Gods and Monsters von Galenhilwen (Rebellion gegen einen Präsidenten) ================================================================================ Kapitel 19: Aus der Stille entsprungen, in die Stille verschwunden ------------------------------------------------------------------ ~Aloha ihr Lieben! Dieses Kapitel hat mich geschafft, ehrlich... Erst kam ich nicht voran, dann hat es mir den Schlaf geraubt. Und jetzt, um 3 Uhr in der Nacht, habe ich es endlich fertig. Und hoffe wirklich, wirklich sehr, dass es nicht zu... rührselig geworden ist. Dramatisch und traurig soll es sein, definitiv. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das auch verhältnismäßig darstellen konnte, oder ob ich übers Ziel hinausgeschossen bin. Ich habe auf jeden Fall wieder versucht, die Gefühle und Gedanken nachvollziehbar einzufangen und... ja, mir würde es wohl schon so gehen, wenn ich in der Situation wäre und diese Erkenntnisse haben müsste. Wer etwas zu Schimpfen hat, der kann das wirklich, wirklich gerne tun. Ich bin für jede Kritik offen. Entweder das hier ist mein bisher bestes Kapitel, oder aber das Mieseste -.-" Sagts mir, bitte ^^ Musikalische Untermalung kommt dieses Mal an zwei Stellen... (*1*): http://www.youtube.com/watch?v=o4qNcdHAoLg (*2*): http://www.youtube.com/watch?v=UxM7HLv0UUs Den ersten Song liebe ich persönlich wirklich sehr. Und ich finde, er passt sehr gut. Der zweite Song passt phänomenal, finde ich... Bringt die Szene noch einmal richtig auf den Punkt. Aber genug gesabbelt, ich wünsche euch gute Unterhaltung, haltet vielleicht schon einmal ein paar Taschentücher bereit... und hoffe wirklich sehr, dass es euch gefallen wird... *nervös-ist* LG Galenhilwen~ (*1*): Trügerische, erdrückende Stille. Kein Vogel sang, kein Mensch sprach, kein Gedanke meldete sich zu laut, kein Herz schlug zu feste. Wie ein Vakuum, in dem er sich bewegte, aber in dem Zeit und Raum für einen Augenblick innehielten. Wie ein Geist schwebte er lautlos zwischen den ersten Steinen hindurch, die von der einstigen Schule noch übrig geblieben waren. Wie ein Alptraum baute sich der riesige Platz aus Schutt und Asche vor ihm auf. Und wie ein heißes Messer drang die Erkenntnis an sein Herz, was er stets verdrängt hatte. Quälende, malerische Schönheit. Staub und andere feine Partikel tanzten in ihrem gräulichen Schleier über seinem Kopf mit der Sonne. So prächtig das Spiel aus Sonnenstrahlen und beinahe undurchdringlichem Vorhang aus feinsten Partikeln war, so gefährlich brannte die ergraute Luft in seinen Lungen. Wie ein Schleier schien sich die Wand aus Licht und Staub über die Ruine legen zu wollen, die er, Deidara, geschaffen hatte. Wie ein Egel das Blut, sog dieser Schleier die Farbe aus dem Trümmerfeld. Wie ein mahnendes Gemälde zeichnete sich nur das Rot des Blutes in feinen Bahnen auf den Trümmern ab. Und wie ein enttäuschter Mentor wandte die Szene das Gesicht von ihm ab, das Gesicht in Scham bedeckend, die Fassade des Gebäudes nicht mehr zu erahnen. Nackte, barbarische Wahrheit. Kies aus den einstigen Wänden der Schule knirschte unter seinen Füßen. Links und rechts säumten nicht nur Beton und Stein seinen Weg, während er wie in Zeitlupe durch das Grauen schritt. Verbranntes Fleisch und frisches Blut krochen ihm als Gestank in die Nase. Zwischen roten Lachen, schwarzen Körpern und grauem Geröll machten einst leuchtende Farben mit hämischer Mannigfaltigkeit an Farbtönen auf Kleidung