte hart. Doch schließlich kratzte er seinen Mut zusammen und klopfte an. "Grimmjow? Bist du da drin?” ,fragte er vorsichtig an. Hinter der Tür war ein dunkles Knurren zu hören. Grimmjow war also in diesem Raum. Aishen hatte sein Zimmer gefunden. "Grimmjow. Mach bitte auf. Ich muss dir etwas zeigen.” ,bettelte der Junge leise. Niemand durfte erfahren, wo er heute Nacht war, niemand außer Ulquiorra, der ihm den Weg gewiesen hatte. Er hörte ein Klicken und dann wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet und Grimmjows türkisblaue Augen starrten ihn an. "Was willst du, Akuma?” ,zischte er genervt. Aishen legte fragend den Kopf schief. "Was hast du denn?” ,fragte er, mal wieder die Frage des Größeren ignorierend. "Nichts. Ich frag mich nur, warum du trotz Verbot hier bei mir bist. Vor allem, wo ich dich doch neulich an Ulquiorras Arm habe hängen sehen!” ,fauchte Grimmjow und zog die Tür weiter auf. "Wie? Darüber regst du dich auf? Das war nur, weil Ulquiorra mir geholfen hatte.” ,lachte der Junge den Blauhaarigen an. Grimmjow legte die Stirn in Falten, zog seine eine Augenbraue fragend nach oben. "Wie bitte? Und dafür schmeißt du dich an seinen Arm?” Der Kleinere nickte. "Komm, komm ich zeige dir, wobei er mir geholfen hat!” ,lachte der Junge und packte Grimmjows Arm. Grimmjow ließ sich willenlos mitziehen. Ihm war nur zu bewusst, was passieren würde, wenn er etwas tun würde, was dem jungen Arrancar Schaden zufügen würde. Der Junge zog ihn quer durch Las Noches zu einem kleinen kargen Raum, dem Zimmer von Aishen. "Und was soll ich hier?” ,fragte er als Aishen ihn endlich losließ. "Warte doch.” ,murmelte der Junge geheimnisvoll. Er kramte unter seinem Bett und zog ein Katana hervor. Ein Katana mit weißem Griff und weißer Schwertscheide. Und mit wundervoll ausgearbeiteten, goldenen Verzierungen. Grimmjow betrachtete das Katana, dann das stolze Gesicht Aishens. "Was...” ,begann er, doch er stoppte, ohne die Frage auszuformulieren. "Ulquiorra hat mir geholfen, mit meinem Zanpakuto umzugehen!” ,erklärte der Junge strahlend. Grimmjow verstand nicht, warum der Junge ihm das unbedingt zeigen wollte. "Ich dachte, dann könnte ich stark sein. Sobald ich ein Schwert habe, meine ich. Doch Ulquiorra hat mir gesagt, nur ein Katana würde einen Arrancar nicht stark machen. Ein Zanpakuto, das man auch eigenst freisetzen kann, das mache einen Arrancar stark.” ,flüsterte der Kleine und drückte das Schwert an sich. "Ja. Aber warum zeigst du es ausgerechnet mir?” ,wollte Grimmjow nun unbedingt wissen. Wut, Zorn und gewisse andere Gefühle waren augenblicklich verflogen. Jetzt wollte er nur noch wissen, was diesen Jungen antrieb, ihm das alles zu sagen, zu zeigen. Der Weißhaarige sah ihm in die Augen. Verlegenheit lag in seinem Blick. "Ich möchte stärker werden, damit du mich nicht noch mal retten musst. Damit niemand mich mehr retten muss.” ,murmelte er kaum hörbar. Der Sexta Espada fühlte sich irgendwie wohl in der Gegenwart des Kleinen. "Sag mir den Namen deines Zanpakuto. Ich sag dir auch den Namen meines Zanpakuto!” ,bat er den Jungen höfflich. Der Junge lächelte. Sein spitzer Reißzahn kam zum Vorschein und brachte Grimmjow zum grinsen. "Nun gut, Grimmjow. Mein Zanpakuto heißt ,Ookami no ame’ und wird mit dem Spruch ,Kare ni Ochiru’ freigesetzt.” ,berichtete der Junge. Grimmjow lächelte zufrieden. Das Zanpakuto des Jungen hieß also ,Wolfsregen’ und wird mit dem Spruch ,Falle auf ihn hernieder’ freigesetzt. Dieses Wortspiel aus den Eigenschaften des Regens und des Wolfes. Er fand es köstlich, einfach amüsant. Er genoss kurz den erwartungsvollen Blick Aishens. Dann antwortete er endlich: "Mein Zanpakuto heißt ,Pantera’. Also Pantherkönig! Und ich kann es mit dem schönen, kurzen Spruch ,Kishire’ freisetzen!” Der Junge schien sich zu wundern, dass Grimmjow ihm diese Information so bereitwillig gab. Der verwunderte Gesichtsausdruck des kindlichen Arrancar war fast schon entzückend. "Danke, Grimmjow, dass du mir das wirklich erzählt hast.” ,gab der Junge seine Zweifel zu. Grimmjow legte dem Jungen eine Hand auf den weißen Haarschopf. "Ich bin nicht freundlich, aber ein Versprechen halten kann selbst ich.” Dann zog er seine Hand zurück und wendete dem Kleineren den Rücken zu. Verdutzt sah Aishen ihn an als Grimmjow ihm noch ein Lächeln über die Schulter zuwarf. "Nun schlaf erst mal. Und beruhige dich. Du sorgst dich doch schon die ganze Zeit, ob Aizen oder Ichimaru hiervon erfahren könnten. Die sichere Antwort ist, dass die Beiden längst davon wissen.” ,meinte der Espada noch, bevor er entgültig ging und einen wie versteinerten weißhaarigen Arrancar zurückließ. Kapitel 2: Ulquiorra und Grimmjow --------------------------------- Vorwort: Hallo! Das zweite Kapitel ist da! Aber es ist nicht so gut wie das Erste, wenn ihr mich fragt! Viel Spaß beim lesen wünscht euch Kirihara_Kayare! ~~~~~~ Die Tage in Las Noches vergingen für Aishen ähnlich langsam und vor allem langweilig wie vorher auch. Einzige Unterhaltung: die Debatten und Lappalien der Espada. Und besonders amüsant waren die Streitereien zwischen Ulquiorra und Grimmjow. “Grimmjow verliert bei diesen Raufereien immer!” ,hatte Gin gesagt. Aishen mochte den Mann mit diesem füchsischen Gesicht nicht leiden. Aber was soll’s drum? Er hatte recht. Wenn der Sexta und der Cuatro Espada sich stritten, zog Grimmjow immer den Kürzeren. Es war ein Spaß. Vor allem, weil Aishen den Blauhaarigen doch irgendwo auch bewunderte. Aber eines, das fiel dem Jungen schnell auf, hatten die Beiden gemeinsam: sie beide passten auf ihre Art und Weise auf das Wohlergehen Aishens auf. Wenn dem nicht so wäre, hätte er sich schon drei oder vier Mal mit Nnoitra angelegt, hätte sich zig Male verlaufen und würde jetzt ein fauler Knilch sein, ähnlich wie der lässige Starrk. Er war den beiden erfahrenen Espada also rein an sich Dank schuldig. Ihm gefiel die Tatsache, nicht mehr immer alles alleine regeln zu müssen, auch wenn er damit nie ein Problem gehabt hat. Doch mit Hilfe von Grimmjow und Ulquiorra war doch alles viel einfacher! Somit kam es öfter mal vor, dass er des Nachts heimlich zu Grimmjow ging. (Das Verbot Aizen-samas, dass sie sich nur in Gegenwart Ulquiorras treffen dürfen, stand schließlich nach wie vor!) Tags über war er meist mit Ulquiorra unterwegs. Irgendwelche Aufgaben gab es immer. Und wenn es nur solch einfache Sachen waren, wie zum Beispiel ein Prüfgang durch Las Noches, ob alles seinen gewohnten Lauf nahm. Ulquiorra nahm ja, zum Leid Aishens, der sich nicht gerne Befehle geben ließ, jeden Auftrag Aizen-samas an und war dieser auch noch so albern. Aber Aishen beschwerte sich nicht. Mit Ulquiorra auf Rundgang gehen war immer noch besser, als den ganzen langen Tag in seinem Zimmer zu hocken und darauf zu warten, dass er signalisierte, dass nun die Möglichkeit sei, zu Grimmjow zu schleichen. Das schleichen zu Grimmjow stellte ihn meist auf eine Probe. Seine Fähigkeit, Reiatsu aufzuspüren, war noch so schlecht, dass er ab und an mal erwischt wurde. Meistens auch noch von Gin, der ihn mit einem undefinierbaren Lächeln zurück in sein eigenes Zimmer schickte und den Rest der Nacht (wenn man die Ruhezeit in Las Noches so nennen konnte) vor seiner Tür stehen blieb, um auch sicher zu gehen, dass er nicht abermals versuchte, auszubrechen. Der Silberhaarige achtete dem Weißhaarigen einfach zu sehr auf dieses kleine Verbot. Nun gut. Auch diese Nacht hatte Gin ihn wieder erwischt, bevor er bei Grimmjow angelangt war. Ob der Sexta Espada sauer war, dass er nicht kam? Also wieder eine Ewigkeit, die er in seinem kleinen Zimmer verbrachte. Langweilig. Still. Weiß. Das ganze Zimmer war weiß. Weiße Wände, weiße Möbel, weißer Fußboden. Es ging dem Jungen so auf den Geist. Dieses Weiß. War weiß nicht die Farbe der Unschuld? Widersprach das nicht dem Image der Bewohner Las Noches? Interessierte das irgendjemanden? Nein. Zumindest ihn interessierte es nicht. Aishen interessierte nichts an diesem Schloss. In interessierte nichts an den Bewohnern des Gebäudes, nichts an deren Art. Einzig und allein Grimmjow und Ulquiorra durften sich glücklich schätzen, ihn überhaupt zu interessieren. Denn sonst war im alles egal. “Aishen, Ulquiorra, ihr seid schon wieder zusammen unterwegs? Seid ihr schon wieder auf Kontrollgang?” ,fragte Nnoitra und starrte die Beiden genervt an. Nnoitra. Aishen kannte ihn nicht gut. Wusste lediglich, dass Grimmjow diesen langen Typen hasste. Er fühlte ein Unbehagen in der Gegenwart des Quinta Espada. “Ja.” Ulquiorra gab dem Espada eine knappe Antwort. Wie fast immer redete er nur das Nötigste. Ulquiorra und Aishen wollten weitergehen, als Nnoitra den Weißhaarigen an der Schulter packte. “Ich mag dich nicht, Kleiner. Du bist so widerlich arrogant!” ,schnauzte er Aishen an. Eine unglaubliche Kraft. Nnoitras Reiatsu. Aishen wusste inzwischen, dass man, wenn man selbst zu schwach war, von sehr hohen Reiatsu erdrückt werden konnte. Und die Reiatsu der Espada, wenn sie mit voller Kraft auf ihn konzentriert wurden, sie alle hätten ihn erdrücken, töten, können. “Lass ihn los.” ,sagte Ulquiorra monoton zum Quinta Espada. Dieser lachte nur spöttisch, hörte nicht auf Ulquiorras Worte. “Hast du nicht zugehört? Er sagte ,Lass ihn los’!” Hinter Nnoitra tauchte Grimmjow auf, der dem Ranghöheren sein Zanpakuto an die Kehle hielt, jeden Moment bereit, ihm diese zu durchtrennen. Währenddessen hatte Ulquiorra sich schützend vor Aishen gestellt, der auf Grund des Reiatsuüberflusses nun schon fast das Bewusstsein verlor. Grimmjow hatte nicht daran gedacht, dass sein Reiatsu auf den Jungen erst recht eine komisch, anormale Wirkung hatte. Nnoitra verlor den Griff um Aishens Schulter und der Junge taumelte ein paar Schritte zurück. “Ich habe ihn losgelassen. Also, steck dein Schwert weg!” ,zischte er zu Grimmjow. Dieser tat wie ihm geheißen. Genervt steckte der Blauhaarige sein Zanpakuto zurück in die Schwertscheide. Ein böswilliges Knurren drang tief aus seiner Kehle empor. Sein Blick war starr auf Nnoitra gerichtet, den er liebend gern getötet hätte. Doch vor Aishen wollte er das nicht tun. Statt dessen musste der den Quinta Espada gehen lassen. Sehr zu seinem Unwillen. Nachdem der Quinta Espada weg war, kam Grimmjow endlich darauf, sein Reiatsu zu unterdrücken. Er blickte kurz in das bleiche Gesicht Aishens. Fast schon verlegen blickte er daraufhin zur Seite. “Alles klar bei dir?” ,fragte er fast schon höfflich. Aber eben nur fast höfflich. “Ich würde sagen, bei ihm ist nicht ,alles klar’! Wie auch, wenn er erst von Nnoitras Reiatsu fast erdrückt wurde und dann auch noch deines dazu kam!” ,antwortete der schwarzhaarige Begleiter des Jungen für diesen. “Hab ich dich gefragt?” ,zischte Grimmjow Ulquiorra gereizt an. Der ignorierte ihn und wandte sich zu Aishen um, der immer noch bleich vor Schreck dort stand, den Blick am Boden und keuchend. Grimmjow fühlte sich mies. Er hätte vorher nachdenken müssen. Das wurde ihm öfter mal zum Verhängnis. Er beobachtete kritisch, wie Ulquiorra dem Jungen fast schon freundlich, gar liebevoll zuredete. Den Jungen verhätscheln, dass war in seinen Augen das Schlimmste, was man tun konnte. Doch der Cuatro Espada tat, was er wollte. In Grimmjows Augen war es, als ob er und Ulquiorra ungewollt die Rollen getauscht haben. Als ob er nun der Ruhige war, der nur guckte und sich um nichts kümmerte. Und als ob Ulquiorra nun immer reden müsste. Zwar auf eine andere Art als Grimmjow, aber er redete. “Schick ihn doch einfach schlafen!” ,mischte Grimmjow sich irgendwann ein. Ulquiorra sah ihn kurz an, stimmte dem Vorschlag aber zu. Kaum dass