Sasori Holmes und Dr. Deidara von Galenhilwen (wenn klassische Literatur auf Anime trifft) ================================================================================ Kapitel 11: Des Schicksals verworrene Wege ------------------------------------------ Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich endlich die Tür und Sasoris Hausarzt musterte ihn mit einem skeptischen Blick. Die Haare des Mediziners waren, wie immer, zu einem Zopf gebunden und seine zu groß geratene Brille rutschte ihm, ebenfalls wie immer, permanent von seiner Nase herab, so dass er gezwungen war sie wieder an ihren Platz zu befördern. Der Rothaarige sah ihn völlig durchnässt und mit einem geradezu panischen Funkeln in den Augen an und hauchte außer Atem: „Verzeihen Sie meine später Störung, Dr. Kabuto. Es ist von äußerster Dringlichkeit.“ Der junge Arzt nickte und trat einen Schritt zur Seite: „Natürlich, bitte treten Sie ein.“ Nur zu gerne nahm der Ermittler das Angebot an und betrat seit langem wieder das Haus seines Arztes. Nachdem dieser die Tür geschlossen hatte betrachtete er Sasori noch einmal genau und schüttelte leicht den Kopf: „Was bewegt Sie dazu, bei einem solchen Wetter schutzlos vor die Tür zu treten?“ Während er noch immer nach Luft rang, ließ Sasori sich in den Flur führen und raunte: „Nun, es Ihnen auf die Schnelle zu erklären würde zu viel Zeit kosten. Ich habe allem voran eine wichtige Frage an Sie, Doktor.“ - „Bitte, so stellen Sie Ihre Frage. Wie kann ich weiterhelfen?“ - „Mein Kollege Deidara hatte die Aufgabe die ansässigen Humanmediziner zu Befragungen aufzusuchen. Er war nicht zufällig bereits bei Ihnen, oder?“ Plötzlich blieb der junge Arzt stehen und lächelte: „Deidara ist Ihr Kollege? Wie amüsant, er ist ebenfalls Patient bei mir und...“ - „Doktor! Bitte!“ - „Wenn Sie mich hätten ausreden lassen, so hätte ich Ihnen gesagt, dass er zur Zeit in meinem Sprechzimmer auf meine Rückkehr wartet.“ Die Erleichterung riss sämtliche Anspannung aus Sasoris Körper und er stützte sich aufatmend an der Wand ab, ehe er Gefahr lief doch noch zu Boden zu gehen. Einem schweren Schlucken folgte ein Nicken, seine Stimme klang erschöpft, dennoch ungemein befreit: „Verzeihen Sie meine forsche Art. Dann lassen wir Ihn nicht länger warten, Doktor.“ Auf wackeligen Beinen folgte er Kabuto in das besagte Sprechzimmer, in dem Deidara saß und sich zu ihnen drehte, als sie dieses betraten. Der Blonde schaute seinen Freund besorgt an: „Um Himmels Willen, Sasori. Was ist geschehen?“ Er erhob sich und trat an den Rothaarigen heran. Dieser musterte seinen Freund eindringlich, ehe er ihn in seine Arme schloss, fest an sich drückte und ihm ins Ohr hauchte: „Das erkläre ich dir später. Ich bin nur außer mir vor Freude, dass du wohlauf bist.“ Etwas verunsichert erwiderte der Blonde die Umarmung. Es war einfach zu schön und geradezu herzlich, als dass er sich nun daran hätte stören wollen, wie durchnässt der Rothaarige doch war. Beinahe erdrückte dieser ihn sogar, so kannte er Sasori überhaupt nicht und fragte sich, was bloß auf dem Präsidium geschehen war. Was um alles in der Welt trieb den sonst so distanzierten Ermittler zu einem solchen Gefühlsausbruch? Bereits wieder in seinem Stuhl sitzend räusperte Kabuto sich und sah die beiden an: „Verzeihen Sie, wenn ich die Wiedersehensfreude trüben muss, aber ich gedenke nicht den ganzen Abend hier zu sein. Wenn Sie also so freundlich wären und mir Ihre Fragen stellen würden, meine Herren.