Und täglich grüßt das Murmeltier... von Rebi-chan ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Das Jahr neigte sich dem Ende zu und das neue begann genauso, wie das alte geendet hatte: kalt, verschneit und natürlich, wie sollte es auch anders sein, ohne einen Hinweis auf mein Murmeltier. Es war Anfang Februar, als es passierte. Die Tage waren langsam wieder wärmer geworden und die ersten Anzeichen des Frühlings zeigten sich ebenfalls schon, obwohl die Nächte immer noch bitterkalt waren. Zu dieser Zeit hatte meine Schwester Geburtstag und wie der Zufall es so wollte, hatte ich bisher noch kein wirklich gutes Geschenk für sie gefunden. Was also blieb mir anderes übrig, als mir einen Nachmittag frei zu nehmen und alle Geschäfte der Innenstadt, die glücklicherweise nicht weit von meiner Wohnung entfernt lag, abzuklappern um nach dem richtigen Geschenk zu suchen. Wie jedes Jahr stellte sich mir die Frage, was man einer Frau schenken sollte, die eigentlich alles hatte, was sie wollte. Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Schwester Sophie und ihrer kleinen Familie, da unsere Eltern schon sehr früh gestorben waren und sie sich um mich immer rührend gekümmert hatte. Mit Frank, ihrem Mann, und Lea, deren kleiner Tochter und meiner Nichte, verstand ich mich sehr gut. Oft war ich bei ihnen eingeladen und stets willkommen gewesen. Zudem konnte ich mit Sophie wirklich über alles reden. Bisher hatte sie immer unterschwellig mitgeteilt, in welche Richtung Geschenke zu Geburtstagen und Weihnachten gehen sollten, doch diesmal hatte ich keinen Tipp erhalten. Suchend durchstöberte ich verschiedene Geschäfte, bis ich an einem Buchladen vorbei kam. Ich wusste, dass Sophie sehr gerne las. Mit einem guten Buch konnte man bei ihr so gut wie nie etwas falsch machen. Also beschloss ich, dort etwas für sie zu suchen. Im Geschäft war nicht sehr viel los, weshalb ich mir Zeit ließ und die Bücher in den Regalen betrachtete. Am Regal mit den Krimis blieb ich schließlich stehen und überflog die Titel, welche auf den Buchrücken aufgedruckt waren. Viele Titel kannte ich, hatte sie schon oft bei Sophie gesehen. Es war schwer, etwas zu finden, dass sie noch nicht in ihrem Regal stehen hatte. Trotzdem fand ich schließlich ein Buch, welches etwas versteckt in der obersten Reihe stand, und streckte die Hand aus. Genau in diesem Moment erschien eine zweite Hand neben meiner und wollte nach dem gleichen Buch greifen. Die fremde Hand war warm und ein Kribbeln ging von der Stelle aus, an welcher sie meine berührt hatte. „Oh, Entschuldigung...“, meinte ich leise und sah neben mich, nur um zweimal nach Luft zu schnappen. Zwei hellblaue, leuchtende Augen blinzelten mich an, lächelten dann. „Nein, mir tut es Leid“, erwiderte mein Gegenüber. /Murmeltier!/, schoss es mir durch den Kopf. Ich schluckte trocken und versuchte meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Es wollte allerdings nicht so, wie ich und schlug deshalb immer noch so laut und schnell, dass ich fast glaubte, man könnte es noch in Australien hören und dort mit irgendwelchen Buschtrommeln verwechseln. „Hier, bitte. Sie haben es zuerst entdeckt“, hörte ich wieder diese ruhige Stimme und bekam sogleich das Buch in die Hand gedrückt, welches ich selbst nehmen wollte. Blinzelnd betrachtete ich das Buch, sah dann wieder in diese wunderschönen blauen Augen und fand endlich meine Sprache wieder: „Sagen Sie... Kennen wir uns nicht?“ Zugegeben, es war nicht das Klügste, das jemals über meine Lippen gekommen war, allerdings war es das Einzige, was mir im Moment überhaupt in den Sinn kam. Beim näheren Überlegen kam mir dieser Satz eher wie eine dumme Anmache vor und nicht wie der Start eines Gesprächs. Murmeltier kicherte. Es hörte sich wunderschön an und ließ meine Knie weich werden. „Höchstens vom Sehen. Gesichter von Personen, mit denen ich schon einmal gesprochen habe, vergesse ich nur selten“, erwiderte er und grinste entschuldigend. Scheinbar hatte er mich nie auf dem Bahnsteig bemerkt. Warum sollte er auch... Seufzend nickte ich nur. Man konnte mir ansehen, dass ich etwas enttäuscht war. „Allerdings...“, begann er schließlich, „an Sie kann ich mich erinnern. Stehen Sie morgens eigentlich immer noch auf dem Bahnsteig um auf die Bahn zu warten?“ Wieder blinzelte ich ihn an, lachte dann leise auf. „Ja, das tue ich immer noch“, antwortete ich. Erleichtert drückte ich das Buch an meine Brust, bis mir einfiel, dass ich eigentlich auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk war und gerade im Begriff war, ihm das Buch vor der Nase wegzuschnappen. Entschuldigend hielt ich es ihm hin. „Bitte, nehmen Sie es. Ich finde schon noch ein anderes, auch wenn es wohl schwierig werden wird...