Unsterblich von Flordelis (My Immortal ~ Eternal Chronicles) ================================================================================ Kapitel 3: Ungutes Wiedersehen ------------------------------ Satt und zufrieden saß Leana derweil im Fischerdorf und lauschte aufmerksam und hauptsächlich schweigend den Geschichten, die ihr erzählt wurden. So hatte sie erfahren, dass sie sich tatsächlich in einer Welt befand, die dem feudalistischen Japan von Nozomus Heimat glich. Genauer hielt sie sich gerade in der Präfektur Taimei auf, die von einer – so sagten die Fischer – wunderschönen, aber wahnsinnigen Frau geführt wurde. So soll sie nicht nur eine strategisch unkluge Burg gebaut haben, sondern auch so gut wie immer am Lächeln sein. In letzter Zeit schickte sie offenbar ihre Generäle aus, um bestimmte Schreine in der Präfektur zu untersuchen und ihnen das zu entnehmen, was sich darin befand. Worum es sich allerdings handelte, wusste niemand so genau. Isoldes Neugier war bereits geweckt, nur wo und wie sollte sie diese stillen? Selbst einen Schrein aufzusuchen und diesen aufzubrechen war wohl eher eine dumme Idee, wenngleich die effektivste Methode, die ihr einfiel. Doch würde irgendjemand anderes ihnen Auskunft erteilen, wenn sie fragen würde? Mit Zetsu wäre das sicherlich ein Kinderspiel geworden. Der Silberhaarige hatte es verstanden, andere Leute um seinen Finger zu wickeln und sie dann nach seiner Pfeife tanzen zu lassen – Leana fehlte dieser Charme leider. Also würde Isolde einen anderen Weg finden müssen. Als die Sonne unterging, endete das kleine Fest, das zu Leanas Ehren gegeben worden war, dafür wurde ihr von mehreren Seiten angeboten, im Dorf zu übernachten, was sie nach Isoldes Drängen schließlich auch annahm. Es konnte nicht schaden, wenn ihre Meisterin sich ausruhte und ihren Körper an den Manastrom dieser Welt anpasste, ehe sie eine richtige Stadt aufsuchten. Und vielleicht würde Isolde in der Nacht auch eine Idee kommen, wie sie mehr über das Innere der Schreine herausfand. Als Shinjuu brauchte sie immerhin keinen Schlaf. Leana dagegen schlief recht schnell ein, nachdem sie es sich in einer der kleinen Hütten in einem Futon bequem gemacht hatte. Ihre gleichmäßigen Atemzüge versicherten Isolde, dass alles in Ordnung war. Mit diesen im Ohr, blickte Isolde aus dem Fenster, von dem aus sie direkt auf den See blicken konnte. Der Halbmond spiegelte sich auf der Wasseroberfläche und vermittelte ein Gefühl von Frieden und Stille. Warum auch immer Fuu sie in diese Welt gerufen hatte, es musste etwas mit dem Inhalt der Schreine zu tun haben, da war sich Isolde sicher. Dafür musste sie nur an den Samurai denken, dessen Schwert durch Leanas Schild gebrochen war und an sein eigenes Schild, das aus Aura Photonen bestanden hatte, was normalerweise nur bei einem Shinkenträger der Fall sein konnte. Also musste es einen Shinkenträger in dieser Welt geben, der in der Lage war, den Einfluss seines Schwerts auch auf andere auszuweiten. Möglicherweise handelte es sich dabei sogar um die Präfektin, von der die Fischer gesprochen hatten. Immerhin war es ihr Samurai-General gewesen, der die Fähigkeiten angewandt hatte. Aber all das blieben Spekulationen ohne jede Grundlage, die diese stützen oder zerstören könnte. Da müsste sie schon selbst mit dieser ominösen Eos sprechen und