“ Erschrocken löste Sasori sich, nickte und setzte sich, wie Deidara ebenfalls, hin. Er richtete seine Aufmerksamkeit nun wieder in der gewohnten Weise auf den Mediziner: „Ich bitte Sie um Entschuldigung, Doktor. Ich weiß nicht, inwieweit mein Kollege bereits gefragt hatte, aber wir benötigen dringend einige leider vertrauliche Daten von Ihnen.“ Kabuto nickte, seine Stimme klang jedoch abweisend: „Das ist mir geläufig. Und ich habe Ihrem Kollegen bereits versucht zu erklären, dass ich diese Informationen ohne Erlaubnis nicht aushändigen darf.“ - „Das ist mir durchaus bewusst, Doktor. Dennoch möchte ich Sie nochmals um diesen Gefallen bitten, immerhin geht es hier möglicherweise um das Leben einer Ihrer Patienten, wenn wir den Täter nicht aufzuhalten fähig sind. Und dafür benötigen wir die Blutwerte.“ Seufzend lehnte der Arzt sich zurück und schien zu überlegen, ehe er murmelte: „Sasori, Sie machen es mir nicht leicht. Ich käme in Teufels Küche, sollte dieser Verstoß jemals an die Öffentlichkeit gelangen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Risiko einzugehen bereit bin.“ - „Wie bereits gesagt, es geht hier um nichts Geringeres als Menschenleben. Die Sie sich zu retten verpflichtet haben oder nicht, Doktor?“ Der junge Arzt schmunzelte und sah den Rothaarigen ernst an: „Sie wissen mit Argumenten umzugehen.“ Er seufzte. „Schön, wie Sie wollen. Sollte etwas an die Öffentlichkeit geraten, so werde ich jedoch Sie persönlich dafür zur Verantwortung ziehen.“ - „Ich habe nichts anderes erwartet und erkläre mich selbstverständlich bereit dazu.“ - „Gut. Welche Werte benötigen Sie genau?“ Glücklich lächelnd schloss Sasori einen Augenblick seine Augen, ehe er hauchte: „Wir müssten wissen, welche Ihrer Patienten die Blutgruppe AB aufweisen. Das wäre uns eine sehr große Hilfe.“ Kabuto stand auf und nickte rasch: „Da haben Sie aber Glück, es sind nicht allzu viele. Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick, ich werde eben meine Unterlagen einsehen und Ihnen die Namen mitteilen.“ - „Danke, Doktor.“ Nachdem der junge Arzt das Zimmer verlassen hatte verlor Deidara jegliche Geduld und beugte sich zu seinem Freund herüber. Er musste schlichtweg wissen, was diese Umarmung zu bedeuten hatte. Mit fragendem Blick flüsterte er dem Rothaarigen zu: „Sag mal, Sasori. Was war da gerade in dich gefahren? Du hast gewirkt, als hättest du nicht erwartet mich wohlauf anzutreffen...“ Die Wangen des Kleineren färbten sich in einem blassen Rot, seinen Blick wandte er ab und hüstelte: „Nun, um ehrlich zu sein liegt deine Vermutung ziemlich nahe.“ Er stockte. „Bisher waren alle Opfer in der Nacht heimgesucht worden. Ich verstehe es ja selbst nicht mehr genau, aber ich hatte... große Sorge um dich.“ Die letzten Worte waren kaum mehr zu hören, doch Deidara hatte sie verstanden und lächelte in einem Anflug von Glück: „Du warst besorgt um mich?“ Sasori fühlte sich etwas bedrängt. Reichte es nicht, wenn er es einmal sagte? Er verschränkte die Arme vor der Brust und knurrte: „Ja, das war ich. Oder ist das nun auch wieder verkehrt?“ Mit noch glühenderen Wangen merkte er, wie Deidara seine Hände an diese legte, ihn zu sich zog und ihre Lippen aufeinandertrafen. Eine Woge aus Wärme und elektrischer Spannung fuhr durch seinen gesamten Körper. Zwar konnte er diesem Zustand keinen Namen geben, und doch wusste er einfach, dass es etwas Positives sein musste. Deidara schloss die Augen und genoss es, dass keinerlei Gegenwehr zu kommen schien. Das schien ihm wie eine Bestätigung des Wohlgefallens zu sein, das auch er verspürte. Beim letzten Mal war er zu überrumpelt gewesen, um sich dem Augenblick in seiner gewohnten Weise hingeben zu können und dies holte er nun in seiner ganzen Pracht nach. Die Lippen