Mein Tagebuch von Kupferschweif (OS-Reihe zum Thema "Was geschah davor?") ================================================================================ Kapitel 3: Miroku ----------------- Liebes Tagebuch, ich weiß, dass ich dir äußerst selten schreibe und auch nur, wenn ich mich nicht so gut fühle, weil ich darüber nicht gerne mit meinem Vater oder Mushin sprechen möchte (ja, ja, Mushin-sama, natürlich). Aber jetzt geht es mir wirklich richtig schlecht. Darüber darf ich mit niemandem reden. Heute haben sie mir endlich gesagt, warum Vater und ich dieses schwarze Loch, das Kazaana in der rechten Hand haben und was genau es überhaupt damit auf sich hat. Bislang haben sie mir ja immer nur gesagt, dass das ein Fluch ist und dass ich meine rechte Hand immer bedeckt halten muss. Heute aber haben sie mir die ganze Wahrheit enthüllt. Vor 40 Jahren hatte mein ehrenwerter Großvater Ärger mit einem Halbdämon namens Naraku, der daraufhin ihn und seine männlichen Nachkommen mit dem Fluch des Kazaana belegte. Wenn man das Kazaana loslässt, saugt es alles um sich herum ins Nichts, was schlimmer ist, als der Tod. Vater sagt, dass man es auch als Waffe einsetzen kann, aber dass das sehr gefährlich und nur für den Notfall gedacht ist. Denn im Laufe der Zeit wird dieses schwarze Loch immer größer, bis es schließlich aufreißt und unkontrollierbar alles um sich herum einsaugt, auch den Verfluchten. So starb mein Großvater damals. Sein Kazaana hat ihn einfach eingesaugt. Wobei er vermutlich gar nicht tot ist, sondern für immer im ewigen Nichts leben muss. Ich hab meinem Vater in die Augen gesehen und wusste sofort, dass er Angst hat, weil er weiß, dass das auch auf ihn zukommt. Mushin sagt, dass das schon bald passieren kann und dass sie mich deswegen eingeweiht haben. Sie haben mich beide eindringlich davor gewarnt, den Fluch einzusetzen und mir genauso eindringlich klar gemacht, dass ich auf keinen Fall in der Nähe meines Vaters sein darf, wenn sein Kazaana ihn verschlingt, weil ich sonst mit ihm verschwinde. Das wäre fatal, denn Naraku muss getötet werden. Nicht nur wegen dem, was er meiner Familie angetan hat. Er ist ja auch zu anderen so gemein und tötet unschuldige Menschen. Wenn wir es schaffen, Naraku zu töten, bevor das Kazaana meines Vaters aufreißt, ist er gerettet, denn mit Narakus Tod verschwindet auch dieser Fluch. Vater und Mushin sagten mir, dass ich lernen muss, stark zu sein, damit dieses schwarze Loch nicht die Kontrolle über mich erlangen kann, was mein Leben verlängern wird. Ich muss jetzt täglich meditieren und üben. Die beiden haben mir auch gesagt, dass ich bei Mushin bleiben werde und er mich weiter ausbilden wird, sollte mein Vater es nicht schaffen, Naraku zu töten. Er hat Angst vor seiner Zukunft, auch wenn er es mir nicht sagt. Um mich auf das vorzubereiten, was wahrscheinlich kommt, hat er mir erzählt, wie er damals das Ende seines eigenen Vaters erlebt hat. Es war im Frühling. Erst einen Monat vorher hat Großvater Vater darüber aufgeklärt, was es mit seiner Hand auf sich hat und ihn genauso aufgeklärt wie mich heute. Er hatte wohl schon seit einigen Tagen Schmerzen in der Hand und hat sie immer wieder angestarrt, als wollte er sie beschwören, noch ein wenig länger durchzuhalten, weil er noch mehr Zeit brauchte, um Naraku aufzuspüren und zu töten. Das hat Vater erst