Symphonie von ROSEofJERICHO ================================================================================ Kapitel 6: deep red ------------------- Der Gestank das modrigen Holzes hatte sich bereits in ihren Kopf gebohrt und wurde gar zu einem Bestandteil des Traumes. Wach wurde die junge Frau letztendlich dadurch, dass ihre Glieder bei jeder Bewegung unerträglich schmerzten. Sie trug deutlich sichtbare Blutergüsse an den Armen, am Oberkörper und sicherlich auch an den Beinen, welche aber von ihrer Hose bedeckt waren. Der immer noch nasse Stoff klebte an ihrer Haut und der Schlamm war fast gänzlich getrocknet als sie langsam ihre Augen öffnete. Der Boden vibrierte und deutlich waren Pferdehufe zu hören. Mai begann sich umzusehen und blickte in die Gesichter vieler sitzender und stehender Frauen und Kinder. Sie alle waren mit ihr zusammen in diesen feuchten Wagen mit Gitterfenstern gesperrt worden. Noch benommen vom Schmerz stützte sie sich auf ihren Händen ab und hievte sich auf um sich an die Wand anzulehnen. Sie hatte viel Blut verloren und fühlte sich miserabel. Ihre Haare waren schmierig und ihr Gesicht mit getrocknetem Blut verschmiert. Das starren der anderen aber war es, dass ihr momentan mehr auf die Nerven ging. Keine von ihnen war so zugerichtet wie Mai. „Habt... ihr nichts besseres vor?“, knurrte sie und vergrub den Kopf in ihren, auf den Knien abgelegten, Armen. „Können wir dir irgendwie helfen?“, fragte ein junges, vielleicht 14 jähriges, Mädchen und lief auf die Verletzte zu, welche langsam zu ihr herauf blickte. „Ich habe noch etwas Brot“, lächelte die kleine und hielt es Mai entgegen. Diese Augen. Sie erinnere sie sofort an ihren Bruder. „Yuu...ta“. Mai seufzte entmutigt, hob einen Arm, berührte die Hand ihres Gegenüber und schob diese langsam von sich weg. „Danke. Aber das solltest du besser für dich behalten“. Ihre Stimme klang leise, war kaum zu hören. „Die Prinzessin sagte, wir sollen uns zuerst um verletzte kümmern... also tu nicht so stark und iss!“, forderte sie eigensinnig und warf Mai das Brot in den Schoß, als sie auf die in der Ecke hockende junge Frau mit dem weißen Haar deutete. Mais Augen weiteten sich. „Aimi?...“. Sie lebte? Sie war hier im selben Wagen? Ihre Lippen schlossen sich nun vor Erleichterung. Jedoch war sie beschämt, als Aimi langsam den Kopf anhob und zu ihr herüber funkelte. Was sie in diesem Moment wohl dachte? Was konnte sie schon anderes empfinden außer Hass und Ablehnung? Mai spürte ein Stechen in ihrer Brust und spürte auch, wie ihr diese Situation plötzlich so unglaublich unangenehm würde. „Du könntest dich zumindest bedanken!“, ermahnte sie das junge Mädchen nun zänkisch und lief zurück zu ihrer Mum, welche sie in die Arme schloss. Aus den Gedanken gerissen nickte Mai motorisch und starrte still weiter zu Aimi herüber, welche kein Wort sagte. Sie tat eigentlich nichts. Sie lächelte nicht und verzog auch sonst nicht das Gesicht. Sie sah Mai einfach nur an. Ihr Blick änderte sich jedoch, als die Schwarzhaarige den Kontakt abbrach und zur Seite blickte. Zu ihrem erstaunen erhob Aimi sich schließlich sogar und kam langsam näher. Sie setzte sich einfach neben Mai, wo sie ausdruckslos geradeaus starrte. „Ich hätte dir sagen sollen, dass er ein Monster ist...“, flüsterte die Weißhaarige leise und schloss die Augen als sie den Kopf in den Nacken legte. Mai belächelte diese Aussage. Nein, das war nicht der passende Ausdruck für Jemanden, der so viele Menschen umgebracht und versucht hat sich an einer Frau zu vergehen. „Er hat mir gedroht meinen Vater umzubringen, wenn ich irgendwem davon erzählt hätte, dass er unsere Soldaten ausschaltet...“, erklärte sie und seufzte anschließend. Mai sagte nichts. Sie hielt die Augen weit geöffnet und starrte gen Holzdecke. „Mai?“. Die junge Prinzessin war besorgt. Obwohl Mai ihr viel zu nahe getreten war und sich ihr gegenüber kindisch aufgeführt hatte ,war Aimi besorgt um sie. „Warum bist du her gekommen? Warum hast du dich zu uns sperren lassen?... Warum bist du nicht geflohen?“. Mai schloss die Augen. Warum? Darüber hatte sie noch gar nicht wirklich nachgedacht. Es war für sie selbstverständlich die Prinzessin zu retten. Oder etwa nicht? Sie seufzte. „Er wollte mich umbringen und ich wollte dich warnen...“. Ihre Stimme klang so leise, dass nur Aimi sie hören konnte, welche aber lächelte. „Du bist schwer verletzt“. Mit diesen Worten begab sie sich auf die Knie und hockte sich vor ihr Gegenüber. Als sie aber ihre Hand hob um sich Mais Platzwunde genauer anzusehen, schob diese sie Wiedererwartens von sich weg und starrte funkelnd zu ihr auf. „Ich weiß, dass ich Mist gebaut hab und auch... dass mein Verhalten dir gegenüber falsch war.