des Rothaarigen waren weich und unsagbar zart, die Wärme des erröteten Gesichtes spürte er deutlich an seinen Handinnenflächen. Deutlich vernahm er den markanten Duft Sasoris, der ihm beinahe den Verstand raubte. Und auf seinen Lippen lag ein einzigartiger und sündig guter Geschmack. Bittersüß. Wie es auch anders bei dem Rothaarigen nicht hätte sein können. Die Schritte Kabutos riss beide zurück in die Realität und ehe dieser zurück in das Sprechzimmer trat, hatten sie sich bereits wieder voneinander gelöst. Doch vergessen würde der Blonde diesen Geschmack niemals wieder. Ebenso wenig, wie diesen atemberaubenden Augenblick an sich. Denn es war einer der besten Augenblicke seines Lebens, gleichwohl er derlei bereits unzählige erlebt haben mochte. Vielleicht war es sogar DER beste Augenblick bisher. Der junge Arzt hielt ihnen einen kleinen Zettel entgegen und lächelte matt: „So, meine Herren. Dies sind die gewünschten Namen, vier an der Zahl. Und zwei davon dürften Sie sehr gut kennen.“ Mit hochgezogener Augenbraue nahm Sasori das Papier entgegen und überflog die Liste der Name, ehe er stutzte: „In der Tat, das erleichtert uns die Arbeit ein wenig. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit, Doktor und selbstverständlich für Ihr großzügiges Entgegenkommen.“ Wieder einmal ließ der Rothaarige Deidara zunächst im Dunkeln tappen und steigerte dessen Neugier ins Unermessliche. Welche Namen wohl auf diesem Zettel standen? Während Kabuto die beiden zur Tür begleitete, sprach er ruhig weiter: „Machen Sie sich keine Sorgen, Sasori. Ich helfe gerne, so lange es zur Aufklärung dieser Fälle beitragen kann. Und falls Sie sich durch Ihren heutigen Spaziergang eine Erkältung zuziehen sollten... Sie wissen, wo Sie mich finden können.“ An der Tür hielten die drei kurz inne. Der junge Mediziner sah den Rothaarigen fragend an: „Da fällt mir gerade noch etwas ein, wenn Sie mir doch bitte eine kurze Frage noch beantworten könnten.“ Sein Blick schweifte kurz zu Deidara. „Oder soll ich damit warten, bis Sie mich das nächste Mal alleine aufsuchen?“ Sasori schüttelte den Kopf: „Ach, darum geht es... sprechen Sie ruhig, Doktor.“ - „Nun, ich wollte lediglich wissen, ob Sie ihre Abstinenz noch gut im Griff haben oder ob es neue Zwischenfälle wie damals gegeben hat?“ - „Nein, es ist alles in bester Ordnung. Bisher haben mich die Dämonen der Vergangenheit in Frieden gelassen und ich werde weiterhin alles tun, damit dies auch so bleibt.“ - „Das beruhigt mich zu hören.“ Sasori lächelte gequält: „Und falls sich etwas ändern sollte, so werden Sie immerhin, wie abgesprochen, von Itachi kontaktiert.“ - „Sehr wohl, ich danke Ihnen für Ihre Auskunft. Kommen Sie gut nach Hause, meine Herren.“ Die beiden Ermittler nickten dem Mediziner zum Abschied zu, ehe sie gemeinsam das Haus verließen und von einem noch immer tosenden Unwetter empfangen wurden. Kabuto schloss die Tür, lehnte sich an diese an und lächelte finster. Er wusste um den Plan, den Hidan verfolgte. Er war eingeweiht und seine Dienste wurden von diesem merkwürdigen Gerichtsmediziner fürstlich entlohnt. Es war ihm im Grunde egal, welche Ziele der Silberhaarige genau verfolgte, so lange der Obolus stimmte, der ihm zugute kam. Und bisher war jeder Schritt dieses Plans nahtlos aufgegangen. So langsam empfand er diese ganze Angelegenheit als durchaus unterhaltsam und er fragte sich, ob und wann Sasori und Deidara dahinter kommen mochten. Die beiden Ermittler rückten unter dem Schirm zusammen, der jedoch bei dem böigen Wind eher hinderlich, als hilfreich war. Sasori grinste den Blonden an: „Bevor du fragst, welche Namen auf dem Zettel standen verrate ich es dir. Zwei der vier Personen sind wir beide.