sie Aishen ins Bett gebracht hatten - es war ihnen einfach sicherer, ihn zu begleiten - fingen Ulquiorra und Grimmjow mit ihrer typischen Streiterei an. Natürlich ging der Konflikt wieder von Grimmjow aus. “Wie konnte das überhaupt passieren? Du sollst auf den Kleinen aufpassen!” ,schrie Grimmjow den wesentlich kleineren Cuatro Espada an. “Ich weiß! Aber es ist nun mal passiert.” ,entgegnete dieser ruhig. “Scheiße. Was bleibst du da so ruhig? Bedeutet der Junge dir nichts?” ,fluchte Grimmjow weiter. “Nein, eigentlich nicht.” Emotionslos, kalt. So konnte man Ulquiorras Stimme wohl am besten beschreiben. Grimmjow starrte den Schwarzhaarigen entgeistert an. “Dir ist schon klar, dass du für ihn ein Freund bist!” ,meckerte er. Ulquiorra schwieg. Er sah den Anderen nicht an. “Ich passe nur auf ihn auf, weil Aizen-sama das so will!” ,sagte er. Grimmjow hätte ihm in diesem Moment gerne einen Kinnhaken verpasst, hielt sich aber zurück. “Ich geh schlafen!” ,murrte er statt dessen und zog ab. Einige Stunden später kam Grimmjow wieder aus seinem Zimmer hervor. Er streckte sich genüsslich und sah nach rechts, von wo er Schritte hörte. Auch so wusste er, dass aus der Dunkelheit Ulquiorra treten würde. “Was willst du?” ,knurrte er. Seine gute Laune war schon wieder verflogen. Ulquiorra blieb ungerührt stehen, die Hände in den Hosentaschen, den Blick gesenkt. “Aizen-sama hat Aishen zu sich rufen lassen.” ,entgegnete er ruhig. Der Sexta Espada sah den kleinen Schwarzhaarigen fragend an. “Aishen scheint irgendwas ausgefressen zu haben!” ,fügte Ulquiorra nun hinzu. Irgendwas in seiner Stimme ließ bei Grimmjow die Alarmglocken anspringen. Aishen hat etwas ausgefressen? Niemals! “Das meinst du nicht ernst!” ,rief er, wartete aber nicht auf eine Antwort. Er rannte an Ulquiorra vorbei in den dunklen Gang. Doch Ulquiorra hatte zumindest nicht gelogen, wenn es darum ging, dass der Weißhaarige nicht in seinem Zimmer war. “Verdammt!” ,zischte Grimmjow genervt, trabte ein paar Schritte nach links, dann wieder nach rechts, blieb stehen und trabte wieder hin und her. “Was tun? Was tun?” ,murmelte er leise. Dumme Frage! Zu Aishen rennen. Grimmjow konzentrierte sich, suchte das Reiatsu des Anderen. Eigentlich eine leichte Übung, doch das Reiatsu des Kleinen war so gering, dass man es zwischen den Reiatsu der ganzen Arrancar kaum ausmachen konnte. “Hab dich!” ,meinte Grimmjow mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Lippen. Und schon machte er sich auf den Weg zu seinem kleinen Freund. Aishen war genervt. Er war müde und hatte immer noch Kopfschmerzen von diesen abnorm hohen spirituellen Druck, dem Nnoitra ihn ausgesetzt hatte. Und jetzt nervte Aizen auch noch mit Fragen! “Du antwortest nicht?” ,hakte der Braunhaarige nach. Dieser nervige Anführer! “Warum sollte ich?” “Ich wollte nur wissen, was genau passiert ist!” ,fügte Aizen hinzu. Wie sehr Aishen diese Fragerei doch hasste. “Nichts. Ulquiorra und ich sind Nnoitra begegnet, der mich an der Schulter festhielt und mich fast mit seinem Reiatsu erdrückt hätte. Ulquiorra sagte ihm, er solle mich loslassen, doch er hörte nicht! Dann kam Grimmjow dazu. Und ab da weiß ich ehrlich gesagt nicht mal mehr, was passiert ist!” Aishen endete und starrte mit seinen gelben Augen zum Anführer der Arrancar empor. “Hm. Verstehe. Nnoitra also.” ,murmelte Aizen. ‘Als ob er das nicht gewusst hätte!’ ,dachte Aishen und verdrehte innerlich die Augen. Dem Shinigami gegenüber hatte er auf jeden Fall keinen Respekt. “Sag mal, Aishen. Wie findest du die Espada eigentlich? Grimmjow oder Ulquiorra zum Beispiel?” ,wechselte Aizen das Thema. Aishen sah ihn etwas verdutzt an. Was sollte das denn auf einmal? “Nun, sie sind ganz okay. Vor allem Ulquiorra. Er ist ruhig. Er nervt nicht. Und er denkt daran, dass ich diese starken Reiatsu nicht ab kann! Grimmjow ist ein wenig nervig, aber ich mag ihn auch. Mich nervt die Tatsache, dass ich ihn nur sehen darf, wenn Ulquiorra dabei ist. Er denkt zwar nicht an sein Reiatsu, aber es stört mich nicht. Dadurch kann ich lernen, dem Druck standzuhalten!” ,erklärte der Junge. “Und wenn von ihnen magst du jetzt lieber?” Die Neugierde des Anführers war doch wohl nicht normal! “Keine Ahnung. Ich mag beide Espada sehr gern, sowohl den Cuatro als auch den Sexta Espada. Vielleicht könnte ich ihnen diese Frage ja leichter beantworten, wenn ich wieder mehr Zeit mit Grimmjow verbringen dürfte. Und wenn Gin nicht immer aufpassen würde, was ich wann mache!” Mit diesen Worten warf er einen finsteren Blick zu Gin, der die ganze Zeit über stumm hinter Aizen gestanden hatte. “Nun gut. Dann wird Gin jetzt nicht mehr so sehr darauf achten, was du machst.” ,entgegnete Aizen. “Aber merke dir: Wenn dir irgendwas zustößt, bist du selbst dafür verantwortlich!” Aishen nickte genervt und verließ den Raum. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, blickte er auf, in das Gesicht von Grimmjow. “Was war los?” ,fragte der Sexta Espada. “Nichts besonderes.” ,antwortete Aishen und machte Grimmjow mit einer wegwerfenden Handbewegung klar, dass er nicht weiter nachfragen sollte. Aishen wusste, dass er Aizen angelogen hatte. Ihm war genau klar, wenn der beiden Espada er lieber mochte. Nur hielt er es für dumm, dem Anführer alles auf die Nase zu binden. ~~~~~~ Nachwort: Das war's für heute! Ich hoffe, es hat euch gefallen. Falls ihr irgendwelche Kritik habt, würde ich mich freuen. Tipps sind immer erwünscht! Bis zum nächten Kapitel. Eure Kirihara_Kayare Kapitel 3: Langeweile --------------------- Vorwort: Hallo! Hier ist das dritte Chapter. (Ich zähle den Prolog nie mit) Es ist der erste Teil eines Doppelchapters, das ich auf meinem Block geschrieben habe. Morgen fange ich auch schon mit dem zweiten Teil an! Viel Spaß beim lesen wünscht Kirihara_Kayare ~~~~~~ Ein paar Tage nach dem Vorfall mit Nnoitra - oder wie man das auch nennen soll - , kam Grimmjow während der Ruhezeit in Las Noches zu Aishen. Heimlich, versteht sich! Der Espada mit den blauen Haaren klopfte nicht, sondern trat einfach in das Zimmer des Jungen ein. Ihn kümmerten Manieren schon immer recht wenig. Grimmjow konnte sich ein sanftes Lächeln nicht verkneifen. Der Anblick, der sich ihm bot, war zu entzückend: Aishen saß auf seinem Bett, den Rücken an die weiße Wand gelehnt. Sein Blick war aus dem Fenster auf den milchigweißen Sichelmond gerichtet. “Was willst du, Grimmjow?” , fragte der Weißhaarige, ohne den Blick vom Mond zu lösen. Grimmjow sah ihn ein paar Minuten schweigend an. Der Junge schien ihm zu sehr in Gedanken versunken zu sein, als dass er die Antwort realisiert hätte. Dabei wollte Grimmjow sich doch nur beschweren, dass Aishen seit dieser netten Vorladung bei Aizen nicht mehr zu ihm gekommen war. Schließlich hatte der Blauhaarige doch mit eigenen Ohren gehört, dass der Anführer der Arrancar dem Jungen erlaubt hatte, zu tun, was er will. Also, warum kam er nicht? Aishen langweilte sich. Er betrachtete den Mond, fragte sich Sachen, die ein Arrancar sich sonst nie fragen würde. Eine Abwechslung trat mit dem Espada in sein kleines, abgeschottetes Reich. Doch der Sexta Espada mit den türkisblauen Haaren und den stahlblauen Augen antwortete nicht, nachdem Aishen ihn gefragt hatte, was er wolle. Aishen kümmerte sich nicht weiter darum. “Mir war langweilig!” , sagte Grimmjow irgendwann. “Wie?” Aishen sah den Espada an. Aus dem Augenwinkel zwar nur, aber seine Aufmerksamkeit gehörte nun nicht mehr dem Mond. “Du fragtest, was ich hier will!” , entgegnete der Blauhaarige schulterzuckend. Aishen blinzelte ein paar Mal verwundert, dann wandte er den Blick wieder zum Mond. “Langeweile ist kein Grund.” , murrte er und ließ seine schlanken Finger durch sein zerzaustes Haar streifen. Ihn interessierten die Beweggründe des Anderen eigentlich recht wenig. Warum war er denn nur so neugierig? “Für mich ist Langeweile schon eine Begründung.” , meinte Grimmjow. Nun, er schnauzte mehr, als dass er meinte. Aishen runzelte die Stirn, nachdenklich. Er war nicht wirklich überzeugt. “Ja und? Könntest du dann nicht irgendwas anderes, anstatt mir auf die Nerven zu gehen, machen?” , entgegnete der Weißhaarige und drehte den Kopf zum blauhaarigen Espada hin. Er knurrte bedrohlich, war sichtlich gereizt. “Beruhig dich mal wieder! Eigentlich wollte ich dir etwas vorschlagen, da du dich doch sicher auch nicht mehr langweilen willst!” , murrte Grimmjow. Jetzt hatte er die Neugierde des Weißhaarigen völlig erweckt. Interessiert hob der Kleinere eine Augenbraue hoch. “Aus Langeweile heraus gehst du unbefugter Weise ins Diesseits? Und das nur, um einen Aushilfs-Shinigami zu ärgern?” Aishens Frage war wohl ausführlich genug, um mögliche Gegenfragen abzuwehren. Grimmjow regte das jetzt gerade, in diesem kleinen Moment, auf. Dieses Gemeckere ging schon los, als sie Las Noches verlassen hatten. “Ja, das hab ich gesagt!” , antwortete er, bemüht, einigermaßen lässig und cool zu klingen. Er musste den Jungen ja auch unbedingt mitnehmen! Er war doch echt irre. Aber was er wollte, bekam er, was er sich vornahm, wurde getan. Er hatte sich diese miese Laune doch selbst verschuldet! Und nach seiner Meinung, hatte der Kleine auch irgendwie das Recht darauf, das Diesseits kennen zu lernen. Grimmjows mies gelaunter Charakter allerdings war nicht dafür gemacht, den Stadtführer zu spielen. Und das schon gar nicht für so einen kleinen Jungen wie Aishen, der zwar irgendwie rebellisch gegenüber Aizen war, sich dennoch an dessen Regeln hielt! Ein langes, erdrückendes Schweigen legte sich über die beiden Arrancar. ‘Hätte ich ihn doch bloß in Las Noches gelassen!’ , dachte Grimmjow und seufzte. Eigentlich war Aishen dem Espada an seiner Seite dankbar. Ws war das erste Mal nach seiner Arrancarwerdung, dass er Las Noches verließ. Unerlaubt, ja, aber dafür mit Grimmjow, der so oder so automatisch den Sündenbock spielen müsste. Schließlich war es die Idee des Blauhaarigen gewesen, ins Diesseits zu gehen. Nur die Begründung, die er für sein Tun aufbrachte, hörte sich in den Ohren des Jungen wie blanker Unsinn an. Nur um einen Aushilfs-Shinigami zu ärgern. “Wie finden wir diesen Shinigami eigentlich?” , erkundigte Aishen sich neugierig. Neugierde war eine schlechte Eigenschaft, doch ihn hat sie leider voll getroffen. Neugierde kann so schnell zum Verhängnis werden. “Wir warten einfach hier.” , entgegnete Grimmjow etwas besser gelaunt als zuvor. Aishen sah den grinsenden Espada fragend an. Warum warten? War dieser Shinigami etwa dumm genug, um von selbst aufzutauchen? Das konnte der Weißhaarige sich beim besten Willen nicht vorstellen. Doch viel schlimmer als das Warten war für ihn die Tatsache, dass sie nur rumstanden. Immer auf einer Stelle. Würden sie sich doch bloß bewegen. Ihm wurde langsam kalt. Schließlich war in Karakura grade tiefste Nacht! Hibbelig trat er vom einen Fuß auf den Anderen um sich warm zu halten. “Warten ist doof. Lass uns was Anderes machen!” , quengelte der Junge mit kindlich hoher Stimme. Das Diesseits hatte bei ihm verspielt, wenn sich rausstellen sollte, dass es dort immer so kalt sei. Doch eines mochte er am Diesseits, das muss man sagen! Den wunderschönen Vollmond, der hoch über den beiden Arrancar stand und im Meer aus tausend und abertausend Sternen strahlte. Grimmjow fragte sich grade, was ihm mehr Freude bereitete. Das Warten auf Ichigo, dem er dann so richtig in den Hintern treten würde, was Aishen gar nicht schön finden würde, oder diesen frierenden kleinen Wolf zu beobachten, der sich durch Kleinigkeiten doch immer wieder selbst verriet. Denn an den Kleinigkeiten erkannte Grimmjow immer wieder, dass