“, flüsterte sie und hustete, als sie sich den Bauch hielt. „Ich werde dich hier herausbringen... und dann von hier verschwinden“. Ihre Worte klangen zwar entschlossen, aber konnte Aimi an ihrem Blick erkennen, dass es eigentlich nicht ihr Wunsch war. „Dann bist du mich los.“ Aimi schüttelte den Kopf. Sie nahm wieder ihre ursprüngliche Sitzposition ein und wirkte nachdenklich. War es taktlos Mai darauf hin zu weisen, dass sie ohne ihren Vater völlig allein war? Sie wollte sie nicht kränken und erst recht nicht ausnutzen, aber sie brauchte ihre Hilfe. Sollte sie einfach darum bitten, ihr zu helfen, ihren Vater zu befreien? Nein, jetzt noch nicht. Sie atmete tief ein. „Der Ausblick von meiner Terrasse war unglaublich“. Aimi schwelgte in Erinnerungen. Sie wollte mehr über Mai erfahren und gleichzeitig die Angst überspielen, die ihr im Nacken saß. „Jeden Morgen kam eine ganze Schar an kleinen Vögelchen auf meine Terrasse geflogen und wartete darauf, dass ich sie füttere“, erzählte sie, sah unbestimmt in den Raum und lächelte. Mai wirkte absolut desinteressiert. Sie schloss die Augen. „Magst du Vögel?, wollte sie interessiert wissen und die Schwarzhaarige grinste augenblicklich übertrieben dreckig. „Häng´n N dran und ich sag ja“. Ihr Grinsen hielt an, zog sich in die breite - wobei sie ihre Augen geschlossen hielt. Aimi errötete und versuchte das Thema zu wechseln, tat so, als wenn sie Mai nicht verstanden hätte. „Hey... erzähl doch mal etwas über dich...“ Aimi war neugierig. „Es gibt nichts zu erzählen...“, brummte Mai leise. Ihre Mimik war wieder abgekühlt. „Warum hast du so kurzes Haar?“. Es interessierte die Prinzessin wirklich. Was? Wie kam sie denn darauf? Wen interessierte das? Konnte sie nicht einfach den Mund halten und weiter gut aussehen? Mai überlegte. „Als... das Haus meiner Eltern in Flammen unterging... Der Rauch war so scharf, er brannte in meiner Lunge. Und die Hitze... Meine Haare waren völlig verschmort und ich hab sie später mit nem Messer abgeschnitten.“, erklärte sie überraschender Weise recht ausführlich. Aimi beobachtete sie. Mai wirkte so unheimlich kühl, fast wie eine Wand aus Stein. „Wenn ich an diesem Tag nicht zufällig in der Stadt gewesen wäre, dann wäre mein Bruder jetzt auch tot... Ich habe ihn bewusstlos unter einem brennendem Holzbalken gefunden. Ich dachte, ich würde dort sterben, da das Feuer einfach überall war und... kannst du dir vorstellen wie dieser Qualm in der Lunge brennt?“. Ihre Stimme klang irgendwie traurig. Sie würdigte Aimi jedoch keines Blickes, als diese sie mitfühlend ansah. „Es tut mir Leid um deine Eltern...“. Mai grinste. „Mir tut nur meine Mum Leid. Mein Vater... er hat mich gehasst“, erzählte sie gedankenversunken. „Aber... ich denke das reicht jetzt... Wir sollten lieber versuchen hier heraus zu kommen“. Mai tastete nach der Holzwand hinter sich und erhob sich daraufhin vorsichtig und unter Schmerzen. Aimi beobachtete sie zunächst verunsichert, bis sie Mai stützte und ihr half auf die Beine zu kommen. Sie griff nach ihrem Arm und starrte danach gefesselt in Mais überraschten Blick. Die Verletzte schob sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt weiter hoch und besah Aimis zarte Hand, mit der die Prinzessin ihren Arm umfasst hatte. Sie sagte nichts. Als sie nun endlich auf den Beinen war und Aimi sie bald los lies, herrschte eine beunruhigende Stille zwischen beiden. „Danke“. Da die beiden aber noch einen Moment so verharrten und sich einfach nur ansahen, wurde die anderen Frauen im Wagen aufmerksam und begangen zu tuscheln. Aimi zog nun schnell ihre Hand zu sich und versuchte Mais durchdringenden Blick zu entfliehen. Sie hatte einen Ruf zu verteidigen. Unbewusst schüttelte sie kurz den Kopf um ihre Gedanken zu sortieren. Ihr war in diesem Moment in den Sinn zurück gerufen worden, was für ein starkes Gefühl Mai in ihr ausgelöst hatte, als die Schwarzhaarige ihr in ihrer Kutsche wieder ihrem Willen so nahe kam. Aber war das wirklich so unfreiwillig gewesen? Aimi machte sich Vorwürfe nicht richtig reagiert zu haben. Andere Frauen hätten sie sicher geschlagen, sie angeschrien oder wären völlig hysterisch geworden. Aimi nicht. Sie fühlte sich seltsam. Als wenn sie etwas schlimmes verbrochen hätte. Mai beobachtete sie immer noch. „Keine Angst... ich tue dir nichts. Halte mich von dir fern und so... Ich will nur hier heraus, dann bist du mich los“, erzählte sie fast flüsternd wobei sie dem ein leichtes Grinsen nachschob. Aimi fühlte sich ertappt und errötete leicht. Mai lief an ihr vorüber, um in der Mitte des Wagens stehen zu bleiben. „Hat irgendeine von euch eine Waffe bei sich?... egal wie groß“. Sie hatte zwar keinen konkreten Fluchtplan, aber sie wollte für den Fall einer Rast gewappnet sein. „Ich habe einen Dolch“, antwortete Aimi der Schwarzhaarigen nun bestimmt, als die anderen Frauen verunsichert den Kopf schüttelten. Mai drehte sich zu ihr herum und grinste. „Gib ihn mir.