“ Mit großen Augen erwiderte Deidara den Blick: „Woher wusstest du denn wieder, dass mich die Neugier so ungemein plagt?“ Er stockte. „Aber wohl fühle ich mich bei dem Gedanken nicht, nun als potentielles Opfer eingestuft werden zu müssen.“ Das Lächeln aus Sasoris Gesicht verschwand, ehe er nickte: „Erstens kenne ich dich schlichtweg zu lange, um diesen Wissensdurst übersehen zu können. Und Zweitens gebe ich dir Recht. Zumindest war meine Sorge nicht unbegründet.“ Er riskierte einen direkten Blick in die strahlenden blauen Augen und seufzte: „Und, ebenfalls aus Erfahrung, mache dir keine Sorge wegen dem...“ Deidara lächelte: „Du meinst dem Kuss?“ - „Ja, den meine ich.“ - „Das tue ich auch nicht.“ Verwundert hob Sasori eine Augenbraue: „Nicht?“ - „Nein. Ich wäre ein Narr etwas so wundervolles zu bereuen.“ Er beobachtete erheitert, wie seinem Freund erneut die Röte ins Gesicht stand. „Abgesehen davon hättest du mich durchaus in meine Schranken gewiesen, hätte ich etwas getan, das du nicht zu tun bereit gewesen wärst.“ Etwas ertappt verschränkte der Rothaarige die Arme und knurrte: „Möglicherweise.“ Der Blonde kicherte: „Du tust es schon wieder.“ - „Was tue ich?“ - „Du lenkst ab.“ - „Das ist nicht wahr... Ich habe dir doch in gewisser Weise Recht gegeben. Was also stört dich?“ - „Nichts, Sasori. Es ist schlichtweg ungemein erfrischend, wenn du versuchst deine Unsicherheit oder gar dein Wohlgefallen zu überdecken mit deiner recht unwirschen Art.“ Seufzend funkelte Sasori den Anderen von der Seite an: „Ich mag es nicht, wenn du solche Dinge sagst.“ - „Ich weiß. Du magst es nicht, weil ich Recht habe.“ - „Woher nimmst du diese Sicherheit für deine Behauptungen?“ - „Ich sehe es in deinen Augen.“ - „Das ist aber unwissenschaftlich.“ Wieder kicherte Deidara erheitert: „Natürlich ist es das! Und das weißt du selbst gut genug.“ Er stockte einen Augenblick. „Mir ist aber auch eine andere Sache nicht entgangen, Sasori.“ Wieder hob sich die Augenbraue des Rothaarigen skeptisch: „Die da wäre?“ - „Ich danke dir, dass du mir vertraust und den Doktor hast offen vor mir sprechen lassen.“ Wieder seufzte der Kleinere: „Mir ist klar, dass ich dir nun weitere Fragen beantworten muss. Aber es freut mich, dass es dir aufgefallen ist.“ Sie erreichten das Haus Sasoris und betraten es völlig durchnässt. Itachi kam aus der Küche in den Flur und nahm den beiden ohne ein weiteres Wort die Mäntel ab, um sie zum Trocknen aufzuhängen. Als er wieder in der Küche verschwunden war sah Sasori den Blonden an und murmelte in gedämpften Ton: „Wir sollten uns zunächst eine wärmende Dusche und frische Kleidung gönnen. Danach wäre ich dir dankbar, wenn du dich mit mir im 'Labor' treffen würdest.“ Deidara nickte: „Selbstverständlich. Bis gleich.“ Sasori saß bereits in dem kleinen staubigen Kellerraum, als er die Schritte seines Freundes auf der Treppe hörte. Groß war ihr „Labor“ nicht, aber groß genug, um nötige Versuche durchzuführen und Vorbereitungen zu treffen. Hauptsächlich lagerten in einigen Regalen Reagenzien und Utensilien, die Deidara noch aus der Zeit besaß, in der er als Wissenschaftler gearbeitet hatte. Diese Leidenschaft war nie versiegt und so hatte der Rothaarige ihm erlaubt, seine Forschungen hier unten fortzusetzen. Er wusste, dass es eine riskante Leidenschaft war, aber er nahm es irgendwie gelassen in Kauf. Eines Tages mochten diese Experimente sich vielleicht als hilfreich erweisen und bis dahin bot es dem Blonden die Möglichkeit, sich wenigstens ein wenig an seiner Berufung