ob das jemals geschehen würde? Während ihre Gedanken sich derart im Kreis drehten, spürte sie unwillkürlich einen eiskalten Schmerz, der durch ihren Körper zuckte und ihr für einen Moment den Atem raubte. Für einen Moment befürchtete sie, die Balance zu verlieren und umzufallen, doch ihr Körper fing sich sofort wieder. Was war das? Eine deutliche Warnung fuhr durch ihren Körper, schrillte so laut in ihrem Kopf, dass sie sich am Liebsten die Ohren zugehalten hätte. Noch nie zuvor hatte ihr Körper derart auf etwas reagiert, was konnte das nur für eine Quelle sein, von der das ausging? Das Rascheln hinter ihr verriet ihr, dass Leana aufgewacht war. „Isolde...“ Das Shinjuu fuhr herum und blickte in das fragende Gesicht ihrer Meisterin. Spürte sie das auch? 'Shoubi', das griffbereit neben Leana lag, vibrierte bereits in freudiger Erwartung, offenbar näherte sich ihnen ein machtvoller Feind. Isolde konzentrierte sich trotz der Schmerzen und des schrillen Geräuschs in ihrem Inneren auf ihre Umgebung, doch ihr eigener Körper und 'Shoubi' machten es ihr unmöglich, irgendetwas festzustellen. Ein Geräusch auf dem Dach unterbrach ihre Konzentration auch sofort. Sie sah nach oben, verfolgte die Person, die dort lief anhand ihrer Schritte und blickte dann zu Leana, die mit dem Shinken in der Hand langsam aufstand. Ihr Blick ging ebenfalls nach oben, während ihr der Schweiß über das Gesicht lief. Zwar waren ihre Gedanken für Isolde verschlossen, doch das Shinjuu konnte sich denken, dass es einiges an Anstrengung erforderte, das Shinken im Moment zu halten, ohne es direkt im Kampf zu schwingen. Dabei war 'Shoubi' normalerweise ein äußerst sanftes Schwert – was brachte es nur so sehr auf? Bevor Isolde sich weiter mit diesem Thema befassen konnte, fuhr erneut ein scharfer Schmerz durch ihren Körper. Sie fuhr herum und riss in derselben Bewegung ihren Speer hoch. Ihre Waffe zerteilte die ihr entgegenfliegende Tür als ob sie aus Wasser wäre. Dem Schwert, das allerdings direkt danach folgte, entkam sie nur, indem sie sich auflöste und an anderer Stelle wieder erschien. Sie erhaschte einen Blick auf einen in Schwarz gekleideten und vermummten Ninja, der sich nun auf Leana stürzte. Seine Klinge schnitt wie auch zuvor die des Samurai durch ihren Schutzschild und traf genau auf 'Shoubi', das in einem eigenartigen Licht zu leuchten begann, während der Angreifer versuchte, Leana niederzudrücken. Isolde sah verwirrt auf das Shinken, das etwas wie Freude auszustrahlen schien, während Leana stur in die Augen des Ninja starrte. Für einen kurzen Moment öffnete Leana ihrem Shinjuu ihre Gedanken wieder, worauf Isolde von einem Strudel aus Ärger, Wut, Sehnsucht und Überraschung gepackt wurde. Aber inmitten dieses Maelstroms konnte sie ganz deutlich das lächelnde Gesicht Zetsus ausmachen, das sich auf das des fremden Ninja legte. Bedeutet das...? Leana schloss die Verbindung wieder, schlagartig verschwanden all diese Gefühle und ließen Isolde gestrandet am Ufer der Verwirrung zurück. Allerdings ließ sie sich nicht allzuviel Zeit dort, sondern konzentrierte sich sofort auf das Schwert des Ninja. Unüblicherweise trug er kein Kurzschwert oder eine andere typische Waffe, sondern tatsächlich ein Katana, dessen Klinge einen kaum wahrnehmbaren silbernen Glanz verbreitete. Es fühlte sich nicht an wie 'Gyouten' und