“ Aber die Prinzessin verneinte diese Aufforderung. „Du bist verletzt... das kann ich nicht Riskieren. Ich werde schon aufpassen!“. Sie schien sich ihrer Sache sicher, obwohl Mai sie nicht ernst nehmen konnte. „Ich bin nicht das Püppchen aus dem rosa Zimmer, für das du mich hältst, Mai!“, erklärte sie und lehnte sich an die Wand zurück. Die Schwarzhaarige seufzte und suchte die Wände des Wagens auf Schwachpunkte ab. Als sie keine fand, versuchte sie sich an der schweren Holztür welche sie aber nicht den kleinsten Spalt öffnen konnte – egal wie sehr sie dagegen schlug oder daran zog. Sie musste mit irgendetwas verriegelt worden sein. Mai war erschöpft und stützte sich mit den Unterarmen an der Tür ab, lehnte den Kopf dagegen und versuchte ihr viel zu schnell schlagendes Herz zu beruhigen. Ihr Gaumen war trocken und schnell verspürte sie ein zermürbendes Durstgefühl. Sie musste sich damit abfinden, sie konnte hier nicht ausbrechen. Seufzend lief sie zu Aimi zurück und lies sich neben ihr nieder. Das war reine Energieverschwendung. Wäre sie bloß sitzen geblieben. „Wenn er noch leben sollte... werde ich ihn killen...“. Schon fast spürbarer Hass lag in Mais Stimme. Sie schloss die Augen um einen Moment zu entspannen. „Es tut mir wirklich Leid...“. Aimi fühlte sich schuldig – ja, in Gewisser Weise war sie sogar verantwortlich dafür. Hätte sie ihre Angst überwunden, hätten viele Soldaten vielleicht gar nicht erst sterben müssen. Mai grinste herablassend. „Keine Sorge ich versteh schon... dein Vater ist wichtiger als das Leben vieler Soldaten... und erstecht wichtiger als das Leben dieser schwarzhaarigen L...“ - „Nein! Das kannst du nicht sagen! So ist es nicht....“, unterbrach Aimi sie. Mais Augen schlossen sich zu einem Spalt. Ihr Blick war kalt, noch kälter als sonst. „Wie ist es dann?... Ich weiß das ich dir egal bin... aber warum die anderen? Viele dieser Soldaten und Kämpfer waren unsere Freunde... Darunter Kaitos bester Freund und dessen Bruder!“, Mai war außer sich. Sie beugte sich vor, stieß Aimi unsanft gegen die feuchte Holzwand und schüttelte diese mit abnehmender Stärke. „Du bist grausam!...“, Mai atmete schwer. „Hörst du?... und dumm!- du Verräterin!“, sie hob die Hand, wollte am liebsten einfach zuschlagen – zog sie dann aber wieder zurück und kämpfte mit ihrer Wut. „Gib mir den Dolch... bevor du...noch mehr Scheiße baust...“, wütend hielt sie sich den Kopf und beugte sich daraufhin verzweifelt nach vorn über. Aimi regte sich nicht, in ihren Augen standen die Tränen und sie zitterte, war wie weg getreten. „Oh Gott... du kannst dir nicht vorstellen was manche von uns durch gemacht haben... Mein kleiner Bruder besonders...Wir haben jeden Tag noch härter trainiert und ich hatte deine Sippe immer von einem Baum aus im Blick“, fauchte sie als sie nun langsam zu Aimi aufsah, welche sie einfach nur mit weit geöffneten Augen anstarrte. „Mai...“, hauchte die Prinzessin kopfschüttelnd um sich zu verteidigen. „Was habe ich... getan?“. Aimi wusste nicht wie sie reagieren sollte. Was hatte sie dem entgegen zu setzen? Warum war sie so blind? Oder war sie bloß kaltherzig? Wie konnte sie wegsehen und in kauf nehmen, dass Tadashi immer weiter mordete? Immerhin war es doch logisch, dass er ihren Vater früher oder später umgebracht hätte. Mai wartete fassungslos auf eine Reaktion ihres Gegenüber. Sie lies den Kopf hängen und biss sich auf die Unterlippe, seufzte schwer. Alles was sie nun spürte war pure Enttäuschung, Wut und Verzweiflung. „Du bist eine Verräterin...“, hauchte die Verletzte leise, wobei sie langsam ihren Kopf wieder anhob um Aimi zornfunkelnd anzustarren. Mit vor Wut verzerrtem Gesicht drehte Mai sich weg um sich zu beruhigen. Sie wollte nichts lieber als weg von hier. Zurück zu ihrem Bruder und Kaito, ohne den sie nun tot wäre. Sie biss die Zähne zusammen, immer fester – so das es fast schmerzte. Aimi fror, auf ihrem Körper lag eine Gänsehaut. Sie zitterte sogar leicht. Fühlte sich vollkommen fehl am Platz. Wie konnte sie das nur wieder gut machen? Ihr Herz schlug unregelmäßig, sie war indirekt für so viele Morde verantwortlich... Sie war dumm. Dieser Vorwurf hallte immer und immer wieder in ihrem Kopf. Als wenn Mai es immer noch rufen würde. „Du... bist dafür verantwortlich, dass mein Mann gestorben ist?