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Ane Namida

Tränen können getrocknet werden
von

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Prolog

Die Nacht war kalt und stürmisch, als Namida ihr Kind zur Welt brachte. Es war seltsam für eine Sommernacht, dass es so kalt und dunkel war. Das Meer brauste alle paar Sekunden gegen die Klippen des Yama Satori, die sich mit den Jahrhunderten gebildet hatten. Aus einem kleinen Raum der Eien Akademie drang schales Licht aus der leicht geöffneten Tür. Keuchend lag das junge Mädchen im Bett und krallte sich immer noch in den Laken fest. Eine ältere Frau umwickelte das Neugeborene mit einem weißen Tuch und gab es Namida.

„Hier, meine Kleine, es ist ein gesundes Mädchen geworden. Ich gratuliere.“

Namida sah sich das kleine Geschöpf an und dachte an die Zeit, die vor ihr lag und die jetzt kommen würde. Alles hatte sich zum Negativen gewendet. Doch mit der Kleinen konnte sie von vorn anfangen. Hier in der Akademie, mit dem Sensei und mit den ganzen Schülern. Sensei Iwa betrat den Raum und setzte sich an die Bettkante. Sein Gesicht schien jetzt noch älter geworden zu sein. Hatte er sich Sorgen gemacht? Dabei wusste er doch am besten, dass sie kräftig genug war.

„Wie geht es dir, Namida-chan?“

„Ach, Sensei, ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer wird ein Kind zu gebären. Vielleicht hab ich mich überschätzt.“

„Vielleicht hast du dir auch nur zu viele Sorgen gemacht. Du siehst sehr müde aus. Schlaf jetzt etwas und wenn du wieder erwachst, ist alles wieder in Ordnung. Das verspreche ich dir.“

Namida nickte und Sensei Iwa stand auf, um zur Tür zu gehen. Bevor er jedoch den Raum verließ, drehte er sich noch mal um.

„Wie willst du die Kleine eigentlich nennen?“

„Ich nenn sie Kokoro.“

Der Sensei nickte und schloss die Tür hinter sich. Bedächtig ging er auf den Hof von insgesamt sieben Höfen. Trotz des Sturmes stellte er sich in die Mitte und sah gen Himmel auf. Ein leiser Verdacht, dass heute noch etwas passieren würde, huschte in seinen Gedanken hin und her. Wenn sich doch endlich alles zum Guten wende würde. Allein schon um Namidas Willen. Das Mädchen hatte viel durchmachen müssen. Und jetzt würde es sicherlich ebenso schwer werden wie vorher. Sensei Iwas Blick schweifte nochmals über den Hof, auf dem Namida unzählige Male als kleines Kind trainiert hatte. Und dann wurde es plötzlich still und schwarz wie die Nacht…

Die Ereignisse beginnen

Alannah wachte auf. Der Wecker hatte sie geweckt, denn es war Zeit aufzustehen. Sie wollte nicht in die Schule. Es waren nur noch wenige Wochen bis zu den Prüfungen und die Lehrer drehten jetzt schon durch. Das Mädchen kratzte sich am Kopf. Ihre Haare waren wieder schnell gewachsen. Sie musste dringend zum Friseur. Ihre Mutter stürmte ins Zimmer und wirbelte um sich.

„Jetzt steh schon auf! Die Schule beginnt in einer Stunde. Wie immer hat die Dame die Arschruhe weg!“

Alannah rieb sich die Augen. Kaum wach, schon kam gleich ein Donnerwetter. Es wird Zeit, dass sie hier raus kam. Als die Mutter endlich draußen war, stand Alannah auf und ging ins Bad. Warum hatte bisher keiner begriffen, dass sie ihre Ruhe brauchte, wenn sie morgens aufstand. Das war doch seit Jahren so gewesen und wird auch in Zukunft bleiben. Es hieß dann gleich immer, diese Ruhe hätte sie von ihrem Vater. Dabei kannte Alannah nicht wirklich ihren Vater. Er starb bei einem Autounfall. Jedenfalls wurde ihr das immer erzählt. Sie putzte sich die Zähne und erledigte den Rest der morgendlichen Routine. Leise schnappte sie sich einen Apfel vom Wohnzimmertisch und knallte dann die Haustür hinter sich zu. Einmal in ihrer noch Schulzeit mal in Ruhe gelassen zu werden … wann würde das wohl kommen? Lange hatten die Eltern dazu nicht mehr Zeit.