gleichzeitig doch, als wäre es lediglich ein kleines Stück des großen Ganzen, das verlorengegangen war. Der aufglühende Orichalcum-Name an Leanas Arm lenkte Isoldes Blick wieder auf ihre Meisterin. Sie erinnerte sich wieder an den Eternal Oath, den Leana und Zetsu abgelegt hatten und der sie selbst nach dem Tod immer wieder zusammenführen sollte, doch... Ihr Blick ging zu dem Ninja. Zwar leuchteten die fremdartigen Runen auch an seinem Arm, aber es waren wesentlich weniger als es eigentlich sein sollten als wäre nicht nur seine Klinge sondern auch sein Name und damit er selbst nicht vollständig. Aber war so etwas überhaupt möglich? Isolde hatte noch nie zuvor von einem solchen Fall gehört. Aber vielleicht geschahen selbst in Eternal-Kreisen immer wieder neue Dinge, die man noch nie zuvor gesehen hatte. „Zetsu...“, sagte Leana leise, als ob sie nicht gerade noch im erbitterten Kräfteringen mit ihm stecken würde. Isolde wollte ihr eine Warnung zurufen, ihr sagen, dass das nicht Zetsu war – doch noch im selben Moment sprang der Ninja bereits von selbst zurück. In seinem Blick konnte Isolde Verwirrung lesen, doch das Gefühlsspektrum, das sie ertasten konnte, bot ihr nur gähnende Leere und keinerlei Aussage über das, was in ihm vorging. Kaum trennten sich 'Gyouten' und 'Shoubi' voneinander, erlöschte das Glühen beider Klingen abrupt, fast schon als seien sie enttäuscht. Isolde wollte sich schützend vor Leana stellen, doch sie wagte nicht, den Blickkontakt der beiden zu unterbrechen. Fast schon kam es ihr vor als würde sie sich an der aufgeladenen Luft verbrennen, wenn sie auch nur die Hand ausstrecken würde. Doch ein Geräusch von draußen, wandte Isoldes Aufmerksamkeit auf das Fenster. Offenbar waren einige der Fischer wach geworden und wollten nun wissen, was los war. Als Isolde wieder zu Leana sah, war der Ninja bereits spurlos verschwunden, ihre Meisterin steckte mit einem deutlich verwirrten Gesichtsausdruck ihr Shinken wieder ein. „Das war... Zetsu, oder?“, fragte die Shinkenträgerin leise, anscheinend in der Hoffnung, dass Isolde ihr zustimmen würde. Doch das Shinjuu, das keine Worte fand, um vernünftig zu erklären, wer oder was er war – vor allem weil sie sich da selbst noch nicht sicher war – schwieg, so dass Leana sich selbst ihre Antwort gab. Ihr Blick ging zur Tür, durch die der Ninja hereingekommen war, sehnsuchtsvoll blickte sie in das Stück Himmel, das sie dort hindurch sehen konnte. „Ich bin mir ganz sicher. Das war er...“ Isolde wusste genau, was Leana nun wollte, auch wenn sie es nicht aussprach. „Wir werden ihn suchen“, versprach das Shinjuu. „Und dann werdet ihr wieder zusammensein.“ Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie sie einen gespaltenen Zetsu wieder vervollständigen sollte. Aber vielleicht würden sie die Antworten unterwegs bekommen – zumindest wünschte das Shinjuu sich das, während Leana bereits in einer seltsamen Traumwelt versunken schien. Vorerst aber war es nun notwendig, die Fischer zu beruhigen und Leana dann wieder zum Schlafen zu bewegen und daran machte Isolde sich auch sofort. In Burg Nakahara fand derweil jemand anderes keinen Schlaf, egal wie weit die Zeit vorrückte. Erwartungsvoll stand Eos am Fenster und starrte in die Nacht, die lediglich vom Mond, den Sternen und einigen Fackeln im Burghof erleuchtet wurde. Auf