“. Die verzweifelt drein blickende Frau der diese Stimme gehörte, trat nun langsam vor. Sie konnte nicht fassen was ihre Prinzessin getan haben soll. „Und... mein Sohn“. Sie schüttelte niedergeschlagen den Kopf. Um sie herum wurde getuschelt. Die Frauen wurden lauter, aufgebrachter – nervös und wütend. „Wegen dir sind meine Brüder gestorben? Wir wären dir überall hin gefolgt!... Einer Verräterin?“. Immer und immer mehrere der aufgebrachten Frauen meldeten sich zu Wort und Mai sah zu ihnen auf. „Wir haben dir vertraut!“. Wut lag in der Luft und Aimi schüttelte fassungslos den Kopf. Sie wollte nicht wahr haben, dass das hier gerade wirklich passierte. „Es... tut mir Leid!“. Sie drückte sich immer weiter an die Wand, als die anderen langsam näher kamen und sie bedrohten. „Was haben wir schon noch zu verlieren?! Du solltest dafür bezahlen!“, rief eine der Frauen aus der Menge hervor. „Nein!“. Aimi zog ihren Dolch und hielt ihn vor sich. „Nein, das wollte ich nicht! Ihr müsst mir glauben!“. Sie atmete schneller, wurde hektisch und spürte wie das schlagen ihres Herzens bald auch in ihrem Hals pulsierte. Mai sah zu ihr auf, stellte sich schützend vor sie und wendete ihr den Rücken zu. „Lasst eure Finger von ihr... Sie ist bloß ein verängstigtes kleines Kind... mehr nicht“. Aimi spürte wie angespannt sie war. Wie sie innerlich zu zittern schien. Mai war kein Gegner für all diese Frauen, nicht in ihrem Zustand. Nicht wo sie so geschwächt war. Und dennoch - schützte sie die Prinzessin. Die Weißhaarige atmete auf. „Wenn sie hier Jemand killt, dann bin ich das! Habt ihr das kapiert?!“. Aimi lächelte verunsichert – ein Scherz! – Mai musste Scherzen. Die junge Kämpferin stand direkt vor ihr, wurde von den anderen immer weiter zurück gedrängt, konnte Aimis Atem schon fast spüren – als plötzlich der Wagen anhielt. Er stoppte so abrupt, dass Mai fast nach vorn gestürzt wäre. Als die junge Frau wieder festen Stand hatte, machte sie den anderen mit einer Geste klar, dass sie ruhig sein sollten. Sie wollte horchen was vor dem Wagen vor sich ging. Das war ihre Chance. Wenn sie fliehen konnten, dann jetzt! Schnell drehte sie sich um, entwendete Aimi flink den Dolch und zog diese mit sich zum Ausgang des Karren. Die junge Prinzessin fühlte sich unwohl – wurde sie doch von solch vielen Frauen beobachtet welche keinerlei Sympathie mehr für sie empfanden. „Bewegt euch nicht und haltet den Mund!“, forderte Mai als sie Aimi gegen die Tür presste und ihr den Mund zu hielt. In der anderen Hand hielt sie den Dolch. Wenn einer der Feinde jetzt den Karren öffnete, wäre das DIE Chance. Aimi beobachtete Mai ohne Gegenwehr, starrte in ihre schönen, klaren, grünen Augen. Schon wieder war sie ihr so nahe. Ob sie das absichtlich tat? Vielleicht wollte sie so ihre Sinne benebeln? Jedenfalls, klappte es. Aimi konnte sich nicht wehren. Auch wenn Mai sie so kalt anstarrte und nicht sagte, was sie nun vor hatte. Sie vertraute ihr. Mai würde ihr nichts antun, würde nicht zulassen, dass ihr etwas passierte. Sie war nicht der Eisklotz der sie zu sein versuchte. Der Moment zog sich in die Länge. Die Stille wurde immer lauter und die Anspannung war bald kaum noch zu ertragen. Es ging um Leben und Tod. Wenn Mai jetzt gleich einen Fehler beging – dann würde sie sterben. Das war ihr klar, das war allen klar. Mai atmete schwer, ihr Herz raste. Ihre Hand zitterte leicht und die Konzentration viel ihr schwer. Sie schloss verunsichert ihre Augen um sich völlig auf das Geschehen vor dem Wagen zu konzentrieren. Hören konnte sie dort einige Männer, vermutlich die feindlichen Soldaten. Sie lachten laut, redeten aber zu leise um sie deutlich zu verstehen. Mai sah Aimi nun direkt an, atmete ein und versuchte einen klaren Kopf zu bewahren. „Wenn wir draußen sind... dann läufst du so schnell du kannst in den Wald. Achte nicht darauf was ich tue. Lauf einfach los und... egal was passiert, egal was du hörst, bleib auf keinen Fall stehen!“, hauchte sie der Weißhaarigen zu, welche den leichten Atemzug in ihrem Nacken spürte. Aimi nickte, hielt inne und sah herab. „Es tut mir wirklich Leid...