erfreuen zu können. Für Sasori selbst war dieser Raum eine Art Werkstatt, in der er nach immer neuen Gerätschaften suchte, die ihn bei seinen Ermittlungen unterstützen konnten. Er suchte stets nach neuen Methoden, um Beweise sichern und besser entdecken zu können. So standen der Tür gegenüber zwei Werkbänke. Eine für sich selbst und eine für seinen Freund. Man konnte den Unterschied kaum übersehen. An seinem Arbeitsplatz herrschte bedingungslose Ordnung. Die Werkzeuge gut sortiert in einem Koffer, die Arbeitsfläche sauber und anstandslos. Die Werkbank des Blonden jedoch bot kaum mehr genügend Raum zum Arbeiten, war sie doch mit allerlei Werkzeug, Drähten und technischem Gerät überhäuft. Doch das alles war am heutigen Tage nicht der Grund, weshalb er hierher wollte. Während Deidara mit noch nassem Haar den Raum betrat, zog Sasori die Schublade seiner Werkbank auf, holte vorsichtig eine verstaubte und kleine Kiste aus Holz hervor. Nachdem er die Lade wieder ordentlich geschlossen hatte, pustete er über die kleine Schatzkiste in seinen Händen und wirbelte eine unerwartet große Wolke aus Jahre alten Feinpartikeln vor sich auf, was ihm unweigerlich ein genervtes Husten entlockte. Er war ja gerade frisch geduscht. Er stellte die Truhe auf seinem Arbeitsplatz ab, setzte sich auf seinen Schemel und winkte Deidara zu sich: „Da bist du ja endlich. Komm her, ich möchte dir etwas zeigen.“ Ohne zu zögern griff der Blonde nach seinem Hocker, zog ihn zu Sasori heran und nahm neben diesem an seiner Werkbank Platz. Alleine dieser Umstand war bereits ungewöhnlich, denn für üblich war es niemandem erlaubt, diesem auch nur zu nahe zu kommen. Doch nun saßen sie nebeneinander an ebendiesem, während Sasori vorsichtig den Deckel der hölzernen Kiste öffnete und seufzte: „Hier drin findest du alle Erinnerungen, die ich habe und die ich zu vergessen versuche.“ Er lachte trocken. „Wer hätte gedacht, dass ich sie jemals wieder in Händen halten würde. Aber sei es drum...“ Er holte einen kleinen Stapel Fotos hervor und hielt einen Moment lang inne. Noch immer lösten diese Bilder so viele Erinnerungen und Schmerzen in ihm aus, als seien sie erst gestern entstanden. Er hob ein erstes Bild empor, auf dem ein Ehepaar mit einem kleinen Jungen und einem Baby abgebildet war. Ohne den Blonden anzusehen hauchte Sasori so gefasst, wie es ihm möglich war: „Dieses Bild war ein paar Tage nach meiner Geburt entstanden.“ Deidara nahm es ihm ab und betrachtete es genauer. Nach einer glücklichen Familie sah es ihm irgendwie nicht aus. Der große Mann zeichnete sich in erster Linie durch einen strengen Blick und seiner Ähnlichkeit zu dem Jungen vor sich aus. Seine Züge waren markant, seine Hände groß, sein Kreuz breit und sein Gesicht wirkte lieblos. Der kleine Junge vor ihm konnte nicht älter als 9 oder 10 Jahre alt sein. Er trug die Kappe eines Polizisten und hatte ähnlich strenge Züge im Gesicht, wie der Mann. Und doch hielt er voller Stolz das kleine Baby auf dem Arm. Die Frau sah erschöpft und müde aus, aber vor allem unglücklich. Statt zu lächeln ließ sie ihre Mundwinkel hängen, krallte sich in den Ärmel ihres Mannes und strich mit der anderen Hand dem kleinen Jungen über die Schulter. Deidara sah seinen Freund von der Seite an und hauchte: „Ein merkwürdiges Bild, wenn ich ehrlich sein darf.“ - „Nun, es ist das Einzige, das uns alle Vier zeigt.“ Sasori stockte. „Du musst wissen, meine Mutter litt unter einer Depression, da sie keine Beziehung zu mir aufbauen konnte. Mein Vater riet ihr zu einem kleinen Urlaub...