Draußen war es wie immer sehr mild. Das Mädchen zog sich ihre Jacke enger um den Körper. Sie war das Klima von Kilmurvy gewohnt. Kilmurvy war eine Stadt der Aran Inseln von Irland. Es war sehr schön hier, doch Alannah wollte weg. Ihre Umwelt gefiel ihr einfach nicht mehr. Jeder ging ihr zurzeit auf die Nerven. Das lag wohl daran, dass sie keine Lust mehr hatte zu lernen und sich auch gerne mit Lehrern anlegte. Doch wenn sie das alles hinter sich brachte, konnte sie von vorn beginnen. Auch wenn sie keinen hohen Abschluss erreichte, konnte sie die Ausbildung machen, die man ihr angeboten hatte. In einer großen Firma, die mit Export von Textilware zu tun hatte, konnte sie zur geprüften Textilfachkauffrau ausgebildet werden und später aufsteigen. Man hatte ihr schon alles genauestens erklärt, was sie alles lernen würde. Doch bevor die drei Jahre anfingen, musste sie noch die Schule besuchen, an der sich nach zehn Minuten ankam.

(…)

Sieben Monate waren bereits vergangen, nachdem Alannah ihre letzte Prüfung vermasselt hatte und ihre Eltern waren immer noch ziemlich nachtragend gewesen. Zum Glück lebte sie jetzt in Oghil. Ihre Ausbildung hatte bereits angefangen und sie fühlte sich sichtlich wohl in ihrer neuen Umgebung. Mochte wohl daran liegen, dass ihre neuen Freunde sie so akzeptierten, wie sie war und dass ihre Eltern recht weit weg waren. Außerdem war sie seit sieben Monaten mit Reece zusammen, der ihr das Gefühl gab etwas besonderes zu sein. Heute begleitete sie Reece zu einem Wettkampf für Kampfsportler und wollte so gleich ein paar Leute kennenlernen, die vielleicht in Oghil einen Verein hatten. Interessant klang das alles schon für sie, nur ob sie die Zeit dafür auch aufbringen konnte, war ich ihr noch nicht klar. Schließlich wollte Alannah sich weiter qualifizieren, um später in ihrem Betrieb übernommen zu werden. Es gab viele Kurse, die sie deswegen besuchen wollte. Heute würde sie erst einmal sehen wollen, ob das wirklich was für sie war und natürlich wollte sie auch Reece anfeuern. Als die beiden in Kilronan an der Sporthalle ankamen, wo alles stattfinden sollte, wartete bereits der Kampfsportverein von Reece auf die beiden. Der Trainer strahlte übers ganze Gesicht, da er sich sehr zuversichtlich sah heute viele Pokale mitzunehmen.

„Hallo, hallo, da seid ihr ja. Ich hab dich schon mit angemeldet, Reece. Ihr müsst euch alle jetzt bloß noch umziehen und dann geht das auch schon bald los. Und schon aufgeregt den großen Reece zu sehen, Alannah?“, fragte Sean, der Trainer.

„Solange er am Ende nicht vom Sanitäter hinausgetragen wird, bin ich gespannt, was er zu zeigen hat.“

Reece zog sie an sich.

„Keine Sorge, heute Abend bin ich sicherlich wieder fit“, sagte er und grinste.

„Das wollen wir jetzt nicht weiter ausweiten. Zieht euch um, ich werde mit Alannah und den Eltern der Kids schon mal einen Platz suchen, wo ihr nachher eure Taschen mit abstellen könnt.“

Reece zwinkerte Alannah zu und gab ihr einen Kuss auf den Mund.

„Benimm dich, während ich weg bin.“

„Immer doch“, meinte sie und grinste frech.