einem der Wachtürme konnte sie ebenfalls Licht sehen, das mit Sicherheit von einem wachhabenden Soldaten stammte. Vom Hof her hörte sie auch leise Stimmen von anderen Soldaten, die sich während ihrer Patrouille unterhielten. Zu wissen, dass sie von so vielen gewissenhaften Männern geschützt wurde, gab ihr ein wohltuendes Gefühl der Sicherheit, auch wenn sie überzeugt war, sich im Notfall selbst verteidigen zu können. Nicht umsonst pflegte sie ihr kostbares Schwert täglich, das wie üblich in einem Wandschränkchen eingeschlossen war, während sie es nicht brauchte. Eine Bewegung holte sie in die Realität zurück, doch noch ehe sie sich fragen konnte, was das gewesen war, spürte sie die Präsenz des Ninja mit sich im Raum. Sie wandte sich ihm zu und bemerkte verwundert, dass er auf dem Boden kniete, etwas, was er sonst nie tat. Allgemein mangelte es ihm an Respekt – und auch an Worten. Er sprach nämlich so gut wie nie, nicht einmal seinen Namen hatte er ihr verraten, weswegen sie ihm kurzerhand einfach selbst einen gegeben hatte. „Hyperion, was ist los?“ Genau wie ihr Name war das ein sehr ungewöhnlicher für das hiesige Volk, doch sie empfand ihn als äußerst passend für ihn, auch wenn sie nicht wusste, weswegen. Es war einfach... ein Gefühl. Wie erwartet antwortete er nicht, doch anhand seiner demütigen Körperhaltung ahnte sie bereits, was geschehen war. „Du hast die Fischer nicht getötet, stimmt's?“ Er neigte den Kopf ein wenig, was einer Zustimmung gleichzusetzen war. „Hast du wenigstens die ewige Rose gesehen?“, fragte sie weiter, immer noch lächelnd. Dieses Mal gab er ein zustimmendes Geräusch von sich, worauf sich Eos' Miene merklich aufhellte. „Oh, also hatte ich recht und sie kennt diesen... Zetsu?“ Es gab etwas, das Hyperion und Eos verband – und das waren wiederkehrende Träume in denen sie von den anderen Beteiligten stets Zetsu genannt wurden. Eos hatte es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, was dahintersteckte und diese Eternal war offenbar der Schlüssel dazu. „Nun gut, vergessen wir die Fischer erst einmal. Die können wir auch später noch bestrafen, wenn ich in der Stimmung dazu bin.“ Ihr fröhlicher Tonfall schien ihre ernsten Worte zu verspotten, doch sie hielt sich auch nicht lange daran auf. „Hyperion, ich möchte, dass du die Ewige Rose ab morgen beobachtest. Tu ihr nichts, lass sie nicht wissen, dass du da bist – beobachte sie einfach nur und melde mir jede ihrer Bewegungen. Zum gegebenen Zeitpunkt werde ich dir dann neue Instruktionen geben. Verstanden?“ Er reagierte zuerst nicht, weswegen sie schon ansetzte, um ihren Befehl zu wiederholen, doch schließlich neigte er doch noch den Kopf, was sie ein wenig verwunderte. Sonst musste er nicht erst über seine Befehle nachdenken. Bedeutete das nun, dass ihm dieser missfiel? Statt ihn danach zu fragen, gab sie ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er sich nun ausruhen gehen könne, was er auch sofort tat. Sie dagegen sah wieder zum Fenster hinaus, wo sich am Horizont bereits der Sonnenaufgang ankündigte. Ewige Rose~ Ich werde hinter deine Geschichte kommen und damit mein eigenes Geheimnis lüften, wart's nur ab. Sie lachte noch einmal leise, dann wandte sie sich ab, um sich einen neuen Kimono anzuziehen und den Tag zu begrüßen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)