“, ihre Augen glänzten und es hatte den Anschein, als würde sie weinen. Waren dort Tränen zu sehen? Zeigte sie wirklich Reue? Mai beobachtete sie, diese wunderschöne Frau, welche verunsichert die Augen schloss und zittrig ein atmete. „Ich hatte so große Angst allein zu sein wenn ich meinen Vater verliere, dass ich nicht darüber nach gedacht habe, was ich euch damit antue“. Sie seufzte und schaffte es nur schwer Mai an zu sehen. Ihr Blick war so klar und so ernst, dass Aimi sich nicht auch nur ein wenig vorstellen konnte, was sie in diesem Moment dachte. Sie hoffte auf eine Antwort, eine erleichternde Reaktion. Doch starrte die Schwarzhaarige sie nur an. Sie sah ihr direkt in die Augen und als Aimi diesem Blick nicht mehr stand hielt und ihren Kopf zur Seite drehte, griff Mai nach ihrem Kinn und drehte es wieder in ihre Richtung. Sie näherte sich der Prinzessin so, dass dieser es unangenehm wurde und grinste dreckig, als sie sie das kalte Metall der Klinge an ihrem Hals spüren lies. „Sieh mich an. Du entkommst mir nicht. Ich bin deine Schuld...“, flüsterte Mai während Aimis Augen sich weiteten. „Du kannst nicht vor mir davon laufen, denn ich bin dein Schatten. Ich bin da wo du auch bist“. Sie lächelte triumphierend. „Wenn du mich los werden willst...sieh mir ins Gesicht!“. Mai grinste. „Kannst du das?“. Warum nur empfand Aimi es als reizend? Was hatte diese Frau an sich das ihr immer wieder die Kräfte raubte? Mai war hübsch, keine Frage. Sie war klug, sportlich und schlank. War es ihre Dominanz? Oder war es dieses Messer? Ihr eigenes Messer an ihrer Kehle. Wenn Mai es wollte hätte sie sie bereits getötet. Paradoxerweise, verschaffte ihr diese Tatsache ein Gefühl von Sicherheit. Mai wollte ihr keine Angst machen, sie wollte sie aufwecken. „Ja“. Aimi war entschlossen und ihr Gegenüber lächelte. Sie spürte die sanfte Gewalt mit der Mai sie immer noch gegen die Tür presste, spürte diesen Blick, diese Kraft die dort immer noch in ihrem Körper steckte - obwohl sie so verletzt war. Und natürlich sah sie nicht zuletzt durch ihre Augen hindurch, durch das tiefe grün welches in schönen Pastelltönen glänzte, sie sah die Verletzbarkeit dieser von Dornen ummantelten Rose. - Ein Geräusch war es, welches den Moment sehr bald unterbrach. Der schwere Riegel, der außen an der Holztüre entlang schliff, entfachte die Hoffnung auf Freiheit erneut. Der Adrenalinpegel stieg an, das Herz pochte spürbar stark, die Spannung war unerträglich und dann kam er endlich, der Moment in dem die Tür sich öffnete. Der junge Rekrut war blass vor Schreck, als er die warme tiefrote Flüssigkeit an seinem Hals herablaufen sah. Es ging alles zu schnell um es zu realisieren. Kaum hatte er die Tür geöffnet, hatte Mai sein Leben beendet, ehe er davon wusste. Der sterbende Soldat sank röchelnd in sich zusammen, während Mai zusammen mit Aimi vom Karren ab sprang und ihr Deckung gab. Sie griff nach dem Schwert des Mannes und drehte der Prinzessin den Rücken zu. „Lauf! Los!“. Ihr blieb kaum Zeit diesen Befehl auszusprechen, denn die Soldaten stürzten sich in unfairer Anzahl auf sie und griffen ohne Vorwarnung an. Sie war nun eine Mörderin, sie wollten ihren Tot, keine Gefangene. Aimi nahm die Beine in die Hand. Sie lief so schnell sie ihre Füße trugen und hetzte in den Wald ,während Mai sich schwer damit tat die Soldaten in Schach zu halten. Es waren viele und sie konnten ebenfalls gut kämpfen. Allein durch ihre Schnelligkeit gelang es Mai den Männern immer wieder auszuweichen und einigen von ihnen tödliche Hiebe zu verpassen. „Haltet ein!“. Einer der übrig gebliebenen Soldaten blockte Mais Angriff und hob seine Hand beschwichtigend. „Werdet mein Weib und ich verspreche Euch Reichtum und Ehre!“. Ob er es ernst meinte, schien selbst seinen Kameraden nicht ganz klar zu sein. Er war hübsch, zumindest das was sie von ihm sehen konnte. Seine Augen strahlten durch den Schlitz des Helmes hindurch und langsam erhob er seine Hand um sie Mai zu reichen. „Das könnt Ihr nicht machen Ritter! Diese Frau ist eine Feindin!“, rief sein jüngerer Kumpane und erhob sein Schwert erneut in Mais Richtung. Die Schwarzhaarige wich den Soldaten immer mehr, schüttelte den Kopf und lief ebenfalls in den Wald. Als sie sich umdrehte folgten ihr einige der Feinde, doch der Ritter stand immer noch dort und folgte ihr nur mit seinen Blicken. Mai war irritiert. Hatte er das ernst gemeint? Was würde es ihm bringen, wenn seine Frau eine Kriegsgefangene war? Das war doch sicher nicht ehrwürdig. Schnell versteckte sie sich unter einer Wurzel, als sich die Gelegenheit bot. Das Holz roch faulig, vielleicht war der Baum alt und morsch. Mai konnte hören wie die Soldaten nach ihr suchten, sich aufteilten und schließlich verschwanden. Erleichtert atmete sie aus und sah an sich herab. Hier saß sie nun, allein, in einem ihr unbekanntem Gebiet mit unzähligen Wunden und starken Schmerzen die ihr zu schaffen machten. Vielleicht hatte sie den Schmerz durch die Aufregung ausgeblendet? Erschöpft und immer noch außer Atem, lehnte