Love And The Way It Goes von Kalahari (~Reborn-Oneshot-Sammlung~) ================================================================================ This Is Home! ------------- Inspiration Song: http://www.youtube.com/watch?v=N0ykm1v9xbU empfielt: http://www.youtube.com/watch?v=8o7Le4Hoaes This Is Home! Weckerklingeln. Aus dem Bett quälen. Anziehen. Frühstücken. Zigarette rauchen. Ein Tag wie jeder andere – die gleichen Bewegungen, das gleiche Ergebnis. Ich saß an dem Küchentisch und starrte auf den Kalender. Ein weiterer Tag war vergangen, in einem weiteren Monat, in einem weiteren Jahr – ein weiterer Tag in dieser beschissenen Welt. Es hatte sich nichts verändert und es würde sich auch nichts ändern – alles Hoffen war vergebens! Aber das war mir von Anfang an klar gewesen, oder? Scheiße! Ich wand mich ab, stand auf, zog mir meine Jacke an und schnappte mir meine Aktentasche, um mich für den Rest des Tages in meinem Büro zu verkriechen – Arbeit lenkte ab. So wie jeden Tag. Heimkommen. Essen. Fernsehen. Schlafen gehen. Das Ende des Tages genauso trostlos wie der Anfang, so wie immer halt. Alles in dieser Wohnung erinnerte mich an ihn, riss Tag für Tag alte Wunden auf. Für uns beide war sie genau passend gewesen, doch für mich allein war sie einfach zu groß. Umziehen und vergessen, dass wäre am besten gewesen, doch ich konnte es einfach nicht. Diese dumme Hoffnung, die nach vier Jahren immer noch in mir schlug, redete mir ein, dass jede Veränderung die letzten festen Balken, auf denen mein Leben ruhte, auch noch zum Zerbrechen bringen würde. Wenn ich ging, wie sollte er dann den Weg zurück zu mir finden? Wenn ich die Erinnerungen an ihn auslöschte, wie sollte ich dann weiter leben? Ohne Sinn? Dennoch musste ich etwas ändern! Mit diesem Gedanken im Hinterkopf schlief ich schließlich an diesem Abend ein. ╬▬♠▬╬ Der nächste Morgen war ein Samstag. Beim schwungvollen Aufstehen katapultierte ich meine Katze unabsichtlich mit aus dem Bett. Verärgert sprang mir Uri ins Gesicht und hinterließ einige Kratzspuren – sie würde sich wohl nie ändern, die einzige Konstante in meinem Leben, deren Launen sich seit dem ersten Tag nicht verändert hatten – anschließend begann sie auf meiner Decke mit der morgendlichen Fellpflege – naja, um 10:45 konnte man wohl schon fast von Mittag sprechen. Genervt wischte ich mir durchs Gesicht, dabei sollte diese kommende Woche der Anfang eines neuen Lebensabschnittes werden. Eigentlich hätte mir klar sein müssen, dass Uri mir da einen Strich durch die Rechnung machen würde – so war sie nun einmal: launisch, unberechenbar, eitel, aber auch pünktlich und verschmust. Kein Wunder also, dass sie rechtzeitig wie jeden Samstagmorgen seit vier Jahren in meinem Bett lag, genauso wie sie jeden Sonntagabend nach einer Extraportion Dosenfutter auch wieder für den Rest der Woche untertauchte. Ich hatte schon lange aufgegeben nach ihr zu suchen – sollte sie doch machen was sie wollte, sie hatte schließlich auch ihr eigenes Leben und solange sie jedes Wochenende zurück kam, machte ich mir auch keine Sorgen. Ich zeigte es nur selten, und nur auf dem Sofa beim Schmusen, aber ich mochte Uri sehr. Ein trauriges Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit, als mir bewusst wurde, dass auch sie ein Überbleibsel aus alten Zeiten war – auch wenn sie nicht einmal besonders alt war. Bilder, wie sie morgens zwischen unseren Körpern gekuschelt friedlich im Bett lag, schoben sich vor mein inneres Auge. Dennoch war sie mir viel zu wichtig, als dass ich sie aus Schmerz vor den Erinnerungen an ihn hätte weggeben können – im Gegenteil, sie ließ viele schöne Erinnerungen an unsere vergangene, gemeinsame Zeit zum Leben erwachen und machte sie nicht nur unvergesslich, sondern auch, zusammen mit sich selbst, zu etwas ganz Besonderem. Plötzlich bemerkte ich, dass Uri mit Putzen schon fast fertig war, damit würde sie gleich nach ihrer Mahlzeit verlangen – Zeit sich schnell fertig zu machen, sie war nämlich sehr dickköpfig was solche Dinge anbelangte und anscheinend der Ansicht, dass ich nur dann eine Gnadenfrist erhielt, wenn sie gerade beschäftigt war. So beeilte ich mich mit dem Anziehen und sorgte rasch dafür, dass Uris Forderung nach Essen schnellstmöglichst erfüllt wurde. Nach dem Frühstück – bei dem ich wieder unentwegt auf den Kalender gestarrt hatte – begann ich mit meinem Werk. Uri saß währenddessen auf der Fensterbank und putze sich, während sie mich derweil aus den Augenwinkeln beobachtete. Als erstes nahm ich mir die Küche vor. Ich durchwühlte die Schränke – nichts, das im direkten Zusammenhang mit ihm stand: ein Kaffeeservice für sechs Personen, Gläser, Tassen, Teller, Brettchen, Müslischalen und Eierbecher. Gut! Mein Blick blieb an einer Tasse hängen, behutsam nahm ich sie heraus und stellte sie auf den Tisch. Blaugrau, eine einfach Bechertasse, keine auffällige Form – aber es war seine Tasse. Ich zögerte kurz, dann stellte ich sie wortlos in den Schrank zurück und schloss die Türen wieder. Eine Tasse würde auch nichts ändern, ich sollte mich nicht an solch kleinkariertem Kram aufhalten und lieber nicht zu viele Gedanken darüber verschwenden. Ein Blick in den Kühlschrank bestätigte mir, dass es dort nichts zu vernichten gab. Obwohl, ich sollte in Zukunft Sushi von meinem Speiseplan streichen. Mein Blick fiel auf die Stühle des Küchentisches: es waren 2 Stühle. Ich stockte kurz. Pah! Sollte mir doch egal sein. Wenn ich Besuch bekam, dann musste ich dem ja auch einen Stuhl in meiner Küche anbieten können. Dass ich nie Besuch bekam übersah ich geflissen und riss stattdessen verärgert den Kalender von der Wand, als ich mich auf ins Wohnzimmer machte, dicht gefolgt von Uri, die mein Tun immer noch mit großem Interesse verfolgte. Für gewöhnlich saß ich am Wochenende auf dem Sofa oder verschlief den halben Tag, da war das heute wirklich eine spannende Ausnahme für eine Katze und eine gute Ablenkung für mich – dachte ich zumindest. Auf dem Schrank standen noch drei Fotos von ihm – von uns. Ich hatte damals die meisten weggenommen, doch heute würden die Übrigen auch verschwinden. Ich nahm die Rahmen, öffnete sie, nahm die Fotos heraus und warf noch einen Blick auf sie. Seine Braunen Augen, sein Lächeln – ich hatte beides so geliebt, liebte sie immer noch. Wie glücklich ich damals gewesen war – wie glücklich er gewesen war. Was er jetzt wohl machte? Energisch schüttelte ich den Kopf: falscher Gedanke! Ein letzter Blick auf das Bild, dann packte ich sie wortlos wieder in den Rahmen und stellte sie zurück – genau dahin, wo sie gestanden hatten. Entschlossen riss ich die Schranktüren auf und holte die beiden Fotokästen hervor. Fotos waren immer zweitrangig für uns gewesen, gezählt hatte nur, was wir erlebt hatten und in unseren Erinnerungen eingebrannt war, dennoch hatten sich einige Fotos angesammelt, Abzüge von Freunden und ein paar wenige Selbstgemachte. Ich öffnete den ersten Kasten, ließ mich auf das Sofa sinken, während ich in der Vergangenheit wühlte. Urlaub, Sonne, Regen, Lachen, baden, frieren, allein, zu zweit, mit den anderen. Helle und dunkle Fotos – aber sie alle zeugten von Glück. Etwas was sich schon seit Jahren nicht mehr in meinem Alltag wiederfand – um genau zu sein, seit vier. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, ich spürte Tränen in mir aufsteigen. Sein Gesicht strahlte mir entgegen. Ich erinnerte mich noch so gut daran und dennoch musste ich erschrocken feststellen, dass es in meinen Erinnerungen doch verschwommener war als erwartet. Ich spürte seine Nähe, seine Berührungen für einen kurzen Moment wieder auf meiner Haut, nur um im nächsten Moment wieder von der Kälte, die mich umgab, brutal in die Realität zurückgeworfen zu werden. Warum? Warum war das alles vorbei? Warum konnte es nicht so wie früher sein? Ich legte die Fotos wieder zurück in den Kasten, verschloss ihn wieder und stellte ihn zusammen mit dem anderen in den Schrank zurück – meine schmerzenden, kostbaren Erinnerungen! Im Schrank waren sie gut aufgehoben, versteckt vor den Augen aller, vor meinen Augen – warum sich also die Mühe machen sie forträumen? Um Fassung ringend machte ich kehrt und stapfte ins Schlafzimmer, Uri jagte mir aufgeregt nach und sprang gleich aufs Bett. In dem lag noch immer, ordentlich zusammengelegt, auf seiner Seite, sein Bettzeug. Ich hatte mich nie überwinden können es wegzunehmen, das Bett war einfach zu groß für mich allein, ich hätte mich nur noch verlorener gefühlt. Außerdem war es nachts angenehmer, sich vorzustellen, dass jeden Moment der Platz neben mir mit Wärme gefüllt werden würde. So übersah ich das Bett auch heute und trat stattdessen an seine Schrankhälfte. Der Rest seiner Kleidung ruhte hier noch immer – wartete vielleicht genauso sehnlichst auf ihren Besitzer, wie ich. Die dreckige Wäsche hatte ich damals gewaschen und wieder zurück gelegt, für den Fall, dass er doch noch zurück kam, selbst wenn es nur war, um die zurückgelassene Kleidung oder ein paar seiner alten Sachen mitzunehmen. Ich wusste, dass das Blödsinn war, für so ein paar dämliche Kleidungsstücke würde niemand zurück kommen – aber Illusionen machten das Leben bekanntlich einfacher und schmerzfreier. Ich zog behutsam einen Pullover aus dem Schrank und vergrub mein Gesicht darin. Sein Geruch rief erneut Erinnerungen hervor. Es war sein Lieblingspullover gewesen. Ich hatte nie verstehen können, warum er ihn zurückgelassen hatte. Doch ich war froh darüber, wenigstens etwas von ihm zu besitzen, auch wenn mir natürlich tausendmal lieber gewesen wäre, wenn er stattdessen geblieben wäre. In den ersten Wochen und Monaten, nachdem er gegangen war, war ich immer mit diesem Pullover im Arm eingeschlafen, sein Geruch hatte stets die Erinnerungen an seine Nähe in mir wach gerufen, es war beinah so gewesen, als ob er neben mir liegen würde – auch wenn ich immer gewusst hatte das, sobald ich die Augen öffnen, dieses falsche Sehnsuchtsbild verschwinden würde. Nur durch diese Einbildung war ich überhaupt eingeschlafen. Im Winter darauf hatte ich mir das zu große Kleidungsstück oft übergezogen, um abends vorm Fernseher nicht mehr so zu frieren. Die kalten Wintermonate waren die schlimmsten, da sie mir unaufhaltsam ständig meine Einsamkeit vor Augen hielten, selbst Uris länger werdenden Besuche aufgrund der Kälte konnten daran kaum etwas ändern, denn es war niemand da, der mich in den Arm nahm um mich zu wärmen – umso die Einsamkeit zu vertreiben –, weder auf dem Sofa noch im Bett. Behutsam legte ich den Pullover zurück und verschloss den Schrank wieder. Es hatte keinen Sinn, ich würde es nie schaffen seine Kleidung wegzuwerfen, niemals! Mein Blick glitt über das Bett – auf dem Uri sich gerade wohlig streckte – zu meinem Nachttischchen. Seiner war leer, bis auf eine Lampe und ein Wecker, der schon lange stehen geblieben war, auf meinem stand neben einem funktionstüchtigen Wecker ein Bild – ein Bild von uns. Seufzend verließ ich den Raum, blieb nur noch das Bad übrig. Dieses Mal blieb Uri im Türrahmen sitzen, mit dem Bad war sie auf Kriegsfuß, seit sie einmal in der Wanne gelandet war und er nur lachend zugesehen hatte – meine Mundwinkel zuckten kurz bei dem Gedanken daran, doch ich brachte ein Lächeln einfach nicht zustande – so musterte mich die Vierbeinerin lediglich eindringlich im gebührenden Sicherheitsabstand, sie sah aus, als ob sie mir irgendetwas sagen wollte. Hier im Bad, war das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben wäre, wohl am allgegenwärtigsten: 2 Becher, 2 Zahnbürsten, 2 Handtücher, 2 Badetücher und noch viel mehr. Die Dinge wegzuräumen hätte den Eindruck, dass die Hälfte eines Ganzen zurückblieb, nur unnötig verstärkt, weswegen ich dies bisher geschickter Weise unterlassen hatte – aber jetzt blieb mir keine Wahl mehr! Entschlossen begann ich seine Sachen auf das kleine Regal zu räumen. Nach verrichteter Arbeit ließ ich meinen Blick prüfend umherschweifen. So leer, so ungewohnt, aber damit würde ich von nun an leben – hätte schon längst so leben müssen. Jetzt fehlte nur noch der Karton und dann würde der Kram endlich im Müll landen. Ich starrte das Regal an, zwei Flächen, ca. 30x30 cm groß, die obere eine Ablagefläche. Langsam griff ich nach Becher und Zahnbürste, nach den Tüchern, nach dem Shampoo – und stellte alles wieder zurück, bis das Regal und das Bad aussahen wie vorher. Feigling, schallte ich mich innerlich. Uri musste mich wohl endgültig für verrückt halten. Meine verzweifelten Versuche den schönen Schein nach außen hin zu bewahren konnten mich nicht darüber hinwegtäuschen, dass meine heile Welt schon längst in Trümmern lag. Irreparabel! Trotz dieses Wissens war ich einfach nicht in der Lage aufzuräumen. Ich konnte das einfach nicht akzeptieren, zu mindestens nicht völlig. Mein Gehirn wusste, dass es so war, mein Körper auch, nur mein Herz wehrte sich verzweifelt dagegen. Es war nu noch eine Frage der Zeit, bis es gegen diese Übermacht verlor. Ich trat zurück in die Küche. Mein Blick fiel sofort auf den nun leeren Platz an der Wand, wortlos hob ich den Kalender hoch und hängte ihn wieder auf. Ich war noch nicht bereit für diese Veränderung, die mein Leben ohne ihn endgültig gemacht hätte. Vielleicht würde ich auch nie dazu bereit sein. Ich warf mich auf das Sofa und schaltete den Fernseher ein, während Uri sich auf meinem Schoß zusammenrollte um endlich ihre wöchentliche Schmuseration zu erhalten. In Momenten wie diesen fühlte ich mich mit ihr besonders verbunden. Es war schon fast so, als ob sie versuchte mich zu trösten. Mir selbst etwas vorzumachen, war das Dümmste, was ich hatte machen können. Mir war nun klar, dass ich von Anfang an gar nicht vorgehabt hatte mich von alle dem zu trennen, denn sonst hätte ich wohl als erstes einen Karton dafür aufgetrieben. Der Umstand, dass ich im Verlauf all dieser Jahre wieder angefangen hatte zu rauchen, sprach für meine Verzweiflung. Er hatte es immer gehasst, wenn ich rauchte. „Rauchen ist ungesund“ oder „Du schmeckst scheußlich, wenn du geraucht hast“, waren Standardsätze von ihm gewesen. Ich hatte nie daran geglaubt, dass mich jemals jemand zum Aufhören bewegen könnte, geraucht hatte ich aus Überzeugung – er hatte das geändert. Wegen ihm hatte ich wirklich aufgehört und irgendwie auch für mich, denn mir war schon bewusst, dass ich sonst eines Tages viel zu früh an einer Nikotinvergiftung sterben würde. Doch mit dem Alleinsein hatte mein Leben ein großes Stück seines Sinnes verloren – jetzt war doch sowieso alles egal! Vielleicht war Rauchen aber auch eine versteckte Hoffnung, eine Aufforderung an ihn wieder zu kommen und mich davon abzuhalten. Sinnloser Stuss! Das ich mir gerade keine Zigarette anzündete lag einzig an Uri. Ich wollte sie nicht verscheuchen, wollte die Zeit, wo sie mit ihrer Anwesenheit die Einsamkeit aus den erkalteten Wänden unserer Wohnung vertrieb, genießen. Wollte wenigstens einen Moment der Illusion erliegen, dass es noch jemanden gab, dem ich etwas bedeutete – auch wenn unser Verhältnis aus purem Egoismus und Eigennutz entstanden war. Ich fuhr ihr abwesend durchs Fell, die Wärme vertrieb die Einsamkeit auch aus meinem Körper – nur nicht aus meinem Herzen – und gab meinem Leben wieder, wenn auch nur für kurze Zeit, ein kleines Stückchen Sinn zurück. Das Wissen, dass die kommenden Tage genauso werden würden, wie die vergangenen, füllte mich und meine Gedanken. Essen, schlafen, arbeiten oder fernsehen – was war mir auch sonst von meinem Leben übrig geblieben seit er gegangen war? Glück würde ich niemals wieder empfinden, doch auf Trauer und Selbstmitleid konnte ich auch sehr gut verzichten. Letztendlich war alles was blieb die Einsamkeit und die Trostlosigkeit. Mehr erwartete ich vom Leben auch nicht mehr. ╬▬♠▬╬ Eine Woche war vergangen, naja eigentlich nur sechs Tage. Wie jeden Freitagmorgen war ich aufgestanden, hatte gefrühstückt und auf den Kalender gestarrt, nur um festzustellen, dass heute quasi das schrecklichste Datum des Jahres, ach was, aller Zeiten war. Mein Geburtstag war stets traurig, da er nicht da war, um ihn mit mir zu feiern und alle anderen mehr schlecht als recht diesen Umstand zu überspielen versuchten. Sein Geburtstag war genauso schlimm, da ich mir andauernd vor Augen führte, wie es wäre, ihn mit ihm zu feiern und mich ständig fragte, ob er wohl gerade mit jemand anderem genau dies tat. Doch dieser Tag war definitiv am schlimmsten von allen, normalerweise fiel er in die gleiche Kategorie wie unsere Geburtstage, doch dieses Jahr war er etwas ganz besonderes: Währe Takeshi nicht damals gegangen, dann wäre heute unser 10-jähriges Jubiläum, dann wären wir genau heute 10 Jahre glücklich zusammen gewesen. Scheiß Tag, scheiß Jahr, scheiß Welt! So kam es dazu, dass ich heute mit zehnminütiger Verspätung die Wohnung verließ. Den Tag über schaffte ich es dieses schreckliche Ereignis weitgehend zu verdrängen. Als ich abends dann vor meiner Wohnungstür stand und einen Blick auf die Uhr warf – es war heute später geworden – stellte ich fest, dass es genau 10:10 war, die Tatsache, dass es korrekter Weise 22:10 hieß konnte meine Laune auch nicht mehr heben. Scheiß zehn! Genervt seufzend öffnete ich die Tür, erstaunlicher Weise kam Uri mir bereits entgegen, sonst trudelte sie erst in den frühen Morgenstunden des Samstags ein. Ich fuhr einmal über ihr Köpfchen – irgendwie wirkte sie anders als gewöhnlich, sie schlug noch nicht einmal nach mir, fast schon aufgeregt wirkte sie. Naja, der Tag heute hatte schon so sonderbar begonnen, warum sollte er nicht auch so enden? Ich wollte gerade meine Schuhe zur Seite stellen, als mir ein fremdes Paar in den Blick fiel. Ich schluckte hart, es gab definitiv keinen Zweifel, dass waren SEINE Schuhe! Erst jetzt roch ich den Duft von warmen Essen und vernahm leise Geräusche aus der Küche. Es war unmöglich! Aber es gab sonst niemanden, der den Schlüssel zu dieser Wohnung besaß. Meine Aktentasche schlug dumpf auf, doch das nahm ich gar nicht mehr wahr, stattdessen öffnete ich die Küchentür. Ein sanfter Duft nach gebratenem Fleisch und Gemüse umfing mich, etwas was ich schon lange nicht mehr gerochen hatte, da mein Talent zum Kochen sich auf das Aufwärmen von Fertiggerichten in der Mikrowelle beschränkte. Das Bild das sich mir bot war so unendlich vertraut: Er, mit einer Schürze, vorm Herd kochend. Jetzt drehte er sich um und lächelte mich sanft an – so als wäre nie etwas gewesen, als wäre er nicht vier Jahre wie vom Erdboden verschluckt gewesen. „Du kommst spät“, noch immer lächelte er und bedeutete mir, mich an den gedeckten Tisch zu setzten, ich tat es – mehr aus Gewohnheit, als wirklich darüber nachzudenken. Mein Gehirn war irgendwie schwammig, jeglicher logischer Gedanke war mir verwehrt. Ich beobachtete ihn, immer noch schweigend – es war alles so schön und vertraut. Er stellte das Essen auf den Tisch, wünschte mir einen guten Appetit, ich nickte nur – meine erste kommunikative Bewegung. Schweigend aßen wir, wobei ich nicht wirklich etwas zu mir nahm. Meine Gedanken waren das reinste Chaos. Unschlüssig knabberte ich an dem Fleisch und dem Gemüse herum. Es war lecker, verdammt lecker – wie von ihm zu erwarten. Ich hatte es vermisst. Doch ich konnte mich nicht wirklich darüber freuen. „Alles OK? Schmeckt es dir nicht?