Der Spiegelfechter von Kurokyuubi ================================================================================ Kapitel 1: Der Spiegel ---------------------- Es war Freitag 11 Uhr vormittags. Die Sonne strahlte vom blauen nur leicht bewölkten Himmel. Sie schien auf das Dach eines kleinen Hauses und durch die Fenster auf der Südseite. Hinter einem dieser Fenster war ein mit bunten Geschenken bedeckter Tisch zu sehen und eine Frau, die in der Küche arbeitete. Sie stellte gerade eine Geburtstagstorte auf den Küchentisch und sah noch einmal aus dem Fenster um sich zu vergewissern, dass ihre Tochter Kira noch nicht die Straße hinauf gelaufen kam. Kira hatte heute eher Schulschluss, weil im Moment so viele Lehrer fehlten. Sie war es, für die die ganzen Geschenke bestimmt waren, denn heute war ihr Geburtstag. Ein blondes Mädchen erschien hinter Kiras Mutter in der Küche. Ihr Name war Sandy und sie war Kiras beste Freundin. Leider wohnte Sandy in Australien und so sahen sich die beiden Freundinnen eher selten. Sie hatte jetzt Ferien und so hatte Kiras Mutter sie gefragt, ob sie nicht nach Deutschland kommen wolle. Vor Kira hatten sie all dies geheim gehalten. Kiras Mutter sah noch einmal aus dem Fenster und beobachtete, wie ihre Tochter die Straße hinauf lief. Kurz darauf hörte sie, wie die Haustür geöffnet wurde und Sandy versteckte sich schnell hinter der Küchentür. Kira kam herein, schleuderte ihre Schultasche in die Ecke und ging zielstrebig in die Küche. „Alles gute zum Geburtstag“, flötete ihre Mutter und führte sie zum Geburtstagskuchen, auf dem 14 Kerzen brannten. Kira holte Luft, doch bevor sie die Kerzen auspusten konnte spürte sie kalte Finger in ihrem Nacken. Vor Schreck versuchte sie noch mehr Luft zu holen, doch ihre Lungen waren bereits prall gefüllt. Sie drehte sich um und blickte ihre Freundin an. „Sandy?“, fragte sie. Als Kira die Kerzen aus gepustet hatte, machte sie sich an die Geschenke. Obenauf lag ein großes rotes Geschenk von Sandy, die ihr zwei Romane aus Australien mitgebracht hatte, daneben lag ein blaues von ihrer Mutter, dass zwei Konzertkarten für einen Auftritt ihrer Lieblingsband enthielt. In einem Päckchen von ihrer Großmutter fand sie einen Spiegel. „Der sieht uralt aus“, sagte Sandy neben ihr. Kira nickte. Sie betrachtete ihr Ebenbild im Spiegel. „Aber wer baut einen Handspiegel so, dass er alles verkleinert?“, fragte sie. Sandy runzelte die Stirn: „keine Ahnung.“ Kira legte den Spiegel erst einmal auf den Küchentisch, genau neben den Geburtstagskuchen. Während sie sich wieder ihren Geschenken zu wandte bemerkte sie nicht, wie eine schmutzige Hand aus dem Spiegel kam und etwas Sahne von dem Kuchen nahm und wieder im Spiegel verschwand. Kurz darauf wurde die Hand wieder aus dem Spiegel gestreckt und eine Kirsche verschwand vom Kuchen. So ging es weiter und weiter und der Kuchen sah immer angefressener aus, als die Hand schließlich eine der Kerzen zu fassen bekam. Die Kerze verschwand ebenfalls im Spiegel, nur um sofort wieder herausgeworfen zu werden. Sie landete auf Sandys Hinterkopf. „Was war das?“, fragte Sandy und drehte sich um. „Was zum...“ Kira folgte ihrem Blick. „Mama?