sie sich zurück um sich etwas auszuruhen. Das Schwert konnte ihr sicher noch nützlich sein und so bedeckte sie es mit etwas Laub, damit es keiner bemerkte, wenn er sie hier fand. Mai machte sich Gedanken über Aimi, Kaito und ihrem Bruder. Ob Kaito es geschafft hatte Tadashi zu besiegen? Sie machte sich Sorgen um ihn. Dieser Mörder war sicherlich zu allem fähig und obwohl Kaito so ein guter Kämpfer war, hatte Mai Angst um ihn. Sie kannte ihn seit ihrer Kindheit. Sie erinnerte sich daran, wie er sie damals sogar einige Zeit lang gemobbt hatte, weil sie nie so schönes Spielzeug bekam wie er. Der Gedanke daran ließ sie schmunzeln. Sie drückte sich weiter in das Laub und musste sich zugestehen, dass sie tatsächlich fror. Immerhin war sie nur sehr leicht bekleidet und ganz trocken war das was sie trug auch noch nicht. Es war grauenhaft hier. Sie ersehnte sich ein warmes Bett, einen brennenden Kamin und einen heißes Getränk. Vielleicht auch ein sexy Zimmermädchen als kleines Extra. Mai grinste. Der kühle Wind lies sie nun sogar zittern. Die Gänsehaut hatte sich über ihren ganzen Körper ausgebreitet und sie öffnete seufzend die Augen. Die Sonnenstrahlen brachen sich im Geäst der Baumkronen, sie wärmten nicht ein wenig und immer noch quälte sie das Durstgefühl. Wie überredet trieb sie sich selbst dazu an wieder aufzustehen. Sie musste Wasser suchen und vielleicht würde sie auch ein paar Erdbeeren oder Brombeeren finden. Als sie an sich herab sah, stellte sie fest, dass sie sehr dünn geworden war. Anscheinend war der Krieg doch nicht so leicht zu verkraften, wie sie es sich einredete. Diesen Monat über hatte sie kaum etwas gegessen, verspürte allerdings auch selten Hunger. Es musste am Stress liegen. Und an den Sorgen, die sie sich um ihren Bruder machte. Sie wünschte sich, dass es ihm gut ging. Egal wo er nun war, er sollte es besser haben als sie. Ihre Gedanken waren noch einige Zeit bei ihm, als sie vorsichtig durch den Wald schlich. Die Bäume waren riesig, zwischen ihnen befand sich bloß Laub, Farn und – Mai. Die strahlenden grünen Baumkronen lenkten sie etwas von ihrer Situation ab. Ihre Schönheit war idyllisch. Mai liebte diesen Anblick, es gab ihr das Gefühl von Freiheit. Momentan war es eher die Vogelfreiheit, aber das störte sie nicht weiter. Sie hatte nicht vor hier zu bleiben. Alles was sie momentan wollte, war etwas zu trinken, ein Bad und eine Kleinigkeit zu Essen um sich auf den Rückweg zu machen. Sie musste Kaito und Yuuta finden. In Gedanken war sie bereits mit ihnen vereint, als ihr die Prinzessin wieder in den Sinn kam. Was sollte sie nun tun? Ob es ihr unangenehm sein sollte, dass sie Aimi wirklich für kurze Zeit vergessen hatte? Konnte sie es verantworten diese junge Frau hier allein zurück zu lassen? -Nein- Egal wie sehr Mai auch versuchte Aimi als „Egal“ ab zu stempeln, es gelang ihr nicht. Woran das wohl lag? Sie kannte die Prinzessin doch kaum, ihr Schicksal konnte ihr theoretisch völlig egal sein. Jedoch tat sie ihr Leid. Mitleid war etwas, dass Mai selten verspürte. Irgendwas hatte Aimi an sich, dass sie dazu brachte immer wieder an sie zu denken. Schlendernd trat sie das viele Laub vor sich her und lauschte den vielen verschiedenen Vogelstimmen die den Wald belebten. Über die Baumkronen segelten kleinere befiederte Drachen hinweg. Die Stimmungsvolle Umgebung ließ die Situation immer entspannter erscheinen, bis die junge Frau das rauschen eines Flusses vernahm. Wie ein nach Blut dürstendes Raubtier lief sie los, sprang den kleinen Hang hinab, landete auf dem Kiesbett und tauchte die Hände in das kühle Nass um es zum Mund zu führen. Noch nie war es so erfrischend, nie zuvor so belebend. Mit geschlossenen Augen genoss Mai den Moment. „Endlich hab ich dich!“. Vor lauter Schreck nun völlig blass im Gesicht, drehte Mai sich um, um an dem nahezu perfekt gebautem Körper der Prinzessin herauf zu schauen. Kopfschüttelnd ließ sie sich auf den Kies nieder und seufzte laut. „Wenn du mich nochmal so erschreckst, spalte ich dir irgendwas...“, hauchte sie trocken. Aimi verschränkte die Arme und grinste keck. „Du solltest mich nicht unterschätzen, meine Liebe!“. Ihr Grinsen wurde breiter, fast dreckig. „Eigentlich... kennst du mich noch gar nicht“. Mai schüttelte den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. „Du bist ein verwöhntes Püppchen aus dem Schloss, das sich für seine Fehler hinter mir versteckt“. Sie warf einen Stein ins Wasser. Aimi schüttelte den Kopf. „Das war falsch... ich weiß“, sie seufzte und suchte Mais Blickkontakt. „Ich weiß nicht was in mich gefahren war, hörst du? Das... diese ganze Sache hier geht mir ziemlich nahe. Und dann kamst noch du... mit deiner seltsamen Aktion in deiner Kutsche. Und die Bauern... im Karren, diese ganze Entführungssache. Das ist alles nichts für mich...