“ Seine Stimme würde mit jedem Wort brüchiger, doch noch nie war Sasori jemand gewesen, der auf halbem Wege umkehrte. Er hatte die Sache begonnen, also würde er sie nun auch durchziehen. Schließlich seufzte er: „Er riet ihr zu einem Urlaub, in dem sie Abstand gewinnen sollte. Also fuhr sie mit meinem Bruder los, damit sie nicht ganz alleine war.“ Seine Augen begannen zu brennen. „Sie kamen nie wieder...“ Mit einer Handbewegung deutete er dem Blonden an weder etwas zu sagen, noch etwas zu tun und griff zum nächsten Bild, auf dem sein Bruder mit einem Jungen zu sehen war. Deidaras Augen weiteten sich. Dieser Junge kam ihm so ungemein bekannt vor. Ehe er fragen konnte, erklärte der Rothaarige weiter: „Das ist mein Bruder mit seinem besten Freund. Du kennst ihn.“ - „Itachi?“ Sasori nickte: „Ja, kein Geringerer. Da mein Vater mit mir umzog, habe ich ihn in Kindertagen nie kennenlernen können. Und doch führte ein Versprechen uns eines Tages zusammen...“ Er wusste nicht genau wieso, zumal es absolut unpassend war, aber Deidara spürte einen Anflug von Eifersucht in sich. Doch wieder sprach Sasori mit eisernem Willen und schwacher Stimme weiter: „Er hat meinem Bruder einst als kleiner Junge das Versprechen gegeben immer für mich da zu sein, sollte mein Bruder mal verhindert sein. Und so ist es pure Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet dieses Versprechen mein Leben gerettet hat...“ Mit zittrigen Fingern ließ er das Foto los und seufzte. „Mein Vater hat mir die Schuld gegeben für den Tod meiner Mutter und meines Bruders. 16 lange Jahre, jeden Tag, bei jeder Gelegenheit. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass ich statt meines Bruders und meiner Mutter gestorben wäre... bis ich es mir fast noch sehnlicher gewünscht habe. Und es bis heute an manchen Tage noch tue...“ Der Blonde schluckte schwer. Welches Kind war dazu fähig, solche Worte zu verarbeiten? Welcher Vater war dazu imstande sein eigenes Kind mit solchen Worten zu zerstören? Es war ein grauenhafter Gedanke, alleine bei dem Versuch es sich vorzustellen. Denn er war sich durchaus bewusst, dass seine Vorstellung vermutlich nicht im Ansatz die Realität hätte erfassen können. Ein letztes Foto wurde von Sasori hochgehoben und Deidara schlug vor Schreck seine Hand vor den Mund. Diese Reaktion nicht beachtend erzählte der Rothaarige weiter: „Dieses Foto hat Itachi geschossen. Als Mahnung für die Zukunft.“ Der Blonde spürte, wie der Anblick ihm die Tränen in die Augen presste. Es war grauenhaft und zutiefst bestürzend. Das Bild zeigte seinen geliebten Freund in einem Bett liegend. Das Gesicht war eingefallen, der Blick schrie regelrecht nach Erlösung und Todessehnsucht. Der gesamte Körper schien lediglich noch aus Haut und Knochen zu bestehen, die dürren Arme von Schnittwunden übersät. Krampfartig war der zerstörte Körper auf dem Bett zusammengerollt und starrte apathisch an eine Zimmerwand. Während Deidara ungehalten, aber leise zu weinen begann, sprach Sasori mit erschreckend zittriger Stimme weiter: „Er hat damals als Pfleger in dem Krankenhaus seinen Dienst verrichtet und meinen Namen gleich erkannt. Wäre er nicht gewesen, so hätte der Oberarzt mich aufgegeben.“ Er lächelte überaus gequält. „Und seither werde ich ihn nicht mehr los. Ich werde die Schuld wohl nie begleichen können.“ Der Blonde schniefte kurz, ehe er sich zu Sasori drehte und diesen wortlos fest in seine Arme schloss. Der Rothaarige zitterte, er hatte den Kampf gegen die Emotionen verloren. Sein Gesicht in Deidaras Halsbeuge vergrabend weinte er die ersten leisen Tränen seit Jahren. Und es tat einfach nur unheimlich gut... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)