Aishen doch nur ein Kind war. Der Kleine konnte noch so erwachsen tun, diese Kleinigkeiten lagen ihm einfach im Blut. Er hätte noch Stunden lang zusehen können, wie der frierende Junge hibbelig vom rechten auf den linken Fuß trat und zurück. Doch er wurde leider abgelenkt. “Wen hast du denn da angeschleppt, Grimmjow?” , fragte der soeben angekommene Ichigo Kurosaki. Grimmjow zuckte mit den Schultern. “Kein Plan. Offenbar ein Kleinkind!” , entgegnete er mit einem vielsagenden Seitenblick Richtung Aishens. Dieser sah ihn daraufhin sofort entgeistert an. “Du wurdest wohl zum Babysitter abgestuft, oder wie darf ich das verstehen, Grimmjow?” , fragte der Orangehaarige leicht amüsiert. “Sozusagen, ja!” , antwortete Grimmjow knapp. Und im selben Augenblick brach Ichigo in schallendes Gelächter aus. “Gerade du? Ist Aizen wahnsinnig, oder hatten die anderen Espada einfach keine Zeit. Vielleicht wollten sie den armen Kleinen auch einfach loswerden.” , prustete er. Grimmjows Gesicht verzog sich zu einer gruseligen Grimasse. Eine Mischung aus beleidigt und belustigt. “Und wenn ich freiwillig auf Babysitter mache? Wenn der Junge mein Kumpel ist?” , fragte er frech. “Niemals!” , entgegnete Ichigo. Doch innerlich schien er überraschter Weise leicht überzeugt. Beide ließen den Blick zu der Stelle schweifen, wo Aishen stand. Sie wollten Gewissheit für ihre Worte. Doch der Junge war weg! Einfach nicht mehr da! Fort! “Wa-!” , rief Grimmjow. “Wo ist der Junge denn jetzt hin?” , schrie Ichigo erschrocken und packte den Sexta Espada am Kragen. “Was weiß ich! Ist doch deine Schuld, dass ich nicht aufpassen konnte!” , schrie dieser zurück. Der Blauhaarige wusste, wenn Aizen davon erfahren würde, wäre er schon so gut wie tot! Also hieß es suchen. Und Ichigo sollte ihm gefälligst helfen, sonst würde er dem Orangehaarigen so richtig seine Meinung sagen. Grimmjows gute Laune war am ende! Aishen hatte gemeckert, Ichigo ihn ausgelacht. Und jetzt musste er auch noch halb Karakura durchsuchen, nur wegen des Weißhaarigen! “Was rennt der Junge überhaupt weg?” , murrte Ichigo, der gelangweilt neben Grimmjow herlief. Grimmjow zuckte mit den Schultern. “Wahrscheinlich ging ihm unsere Unterhaltung auf den Keks!” , entgegnete er. Allerdings konnte er sich das bei dem neugierigen Aishen nicht vorstellen. “Und wie finden wir ihn? Sein Reiatsu ist so gering, dass ich es nicht spüren kann, solange du da bist!” , murrte Ichigo weiter. Wieder nur Schulterzucken seitens Grimmjow. “Ich spür sein Reiatsu ja wegen dir auch nicht!” Ichigo sah den Sexta Espada genervt an. Der Orangehaarige war also auch nicht gut gelaunt! Und Aishen? Der lief während dessen bestens gelaunt durch Karakura. Keiner konnte ihn sehen, hören oder anfassen! Das machte ihn glücklich, darum fühlte er sich wohl. Wie früher, in Hueco Mundo, als er noch ein Adjuchas war. Niemand würde ihn hier in Karakura je bemerken. Er war allein. Dafür riskierte er zwar, dass er und Grimmjow riesigen Ärger bekamen, dass sie vielleicht sogar getötet werden, aber das erste Mal seit langem fühlte er sich frei. Er war frei! Frei, wie es sich für einen einsamen Wolf gehörte. Ein einsamer Wolf, neugierig, von Neugierde sogar ins verbotene Gebiet gedrungen. Doch nun will er nicht mehr zurück. Nie mehr dorthin, wo man ihn wahrnimmt, ihm schaden kann! Er würde sich alleine durchschlagen, wie früher. Alleine? Was bedeutete dieses kleine Wort eigentlich noch mal? Alleine! Das bedeutete für Aishen, ohne Grimmjow, ohne Ulquiorra. Nur er alleine. Nur Akuma Aishen. Nur ein kleiner Junge, hilflos, der immerzu dachte, alleine klar zu kommen. Und in Wirklichkeit? Er kam nicht alleine zurecht. Die Einsamkeit hat ihm doch in Hueco Mundo schon zum Wahnsinn getrieben, ihm den Wunsch nach dem Tod aufgedrängt! Nein, alleine kam er nicht klar. Nicht mal annähernd! Nur mit der Hilfe von Ulquiorra und Grimmjow kam er noch klar. Hätte er also bei Grimmjow bleiben sollen, sich nicht alleine umsehen gehen? “Huch? Ein Arrancar? Was machst du denn hier?” Aishen wirbelte erschrocken herum. Seine Augen trafen sich mit dem strahlenden Augenpaar eines jungen Menschenmädchens. Große, braune Augen, die verträumt waren. Verträumt und irgendwie abwesend. Wie seine Augen auch, die sich in diesen braunen Augen wiederspiegelten. “Du kannst mich sehen?” , fragte Aishen verwundert. Das Mädchen lächelte und wurde leicht rot. Aishen dachte immer, für Menschen sei alles seltsame selbstverständlich. Doch dieses Mädchen verstand es, dass er die Tatsache, von einem Menschen angesprochen zu werden, seltsam fand. Ihr Lächeln war so verlegen, sie schämte sich dafür, dass er sie seltsam fand. Es tat ihm leid, diese bescheuerte Frage gestellt zu haben. “Sorry, die Frage war überflüssig!” , murmelte er leicht rot im Gesicht. Seinen Kopf hielt er dabei gesenkt. “Schon gut!” , meinte das Mädchen und lächelte. Ein freudiges Lächeln. Sie erkannte in ihm nicht einen Feind. Sie nahm in als Person war, als normales Lebewesen. Nicht als jemanden, vor dem man Angst haben müsste. Aishen fand es seltsam. Komisch! “Wenn du weißt, dass ich ein Arrancar bin, warum fürchtest du dich dann nicht? Und woher kennst du uns Arrancar überhaupt?” So viele Fragen, die er ihr stellen wollte. Und dazu so wenig Zeit. Und gleichzeitig stellte er sich selbst auch fragen. Woher kannte er die Arrancar? Warum fürchtete er sie nicht? War seine Furcht gewichen, weil er selbst ein Arrancar geworden war? “Du bist ein Kind, oder?” , entgegnete das Mädchen höfflich auf seine Fragen. Aishen nickte. “Sowas in der Art.” Das Mädchen sah freundlich aus. “Vor Kindern muss man keine Angst haben!” , erklärte das Mädchen ihm freundlich. War es so? Musste man vor Kindern keine Angst haben? Wäre er erwachsen, wäre er dann stärker? Aishen sah weg, weg von dem Mädchen. Sein Blick schweifte zum Vollmond, zu den Sternen. Sterne. Diese vielen kleinen Lichter. In Hueco Mundo gab es keine Sterne. Keinen einzigen! “Magst du Sterne?” , erkundete sich das Mädchen, das seinem Blick gefolgt war. Aishen mochte das Mädchen irgendwie. “Wie heißt dieser ganz helle Stern dort?” , wollte er wissen und deutete auf den hellsten Stern, den er ausmachen konnte. Neugierde? Nein! Interesse! Es interessierte ihn. Das Mädchen überlegte kurz. “Das ist der Nordstern! Der Stella Polaris, oder wie das nochmal heißt! Hatten wir neulich noch in der Schule!” , erklärte sie höflich. Aishen fragte sie noch so manche Sachen. Ihm war sicher nicht mehr langweilig. Und das alles dank Grimmjow. Kapitel 4: Langeweile Part II (oder: Interesse) ----------------------------------------------- Vorwort: Das nächste Kapitel dieser FF, die in meinem Kopf schon fast ihr Ende erreicht hat! Vielleicht werde ich da noch was dran ändern! Aber das interessiert jetzt sowieso niemanden. Hier erstmal dieses Kapitel! Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen! LG, Kirihara_Kayare ~~~~~~ In Hueco Mundo war reger Betrieb. Grimmjow war einfach abgehauen und hatte dazu den kleinen Aishen mitgenommen. Natürlich durfte das nicht ungestraft bleiben! Aizen hatte die übrigen neun Espada zusammengerufen. Während diese auf den Anführer und die anderen beiden Shinigami warteten, saßen sie schweigend um den Tisch im Konferenzraum. Ulquiorra starrte geradeaus auf den leeren Platz ihm gegenüber. Dort saß sonst immer ein angepisster Sexta Espada, der mit irgendeinem anderen Espada Streit suchte. Der Cuatro Espada schloss die Augen und dachte nach. Eigentlich hätte ihm die Sache egal sein müssen. Ihm war alles gleichgültig. “Geh sie doch einfach suchen!” , flüsterte eine Stimme tief in ihm drin. Ulquiorra blieb sitzen und endlich kam Aizen-sama auch in den Konferenzraum. Aishen stand immer noch mit dem braunhaarigen Mädchen im Park. “Inoue Orihime.” , stellte das Mädchen sich schließlich höfflich vor, nachdem die Beiden sich nur mit ‘Du’ angeredet haben. Sie streckte ihm die Hand entgegen, die Aishen etwas schüchtern entgegen nahm. “Akuma Aishen. Erfreut, dich kennen zu lernen.” , entgegnete er förmlich. Dieses gefühlkalte Gerede hat er sich bei Ulquiorra abgeguckt. Man konnte Grimmjow damit so schön auf die Palme treiben. “Du bist sehr höfflich! Und vor allem machst du mir keine Angst, so wie die anderen Arrancar.” , entgegnete Inoue und ließ seine Hand los. Verwundert legte Aishen den Kopf schief. “Die anderen Arrancar?” Inoue nickte schnell. “Ja! Zum Beispiel der Schwarzhaarige!” , meinte sie und hob beschwörerisch, oder eher verwünschend, den Finger. Mit ’diesem Schwarzhaarigen’ meinte sie sicherlich Ulquiorra. Sie kannte ihn? Und sie lebt noch? Aber sie hatte Angst vor Ulquiorra! Wäre Aishen ein Mensch, er hätte sicherlich auch Angst. Wen würde er wohl am meisten fürchten? Grimmjow? Oder doch Ulquiorra? Vielleicht keinen von beiden, oder beide gleichermaßen! Warum dachte er darüber überhaupt nach? Er war kein Mensch, ist keiner, wird nie einer sein! “Habe ich etwas Falsches gesagt?” , hörte er Inoues Stimme, als ob sie durch Watte an sein Ohr dringen würde. Er schüttelte den Kopf, schwieg. Sah an ihr vorbei und betrachtete sie dennoch. Er verstand nicht. Die Menschen fürchteten diejenigen, die ihm etwas wert waren? Sie fürchteten sicherlich nicht nur Ulquiorra. Sie fürchteten bestimmt auch Grimmjow, Nnoitra oder Starrk. Die Espada! Sie fürchten die, die stark sind, die Macht haben. Er fürchtete sich nicht. Er respektierte die Macht der Espada. Aishen raufte sich die Haare und versuchte, seine Gedanken wieder zu ordnen. Dumme Gedanken raus! Menschen fürchten sich nun mal vor Arrancar, vor dem, was sie nicht kennen. Arrancar verschrecken Menschen, die Menschen, von denen sie keine Ahnung haben, obwohl sie doch selbst mal welchen waren. Vor langer Zeit! Aishen beruhigte sich. Langsam, irgendwie. Irgendwann. Ein Mal, zwei Mal tief durchatmen. Ruhe. Schweigen. “Tut mir leid.” , murmelte Aishen. Inoue kicherte. “Wieso entschuldigst du dich? Ich sollte mich entschuldigen!” , sagte sie ruhig. Aishen sah sie an. Dieses Mädchen konnte ihn leicht verwirren. “Warum?” “Na, weil ich dich beleidigt habe!” , murmelte sie. Fragender Blick trifft reuigen Blick. “Nicht mich!” , murmelte er beruhigend. “Nicht mich, sondern Ulquiorra. Du hast doch Angst vor ihm und nicht vor mir!” Jetzt sah sie ihn verwirrt an. Das machte ihn stolz. Er hätte sich nie zugetraut, sie zu verblüffen, also machte es ihn stolz. Themenwechsel. Im gefiel das Thema nicht mehr. Er sah sich um. Sterne. Über ihm waren Sterne. “Wie viele Sterne gibt es eigentlich?” Inoue strahlte und erklärte ihm noch viel mehr. “Gefunden!” , knurrte Grimmjow und blieb mitten in der Luft stehen. Aishen drehte sich um und sah erschrocken zum Sexta Espada hoch. “Grimmjow!” , rief der Kleine. Und neben Grimmjows ‘Kleinem’ stand ein Mädchen. Ein Mädchen bei seinem Kleinen? Neben Aishen, der außer Halibel und ihrer Fracciòn keine Mädchen kannte und diese sogar fürchtete. “Was machst du da, Aishen?” , murrte der Blauhaarige. Aishen drehte sich wieder weg. Keine nette Sache. Schließlich sprach er doch mit dem Sexta Espada Grimmjow! Sollte mit ihm sprechen. Doch der Kleine ignorierte ihn! “Hey!” Keine Reaktion des Kleinen. Was hatte denn das Interesse des Kleinen geweckt, dass er den Espada ignorierte? Das Mädchen sicherlich nicht. Er sah sie ja nicht einmal an. Ichigo hatte sich zu den Beiden gesellt und stand schweigend bei ihnen. Dabei hätte er Grimmjow lieber helfen sollen, die Beiden zu trennen. War das Mädchen nicht Ichigos Schulkameradin? Ein unheilvolles Knurren drang aus den Tiefen seiner Kehle empor. Keiner schien ihn zu bemerken. Schließlich sah Grimmjow ein, dass es