“ Er schüttelte den Kopf und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Ich bestehe darauf, dass Sie es nehmen.“ Ich seufzte, lächelte dann aber und nickte. „Gut, aber nur unter der Bedingung, dass ich Sie auf einen Kaffee einladen darf.“ Wieder lachte er und ließ meine Knie erneut weich wie Butter werden. Er nahm mein Angebot an und begleitete mich zur Kasse, wo ich das Buch, nachdem ich gezahlt hatte, noch in Geschenkpapier einwickeln ließ. Mit einem Lächeln nahm ich die Tüte entgegen und passte auf, dass die aufwendige Schleife nicht zerdrückt wurde, als ich zusammen mit Murmeltier den Laden verließ. Ich nannte ihn in Gedanken immer noch ‚Murmeltier’ und musste grinsen. „Ich bin übrigens Ben“, meinte ich schließlich, als wir die Straße hinunter liefen um nach einem gemütlichen Café zu suchen. „Freut mich. Ich bin Jonas“, entgegnete er. /Mein Murmeltier heißt also Jonas.../, dachte ich und lächelte ihn an. Wir brauchten nicht lange, bis wir ein geeignetes Café gefunden hatten, betraten es schließlich und ließen uns einen ruhigen Tisch geben. Es dauerte auch nicht lange, bis wir ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden hatten. Irgendwie schwammen wir auf einer Welle, was alles sehr viel einfacher machte. „Darf ich fragen, wie Sie auf mich aufmerksam geworden sind? Ich meine, am Bahnsteig sind nicht gerade wenig Leute und dass gerade ich Ihnen aufgefallen war verwundert mich“, meinte ich schließlich irgendwann, nachdem wir unsere Getränke – er eine heiße Schokolade, ich einen Cappuccino – bekommen hatten. „Du...“, meinte er nur und sah mich über den Rand seiner Tasse an. Verwirrt blinzelte ich. „Wir sollten uns duzen, oder etwa nicht?“ Ich nickte, freute mich aber ungemein und zeigte dies auch. Er erwiderte das Lächeln. „Das gleiche könnte ich dich auch fragen. Ich bin dir schließlich auch aufgefallen...“ Ertappt ließ ich den Blick sinken. Er hatte schon recht, ich war schließlich schnell auf ihn aufmerksam geworden, wenn auch einfach nur, weil er eigentlich immer da gewesen war. „Du hast immer so gestrahlt. Egal ob es Regen, Schnee oder strahlender Sonnenschein gab...“, erwiderte ich etwas schüchtern, sah ihn dann aber wieder an und lächelte. „Jetzt bist du dran. Wie kommt es, dass ich dir aufgefallen bin?“ Er legte den Kopf schief und überlegte, suchte nach den richtigen Worten. „Ich weiß nicht... Anfangs habe ich die Leute beobachtet... Und du hast dich sosehr von den anderen Leuten unterschieden. Aber ich war immer zu feige, dich anzusprechen...“, gestand er schließlich und seufzte. Sein Blick wanderte zu der großen Wanduhr. „Ach du liebes Bisschen... Ich hab die Zeit ja komplett vergessen... Ben, es tut mir leid, aber ich muss los. Ich bin noch verabredet. Danke für die heiße Schokolade!“, haspelte er schnell herunter, schnappte sich seine Umhängetasche und seinen Mantel und war schneller aus dem Café verschwunden, als dass ich etwas erwidern konnte. Perplex blieb ich sitzen und starrte ihm nach, ehe ich in mich zusammensank und seufzte. War ja auch zu schön um wahr zu sein. Natürlich hatte er jemand anderen, was sollte er mit mir anfangen... Mit meinen düsteren Gedanken beschäftigt trank ich meinen Cappuccino aus, bezahlte dann und machte mich auf den Heimweg. Morgen war erst einmal Sophie’s Geburtstag angesagt. Dennoch ging mir Jonas auf dem ganzen Nachhauseweg nicht aus dem Kopf. Warum hatte ich ihn nur wiedergetroffen, wenn das Schicksal sich scheinbar gegen mich verschworen hatte. Die drei Jahre, in denen ich ihn nur von der Ferne aus morgens gesehen hatte, hatten bei mir nicht solche Spuren hinterlassen wie diese halbe Stunde, die wir zusammen verbracht hatten. Es wiedersprach meiner eigenen inneren Einstellung, doch ich musste mir eingestehen, dass ich mich Hals über Kopf in diesen jungen Mann verliebt hatte. Warum nur war das Schicksal so gemein und hatte ihn mir vorzeitig entrissen? Ich hatte noch so viel von ihm erfahren wollen... Ob ich ihn nun wieder sah, war fraglich. Außer seinem Vornamen wusste ich schließlich kaum etwas von ihm. Seufzend schloss ich die Tür zu meiner Wohnung auf und nahm mir vor, mich morgen mit Sophie zu beraten. Sie hatte in solchen Situationen immer die passenden Ratschläge für mich gehabt und ich hoffte, dass sie mir diesmal auch helfen konnte. ~Kapitel 1 ENDE~ TBC... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)