später verstanden. Früher dachte er, dass Großvater seine Hand angestarrt hätte, weil er hoffte, eine einfachere Lösung für dieses Problem zu finden, einen leichteren Weg, den Fluch zu brechen. Am Nachmittag ist Vater von Großvater angewiesen worden, im Haus zu bleiben, damit er nicht Gefahr läuft, auch in das Kazaana gezogen zu werden. Der Empfänger des Fluchs (so nenne ich meinen Großvater seit heute heimlich) ist dann nach draußen gegangen und so weit weg gelaufen, wie er nur konnte, aber er war trotzdem noch in Sichtweite, als seine Hand aufriss und er in die schwarze Hölle gerissen wurde. Vater hat es mit ansehen müssen, weil er doch rausgegangen war. Er dachte, er könnte seinem Vater noch helfen und hat mich eindringlich darum gebeten, dass nicht zu versuchen, wenn seine Zeit abgelaufen ist, damit ich das Werk meiner Familie fortsetzen und vielleicht sogar beenden kann. Ich habe Angst. Schreckliche Angst. Mushin ist zwar sehr nett, aber er kann mir doch niemals meinen Vater ersetzen! Ich will ihn unter keinen Umständen verlieren, ich brauche ihn doch noch! Und was steht mir dann bevor? Ich muss dann so schnell wie möglich ein richtig starker Mönch werden, stärker als mein Vater und mein Großvater, damit ich Naraku töten und den Fluch endlich brechen kann. Was, wenn ich das nicht schaffe? Jetzt ist mein Kazaana wohl noch recht klein, aber es wird doch wachsen! Und dann... werde ich genauso enden wie mein Großvater und mein Vater. Vorher muss ich es aber auch unbedingt noch schaffen, eine nette Frau zu finden, die mir ein Kind gebären möchte, damit meine Nachkommen diesen elendigen Hanyou töten können, wenn ich es nicht schaffen sollte. Ich mag gar nicht an meine Zukunft denken! Wieso ausgerechnet ich? Warum muss ausgerechnet meine Familie von diesem Fluch betroffen sein? Mein Vater war so alt wie ich, als mein ehrenwerter Großvater von seinem Kazaana verschlungen wurde, hat er mir auch heute erzählt. Er sagte, dass er daher auch nachvollziehen könnte, wie ich mich gerade fühle, aber kann er das wirklich? Fühlen Menschen denn in der selben Situation alle das gleiche? Ich kann es mir nicht vorstellen. Er kann sich vielleicht vorstellen, dass ich Angst habe vor dem, was auf mich zukommen wird, aber hat er vor 20 Jahren wirklich genau das gleiche gefühlt? War er wirklich auch so aufgewühlt und hat sich gefragt, warum ausgerechnet er diese Last aufgebürdet bekommen hat? Warum Naraku auch ihn und seine Nachkommen bestraft hat, ohne einen Grund? Ich frage mich das. Warum müssen Vater und ich dafür büßen, dass mein Großvater sich mit Naraku angelegt hat? Wir haben diesem Mistkerl doch nichts getan! Außerdem mach ich mir bei dem Gedanken, dass ich auch im ewigen Nichts verschwinden könnte, fast in die Hose und bei dem Gedanken, dass mein Vater bald nicht mehr da sein könnte, möchte ich am liebsten anfangen zu weinen. Aber es bringt ja alles nichts. Ich muss jetzt stark sein. Ich muss jetzt die Zähne zusammen beißen, tun, was von mir verlangt wird und ein starker Mönch werden, damit ich Naraku töten kann und nicht in mein Kazaana gesaugt werde. Ich muss jetzt erwachsen werden. Und Erwachsene führen nicht solche Tagebücher wie ich bisher. Ab jetzt werde ich nicht mehr jammern. Bis zum nächsten Mal Miroku Hosted by Animexx e.V. 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