“, Aimi stöhnte und lies sich vor Mai nieder. „Ich habe für einen Moment völlig vergessen wer ich bin... oder wer ich vorgab zu sein. Wer ich sein sollte, war ich so oder so nie“, sie blickte herab und warf ebenfalls einen Stein. Mai beobachtete sie bloß mit Argwohn. „Bist du fertig?...“, nörgelte sie, erhob sich Wiedererwartens flink und ging den Fluss weiter aufwärts entlang. Aimi war überrascht. Was hatte Mai vor? Wohin wollte sie gehen? Verunsichert lief sie ihr nach und griff nach ihrer Hand um sie zum stehen bleiben zu zwingen, als sie auf ihre Rufe nicht reagierte. „Was willst du?“, fauchte die Schwarzhaarige, entriss der Prinzessin ihre Hand und verschränkte die Arme erwartungsvoll. Aimi war verwirrt. „Wohin willst du?“. Die Kämpferin lief weiter. „Meinen Bruder und Kaito suchen! Cheers“. Sie winkte ihr über die Schulter hinweg zu. Aimi aber verfolgte sie erneut und da Mai ihre Fragen ignorierte, griff die junge Prinzessin ihren Arm, zog sie zu sich, drückte sie gegen einen Baum und fixierte sie dort mit ernster Mimik. „Du kannst nicht einfach gehen und mich hier allein lassen!“, fauchte sie, als sie Mai ihren Dolch an die Kehle hielt, den sie ihr kurz vorher wieder entwendet hatte. Mai grinste, musste sich das Lachen verkneifen. „Kann ich nicht?“. „Nein!“, fauchte die Weißhaarige. „Und... wer soll mich daran hindern? Du etwa?“, Mai grinste wie ein Macho. Dass sie Aimi nicht ernst nehmen konnte, war ihr deutlich anzusehen. „Du wirst mich zu meinem Vater bringen und mir helfen ihn zu befreien! Hast du das verstanden du Mannsweib?!“. Aimi kochte innerlich, als Mai sie immer noch belächelte und ihr keine Antwort gab. „Du bist ja schon irgendwie süß...“. Ihr Grinsen war abartig arrogant. Die Prinzessin drückte das Messer immer weiter in den Hals ihres Gegenüber und spürte wie das Adrenalin durch ihre eigenen Adern pulsierte. Sie hatte Angst, dass Mai ihr gleich irgendetwas antat, versuchte sich das aber nicht ansehen zu lassen. „Sag mal... welcher Part des Wortes „Nein“ ist für dein hübsches Köpfchen so unverständlich?“. Obwohl sie Aimi bloß noch weiter aufregte, hielt Mai es immer noch für amüsant. Die Prinzessin sah erschrocken auf ihre Klinge, welche sich bereits leicht mit Blut benetzte. Anscheinend hatte sie zu fest gedrückt, und ließ etwas lockerer. Mais Blick war plötzlich so ernst, wie der einer wilden Raubkatze, so kalt. „Es tut mir Leid...“. Die Prinzessin war verunsichert, es war nie ihr Wille ihr Gegenüber zu verletzen und da diese sich nicht regte, hob sie selbst die Hand und drückte mit ihren Fingern auf die kleine feine Schnittwunde. Mais Lippen öffneten sich zu einem schmalen Spalt und sie fixierte die Frau vor sich genau. Warum kamen gerade jetzt diese Erinnerungen auf? Es war wie ein Déjà-vu. „Das war nicht meine Absicht. Wirklich...“. So fester Aimi die Wunde zudrückte um die Blutung zu stoppen, so stärker konnte sie Mais Pulsschlag spüren der nun etwas schneller schlug.. „Sieh mich bitte nicht so an...“. Mais Blick war ihr unangenehm. So als hätte sie jeden Moment etwas vor. „Ich brauche deine Hilfe... Sie werden meinen Vater hinrichten und den Rest von unserem Volk als Sklaven verkaufen! Bitte Mai... Wir müssen ihnen helfen... Bitte.“ Sie konnte das nicht wirklich von ihr verlangen? Was interessierte es Mai, was mit den anderen passierte? Die meisten Menschen würden sie sofort umbringen, wenn sie wüssten wer Mai wirklich war. Es interessierte sie kein bisschen. Kopfschüttelnd entfernte sie sich von Aimi und blieb ihr mit dem Rücken zugewandt stehen. „Diese Menschen... diese intoleranten Monster... interessieren mich nicht. Verschwinde“. Mais Stimme klang verbittert. Aimi überlegte einen Moment was sie nun tun sollte, sie schien einen wunden Punkt in Mais Panzer erwischt zu haben. „Wovon redest du? Haben sie dir etwas angetan?“. Vorsichtig hob Aimi die Hand um sie auf die Schulter der dürren Frau vor sich abzulegen und sie zu trösten. Doch sobald Aimi sie berührt hatte, schlug Mai um sich, sie schlug nach ihr, verfehlte sie und stieß sie mit aller Gewalt gegen den Baumstamm. „Fass mich... fass mich nie wieder an. NIE WIEDER... verstehst du das? NIE!“, Mai war außer sich vor Wut, ihr standen die Tränen im Gesicht. Sie sah nicht ein warum sie auch nur einem dieser Monster helfen sollte. „Du bist nicht besser als sie! Du... Verräterin... du Monster! In deinen Augen bin ich auch krank nicht wahr? Ich bin krank! Nicht normal!