nichts nützte, über den Anderen zu stehen und landete einige Meter von ihnen entfernt auf dem Boden. Und vor allem auf dem Boden der Tatsachen. Das Mädchen schien Aishen etwas zu erklären. Etwas, das ihn neugierig machte. So neugierig, dass er den Sexta Espada ignorierte. Grimmjow wurde wütend. Richtig wütend. Dennoch war da nicht dieses Vernichtungsgefühl, das seinen Charakter sonst so prägte. Dieses Wutgefühl war anders. Es war pure Eifersucht. Noch nie hatte er es geschafft, dass der Kleine so lachte. Dass der Kleine so glücklich war! Der Junge drehte sich zu ihm um. “Bist du sauer?” , fragte er. Diese unschuldige Frage, die mit dieser verdammten Kinderstimme gestellt wurde. Eine klare Antwort im Kopf des Blauhaarigen. Nein! Nicht sauer, eifersüchtig! “Was sonst?” , murrte er. Eine feige Lüge. “Aber ich wollte mich doch nur umsehen! Und dann habe ich Inoue hier getroffen, die mir die Sterne erklärt hat!” , verteidigte sich der Kleine. Grimmjow schwieg. “Sterne sind unglaublich, weißt du das, Grimmjow?” , sprach der Junge weiter. Er strahlte wie ein kleines Kind. Freudig erzählte er, was Inoue ihm über die Sterne erzählt hatte. Dass Grimmjow nur halb zuhörte, bemerkte er nicht. Grimmjow betrachtete den fröhlichen Jungen nur schweigend, ohne wirklich zu hören, was dieser von sich gab. “Ist ja gut. Ich hab’s kapiert!” , unterbrach er den Jungen, der unaufhörlich weiter geredet hätte, hätte Grimmjow nicht dazwischen gefunkt. Der schwieg und sah Grimmjow erwartungsvoll an. “Lass uns abhauen. Du hat’s doch auch längst bemerkt!” , murrte der Sexta Espada. Natürlich hatte Aishen den spirituellen Druck bemerkt, der ihm wohl bekannt sein sollte. “Hab ich.” , murmelte er frech grinsend. Ein freches Grinsen half bei Grimmjow nicht, dass dieser nachgab. Aishen schaute flüchtig zu Inoue, die immer noch neben ihm stand. Er wollte noch nicht gehen. Dann sah er wieder zu Grimmjow. Er wollte Grimmjow nicht gehen lassen. Aber Grimmjow ging schon längst fort. “Ich...” Leise und unschlüssig sprach er. Doch Grimmjow blieb stehen und warf ihm einen Blick über die Schulter zu. Einen grimmigen Blick, der Aishen zu verstehen gab, er solle nicht immer so eine Memme sein. “Ich will noch nicht zurück!” , sagte er mit leicht schwankender Stimme. Kühne Worte aus dem Mund eines Kindes. Grimmjow sah ihm in die Augen. Sein Blick: gelangweilt. ‘Denk nach!’ , fuhr Aishen sich selbst im Kopf an. “Ich möchte nicht.” , murmelte er ganz leise. Ein Seitenblick zu Inoue. “Aber du musst doch nach Hause!” , motivierte sie ihn. Sie lächelte höfflich, sie hatte einfach Recht. “Aber ich darf doch wiederkommen, oder?” , fragte Aishen hoffnungsvoll. Inoue nickte und selbst Ichigo lächelte leicht über diese Frage. “Cool!” , rief Aishen und rannte dann dem bereits weitergehenden Grimmjow nach. Den Jungen überraschte es zwar, dass auf dem Gesicht Grimmjows ein leichtes Lächeln zu erkennen war, aber er war froh. Er folgte Grimmjows Blick, der in der Ferne verschwand, im Nichts. Diese stahlblauen Augen des Espada. Blau, wie ein neu geborener Stern. “Na, Ulquiorra? Hat Aizen-sama uns schon als vermisst gemeldet?” , fragte Grimmjow abfällig, dass Ulquiorra ihm wohl am liebsten den Kopf abgeschlagen hätte oder dergleichen. Wenigstens ein Cero hätte er ihm um die Ohren pfeffern können. Allerdings wäre der Streit dann unnötig eskaliert. Und unnötige Dinge waren, wie der Name es schon sagt, unnötig. “Spar dir deine Kommentare, Grimmjow! Kommt lieber beide fix zurück nach Las Noches.” , meinte der Cuatro Espada ruhig. Grimmjows Kommentare waren nichtig. Nichtig und sinnlos. Aber für Ulquiorra war ja alles nichtig und sinnlos, außer Aizen-sama und dessen Befehle. “Na gut!” , murrte Grimmjow genervt und die Drei traten zusammen den Rückweg nach Las Noches an. Dem Cuatro Espada entging nicht, dass Aishen sehnsüchtigst zurück blickte. Ein unglaublich sehnsüchtiger Blick zu den Sternen, der irgendwie Ulquiorras Interesse weckte. Dieser Blick. Woher kam diese Sehnsucht des Jungen? Diese Frage war nicht nichtig. Sie war sinnvoll und wichtig. Sie war interessant. Als sie in Las Noches angekommen waren, wurde den beiden Ausreißern vorerst gesagt, sie sollten in ihre Zimmer gehen, um sich zu akklimatisieren. Was auch immer das bedeuten möge. Aishen wollte sich sicherlich nicht ‘akklimatisieren’. Alleine daher, weil Gin es ihm gesagt hatte. Außerdem mochte Gin es doch gar nicht leiden, wenn Aishen den braven Jungen mimte. Allerdings hatte Gin Ulquiorra gesagt, dass der Schwarzhaarige doch bitte auf den kleinen Weißhaarigen acht geben würde. Also war Aishen nicht ganz alleine. Dennoch war es so still. Er wünschte sich so sehr, dass Ulquiorra und er sich doch einfach ein wenig unterhalten könnten. “Ulquiorra?” , begann er vorsichtig. “Ja?” “Was heißt ‘akklimatisieren?” , fragte Aishen und sah zum Schwarzhaarigen. Die grünen Augen des Espada blieben genau so ruhig wie vorher. Ruhig und gefühlsleer. “Das bedeutet, sich an etwas Neues zu gewöhnen. Oder, wie in eurem Fall, sich an etwas Bekanntes neu zu gewöhnen.” Lange Erklärung. Aber keine Gefühlsregung in der Stimme des Espada. Das war langweilig. Also brach Aishen das Gespräch ab. Eigentlich wollte er das Thema wechseln, nur fiel ihm kein geeignetes Thema ein. “Weshalb hast du eigentlich vorhin so sehnsüchtig zu den Sternen emporgeschaut?” , fragte Ulquiorra unerwartet nach. “Weil sie schön sind. Und weil sie wie ein Lebewesen geboren werden und sterben.” , erklärte Aishen strahlend und schon ein wenig stolz. “Sterne sind sinnlos!” , entgegnete Ulquiorra knapp und gefühlskalt. Für ihn schien ja alles sinnlos. “Sind sie nicht!” , erboste Aishen sich über diese Aussage. Ulquiorra sollte sich doch freuen, dass der Kleine etwas gefunden hat, was ihn interessiert. “Alles Seiende ist sinnlos.” , meinte Ulquiorra ebenso knapp wie das, was er zuvor gesagt hatte. Langsam fühlte Aishen die Wut in sich aufkommen. “Also auch du und ich?” , wollte er zornig wissen. Ulquiorra, der alles Seiende sinnlos fand. Sinnlos und nichtig! Ulquiorra, der Nihilist. Ulquiorra, der Cuatro Espada! Aber der Respekt war der Wut gewichen. “Auch du und ich.” , echote Ulquiorra als Antwort. Im selben Moment sprang Aishen auf, die wenigen Schritte zu Ulquiorra überwindend, und packte eben jenen am Kragen. “Sag sowas noch mal und ich raste richtig aus!” , rief Aishen und sah in die kalten Augen des Espada. Der Schwarzhaarige zeigte keine Reaktion. “Dann könnte ich dich doch auch umbringen! Dann gibt es nur ein nichtiges Lebewesen weniger auf dieser Welt!” , knurrte Aishen weiter. “Nur zu.” , war die knappe Antwort. Aber Aishen ließ Ulquiorra los. Los. Verständnislos, ausweglos. Aishen mochte die Situation nicht mehr leiden. “Sag das nicht! Ich tue es wirklich!” , schrie der Junge verzweifelt. Noch eine Eigenschaft, die schlecht war. Aishen verzweifelte zu schnell. “Du machst dir selbst etwas vor, was du eh nicht einhalten kannst. Das ist sinnlos.” , meinte Ulquiorra, stand auf und wollte gehen. Er bleib selbst in so einer Situation ruhig. “Stirb doch! Du hast ja eh keine Freunde!” , fauchte Aishen leise. Ulquiorra sah ihn nochmal kurz an und ging dann entgültig. Aishen lauschte auf die sich entfernenden Schritte. “Ich bin so dumm!” , flüsterte er und ließ sich rücklings auf sein Bett fallen. Er sah zum milchigen Sichelmond, der vor seinem Fenster schien. Alles begann von vorne. Kapitel 5: Scherbenmeer ----------------------- Vorwort: Und hier ist schon das nächste Kapitel. Es ist ein bisschen trauriger als ich mir erhofft habe. Hoffentlich stört es euch nicht so sehr! Viel Spaß und liebe Grüße von Kirihara_Kayare ~~~~~~ Ich hab versucht, das Glück nicht zu verlieren Für immer hinter Glas einzuschließen und einzufrieren Luftdicht zu versiegeln, doch du brachst trotzdem aus Ich habe fest mit dir gerechnet Doch die Gleichung geht nicht auf Christina Stürmer - Scherbenmeer Grimmjow langweilte sich seit Tagen. Aishen hatte als Strafe, weil er mit dem Blauhaarigen ins Diesseits gegangen war, ‘Hausarrest’ bekommen. Grimmjow hätte sich davon natürlich normaler Weise nicht abhalten lassen, hätte es nicht so ausgesehen, dass Ichimaru bei Aishen als Aufpasser gewesen wäre. Allerdings wäre Grimmjow auch nicht hingegangen, wäre Ulquiorra dort gewesen. Eigentlich war dem Sexta Espada klar, dass Aishen sich auch langweilen musste, allerdings kümmerte ihn dies recht wenig. Ihn machte es mehr Sorgen, dass er den Jungen schon drei Wochen nicht mehr gesehen hat. Eindeutig drei Wochen zu viel. Sowas nennt man wohl Entzugserscheinungen. Irgendwie wollte Grimmjow sich ablenken. Daher beschloss er, duschen zu gehen. Es regte ihn ausnahmsweise nicht einmal auf, dass man als Espada trotzdem die Gemeinschaftsduschen aller Arrancar benutzen musste, wobei dies eine reine Frechheit war. Aber kaum war er angekommen, wollte er am liebsten wieder gehen. In einer der Duschen lief Wasser und Grimmjow hatte wirklich keine Lust, irgendwem über den Weg zu laufen. Womöglich auch noch einem der anderen neun Espada! Trotzdem blieb er einen Augenblick schweigend stehen. Vielleicht hatte die Person unter der Dusche ihn nicht bemerkt! Da hatte er wohl falsche Hoffnungen gehegt. Zwischen Duschvorhang und Duschwand schlüpfte ein weißer Wuschelkopf hervor und blickte ihn an. “Du?” , fragte Grimmjow überrascht. “Du darfst dein Zimmer doch nicht verlassen!” Aishen verschwand wieder hinterm Vorhang. “Selbst Gin ist nicht so fies, dass er mich nicht duschen lassen würde. Aber es wäre besser, wenn du wieder gehst oder einfach die Klappe hältst und mich ignorierst. Sonst bekommen wir beide nur unnötigen Ärger.” , meinte der Kleine leicht genervt. Grimmjow brummte nur und lehnte sich gegen die Tür. “Ich bleibe da wo ich bin! Ichimaru ist eh nicht hier!” , knurrte er. Aishen streckte abermals seinen Kopf aus der Dusche. “Du hast wohl vergessen, dass in ganz Las Noches Kameras angebracht sind.” , konterte der Kleine und sah zu einer der Kameras rüber, die im Vorraum der Duschen ist. “Mir egal.” , brummte Grimmjow und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Aishen hatte seinen Kopf schon längst wieder zurückgezogen. Wenn er eins glaubte, dann, dass man unter der Dusche nicht nur Dreck, sondern auch Sorgen wegspülen konnte. Aber dem war nicht so. Jeder einzelne Wassertropfen, der seine helle Haut traf, schien seine Unruhen nur mehr aufwühlen zu wollen. Und dann war jetzt auch noch Grimmjow aufgetaucht, der unmittelbar mit seinen sorgvollen Gedanken zu tun hatte. “Grimmjow? Kann ich dir eine Frage stellen?” , hakte der Junge nach. “Klar.” , antwortete der Espada. Aishen ordnete die Frage in eine passende Formulierungsart. “Wie könnte man eigentlich einen Arrancar umbringen?” , stellte er die Frage schließlich. Kaum hatte er die Frage gestellt, trat wieder Schweigen ein. Grimmjow grübelte wohl über eine passende Antwort. Das, oder er war von der Frage zu überrascht. “Das ist egal. Nur mit seinem eigenen Zanpakuto kannst du ihn auf jeden Fall nicht töten.” , antwortete der Blauhaarige irgendwann. “Aber warum fragst du überhaupt?” , fügte er schnell hinzu. “Ach, nur so.” , entgegnete Aishen und drehte das Wasser ab. Er schnappte sich das weiße Handtuch, das über der Duschwand hing, schob den Vorhang beiseite und trat heraus. Er starrte zu Grimmjow rüber, der leise kicherte. “Was ist?” , fragte er und rubbelte sich die Haare mit dem Handtuch trocken. “Du hast doch nicht etwa mit Hose geduscht, oder?” , prustete Grimmjow. “Lass mich doch!” , knurrte Aishen zurück. Er war eben zu faul gewesen, sich die Hose auszuziehen. Er schnappte sich die Jacke, die er vorhin achtlos auf die Erde geschmissen hatte, und wollte den Raum verlassen. Doch Grimmjow versperrte ihm den Weg. “Geh duschen oder mach sonst was, aber lass mich durch, Grimmjow.” , murrte Aishen, der nicht doch noch unnötigen Ärger riskieren wollte. Grimmjow sah ihm in die Augen, gab aber schließlich nach und trat beiseite. Der Weißhaarige hätte in diesem Augenblick nur zu gern gewusst, was der Sexta Espada gedacht hat. In seinem Zimmer angekommen, pfefferte Aishen Handtuch und Jacke, die er immer noch in der Hand trug, in die Ecke und knallte sich vornüber aufs Bett. “Was ist denn mit dir los?” , fragte Gin, der langsam aber sicher die Nervengrenze des Jungen überstrapazierte. “Ich kann nicht mehr.” , sagte Aishen schwach. “Bist wohl krank, wie?” , wollte Gin wissen. “Tut mir leid. Ich meinte, ich will nicht mehr!” , korrigierte Aishen sich. Ihm wurde alles langsam zu viel. Das Leben, die Erinnerungen. Im wurde klar, dass er nicht stärker werden würde, was er auch anstellen möge. Er würde sich wohl immer beschützen lassen müssen. Aber Dummheit musste bekanntlich bestraft werden. “Gibt es einen dunkleren Ort als Hueco Mundo?” , fragte der Weißhaarige. “Natürlich! Die Hölle, wo all jene hinkommen, die schon zu Lebzeiten Unrechtes getan haben.” , entgegnete Gin. Er selbst habe das Höllentor schon gesehen, nachdem er einen Hollow getötet hatte, fügte er noch hinzu. ‘Hättest mit durchgehen sollen!’ , dachte Aishen boshaft. “Meinst du, es gibt hier in Las Noches jemanden, der mich umbringen würde?” , murmelte Aishen und drehte den Kopf so, dass er Gin nicht länger ansehen musste. “Ich oder Nnoitra würden das wohl machen!” , sagte Gin kichernd. Aishen seufzte. “Und wer sonst, außer Nnoitra und du?” , murrte er. “Dabei hätte ich das so gern gemacht. Aber du willst wohl auf Grimmjow und Ulquiorra hinaus.” , entgegnete Gin leicht schmollend. Aishen nickte stumm. Im war es unheimlich. Sowohl, dass Gin ihm einfach an den Kopf warf, dass er ihn gerne umbringen würde, als auch, dass er sofort kapierte, worauf der Kleine eigentlich hinaus wollte. Aber er war ein Kind und Kinder sind leicht zu durchschauen. “Ich kann sie ja mal fragen! Aber du würdest doch eh nicht in der Hölle landen.” , meinte Gin lachend und verschwand. “Wer weiß das schon.” , murmelte Aishen. “Wer weiß das?” Und dann schlief er ein. “Warum sind wir hier eingebrochen?” , flüsterte ein weißhaariger Junge, vielleicht grade zwölf Jahre alt. Aishen warf dem Jungen einen vorwurfsvollen Blick zu. “Sollen diese Typen uns umbringen? Wenn wir erwischt werden, können wir nicht ins Gefängnis. Vergiss das nicht, Jay.” , knurrte er. Vorsichtig schlichen die Jungen weiter durch die dunklen Gänge. Eigentlich wäre Aishen nie in ein Gebäude wie dieses, also in ein Kloster, gegangen, aber er und sein kleiner Bruder Jay hatten nun einmal keine Wahl. Sie waren nun einmal Waisenkinder von der Straße, die ungewollt an eine Verbrecherbande geraten waren. Ihr Leben selbst in der Hand, hatten sie demzufolge schon lange nicht mehr. Einbrüche in diverse Museen oder Kirchen waren, ebenso wie Autodiebstähle und Tankstellenüberfälle, inzwischen Alltag. “Warte!” , befahl Aishen und deutete auf eine alte Holztür, die am Ende des Ganges lag. “Dort ist es!” , flüsterte Aishen. Jay schluckte hörbar. Einen kurzen Augenblick sahen die Brüder sich an, ehe sie vorsichtig weitergingen. “Nur noch diese Tür.” , murmelte Jay mit der Kinderstimme, die er als Zwölfjähriger noch besaß. Ungefähr zehn Männer, alle recht verwahrlost, lungerten in einer alten Lagerhalle rum. Sie alle starrten zu einem Mann im weißen Anzug und mit Hut, der wahrlich nicht in dieses Bild passte, wie man es auch drehte und wendete. Die anderen sahen eher wie Schlägertypen aus, aber er, dieser eine Mann, sah wie ein reicher Geschäftsmann aus. Er begutachtete grade einen silbernen Kelch, der mit Rubinen besetzt war. “Das habt ihr mal wieder gut gemacht, Aishen. Damit werden wir reich.” , kicherte er und starrte die Brüder mit stechendscharfen Blicken an. Jay hatte sich schon ängstlich hinter seinen Bruder gestellt. “Sie sagten, Sie ließen uns gehen, wenn wir ihnen die Schätze des Klosters bringen, Monisuka!” , erinnerte Aishen den Mann vor sich. Der Mann legte unwissend den Kopf schief. Dann sah er in die Runde der Männer. “Habe ich das gesagt, meine Lieben? Ich dachte, ich hätte ‘vielleicht’ gesagt.” , meinte er und lachte laut. Seine Männer stimmten in das Gelächter mit ein. Monisuka machte eine Handbewegung, die seinen Männern Schweigen gebot. Dann stand er von seinem Sessel auf und trat vor die Jungen, die er eindringlich musterte. “Ich habe es mir anders überlegt.” , gab er schließlich preis. Mit seinem Zeigefinger drückte er das Kinn Aishens ein wenig nach oben, dass dieser ihm in die Augen sehen musste. Aishen roch Alkohol und Schwarzpulver. Für ihn war es der Geruch des Todes, der immerzu an diesem Mann hing. “Ihr seid doch viel zu wertvoll, meine Süßen.” Aishen wusste, dass etwas Schlimmes auf ihn zukommen würde, wenn er nicht schnell reagieren würde. Doch er war wie gelähmt. “Lass ihn los!” , rief Jay und hing sich an den Arm Monisukas. Dieser zischte und schleuderte den Jungen weg. “Kleiner Plagegeist.” , knurrte er. Jay prallte hart auf dem Erdboden auf und schrie kurz auf. Aishen blieb stumm vor Angst. Ihm war klar, würde er jetzt falsch reagieren, im Auge von Monisuka, würden sie seinen kleinen Bruder nur noch mehr quälen. Das durfte nicht geschehen. Er brauchte Jay doch so dringend. “Hast du verstanden, warum ihr bleiben müsst?” , fragte Monisuka. Aishen nickte. Jede Nacht heulte Jay sich an der Brust seines Bruders in den Schlaf. Die Beiden mussten sich eh eine kleine Schlafecke teilen, die genau genommen nur eine auf dem Boden ausgebreitete Wolldecke war. “Ich schwöre dir, Jay. Bald sind wir frei. Und wenn wir weglaufen müssen!” , beruhigte Aishen ihn. Immer und immer wieder sagte er diese Worte. Irgendwann schlief sein Bruder erschöpft ein und Aishen strich ihm dabei liebevoll übers Haar. “Alles wird gut, Jay. Das schwöre ich dir bei meinem Leben.” , flüsterte Aishen und schlief ebenfalls ein. Doch sie konnten nicht weglaufen. Sie wurden dabei erwischt und als Strafe geprügelt. “Und was machen wir nun mit euch?” , grübelte Monisuka, nachdem sie die Beiden wohl genug mit Tritten und Schlägen traktiert haben. “Uns vielleicht endlich frei lassen.” , knurrte Aishen und rappelte sich auf. Jay saß auf der Erde und starrte zu seinem Bruder auf. “Lasst uns doch ein Spiel spielen.” , schlug der Anführer der Verbrecherbande vor. Die Brüder sahen den Mann fragend an. “Ihr dürft gehen, wenn ihr beim ‘Roulette’ gewinnt.” Jedem dürfte wohl klar sein, was für eine Art Roulette er meinte. “Niemals!” , flüsterte Aishen und sah zu seinem Bruder nach unten. “Doch! Wir können doch fast nur gewinnen! Bitte, lass es uns machen. Dann sind wir frei!” , jubelte der Kleine optimistisch. Aishen konnte seinem Bruder einfach keine Bitte abschlagen. “Sei nicht so eine Memme!” , hatte Jay gesagt. Und Aishen hatte den Kloß, der ihm die Luft raubte, runtergeschluckt und abgedrückt. Ein Schuss. Ein Schmerzensschrei. Und eine Ewigkeit, bis er reagierte. Verloren! Das Glück herausgefordert und verloren. Aishen kniete neben Jay, der aus einer Schusswunde in der Brust stark blutete. Vorsichtig hob Aishen Kopf und Oberkörper des Jungen hoch und drückte ihn vorsichtig an sich. Der Atem des Jungen ging in unregelmäßigen, raschen Stößen. “Nicht weinen, Aishen. Wir haben es wenigstens versucht.” , flüsterte Jay mit letzter Kraft. “Wenigstens bist du eine gewaltige Last los.” Dann schloss der Junge lächelnd die Augen und sein Körper verlor jegliches Anzeichen von Leben. Nie wieder würden sie sich öffnen, diese stahlblauen Augen seines kleinen Bruders, die sich in solch großer Erwartung Tag um Tag mehr in seine Netzhaut eingebrannt hatten. Er drückte den leblosen Körper noch fester an sich. Er war ihm nie so zerbrechlich, so zart vorgekommen wie jetzt. Die Männer um sie herum, die bis jetzt geschwiegen haben, brachen in schallendes Gelächter aus. “Wie süß. Einer der Dämonenkinder ist tot. Der andere Dämon heult sich die Seele aus.” , gackerte Monisuka. Aishens Tränen liefen über sein Gesicht und fielen schließlich auf das regungslose Gesicht Jays. Da waren keine Emotionen mehr im Spiel! Und diese Bastarde lachten. Behutsam legte Aishen den Körper seines Bruders auf die Erde und nahm die Pistole, die immer noch neben ihm lag. Er prüfte das Magazine, was er eigentlich schon vorher hätte machen müssen, um so etwas zu verhindern. Noch vier Schuss! Es dürfte kein Schuss mehr im Magazin sein! Kein Schuss! Danach ging alles so schnell, dass Aishen sich nur schlecht daran erinnern konnte. Es war eine reine Kurzschlussaktion. Jetzt war alles nur noch Reaktion und Instinkt. Pure, angestaute Wut auf diese Männer. “Ihr habt uns reingelegt.” , sagte Aishen und stand auf. Die Pistole hielt er in seiner gesenkten Rechten. “Nimmt ihm sofort die Pistole ab. Der schießt eh nicht.” , sagte Monisuka abschätzend. Der, der ihm am nächsten war, trat auf Aishen zu. Und schon im nächsten Augenblick hatte er eine Kugel im Kopf. Keiner rührte sich mehr. Sie alle starrten nur fassungslos zu dem 16-jährigen Jungen. “Wisst ihr eigentlich, wie sehr ich mir gewünscht habe, euch alle eines Tages los zu sein?” , fauchte Aishen und richtete den Pistolenlauf auf Monisuka. Langsam färbte der Stoff des weißen Anzuges sich rot und der Mann ging röchelnd zu Boden. Die Männer liefen alle zu ihrem Anführer. Aishen stand während dessen wie betäubt da. Ein Gefühl, als ob er aus einer Trance erwacht wäre, machte sich in ihm breit. Er blickte sich um und registrierte die Pistole, die immer noch schwer in seiner Hand lag. Noch zwei Schuss. Er sah zu Jay, der immer noch regungslos auf der Erde lag. Noch zwei Schuss. Er hielt sich die Pistole an die Schläfe. Noch zwei Schuss! ‘Dann könnt ihr ‘Russisch Roulette’ spielen!’ ,dachte er. Ein letzter Blick zur Traube aus Verbrechern, die verzweifelt versuchten, ihrem Anführer zu helfen. Ein letzter Blick zu Jay. Eine letzte heiße Träne. “Es tut mir leid, Jay!” Dann drückte er ab. Wie zehntausend kleine Scherben bohrten sich die Erinnerungen durch seine Haut. Die Erinnerungen an diese stahlblauen, lebendigen Augen. Dieses Gefühlte Leben. Diese gelebten Gefühle, bestehend aus Angst, Hass, Wut, aber auch Zärtlichkeit und Fürsorge. Erinnerungen an diese begrenzte Zeit der Gemeinschaft. Tausende kleine Splitter aus Eis, die er selbst geschaffen hatte. Wut, Selbsthass, Verzweifelung. Er wollte es nicht mehr fühlen. Er wollte nicht mehr, dass diese Splitter tiefe Furchen in seine Seele rissen, durch die jegliches Gefühl hinaussickern konnte und nur ein gefühlloses Loch hinterließ. Er wollte nicht länger, dass sie sich in die tiefen seines Herzens gruben und sich dort verankerten. Versuchte er, sie irgendwie zu entfernen, sie herauszureißen, nahmen sie ein Stück seiner Vernunft mit. Und doch, wider jeder Vernunft, wollte er abermals eine Erinnerung an sein Leben auslöschen. Die Letzte. Die Hartnäckigste. Die anderen Erinnerungen bauten sich um diese eine auf. Sie würden von selbst verschwinden, würde er diese eine Erinnerung nur loswerden. “Sei nicht so eine Memme.” , sagte Aishen zu sich selbst. Er sah hoch zum Sichelmond über Hueco Mundo. Ein trauriger Mond. Ein trauriger Mond, der auf einen einsamen Wolf schien. Ein einsamer Wolf, der den Mond nicht anheulen konnte, weil seine Stimme versagte. Und wieder kamen unzählige Splitter seiner Erinnerungen zurück, die er dachte losgeworden zu sein, um sich tief in seine Seele, sein Herz und seine Gedanken zu drücke. Kapitel 6: Rot, die Farbe des Blutes ------------------------------------ Vorwort: Es mag jetzt alle überraschen, aber das ist das LETZTE Karpitel dieser FF! Nicht, weil ich keine Ideen mehr habe, sondern weil die Story von Anfang an so plötzlich enden sollte. Aber keine sorge, ihr dürft euch noch auf den Epilog freuen! Und für alle, die etwas in meinen Gedankengängen nicht verstehen: Macht nichts, ich verstehe mich manchmal auch nicht mehr! Liebe Grüße und hoffentlich ist das Kapitel nicht so traurig, wie ich es persönlich finde! Viel Spaß beim Lesen wünscht Kirihara_Kayare ~~~~~~ Jetzt reichte es ihm. Da war der ‘Hausarrest’ seines kleinen Freundes vorbei und dieser tauchte immer noch nicht bei ihm auf. Langsam hatte Grimmjow das Gefühl, ihm würde etwas Wichtiges fehlen, wenn der Kleine nicht in seiner Nähe war. Sehnsucht war dafür schon kein Ausdruck mehr. Viel mehr war es ein für ihn unerklärliches Gefühl, ein Verlangen nach etwas, was er nicht beschreiben konnte. Ohne seinen Kleinen fühlte Grimmjow sich so nutzlos. So gelangweilt und leer. Der Kleine war wenigstens ab und zu frech genug, ihm die Meinung zu sagen. Doch dann war er doch wieder nur der kleine Aishen, der sich beschützen lassen musste, oder aber wollte. Vielleicht war es einfach nur normal, solche Gefühle zu hegen, wenn man sich sorgte. Aber war nicht schon das ungewöhnlich für Grimmjow? Das er sich sorgte? Vielleicht sollte er einfach mal selbst zu Aishen gehen und den Jungen fragen, was er hat. Vielleicht sollte er ihn aber auch einfach in Ruhe lassen, bis er selbst bereit ist, mit dem Sexta Espada zu reden. Aishen lag schon seit Tagen in seinem Bett. Er sprach nicht, hörte niemandem zu und rührte nicht einen Finger. Er lag einfach da und schwieg. Würde sich nicht sein Brustkorb beim Atmen regelmäßig heben und senken, hätte man meinen können, er sei gestorben. Dem war natürlich nicht so. Und selbst wenn, dann hätte man das längst bemerkt und ihn nicht einfach dort liegen gelassen. Man konnte es eher so beschreiben, dass er in einer Art Alptraum steckte oder unter Hypnose stand und daher keinen Finger mehr bewegen konnte. Eigentlich war es von Anfang an nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Aishen eben diesen Zustand erreichte. Einen Zustand, den man nur zu gut auch als Halbtot bezeichnen konnte. Ihm war alles zuwider geworden. Eigentlich gab es nichts mehr, was ihn am Leben hielt. Und genau das war es. Dieses ‘eigentlich’! Da war etwas, was ihm sagte, er dürfe nicht einfach verschwinden, nicht aufhören, zu existieren. War es ihm nicht schon als Adjuchas überdrüssig gewesen, dieses Leben ohne jemanden an seiner Seite? War es nicht die Einsamkeit gewesen, die ihn langsam verschlungen hatte und seine Hoffnungen mit sich nahm? Was war dann dieses gewisse Etwas, dass ihn wiederum am Leben hielt? Auch wenn er keinen Finger rührte, keinen Ton sagte, war er noch bei Bewusstsein. Irgendwie schien in ihm ein Licht zu erscheinen, als er von Fernem immer deutlicher das näher kommende Reiatsu des Sexta Espada spürte. Er hatte sich so gewünscht, dass Grimmjow endlich kommen würde. Leise schloss Grimmjow die Tür hinter sich und lehnte sich an eben jene. Mit seltsam traurigen Augen, die man vom Sexta Espada sicherlich nicht gewohnt war, betrachtete er die kleine Gestalt, die zusammengerollt und mit dem Rücken zur Tür auf dem kleinen Bett lag. Es war, als ob in Grimmjow ein Gefühl aufkam, diese kleine Gestalt nicht nur beschützen, sondern auch irgendwie vernichten zu müssen. Ein Zwiespalt, der sich langsam in ihm auszubreiten schien. Einerseits wollte er Aishen vor jedem physischen Schaden schützen, doch andererseits wiederum wollte er ihn psychisch zum Rande des Wahnsinns treiben, um sich für die Veränderung und Unwissenheit zu rächen, die der Junge über Grimmjow gebracht hatte. Es war ein schreckliches Gefühl. Immer wieder schrie sein Körper, er solle diesem Jungen die Leviten lesen. Doch irgendwoher tönte eine Stimme, seine Stimme, die ihm sagte, er müsse sich in acht nehmen vor seiner eigenen Zerstörungswut. Ihm war so schon klar, dass er einen Fehler begannen hatte. Einen und noch einen und noch viele mehr. Ein heißes Gefühl stach tief in seiner Brust. Eine Hitze, die ihn fast um den Verstand zu bringen schien, die ihm langsam alle Sinne raubte und nur einen kraft- und sinneslosen Grimmjow Jagerjaequez zurückließ. Fast schon wehleidig dreinblickend stützte er sich noch mehr gegen die hinter ihm liegende Tür. Er war ausgelaugt und müde, aber gleichzeitig schien er hellwach zu sein. Alles schien sich zu drehen, doch die Welt stand doch still. Sein Atem ging nach und nach schwerer. Ihm wurde klar, er würde sich selbst vernichten müssen, um diesen Jungen zu schützen. Ihn schützen vor Grimmjows eigenem zerstörerischen Selbst. Doch vorerst, um herauszufinden, wie er dies anstellen könnte, ließ er den Jungen wieder allein. Das heiße Gefühl verklang mit jedem Schritt, den er sich entfernte, mehr. In seinem eigenen Zimmer angekommen, knallte er sich keuchend aufs Bett. Er brauchte jetzt Zeit. Zeit zum nachdenken, was er als nächstes tun sollte. Hätte Grimmjow zu diesem Zeitpunkt doch nur geahnt, wie wenig Zeit ihm noch blieb. Aishen konnte nicht länger still liegen bleiben, hatte er doch die Zwiespältigkeit des Sexta Espada gespürt. Ihm war ein schauriges Kribbeln über den Rücken gejagt, als er Grimmjows keuchenden Atem gehört hatte. Immer noch, obwohl Grimmjow schon längst wieder fort war, hörte er die schweren Atemzüge des Espada in seinem Ohr. Langsam hatte er die Augen aufgeschlagen. Ihm war, als ob er seit Tagen schon wieder sich hätte bewegen müssen. Jedes Gelenk seines kleinen, schmächtigen Körpers schien zu ächzen und knacken. Irgendwie schaffte er es, sich aufzusetzen, den Oberkörper gegen die Wand gelehnt zwar, aber er saß aufrecht. Ihn wollte nicht einfallen, wann er sich zum letzten Mal so mies gefühlt haben muss. Vielleicht als Grimmjow... Nein! In Grimmjows Nähe hatte er sich nie so mies gefühlt, selbst dann nicht, wenn er ihn noch so sehr bedrängt hatte. Eigentlich war es auch kein unangenehmes Gefühl in seinem Körper, sondern mehr ein Gefühl völliger Ausgehöhltheit. Er fühlte sich leer und machtlos. Machtloser noch als sonst. Dunkle Schatten huschten über sein Gesicht und ihm wurde klar, dass seine Kraft nicht ausreichte, um lange zu sitzen, geschweige denn, sich aus dem Bett zu erheben. Doch der Gedanke an Grimmjow schien ihm Mut und Kraft zu geben. Er quälte sich vom Bett auf den Fußboden und tastete unter dem weiß bezogenem Bett nach seinem Zanpakuto. Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass er es immerzu unter diesem Bett verstauben ließ. Nicht wie Grimmjow, der sein Zanpakuto Pantera stets bei sich hatte. Auf dem Boden kniend, wog er das schmale Schwert in seiner rechten Hand. Vielleicht... Aber Grimmjow hatte ihm ja bereits gesagt, dass ein Arrancar sich nicht mit seinem eigenen Schwert das Leben nehmen könne. Aishen wollte auch nicht länger einen der Arrancar fragen. Nicht Ulquiorra oder Nnoitra, die seinem Wunsch sicher nachgekommen wären, aus unterschiedlichen Beweggründen zwar, aber sie hätten es beide gleichermaßen getan. Nicht Starrk, Halibel oder sonst einen der Espada. Und allen voran nicht Grimmjow, dem er solch eine Tat zwar zutraute, es ihm aber verweigern wollte. Grimmjow hätte daran keinen Spaß gehabt. Und etwas, was dem Sexta Espada keinen Spaß bereitete, wollte Aishen dem Blauhaarigen nicht zumuten. Sein Blick schweifte zum milchigweißen Sichelmond und plötzlich fiel ihm ein, wer ihm seinen letzten Wunsch am ehesten erfüllen könnte. Mit eben jenem Gedanken, dieser Person damit vielleicht sogar einen Gefallen zu tun, machte er ich auf dem Weg. Auf seinen, aus seiner Sicht, letzten Weg. “Verdammt! Verdammt, verdammt, verdammt!” , fluchte der Blauhaarige, als Ulquiorra ihm mit gewohnt desinteressierte Stimme die Nachricht überbracht hatte, dass Aishen verschwunden sei. Weiteren Erklärungen oder gar Befehlen hatte und wollte Grimmjow nicht zuhören. Im war heiß und kalt zugleich. Im Zimmer des Jungen angekommen, überkam ihn ein seltsam bedrückendes Gefühl. Wie sehr ihm diese Totenstille auf den Geist ging. Wie sehr er diese Grabesstimmung hasste! Er ließ sich vor dem Bett des Jungen auf die Knie fallen und tastete nach Ookami no Ame, doch das Schwert war mit samt seinem Besitzer verschwunden. Hatte der Junge das Schwert mitgenommen, oder war Grimmjow schon zu spät dran? Nein. Irgendetwas tief in ihm schrie förmlich, dass er ihm folgen musste, wo auch immer der Junge grade war. Aber wo war er? Grimmjow benötigte irgendeinen Anhaltspunkt. Er durchsuchte das kleine Zimmer, stellte es förmlich auf den Kopf und hinterließ ein reines Schlachtfeld der Verwüstung. Er hatte nicht bemerkt, wie sich ein grinsender Gin angeschlichen hatte. “Suchst du wen, Grimmjow?” , fragte der Silberhaarige und Grimmjow wirbelte herum. Als Antwort knurrte er bloß leise. “Aishen ist nicht mehr hier. Aber du wirst ihn sicher beim Kurosaki finden.” , entgegnete Gin auf das Knurren. Misstrauisch blickte der Sexta Espada den ehemaligen Shinigami an. “Wehe, wenn das nicht stimmt!” , fauchte er. Ohne zu hören, ob Gin noch etwas sagen wollte, rannte er an diesem vorbei. Er wollte so schnell wie möglich seinen Kleinen finden. Denn langsam, mit der Angst, den Jungen für immer zu verlieren, wurde ihm bewusst, was er wirklich empfand. Er folgte dem letzten Weg Aishens so schnell er konnte. Wie sehr es dem Blauhaarigen widersprach. Es war sein eigener Körper. Für Grimmjow war sein Körper nichts weiter als ein Gegenstand, zumindest in diesem Moment. Es, also sein Körper, wollte nicht so schnell wie sonst. Grimmjow hatte das Gefühl, er sei nur halb so schnell wie normal. Fast schon, als ob er sich gar nicht bewegen würde. Vorsichtig, Schritt für Schritt, lief er weiter. Auch wenn er so nur noch langsamer war. Denn mit jedem Schritt beschlich ihn mehr und mehr eine böse Vorahnung. Hoffentlich kam er nicht zu spät! Er wusste genau, was der Junge wollte, nur wollte Grimmjow es nicht einsehen. Er wollte nicht erkennen, dass er zu schwach war, den Jungen aufzuhalten. Doch genau das war sein Problem. Hätte Grimmjow nur schneller gemacht. Wäre er schneller gelaufen, hätte er weniger mit sich selbst gerangelt. Vielleicht wäre er pünktlich gekommen. Denn für Ichigo war es schwer gewesen, dem Jungen seine paradoxe Bitte zu erfüllen. Der Sexta Espada hätte ihn doch sicherlich gestoppt. Leider kam der Blauhaarige zu spät. Ichigo saß auf einem Hochhausdach und wartete. Wartete auf das unausweichliche Eintreffen Grimmjows. Aishen hatte dem Orangehaarigen genau gesagt, dass Grimmjow kommen würde, hatte dem Orangehaarigen einen Auftrag gegeben. Melancholisch blickte der Junge zu den vielen tausend Sternen, die der junge Arrancar vor seinem Tot versucht hatte, zu umfassen. Diese kleine, unscheinbare Gestalt, die zu ihm gekommen war, mit der absurden Bitte, dass der Shinigami ihn töten möge. So flehend waren die Augen des Weißhaarigen, dass er es dem Arrancar nicht ausschlagen konnte. Jeglicher Überzeugungsversuch traf auf Widerstand, der bei weitem stärker war als jedes Argument, das Ichigo jemals hätte aufbieten können. Im selben Moment aber, wie er dem Arrancar mit Zangetsu den Gnadenstoß gegeben hatte, füllte eine unerklärliche Reue den Körper des Shinigami. Und gleichzeitig das Gefühl, das Richtige, nämlich das, was der Junge wollte, getan zu haben. So saß Ichigo nun da, wartend, und blickte zu den Sternen. Er versuchte, die Sterne zu umfassen, wie