“, rief sie. Ihre Mutter kam ins Zimmer und blieb verdutzt stehen, als sie den Kuchen sah. Sandy fischte die Kerze aus ihren Haaren. Kira wollte gerade erzählen, was geschehen war, da sah sie, wie ein Finger aus dem Spiegel kroch um etwas Sahne vom Rand zu wischen. Überrascht beobachteten die drei den Finger, der schnell wieder verschwand. Sandy erholte sich am schnellsten von dem Schock. Entschlossen holte sie eine Fliegenklatsche, die auf einem Schrank in der nähe lag und baute sich damit vor dem Spiegel auf. Sie brauchte nicht lange warten, da tauchte die Hand in der Hoffnung auf ein Stückchen Kuchen wieder auf. Mit aller Kraft schlug Sandy auf die Hand ein, wobei sie die Fliegenklatsche zerbrach. Die Hand hielt kurz inne, griff dann aber wieder nach dem Kuchen. Als sie sich wieder zurückziehen wollte, schlug Kira mit einer Bratpfanne, die sie vom Herd geholt hatte auf die Hand. Blitzartig verschwand die Hand im Spiegel. Misstrauisch sah Sandy den Spiegel an. Sie holte ein Messer und wollte damit auf den Spiegel anstupsen, als eine Hand aus der Spiegelfläche kam und sie aufhielt. Kurz darauf erschien ein Kopf und ein Oberkörper. „Nicht“, sagte der Mann. „Ihr zerkratzt den Spiegel.“ Sandy wollte zurückweichen, doch da der Mann ihre Hand festhielt kam sie nicht weit. Der Mann, der da halb aus dem Spiegel ragte trug einen schlammbraunen zerschlissenen Mantel und einen schwarzen Hut mit drei bunten Federn daran. Er sah Sandy aus seinen grau-blauen Augen an: „Ihr wollt mich doch nicht für alle Ewigkeit da drin einsperren oder?“ Unsicher sah Sandy den Mann an. „Wer sind Sie?“, fragte Kira schließlich. Der Mann sah zu ihr herüber. „Man nennt mich Siegfried“, sagte er schließlich, „Siegfried den Spiegelfechter.“ "Spiegelfechter?", fragte Kira. "Was ist das ein Spiegelfechter." Siegfried überlegte kurz. "Ein Spiegelfechter", erklärte er schließlich, "ist beherrscht die Spiegel. Er kann sich darin spiegeln, aber er kann sich auch unsichtbar für den Spiegel machen, sodasss er kein Spiegelbild mehr hat. Ein Spiegelfechter kann auch den Raum hinter einem Spiegel betreten und er kann über die Straßen zwischen Spiegeln gehn." "Wo ist denn dieser Raum hinter einem Spiegel?", fragte Sandy verwirrt. "Ich stecke zur Hälfte drin", erklärte der Spiegelfechter und zeigte auf die Stelle, wo sein Oberkörper im Spiegel verschwand. "Ah", sagte Sandy. "Und wie sind sie da herein gekommen?", fragte Kira. "Nun ja, ich musste da rein", erklärte Siegfried, "sonst hätte Willhelm mich geschnappt." "Willhelm? Ist das auch ein Spiegelfechter?" "Nein", erwiderte der Spiegelfechter verstörrt. "Willhelm ist ein Wolkenschütze." "Ah und warum wollte der sie schnappen?" "Das ist eine längere Geschichte." "Nun ja, ich denke, die sind sie uns schuldig", erklärte Kira. "Sie haben immerhin von meinem Geburtstagskuchen genascht." "Ich hatte hunger", entgegnete Siegfried, "immerhin war ich sehr lange da drin und von diesem Spiegel führt keine Straße weg!" Der Spiegelfechter zog sich aus dem Spiegel und sprang vom Tisch. Er war ein kleiner Mann, dessen schmuddelige Kleidung aus dem letzten Jahrtausend zu kommen schien. "Was für Straßen?", fragte Sandy. "Wie lange ware sie denn da drin", wollte Kira wissen. "Nicht alle fragen auf einmal", rief der Spiegelfechter aus, "erst einmal, welches Jahr haben wir?" "2011", antwortete Kira. "Dann war ich jetzt gute 500 Jahre da drin." "In einem Spiegel?", fragte Sandy. "In dem Spiegel", antwortete der Spiegelfechter. "Was die Straßen angeht... Von den meisten Spiegeln aus können Spiegelfechter zu anderen reisen." "Und wieso sind sie dann in gerade diesen Spiegel ge... gestiegen?", fragte Kira. "Ich hatte keine Wahl", entgegnete der Spiegelfechter. "Aber wie gesagt: Das ist eine lange Geschichte." "Dann erzählen sie sie uns!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)