Mein Tagebuch von Kupferschweif (OS-Reihe zum Thema "Was geschah davor?") ================================================================================ Kapitel 5: Sango ---------------- Liebes Tagebuch! Ich weiß, ich hab eine ganz schön lange Zeit nicht mehr geschrieben, aber ich hatte einfach keine Zeit. In letzter Zeit ist so viel passiert! Und weil ich nichts vergessen will, muss ich jetzt einfach alles aufschreiben. Ich kann es noch gar nicht richtig fassen! Mein Vater hat vor einiger Zeit angefangen, mir beizubringen, was es bedeutet, ein Dämonenjäger zu sein. Er hat mir beigebracht, dass ich keine Angst haben darf und immer selbstbewusst auftreten muss. Außerdem muss man im Kampf auch immer eine Schutzmaske tragen, weil Dämonen auch giftig sein können. Und wenn man im Kampf gelähmt wird, ist das ein Todesurteil. Jeden Morgen musste ich früh aufstehen und anstatt meiner Mutter dabei zu helfen, das Frühstück zu machen, übe ich mit meinem Vater. Er geht mit mir auf den Kampfplatz und am Anfang hat er mich die meiste Zeit laufen lassen, damit ich an Ausdauer gewinne. Ich kann jetzt richtig lange laufen, ohne erschöpft zusammen zu brechen. Ich bin richtig stolz auf mich. Dann hat Vater mich mit in den Wald genommen und mir einige giftige Kräuter gezeigt, aber auch welche, aus denen man ganz schnell Salben machen kann, falls man mal verletzt werden sollte. Eine einfache Salbe kann ich schon machen, aber da gibt es natürlich noch ein paar mehr, die ich im Laufe meiner Ausbildung lernen werde. Und seit zwei Wochen lässt Vater mich verschiedene Waffen ausprobieren, um herauszufinden, mit welchen ich am besten umgehen kann. Als erstes hat er mich mit einer Sichelkette üben lassen. Das hat wirklich Spaß gemacht, aber ich habe mich etwas dumm angestellt. Ich hab den Übungspfahl meistens verfehlt und mich in der Kette verfangen. Erst hab ich ja noch gedacht, dass ich das schon noch hinbekommen würde, aber dann hätte ich Vater fast erwischt! Nicht auszudenken, wenn ich ihn wirklich verletzt hätte oder sogar... Nein, daran will ich nicht mal denken! Jedenfalls hat mich das dann dazu bewogen, Vater um eine andere Waffe zu bitten. Er hat mir dann einen Speer gegeben, mit dem man allerdings recht nah an den Dämon heran gehen muss, um ihn zu verletzen, oder aber gut werfen können muss. Mit dem Werfen hatte ich eigentlich keine Probleme, den Pfahl hab ich fast immer getroffen, wenn auch nicht genau mittig, aber Vater sagte, das wäre reine Übungssache. Im Nahkampf allerdings... ich war ziemlich unsicher, weil ich weiß, wie groß solche Dämonen sein können und dass ihre Arme auch ziemlich lang sein könnten. Ich hab schon beim Üben mit stumpfen Speeren gegen einen der besten Krieger meines Vaters ein bisschen Angst bekommen, wie soll das dann erst gegen richtige Dämonen sein? Das kann man bestimmt auch lernen, aber Vater meinte, dass er mich nicht so nah an einem Dämon sehen will, der mir feindlich gesinnt ist und schlug vor, dass ich eine andere Waffe ausprobieren sollte. Eine Axt oder etwas ähnliches schied dann natürlich auch direkt aus, da wäre ich ja auch so nah an einem Dämon dran gewesen. Und ehrlich gesagt, hätte ich wirklich lieber eine Waffe, mit der ich aus der Distanz angreifen kann. Nicht, dass ich den Nahkampf scheuen würde, aber man sollte niemals unterschätzen, wie gefährlich Oni oder Youkai werden können. Als nächstes hab ich dann