der Junge es versucht hatte. Und dann, nach gefühlten Stunden, tauchte Grimmjow hinter dem Orangehaarigen auf. Das erste und vorerst einzige, was Grimmjow bemerkte, war das Blut. Im Gesicht des Shinigami klebte Blut, das eindeutig nicht dem Orangehaarigen gehörte. Rötlich schimmernd lag es auf der Wange des Jungen, der ihn aus mitleidigen Augen ansah. “Grimmjow. Bevor du mich umbringen versucht, hör mir bitte zu!” , begann Ichigo. Grimmjow knurrte nur aus den Tiefen seiner Kehle. “Aishen war wirklich ein netter Kerl. Und er bat mich, dir das hier zu geben!” , sprach Ichigo unbeirrt weiter und reichte dem Sexta Espada einen zusammengefalteten Zettel. Grimmjow ermächtigte sich des Papiers und faltete es auseinander. “Er fragte mich, ob rot nur die Farbe des Blutes sei.” , flüsterte Ichigo seltsam leise. Hätte der Sexta Espada nicht ein solch gutes Gehör, hätte er den Jungen nicht gehört. “Nein.” , murmelte er mehr zu sich selbst, um die Frage zu beantworten. “Rot ist nicht nur die Farbe des Blutes. Rot ist die Farbe des Gefühls, das wir Arrancar nicht fühlen dürfen, nicht fühlen können dürfen.” Und doch fühlte Grimmjow dieses Gefühl, nun mehr als je zuvor. Mehr, als er es sich hätte träumen gewagt. Er dachte an den Jungen, an Aishen, der ihn immer so komisch angesehen hat. Auch wenn der Junge noch so glücklich schien, lag tief in den gelben Augen des selbst ernannten Dämons die Einsamkeit. Grimmjow wurde wütend, wütend auf sich selbst. Hätte er dem Jungen doch bloß etwas mehr Gefühl entgegengebracht und nicht die ganze Zeit mit sich selbst gehadert. In dünnen Schnüren setzte der Regen über Karakura und über Grimmjow ein und man konnte nicht erkennen, ob die Rinnsale auf seinem Gesicht nun vom herabfallenden Wasser kamen oder ob er weinte. Zum dritten, vierten, fünften Mal flogen seine stahlblauen Augen über die Zeilen auf dem Blatt Papier. Epilog: Could you please love me? --------------------------------- Ich weiß nicht mehr, wie oft ich diesen Zettel, oder besser den Text, der mit roter Tinte auf diesem Zettel geschrieben war, gelesen habe. Ich weiß auch nicht mehr, wie sehr ich mich in diesem einen Moment selbst verachtete. Einzig meine unerwartete Trauer ist mir bis zum heutigen Tage noch bewusst. Und dieses Gefühl, das der sanfte Regen auf meiner Haut auslöste. Dieses Kribbeln und Prickeln. Zum zigsten Male schon streiften meine Augen über die rot geschriebenen Zeilen, die mir eine unergründlich tiefsinnige Frage stellten. Eine Frage, die nicht nur mich, sondern auch Aishen gequält haben muss. Die Frage, die wir uns heimlich, im Geiste, wohl an die tausend Mal gestellt haben müssen. Kannst du mich bitte lieben? Die Regentropfen lösten die rote Schrift in dahinfließende Bächlein auf und erst jetzt bemerkte ich den wohl bekannten Geruch. Nicht nur das Papier war von diesem Geruch getränkt, auch die Umgebung. Ohne zu wissen, woher er kam, schmeckte ich den metallischen Geschmack roten Blutes auf meiner Zunge und wurde mir schmerzlicher Bewusst, alleine zu sein. Alleine, auch wenn ich es nicht wirklich war. Der Regen mischte sich auf meinem Gesicht mit etwas Anderem. Die Wassertropfen sammelten sich auf meinen Lippen und ich leckte sie fort. Sie waren salzig. Weinte ich wirklich? Und erneut huschte mein Blick über die Zeilen, die der Junge geschrieben hatte. Erneut fühlte ich eine Schwäche, die ich nicht verstand, die ich nie zuvor so gefühlt habe. Es war, als ob meine Beine drohten, einzuknicken. Ich wollte so gerne auf die Knie fallen und mich ärgern, über mich selbst und darüber, dass ich Aishen nicht beschützen konnte. Doch ich wollte meine Würde bewahren! Sie schien mir ein guter Ersatz für den Jungen, der mir nun fehlte. Ich konnte doch nicht auch noch meine Würde verlieren. Aber ich tat trotzdem, was meine Würde ebenfalls nicht erlaubte. Ich weinte Tränen der Bitterkeit und Trauer. Tränen der Einsamkeit, die dem Jungen auch nur zu oft über die Wangen gelaufen sein müssen. Ja, meine Augen schweiften immer noch über das Papier, obwohl die rote Schrift längst zu sehr verlaufen war, um etwas entziffern zu können. Doch jedes einzelne Wort hatte sich tief in meinen Geist eingebrannt. Ich faltete das Blatt vorsichtig wieder zusammen und schob es in meine Hosentasche. Dann drehte ich auf dem Absatz um und ging zurück nach Hueco Mundo. Auch wenn es aus meinem Munde albern klingen mag, ich musste Aizen und die Übrigen über den Tod des Jungen informieren. Vielleicht wundert es nun einige, dass dieser Teil der Geschichte noch so langatmig von mir erzählt wird, wo die restliche Story doch von wem anderes erzählt wurde. Wenn ich ehrlich bin, habe ich keine Ahnung, warum ich diesen letzten Teil der Geschichte selbst erzählen muss und will, ich tue einfach, was ich mir selbst zur Aufgabe gemacht habe. Die Menschen, die Arrancar und alle übrigen Lebewesen sollen auch den Rest dieser Geschichte erfahren, den niemand außer mir kennen kann. Niemand, der nicht diesen Brief Aishens gelesen hat. Daher schreibe ich nun nieder, was mir widerfuhr, nachdem ich die letzte Nachricht Aishens erhalten habe. In Las Noches änderte sich äußerlich nicht viel, nur das sowohl Nnoitra als auch Ichimaru sichtlich beleidigt daherliefen. Wir alle haben den Umstand mit Würde getragen versucht, doch jeder dachte sich seinen Teil dabei. Nur wenn man die Gewohnheiten der einzelnen Bewohner Las Noches kannte, fiel einem eine Veränderung des Tagesablaufes auf. Ich habe meinen Bericht über Aishens Tod vor allen übrigen Espada halten müssen und gab dabei sicherlich ein Bild des Jammers ab. Das erste und einzige Mal in meinem Leben, versteht sich! Auch den Brief verschwieg ich nicht und tastete dabei nach dem Papier in den Tiefen meiner Hosentasche. Ich verstand die Reaktionen der Anderen nur zu gut, weil sie alle gleichermaßen geschockt waren. Ein Arrancar, der aus purer Verzweifelung den Freitod wählte? Doch ich verschwieg, dass ich noch mehr als pures Entsetzen fühlte. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt geahnt, dass ich so viel zu tun bekommen sollte, ich hätte den Brief verschwiegen wie meine Gefühle, die ich hinter einer Maske aus Hass, Gleichgültigkeit und Zerstörung verbarg. Doch ich verschwieg ihn nicht, alleine schon weil Aishen es gewollt hätte. Die erste Hürde nahm ich, als Starrk mich seltsam munter ansprach und nach dem Jungen fragte, wie er denn so gewesen ist, ob er sehr einsam war oder viele Freunde gehabt habe. Ich schüttelte über diese Frage grimmig den Kopf. Der Primära Espada war ein so zurückgezogener Kerl, dass er nicht mal das mitbekam? “Sehr einsam.” , murrte ich als Antwort. Starrk sah mich an, als ob ich grade gesagt hätte, ich sei ein Schmusekätzchen. Dann nickte er verständnisvoll und ging. Danach war er nur noch zurückgezogener und hielt noch weniger von Gesellschaften. Er spiegelte die Einsamkeit gut wieder. Der Secunda Espada ärgerte sich noch mehr über sein Alter, als er erfuhr, dass selbst ein so junger Bursche sich selbst für den Tod entschied. Es ging einem wahrlich auf den Geist, wie er immerzu sagte, er sei der Mächtigste in ganz Las Noches, er würde es dem Jungen schon beweisen, dass es sein Leben viel zu früh weggeworfen habe. Das Alter sei doch auch schön und brachte Erfahrung und Macht. Tertiära Espada Halibel merkte schnell, dass der Junge sich nur aufgeopfert hat, um sich selbst und das wenige, was er liebte, zu schützen. Er habe doch nur das getan, was er für richtig gehalten habe. Opferung für jemanden, der einem etwas bedeutet, wurde wie eine Lebensbestimmung für Halibel, vor der Aishen sich doch so gefürchtet hat. Quinta Espada Nnoitra, der von Anfang an gesagt hatte, er hätte den Jungen am liebsten selbst umgebracht, suchte nun immerzu jemanden, den er ärgern und quälen, den er bekämpfen konnte. Seine Suche endete nur in Verzweifelung, weil er keinen Gegner fand, der es ihm wert war, bekämpft zu werden, oder aber von vornherein als zu stark abgestempelt wurde. Ich gehörte zu Ersterem. Theoretisch könnte ich mit den restlichen sechs Espada, die ich noch nicht aufgezählt habe, nun so fortfahren, denn sie alle durchliefen kleine, aber sichtbare Veränderungen, die man sonst nie bemerkt hätte, wenn ich sie nicht so sehr beobachtet hätte. Die ehemaligen Shinigami jedoch blieben, sehr zu meinem Bedauern, größten Teils unverändert. Lediglich Ichimaru schien weniger zu grinsen und dafür mehr zu jammern, er habe keinen mehr, dem er Spinnefeind sein konnte. Doch am ehesten verändert hat sich wohl der Cuatro Espada Ulquiorra, der wiederum behauptete, dass ich mich am meisten verändert habe. So schwer es mir auch gefallen ist, hatte ich das Gefühl, er habe am ehesten das Recht, den Inhalt des Briefes wortwörtlich zu erfahren. Deshalb nahm ich ihn zur Seite, als wir uns zufällig in den Gängen des Schlosses trafen und bat ihn, mir ein Mal im Leben zuzuhören. Und er hörte zu. Jedem Wort lauschend blickte er an mir vorbei an die ihm gegenüberliegende Wand. Sein Blick kam mir emotionsloser und kälter vor als sonst. Der kleine Trauerschimmer in den grünen Untiefen blitzte verräterisch auf, als ich ihm den wichtigsten Teil des Briefes zitierte. Den Teil, in dem Aishen sich für seine Dummheiten entschuldigte, für die Unannehmlichkeiten, die er uns bereitet habe und die kleinen, aber sichtlichen Gefühlumänderungen. Doch kaum hatte ich geendet, war auch der Trauerschimmer in seinen Augen verblasst und der Cuatro Espada ging mit einem “Unwichtig.” davon. Wie gerne ich ihm doch geglaubt hätte, doch es fiel mir nur allzu deutlich auf. Der Cuatro Espada war noch gefühlsleerer und nihilistischer geworden, als er es zuvor schon war. Und ich? Ich könnte jetzt sagen, ich sei der einzige Espada, der sich nicht verändert hat, doch das wäre gelogen. Natürlich würde das keiner wissen, da ihr meine Gedanken schlecht erraten könnt. Aber es ist wahr, dass ich mich als einziger Espada zumindest anders veränderte als die Anderen. Es ist nicht so gewesen, dass sich meine Zerstörungswut nach Aishens Tod gesteigert habe, sondern im Entgegengesetzten sich vermilderte. Ich wurde mir deutlich klar darüber, dass ich nicht alles zerstören durfte, da ich sonst nur das zerstören würde, was mir etwas bedeutete. Ich nahm mich ab dem Tag seines Todes sehr in Acht, damit ich ihm nicht noch Schande bringen mochte. Es wäre schrecklich dumm von mir, jetzt noch mehr zu vernichten. Vielleicht hätte ich sonst die kleinen Erinnerungen an Aishen vernichtet, denn in jedem Winkel Las Noches fühlte ich weiterhin seine Anwesenheit. Ich fühle mich wie besessen, als sei ein Dämon in mich gefahren und stellte mir vor, dass eben jenes Gefühl auch Aishen ergriffen habe. Ja, manchmal liege ich noch heute hellwach auf seinem Bett in seinem kleine Zimmer, das bis heute keinen neuen Bewohner gefunden hat. Ich starre dann mit leeren, tiefblauen Augen an die Decke, die Arme hinterm Kopf verschränkt und denke daran, wie sehr ich ihn doch nun an meiner Seite haben möchte. Jede Sekunde, die ich weiterlebe, habe ich dieses Schuldgefühl in mir, ihm ein Versprechen, unausgesprochen zwar, aber gegeben, gebrochen zu habe. Und gleichzeitig füllt sich in mir ein Loch der Leere mit dem Gefühl, ihm eine Schuld zu begleichen, indem ich für uns beide weiterlebe. Wie sehr sehne ich ihn mir doch herbei, um ihm zu sagen, wie sehr ich ihn brauche, wie sehr ich ihn benötige. Wie sehr sehnte ich mich nach seiner nervtötenden Art, immer und immer wieder die nervigsten Fragen zu stellen. Ich verstehe ihn heute noch nicht, so sehr ich doch darüber nachdenken konnte, ob er überhaupt zu verstehen war. Eigentlich hätte ich mir darüber