aufmerksam, die einst die Körper von Kindern und Jugendlichen bedeckt hatte. Wie mahnend erhobene Zeigefinger deuteten abgerissene Gliedmaße auf ihn. Wie tausende unruhige Seelen blickten ihn zertrümmerte Schädel an. Wie Milliarden anklagender Fragen nach dem „Warum“ traten immer mehr Körper und Körperteile in seine Wahrnehmung. Wie eine Schlinge legte sich die Erkenntnis immer fester um seinen Hals. Wie ein Henker stand ihm die Ruine gegenüber und lockte ihn zum Schafott. Und wie eine Guillotine blitzte der Wahrheit scharfe Schneide zwischen den Toten auf. Bittere, verdiente Verzweiflung. Leise Tränen baten schreiend um Vergebung. Seine leise Tränen. Und seine Gedanken, die in purer Verzweiflung um Vergebung flehten. Mit jedem salzigen Tropfen spülte sein Körper das Glück heraus, welches ihm die Explosion bei ihrem Anblick noch beschert hatte. Denn mit jedem brennenden Atemzug wurde ihm bewusst, dass er die wunderschöne Maske einer grässlichen Fratze angebetet hatte. Wie ein geläuterter Junkie erkannte Deidara, dass seine Droge so gefährlich wie jede andere war. Wie einem geschlagenen Kind wurde ihm bewusst, dass nicht jede Obhut eine gute war. Wie rostige Nägel drangen die Gedanken in seinen Kopf, dass das, was er sah, das wahre Werk seiner Arbeit war. Wie eine eiskalte Hand presste sich die Erkenntnis brutal um sein Herz, dass er aus Eigennutz Tote hinnahm. Und wie eine Faust schlug ihm der Gedanke in den Magen, dass einer dieser Toten Sasori sein könnte. Dunkler, kalter Schmerz. Deidara blieb stehen und sah sich um. Nichts rührte sich. Nur der Staub neigte seinen Tanz vorsichtig einem erahnbaren Ende zu. Doch ob dieses Ende käme, und wenn ja wann, das konnte niemand sagen. Er selbst schon gar nicht. Noch nie hatte er es gesehen. Noch nie war er durch die Trümmer seiner Droge gestiegen. Und noch nie waren ihm die Opfer so bewusst gewesen, die seine Sucht verlangte; schon immer an sich gerissen hatte; und auch bis ans Ende aller Tage fordern würde. Noch nie in seinem Leben war er sich über den Preis bewusst, den seine Passion kostete. Denn bisher hatten andere diesen Preis für ihn bezahlt. Doch nun... Nun verlangte seine Kunst zum ersten Mal, dass er selbst sah, wie teuer sie zu erkaufen war. Er hatte sich von Nagato wieder zu einem Schuss der Droge verführen lassen. Weil er dachte, dass es das Wichtigste und Schönste in seinem Leben war. Und während sein Blick über das Trümmerfeld wanderte, seine Tränen noch immer lautlos an seinen Wangen hinabliefen, da wusste er nun, dass das ein fataler Irrtum war. Ein Irrtum, für den er vermutlich einen Preis zahlen musste, an dem er bis an sein Lebensende zu leiden haben würde. Er konnte und er wollte Sasori nicht hassen. Noch viel weniger wollte er Sasori endgültig verlieren. Doch er hatte allen vorgemacht, dass er den Akasuna verachtete. Er hatte es sich selbst, wider besseren Wissens, vormachen wollen. Und sich selbst so tot unglücklich damit gemacht, dass er wieder zu seinem Stoff hatte greifen müssen. Und statt ihm das erhoffte Gefühl von Glück zu verschaffen... kroch das Gift seiner Droge als Rauch zwischen den zertrümmerten Steinen und und zerfetzten Leibern umher, nur um die Suche nach der erhofften Erlösung fast unmöglich zu machen. Das Schicksal bestrafte ihn für seine Torheit, verwehrte ihm den schmerzvoll ersehnten Anblick des Akasuna, den er verzweifelt zwischen all dem Schutt zu erspähen hoffte. Nichts. Nur