Peking von Shinosuke ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Wir hatten den ganzen Sommer zusammen verbracht. Kaum ein Tag war vergangen, an dem er mich nicht vor meiner Tür erwartet hatte. Mit diesem traumhaften Lächeln… Sogar jetzt noch, wo ich ganz allein im Schatten der Menge stand, sah ich ihn so vor mir und konnte nicht glauben, dass es vorbei war. Um mich herum wuselten die Menschen durcheinander. Viele zogen Koffer hinter sich her und blickten immer wieder unsicher auf die Tickets in ihren Händen. Das Gebäude war aber auch unübersichtlich… Über den geschäftigen Lärm, der die Halle erfüllte, erhob sich eine undeutlich verzerrte Frauenstimme: „Letzter Aufruf für den Flug 703 nach Beijing.“ Diese monotone Durchsage versetzte mir einen Stich. Peking war so unglaublich weit weg! Wieso musste er ausgerechnet ans andere Ende der Welt ziehen?! Wie sollte er mich denn von dort aus jeden Morgen abholen? Mit seinem warmen, verschmitzten Lächeln. Ich hob den Kopf und sah in seine funkelnden Augen. Das strahlende Himmelblau, das auf mich herabsah, entlockte mir ein trauriges Lächeln. Er saß längst im Flieger. Als ich mir diese Tatsache bewusst machte, verblasste die vertraute Gestalt vor mir und verschwand wie Rauch, als ein Mann mit Aktentasche sie durchschritt. Voller Sehnsucht folgte ich den Fetzen meiner Erinnerung mit den Augen und ließ den Blick wieder sinken. Kurz atmete ich durch, dann lenkte ich meine Schritte Richtung Ausgang. Oft wurde ich angerempelt oder war jemandem im Weg, aber die vielsprachigen Beschwerden kümmerten mich nicht. In der automatischen Glastür des Flughafengebäudes blieb ich noch einmal kurz stehen und drehte mich um. Meine Blicke glitten suchend und mit verstohlener Hoffnung über die bewegte Menge, ehe ich mich mit einem Seufzen abwandte. Natürlich kam er mir nicht nach. Er saß doch längst im Flieger… Als ich auf den überdachten Platz trat, fröstelte ich und zog meine Jacke zu. Es war schon spät und ziemlich kalt. Die Arme eng um den Körper geschlungen lief ich über die Bahnen für Busse und Taxen, bis ich aus der Überdachung unter den freien Himmel trat. Ich sah gerade noch, wie die hellen Lichter des Flugzeuges sich in den tiefschwarzen Nachthimmel erhoben. Ein Zittern ging durch meinen Körper, das nichts mit der nächtlichen Kälte zu tun hatte und während ich zusah, wie die Maschine von der Nacht verschlungen wurde, lief die erste Träne über meine Wange. Mein mp3-Player sprang um und ein vertrautes Lied erklang. Nach einem traurigen Klavierintro, begann eine Frauenstimme, zu singen: „Could we pretend that airplanes in the night sky are like shooting stars? I could really use a wish right now, wish right now, wish right now…“ Jemand hinter mir rief meinen Namen und ich wirbelte herum. Da war er und lief auf mich zu! Ohne zu zögern rannte ich auf ihn zu und warf mich in seine Arme. Er hielt mich fest und drückte mich an sich. „Ich konnte es nicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)