“, er sah mich besorgt an. Oh, wie ich diese braunen Augen vermisst hatte. Ich schüttelte den Kopf – einerseits um weitere lästige, einen vernünftigen Gedanken blockierende, Schwärmereien zu beenden, andererseits um ihm zu antworten – stand aber schließlich auf, um in meinen Taschen nach Zigaretten und Feuerzeug zu kramen. Mich beschlich der Verdacht, dass ich einfach zu wenig geraucht hatte und deshalb zu halluzinieren begann – das ich schon soweit war, dass Nikotinentzug meinen sehnlichsten Wünschen Form gab, hatte ich bei weitem nicht gedacht. Ich hatte ihm den Rücken zugewandt – Halluzinationen verschwanden bekanntlich, wenn man wegsah oder die Augen schloss und bis zehn zählte, aber das war mir zu wenig, sicher war sicher. Ich wollte mir gerade die Zigarette anzünden, als ich ihn hinter mir spüren konnte, ich hatte doch glatt überhört, wie er aufgestanden war. Er nahm mir Feuerzeug und Zigarette ab um sie weg zu legen. „Du sollst doch nicht so viel rauchen, das ist ungesund.“ Konnte es doch wahr sein? Langsam drehte ich mich zu ihm um, spürte, wie mein Herz schneller schlug. Er lächelte mich noch immer sanft an. „Was ist denn?“, sanft legte er seine Hand auf meine Wange. Seine Worte waren so betäubend schön, machten mich irgendwie glücklich. Ich schmiegte mein Gesicht an seine Hand. Behutsam beugte er sich vor und wir küssten uns – endlich! Es war so erleichternd ihn wieder zu spüren. Ich erwiderte seine Berührung stürmisch, presste mich an ihn und schlang meine Arme um seinen Hals. Ich spürte, wie sich das Glücksgefühl immer weiter in mir ausbreitete. Es war wie eine Erlösung! Sie brachte mich meinem persönlichen Paradies noch ein Stückchen näher. Ich öffnete meinen Mund, ließ zu, dass unsere Zungen einen Kampf austrugen. Zufrieden ließ ich mich von der Intensität unseres Kusses berauschen. Ja, es war wahr! Definitiv, es konnte einfach nicht anders sein! Ich hatte ihn so vermisst. Schließlich lösten wir uns wieder voneinander. „Alles Gute zu unserem 10-jährigem Jubiläum“, flüsterte er mir lächelnd zu, bevor er den Kontakt unserer Lippen wieder herstellte. Bereitwillig ließ ich zu, dass mein Gehirn seinen Dienst quittierte und ich mich ihm völlig hingab. Wie sehr ich das alles vermisst hatte. Lust, Zärtlichkeit, Liebe – überrollt von einer Welle von Gefühlen ließ ich mich auf dieser treiben. Wie bei seinen ersten Berührungen hinterließen auch heute seine Finger kribbelnde Haut, wo immer er mich berührte. Ich war wie ausgehungert, sog jegliche Empfindung mir auf. Als mein Hemd zu Boden fiel, begann auch ich mich wieder an dem Geschehen zu beteiligen. Ungeduldig zerrte ich seine Krawatte vom Hals, fummelte die Knöpfe hastig auf. Ich spürte seine Hände auf meinem Rücken, ein wohliger Schauer folgte seinen Streichbewegungen, dann spürte ich sie auf meinem Hintern – er brachte mich um den Verstand, dennoch machte ich weiter, wollte ich ihn doch endlich ganz. Wir bewegten uns langsam in Richtung Schlafzimmer. Als ich seine Haut unter meinen Finger spürte erfüllt mich ein Gefühl von Erlösung. Ich wollte seinen Körper endlich wieder spüren. Ich zog meine Hände unter seinem Hemd hervor und beeilte mich es endlich zu Ende aufzuknöpfen, um es beseitigen zu können. Zusammen mit seinem Jackett fiel es zu Boden. Er fing meine Lippen ein, betäubte mich mit einem fordernden Kuss. Erregung durchfuhr mich, als er sich noch fester an mich drückte – damit war wohl unmissverständlich geklärt, was folgen würde. Doch mein Inneres war schon längst darauf vorbereitet, länger als ich selbst. Seine Zunge strich über meine Lippen, bereitwillig gewährte ich ihr Einlass, ließ damit zu, dass unser Kuss noch intensiver wurde. Ich liebte ihn, ohne Zweifel, und es tat so unendlich gut ihn so zu spüren. Ich ließ mich auf das Spiel ein, zu dem mich seine Zunge aufforderte, genoss diese intensive Verbundenheit mit jeder Faser meines Körpers und wollte einfach nur mehr. Ihm schien es genauso zu gehen. Ich spürte auch seine Ungeduld, als er meinen Hosenknopf öffnete und mir die Hose samt Boxershorts runter zog. Ich half ihm meine Kleidung aus dem Weg zu räumen, im Gegenzug half er mir bei seiner Hose. Die Erregung in meinem Inneren sorgte dafür, dass ich erwartungsvoll zu zittern begann und machte es mir schwer den Knopf zu öffnen. Endlich war auch das letzte Kleidungsstück zwischen uns beseitig und genau in dem Moment, wo sich unsere nackten Körper endlich berührten fiel ich hinten herüber aufs Bett. Die weichen Kissen unter mir, sein warmer Körper auf mir. Wir küssten uns, lange, intensiv, zunächst zärtlich, dann verlangender, gieriger. Wir schnappten nach Luft, nur um unsere Lippen darauf wieder zu vereinigen. Gott, wie hatte ich das alles vermisst! Wir lösten unsere Lippen wieder und er begann sich an meinem Hals herunter zu arbeiten, während ich meinen Kopf nach hinten lehnte um ihm mehr Platz zu verschaffen und genießerisch die Augen schloss. Ich spürte seinen Berührungen so viel intensiver, seine Küsse, seine Bisse, seine sanften Entschuldigungen – ich wollte noch mehr. Meine Hände hatte ich schon längst in seinen Haaren vergraben. Er arbeitete sich weiter runter, umspielte meine Brustwarzen mit der Zunge, brachte mich dazu aufzustöhnen. Ich bog mich seinen Händen entgegen, wollte, dass er niemals damit aufhörte und noch viel weiter ging. Ich spürte, wie er meine Konturen nachfuhr, zärtlich, aber unmissverständlich fordernd. Heizte mich ein und vernebelte meinen Verstand beinah vollkommen. Wie oft hatte ich davon geträumt, dass genau das geschah? Wie oft hatte ich von seinen Berührungen geträumt? Zu oft um es zu zählen, doch sie hatten nie meine Sehnsucht stillen können. Wie auch? Gegen das Original kam keine Traumvorstellung und keine Fälschung an. Ich spürte, wie sich seine Hände gekonnt unterhalb meiner Gürtellinie ans Werk machten, die Innenseite meiner Oberschenkel entlang fuhr, nur um meine Ungeduld noch zu steigern, nur um meine Erregung zu reizen, mich aufstöhnen zu lassen. Ein Zittern durchlief mich, das nach einer Ewigkeit wieder spüren zu können, war fast wie ein Traum und sorgte dafür, dass all meine angestauten Gefühle wieder freien Lauf hatten. Lustvoll stöhne ich auf – er war noch immer so gut wie früher, nein, er war sogar besser, viel besser. Oder war das nur meine Einbildung, die lange Zeit des Getrenntseins? Ich wusste es nicht und es war mir auch egal. Ich wollte jetzt nicht über solche unwichtigen Dinge nachdenken, ich wollte eigentlich gar nicht nachdenken und fast war es mir auch nicht mehr möglich einen klaren Gedanken zu fassen. Seine Berührungen brannten förmlich auf meiner Haut, als er weiter ging und mit einem Finger in mich eindrang. Schmerzen durchzuckten mich, doch ich entspannte mich gleich wieder, es fühlte sich fast an, wie beim ersten Mal, nur, dass mir das alles dafür viel zu vertraut vorkam. Mein Körper hatte dieses Vergnügen schon lange nicht mehr zu spüren bekommen, schien sich aber dennoch gut an alles zu erinnern. Ich hätte mich nicht entscheiden können, ob es Jahre her war, oder doch nur Stunden, doch dafür blieb mir auch gar keine Zeit mehr, denn schon gesellte sich ein zweiter Finger zu dem ersten. Stöhnend drängte ich mich ihm etwas entgegen, versuchte nicht zu hemmungslos zu werden, mich noch etwas unter Kontrolle zu halten. Seine Bewegungen in mir, als er noch tiefer in mich eindrang, trieben mich in den Wahnsinn, ließen mich erneut aufstöhnen. Ich legte meinen Kopf in den Nacken. Ich spürte deutlich, wie sich mein Gehirn endgültig verabschiedete. Schließlich zog er seine Finger zurück, ich öffnete meine Augen wieder, die sicher schon längst lustvergangen glänzten. Wir küssten uns gierig, ich schlang meine Arme um seinen Körper, spürte, wie er langsam mit seiner Erregung in mich eindrang. Es raubte mir den Atem, ließ mich für einen Moment Sternchen sehen, dann fühlte es sich so gut an wie immer. Behutsam begann er sich in mir zu bewegen, wurde schneller. Ich spürte nur noch wie meine Zurückhaltung von den ganzen Empfindungen überrollt wurde und ich laut aufstöhnte. Benebelt schmiegte ich mich an ihn, spürte, wie ich meinem Höhepunkt immer näher kam und krallte meine Hände schon fast in seinen Rücken. Die Emotionen, die ich gerade verspürte, drohten mich zu sprengen, sorgten dafür, dass nur noch Berührungen zählten, sich meine Welt auf ihn beschränkte und alles andere um uns verschwamm. Sein Rhythmus war zugleich sanft und hemmungslos, trieb mich in den Wahnsinn und uns schließlich zu einem gemeinsamen Höhepunkt. Die Wellen der Lust verklangen langsam, doch die Berauschung blieb zurück, sorgte dafür, dass wir einfach so liegen blieben, nach Luft schnappten und uns festhielten. Nichts zählte mehr, außer ihm. Ich spürte unsere glühenden Körper, hörte unseren schnellen Atem und fühlte mich gut – einfach glücklich. Meine Augen drohte vor Erschöpfung zuzufallen, doch ich zwang sie dazu sich noch nicht zu verschließen. Er zog sich aus mir zurück, ließ sich neben mir fallen und nahm mich fest in seine Arme. Ich drückte mich an ihn und sah gerade noch aus meinen Augenwinkeln, den Schatten einer Katze auf der Fensterbank sitzen und sich putzen, dann fielen mir die Augen zu. Sein ruhiger Atem schläferte mich ein, von irgendwo zog er eine Decke über uns, dann spürte ich nur noch seine Wärme und befand mich im nächsten Augenblick schon in der Welt der Träume. ╬▬♠▬╬ Gähnend drehte ich mich um und kuschelte mich wieder an den warmen Körper neben mir. Ich spürte, wie mir eine Hand durchs Haar fuhr und mir jemand zärtlich auf die Stirn küsste. Träge öffnete ich die Augen. „Guten Morgen!“ „Hm“, murmelte ich und wischte den Schlaf fort. „Will noch schlafen.“ Er lachte und sorgte damit dafür, dass mir ein wohliger Schauen über den Rücken lief – ich liebte diesen Lachen. Mit einem lauten Maunzen sprang Uri auf meinen Rücken – aus mit der Ruhe! An weiterschlafen war jetzt definitiv nicht mehr zu denken. Genervt scheuchte ich sie beiseite, doch sie fauchte mich als Antwort nur wütend an. Erst, als ich aufstand um ihr ergeben etwas zu fressen zu geben, gab sie sich zufrieden. Na toll, unsere Katze schaffte es immer wieder mich aus dem Bett zu lotsen, Takeshi schien das auch noch äußerst witzig zu finden. Noch während ich mit Uri beschäftig war, vernahm ich Schritte, die in die Küche schlurften. Noch etwas verärgert über das frühe Aufstehen folgte ich ihm. Er hatte inzwischen das Fenster geöffnet und wie auf Kommando war die kleine Schwalbe aufgetaucht, die er einst vor Uri gerettet hatte, als sie mit gebrochenem Flügel nicht vom Fenstersims hatte fliehen können. Wärme flutete meinen Körper – das Bild war so unendlich vertraut. Ich wollte es für immer festhalten. Gähnend stieß ich mich vom Türrahmen ab, an dem ich mich zuvor gelehnt hatte und begann uns Kaffe zu machen – ohne einen starken Kaffee würde meine Müdigkeit nicht verschwinden. Leise trat er hinter mich um die Arme vor meinem Bauch zu verschränken, sein Kopf lag auf meiner rechten Schulter. Genießerisch schloss ich die Augen und lehnte mich an ihn, spürte seinen nackten Körper an meinem und fühlte mich einfach nur wohl. Eine ganze Weile standen wir einfach nur so da, lauschten dem Atem des anderen und dem Tröpfeln und Rauschen der Kaffeemaschine, sowie dem Wind und dem Vogelgezwitscher, die zum Fenster hereingeweht kamen. Schließlich regte er sich wieder und schlug vor: „Geh’ doch schon mal duschen, ich bereite derweil das Frühstück vor.“ Ich nickte und löste mich widerwillig von ihm. Rasch drückte er mir noch einen Kuss in den Nacken, bevor er sich dem Kühlschrank zuwand und ich im Bad verschwand. Das heiße Wasser wärmte meinen Körper auf, der nach dem Verlassen des Bettes langsam kalt geworden war. Wesentlich wacher und guter Laune verließ ich die Dusche und das Bad schließlich wieder. Mit dem Tuch um die Hüften trat ich in die Küche zurück und nahm dankbar eine heiße Tasse Kaffe von Takeshi an. Während ich mich an den Tisch fallen ließe und meine Finger um die Tasse schloss, stand er auf: „Ich dusche schnell noch, wartest du solange?“ Ich nickte, spürte, wie sich ein sanftes Lächeln auf meine Lippen schob, er strich mir die nassen Haare aus dem Gesicht und küsste mich sanft, bevor er ging. Geduldig wartete ich auf ihn, das aufmunternde Getränk schlürfend. Dann stand ich auf und zog mich an. Kurz darauf trat Takeshi aus dem Bad und half mir, nachdem er sich angekleidet hatte, beim Tischdecken. Nach einem gemütlichen Frühstück – es war genauso köstlich, wie erwartet – verzogen wir uns auf die Coach – den Abwasch erledigte zum Glück die Spülmaschine, ich war viel zu faul dazu. Es war angenehm in seinen Armen zu liegen und den Tag einfach so ausspannen zu lassen. Seine Nähe war alles, was ich brauchte – und ein paar Zärtlichkeiten – ich hätte den ganzen Tag weiter so hier liegen können. Einfach mal die Umwelt vergessen – nur er und ich. Zeit für sich selbst und vor allem für einander zu haben war wirklich schön, dass musste ich zugeben. Leider riss uns das Klingeln des Telefons aus unserer gemütlichen Zweisamkeit. Widerwillig schälte ich mich aus seiner Umarmung. „Moshi moshi?” “Gokudera? Ich bin’s Tsuna!“, vernahm ich vom anderen Ende der Leitung. „Juudaime?! Was verschafft mir die Ehre?“, ich war überrascht, hatte ich doch schon lange nicht mehr mit meinem Kindheitsfreund gesprochen und das, obwohl er ja mein Boss war. Wegen seiner hohen Stellung war er nämlich ziemlich oft auf Geschäftsreisen. „Hast du Lust heute mit uns in den Freizeitpark zu kommen?“ Ich musste leicht lächeln, seine beiden Kinder hielten Juudaime immer ziemlich auf trab und brachten mächtig Leben in das bescheidene Einfamilienhaus, in dem er mit seiner Familie lebte. „Klar, wieso nicht..... allerdings muss ich erst Takeshi fragen, nicht dass er schon etwas geplant hat und-“ „Takeshi?“, wurde ich fragend unterbrochen. „Ja, er...“, ich riet ins stocken „...ist zurück.“ Es war plötzlich, als hätte jemand meinen Schleier von meinen Augen gerissen. Die sündenschöne Realität die mich seit gestern umgab zersprang in tausend nicht kittbare Stücke. Mir wurde bewusste, dass ich ihn noch immer nicht nach seinem spurlosen Verschwinden gefragt hatte – ich hatte mit in einen Strudel des Glücks reißen lassen, allen Schmerz beiseitegeschoben und dabei verdrängt, dass er die letzten vier Jahre nicht einmal von sich hören lassen hatte – hatte den Schmerz der letzten Jahre in den hintersten Winkel verbannt um für ihn Platz zu machen. Warum er überhaupt wiedergekommen war, darüber wagte ich nicht nachzudenken, gab mich lieber der betäubenden Illusion hin, dass es wegen mir sein könnte. Schließlich hatten wir die vergangene Nacht unvergesslich wie früher miteinander verbracht und der Alltag hatte sich dem unbemerkt angeschlossen und mich völlig eingenommen – verhindert, dass ich auch nur einmal über diese Situation nachdachte. Am Rande hörte ich, wie Juudaime Worte der Verwirrung murmelte, bis ich ihn geistesgegenwärtig unterbrach: „Gomen, Juudaime, ich fürchte das klappt nicht. Ich habe noch etwas zu erledigen, bitte geht ohne mich.“ „Gut, aber nur, wenn du Bescheid sagst, wenn etwas ist!“ „Klar, mache ich, bye!“ Ohne auf eine Antwort zu warten legte ich bereits auf. Ich seufzte schwer und musste feststellen, dass meine Hand zitterte. Angst breitete sich langsam in mir aus – alles stand auf dem Spiel, ein Gedanke, der mir überhaupt nicht gefiel. Tief luftholend ging ich ins Wohnzimmer zurück, blieb aber einen Moment in der Tür stehen: „Wir müssen reden!“ Er sah auf und mich abwarten an – es war einer der wenigen Momente, in denen ich Verstehen in seinen Augen erkennen konnte. Ich ließ mich in einen Sessel fallen, fixierte ihn und ergriff wieder das Wort: „Wo warst du in den vergangenen vier Jahren?! Sag es mir – bitte – ich muss es einfach wissen!“ Ich würde diese Unwissenheit nicht mehr lange aushalten und mir war klar, wenn Juudaime mich nicht angerufen hätte, dann wäre ich früher oder später auch allein wieder aus meinem tranceähnlichen Zustand erwacht und hätte ihm diese Frage gestellt. Er blickte stumm zurück und fast rechnete ich nicht mehr mit einer Antwort, als er endlich anfing: „Ich habe dich vermisst.“ Hart schluckte ich, verzichtete darauf ihm auf die Nase zu binden, dass es mir ebenso ergangen war, nach der letzen Nacht würde er das sowieso schon längst bemerkt haben, hatte ich ihn doch schonungslos meine Gefühle offengelegt, nicht in der Lage sie länger zurück zu halten. „Ich hätte alles dafür gegeben bei dir zu sein. Es tut mir leid – ich bereue sehr, dass ich nicht früher zurückkommen konnte.“ Er lächelte traurig, es tat mir weh, aber ich musste die Wahrheit endlich erfahren. Ich brauchte sie, sonst würde ich zugrunde gehen, egal wie weh es tat an die verlorene Zeit zu denken, seinen schmerzverzehrten Gesichtsausdruck zu sehen – es musste sein. Vielleicht sogar gerade, weil die Zukunft noch offen war und somit die Hoffnung auf die Wiederkehr des Glücks. „Du erinnerst dich doch sicher noch an den Tag, als wir uns morgens gestritten hatten – dem Tag, vor vier Jahren?“ „Ja, natürlich, wie könnte ich nicht?!“ „An dem morgen bekam ich einen Anruf. Mein Trainier bat mich in den nächsten Flieger zu steigen und in die Vereinigten Staaten zu fliegen. Ein wichtiger Spieler wurde in einen Unfall verwickelt, wobei er sich den Arm brach und ich sollte für ihn einspringen, um den Wettbewerb noch zu retten. Ich sollte nur drei Tage bleiben, eher bekamen sie keinen anderen Ersatzspieler und ich habe natürlich zugesagt“ Was anderes hatte ich auch nicht erwartet, so war er nun einmal, aber vermutlich hatte er dem lächerlichen kleinen Streit zwischen uns keine Bedeutung beigemessen – so wie ich zunächst auch nicht. „Ich schrieb dann hastig einen Zettel und machte mich auf-“, fuhr er fort, als ich ihn auch schon unterbrach. „Moment mal, du sprichst von einem Zettel? Ich habe NIE einen Zettel gefunden!“ „Nicht? Aber ich habe ihn doch auf den Küchenschrank gelegt, direkt am Fenster – ich bin mir ganz sicher!