Sean, Alannah und die Eltern gingen in die Halle, wo schon einige Trainer mit ihren Schülern sich tummelten. Einige wärmten sich auf, andere wiederum unterhielten sich oder bekamen noch Anweisungen von ihren Trainern. Auch die Prüfungskommission hatte sich schon in der großen Halle versammelt. Die Prüfer waren Trainer von dem Verein, der das ganze heute organisiert hatte. Sie waren in schwarzen Hosen und weißen Hemden gekleidet. Vier Felder waren gekennzeichnet, wo die Kämpfer ihr Können zeigen konnten. Sean zeigte auf ein paar freie Plätze und verabschiedete sich gleich, da er einen alten Bekannten von sich entdeckt hatte. Nun stand Alannah allein und wusste nicht, was sie machen sollte. Schließlich kannte sie niemanden hier wirklich. So sah sich das Mädchen etwas um, um sich die anderen Kämpfer anzuschauen. Seltsam war, dass es nicht nur welche ein weißen Kampfanzügen gab, sondern es gab auch welche, die komplett in schwarz waren. Andere wiederum hatten schwarze Hosen und weiße Jacken an. Daraus schloss Alannah, dass es bei jeder Kampfsportart anders war.

Als sie sich umdrehte und zu den Plätzen gehen wollte, prallte sie gegen jemanden und strauchelte etwas. Eine Hand griff nach dem Mädchen und verhinderte, dass es fiel.

„Alles klar bei dir?“, fragte eine junge Männerstimme.

Alannah sah auf und blickte zu einem zwei Meter großen Richter. Er hatte langes schwarzes Haar, was zu einem Zopf geflochten war. Wahrscheinlich stammte seine Familie aus dem asiatischen Raum, da er wie ein Japaner oder Chinese aussah. Er lächelte leicht und half Alannah wieder richtig zu stehen.

„Ja, alles klar soweit. Sie sind vielleicht groß.“

Er lächelte verschmitzt.

„Dabei sind meine Eltern eher klein. Sag mal, hast du dich eigentlich schon eingetragen?“

Alannah hob eine Augenbraue, da sie nicht wusste, ob er scherzte oder es ernst meinte.

„Ich mache nicht mit. Ich bin nur Zuschauer. Der Verein meines Freundes tritt hier ebenfalls mit an.“

„Ach so, ich dachte, du machst hier auch mit. Du siehst nämlich aus wie eine Kämpferin. Ich bin übrigens Shin.“

„Ich bin Alannah, freut mich dich kennenzulernen. Du bist hier also Richter, wie ich richtig sehe. Welchen Gürtel hast du denn?“

„Kennst du dich denn etwas mit den Graden aus?“, fragte Shin.

„Naja, etwas. Aber ich hab gehört, dass es bei einigen Vereinen anders ist.“

„Nun, wo ich bin, das nennt sich Shorinji Kempo. Das ist eine Art Kung Fu, eben nur die japanische Variante.“

„Dann stammst du also aus Japan?“, wollte Alannah wissen.

„Geboren ja, aber ich bin dann mit einem Jahr hier her nach Irland gezogen. Jedenfalls gibt es bei uns auch Gürtel wie in den meisten Kampfsportarten, die du vielleicht kennst.“

„Nicht viele“, gestand das Mädchen und lächelte leicht, „Mein Freund macht Shaolin Kung Fu und das stammt ja aus China, soweit man mir das erklärt hat. Naja, ansonsten Karate, Judo und das war es auch schon.“

„Jetzt kennst du auch japanisches Kung Fu. Ist so ähnlich wie chinesisches, aber doch noch etwas anders. Ich würde dir das jetzt gern erklären, aber da ich gleich gebraucht werde, müssen wir das auf die Pause verschieben oder wenn ich nicht mehr gebraucht werde. Einverstanden?“

Alannah nickte und hob die Hand zum Abschied. Da wurde sie auch schon von hinten umarmt. Reece und die anderen hatten sich umgezogen und warteten, dass sie sich aufstellen konnten.

„Na, musstest du lange warten?“

„Nein, ich hab mich nett unterhalten.“

„Hab ich gesehen. Wer war das eigentlich?“, fragte Reece neugierig.

„Das war nur ein Richter, Shin ist sein Name.“

„Das das ein Richter war, konnte ich selber sehen. Aber wieso hast du mit ihm gesprochen?“

Alannah rollte mit den Augen.