mit Pfeil und Bogen geübt. Es ist gar nicht mal so einfach, den Pfeil wirklich gerade auf der Sehne zu halten und genau zu treffen, aber Vater meinte, dass ich mich gar nicht mal so schlecht anstellen würde. Ich hab den Übungspfahl auch gar nicht so oft verpasst. Einige Pfeile sind stecken geblieben und andere haben den Stamm wenigstens gestreift. Wie jede Waffe ist auch der Umgang mit Pfeil und Bogen Übungssache. Das einzige, was mich ein bisschen stört ist, dass man sich in einem langen, harten Kampf früher oder später entweder zurückziehen oder auf eine andere Waffe umsteigen muss, weil einem die Pfeile ausgehen können. Man kann ja schlecht fünf prall gefüllte Köcher mit sich herum tragen. Vater wollte, dass ich jede Waffe, mit der seine Jäger kämpfen können, zumindest ausprobiere, um am Ende zu entscheiden, mit welcher ich mich am sichersten fühlen kann. Die Wahl der Waffe ist schließlich extrem wichtig. Und während Vater überlegte, welche Waffe noch für mich geeignet sein könnte, habe ich dann mit seinem besten Krieger Takashi den Schwertkampf geübt, den jeder Dämonenjäger beherrschen muss, ganz egal, welche Waffe seine erste Wahl ist. Sicher ist einfach sicher. Natürlich nur mit Bokutos, damit wir uns gegenseitig keine Verletzungen zufügen konnten. Die Bokutos, die in unserem Dorf zur Ausbildung benutzt, sind schwerer als die Katanas, die man am Ende seiner Ausbildung bekommt. So werden unsere Arme aber auch stärker. Takashi hat mich gelobt und gesagt, dass ich ziemlich flink bin und sicherlich einmal eine unverzichtbare Jägerin in der Gruppe werden würde. Das hat mich wirklich gefreut, denn wie du weißt, mein liebes Tagebuch, ist es mein größter Traum, eine ausgezeichnete Dämonenjägerin zu werden und meinen Vater stolz zu machen. Warum sollen außerdem auch immer nur die Männer jagen, kämpfen und das Dorf beschützen? Ich werde allen beweisen, dass Frauen das genauso gut können. Jedenfalls hatte Vater dann noch eine letzte Idee, mit was für einer Waffe ich kämpfen könnte. Im Waffenlager hat er einen Hiraikotsu gefunden, einen großen Bumerang aus Youkaiknochen. Und es war wirklich Liebe auf den ersten Wurf. Die Jäger des Dorfes und auch einige von den Frauen haben zugesehen, weil diese Waffe schon seit längerem niemand mehr benutzt hatte und weil es sie interessierte, für welche Waffe ich, die Tochter des Anführers, mich entscheiden würde. Und ich schwöre dir, sie waren alle beeindruckt davon, wie ich mit dieser Waffe hantiert habe. Natürlich waren meine ersten Versuche noch etwas schwach, aber trotzdem wusste ich auf Anhieb, dass ich mit keiner anderen Waffe kämpfen will. Auch Vater meinte, dass das die beste Waffe für mich ist und er versprach, mir meinen eigenen Hiraikotsu anfertigen zu lassen, da der aus dem Lager doch schon etwas alt und abgenutzt ist. Vorgestern war mein eigener Knochenbumerang dann fertig und Vater hat ihn mir übergeben. Was dann noch anstand, kannst du dir sicher denken, so oft, wie ich davon geschrieben habe. Ich habe eine offizielle Aufnahmeübung gemacht. Takashi hat mit mir vor allen Dorfbewohnern den Schwertkampf geübt und dann habe ich unter Vaters Anleitung mit meiner neuen Waffe geübt. Die anderen Dorfbewohner sollten dann wie immer entscheiden, ob ich es verdiene, zu einer wirklichen Dämonenjägerin ausgebildet zu werden oder ob ich besser dazu geeignet bin, einen Haushalt zu führen und nur im Notfall