“ Nachdenklich ließ ich den Tag Revue passieren, sofern ich mich noch an alle Einzelheiten erinnern konnte: Als ich an dem Tag heim gekommen war, war meine Wut schon längst verraucht gewesen. Ich war zwar erstaunt gewesen, dass Takeshi nicht da war, hatte mir aber nichts weiter dabei gedacht – vermutlich war er trainieren gegangen oder hatte einfach in Ruhe nachdenken wollen. Am Abend hatte ich mich mit dem Gedanken, dass er vielleicht bei seinem Vater aushelfen musste beruhigt. Aber als er am nächsten Morgen immer noch nicht zurückgekommen war hatte ich mit der Suche begonnen: Freunde und Bekannte angerufen, war umhergefahren – erfolglos. Unsere gesamte Wohnung hatte ich auf den Kopf gestellt, nach dem kleinen Hinweis von ihm, doch bis auf ein paar fehlende Kleidungstücke war ich nicht fündig geworden – auch keine Notiz. Verzweifelt versuchte ich mich daran zu erinnern, was ich den Tag über gemacht hatte. Als mir Uri in den Blick fiel, die sich gerade streckte, fiel mir wieder ein, wie sie an dem Tag übermütig in der Küche herumgeschwänzelt und über die Schränke geturnt war, bis sie einen Stapel Papiere runtergeschmissen und ich sie dafür rausgeschmissen hatte. Wenn die Notiz auf den Zetteln gelegen hatte, war sie mit heruntergefallen, aber ich hatte doch alles wieder aufgehoben und somit die Notiz finden müssen. Plötzlich kam mir ein Gedanke und ich sprang auf um meine Theorie in der Küche zu überprüfen: Geschickt fischte ich hinter dem Heizkörper, der genau unter dem Fenster neben dem Schrank befestigt war, einen verstaubten Zettel hervor. Ich schluckte hart, als ich die Zeilen las, die Takeshi vor vier Jahren in Eile darauf gekritzelt hatte. Wortlos kehrte ich ins Wohnzimmer zurück und klärte ihn auf, der sah mich daraufhin nur ziemlich bestürzt an und stellte entsetzt fest: „Du hast die ganzen vier Jahre nicht gewusst, wohin ich gefahren war und warum?!“ Ich nickte und fügte hinzu: „Ich dachte, du hättest mich verlassen!“ Ich sah seinen ernsten, entsetzten Blick und wich ihm beschämt aus. „Das ist nicht dein Ernst?! Aber ich habe dir doch immer SMS geschrieben, damit du wusstest, dass es mir gut geht.“ Verwirrt sah ich ihn an. „Gut, ich habe nie viel über das geschrieben, was ich gerade tue, aber ich dachte du hättest meine Notiz erhalten und dann habe ich dir aus dem Hotel doch auch extra eine Nachricht zukommen lassen und ich war fest überzeugt, dass du das alles verstanden hattest. Wie kommst du nur darauf, dass ich dich verlassen hätte – hätte ich dann nicht den Kontakt abgebrochen?!“ Mir wurde schwindelig. SMS? Nachricht aus dem Hotel? Ich verstand nur noch Bahnhof. Schließlich rang ich mich durch und eröffnete ihm, auch wenn ich das Gefühl hatte meine Zunge wäre aus Blei: „Ich habe nie eine SMS von dir erhalten – mein Handy hatte ich bei der Suche nach dir irgendwo verloren. Und eine Nachricht aus deinem Hotel habe ich auch nie erhalten.“ Ruhig schloss er für einen Moment die Augen: „Das ist ein schlechter Scherz!“ Ich schwieg wieder und sah weg. Scheiße! Was für eine Scheiße! Ich verstand die Welt nicht mehr, was war nur los in diesen verfluchten vier Jahren gewesen?! Ja, verflucht, dass waren sie definitiv. Soviel Pech konnte ein einziger Mensch doch gar nicht besitzen, oder? Ich konnte ihn gut verstehen. Auch ich war der Auffassung, dass das einfach alles nicht wahr sein konnte. Die ganzen vier Jahre über wollte er mir immer Nachrichten geschrieben haben, er war in dem Glauben, dass ich sie las weiter gezogen – wohin auch immer, das wusste ich nämlich immer noch nicht, doch in Anbetracht dessen, was ich gerade erfahren hatte war es auch gerade nur zweitrangig. Das konnte einfach nicht sein!! Inzwischen hatte er wieder die Augen geöffnet und sah mich jetzt ernst an: „Ich habe die ganze Zeit gedacht, du schreibst nie zurück, weil du sauer bist, dass ich einfach so abgehauen bin – nach einem Streit – und mich so lange durch die Weltgeschichte hangle, anstatt endlich zurück zu kommen – dass du die Mitteilungen nie erhalten hast, damit hätte ich nie gerechnet – ich habe echt gedacht du weißt Bescheid!“ Sein Blick war schmerzvoll und dann sagte er etwas, womit ich nicht gerechnet hätte: „Scheiße! Du hast es die ganze Zeit nicht gewusst und ich Trottel habe dich allein gelassen!!“ Ich schwieg nur, hörte wie er aufstand und zu mir kam, mich in seinen Arme zog, nahm noch wahr, wie Uri verärgert maunzend abzog, bevor ich alles ausblendete und mein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub. Es tat so gut! Seine Wärme beruhigte mich, sein Körper schenkte mir Halt. Sanft spürte ich seine streichelnden Hände auf meinem Rücken. Ich klammerte mich in sein Hemd und ganz allmählich stahl sich eine einzige Träne aus meinen Augen. In seinen Armen fühlte ich mich geborgen, es war als versteckte er mich vor der Welt – einer Welt die mir in den vergangenen Jahren unerträgliches Leid zugefügt hatte und Qualen hatte erleiden lassen. Wie ein Fels in der Brandung hatte er mich aus dem Sumpf der Verzweiflung gezogen, es fühlte sich gut an und Erleichterung überkam mich – beruhigte mich. Das erste Mal, seit er gestern Abend wieder in unserer Küche stand, hatte ich das Gefühl, dass er nun wirklich zurück war, dass das alles keine Illusion, keine schmierige Lüge war, sondern Realität. Ich hielt mich weiter an ihm fest, ließ die Nähe und Wärme seines Körpers auf mich wirken, Erinnerungen hervorrufen und ein Band zwischen der Zeit vor vier Jahren und dem Moment hier – der Vergangenheit und Zukunft – knüpfen – stark genug uns wieder zu tragen. Die vier Jahre ohne ihn, waren verlorene Jahre, die Erinnerung daran war verschwommen und würde bald ganz verblasst sein, spätestens, wenn er wieder zum Alltag wurde. Nach einer Weile, als ich mich wieder besser fühlte, mich innerlich wieder völlig gefasst hatte, zog er mich neben sich auf die Coach, legte den Arm um meine Schultern und klärte mich rasch auf, weswegen er solange fort war: In Amerika war ihm später nach dem erfolgreichen Spiel wieder ein Brief ins Auge gefallen, den der Postbote ihn kurz vor der Abreise in die Hand gedrückt hatte, als er Jirou rasch bei seinem Vater hatte unterbringen wollen. Seinen Vater hatte er aber nicht angetroffen und in der Eile den Brief mitgenommen. Weil er den Brief nun einmal mitgenommen hatte, öffnete er ihn auch und stellte so fest, dass dieser von seiner todkranken Mutter stammte – die ihn und seinen Vater damals verlassen hatte, aber scheinbar nun Frieden mit ihnen schließen wollte. Takeshi fasste den Entschluss seine Mutter aufzusuchen, weil er feststellen musste, dass der Brief schon vor einigen Monaten abgeschickt worden war, doch die Suche nach ihr stellte sich schwieriger heraus als erwartet. Seine Mutter war mehrmals umgezogen – um in der Nähe eines guten Krankenhauses zu leben, für alle Fälle, wie er später erfuhr – und durch das Auftreiben der neuen Adressen nahm die Suche eine lange Zeitspanne ein, so dass er seine Mutter erst wenige Tage vor ihrem Tod endlich antraf. Doch dann ging das Chaos erst richtig los, als einziger Verwandter musste er sich ums Erbe kümmern und dann tauchte drei Geschwister auf, die behauptete, dass seine Mutter auch ihre gewesen sei – die Sache wurde immer verstrickter, bis sich schließlich ungeahnte Reichtümer auffanden und die Fremden als Erbschleicher entlarvt wurden. Das ganze Schmierentheater spielte dazu noch in einem kleinen Dorf irgendwo in der Pampa, wo Takeshis Mutter einst lebte und ihr Testament und ihr Erbe vermerkt waren, sodass man nicht auf viel Hilfe zählen konnte und alles ziemlich lange dauerte. Zeitweise musste er sich mit Jobs durchschlagen um überhaupt überleben zu können – so grob war das Takeshis Erlebnisse der letzten Jahre. Letztendlich wunderte ich mich nur, wie er mit seinem miserablen Englisch überhaupt so weit gekommen war. „Wo hast du Jirou denn gelassen? Du hast ihn doch hoffentlich nicht in deiner Not verkauft?“, fiel mir plötzlich auf. „Nein nein, keine Sorge, ich habe ihn bei meinem Vater abgesetzt, weil ich dachte, wir machen uns ein schönes Wochenende, was wir auch dringend nötig haben.“ „Der arme Hund hat bestimmt viel durch gemacht“, meinte ich neckisch. „Hm, ja, aber nicht nur er“, sanft zog er mich wieder näher an sich, vergrub sein Gesicht in meinem Haar. „Um ehrlich zu sein, habe ich schon fast selbst nicht mehr daran geglaubt, wieder nach Hause zu kommen!“ Tröstend drängte ich mich gegen ihn. Wir schwiegen, dankbar für unsere wiedergewonnene, gemeinsame Zukunft. „Darf ich bleiben?“, fragte er auf ein Mal aus heiterem Himmel. Ich sah in überrascht an. Seine Augen spiegelten Verlegenheit und Unsicherheit wieder. Wut stieg in mir auf, am liebsten hätte ich ihm dafür eine geklatscht. Was für ein Idiot! Was für ein RIESEN Baseball-Baka!! „Natürlich, Baka!“, fauchte ich ihn an, drehte mich aber beleidigt weg. Ich hasste es ihm meine Gefühle auf die Nase binden zu müssen – das war einfach nicht meine Stärke und fühlte sich ungewohnt an. Außerdem wusste er das doch alles genau. Einmal abgesehen davon, dass ich wohl kaum hier sitzen und ihm zuhören würde, wenn es anders wäre. Wir hatten uns doch bisher immer ohne viele Worte verstanden und auch jetzt taten wir das noch! Also warum spielte er den Unwissenden? Volltrottel!!! Sanft schlang er von hinten die Arme um mich, zog mich auf seinen Schoß und murmelte sein Gesicht wieder in mein Haar verkriechend: „Hätte ja sein können.“ Nun wurde mir bewusste, dass auch er Angst hatte. Ich wusste nicht ob ich den Gedanken, dass dem so war und er diesen Umstand nicht völlig verbergen konnte, beruhigend oder beunruhigend finden sollte. Das er Schwäche zugab war ungewohnt, weil er stets ruhig und gelassen wirkte, er zerstörte unsere Routine und schuf Unsicherheit in meinem Inneren, mein festes Standbein im Leben geriet ins Wanken. Dennoch beruhigte es mich auf gewisse Art und Weise, zu wissen, dass auch er verletzlich war. Es machte mich froh, dass er mir seine Gefühle anvertraute und ließ die tiefe Verbundenheit zwischen uns aufleuchten. Wissend, dass seine Zweifel wieder verschwunden waren und er davon überzeugt sein konnte, dass ich ihm keine Schuld an der zerbrochenen Kommunikation über die vergangenen vier Jahre gab kuschelte ich mich lächelnd an ihn. Seine Hände wanderten meine Seiten entlang, langsam zärtlich, aber zielgerichtet, schließlich konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und fing lauthals an zu Lachen – verdammt, ich war dort kitzelig! Für eine kleine Weile rollten wir uns ineinander verhakt über die Coach, bis es mir gelang mich in seiner Umarmung zu drehen und ich ihn frech angrinsen konnte, worauf er nur verlegen lächelte, bis ich unsere Lippen mit einem Kuss versiegelte. Er zog mich am Nacken weiter nach unten und drückte mich fest an sich. ╬▬♠▬╬ „Ah, Takeshi, Hayato! Gut, dass ihr kommt, ich habe zufällig was gefunden!”, angeführt von Jirous aufgeregtem Gebelle und Gehüpfe trat Takeshis Vater aus seinem Laden um uns zu begrüßen. Als hätte er sein Herrchen wochenlang nicht mehr gesehen kläffte Jirou aufgeregt und ausführlich, dabei hatte er ihn gerade mal vorgestern hergebracht – wir hatten uns dazu entschlossen Jirou noch am Abend abzuholen, irgendwie hatte ich Mitleid mit dem Kleinen, außerdem wollte ich meine ganze Familie wieder bei mir haben, und der kleine Kläffer gehörte nun einmal auch dazu, wenngleich ich das auch nicht zugeben würde. „Yo, To-san, was gibt’s denn?“ Erstaunt nahm Takeshi ein rechteckiges, kleines, schwarzes Ding entgegen und hielt es mir nach kurzem betrachten hin. Ich begriff: „Mein Handy!“ Ich hätte nie damit gerechnet es wieder zu finden, aber jetzt wusste ich, wo es gelandet war. Rasch tauschte ich die SIM-Karten aus, ich war ziemlich neugierig, ob die Mitteilungen alle angekommen waren. Wirklich, oh technisches Wunder, sie waren alle da. Tausende von entgangenen Anrufen und abertausend von SMS. Schelmisch grinste ich Takeshi an: „So, jetzt wollen wir mal überprüfen, ob du auch die Wahrheit gesagt hast!“ Ich öffnete die erste Mitteilung und dann die nächste und übernächste – konnte mich gar nicht mehr losreißen. Sie waren nie besonders lang, aber der Inhalt war umso bewegender und jede Mitteilung enthielt einen Liebesgruß – mir wurde ganz warm ums Herz. Ich weiß nicht, wie lange ich da gestanden und Takeshis Nachrichten verschlungen habe, aber schließlich unterbrach er mich mit den Worten: „Die kannst du später auch noch lesen.“ Er gab mir einen Kuss und zog mich mit ins Restaurant. Jirou folgte munter bellend. ╬▬♠▬╬ „Hmmmm....“ Ich kuschelte mich enger an ihn. „Tsh..“, verärgert öffnete ich langsam die Augen, denn länger konnte ich das Pieksen, Treten und Kratzen auf meinem Rücken nicht mehr ignorieren. Genervt drehte ich mich und bereute es gleich. Uri fauchte wütend auf und krallte sich in mein Gesicht. „Verdammt!“ Wütend befreite ich mich von dem frechen Wollknäuel und warf sie mehr oder weniger aus dem Bett. Neben mir brummte Takeshi und öffnete verschlafen die Augen, ich wollte gerade auf seinen fragenden Blick antworten, als ich Uri durch die Wohnung toben hörte. Hastig sprang ich auf, zog mir meine Boxershorts an und machte mich auf um das Schlimmste zu verhindern. ▬▬▬▬ Es war ein Bild für die Götter, wie Hayato verzweifelt Uri jagte und Jirou ihm dabei munter vor und zwischen den Beinen herumsprang. Gefauche, Gerufe und Gebelle füllte die Wohnung – wenn sich da mal nicht nachher die Nachbarn beschwerten, wenn es so früh am Morgen schon solch einen Lärm gab. Lachend saß ich im Bett und beobachtete das Geschehen – wirklich sehr amüsant. Verärgert blieb er plötzlich in der Tür stehen – verwuschelte Haare, die Müdigkeit noch in den Augen und nur mit Boxershorts bekleidet. „Du könntest mir auch mal helfen, Baka! Halt gefälligst deinen Hund im Zaum und sitz hier nicht so dreist lachend rum!“, fauchte er mich an – genau wie Uri. In solchen Dingen war er oft wirklich wie ein kleiner, widerspenstiger Kater – mein kleiner Kater! „Wieso, zugucken ist doch viel lustiger!“, erwiderte ich nur, was ihn natürlich noch wütender machte. Hätte er Krallen gehabt, hätte er mir diese wohl genau jetzt in die Augen geschlagen. In diesem Moment sprang ihn Uri wieder ins Gesicht, entschlüpfte aber seinen Händen und die Verfolgungsjagd begann von vorn. Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus. In den letzten Jahren war ich von Ort zu Ort gereist, von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf, immer auf Achse und von Fremden umgeben. Ich war von anderen umringt und dennoch allein. Letztendlich war die seelische Einsamkeit besonders schwer gewesen. Ohne meine Freunde und vor allem ohne IHN war es nicht das Leben gewesen, was ich wirklich leben wollte. Manchmal hatte ich daran gezweifelt, ob er noch auf mich warten würde, war sogar kurz davor gewesen aufzugeben. Zweifel hatten mich zeitweise betäubt, aber mit einem Ziel vor Augen konnte ich diese Hürde meistern – ich konnte doch eigentlich nur gewinnen, ihn zurückbekommen. Verlieren konnte ich hingegen nichts, besaß ich doch außer meinem und Jirous Leben in dem Moment nichts mehr. Dass er auf mich gewartet hatte machte mich glücklich – mein kleines, persönliches Wunder, nach all den Jahren. Zurück zu Hause war ich einfach nur froh, wieder heim gekommen zu sein. Das Bild der Verfolgungsjagd, dass sich mir immer noch bot, löste ein Gefühl von Vertrautheit und Heimat in mir aus – mir wurde klar, ich war nun wirklich zu Hause. Dieses Gefühl hatte ich noch nie so stark empfunden, selbst früher nicht. Aber wie heißt es so schön: was wahres Glück bedeutet, merkt man erst, wenn man es verloren hat. So war es auch hier, mit dem Unterschied, dass ich mein Glück und Heim nur für kurze Zeit verloren hatte und nicht für den Rest meines Lebens. Ich hatte das alles so vermisst, hatte ihn vermisst. Ich liebte diesen Alltag und ich liebte dieses Leben, sowie ich ihn liebte – hier war ich wirklich zu Hause. ╬▬Ende▬╬ -- Moshi moshi = Hallo, Guten Tag ect. tja, diesmal ist es etwas dramatischer geworden, ich hoffe es hat euch gefallen hier findet sich auch meine erste yaoi-szene, also nicht wundern, wenn sie grausig ist^^" es ging mal wieder um Gokuderas Gefühle, tut mir leid, aber ihn kann man so schön zum Opfer machen. als kleinen Bonus hab ich aber noch Yamamotos Sicht mit eingebracht^^ ich würde mich sehr über kommis freuen^^ LG Love Means To Accept -------------------- Love Means To Accept Er war stets gut gelaunt, stellte sich mir immer wieder hartnäckig in den Weg, flog regelmäßig auf die Schnauze und wusste nie wann er mir genug auf die Nerven gefallen war, sodass ich ihn aus meiner Reichweite prügeln musste. Doch egal, wie oft ich auch glaubte ihn endlich los zu sein, er kam immer wieder zurück und das ganze Theater begann von vorn – er war wie ein Bumerang, ein fehlgesteuerter noch dazu, sonst hätte er nicht mich als Aufbruch- und Ankunftspunkt gewählt. Dazu kam, dass er ernorm widerstandsfähig war, egal wie oft ich ihm meine Abneigung einprügelte, er lernte es einfach nicht – vielleicht wollte er auch einfach nicht begreifen. Mich hatte schon lange das Gefühl beschlichen, dass ich nur von solchen nervtötenden Bastarden umgeben war – Zeit das zu ändern, wenn da nicht noch diese unwürdigen Kakerlaken wären, die in Namimori unerlaubt ihr Unwesen trieben und die es zu beseitigen galt. •○•○•○•○•○•○•○• Unberechenbar, zornig, aggressiv und undurchschaubar – so war er. Reborn hatte ihn mir damals als Problemkind angekündigt und damit so ins Schwarze getroffen, wie noch nie zuvor. Kyoya war ein Problemkind, das es zu bändigen galt – sofern man dazu überhaupt in der Lage sein konnte. Wirklich freundlicher oder ruhiger war er seitdem nicht geworden, doch ich bildete mir ein, dass mein Training mit ihm nicht so erfolglos gewesen war, wie es noch außen scheinen mochte. Er war DIE Herausforderung meines Lebens, die es mindestens genauso lange zu bestehen galt. Trotz seiner abweisenden Haltung zog er mich an, wie ein Magnet. War es sein distanziertes Verhalten? Oder war es einfach nur der Drang all seine Geheimnisse, das was er hinter der Abweisung verbarg, zu ergründen um ihm so näher zu kommen als jeder andere? Vermutlich letzteres. Je älter er wurde, desto gelassener und ruhiger wurde er auch, niemals seine gefährliche Aura, die ihn umgab, verlierend – zumindest in meinen Augen. Mit seiner innerlichen Ruhe kam auch seine Umgänglichkeit, oder war das auch nur wieder eine Einbildung meinerseits? Was ich auf jeden Fall wusste war, dass der ältere Kyoya noch gewisse andere Vorzüge besaß, von denen ich nur allzu gerne Gebrauch machte. •○•○•○•○•○•○•○• Entgeistert stand ich in meinem Büro. Die Tür war gerade hinter mir ins Schloss gefallen – er saß auf meinem Stuhl. Ich fragte mich erst gar nicht, wie es ihm gelungen war unbemerkt hereinzukommen, ich wusste nur, dass ihn wohl jeder andere augenblicklich von meinem Stuhl geworfen hätte, da die nun einmal der Platz des Cavallonebosses war, aber auch das war mir egal, er durfte das – eigentlich interessierte mich nur eins: Kyoya war wegen mir nach Italien gekommen! Ein absurder Gedanke, denn ich wusste, dass er Namimori nie verlassen würde, es sei denn etwas besonders wichtiges und spektakuläres würde ihn dazu zwingen. Als Mafiaboss war ich über alle Geschehnisse weltweit genaustes informiert und so war mir auch klar, dass es nichts dergleichen gab, was Kyoya hätte nach Italien locken können, also blieb für mich nur der Schluss übrig, dass Kyoya wegen mir gekommen war. Seit mehr als einem Moment war ich nicht mehr in Japan gewesen. Nicht, dass es zu viel zu tun gab, aber es war immer noch zu viel um mir eine Woche Urlaub zu schenken. Das Kyoya die Initiative ergriffen hatte, konnte nur bedeuten, dass auch er mich vermisst hatte. Einen deutlicheren Hinweis konnte es nicht geben, zumindestens nicht von ihm. Er war halt ein Fall für sich, so wie natürlich auch unsere Beziehung. „Was grinst du so dämlich?