„Ich bin gegen ihn gelaufen und er fragte mich, weshalb ich mich noch nicht eingetragen hatte. Naja, dann kamen wir eben ins Gespräch. Wenn Shin Zeit hat, will Shin mir auch den Unterschied zwischen japanisches und chinesisches Kung Fu erklären. Da er bei Shorinji Kempo dabei ist, wollte er mir gleich die Graduierung erklären, aber…“

„Seid wohl schon dicke?“

Alannah sah ihn zornig an.

„Kannst du mal damit aufhören?“

Reece grinste jetzt breit und nahm sie in seine Arme.

„Kleiner Scherz von mir. Ich kenn Shin schon von den letzten Malen und hab ihn gesagt, er soll sich ein wenig um dich kümmern, wenn er kann und ich grad zu tun habe.“

Dem Mädchen stockte der Atem. Hatte Reece sie gerade verarscht?

„Du …“

„Na, was?“, sagte Reece grinsend.

Alannah sah ihn kurz wütend an und boxte ihn gegen seine Schulter. Sie mochte es gar nicht, wenn er auf eifersüchtig tat, obwohl er es gar nicht war.

„Mach das nie wieder!“

Sie stand auf und ging woanders hin. Im Moment war es ihr egal, wen sie hier kannte und wen nicht. Seltsamerweise lachte sie danach immer, wenn Reece sich einen Scherz erlaubte, aber jetzt war sie einfach nur wütend auf ihn. Er kam hinter her geeilt und packte sie am Arm.

„Was ist denn los mit dir? Du bist doch sonst nicht so drauf. Hast du deine Tage oder weshalb bist du jetzt so stinkig auf mich?“

„Weiß ich auch nicht. Geh lieber zu den anderen, ihr müsst euch gleich aufstellen. Vielleicht hab ich mich dann auch beruhigt.“

Einen kurzen Moment blieb er noch stehen, doch dann rief Sean ihm zu, er solle sich mit den anderen zur Begrüßung aufstellen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging Alannahs Freund zu seinem Verein und ließ sie stehen. Das war ihr recht.

Die Veranstaltung wurde durch den derzeitigen Leiter des Shorinji Kempo in Irland eröffnet, Takana Isamu. Er begrüßte jeden Verein einzeln und stellte die heutigen Richter und Helfer vor. Bei Shin fiel ihr auf, dass er eine Ähnlichkeit mit dem Leiter Takana hatte. Waren beide verwandt oder nur reiner Zufall? Das würde sie später Shin fragen. Jetzt wollte sie sich erst einmal beruhigen und ging deshalb raus zu den Mädchentoiletten. Sie spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und sah in den Spiegel. Heute stimmte irgendetwas nicht mir ihr, aber warum? Je länger sie sich im Spiegel betrachtete, desto häufiger fiel ihr auf, dass ein rotes Licht in ihren Augen öfters blinkte. Sie blinzelte, dann war es plötzlich weg. Alannah sah sich um. Hier war nichts, was auf einen Laser deutete oder was rotes Licht von sich gab. Vielleicht war es auch nur eine Sinnestäuschung. Was anderes konnte sie sich nicht erklären. Mit langsamen Schritten ging sie raus auf den Flur und wurde angerempelt von einem gleichgroßen jungen Mann mit schwarzen kurzen Haaren.

„Pass doch auf, du dumme Gans!“, giftete er sie an.

Doch dann sah er genauer hin und grinste. Er trug keinen normalen Kampfanzug, sondern eher etwas wie eine Uniform. Wollte der etwa auch mitmachen? Und warum grinste er sie an?

„Tut mir leid, ich habe nicht aufgepasst“, meinte er dann und schritt an ihr vorbei.

Alannah war verwirrt. Zum zweiten Mal stieß sie mit jemandem zusammen, obwohl der zweite ihr sehr unsympathisch wirkte. Seufzend ging sie zu den Plätzen, die sie vorher mit Sean und den Eltern reserviert hatte. Von Reece war nichts zu sehen. Vielleicht wärmte er sich gerade auf. Von den anderen sah sie auch niemanden. Die Teilnehmer hatten sich in den ersten Gruppen aufgestellt und wurden von den Richtern belehrt, auf was es ihnen ankam und was sie erwarteten. Die Kleinen waren ganz aufgeregt und Alannah musste schmunzeln. Die älteren Teilnehmer sahen zwar etwas gelassener aus. Das Mädchen stand auf und ging Reece suchen. Wäre sie doch lieber nicht mitgekommen. Sie fühlte sich hier unter den ganzen Senseis und den Kämpfern total verloren. Sie war keine von ihnen. Alannah seufzte tief. Vielleicht sollte sie von hier verschwinden, sich in den nächsten Bus setzen und nach Hause fahren. Sie suchte sich eine Ecke, wo niemand sie sehen konnte und stellte sich dort hin.