den Kopf nicht zerbrechen müssen, doch ich tat es und tue es auch jetzt, in diesem Moment, in dem ich es niederschreibe. Ich schließe oft noch meine Augen, verstecke die blauen Iriden hinter den Lidern und sehe seine lebendigen Augen vor mir, diese gelben Augen, die so viel Gefühl in sich trugen. Und noch viel mehr, was ich nie sah. Jetzt sehe ich, was ich damals nicht sah. Die stumme Bewunderung, den Hilfeschrei und die Angst. All jenes, was ich nicht sehen wollte. Und jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, erscheinen die roten Worte vor meinem geistigen Auge. Ja, ihr habt diese Geschichte bis zum jetzigen Ende verfolgt und ich finde, so sehr es auch nicht meiner Natur entspricht, ihr solltet dafür jenen Brieflaut erfahren, da er mir eh die ganze Zeit ihm Kopfe herumspuckt. Vielleicht, wenn ich ihn niederschreibe, kann ich ihn endlich vergessen. Vergessen, oder aber endlich besser verstehen und mir selbst erklären. Lest ihn mir bedacht, vielleicht versteht ihr ihn besser, als ich es damals, beim ersten Lesen tat. Wie sehr habe ich mich verändert, nachdem ich gestorben war. Wie sehr habe ich versucht, mich selbst und meine Gefühle zu verstehen. Und wie sehr bin ich daran gescheitert. Wie lange war ich allein, fühlte, wie die Einsamkeit meinen Körper zu regieren begann. Und warum fühlte ich die Einsamkeit überhaupt, wenn ich doch längst tot war? Jede einzelne Faser meines zu einem Hollow gewordenen, zu einem Monster zerfallenem, Körper, sehnte sich nach etwas, was mir keiner zu geben vermochte. Keiner der von mir verschlungenen Hollows und auch keiner der mich attackierenden Hollows, vor denen ich aus purer Angst floh. Niemand konnte mir die Zufriedenheit bringen, dieses Gefühl von Geborgenheit, was ich mir so wünschte. Ich war verzweifelt, war einsam, war neugierig auf den Tod. Ich wollte sterben, wurde schwach. Nicht körperlich schwach, sondern geistig. Ich weiß nicht mehr, wie viele Tage vergangen waren, bis der Tag kam, an dem meine Beine es nicht mehr zu Stande brachten, meinen Körper zu tragen. Wie viele Monate und Jahre. Doch ich habe es lange ausgehalten, ohne zu wissen, dass doch irgendwann mein Leben noch einmal auf den Kopf gestellt werden sollte. Von wem? Von demjenigen, der mich nach Las Noches brachte und mich so zum Leben zwang. Mein Leben war an einen Scheideweg geraten. Entweder sterbe ich oder ich werde überleben und weiter in Einsamkeit mein Dasein fristen. Doch die Weggabelung erhielt unerwartet einen neuen, dritten Weg, den ich nicht selbst beschreiten konnte. Einen Weg, der mir nie in den Sinn gekommen wäre, hättest du mich nicht auf diesen Weg getragen, Grimmjow. Eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass du mich einfach zurücklässt, dich nicht um mich kümmerst. Aber du gingst nicht so ohne weiteres. Du nahmst mich mit und zwangst mich ins Leben und auch irgendwie in mein Glück zurück. Ich habe mich all die Tage, die wir miteinander verbrachten, gezählt und kam auf weniger als sechs Monate. Nur ein knappes halbes Jahr hat meine sechzehn Jahre Leben und ich weiß nicht wie viele Jahre Tod zum Umsturz gebracht und meine Gedanken verändert. Ich wünsche mir noch jetzt, dass es kein Fehler war, zu sterben. Sicherlich war es keiner, auch wenn du und ihr alle meine Beweggründe nicht ohne weiteres verstehen werdet. Ja, eine Begründung kann ich dir für mein Handeln auch geben, Grimmjow. Der Grund bist du selbst, Grimmjow. Wenn ich dir jetzt die Umstände meines ersten Todes, als ich also als Mensch gestorben bin, erklären würde, würde dieser Brief kein Ende nehmen. Ich kann es auch verkürzen und sagen, dass ich mich selbst damals umbrachte um meine eigene Dummheit zu rächen und meinem von mir getöteten Bruder gerecht zu werden. Schließlich habe ich ihm doch geschworen, ihn zu schützen, vor jedem erdenklichen physischen Schmerz. Doch die Umstände unter denen wir lebten, waren zu schlecht, um ein solches Versprechen zu halten. Wie sehr haben wir gelitten. Ach, Grimmjow, kennst du dieses Gefühl, machtlos zu sein? Ich kenne es nur zu gut, weil ich schon immer machtlos war. Die Machtlosigkeit meines eigenen Ichs hat meinen Bruder getötet, die Machtlosigkeit und die Dummheit. Ich kann mir denken, dass du jetzt dastehst und dich fragst, was das mit dir und mir und uns zu tun habe. Doch die Frage ist nur zu leicht zu beantworten: Du hast dieselben stahlblauen Augen, wie mein kleiner Bruder sie hatte. In ihnen spiegelt sich die gleiche Lebendigkeit. Ja, am Anfang war es nur das Gefühl von etwas Vertrautem. Doch bald musste ich erkennen, dass es nichts Vertrautes in Las Noches gab. Zu Anfang aber nur. Ich habe mich allzu schnell an meine neue Umgebung gewohnt, mich ‘akklimatisiert’. Mir war nur zu gut klar, dass ich in der Rangordnung an unterster Stelle stand. Ich war froh darüber, dass ich jeden Tag in der Nähe von jemandem verbringen durfte, dem ich etwas schuldete, der mir etwas wert war. Ja, schon zu diesem Zeitpunkt, schon ehe wir uns das erste Mal richtig unterhalten haben, schon ehe ich dir mein erstes richtiges Lächeln gezeigt habe, schon ehe wir einander richtig vorstellen konnten, wurde mir bewusst, dass du mir etwas wert bist. Dass du mir mehr wert bist als nur ein bisschen Schmerz und Unwissenheit. Die Schmerzen, die ich ihn deiner Nähe fühlte, waren enormer noch, als ich es mir vorzustellen vermochte. Ulquiorra sagte mir, ich solle es ignorieren, Schmerzen seien nichtig. Ich ignorierte die Schmerzen, wie er sagte, und kam näher. Ja, auch Ulquiorra war mir etwas wert, auch er bedeutete mir etwas. Zunächst wollte ich nicht glauben, dass Ulquiorra der Stärkere, der Höhere von euch beiden sei, doch ich musste schmerzlich erkennen, dass es die Wahrheit war. Doch ich bemitleidete den Cuatro Espada auch sehr. Er schien mir zu sehr der Gefühllosigkeit hingegeben. Vielleicht weißt du es ja, aber nachdem wir einmal im Diesseits waren und Ulquiorra uns zurückgeholt hat, da habe ich mich mit ihm unterhalten, oder zumindest etwas in der Art. Seine Gleichgültigkeit ging mir irgendwann zu sehr auf den Geist. Ich habe ihn richtig angeschrieen, so laut ich konnte habe ich das getan. Ihm gesagt, dass ich ihn doch auch umbringen könnte, wenn alles Seiende so nichtig sei. Auch wenn er Äußerlich mit Gleichgültigkeit reagierte, sah ich ihm doch an, dass er mir heimlich Recht gab. Weißt du, Grimmjow, was mir das Wichtigste wurde, in dieser Zeit, die ich bei euch verbrachte? Das Wichtigste war mir, dich zu treffen. Und doch war es uns die meiste Zeit versagt worden. Es ist nur eine zaghafte Anfrage, aber, Grimmjow, wirst du dir diese letzte Frage meinerseits durch den Kopf gehen lassen? Hast du es auch so empfunden wie ich? Man kann die Hollows nicht mit Dämonen vergleichen, denn Menschen sind nur selten, nein, sie sind nie von Hollows besessen. Ihre Seelen werden lediglich von einem Hollow verschlungen. Ein Dämon besitzt den Menschen seiner Wahl, verschlingt nicht seine Seele, vernichtet lediglich dessen Vernunft. Fällt es dir auf? Die Vernunft, die mir nach und nach abhanden kam? Weil ich mich wie besessen fühlte. Wie besessen von dir. Ich weiß nicht, ob du so gefühlt hast wie ich es tat, aber ich hoffe es doch sehr. Ja, das hier ist ein Abschied für immer, Grimmjow, der mir keineswegs leicht fällt. Ich war nie ein guter Redner oder Zuhörer, ich ließ mich nicht gerne befehligen, doch man konnte mich nur zu gut rumschubsen. Ich konnte mich nie gut durchsetzen. Vielleicht ist ein Abschied von dieser Welt nur ein Vorteil für uns alle. Für dich, für die Arrancar, für Aizen-sama und auch irgendwo für mich. Doch das ist meine größte Schwäche, der Abschied. Ich möchte mich nicht verabschieden. Ich wünschte, ich könnte für immer an deiner Seite bleiben. Das wir uns noch ein Mal gegenüber stehen könnten, dass wünsche ich mir. Aber, Grimmjow, ich weiß, dass du mich dann aufgehalten hättest. Ach, Grimmjow, ich verabschiede mich mit einer Frage. Grimmjow, ich wollte dich besitzen, wie es sich für einen Dämon gehört. Grimmjow, auch wenn du nicht vor mir stehen kannst und mir die Frage nicht direkt beantworten kannst. Grimmjow, kannst du mich bitte lieben, einen Dämonen wie dich selbst? Ach, Grimmjow, ich würde so gerne wieder vor dir stehen. Schreibe ich das nicht schon zum zigsten Male? Aber ich möchte einfach nicht gehen. Grimmjow, tu mir einen Gefallen. Erzähle den Anderen von meinem Tod. Sag ihnen die Wahrheit und nicht eine Lüge, die sie dir zu leicht glauben könnten. Grimmjow, verzeihe dem Ichigo, dass er mir meine Bitte erfüllt hat. Doch am meisten, Grimmjow, vergiss meine Worte nicht! Bitte, vergiss mich nicht! Denn, eins ist gewiss, man stirbt nicht eher, ehe man vergessen wird. Der Tod ist ein Zustand völliger Leere, der auch nicht ewig wären kann. Irgendwo bin ich noch in deiner Nähe. Vielleicht bin ich ja der Wind, der deine Haut kitzelt? Vielleicht bin ich eines von Millionen Sandkörnern Hueco Mundos, auf dem du mit deinen Füßen wanderst? Vielleicht bin ich jeder einzelne Regentropfen, der vom Himmel fällt und an deinem Körper Halt finden wird? Grimmjow, es tut mir so leid! Jede kleine Veränderung, die ich in dir auslöste. Jede Sekunde, die du mit mir Probleme hattest. Grimmjow, verzeih mir bitte! Denn Grimmjow, ich liebe dich, einen Dämonen, der mein Herz besessen und meine Vernunft zerstört hat. Ja, Grimmjow, auch wenn dort, wo mein Herz sein müsste, ein Loch klafft, bin ich dazu im Stande. Ich kann dich lieben, einen Dämonen wie ich es selbst bin. Doch ehe wir uns gegenseitig vernichten, Grimmjow, muss der Schwächere dem Stärkeren die Entscheidungsgewalt abnehmen und handeln. Ja, Grimmjow, ich verabschiede mich, doch ich weiß, dass ich immer bei dir sein will. Und du musst wissen, dass ich immer bei dir sein kann, wenn du es nur von ganzem Herzen wünschst. Lebe Wohl, Grimmjow, lebe für uns beide weiter. Wenn ich eine Antwort auf diesen Brief schreiben müsste, der doch länger ist, als es mir zu Anfang vorgekommen war, würde ich jede einzelne Frage mit bedacht beantworten. Auf die meisten Fragen würde mir spontan nicht mal eine Frage einfallen. Nur auf die eine, entscheidende Frage, die ich mir selbst auch nur zu lange gestellt habe. Meine Antwort wäre nur zu einfach. Schweigend liege ich auf meinem Bett, in meinem Zimmer, welches seines war. Ich habe es für mich beansprucht, weil es so sehr nach ihm duftet, weil ich ihn hier am besten fühlen kann. Hier habe ich das Gefühl, er stünde an meiner Seite. Leise, kaum hörbar, murmele ich seinen Namen. Leise, fast tonlos, beantworte ich seine Frage, unsere gegenseitige Frage. “Auch ich, Aishen, bin dazu in der Lage, für dich dieses Gefühl aufzubringen, dass die Menschen als Liebe bezeichnen. Auch ich kann dich lieben, einen kleinen Dämonen, ein Wesen der Art, der auch ich angehöre. Ja, Aishen, ich liebe dich. Und ich werde dich nie vergessen, nicht mehr, bis in alle Ewigkeiten. Das schwöre ich dir, Aishen, so wahr du mir deine Liebe bewiesen hast.” ~~~~~~ Nachwort: Ja, der Epilog ist aus Grimmjows Sicht geschrieben. Ja, er ist das längste Kapitel. Und ja, ich habe mir Mühe gegeben, dieser FF einen gebührenden Abschluss zu geben. Anfangs hätte ich nicht gedacht, dass ich es wirklich schaffe, diese Geschichte zu einem Ende zu bringen, weil ich es nie schaffe, ein passendes Ende zu finden. Vielleicht habe ich es in diesem Fall nur geschafft, weil ich diese Geschichte nicht aus Freude heraus geschrieben habe. Nun, ich hoffe natürlich, dass diese Geschichte ihre Leser gefunden hat. Bis zu meiner nächsten FF! Libe Grüße, Kirihara_Kayare Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)