“ Kyoya schien scheinbar genug von meinem Schweigen zu haben, aber ich konnte seiner Bitte nicht folge leisten, dafür freute ich mich einfach zu sehr ihn wiederzusehen. Hätte ich ihm das gesagt, hätte er mich vermutlich nur geschlagen, also behielt ich den lieber Gedanken für mich. „Kamikorosu?“ „Schon gut, Kyo-chan“, lachte ich beschwichtigend, stattdessen fragte ich scheinheilig. „Was treibt dich nach Italien?“ Gespielt gelangweilt ließ er seinen Blick durchs Zimmer schweifen. Woher ich wusste, dass das nur gespielt war? Ganz einfach, ich wusste einfach, dass seine ganze Aufmerksamkeit mir galt – auch wenn er das mit keinem Wort und keiner Bewegung verriet, aber ich kannte ihn einfach zu gut um mir dessen nicht sicher sein zu können. „Geht dich nichts an!“, ließ er sich schließlich doch noch zu einer Antwort herab. „Aber Kyo-chan!“ „Das wäre zu hoch für dein Spatzenhirn und jetzt hör gefälligst mit diesem albernen `Kyo-chan` auf.“ „Aber, Kyo-chan, so nenn ich dich doch immer!“ „Ich kann mich nicht daran erinnern, es dir je erlaubt zu haben.“ „Sei doch nicht so engstirnig, Kyo-chan!“, ich wusste genau, wie er sich am besten aus der Reserve locken ließ. Provokation war das beste Mittel um ihn dazu zu bringen die scheinbare Distanz zwischen uns zu überwinden und war diese Distanz erst einmal überbrückt, dann wurde er nachgiebiger und gutmütiger. Er wehrte sich nicht mehr gespielt angeneigt gegen meine Zärtlichkeitsbekundungen. „Scheinbar wird es mal wieder Zeit dir deine Unverschämtheiten auszuprügeln. Kamikorosu!“, merkte er schließlich an und sprang ohne Vorwarnung aus dem Stuhl auf, zog seine Tonfas und griff mich an – das Übliche. Lachend wich ich ihm aus, zog meinerseits meine Peitsche und entriss ihm seine Waffen geschickt – wenn er seine Herausforderungen nicht ernst meinte, gelang mir dies mir stets mit Leichtigkeit. Ich zog ihn zügig in meine Arme, drückte ihn so eng an mich, dass seine Gegenwehr keine Chance auf Erfolg hatte. „Lass mich los!“, fauchte er, seine Hilflosigkeit verbergend. Ich gab nach, aber nur um ihm so rasch einen Kuss aufzwingen zu können und dann ebenso schnell aus seiner Reichweite zu flüchten. Wütend funkelte er mich an und wischte sich über den Mund – mochte er nach außen hin auch wirken, als ob ihn mein Handeln kalt gelassen hatte, wusste ich doch, dass er genau das mit seiner Herausforderung provozieren hatte wollen. Irgendwann würde ich ihn dazu bringen können seine Mauer aus Distanz erst gar nicht mir gegenüber wieder aufzustellen, dann würde ich sie auch nicht jedes Mal aus neue wieder einreißen müssen. Ich konnte ihm ansehen, dass er langsam lockere wurde, gegen unseren nächsten Kuss würde er sich nicht mehr so wehren, er würde ihn genießen können. Ich schnappte mir mein Telefon und bat Romario einen Wagen bereit zu stellen: „Wir machen eine Tour nach Rom.“ Er stellte keinen Fragen, schien Bescheid zu wissen. Wenn es um Kyoya ging sagt er nie etwas, er verlor nie ein Wort über unsere Treffen oder unsere Beziehung – man konnte sich einfach immer auf ihn verlassen. Mein Entschluss den Nachmittag Kyoya durch die Hauptstadt zu führen stand fest. Es würde eine unvergessliche Tour für ihn werden – zumindest würde ich alles dafür tun, auch wenn das nicht leicht werden würde. Aber wenn er schon einmal in Italien war musste man das doch nutzen, immerhin sollte man mir später nicht nachsagen, dass ich nur ans eine gedacht und ihn die berühmten Sehenswürdigkeiten des Landes verwehrt hätte – nicht das er wirklich Interesse daran besäße. •○•○•○•○•○•○•○• Den ganzen Nachmittag, seit geschlagenen vier Stunden, schleppte er mich jetzt schon durch diese verfluchte Stadt. Inzwischen war es schon Abend geworden und noch immer kein Ende in Sicht. An die Namen der vielen Sehenswürdigkeiten konnte ich mich jetzt schon nicht mehr erinnern und er hörte immer noch nicht auf. Ich hatte keine Ahnung, wie lange er diese Folter noch fortzuführen gedachte und bei seiner Ausdauer und Starköpfigkeit wollte ich es fast schon wieder nicht mehr wissen. Ich wusste nur, dass ich wegen dieser Millionenstadt und den unerträglichen Menschen ganz bestimmt nicht nach Italien gekommen war. Das Problem war mal wieder er – war ja wohl auch nicht anders zu erwarten gewesen. Dementsprechend hatte ich auch schlechte Laune und verpasste keine Chance den Menschen um uns herum dies auch spüren zu lassen. Weise wie sie waren machten sie bereits einen großen Bogen um uns – nein, sie waren nicht weise, Pflanzenfresser waren nicht weise, sie handelten lediglich nach ihren Instinkten und eben diese hielten sie von uns fern. Irgendwann wurde es dunkel und wir irrten noch immer umher. Mich wunderte es bereits, dass Dino in seinem Stadtführeranfall daran gedacht hatte ein Lokal aufzusuchen und uns eine Essenspause zu gönnen – sogar eine ruhige Ecke, hatte er organisiert, sodass meine überstrapazierten Nerven wenigstens für einen kleinen Moment ruhe vor nervigen Kakerlaken fanden – wenn auch nicht vor Dino selbst. Als ich gerade feststellte, dass uns noch zwei Stunden bis Mitternacht blieben und somit noch zwei Stunden Überlebensfrist für Dino – ich hatte mir geschworen ihn umzubringen, wenn ich um Punkt Mitternacht nicht in irgendeinem Bett lag oder zumindestens irgendwo meine Ruhe bekam – verkündete er mir, dass wir nun unsere letzten Sehenswürdigkeit gegenüberstanden. Und das sollte nicht die einzige Überraschung bleiben. Nachdem er uns mithilfe seinen Familiennamens Zugang zu dem bereits geschlossenen Petersdom verschafft hatte verriet er mir: „Jetzt sind wir ganz alleine, kein Tourist wird uns stören und du kannst dich so lange wie möglich umgucken.“ Ich war überrascht zu hören, dass er sich noch an meine Abneigung gegenüber Menschenansammlungen erinnern konnte, hatte er mir doch am Rest des Tages bereits daran zweifeln lassen. So kam es, dass ich mich sogar dazu herabließ dem Dom ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken – die Ruhe war hier wirklich angenehm und die Kühle des alten Gemäuers beruhigte den von der Sonne aufgeheizten Kreislauf. Schlussendlich war ich aber froh, als wir auch diesen Besichtigungspunkt hinter uns brachten – keine unwürdigen Touristen mehr, nur noch ein nerviger Dino, doch darauf war ich bereits vorbereitet, war ja schließlich nicht das erste Mal. Zudem gab es ein paar interessante Methoden ihn ruhig zu stellen – naja, fast ruhig –, außer ihn aufwendig zu Tode prügeln zu müssen. Diese Nacht würde kein Problem werden. •○•○•○•○•○•○•○• Ich hatte es geahnt, Kyoya war mit diesem Ausflug nicht zufrieden. OK, mir war von Anfang an klar gewesen, dass Ausflüge, Stadttouren und Co überhaupt nicht sein Fall waren, aber ich hatte wirklich daran geglaubt, dass er sie schätzen würde – irgendwie zumindest. Nun lag ich neben meinem kleinen, teufelhaften Engel im Bett und musste feststellen, dass der vergangene Nachmittag reinste Verschwendung war. Er würde sich sowieso an keines der Sehenswürdigkeiten erinnern, geschweige denn an das, was ich ihm dazu erzählt hatte. Da hatte ich mir den Nachmittag für ihn um die Ohren geschlagen, mir in Windeseile eine grandiose Tour einfallen lassen und alles für die Katz. Ich hätte ihn gleich ins nächstbeste Hotel schleppen sollen. Mal wieder war mir entgangen, wie unkompliziert er sein konnte, seine Ansprüche waren in diesem Bereich überraschend niedrig – und wie dämlich ich selber manchmal war, zu naiv um diesen Umstand zu erkennen. Alles sollte unvergesslich perfekt werden, dabei war ihm das doch alles völlig egal. Ich hatte mir doch wahrhaftig Sorgen darum gemacht, dass er unzufrieden sein könnte, es ihm hier nicht gefallen könnte – dabei wollte ich ihm doch einen Grund liefern wieder zu kommen – und ich einfach zu langweilig war, wenn ich ihn für den Rest des Tages, und der Nacht, ans nächstbeste Bett kettete. In solchen Dingen war ich wohl einfach zu voreilig und er zu nachsichtig. Ich wunderte mich immer noch, dass er das alles einfach so über sich ergehen lassen hatte. Mich beschlich der Verdacht, dass er damit einfach nur vertuschen wollte, dass er eigentlich nur eins wollte und der Rest der Welt ihm deswegen total egal war. Schon wieder etwas, was mir viel zu spät bewusst wurde – zum Glück noch nicht ZU spät. Nicht auszudenken, wenn Kyoya Schluss gemacht hätte, weil er sich missverstanden fühlte! Nicht dass ich ihn einfach so hätte ziehen lassen, aber seinen Dickschädel erneut zu überzeugen hätte weiter, unnötige Zeit in Anspruch genommen. Innerlich musste ich auflachen. Kyoya und Schlussmachen. Dabei würde er noch nicht einmal behaupten, dass wir zusammen waren. Gut in seiner Gegenwart würde ich das wohl auch so niemals sagen, immerhin war unsere Beziehung viel zu filigran und besonders dafür – und darüber hinaus noch SO viel mehr als ein einfaches Zusammensein. Ein weiteres Problem war die Entfernung zwischen Japan und Italien, die unser Beisammensein stark einschränkte und auch sonst auch nur eine dünne Verbindung zuließ – jederzeit fähig zu reißen. Manchmal machte es mir einfach nur Angst, wenn ich mir bewusst wurde, wie viele Kilometer zwischen uns lagen und vor allem, wie lange es wieder dauern würde, bis wir diese überwinden würden können. Ein Wiedersehen mit ihm war das Kostbarste überhaupt, doch die Kürze der Zeit, die uns lediglich blieb, war erschreckend. Für meinen Geschmack verbrachte ich sowieso viel zu wenig Zeit mit ihm. Aber wie sich heute gezeigt hatte, war es inzwischen wohl auch ihm bewusst geworden – dieser Umstand bereitete mir schon wieder größere Sorgen. Ich wollte nicht, dass an so etwas unsere Beziehung zerbrach, nur weil wir so weit von einander entfernt waren, vielleicht begannen uns auseinander zu leben, uns aus den Augen verloren. Leider war die Lösung dieses schwerwiegenden Problems nicht leicht zu finden – noch weniger als man erwarten mochte. Ich konnte meine Famiglia in Italien schlecht im Stich lassen und Kyoya würde sich nie von seinem geliebten Namimori trennen. Einzig der Umstand, dass er heute zu mir geflogen war zeugte davon, dass ich doch wichtiger als diese Stadt war und gegen sie nicht schon längst verloren hatte. Eine schreckliche Vorstellung, aber durchaus im Rahmen der Möglichkeiten. Ich fühlte mich einem scheinbar unlösbaren Problem gegenübergestellt – wehrlos und angreifbar. Blieb nur zu hoffen, dass ich das ändern konnte. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich spürte, wie sich mein kleiner persönlicher Teufel ein wenig enger an mich drückte. Ich liebte es Kyoya im Schlaf zu beobachten, denn dann geschahen solche Dinge wie jetzt – Dinge die er niemals im wachen Zustand tun würde, niemals. Ich konnte es nicht zu 100% sagen, aber wenn ich ihn mir so ansah und diese Verhalten richtig deutete – wovon ich überzeugt war –, dann hatte auch er mich sehr vermisst. Mir gefiel die Vorstellung, dass er sich nähesuchend an mich schmiegte. Ich genoss diese Nähe, hatte ich sie doch schon so lange nicht mehr zu spüren bekommen, in dem Wissen, dass es auch ihm nicht anders ging. Jemanden zu vermissen war furchtbar und auch der Umstand, dass es ihm genauso ging erleichterte die Situation nicht, es beruhigte mich aber zu wissen, dass ich mit meinen Gefühlen nicht allein war. Auch wenn er es nie zeigen würde, kannte ich seine Gefühle genau, denn ich konnte den Schmerz in seinen ausdruckslosen Augen lesen. Eine Kunst die niemand außer mir beherrschte, aber wenn man ihn kannte, dann konnte man auch die emotionslosesten Handlungen deuten. Kälte beherrschte seinen Blick stets in zwei Situationen: erstens, wenn er einem Feind gegenüberstand, den er zutiefst verabscheute – nicht das dem nicht immer so war – und zweitens, wenn er sich von mir verabschiedete. Die leeren Augen waren wie ein Schutz vor Schmerz in diesem Moment, nicht zu vergleichen mit dem Blick, wenn er kämpfte, denn dann war es einfach nur Verachtung, welche sein Herz füllte. Es war nicht einfach aus so einem verschlossenen Menschen etwas wie Gefühle heraus zu kitzeln, aber man lernte automatisch mehr auf die Details, die kleinen Andeutungen zu achten, sie zu deuten und zu verstehen – etwas, was ich inzwischen perfekt beherrschte. Mochte die restliche Welt Kyoya für ein kaltherziges Monster halten, ich wusste dass dem nicht so war. Mein Blick fuhr wehmütig die Konturen seines Gesichts nach. Ich hielt mich zurück ihn anzufassen, nachher würde ich ihn dadurch nur aufwecken und ich wollte dass er weiter so friedlich schlief, einmal abgesehen von der Tatsache, dass Kyoya mich dann wohl hätte umbringen wollen. Eine Weile noch wollte ich meinen trüben Gedanken hinterher hängen. Ich fragte mich im Stillen, wann er wohl wieder würde gehen müssen – wann es wieder Abschied nehmen hieß. Eigentlich wollte ich nicht daran denk, aber der Gedanke schob sich zu meinem Bedauern unaufhaltsam immer wieder in den Vordergrund meines Kopfes. Wie lange würde ich ihn für mich haben? Ein paar Tage? Eine Woche? Oder vielleicht sogar zwei? Ich würde ihn gleich morgen fragen, auch wenn ich unsere gemeinsame Zeit viel lieber ohne den bedrückenden Schatten des Abschieds genießen würde – leider ließ sich das nicht ändern. Das einzige was mir bleib, war die Zeit für ihn so angenehm und unvergesslich wie möglich zu machen, mich mit dem Gedanken zu trösten, dass ich ihn irgendwann wieder sehen würde und diesen unglücklichen Schicksalsweg zu akzeptieren – wenn ich in Japan geboren worden wäre, dann könnte ich ihn vielleicht jetzt immer sehen, aber die Chance das wir uns dann über den Weg gelaufen wären war andererseits ziemlich gering. Mit einem leisen Seufzen schloss ich die Augen und versuchte mich aufs Hier und Jetzt zu konzentrieren, was mir langsam auch gelang. Müde zog sich Kyoya noch etwas näher an mich, festigte den Griff meines Arms um seine Hüften und schloss die Augen. Sein warmer Atem traf dort auf meine Brust, wo mein Herz schlug – es kitzelte leicht und sehr angenehm. Erneut gähnte ich – letztendlich war es auch für mich ein anstrengender Tag gewesen. Zufrieden genoss ich einfach nur seine Nähe, während ich langsam einschlief. •○•○•○•○•○•○•○• Gähnen streckte ich mich. „Hast du auch endlich ausgeschlafen?“, begrüßte mich seine Stimme, noch bevor ich meine Augen öffnen konnte, um ihn auszumachen, dass er nicht mehr neben mir im Bett lag wusste ich bereits, denn dann hätte ich schon längst einen Schlag ins Gesicht bekommen, als Strafe für den Lärm, den mein Gähnen verursacht hatte und durch den er sich in seinem Schlaf gestört gefühlt hätte. Ich ließ meinen Blick durchs spärlich eingerichtete Zimmer schweifen und entdeckte Kyoya im Schneidersitz auf der Terrasse sitzend. Er trug einen grauen Yukata und sah raus in den tauverhangenen Garten. Noch müde kletterte ich aus dem Bett und wollte mich zu ihm gesellen, als er warnend meinte: „Zieh dir gefälligst vorher was an, es sei den du möchtest ein Bad nehmen.“ Beim Gedanke an ein unfreiwilliges Bad im kalten Wasser des Gartenteiches bekam ich eine Gänsehaut. Rasch zog ich mir meine Boxershorts an. Er brummte missmutig, sagte aber nichts weiter. Ich umarmte ihn behutsam von hinten: „Du hast gesagt, ich soll mir etwas anziehen, aber nicht alles.“ Er wehrte sich nicht, hatte sich an meine Zeichen der Zugneigung gewöhnt. Schon früher war mir aufgefallen, dass er zwar anfangs, so wie gestern bei unserem Begrüßungskuss, noch abweisend und distanziert war, aber nach der gemeinsamen Nacht oder etwaigigen Zärtlichkeitsbekundungen fügsam – wenn nicht sogar liebevoller – wurde. Anfangs hatte ich sein Verhalten nicht nachvollziehen können, doch inzwischen wusste ich, dass diese anfängliche Distanz eine Art Schutzmechanismus war. Es war als ob er Angst davor hätte, dass meine Gefühle für ihn sich seit unserer letzten Begegnung verändert hätten, erst wenn ich ihn vom Gegenteil überzeugte taute er langsam auf, dann war er so wie jetzt. Ich musste leicht schmunzeln, als mir bewusst wurde, dass auch ich mich nicht viel anders verhielt. Immerhin hatte ich ihn, um ja alles perfekt zu machen, gestern den halben Tag durch die Stadt geschleppt. Ich erinnerte mich, wie ich ihm vor unserem nächtlichen Abenteuer angekündigt hatte ihm noch ein paar unvergessliche Tage zu bereiten und er nur daraufhin nur warnend gemeint hatte: „Solange du mich nicht wieder durch die Gegend schleppst.“ Um dieses Gespräch noch einmal aufzugreifen verkündete ich: „Heute habe ich etwas ganz besonders geplant.“ „Auf Stadtbesichtigungen jeglicher Art kann ich getrost verzichten“, brummte er, innerlich sicherlich alarmiert, äußerlich lediglich durch einen drohenden Unterton begleitet. „Aber, aber Kyo-chan. Wer hat denn von Ausflügen gesprochen? Heute werden wir es uns rundum gut gehen lassen und den ganzen Tag faulenzen.“ Er hatte meine wahre Absicht natürlich sofort erkannt, sagte aber nichts. Ich fühlte mich in meinem Vorhaben bestätigt und deswegen und auch um meine Worte zu unterstreichen fing ich an mich an seinem Nacken entlang zu küssen. Meine Hände glitten zu seinem Bauch lösten den Gürtel und schoben den lästigen Stoff schließlich von Schultern und Rücken. Langsam und zärtlich liebkoste ich ihn, lockte ihn damit, wartet ab, bis er eine Regung zeigen würde, um dann zuzuschlagen und ihn unter mir zu begraben. Sex war der einzige Bereich, in dem er sich mir unterordnete und mir die Kontrolle überließ und ich nutze diesen Umstand natürlich gnadenlos aus. •○•○•○•○•○•○•○• „Kyoya, wie lange bleibst du eigentlich?“, fragte ich ihn irgendwann, als sich mein Atem wieder beruhigt hatte. „Ich werde eine Woche bleiben“, verkündete er, seine Wangen waren noch immer rot. Freude und Schmerz durchzuckte mein Herz zugleich. Ich war froh, dass wir eine ganze Woche für uns haben würden, doch gleichzeitig, war das einfach viel zu kurz. Immerhin wollte ich ihn für immer bei mir haben. Mal wieder wurde mir bewusst, dass diese riesige Entfernung nicht länger zwischen uns stehen durfte. Doch da ich den Gedanken an den drohenden Abschied lieber verdrängte meinte ich scherzhaft: „Dann könnten wir doch noch was nettes unternehmen.“ „Wehe, Kamikorosu!“, knurrte er genervt. „Willst du etwas die ganze Zeit im Bett verbringen?“ „Hm“, murrte er nur. Keine richtige Antwort und doch irgendwie schon: Für mich war das ein eindeutiges Ja, deutlich ging es doch schon nicht mehr, oder? Zumindestens nicht von ihm. Grinsend beugte ich mich zu ihm runter und küsste ihn verlangend. Langsam aber nicht abgeneigt begann er den Kuss zu erwidern, wurde sogar fordernd, ich konnte mich schon fast nicht mehr beherrschen, dennoch unterbrach ich den Lippenkontakt. Leise murrend sah er mich an, die Augenbrauen leicht hochgezogen, mit einem gemischten Blick, der sowohl Verlangen als auch Irritation wiederspiegelte. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, worauf hin sich sein Gesichtsausdruck zu genervt und wütend wandelte. „Was gibt es da zu lachen, Bastard?