„Hey, Kleine, was machst du hier alleine?“

Der Typ, nicht Shin, der sie angerempelt hatte, stand vor ihr und grinste sie fies an. Er stützte sich mit einer Hand neben ihrem Kopf ab.

„Verschwinde! Ich kenne dich nicht und sympathisch bist du erst nicht. Also, hau ab!“, sagte Alannah und wollte zur Seite gehen, doch dieser Typ hielt sie fest.

„Du bleibst schön hier, wenn ich mit dir reden will, Kleine.“

Alannah sah ihn wütend an. Leicht übte er Druck aus und ihr Handgelenk schmerzte, doch anmerken ließ sie sich noch nichts. Erst als der Schmerz unerträglich war, schrie sie auf und sackte zu Boden. Was wollte er nur von ihr? Sie hatte ihm nichts getan. Doch dann überkam sie eine grenzenlose Wut. Sie sah ihn von unten an und Zorn blitzte in ihren Augen auf. Kurz bevor Shin dazu kam, holte Alannah aus und schlug dem Fremden mitten in den Magen. Er ließ Alannah los, taumelte und fiel zu Boden. Shin bemerkte noch ein kurzes rotes Aufblitzen in ihren Augen. Das Mädchen schüttelte ihren Kopf und bemerkte erst dann, was sie getan hatte. Verwirrt sah sie den fremden Mann an, der sich auf dem Boden krümmte. Sie sah zu Shin, der sich zu ihr gebeugt hatte.

„Alles in Ordnung, Alannah?“

Auch andere Richter und Kämpfer kamen jetzt, um zu schauen, was passiert war. Reece drängelte sich vor und blieb geschockt stehen. Vor ihm hockte Alannah und sah zu dem auf dem Boden kauernden Mann. Shin hatte eine Hand auf ihre Schulter gelegt. Sie weinte. Er beugte sich runter zu Alannah und Shin machte Platz, damit Reece seine Freundin in den Arm nehmen konnte.

„Hey, alles in Ordnung. Ich bin hier. Was ist passiert?“

Alannah sah ihn nicht an.

„I-ich stand hier und wollte von hier aus euch zusehen. Und d-dann kam er und wollte mit mir reden, aber ich wollte nicht mit ihm reden. Als er mir dann weh tat, hab ich geschrien und dann zugeschlagen. Ich hab solch eine Wut gespürt. Ich hatte Angst vor mir selber…“

„Jetzt ist alles okay“, sagte Reece und sah zu dem Mann, der seine Freundin belästigt hatte.

Dieser wurde gerade von Shin hochgezogen und zusammengeschrien.

„Was fällt dir ein?! Du bist disqualifiziert!“

Plötzlich erschien ein seltsamer Mann auf der Bildfläche. Er hatte sich den Kopf glatt rasiert und lächelte leicht. Seine Uniform sah so ähnlich aus wie die von dem Mann, der Alannah zu nahe kam. Sie blickte ihn an und ein Schauer lief ihr über den Rücken.

„Mao, du solltest deinen Schülern beibringen sich respektvoll gegenüber anderen zu verhalten“, meinte Shin und warf den jungen Mann zu Maos Füßen.

„Ich entschuldige mich für das Fehlverhalten meines Schülers“, sagte Mao und verbeugte sich vor Alannah, die ihn skeptisch ansah, „Wie ich bereits mitbekommen habe, habt ihr ihn disqualifiziert. Das ist eine gerechte Strafe für ihn. Takeru, geh und zieh dich um. Über den weiteren Verlauf deiner Karriere werden wir später reden. Geh mir aus den Augen!“

Takeru rappelte sich auf und verschwand wankend. Mao wendete sich nochmals an Alannah.