das Dorf verteidigen zu können. So gesehen war es ein wirklicher Vertrauensbeweis meines Vaters, mir direkt einen eigenen Hiraikotsu anfertigen zu lassen. Aber ich habe ihn nicht enttäuscht. Alle Dorfbewohner waren damit einverstanden, dass ich zu einer Dämonenjägerin ausgebildet werde, die mit den anderen Jägern das Dorf verlassen und andere Menschen von diesen niederen Dämonen befreien darf. Ich hab mich noch nie so erleichtert und stolz gefühlt. Immerhin gibt es nur eine andere Jägerin, die anderen Frauen können lediglich ein bisschen mit dem Schwert kämpfen, falls das Dorf einmal angegriffen wird und jede Hand gebraucht wird. Gestern war es dann endlich soweit. Die Zeremonie zu meiner Ernennung zur Schülerin. Ich habe meine eigene Rüstung erhalten und auch ganz offiziell meinen Knochenbumerang und mein eigenes Bokuto. Wie es die Tradition verlangt, habe ich dann mit Takashi, der mich im Schwertkampf ausbilden wird, und meinem Vater, der meine übrige Ausbildung übernehmen will, die Nachtwache gehalten. Es war wirklich spannend, mit zwei so erfahrenen Jägern das Dorf zu umrunden und ihren Geschichten zu lauschen, während alle anderen geschlafen haben. Ich war auch gar nicht müde, weil ich so aufgeregt war. Aber das wohl Allerbeste kam erst heute morgen, bevor ich mich ein wenig ausruhen konnte: Als die Sonne aufgegangen und unsere Nachtwache damit beendet war, meinte mein Vater, dass er mir noch etwas geben wollte, bevor ich mich ausruhen dürfte. Er ist mit mir zu Takashis Hütte gegangen, wo dieser mich angrinste, ehe er kurz reinging und mit einem kleinen Korb wieder herauskam. Vater hatte Takashi das Geschenk für mich aufbewahren lassen, damit ich es nicht versehentlich schon vorher finde. Ich war wirklich aufgeregt, als ich den Korb bekommen habe. Es war etwas darin, unter einer rosa Decke versteckt (rosa ist meine absolute Lieblingsfarbe, wie du weißt). Und du wirst mir nicht glauben, was unter der Decke versteckt war: Eine Nekomata! Sie heißt Kirara und ist die süßeste Katze, die ich jemals gesehen habe! Sie ist sehr hell, hat schwarze Pfoten und ihre Schwanzspitzen sehen aus, als würden schwarze Flammen sie umzüngeln. Ihre Augen sind rot und groß. Als Kirara und ich uns gesehen haben, wusste ich, dass sie für immer meine beste Freundin sein würde. Sie hat mich sofort freundlich angemaunzt und ist mir dann schnurrend auf die Schulter gesprungen. Vater lächelte und meinte, dass es immer gut wäre, einen treuen Partner an seiner Seite zu haben und dass ich von ihrem Rücken aus auch viel besser mit dem Hiraikotsu kämpfen könnte. Und als ob das ein verabredetes Zeichen gewesen wäre, sprang Kirara von meiner Schulter und verwandelte sich in eine riesengroße Katze, auf der locker drei Leute reiten können! Ich habe nicht widerstehen können und Vater angebettelt, noch ein wenig mit Kirara und dem Hiraikotsu üben zu dürfen. Und spätestens seit dieser Übungseinheit ist mir klar, dass ich dazu geboren bin, zu kämpfen. Nicht, dass mir das vorher noch nicht klar gewesen wäre. Aber jetzt sollte ich wirklich schlafen, die letzten Tage waren sehr aufregend, aber auch sehr anstrengend und Kirara schläft auch schon. Ich werde sie nie wieder von meiner Seite weichen lassen. Ich versuche aber trotzdem, dir wieder regelmäßiger zu schreiben, liebes Tagebuch. Bis bald, (eine sehr erschöpfte) Sango Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)