“, knurrte er drohend. „Du bist einfach SOOO niedlich, Kyo-chan~!“ „Pah!“, verärgert wollte er sich befreien und schob mich beiseite um unter mir hervor kriechen zu können. Ich beruhigte mich rasch wieder und zog ihn am Arm zurück, legte das Gewicht meines Körpers auf ihn um ihn aufzuhalten. Er warf mir einen wütenden Blick zu. „Ich verbringe die kommende Woche gerne mit dir im Bett“, verkündete ich, bevor ich ihn wieder küsste, diesmal länger und intensiver, derweil begann ich meine Hände wandern zu lassen. Ich würde bis ans Ende meines Lebens mit ihm in einem Bett verbringen, wenn es sein musste und das sollte er auch wissen. Da ich aber wusste, dass er über solch eine Aussage nur lachen würde hatte ich soeben beschlossen ihm meine Liebe auf einem anderen Weg einzugravieren – er sollte mich nie wieder vergessen und unsere gemeinsamen Stunden ebenso wenig. Ihn so zu spüren, war wie ein Traum. Ich liebte ihn – so sehr, zu sehr? Von ihm war mein Glück abhängig und das störte mich nicht im Geringsten. Abhängigkeit war sicherlich ein Fehler, aber von Kyoya war ich gerne abhängig – was ja deutlich auch auf Gegenseitigkeit beruhte. Zufrieden schob ich meine Gedanken fort und konzentrierte mich völlig auf das was vor mir lag – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. •○•○•○•○•○•○•○• Handyklingeln sorgte dafür, dass Kyoya sich aus dem Bett schälte und den Rühestörer aus seiner Anzugtasche angelte, die über einem Stuhl hang. Das es wichtig war, war mir sofort klar, sonst würde Kusakabe nie wagen seinen Boss zu stören. Das Gespräch war kurz und knapp – Kyoya war kein Mann großer Worte – seine Reaktionen und Antworten ließen keine Vermutungen zu, aber ein faules Gefühl im Magen veranlasste mich aufzustehen. „Was wollte er?“ „Ich muss morgen schon zurück nach Japan. Schwierigkeiten mit ein paar unwürdigen Pflanzenfressern“, meinte er nur gelassen – sicher, solche Vorfälle waren nichts besonderes. Die Ankündigung machte mich traurig, ich vermisste ihn jetzt schon. In seinem Blick konnte ich die gleiche Abneigung über die bevorstehende Trennung lesen, die auch ich empfand, doch anders als im altbekannten Sprichwort tat es nicht weniger sondern mehr weh – ich wollte ihn nicht leiden sehen, auch wenn er das wohl nur in seinem Herzen tun würde, aber das Wissen darüber reichte mir schon. Würden wir für immer verdammt sein den Launen des Schicksals ausgesetzt zu sein? Ich konnte keine Antwort auf diese Frage finden, egal wie lange ich auch über eine perfekte Lösung nachdachte es brachte mich einfach keinen Schritt weiter. Schließlich zwang ich mich nicht weiter darüber nachzudenken, auch nicht über die Frage, wann wir uns wiedersehen würden. Stattdessen zog ich ihn in meine Arme, küsste ihn und bugsierte ihn zurück ins Bett. Ohne ein Wort erwiderte er den Kuss – er musste und würde auch nichts sagen, ich wusste, dass auch er die Zeit bis zum Abschied sinnvoll nutzen wollte. Innerlich musste ich grinsen. Er war auf gewisse Art und Weise anhänglich und sehr zuneigungsbedürftig, zumindestens solange man wusste, wie man ihn verstehen und behandeln musste. Ich küsste mich seinen Hals herunter, er vergrub seine Hände in meinen Haaren und meinem Rücken. Sanft liebkoste ich ihn, umspielte mit meiner Zunge seine Brustwarzen. Sein leises Aufkeuchen war Musik in meinen Ohren. Meine Hände streichelten seinen Rücken, hinunter zu seinen Hüften. Unruhig drückte er seinen Unterleib an meinen, suchte meine Lippen, fing sie ein und küsste mich verlangend, rieb unsere Körper aufkeuchend aneinander. Er war ungeduldig und anspruchsvoll – und dabei so niedlich. Ich würde ihn niemals gehen lassen und immer wieder zu ihm kommen – er war einfach unersetzbar und einzigartig. Die Entfernung von Italien zu Japan würde noch eine unbekannte Zeit zwischen uns stehen und unserer Beziehung erschweren, doch irgendwann und irgendwie würde ich auch noch diesen Steinbrocken aus dem Weg räumen – später. ENDE -- So, da ist mein erster D18-OS das Ende ist ziemlich offen, aber so sollte es auch sein ich hoffe es gefällt euch, auch wenn ich selbst mit meinen 8059-OS zufriedenen bin auf diesen Oneshot werden noch mindestens 2 folgen, die auch schon in arbeit sind bis dahin würde ich mich sehr über kommis freuen^^ LG PS: Großen Dank an , dass sie sich meinen OS wieder zum Beta-Lesen angetan hat Hold You -------- Hold You I hold you! „Kyoya! Da bist du ja endlich!”, rief ich erleichtert aus. Wir waren fürs Kino verabredet gewesen. Ich hatte extra die späteste Abendvorstellung gewählt, in der am wenigsten Leute sein würden, immerhin hasste Kyoya Menschenmengen wie kein anderer. „Kamikorosu!“, erwiderte er nur, ließ sich aber von mir zur Kasse und anschließend in den Kinosaal ziehen. Gerade noch rechtzeitig fielen wir in unsere Sitze. Es war Donnerstagabend, seit einigen Tagen war ich wieder in Japan, um Tsuna bei ein paar Mafiaangelegenheiten zu helfen und natürlich nutze ich die Zeit auch um Kyoya zu sehen. Seit fast einem Jahr waren wir nun schon zusammen, aber es kam mir vor wie Wochen – das lag vielleicht auch an dem Umstand, dass ich nicht immer in Japan sein konnte. Zugleich wirkte dieses Jahr aber auch schon fast wie eine kleine Ewigkeit auf mich, die Zeit ohne Kyoya war bedeutungslos geworden, das Leben ohne ihn lag nach meinem Empfinden in sehr weiter Ferne. Lächelnd musste ich mich daran erinnern, wie wir vor einem Jahr zusammengekommen waren. :~:~:Rückblick:~:~: „Kamikorosu!“, ohne zu zögern zückte Hibari seine Tonfas, als er den Eindringling auf seinem Schulgelände erblickte. Es handelte sich hierbei zwar lediglich um Dino Cavallone, aber Eindringling war nun einmal Eindringling. Außerdem konnte man nicht behaupten, dass er dem Italiener friedlich gesonnen war, im Gegenteil, als sein “Privatlehrer“ war er quasi Feind als Beruf. „Warte, Kyoya!“, lachte der Blonde. „Nicht so hastig, heute bin ich nicht gekommen um zu kämpfen.“ Leicht überrascht, was sich selbstverständlich nicht in seiner Mimik wiederspiegelte, ließ Kyoya die Tonfas sinken. Eigentlich hatte er sich schon auf einen interessanten Kampf gefreut – endlich mal wieder ein Gegner, der nicht nach dem ersten Schlag schon zu Boden ging, aber Dino wollte selten nur mit ihm reden, was ihn veranlasste eine mögliche Wichtigkeit dieses Gesprächs in Erwägung zu ziehen. Er war noch dabei abzuwiegen, ob er sich Dinos eigentlichen Entscheidungsgrund anhören oder doch lieber einfach zuschlagen sollte, als der Besucher sich schon zu erklären begann: „Ich möchte mit dir reden, Kyoya, es ist wichtig!“ „Hm, mach es kurz.“ Der Blonde lachte und kam näher, näher als sonst. Kyoya war versucht ihn mit den Tonfas in den Magen zu schlagen, ließ dies aber und widerstand auch dem Drang seine rechte Augenbraue in die Höhe schnellen zu lassen. Dino war ein merkwürdiger Mensch, da sollten ihn solche Aktionen wohl auch nicht weiter überraschen. „Weißt du Kyoya, ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich es dir sagen soll-“ „Kurz, habe ich doch gesagt“, fauchte er genervt, doch der andere fuhr ungerührt fort. „Aber inzwischen denke ich, dass das wohl gar kein so großes Problem sein wird, da es dir ja genauso geht.“ Wovon in Teufels Namen sprach dieser aufdringliche Tollpatsch, fragte sich Kyoya schon leicht genervt, mit dem was dann kam, hätte er aber wohl nie im Leben gerechnet, denn die Worte trafen ihn unvorbereitet, aus dem Nichts, wie ein unfairer Schlag aus dem Hinterhalt – nur nicht ganz so schmerzhaft. „Ich liebe dich“, grinste der andere ihn nun frech ins Gesicht und zog ihn sogar noch zur Unterstreichung dieser Worte in die Arme. Überrascht glitten dem Kleineren die Tonfas aus den Händen. Der Blonde war anscheinend nicht nur tollpatschig, sondern auch noch schamlos. Trotz dieses Umstandes konnte er nicht behaupten, dass ihm diese Worte und diese Berührung unangenehm und unwillkommen waren. Dino löste sich wieder von dem anderen, verunsichert, weil jegliche Reaktion ausblieb, als er allerdings in die scheinbar ausdruckslosen Augen des anderen blickte, konnte er einen verräterischen Schimmer darin erkennen und er begriff, dass Kyoya innerlich hoch erfreut war. Die Gunst des Momentes nutzend beugte sich der Italiener vor und verband ihre Lippen mit einem ersten, sanften Kuss. Nach kurzem zögern, erwiderte Kyoya die Geste, war überrascht, von dem angenehmen Gefühl und ließ es breitwillig zu. Wie ihm schien hatte er gerade einen neuen, äußerst lukrativen Zeitvertreib gefunden. Dino hingegen war einfach zufrieden. Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Er hatte es kaum noch erwarten können, doch Kyoyas Verhalten hatten ihn immer wieder daran zweifeln lassen, ob so ein Schritt vielleicht doch zu waghalsig sein würde, obwohl er sich ziemlich sicher gewesen war, dass der andere seine Gefühle erwiderte, immerhin wehrte dieser sich nur begrenzt gegen seine Aufdringlichkeit und tolerierte auch sonst so einiges. Doch da Dino nur in der Lage gewesen war subjektiv die Situation zu beobachten war das natürlich keine Garantie für einen Erfolg gewesen. :~:~:Rückblick Ende:~:~: Endlich. Entspannt und voller Vorfreude ließ ich mich weiter in dem Sitz zurücksinken. Die Werbung war endlich vorbei und der Film begann – wurde aber auch mal Zeit. :~:~:~:~:~: „Kyoya, lass uns was unternehmen“, schlug ich vor, als wir nebeneinander auf dem Schuldach der Namimori Mittelschule saßen und in die Umgebung blickten. Die ersten warmen Sonnenstrahlen ließen sich hier oben wunderbar genießen und bald waren Ferien. Nachdem ich nach einigen Minuten immer noch keine Antwort erhalten hatte und feststellen musste, dass er stattdessen seelenruhig die Augen schloss um die warmen Sonnenstrahlen zu genießen, sprach ich weiter: „Wir könnten doch mal schön zusammen Essen gehen.“ „Niemals, das Kino hat mir schon gereicht!“, knurrte er zurück, was mir ein Lächeln ins Gesicht zauberte. „Dann lass uns Ostereier bemalen, bald ist es ja schließlich wieder so weit.“ „Du willst wirklich sterben, oder?“, wütend öffnete er die Augen und sah mich strafend an. „Aber warum denn nicht?“ „Ostern ist erst in einem Monat.“ „Und? Wir können doch trotzdem basteln.“ „Kamikorosu, ich bastele aber keine Ostereier!“ „Du sollst sie ja auch nicht basteln, sondern bemalen“, belehrte ich ihn lachend. „Ist mir doch egal.“ „Dann lass uns zu den heißen Quellen fahren, jetzt ist einfach die perfekte Jahreszeit dafür“, meinte ich, wobei mein Blick verträumt in die Ferne schweifte. „Hm“, meinte er nur. Ich nahm es als Ja. :~:~:~:~:~: Eine Woche später saßen Kyoya und ich in einer Limousine und fuhren zu einem Onsen, wo wir die nächsten Tage zusammen verbringe würden. Ich strahlte vermutlich schon übers ganze Gesicht, denn ich freute mich schon sehr auf unsere gemeinsame Zeit – ganz alleine und ungestört. Er hingegen durchlöcherte mit bösem Blick die Fensterscheibe, meine gute Laune schien ihm zuwider – was mich allerdings nicht im Geringsten kränkte, ich kannte ihn ja schließlich. Während ich mir in Gedanken schon ausmalte, was wir so alles Schönes unternehmen konnten näherten wir uns unaufhaltsam unserem Ziel - rascher als erwartet. Romario riss mich schließlich mit dem Satz „Boss, wir wären dann da!“ aus den Gedanken. Freudig gespannt sprang ich aus dem Auto ehe Romario die Tür öffnen konnte, Kyoya tat es mir nach, allerdings weniger erfreut und er stieg mehr aus, als dass er sprang. Ich nah von diesem Verhalten kaum Notiz, wenn wir erst mal allein waren würde er lockerer werden und mit ein wenig Fingerspitzengefühl meinerseits auch fröhlicher – auf seine Art und Weise. So beschränkte ich mich zunächst darauf Kyoya hinter mir her zu ziehen und ihn herumzuführen – ich kannte mich aus, da der Onsen Privatbesitz der Cavallone war und aus diesem Grund würden wir diesen Ort auch die ganze Zeit für uns allein haben. Sicherlich würde ihm das helfen sich zu entspannen, wo er doch Menschen und Menschenmengen so sehr hasste. Genervt ließ er sich schließlich auf seinen Futon fallen, als ich ihn endlich in unser Zimmer entließ, während ich immer noch guter Laune die Schiebetüren zum Steingarten öffnete und mein Gesicht den ersten warmen Sonnenstrahlen zuwand. OK, wenn ich so auf die Tageszeit blickte, waren es eher die letzten warmen Sonnenstrahlen, denn es war bereits später Nachmittag. Der Gedanke eines gemütlichen Bades zu zweit unter dem klaren, dunklen Sternenhimmel schob sich mir vor Augen und ließ mich noch breiter Grinsen. Kyoya schien mich beobachtet zu haben denn augenblicklich ertönte seine warnende Stimme: „Was auch immer du dir gerade wieder für einen Schwachsinn ausgedacht hast, schlag ihn dir wieder aus dem Kopf!“ „Aber Kyoya, sei doch nicht so miesepetrig“ „Oder ich helfe nach“, drohte er jetzt und zog wie zur Bestätigung seine Tonfas. Ich hätte diese ja lieber zurückgelassen, aber Kyoya war einfach nicht von ihnen zu trennen gewesen, sodass ich mich hatte geschlagen geben müssen – vorerst. Denn hier boten sich deutlich andere Methoden, mit denen ich sie vermutlich sogar wirklich loswerden würde könnte. Vorerst hob ich allerdings beschwichtigend die Hände und erklärte: „Ich habe doch nur daran gedacht, dass wir gleich ganz gemütlich ein Bad nehmen können. Das wird sicher sehr entspannend.“ Die letzte Bemerkung hätte ich mir sparen können, denn sowohl ich als auch er wussten, dass das ausgemachter Blödsinn war. So kam es allerdings dazu, dass wir keine Viertelstunde später nur mit einem Handtuch um den Hüften in das heiße, heilende Wasser der Quelle glitten und uns von der Wärme einlullen zu lassen, sodass uns die Müdigkeit überfiel. Es herrschte angenehme Stille, nur das entfernte Zwitschern der Vögel war leise zu vernehmen, sowie das unscheinbare Plätschern des Wassers. Nach einer Weile ließ ich mich ruhig und langsam zu Kyoya treiben, der ebenfalls die Augen geschlossen hatte und die Wärme des Wassers genoss. Trotzdem bemerkte er mich, doch nicht mehr rechtzeitig genug, ich war bereits nah genug an ihn herangeschwommen um mein Vorhaben umsetzten zu können. „Hm?“, gab er einen fragenden Laut von sich. „Psssst“, flüsterte ich nur leise, für das was ich plante brauchte man keine Worte. Meine Hände glitten fast automatisch zu seinem Körper, umfassten seine Hüften, zogen ihn näher, bevor ich unsere Lippen mit einem sanften Kuss verband. Doch er erwiderte den Kuss nicht. Als ich mich von ihm löste und die Augen öffnete, stellte ich fest, dass er mich nachdenklich ansah. Grinsend beugte ich mich wieder zu ihm und küsste ihn erneut, diesmal ein wenig aufdringlicher. Ich konnte sehen, wie er nachgab, die Augen schloss und den Kuss erwiderte. Wie erwartet wurde die Begegnung unserer Lippen bald darauf fordernder, steigerte sich immer mehr, bis pure Leidenschaft aus ihr sprach und wir uns nach Luft schnappend voneinander lösen mussten. Ich fuhr mit meiner rechten Hand durch seine schwarzen, samtigen Haare, bevor wir uns mit einen neuen Kuss gefangen hielten. Während meine eine Hand seinen Kopf hielt, ließ ich meine andere an seiner Brust heraufwandern, parallel dazu gab er sich meinem Drängen geschlagen und gewährte meiner Zunge Einlass, leidenschaftlich umspielte sie seine, ging auf Erkundungstour. Gleichzeitig drängte er sich etwas an mich, umschlang mit seinen Beinen meine Hüften und schob seine Hände in meine Haare um sie dort zu vergraben um unsere Münder noch fester aufeinander zu pressen. Eine Welle der Lust durchfuhr mich. Eigentlich hatte ich mit mehr Gegenwehr gerechnet, ich wusste nicht woran diese Breitwilligkeit seinerseits herrührte – vielleicht hatte das heiße Wasser ihn weich gekocht – aber ich genoss es. Wären meine Lippen nicht anderweitig beschäftig gewesen, dann hätte ich ein Grinsen wohl nicht unterdrücken können, bei dem Gedanken, dass ich persönlich dafür sorgen würde, dass Kyoya bei unserem Gefühlsaustausch noch heißer werden würde, als von dem bisschen erhitztem Wasser. Schließlich lösten sich unsere Münder widerwillig voneinander. Seine Wangen hatten einen zarten Rotton angenommen. Meiner Wirkung auf ihn wohl bewusst drückte ich ihn sanft aber bestimmend an den Beckenrand, was ihm ein leises Knurren entlockte, dass allerdings einem leisen Aufkeuchen wich, als ich meine Hände seine Seiten entlang fahren ließ und begann mich an seinem Hals herunter zuarbeiten um seine Haut zu liebkosen. Zeitweise biss ich ihm sanft in die Haut, bevor ich mich mit einem sanften Kuss, einem versöhnlichen Herüberlecken entschuldigte – ich wusste, dass ihm das gefiel. Seine Haut und meine schienen genau zusammen zu passen, schienen einfach zusammen zugehören, fügten sich nahtlos an- und aufeinander. Es fühlte sich so gut an – und so erregend. Meine Hände hatten inzwischen seinen Hinter erreicht, gierig presste ich seinen Unterleib an meinen, entlockte ihm damit ein überraschendes Aufkeuchen. Seine Arme hatte er inzwischen um meinen Hals geschlungen um den Halt nicht zu verlieren, nun krallten sich seine filigranen Hände in meine Schultern. Ein Blick in sein Gesicht bestätigte meine Vermutung, dass er bereits die Lider über die lustverhangenden Augen geschlossen hatte. Ich wollte gerade meine Lippen weiter herunterwandern lassen – gerade soweit, dass sie noch nicht unter Wasser waren – und anschließend den störenden Stoff zwischen unseren Körpern beseitigen, als ein Scheppern und ein erschrockener Ausruf uns aus unserer Welt riss. Mein Blick glitt zu einer jungen Angestellten, die unachtsam das Bad betreten hatte, wohl in dem Glauben, dass es gerade nicht benutz wurde um die Temperatur des Wassers sowie die Ordentlichkeit der Umkleideräume zu prüfen. Unser Anblick musste sie ziemlich überrumpelt haben, denn sie verbeugte sich mehrfach und entschuldigte sich überschwänglich bevor sie hastig das Bad wieder verließ. Wir waren wieder allein, doch die Stimmung war hin. Darüber hinaus wollte ich so einen Zwischenfall nicht noch einmal riskieren und löste mich so bedauernd seufzend von Kyoya. Seine Haare waren zerzaust, irritiert und außer Atem blickte er drein, bevor er mir aus dem Bad folgte. Rasch kühlten wir uns mit kaltem Wasser ab, bevor wir uns in unser Zimmer verschanzten. In frischen Yukata gehüllt ließen wir uns auf unsere Futons fallen. Müde schloss ich die Augen, die Hitze hatte eine einschläfernde Wirkung. Doch an Schlafen war natürlich nicht zu denken. In meinem inneren fuhr mein Magen noch immer Achterbahn und mein Herz schlug noch immer viel zu schnell. Vor meinem inneren Auge tanzten Bilder von einem sich erregt räkelnden Kyoya gemischt mit den Geschehnissen gerade im Bad. Seufzend schlug ich schließlich wieder die Augen auf, setzte meinen Oberkörper auf und drehte mich auf die linke Seite. Mich auf meinen Arm abstützend blickte ich zu ihm herüber. Er schien meinen Blick zu spüren, denn er zog seinen Arm von den Augen und wand seinen Kopf nach rechts, zu mir. Wortlos blickten mich lilagraue Seelenspiegel an, trotz ihrer scheinbaren Leere konnte ich in ihnen Gefühle lesen. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich die Begierde in ihnen lodern sah, die auch in mich erfasst hatte. Wie Magnete waren unsere Blicke aneinander gebunden, folgten sich, auch als ich aufstand, um zu ihm herüber zu gehen, brach der Kontakt nicht ab. Sanft sank ich neben ihm auf die Knie, beugte mich über ihn und suchte neben seinem Kopf mit meinen Händen halt, als ich ihn küsste. Gierig ließ ich die Berührung unsere Lippen fordernder werden, bereit das fortzusetzen, was wir gerade unterbrochen hatten. Meine Hände schoben sich unter den Stoff seines Yukatas, nachdem ich ihn in eine sitzende Position gezogen hatte. Auch er blieb nicht untätig, tat es mir gleich, streifte den Stoff sogar augenblicklich von meinen Schultern und zog sich, seine Beine erneut um meine Hüften schlingend, auf meinen Schoss. Erregt drängten sich unsere Unterleibe aneinander, er keuchte auf und auch ich konnte mich kaum noch zurückhalten. Unsere Körper waren heiß, heißer als vorhin im Wasser, wir standen quasi in Flammen – doch noch immer konnte ich nicht genug davon bekommen, spürte an seinem Drängen, dass es ihm genauso ging und wusste zugleich, dass egal wie heiß die Flammen auch sein würden, die unsere Körper befielen, wir uns dennoch niemals daran würden verbrennen können. :~:~:~:~:~: Leere. Nichts als Leere. Und irgendwo ein Ziehen – in meinem Herzen. Ein widerlicher Schmerz – hartnäckig fraß er sich immer tiefer in mich. Ich wollte das es aufhöre und wusste zugleich, dass dem niemals so sein würde. Ich hatte diesen Schmerz, den ich nur einer Person zu verdanken hatte. Seit ich sie kannte wurde ich ihn einfach nicht mehr los. Seit ich ihn kannte hatte sich mein Leben verändert, auf eine seltsame, unaufhaltsame Art und Weise und nun wurde es endlich Zeit diese Veränderung aus meinem Leben zu drängen und somit mein zurückgelassenes Leben wieder aufzunehmen. Und das war er wieder dieser Schmerz. Ich hasste ihn dafür, dass es mir nie gelingen würde ihn zu vernichten, es sei denn ich ließ meine letzten menschlichen Emotionen auch noch erkalten. Ich hasste mein Leben dafür, dass es diesen Schmerz zu mir gebracht hatte. :~:~:~:~:~: „Auuuuu!“, mit einem gnadenlosen Schlag war ich gegen die Wand geflogen. Ich hatte gleich gespürt, dass etwas heute anders war, gleich als ich ihn getroffen hatte. Er war distanziert und eine merkwürdige Aura umgab ihn, eine Aura die ich nicht deuten konnte, sie war irgendwie bedrückend und gleichzeitig kalt. Dennoch überraschte mich sein Handeln ungemein. Rasch rappelte ich mich wieder auf und sah ihn fragend an, ich wollte eine Antwort. „Verschwinde!“, warf er mir auch gleich darauf an den Kopf. Irritiert zog ich die Augenbrauen hoch. Was sollte das werden? „Ich habe genug, such dir endlich jemanden andern zum Nerven!“, fuhr er fort. Seine Worte taten weh, aber so ganz verstand ich immer noch nicht worauf er hinaus wollte: „Aber Kyoya?!“ „Wenn du doch wieder angekrochen kommen solltest, dann werde ich dich zu Tode beißen!“, drohte er nun. Eigentlich keine würdige Drohung für mich, so etwas musste ich nicht ernst nehmen, immerhin bekam ich es regelmäßig zu hören und war bisher auch noch nicht bedenklich verletzt worden, sondern sogar zumeist unbeschadet davon gekommen, aber diesmal klang es anders, kälter, bestimmender, abweisender. Es macht mir Angst! „Kyo-“, setzte ich an. „Schweig! Hör gefälligst auf mich mit Vornamen an zu sprechen, unwürdiger Bastard!“ Verwirrt sah ich ihn an, bevor ich mich schließlich zu einer vernünftigen Frage durchringen konnte: „Was wird das?“ „Das ist doch offensichtlich, von heute an gehen wir wieder getrennte Wege, so wie es sein sollte und ursprünglich ja auch war, hättest du dich nicht so aufgedrängt!“, erklärte er mir knapp und vernichtend. „Willst du mir sagen, dass du Schluss machst?“, fragte ich ungläubig. „Wir waren zwar nie zusammen, aber: Ja!“ „Aber, warum denn?“ „Das habe ich doch gerade gesagt, hör mir gefälligst zu“, mit diesen Worten wand der sich um und trat zur Tür, machte auf mich endgültig zu verlassen – doch das konnte ich unmöglich zulassen Um ihn aufzuhalten rief ich hastig: „Aber das kannst du doch nicht machen! Das ist doch ein schlechter Scherz!“ „Halt es, wofür du willst!“, er war bereits aus meinem Büro getreten. „Warte, Kyoya! Verdammt warte gefälligst!“, rief ich verzweifelt. Das alles wollte mir einfach nicht in den Kopf. Doch die Tür fiel unaufhaltsam hinter ihm ins Schloss. „WARTE!“ Stille. Leere. Ich war allein. Sekunden später hörte, wie sich Schritte auf dem Flur entfernten, bis sie verklangen. Völlig aus der Bahn geworfen starrte ich noch immer auf die Tür, realisierte erst langsam was gerade geschehen war, dass es wirklich geschehen war. Kyoya hatte mich verlassen – aus dem Nichts ohne Grund ohne irgendein Anzeichen. Das konnte nicht wahr sein! I hold you firmly. Unglaube erfasste mich, Entsetzten und Verzweiflung. Das war doch alles nur ein schlechter Scherz! Ich wusste nicht, was in Kyoya gefahren war, aber was auch immer es war, ich musste es wieder austreiben und ihn zur Vernunft bringen – koste es was es wolle! Verzweifelt fragte ich mich, wie es so aus dem Ruder laufen konnte. Bis gestern war doch noch alles in Ordnung gewesen und heute kam er an, abweisend und distanziert und verkündete einfach so aus dem Nichts, dass unsere Beziehung zuende war. Diese plötzliche Abneigung war für mich nicht nachvollziehbar. Mir war zwar sehr wohl aufgefallen, dass er nie von sich aus auf mich zuging, sowie auch, dass er oftmals gedankeverloren in die Ferne blickte, aber ich hatte dem nie eine große Bedeutung beigemessen, es für einen seiner Charakterzüge gehalten. Ich konnte es nicht glauben. Alles nur das nicht! Ich wollte es auch nicht glauben. Das war absurd und- Es war einfach furchtbar! Mit dem Entschluss ihn umzustimmen setzten sich meine Beine in Bewegung, ich wusste wo ich ihn finden würde. Das Schuldach der Namimori Mittelschule war schon immer sein Lieblingsort gewesen. Fragen warfen sich mir auf, auf die ich einfach keine Antwort finden konnte. Warum trennte er sich von mir? Welchen Grund gab es für diese Entscheidung, für seine Distanz? Warum wollte er so einfach aus meinem Leben verschwinden? Warum wollte er keine gemeinsame Zukunft, wenn ich ihn doch so gut kannte? Warum sagte er, er liebte mich nicht, wenn er es doch ein Jahr lang getan hatte? Warum brach er mir das Herz? Ich brauchte Antworten, doch ich zweifelte ob ich sie auch bekommen würde. Kyoya war kein gesprächiger Mensch und in dieser Situation würde er für mich auch sicherlich keine Ausnahme machen. Ich verstand ihn einfach nicht. Immer und immer wieder glitt dieser Gedanke durch meinen Kopf. Es tat weh, furchtbar weh. Zerriss mich innerlich. Ich hatte seine Liebe mir gegenüber gesehen, er hatte es nie gesagt, doch mir dafür um so deutlich gezeigt, mich immer wieder in seine Nähe gelassen – jeden anderen hätte er spätestens beim zweiten Annäherungsversuch das Genick gebrochen bzw. ihn zu Tode geprügelt, wie er es so gerne ausdrückte. Mein Kopf schwirrte, erschwerte mir das Denken. Ich wollte doch nur einfach ihn. Ein Seufzen entglitt meinen Lippen. Das war doch der reinste Irrsinn. Das Ganze war von Anfang an ein Alles-oder-Nichts-Spiel gewesen, das hatte ich gewusst – dennoch konnte ich einfach nicht aufhören zu hoffen. Dafür waren seine Gefühle einfach zu deutlich gewesen, trotz der Abneigung die er mir auch stets entgegen brachte – aber das war doch einfach seine Art. Ich hasste den Gedanken ihn aufgeben zu müssen, darum hatte ich es auch nie getan und würde es auch nie tun. Die Zweifel in mir waren mächtig, aber noch nicht mächtig genug mich von diesem einen Schritt abzuhalten: Ich würde kämpfen, ich würde um Kyoya kämpfen. So einfach würde ich ihn nicht gehen lassen. Noch gab es eine Chance, noch war die Distanz noch nicht so groß, dass es mir nicht mehr gelingen würde sein Herz zu erreichen. Ein Leben ohne Liebe, war kein Leben. Man brauchte jemanden, dem man Zuneigung entgegen bringen konnte, den man beschützten und necken konnte, für den man alles tun würde. Man brauchte jemanden den mal aus ganzem Herzen lieben konnte. Kyoya war dieser wichtige Mensch für mich, ich liebte ihn uneingeschränkt und aus vollem Herzen. Kyoya war einfach ein fester Bestandteil meines Lebens – seit ich ihn das erste Mal unterrichtet hatte. Ich würde diesen so wichtigen Menschen nicht einfach so aus meinem Leben gehen lassen! :~:~:~:~:~: Ich wusste, dass er weiter hoffte. Woher? Ich weiß es nicht, ich wusste es einfach. Genauso wie ich wusste, dass er litt und ich die einzige Person war, die das hätte ändern, sein gebrochenes Herz wieder zusammen flicken können. Ich hätte nur zu ihm zurück gehen müssen, es war so einfach und simpel. Warum ich es nicht tat? Weil es besser so war! Das mit uns war nur ein haltloser Wunsch, eine trügerische Hoffnung auf ein bisschen Glück. So etwas wie uns sollte und würde es auch nicht geben – egal wie schmerzhaft diese Entscheidung auch sein würde. Ich hatte mich entschieden: Gegen ihn – für meine zweifelhafte Freiheit. Doch ich wusste, dass es besser so war. Was nicht sein sollte, sollte man auch nicht erzwingen. Manchmal konnte das Schicksal seltsame Wege gehen, Wege die merkwürdig verschlungen schienen, aber an deren Ende es einfach nur eine Entscheidung geben konnte, diese eine Entscheidung – das wusste ich jetzt. Diese Liebe, dieses scheinbare Glück waren einfach nichts für mich. Ich brauchte Gewalt, Hass und Verachtung, sonst konnte ich nicht ich selbst sein. Oder war das einfach nur eine armselige Ausrede? Es klang zumindestens danach. Doch ich war mir sicher, nein, ich wusste, dass seine Seite der Welt einfach nicht meine sein konnte. Genauso wie ich wusste, dass seine Liebe an mich verschwendet war – hoffnungslos und sinnlos. Er konnte von mir keine Erwiderung seiner Gefühle erwarten – tat er vielleicht auch gar nicht – aber die Tatsache, dass wir gemeinsam Zeit verbracht hatte wies für mich auf eine gewisse Erwartung an mich, die unmöglich zu erfüllen war und der ich nicht nachkommen würde. Alles hatte begonnen mit dem Wissen, dass es irgendwann so enden würde – zumindestens für mich. Es gab kein zurück, dass duldete ich nicht. Nicht, weil ich keine Fehler eingestehen wollte, sondern, weil ich wusste das dies der beste Weg war – für uns beide. Ich spürte wieder diesen Schmerz, der verräterisch mein Herz durchfuhr. Ich hasste diesen Schmerz und ich hasste mein Leben dafür, dass es diesen Schmerz zu mir gebracht hatte, mir gezeigt hatte, was es hieß zu Lieben und zu Leiden. Mir den Weg verwehrte diese Gefühle zu verbannen und so diesen höllischen Schmerz heraufbeschwor. Für einen Moment glitten meine Gedanken zurück zu dem Moment, als wir uns das erste Mal begegnet waren. Er war nicht langsam in mein Leben getreten, sondern mit einem alles überrollenden Schlag – direkt ins Zentrum. Hatte alles andere, was dort vielleicht zuvor gestanden haben mochte beiseite geschoben und den Platz für sich beansprucht, bis heute war er nie von dort gewichen. Nun war es an mir ihn zu einer Randerscheinung meines Lebens zu machen – zumindest nach Außen hin, denn ich wusste, dass er für mich immer das Zentrum meines Lebens sein würde – sich selbst zu belügen war zwecklos. Mir war klar, dass die Gedanken an ihn nie völlig verschwinden würde, dafür hatte ich mich zu lange auf ihn eingelassen. Nein, ich hätte nur eine Chance auf ihre Auslöschung gehabt, wenn ich sie von Anfang an abgelehnt hätte. Die Zeit mit ihm würde immer ihre Spuren hinterlassen, nicht äußerlich, aber innerlich – ganz tief in mir versteckt. Niemand würde je davon erfahren, auch er nicht – gerade er nicht. Manche Schritte im Leben war schwer zu machen, dieser gehörte definitiv dazu, doch war der Anfang erst einmal getan fiel der Rest schon fast nicht mehr so schwer. Ich stand auf dem Dach meiner Schule und wand meinen Blick vom Himmel, in den ich bisher gestarrt hatte, herunter auf den Schulhof – es war Zeit auch die letzten Fäden zu trennen. Doch mir war auch klar, dass der Himmel ein ständiger Begleiter war, selbst in dem dunkelsten Haus schwebte er irgendwo darüber, selbst wenn sich dunkel Wolken vor sein Strahlen schoben blieb er noch immer dahinter erhalten. Es gab kein Entkommen davor, aber solange ich ihn nur im Nacken spürte, würde ich ihn in den hintersten Winkel meines Gedächtnisses verbannen können. Ich rechnete damit, dass Dino noch einmal bei mir aufkreuzen würde – früher oder später. So leicht gab er sich nicht geschlagen, doch ich war darauf vorbereitet und würde seinem Flehen stand halten – egal wie weh es tat. Es war besser so. Ich war eiskalt und rücksichtslos, ich konnte damit leben einem Menschen das Herz zu brechen. Und deswegen würde ich auch damit leben müssen, mir mein eigenes Herz gebrochen zu haben – den Teil der noch nicht erkaltet war. Es war an der Zeit den Panzer, der mein Äußeres stark machte, auch um mein Herz zu legen und diesen Hokuspokus tief in mir zu verschließen. Gefühle waren nichts für mich, Dino war nichts für mich – egal wie sehr ich ihn auch lieben mochte. Es war besser so, dessen war ich mir bewusste!                                                     I hold you – broken-hearted! THE END So, dieser OneShot liegt jetzt schon eine Weile auf meinem PC und wartete darauf hochgeladen zu werden. Aber da ich eigenlicht noch ein wenig an der Story pfeilen wollte, hab ich es bisher nicht geschafft Der OneShot ist übrigens nur zu einem kleinen Teil Betagelesen worden! Also nicht wundern, ich übersehe meine Fehler oft, weil ich den Text schon kenne und nicht mehr darauf achte, was da denn nun wirklich steht -.-" Das Probelm bei deisem Oneshot besteht darin, dass man beim erstem Mal lesen wohl ziemlich geschockt ist, als Hibari Dino zurückweißt, aber es gibt schon einige kleine Hinweise darauf, dass irgendetwas nicht mit Kyoya stimmt (welche einem aber vermutlich erst einfallen, wenn man darauf achtet) - sorry, wenn die Hanldung etwas ruckartig wirkt, aber ich denke genauso ist es richtig. Immerhin hat ja Dino auch keiner Vorgewahnt ^^ Der ursprüngliche Titel des OS lautet übrigens "Hold You Broken-Hearted" Würde mich sehr über Rückmeldungen von euch freuen (konstruktive Kritik ist gern gesehen^^)! Until We Die ------------ Until We Die We lie everyday... Mit einem lauten Knall flog die Tür auf, wobei sie fast aus den Angeln gerissen wurde – genau wie damals. „VOOII!! Xanxus!! Du kannst dich doch nicht den ganzen Tag im Büro verbarrikadieren!“, schrie Squalo, als er zugleich mit dem Auffliegen der Tür das Zimmer betrat, seine Stimme klang laut und nervtötend an mein Ohr. „Schnauze, Abschaum!“, wies ich ihn kalt und beherrscht zurück. „VOOII!! Dummer Boss, du wirst hier drinnen noch versauern!“ Ein Glas verfehlte nur knapp seinen Kopf – absichtlich. „VOOOOOOIII!!!!“ Genervt wand ich meinen Blick vom im Licht schimmernden Whisky ab und hob ihn, um den Störenfried, erstmals seit er das Zimmer betreten hatte, verächtlich an zu sehen. Er hatte derweil die Tür wieder geschlossen – seltsam, dass sie noch immer nicht aus den Angeln gefalle war, wobei mich das in diesem Haus wirklich nicht ins Erstaunen bringen konnte – und war gerade dabei den Raum bis zu meinem Schreibtisch zu durchqueren. „Wenn du so weiter machst, haben wir bald keinen Whisky mehr“, versuchte er mir zu drohen. Doch ich hob nur verächtlich eine Augenbraue: Na und? Squalo bekam scheinbar einen Wutanfall, den ich gekonnte ignorierte. Warum sollte ich mich auch darüber aufregen – Abschaum war es nicht wert sich über ihn aufzuregen. „Teme, verfluchter Boss! Was fällt dir ein?!“ Eine Frage, die ich nicht zu beantworten gedachte und auch nicht brauchte, immerhin war ich ihm ja keine Rechenschaft schuldig! „Man kann doch nicht vom Rumsitzen, Trinken und Schlafen leben!“, warf er mir weiter vor. Sein Unmut über mein Schweigen, war ihm deutlich anzusehen. Doch auch ich gab mir nicht im Geringsten Mühe meine Genervtheit über diese unerwünschte Konversation zu verbergen, als ich mich doch zu einer knappen Antwort herabließ: „Was geht dich das denn an? Oder denkst du, dass ich dir Rechenschaft schuldig bin? Wohl kaum!“ Ich lachte kurz auf. „Dies trifft allerdings eindeutig auf dich zu.“ Ich zweifelte daran, dass Squalo erkannte, dass ich mit dieser Aussage auf den Umstand hinweisen wollte, dass er sich unerhört mir gegenüber benahm. Allerdings war ich auch nicht gewillt ihm das zu erklären. „VOOOII! Ich bin immer noch der Strategiekapitän. Was kann ich dafür, wenn du deinen verdammten Arsch nicht hochkriegst; du solltest dich mal lieber um deine Angelegenheiten kümmern!“ „Schnauze, Abschaum!“ Es fiel mir schwerer als gedacht ruhig zu bleiben, obwohl ich doch genau wusste, wie sinnlos es war sich aufzuregen. „Wenn du so weiter machst, wirst du die Varia genauso zu Grunde richten, wie dich selbst!“, er stand jetzt direkt vor meinem Schreibtisch und hatte sich dort mit verschränkten Armen aufgebaut. Ich schenkte ihm einen verächtlichen Blick meinerseits – es war doch sowieso alles vergebens. Doch wie erwartet redete er einfach weiter. Sinnlos. „Man kann dich nicht einen Moment aus den Augen lassen! Allein bekommst du rein gar nichts hin.“ Für einen kleinen Augenblick konnte ich die Überraschung und den Unglaube, welche mich bei diesen Worten erfüllten, nicht völlig verbergen. Es konnte doch nicht sein?! Nein! Es war unmöglich. Blödsinn, alles Blödsinn! Verärgert zog ich die Augenbrauen zusammen und runzelte leicht die Stirn. Seine Worte hatten ihre Wirkung nicht verfehlt – allerdings nur, weil er mich damit überrumpelt hatte, nicht weil ich seinen Vorwürfen wirklich gewillt war ein offenes Ohr zu schenken. Viel eher war mir völlig egal, was er mir vorwarf, doch dass er mir ausgerechnet DAS vorwarf verwunderte mich letztendlich doch. Konnte so viel Zufall sein? Es war doch nur ein einfaches Spiegelbild, ein Spiegelbild des Vergangenen. Nur eine Lüge! Begreifen erfüllte mich urplötzlich, welches aber sogleich wieder von Erstaunen überschattet wurde. Wenn er dazu wirklich in der Lage war, warum wählte er ausgerechnet das? Die Frage, warum ihm ausgerechnet das Wohl der Varia so wichtig zu sein schien? Warum musst er mir gerade das vorwerfen – und nicht etwas anderes. Nachdenklich griff ich nach meinem Glas, drehte es, schwenkte den Whisky kurz hin und her, bevor ich ihn herunterkippte. Blödsinn! Irrelevante Nichtigkeiten – nicht mehr. Lügen! Abschaum! Gefasst stelle ich das Glas zurück. „Du halst mir doch nur die ganze Arbeit auf, weil du selbst gar nicht dazu fähig bist!“ Ich lachte kalt auf, lehnte den Kopf leicht nach hinten, und blickte ihn überlegen grinsend an. Alles Abschaum! „Kein Wunder, dass du gegen diesen Mittelschüler verloren hast!“ Mein Kopf sackte zurück in eine normale Position, für einen Moment fixierten ihn meine Augen dunkel. Jetzt war er definitiv zu weit gegangen, so eine Unverfrorenheit ließ ich mir von niemandem gefallen und von meinen Untergebenen schon gar nicht! Mit einer raschen Bewegung fegte ich ein Glas vom Tisch, welches irgendwo an einem Möbelstück in tausend Einzelteile zersprang. „Schnauze, Abschaum!! Du brauchst wohl eine Abreibung!