“, Mai sank in sich zusammen. Sie weinte. Sie war völlig niedergeschlagen von ihren Erinnerungen und weinte tatsächlich „Du... hast es selbst gesagt! Worauf wartest du? Wann willst du mich öffentlich vorführen um mich Ertränken oder Köpfen zu lassen? WANN!“, sie schrie und rang nach Luft. „Lass mich in Ruhe.. Ich brauche deine Heuchelei von Freundschaft nicht. Du hast auch so viele Menschen auf dem Gewissen... Dich interessieren die Gefühle anderer nicht!“ Immer wieder schüttelte sie vor Entsetzen den Kopf. „Es war dein König!... dein Vater... der sie hat ermorden lassen... er hat sie umgebracht!... SIE IST TOT!... wegen ihm“, Mai legte den Kopf auf die Oberschenkel und zitterte am ganzen Leib. „Wegen ihm...“ Der Hass, die Wut und die Verzweiflung in ihr konnten einfach nicht länger im Verborgenen bleiben. Sie sah es nicht ein dem Mann zu helfen, der ihr das angetan hatte. Aimi schüttelte den Kopf. Was war los mit Mai? Was redete sie da bloß? Was immer sie jetzt auch tat, sie durfte sie nicht allein hier zurück lassen. Sie wollte mehr über sie erfahren. Vorsichtig ließ sie sich zur der zitternden Frau herab auf die Knie. „Mai... Was immer meine Familie oder das Volk dir angetan haben. Ich war nicht an dieser Entscheidung beteiligt. Ich weiß nicht was passiert ist. Bitte erzähle es mir... vielleicht... kann ich dir irgendwie helfen“. Aimi meinte es gut, sie wollte sich nicht mit den Taten anderer Leute identifizieren lassen – sie wollte verstehen, was diese junge Frau vor ihr so zerstört hatte. Mai zitterte immer noch. Sie hob den Kopf und wusch sich die Tränen aus dem Gesicht. „Nie zuvor... habe ich mit irgendjemandem darüber geredet. Warum sollte ich es dir erzählen? Ausgerechnet dir? Wo du... einfach hast morden lassen?“. Mai hatte Recht. Was bildete Aimi sich ein? Sie hatte keinen Grund ihr zu vertrauen. Warum auch? Sie war die Tochter des Mannes der ihr das Leben zur Hölle machte. „Bitte lass mich allein... du kannst mir nicht geben, was mir genommen wurde. Nur Yuuta zu liebe habe ich meinen Hass... meinen unglaublichen Hass auf deine Familie weg gesperrt. Es war sein Wunsch mit dem König an einem Tisch zu essen. Es war sein größter Wunsch auf dieser Reise. Ich liebe den kleinen... aber deinen Vater...“, Mai grinste aufgesetzt. „Es viel mir schwer ihm keinen Dolch in sein verrottetes Herz zu jagen...“. Aimis Augen weiteten sich zunehmend, als Mai sich aufraffte um sich am Fluss das Gesicht zu waschen. Sie verstand nicht wie sie ihn so hassen konnte. Er war doch so ein fürsorglicher und liebenswürdiger Mann. „Mai... was mein Vater dir angetan hat, dafür kann ich nichts. Es lag nicht in meiner Verantwortung! Du sollst wissen, ich habe Tadshi nicht morden lassen, weil mir die Menschen egal waren“. Aimi seufzte und hielt kurz inne bis Mai zu ihr herauf blickte. „Ich hatte wirklich Angst vor diesem Kerl. Ich hatte solche Panik vor ihm, dass ich nicht wusste was ich dagegen tun kann. Er... hat mir gedroht, mich nach meinem Vater ganz langsam umzubringen und immer wieder zu Missbrauchen, wenn ich etwas sage“. Ihre Stimme klang schwer. „Ich hatte Angst, dass ihm Niemand gewappnet sei, wo er so viele Kämpfer einfach ausgelöscht hatte. Ich war feige... wirklich. Ich war unglaublich feige, Mai. Aber es war nicht meine Absicht! Ich habe gerade deswegen deine Nähe über deinen Bruder gesucht. Ich wollte es dir sagen“. Sie seufzte und schien ebenfalls erschöpft. „Tadashi hatte das aber sofort bemerkt und versuchte dich von mir weg zu ekeln. Bitte... glaube mir. Ich würde dich nicht verraten...“. Ihre Stimme klang ernst und aufrichtig. Mai Schüttelte den Kopf. „Warum nicht? Du kennst mich nicht. Was mit mir passiert kann dir egal sein. Ich weiß nicht wie ich dir vertrauen sollte“. Mit diesen Worten erhob die verletzte Kämpferin sich und lief an Aimi vorbei - weiter den Fluss aufwärts. „Dann lerne mir zu vertrauen!“ Mai seufzte. „Du hast 3 Tage! Wenn wir uns beeilen sind wir in 3 Tagen in Fa´Guerta...Ich weiß, dass Kaito mich dort erwarten wird. Wenn wir ihn gefunden haben, werden wir weiter sehen...“. Aimis Herz machte einen Sprung als sie hörte, dass Mai ihr anscheinend helfen wollte. Fa´Guerta Del Mare war eine berühmte Stadt von Flüchtlingen, Vogelfreien und Ausgestoßenen. Auch Piraten und Händler aller Art fanden dort Zuflucht. Wie man dorthin kam allerdings, wussten nur die, die schon dort gewesen waren. Es existierte auf keiner Karte. „Aber tu mir dir zu Liebe den Gefallen, und vergiss meinen Ausbruch von eben...Wenn du das irgendwem verrätst, bist du tot“. Aimi nickte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)