„Es tut mir nochmals sehr leid, was passiert ist. Ich hoffe, bei dir ist alles in Ordnung. Nun, ich muss jetzt wieder zu meinen Schülern. Erhol dich gut.“

Damit verschwand er und Reece half Alannah aufzustehen. Shin unterhielt sich kurz mit Takana Isamu, dann drehten sie sich um und gingen weg. Alannah hatte ein ungutes Gefühl. Nicht nur, was die Sache mit diesem Takeru und Mao betraf. Reece begleitete sie zu den Sitzplätzen der Eltern, wo Sean und die Eltern warteten. Als Sean die verstörte Alannah sah, fragte er sofort nach, was passiert sei. Die Eltern sahen auch besorgt aus.

„Einer der Teilnehmer kam Alannah zu nahe und sie hat ihn dann geschlagen“, sagte Reece, „Hast du etwas Eis für ihre Hand?“

Sean sah in einer kleinen Kühltasche nach, wo er Salben und Verbandszeug aufbewahrte, wenn sich seine Schüler doch mal verletzen sollten. Er gab Alannah dann einen Kühlakku.

„Hier, kleine Kämpferin“, meinte er grinsend.

Alannah sah auf und musste leicht lächeln. Reese setzte sich neben sie.

„Du, ich hab noch Zeit. Solange bleib ich bei dir. Schaust du mir nachher zu, wenn ich dran bin?“

„Warum sollte ich nicht? Ich bin doch nur hier, um dich in Aktion zu sehen.“

„Richtige Antwort“, meinte er und grinste.

Er legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.

„Geht es dir denn jetzt etwas besser?“

„Ja, etwas. Ich weiß gar nicht, was der von mir wollte. Ich kannte ihn nicht.“

„Vielleicht hat er dich auch nur verwechselt. Du hast doch mal gesagt, es gibt manche Mädels, die sehen dir ziemlich ähnlich.“

„Ja, schon, aber … ich weiß nicht. Dann muss ja dieses andere Mädchen ihn ziemlich verärgert haben.“

Reece gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn.

„Mach dir jetzt darüber keine Gedanken mehr.“

„Hm, du hast recht. Komm, wir schauen uns an, was eure Kleinen können.“

„Meinst du, du kannst wieder sicher stehen?“, fragte Reece besorgt.

„Natürlich“, sagte Alannah und stupste mit dem Finger seine Nasenspitze an, „So schnell kriegt man mich nicht klein.“

Beide standen auf und gingen zu dem ersten Feld, wo gerade einer der Kleinen von Reece seinem Verein sein können zeigte.
 

Etwas weiter weg standen Shin und Takana Isamu.

„Vater, meiner Meinung nach ist es an der Zeit, dass wir ihr ihre Erinnerungen wieder geben. Wir haben lange nach ihr gesucht und jetzt endlich gefunden. Ich habe diesen roten Blitz in ihren Augen gesehen.“

Isamu nickte.

„Ja, ich versteh dich, aber meinst du wirklich, es ist der richtige Zeitpunkt?“

„Wann sonst? Wir wissen nichts über ihr derzeitiges Leben. Wir können nur heute den Versuch starten, sie wieder zu uns zu holen. Mao ist nicht umsonst hier. Und das Takeru Alannah angegriffen hat, wundert mich nicht. Da sie nicht weiß, wer sie wirklich ist, wäre sie ein leichtes Ziel. Doch anscheinend wirkt das Gift nicht mehr so stark. Erinnere dich an das rote Funkeln in ihren Augen. Wir haben eine Chance.“

„Nun, gut. Dann soll es also heute passieren. Aber sei vorsichtig. Verliert sie zu viel Blut, stirbt sie.“

Isamu gab Shin einen kleinen Dolch.

„Die Kugel, welche das Gift ausströmen lässt, sitzt über ihrem Magen. Du musst ungefähr drei Zentimeter unterhalb des Brustbeines zustehen und die Kugel direkt treffen. Triffst du sie nicht beim ersten Stoß, stirbt Alannah. Dieser Dolch ist dazu geschaffen, um die Kugel zu entfernen. Aber warte noch, bis die Kleinen fertig sind. Reece muss beschäftigt sein.“

„Habe verstanden, Vater.“



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