“ Vielleicht, vielleicht war es ja doch wahr. „VOOII! Bist du bei deiner vernachlässigten Kondition überhaupt in der Lage dazu?!“ „Für dich reicht es allemal!“ Ja, so musste es sein – es war Wirklichkeit! „Das glaubst du doch selbst nicht – beweis es!“ „Wenn du feige davonlaufen willst, dann solltest du jetzt lieber die Beine in die Hand nehmen, Abschaum!“ „VOOOII!! Niemals! Vor dir habe ich keine Angst!“, noch immer stand er mit verschränkten Armen vor mir und schnaubte gerade verächtlich um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen. Kampflustig glitzerten mir seine Augen entgegen. Das war zu viel! Kurz entschlossen griff ich nach einer der vollen Whiskyfalschen vor mir und schleuderte sie dem langhaarigen Abschaum vor mir direkt ins Gesicht. Sie schoss auf sein Gesicht zu, direkt darauf zu – und dann hindurch, zerschellte irgendwo, woran genau bekam ich schon gar nicht mehr mit – ich wollte es auch gar nicht wissen. Es war doch alles nur- Scheiße! Ich hatte doch recht, es war alles nur eine Lüge! Eine Illusion. Ich hatte es doch von Anfang an gewusst. Warum hatte ich nicht auf meinen Kopf gehört? Warum hatte ich meine Intuition – nein, vielmehr mein Herz, entscheiden lassen? Ich begriff nicht, wie ich mich von so einem Trugbild hatte blenden lassen können, wieso ich nicht bemerkt hatte, dass die Worte, die mir mein Herz einflüsterte, die einfachste Möglichkeit beinhalteten, diese Situation zu interpretieren. In mir spürte ich Hoffnung zersplittern. Kraftlos als wäre alle Energie plötzlich aufgebraucht, ließ ich mich zurück in den Sessel fallen. Wenn ich darüber nachdachte, dann wurde mir fast schlecht bei der Erkenntnis, dass ich wirklich angefangen hatte die Stimme meines Herzens als eine mögliche Option der Wahrheit zu betrachten, obwohl ich doch immer darauf verzichtet hatte, in dem Wissen, dass das Herz eines Menschen der schwächste Teil seines Selbst war. Unglaube ergriff mich, als mir allmählich das ganze Ausmaß der Situation bewusst wurde: Ich hatte es besser gewusst und dennoch zugelassen, dass sich Hoffnung in mir aufbauen konnte, nur um jetzt einem erstmals in meinem Leben in so einem großen Ausmaß auftretendem Schmerz zu weichen. Für einen Moment hasste ich mich dafür, so die Kontrolle über mich selbst verloren zu haben. Zugleich erfüllte mich das Bedürfnis endlich wieder das Ruder zu übernehmen, sodass ich kurzentschlossen all diese überflüssigen, nutzlosen, - ja beinah schon verweichlichten - Gedanken verbannte. Aus meinem Kopf, aus meiner Seele, einfach weg von mir. Ich ließ mein Gesicht wieder zu einer perfekten, kalten, abweisenden Maske werden, die noch nicht mal ein Ausdruck der Wut oder Verachtung aufzeigen würde. Doch sie war nicht nur kalt, unnahbar und undurchdringlich, sondern vor allem auch leer. Doch mit der Leere kam ich klar – war sie doch oftmals ein stetiger Begleiter meines Lebens gewesen. Leere hatte ich empfunden, als ich erfuhr, dass ich nicht der leibliche Sohn des Neunten war. Leere hatte mich erfüllt, als ich gegen diesen widerlichen Mittelschüler verloren hatte. Leere hatte ich schon so oft empfunden, dass ich sie in diesem Augenblick als äußerst angenehm empfand – erlösend – und sie gerade zu willkommen hieß – wenigstens etwas war geblieben. Leider gesellte sich zu dieser erlösenden Leere bald noch eine weitere Empfindung. Nur schwach drang sie zu mir durch, doch sie hinterließ einen Gedanken, der mich einfach nicht wieder loslassen wollte. Ich hatte versagt! Nicht den anderen, der Varia, gegenüber. Nein, denn das hatte ich bereits vor Jahren, allerdings störte mich dieser Umstand nicht im Geringsten – die anderen waren mir immer egal gewesen. Famiglia – so ein Quatsch! Nun hatte ich mir selbst gegenüber versagt! Und dies traf mich hart, denn Versagen war eine Schwäche, die ich niemals akzeptieren konnte. Wer versagte, der hatte es nicht verdient sein jämmerliches Leben länger auf dieser Welt zu verschwenden! Müde schloss ich die Augen, vernahm am Rand das Geräusch sich entfernender Schritte. Ich blickte ihm nicht hinterher – es war doch sowieso alles sinnlos! – Es war vorbei! Plötzlich verklangen seine Schritte, er musste vor der Tür stehen geblieben sein und dann vernahm ich wieder seine Stimme: „Du solltest aufhören damit. Du musst etwas verändern! – Bevor es zu spät ist.“ Den letzten Satz hatte er nur leise ausgesprochen, doch ich hatte ihn dennoch deutlich vernommen. Fast hätte ich aufgelacht. Bevor es zu spät war? Es war doch schon längst zu spät! Dennoch klangen seine Worte seltsam ernst, dringlich – so als ob sich, noch etwas ändern könnte. So als ob es noch von Bedeutung war, wenn ich ihn jetzt ansah, ihm antwortete oder gar seinem Wunsch, seiner Bitte, folge leistete. Es war zwecklos, dass wusste ich nur zu gut, darum rührte ich mich nicht, schnaubte nur verächtlich. Tat so, als ob mich das alles nichts angehen würde. Dafür konnte ich seine Schritte wieder hören – er kam zurück. Hatte er noch immer nicht aufgegeben? Ich konnte es kaum glauben – aber vielleicht war es genau das, was ich denken sollte. Meine Wahrnehmung spielte mir einen Streich – einen sehr üblen Streich. Einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, dass es vielleicht doch am Alkohol lag. Doch selbst wenn es so war, was änderte es noch? Gar nichts. Ich hielt meine Augen weiterhin geschlossen, wollte endlich schlafen – wich ihm aus. Meine Ohren vernahmen, dass er wieder vor dem Schreibtisch zum Stehen kam. Ich nahm an, dass er mich wieder ansah – wohin sollte er auch sonst gucken. Überraschend musste ich gerade jetzt an die zertrümmerte Whiskyfalsche denken, die vermutlich irgendwo hinter ihm auf dem Boden lag. Es war alles eine Lüge! Eine verfluchte Lüge! „Ich gehe jetzt!“ Drei Worte, drei Worte in die Stille des Raumes geworfen, in die Reichweite meines Gehörs. Drei Worte von immenser Bedeutung und zugleich so unwichtig wie Wimpernschlag. Drei Worte, die von Entgültigkeit und Abschied zeugten – es waren drei Worte, doch nicht die drei Worte die ich hören wollte. Ich wusste nicht, ob es mir lieber gewesen wäre, wenn er einfach wortlos gegangen wäre. Ich wusste es nicht – ich wusste vieles nicht, besonders nicht in diesem Moment! Dieses Wissen tat weh, irgendwo in mir, klein und unbedeutend, sodass ich es kaum wahr nahm. Doch galt es nicht als erstrebenswert sich möglichst viel Wissen anzueignen? In diesem Moment zwängten sich unzählige Fragen vom Rande meiner Gedanken in das Zentrum meines Kopfes. Fragen auf die ich so schnell keine Antworten finden konnte. Fast schon kam ich mir verlassen vor, im Meer aus Unwissenheit. Doch es gab etwas, über das ich mir im Klaren war: Ich wusste, dass es vorbei war! Stille war wieder eingetreten – bedrückend, erdrückend. Ich wusste, dass das jetzt meine letzte Chance war, ich wusste, dass es jetzt seine letzte Chance für mich war – aber ich nutze sie nicht, ließ sie verstreichen. Wozu wollte ich eine Chance, wenn sich doch sowieso nichts änderte? Wozu wollte ich es in Worte fassen, wenn diese ihn doch sowieso niemals erreichen würden– sie ihn nicht mehr erreichen konnten? Wenn ich keine Antwort mehr erhalten würde, dann war das Sinnlose entgültig so sinnlos geworden, dass alles Sinnvolle von ihm getilgt worden war. Es war vorbei! Endlich? Und dann wusste ich, dass er fort war. Es gab keine Anzeichen dafür, keine weitere Sinnestäuschung – ich wusste es einfach, aber vielleicht wusste ich es gerade deswegen. Ergebens gab ich dem Teil in mir nach, der sich dem Unaufhaltsamen, der Wahrheit, entgegenstellen wollte – außerdem hatte ich Durst – und öffnete so widerwillig die Augen – ich wusste, doch dass er gegangen war. Als ich in das Zimmer blickte erstreckte sich die erwartete Leere vor mir, doch aus einem unerklärlichen Grund hinterließ sie auch einen bitteren Nachgeschmack, anders als sonst. Die Leere des sonnengefluteten Raums war unangenehm, auf eine merkwürdige Art und Weise, und ich spürte plötzlich dass sich diese Leere auch in mir ausbreitete. Resigniert schloss ich die Augen – ich wollte einfach nur noch schlafen. Ich hasste diesen Tag – wobei, den Tag vor einem Jahr hasste ich noch mehr. Wenn ich es mir recht überlegte, dann hasste ich die ganze Welt. Konnte ich da den 13. März des vergangenen Jahres noch mehr hassen? Scheinbar schon. Es dauerte eine Weile bis mich das vertraute Gefühl des Schlafes überkam, doch zu meinem Bedauern wurde es von Bildern begleitete, an die ich mich überhaupt nicht erinnern wollte. Bilder von dem Tag, Bilder von dem 13. März vergangenen Jahres – Bilder vom Tag seines Todes. ,:’,:’,:’,:’,:’,:’,:’ Es war ein Tag wie jeder andere bis mit lautem Poltern die Tür aufflog, wobei sie fast aus den Angeln gerissen wurde und gegen die Wand knallte, von der daraufhin der Putz herabzubröckeln begann. Squalo war verärgert, konnte sein verfluchter Boss nicht wenigstens einmal etwas anderes tun, als faul herumzusitzen und sich von morgens bis morgens zulaufen zu lassen? Er konnte zwar sehr gut nachvollziehen, dass die Laune eines nüchternen Xanxus noch unerträglicher war, doch sobald er zu voll gelaufen war, schlug die Wirkung der erheiternden Droge ebenfalls allmählich ins Gegenteil um. Verfluchter Teufelskreis! „VOOOOIIIIII!!!“, schuf er sich zunächst etwas Luft. „Schnauze, Abschaum!“, tönte augenblicklich Xanxus’ Lieblingsantwort zurück. „VOOOOII! Du siehst grausig aus“, sein Blick wirkte verärgert. „Was fällt dir eigentlich ein, schon wieder den ganzen Tag zu versaufen?“ Seine Frage wurde kaltblütig ignoriert, doch das war noch lange kein Grund für den Langhaarigen aufzugeben. „Du bist schon wieder seit Tagen nicht nüchtern gewesen und jetzt ist es noch nicht einmal Mittag und du hast dich schon wieder soweit zulaufen lassen, dass du, wenn du heute Morgen noch nüchtern gewesen wärst, dich bis jetzt schon wieder im volltrunkenen Zustand befunden hättest!!“ „Pff, was geht dich das denn an, Abschaum?“, folgte eine gelangweilte Antwort. Der Boss hielt es nicht für nötig, ihn darauf hinzuweisen, dass dieser Ton ihm gegenüber keineswegs angemessen war, der Silberhaarige würde es sowieso nie lernen. So gähnte er herzhaft, ihn ignorierend, doch der Andere verstand es geschickt die Aufmerksamkeit seines Vorgesetzten wieder auf sich zu lenken. „VOOOOOII! Verdammt, ich hab heute Geburtstag, da könntest du dich wenigstens etwas am Riemen reißen“, warf er ihm vor, doch der Angeklagte wusste, dass die Worte und die damit verbundene Forderung nicht ernst gemeint waren, es war viel eher eine Methode ein Gespräch aufrecht zu erhalten und ihn somit gleichzeitig zu ärgern. Squalo machte sich ungefähr so viel aus seinem Geburtstag wie Xanxus aus Abschaum. „Als ob mich der Geburtstag eines Abschaums interessieren würde“, gab der Schwarzhaarige dennoch ‚großmütig’ zur Antwort. „Pah, du könntest dich wenigstens dazu herablassen, kurz zur Party herunter zu kommen!“ „Warum sollte ich?“, gerade noch konnte Xanxus die Überraschung über die plötzliche Ernsthaftigkeit verbergen, welche in das Gespräch Einzug gefunden hatte, damit diese nicht in seiner Stimme mitschwang. „Lussuria regt sich furchtbar auf, du könntest wenigstens seine Mühe würdigen“, warf Squalo ein, wissend, dass Xanxus sich genauso wie er selbst darüber im Klaren war, dass das ganze Thema eigentlich nur eine Farce war – alles andere auszusprechen, nur um DAS eine nicht aussprechen zu müssen. Es war ihre persönliche Art und Weise miteinander zu kommunizieren, vorausgesetzt Xanxus beschränkte sich nicht auf Haare ziehen und Gläser werfen. Wobei die momentane Art der Kommunikation eher von Squalo auszugehen schien, dennoch ließ sich nicht sagen, das der Boss der Varia unterlegen war – in keinster Weise. Es war allgemein kein Wettkampf darum, wer von ihnen das Gespräch dominierte oder für sich gewinnen konnte – es ging viel mehr darum, wie viel der andere zu sagen wagte, zu wie vielen Andeutungen er in der Lage war. Es glich einem Spiel, immer um das Zentrum herum, jeder warf Begriffe ein, die sie immer näher an ihr Ziel brachten. Sie tasteten sich langsam und achtsam – probierten, wie weit sie vordringen konnten. Jahrelang spielten sie schon dieses Spiel, ohne wirklich voranzukommen, allerdings auch ohne zurückzufallen. Sie hielten stur dieselbe Position – es war frustrierend und ermüdend. Squalo hatte es schon lange satt. Er hasste es seit Jahren auf der Stelle zu treten, nicht voranzukommen und sich scheinbar immer wieder im Kreis zu drehen – immer und immer wieder um den sprichwörtlichen heißen Brei. Doch zugleich wusste er auch, dass es aus dieser Situation kein Entkommen gab. Sie waren für immer dazu verdammt umeinander herumzuschleichen, wie zwei feindliche Wölfe: Jede Bewegung, jeden Schritt des Anderen genau zu beobachten und zu analysieren, zu spekulieren, allerdings unfähig einen Schritt, einen Zug zu machen, aus Angst, dass es ein Fehltritt sein würde, der einen von ihnen mit einem Stoß von den Füßen, dem haltenden Boden reißen würde und weiter weg von ihrem Ziel brachte. Sie beide waren Menschen, die vom Risiko lebten, davon regelmäßig alles aufs Spiel zu setzten, doch gerade in diesem Fall war keiner in der Lage dazu alles zu riskieren – für Sieg oder Niederlage. Squalo hasste es, doch auch er fühlte sich unfähig diesen Schritt zu wagen, es war, als wenn er von einer riesigen Mauer stände, überzogen mit Stacheldraht und bestückt mit Fallen. Nur der Gedanke daran diese Mauer bezwingen zu wollen, ließ bereits die Haut der Hände aufschüren, als ob er längst in den Maschendraht gefasst hätte, und auch der Rest des Körpers schmerzte, als wenn er zigmal die fast erklommene Mauer wieder heruntergestürzt wäre. Aber vermutlich war es weniger die scheinbar unbezwingbare Mauer, die ihn aufhielt, als viel mehr Angst – natürlich hätte er sich das niemals eingestanden, auch wenn er sich im Unterbewusstsein schon längst im Klaren darüber war. Allerdings gehörte Angst einfach nicht zu den Empfindungen, die man an seiner Stelle empfand, es war eine eher ungewöhnliche Empfindung für ihn. Und bisher hatte er sich immer geweigert sie zuzulassen, denn Angst war ein Zeichen für Schwäche – oder viel mehr ein Zeichen dafür, dass irgendetwas aus dem Ruder zu laufen drohte und Squalo hasste es ebenso wie sein Boss etwas nicht unter Kontrolle zu haben. Ob der Schwertkämpfer die Gegenwehr noch lange aufrecht erhalten konnte, war ungewiss. Mochte die Schwärze der Nacht, die unendlichen Sterne oder der endlose Himmel eine Antwort darauf wissen – zumindestens jetzt würde sie noch nicht schwinden. Xanxus lachte trocken auf: „Abschaum! Alles Abschaum! Was interessiert mich Lussuria?“ Stimmt, dass hatte er, Squalo, mal wieder erfolgreich völlig verdrängt: Xanxus interessierte sich bekanntlich für niemand anderen – und im Moment scheinbar noch nicht mal für sich selbst. Tz, sollte der Boss doch vor die Hunde gehe! Sollte er doch machen, was er wollte, ihm, war es völlig egal. Und obwohl er so dachte, sprach er es nicht aus – irgendetwas hinderte ihn daran. War es vielleicht doch nicht so? War Xanxus ihm doch nicht egal? Squalo wusste es, wusste wie es wirklich war und dennoch schwieg er – oder vielleicht gerade deshalb. „Verschwinde“, fauchte Xanxus nun, nachdem er sich endlich wieder beruhigt hatte. Ihm platzte gerade der Kragen. Irgendwie war die Stimmung zwischen ihnen heute anders und das passte ihm überhaupt nicht. Generell erkannte er Veränderungen als zumeist positiv an, doch diese war eine von den negativen. Sie war ihm regelrecht unheimlich, irgendetwas beunruhigte ihn daran – aber er weigerte sich, sich weiter mit dem Problem auseinander zu setzten, hielt es für Zeitverschwendung und vor allem seiner Aufmerksamkeit nicht würdig. Ob das wirklich gut so war, würde sich wohl noch zeigen. „Du könntest wenigstens etwas Rücksicht nehmen – zum Wohl aller Beteiligten“, warf Squalo seinem Boss vor. Er war auf einmal wirklich wütend und gereizt, die Müdigkeit, die er eben noch bei diesem aussichtslosen Spiel verspürt hatte, war spurlos verflogen. Er nahm sich vor ein bisschen auf Xanxus’ Gewissen herumzutrampeln – sofern dieser überhaut eines besaß – und spezifizierte seinen Vorwurf nicht weiter. Vielleicht würde es dem Schwarzhaarigen nicht sofort auffallen, welche Mehrdeutigkeit dieser Satz beinhaltete, aber früher oder später würde er sich dessen Bewusst werden und er würde sich daran die Zähne ausbeißen. Dann, so plante der Strategiekapitän, würde er auf eine ‚verwunderte’ Nachfrage Xanxus die Mehrdeutigkeit der Aussage eliminieren und sich an dessen Verwirrtheit ergötzen – er würde bluten und sich aufregen, vielleicht kamen sie damit einen Schritt weiter, vielleicht waren sie dann in der Lage die unsichtbare Mauer zwischen ihnen einzureißen. Ob dieser Plan aufgehen würde blieb vorerst ungewiss, da Xanxus, wie zu erwarten, nur ein kühles Lächeln von sich gab. Er und rücksichtsvoll?! Der Hai spinnte wohl entgültig?!! Verächtlich, aber voller Siegesgewissheit, bereitete Squalo dem ganzen Theater vorzeitig ein Ende, indem er sich wehenden Haares um seine halbe Achse drehte und stürmischen Schrittes den Raum verließ. Der Boss blieb allein zurück, einzig zusammen mit dem untrüglichen Wissen etwas Wichtiges übersehen zu haben, begleitet von einem merkwürdigen Gefühl, welches nichts Gutes verheißen konnte. ,:’,:’,:’,:’,:’,:’,:’ Es war ein Fehler gewesen. Eine weitere Lüge. Eine erneute Verschwendung von Zeit – kostbarer, begrenzter Zeit. Es war der Anfang vom Ende gewesen – in jeglicher Hinsicht. Das wusste er jetzt! Im Nachhinein war es klar gewesen. Die Bedeutung der Worte war nun offensichtlich, doch sie war auch, im Anbetracht der Geschehnisse, unannehmbar verschwendet. Heute, ein Jahr später, erkannte Xanxus, dass er damals den Anderen nicht einfach hätte gehen lassen sollen. Er hätte ihn aufhalten müssen, die Zeit sinnvoll gestalten, der Wahrheit eine Chance geben sollen. Heute wusste er, dass der Himmel von damals – welcher sich nach dem Gespräch verdunkelt hatte, obgleich die Zeiger der Uhr erst in Richtung später Nachmittag gewandert waren und das Wetter draußen bisher von Sommer gezeugt hatte – überschwemmt von einer unheimlichen, gewaltigen, dunklen Wolkenschicht, die unaufhaltsam übers Land wog, die Warnung vor einem drohenden Unheil schon beinah herausgeschrieen hatte. …and keep silent… Rot. Alles rot. Blut. Überall Blut. Ich spürte, wie es langsam aus meinem Körper auf die Straße unter mir sickerte. Es vermischte sich mit dem fallenden Regen, färbte das Wasser in den Pfützen rot. Die leuchtende Farbe vermischte sich mit dem hellen unscheinbaren Glanz meiner hüftlangen Haare. Ich vermutete, dass diese für einen Beobachter wie züngelnde Flammen wirkten – oder doch eher wie ein abstraktes Kunstwerk? Irgendwann wurde das wässrige Blut zu einem roten Faden, der in den Gullydeckeln und Abwasserkanälen verschwand. Stille umgab mich. Leere. Selbst das Tröpfeln des Regens wirkte fern – unerreichbar, aber doch irgendwie nah genug um seine beruhigende Wirkung nicht zu verfehlen. Einsamkeit. Verlassenwordensein. Zurückgelassen. Vergessen? Ich wusste es nicht. Der Blutverlust erschwerte das Denken zunehmend. Mir war schwindelig. Die Stille machte es noch schlimmer. Leise stöhnte ich auf, als ich versuchte mich zu bewegen. Hartnäckig biss ich die Zähne zusammen – ich würde mir keine Schwäche erlauben. Es war zwecklos. Ich hatte keine Chance mehr, dass wusste ich – schon lange. Es war zu spät, dennoch weigerte ich mich noch diese Tatsache zu akzeptieren. Noch. Ich starb. Langsam aber sicher. Kälte erfasste meinen Körper. Ich wusste, sie würde nie wieder gehen. Im Angesicht dieses erbärmlichen Todes stellte sich mir die unscheinbare Frage, ob ich mein Leben wirklich und zu meiner Zufriedenheit gelebt hatte? Ob ich nicht bereute oder unabgeschlossen zurück ließ? Ich hätte fast aufgelacht, als mir bewusst wurde, dass es wirklich etwas gab, was ich zurück ließ, doch mir fehlte die Luft dafür, meine Lunge hob und senkte sich nur mühsam. Ich würde nichts bereuen, dass stand fest. Ich hatte immer nach dem Prinzip gelebt, zu tun, was mir beliebte, also würde es auch nichts zu bereuen geben. Ich irrte mich. Ich bereute. Bereute, nicht das Unaussprechliche ausgesprochen, nicht mit ihm geredet zu haben. Nun würde es kein Zurück mehr geben – keine zweite Chance. Ich hatte nie eine solche zweite Chance bekommen wollen. Was geschehen war, war geschehen. Und jetzt? Wollte ich jetzt eine zweite Chance? Nein! Oder? Ich war mir unsicher, dabei war ich mir nie unsicher – nur heute. Ausgerechnet heute! Heute, wo es hieß: Alles oder nichts. Vergessen? Nein, dass war nicht möglich, sonst hätte ich das schon längst getan und würde hier und jetzt nichts bereuen, würde meine kostbare letzte Zeit nicht ausgerechnet mit Gedanken an ihn verschwenden. Ja, ich bereute es wirklich – ein kleines bisschen, aber genug um etwas wie Schmerz in meinem Inneren zu spüren. Schmerz, der einmal nicht von ihm ausgelöst wurde. Nein, dass stimmte nicht ganz. Indirekt war er schon Schuld. Schließlich verspürte ich wegen ihm diesen Hauch an Reue und Schuldbewusstsein – aufgrund des Wissens, dass ich gehen und alle unausgesprochenen Fragen unbeantwortet zurücklassen würde – so wie ihn. Ich wusste, es würde ihn nicht stören, er würde seine wahren Gedanken nicht zeigen – niemals. Vermutlich war das auch besser so. Dies war nur eine weitere der verstrichenen Chancen, die bereits hinter uns lagen, doch diesmal war es anders, endgültig. Dennoch verändert es die Situation nicht drastisch. In mir wohnte immer noch die Empfindung, dass ich meine letzte Chance noch nicht vertan hatte – noch war dieses Gefühle da, aber bald würde es verschwinde, denn ich wusste schon längst, dass dem so war, dass meine letzte Chance nun definitiv verstrichen war. Abschließend beschloss ich die fast schon wehmütigen Gedanken an ihn fort zu schieben. Wehmut war nichts, was ich für gewöhnlich zum kleinen Kreis meiner menschlichen Empfindungen zählte. Mir war bewusste, dass man nach allgemeinen Maßstäben ziemlich deutlich sagen konnte, dass zumeist „unmenschliche“ Empfindungen durch meinen Körper strömten – zumindest, wenn man sich auf diese schwächlichen Wesen außerhalb der Mafia bezog. Ich selbst hingegen hielt Mordlust, Kampffreude oder Brutalitätsauslebung nicht für unmenschlich, sondern für völlig menschliche Triebe, Gefühle, was auch immer – aber es störte mich auch nicht wirklich, was andere darüber dachten, solange ich dazu stand und stehen konnte. Ein Hustanfall schüttelte mich Für einen Moment dachte ich, ich müsste ersticken. Blut füllte meine Kehle. Dann beruhigte sich mein Körper wieder. Der Regen wischte alles fort. Er wusch das Blut auf meiner Haut fort, doch das dickflüssige Rot floss weiterhin unaufhaltsam aus meinen Wunden, sodass die Arbeit des Regens schnell zunichte gemacht wurde. Lediglich die Spuren des vorausgegangenen Kampfes schaffte der er zu bewältigen, bis auf die Leichen, die irgendwo am Ende meines Blickfeldes lagen. Ich empfand kein Mitleid. Ich empfand nie Mitleid und schon gar nicht für meine Gegner. So erfüllte mich lediglich ein Gefühl von Kälte und Abneigung, als ich an ihren grauenvollen Tod zurück dachte. Normalerweise bevorzugte ich es meine Gegner schnell und unkompliziert zu töten, doch angesichts der Tatsache, dass ich tödlich verwundet war erwies sich dieses Vorhaben als überaus schwierig, sodass es mir letztendlich erst nach mehreren Versuchen gelang sie alle entgültig ins Jenseits zu befördern. Anstrengung hatte meinen Körper erfüllte, die inzwischen vollständig gewichen war – der Regen tat seine Aufgabe: Er beruhigte mich. Sogar den Ärger schwemmte das frisch vom Himmel gefallene Wasser allmählich weg. Ich war ziemlich wütend, weil ich unvorbereitet gewesen war, obwohl ich gar nicht besser auf einen Überraschungsangriff hätte vorbereitet sein können. Ich spielte kurzzeitig mit dem Gedanken, dass ich vielleicht nur so wütend war, weil ich die Auffassung vertrat, dass ein geplanter Überraschungsangriff von uns herausspioniert hätte werden müssen, doch als ich merkte, dass mich dieser Gedanke nicht wirklich weiter brachte und mich im Kreis drehen ließ verwarf ich ihn rasch wieder. Ich war nicht in der Position mir um unwichtige Dinge Gedanken zu machen. Eigentlich sollte ich stolz auf mich sein, denn ich hatte alle Gegner eliminiert, aber dies war nun einmal eine Grundregel und Vorraussetzung der Varia, sodass mich dieser Umstand keineswegs mit Genugtuung sondern lediglich mich Gleichgültigkeit erfüllte – es war einfach nichts besonderes oder anerkennungswürdiges. So erfüllte mich lediglich beständig das Wissen, dass ich nicht stark bzw. geschickt genug gewesen war, um dieser Falle lebend zu entkommen, da tröstete es wirklich nicht, zu wissen, dass auch der Feind eine vernichtete Niederlage erlitten hatte. Was waren schon 60 Mann gegen einen einzigen? Was waren schon 60 Leben gegen meines? Nichts? Oder ganz viel? Diese Frage hätte mir wohl nur eine Person beantworten können. Doch ich wusste, dass selbst, wenn er hier gewesen wäre, um mir eine Antwort zu geben, ich niemals eine erhalten hätte, weil er solche Dinge einfach nicht aussprach. Über die Jahre hätte ich vielleicht eine Chance gehabt die Antwort zwischen seinem Verhalten mir gegenüber, sowie seinen Worten herauszulesen, aber mir blieben nun einmal keine Jahre mehr. So musste ich mich mit dem zufrieden geben, was ich dachte, dass machte aber nicht glücklich, sondern verstärkte lediglich die Leere in mir. In Ungewissheit zu schweben war ein furchtbar unangenehmes Gefühl – ein bitterer Schmerz. Etwas nicht zu wissen konnte nur durch den Zustand des Wissenerlangens gestillt werden. Doch was wenn dieses zu erlangende Wissen nicht erreichbar war. Wenn man vor einer verriegelten und verrammelten Tür stand und einem nur Warten übrig blieb – warten darauf, dass jemand das nur leise durch die dicke Tür klingende Klopfen erhörte und sich erbarmte um den Suchenden einzulassen? Wenn dies der Fall war, war dann nicht Wissen erlangen sinnlos. War es dann nicht besser gar nicht erst zu versuchen anzuklopfen? Ich hatte jahrelang geklopft – vergebens. Vielleicht war es zu leise gewesen, aber viel mehr hatte ich den Verdacht, dass die Person auf der anderen Seite der Tür überhaupt nicht gewillt war mir Einblicke in die verborgende Welt hinter der Tür zu liefern. Irgendwo aus der Tiefe meiner Selbst kroch urplötzlich eine unbekannte Kälte hervor – sie war anders als die, die die Finger des Todes mit sich brachten, es war eine Kälte die selbst der Quell des Lebens nicht hätte wieder erwärmen können. Das was ich unerwartet empfand war: Furcht! Der Tod hatte seine Begleiter mitgebracht. Damit hatte ich gerechnet, hatte mich gewappnet und mich mit der entscheidenden Frage im Angesicht des Sensenmannes auseinander gesetzt, doch unvermuteter Weise hatten seine Begleiter in den Tiefen meiner Seele gewühlt und einen Gedanken ans Licht gebracht, der mich geradezu aus der Bahn warf. Was, wenn die Schlösser der Tür überhaupt nicht verschlossen waren? Was, wenn die Tür gar nicht dick und kolossal war, sondern lediglich eine dünne Wand aus Stoff? Was, wenn ich nur hätte eintreten brauchen und die Person hinter der Tür vergebens auf mich gewartet hatte? Furcht drohte sich für einen Moment in mein Herz zu fressen, als ich das Ausmaß dieser Möglichkeit erfasste. Ich war beunruhigt und brauchte einen Augenblick um wieder Ordnung in das Chaos zu bringen, welches diese neu aufgeworfenen Fragen in mir ausgelöst hatten. Und dann drängte sich mir noch eine Überlegung auf: Das gilt nicht nur für mich! Was auch immer es mit dieser Tür auf sich hatte, welches Geheimnis sie nun letztendlich barg, es verlor an Wichtigkeit im Anbetracht des Wissens, dass auch er den Stoffvorhang beiseite schieben hätte können, dass auch er mich auf das Offenstehen der Tür hätte hinweisen können. Es gehören immer zwei dazu! Jetzt erinnerte ich mich wieder daran, dass es genau das gewesen war, was ich immer so gehasst hatte – an ihm, an mir, an der ganzen Situation. Es war nicht die Schuld eines Einzelnen, es war die Schuld von uns beiden! Solange es keinen Zeitpunkt gab, an dem wir beide gleichzeitig den entscheidenden Schritt machten, würde es auch keine Erlösung aus diesem Teufelskreis geben, den wir uns selbst auferlegt hatte. Vielleicht waren wir uns doch ähnlicher als jeder von uns bisher angenommen hatte und vielleicht lag auch genau da das Problem. Schon wieder überkam mich das Bedürfnis zu lachen, was mir aber immer noch aufgrund meines flachen Atems verwehrt wurde. Dieses Problem, was genau es auch immer sein mochte – es spielte jetzt keine Rolle mehr. Es war unbedeutend geworden im Angesicht des Todes, denn es gab immerhin kein Zurück. Trotz dessen fiel es mir schwer keinen weitern Gedanken daran zu verschwenden – es war einfach hoffnungslos. Ich spürte ein Kratzen meine Kehle emporsteigen und begann zu husten. Verzweifelt rang ich nach Luft, spuckte Unmengen an Blut, doch es wurde einfach nicht besser – eher schlimmer. Mir war als ob mir die Lunge aus dem Leib gerissen wurde. Die Schläge meines Herzens wurden unrhythmischer, schwächer. Verzweifelt versuchte ich mich zu beruhigen, doch nur langsam erlangte ich ein Stückchen Kontrolle über meinen Körper zurück. Für einen kurzen Moment lag ich da und versuchte ruhiger zu atmen. Schließlich öffnete ich müde meine Augen. Die Lider fühlten sich schwer an, unendlich schwer – ich wollte nur noch schlafen. Dennoch glitt mein Blick ein letztes Mal zum Himmel. Nun sahen auch meine matten Augen, was mein Körper schon längst gespürt, aber nicht bewusst weiter geleitete hatte: Der Regen wurde weniger. Nur noch wenige Tropfen suchten ihren Weg vom endlosen wolkenverhangenden Himmel zur ebenso dunklen Erde. Das Rot des Blutes um mich herum leuchtete wieder stärker – es hatte den Kampf gegen die Wassermassen gewonnen. Bald würden nur noch unzählige Pfützen von dem vergangenen Regen erzählen, doch selbst dann würde der Himmel nicht wieder aufklären, denn die Nacht war bereits über das Land hereingebrochen und hatte das letzte Tageslicht verschlungen. Müde seufzend schloss ich die Augen wieder – gab damit meinem unstillbaren Verlangen nach Schlaf nach, welches immer stärker aus meinem Inneren hervorkroch. Meine Gedanken trieben umher, wie ein verlorenes Blatt auf dem weiten Meer. Ob es sein Ziel erreichen würde? Ich selbst hatte mein Ziel wohl nicht erreicht, oder doch, immerhin war ich Strategiekapitän der Varia, diente Xanxus treu, hatte nach Herzenslust kämpfen können – ich hatte mein Ziel erreicht, aber nicht vollständig. Ob sie wohl klar kommen würden, ohne mich? Wohl eher nicht. Sie würden bestimmt nur den ganzen Tag faulenzen: Bel würde Fran ärgern, Lussuria würde kochen und den anderen auf die Nerven fallen und Levi würde dem Boss hinterher rennen – und Xanxus? Würde er klar kommen? Vermutlich würde er noch mehr trinken, weil niemand wagen würde ihn aufzuhalten und weil er keine seiner Flaschen an mich verschwenden würde. Würde er es bereuen? Würde er es verfluchen geschwiegen zu haben? Was für eine lächerliche Frage! Natürlich nicht – Xanxus war Xanxus, er würde vermutlich nicht mal einen letzten müden Gedanken an seinen verstorbenen Strategiekapitän verschwenden. Der Hauch eines letzten Lächelns legte sich auf meine Mundwinkel. Schlussendlich hatte ich die Reue und die Wehmut doch nicht vollständig verdrängen können, ebenso wenig wie alle Gedanken an ihn. Ein letzter bittersüßer Gedanke schob sich in mein Gedächtnis: Wenn die Regenwolken sich verziehen und die Unendlichkeit hinter ihnen, welche sie zuvor – für jedes menschliche Auge – verdeckten, wieder frei geben, dann werden Regen und Himmel voneinander getrennt sein. Um mich wurde es Schwarz. Würde der Himmel in die gleiche Schwärze getaucht sein? ,:’,:’,:’,:’,:’,:’,:’ Schon lange musste sich die Dunkelheit der Nacht über das Anwesen gelegt haben. Klar und kalt erleuchtete der hoch am Himmel stehende Mond das Zimmer, warf Schatten – lange, wie kurze – und schuf so Orte, von denen die Vergangenheit ihre widerlich, langen Klauen nach mir auszustrecken versuchte. Selbst der Whisky verlor im fahlen Mondlicht seine verlockende Farbe und wirkte unscheinbar und langweilig wie Wasser. Klirrend zersprang ein Glas an der Wand. Rötliche Flüssigkeit floss an dem rauen Putz herunter und hinterließ dunkle Flecken. Dieser Umstand verschlechterte meine Laune nur noch weiter. Nicht, weil mich die beschmutze Wand aufregte – nein, sie war mir völlig egal – viel mehr störte mich der Umstand, dass der Whisky auf dem Putz lediglich hässliche, dunkle Spuren hinterließ, in Squalos silbrigen, langen Haaren machte er sich viel besser. Verärgert griff ich nach einer weiteren Flasche und ließ den Alkohol genüsslich in meiner Kehle hinabfließen. Der Schlaf aus dem ich erwacht war, war keineswegs erholsam gewesen. Die vor meinen Augen herumspukenden Bilder der Vergangenheit hatten ihr übriges getan. Letztendlich waren die Gespenster der Vergangenheit nur noch lebendiger geworden – spiegelten sich unaufhaltsam vor meinem inneren Auge ab, klangen fern in meinen Ohren nach. Seit unendlichen Minuten holte mich eine verlorene Präsenz ein und erinnert mich auf unangenehme Weise daran, dass die Zeit weiter lief und Vergangenes vergangen bleiben würde. Über vergossenen Whisky soll man nicht klagen. Verärgert öffnete ich die nächste Flasche und begann ihren Inhalt in meinen Magen zu leiten – den Gebrauch von Gläsern hatte ich eingestellt. Das vertraute Getränkt hatte etwas Beruhigend an sich, wenigstens der vielseitige Geschmack blieb erhalten, wenigstens etwas, was sich nicht veränderte. Alkohol war ein wunderbares Nervengift, es erleichterte einem bei zunehmendem Konsum komplexe Gedanken aufzugeben und sich für den Moment zu entscheiden. Ich hatte sowieso schon lange genug, wollte mich schon lange nicht mehr mit lästigen Gedanken herumschlagen – es brachte doch sowieso nichts. Die Flasche fiel achtlos zu Boden, ich gähnte ausgiebig und lehnte mich augenschließend wieder tiefer in meinem Sessel zurück. Müdigkeit überfiel mich, kein Wunder, immerhin war es bereits Mitten in der Nacht und auch selbst trinken strengte irgendwann an. Ich verdrängte das fremdartige Mondlicht, was ins Zimmer trat und mich umgab, ebenso wie den verlockenden Whisky auf dem Schreibtisch vor mir, konzentrierte mich nur auf die angenehme Leere die mich umgab, kombiniert mit dem Rausch des Alkohols. Schlafen war etwas positives, denn Schlafen war eine Art künstlicher Frieden – man hatte Ruhe vor den nervigen Mitmenschen, musste sich über nichts Gedanken machen, ließ einfach alles auf einen Zukommen und selbst ohne den Konsum von Whisky war schlafen angenehm. Sich einfach treiben zu lassen und die Welt da draußen zu vergessen war das zufriedenstellenste Gefühl überhaupt. Schlaf war die natürlichste Form um sich von der Wirklichkeit zu erlösen! Entspannt ließ ich mich von der Schwärze um mich herum aufsaugen – Wirklichkeit wurde zum Traum, Traum zur Realität. Alles war plötzlich leichter, einfacher. Alles verdrehte sich und auch, wenn es falsch war, fühlte es sich richtig an. Ein Teil der endlosen Weite zu sein, nahm das Gewicht einer einzelnen Entscheidung von meinen Schultern. Hier in der Schwärze der Unendlichkeit wirkte die Welt bedeutungslos genug sie zu vergessen, hier war ein Ort, wo man es aushalten konnte – hier war der Ort wo ich gerne war. Hier, wo kein Licht auf die dunklen Flecke meiner Seele fiel fühlte ich mich wohl. Und genau das war der Grund, warum ich mich hier offener verhalten konnte, dass war der Grund, warum ich dem untrüglichen Gefühl in mir, dass in den Tiefen der Dunkelheit etwas wartete, jemand wartete, nachgab und mich auf den Weg machte. Immer tiefer und tiefer, immer nach Vorne schauend, ungeachtet dem, was hinter mit zurück blieb – zwar war hier alles Schwarz und meine Augen hätten keinen Unterschied erkennen können, doch ich ahnte, dass mich jeder Schritt etwas kostete. Dennoch war es mir letztendlich egal, ich hatte nun doch einen Entschluss gefasst – einen Entschluss, von dem mich nichts mehr würde abbringen können. Einzig die Schwärze um mich herum war ein treuer Begleiter auf meinem langen Weg ins Nichts. ,:’,:’,:’,:’,:’,:’,:’ Das sanfte Morgenlicht fiel durch die verstaubten Fensterscheiben auf den mit Gläser und Flaschen überfüllten Schreibtisch, warf übermütig Lichtreflektionen an die Wände und ließ die letzten Tropfen Whisky bernsteinfarben glänzen. Inmitten dessen thronte Xanxus, den Kopf zur Seite gelegt – auf dem Arm abstützend – und schien friedlich zu schlafen. Am Firmament schoben sich dünne, wattige Schäfchenwolken vorbei und hinter ihnen wanderte die Sonne immer höher über den strahlend blauen Himmel, der über Nacht vom Regen sauber gewaschen worden war. Die Finsternis des Himmels war gewichen, in die Abgründe der Hölle, fortgespült vom Regen, auf dass sie für immer, zumindest dort unten, eine gemeinsame Ewigkeit verbrächten.                                                                                                                                     ...until we die. The final End -- *grins* ich hoffe es hat euch gefallen ^^ es war mein erstes XS-FF, aber ich muss sagen, es hat jede menge spaß gemacht es zu schreiben, wobei ich den OS wohl voller zweideutigkeiten und Symbole gepackt hab - naja, wie gesagt, es hat spaß gemacht es zu schreiben, wie es geworden ist müsst ihr selbst beurteilen =D das ende ist ziemlich offen gehalten, was jetzt genau mit xanxus passiert ist eurer fantasie überlassen - mehr oder weniger aber ich denke, jeder der den letzten satz aufmerksam gelesen hat, der kann sich sehr gut denken, wie ich das ende eigentlich sehe =D würde mich sehr über kommis freuen :3 LG Ichiro Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)