er und die Stille, die Schönheit, die Wahrheit, die Verzweiflung und der Schmerz. Nur er... Deidara hielt den Atem an. Vor ihm lichtete sich langsam der Schleier. Hellte auf und wurde doch nicht durchbrochen. Ließ ihn so verloren auf dem Schlachtfeld wirken, welches er geschaffen hatte. Ließ ihn so mickrig wirken, obwohl er sich bis vor wenigen Minuten noch als Schöpfer empfunden hatte. Ließ ihn so einsam dastehen, wie er es verdient hatte. Wie er sich fühlte. Wie er war. Stille. Sie blieb. Schönheit. Sie versiegte, legte sich mit dem Schleier aus Licht und Staub nieder, um die Fratze hinter der Maske zu offenbaren. Wahrheit. Sie tadelte, da sie immer existiert und er sie doch ignoriert hatte. Verzweiflung. Sie richtete. Sie richtete über ihn und sie richtete ihn zugrunde. Schmerz. Er würde noch lange bleiben. Er war nicht mehr der, der er früher war. Und er war so viel größer, als er damals war. Mit einem Mal ließ Deidara sich auf die Knie sinken. Seine lautlosen Tränen fanden ihren Klang. Rannen über seine Hände, die er sich vor das Gesicht presste und schluchzten aus seinem Mund, dessen Lippen in Lauten der Verzweiflung bebten. „Sasori... Sasori!.... Sasori!“ „SASORI!“ Hände legten sich auf seine Schultern und er fuhr panisch herum. Hidan funkelte ihn wütend an und keifte: „Wenn du deinen schwulen Arsch nicht -sofort- in den Wagen schwingst, dann passiert hier ein Unheil! Die verfickten ANBU sind im Anmarsch, du verblödeter Eimer voller Analeiter!“ Grob stieß er den Jashinisten von sich und brüllte: „Lass mich! Verpiss dich, un! Scheiße! Sasori!“ Hidan riss ihn auf die Füße: „Alter, ich kriege hier gleich nen Kackreiz! Komm mit du blöde Schlampe!“ - „Verpiss dich, Hidan! Hau einfach ab, un!“ Der Größere stieß ihn zu Boden, schlug die Faust neben seinem Gesicht mit einer Wucht in den Boden, die eindeutig für einen Ausraster des Berserkers sprach. Hidan grollte: „Fick dich! Sollen die dich von mir aus an den Eiern aufhängen! Ich hau ab, du Arschkrempe! Blöde Schlampe...“ Er rappelte sich wieder auf, wischte sich Schmutz und Tränen aus dem Gesicht, während Hidan tatsächlich abhaute. Aber er konnte nicht gehen. Er musste es wissen! Selbst wenn er Gefahr lief, von den ANBU abgeknallt zu werden. Das war Deidara mittlerweile völlig egal. Benommen taumelte er weiter. Taumelte, weinte und schrie immer wieder: „Sasori?!“ Weit entfernt konnte er vage die Sirenen jaulen hören. Nach dem Akasuna rufend stieß er Steinbrocken um, kroch in irgendwelche Spalten und schob sich durch Staub, Dreck und Blut. Wirkte wie ein verlorenes Kind in einem Irrgarten... alleine, verwirrt, hilflos. Wusste nicht, wohin ihn seine Füße trugen. Wusste eigentlich nicht einmal mehr, wieso sie ihn noch trugen. Selbst wenn er Sasori finden würde... wenn Sasori noch lebte, etwas zwischen ihnen hätte seine Explosion auf jeden Fall getötet. Er musste den Rothaarigen nicht sehen, um es zu wissen. Denn er selbst war es gewesen, der dem lahmenden Tier ihrer... Freundschaft?... Partnerschaft?... Was es auch gewesen war, es war längst nicht mehr gesund gewesen. Und er hatte diesem kranken Tier wohl den Gnadenschuss versetzt. Nicht aus Versehen. Nicht aus Mitleid. Er hatte diesem Tier beim Zielen noch in die Augen geblickt, nachdem er ihm wohl bereits die Beine gebrochen hatte. Um es dann zu erschießen. Kaltblütig. Eigennützig. Denn er hatte den flehenden Blick des verletzten Geschöpfes nicht ertragen können. Den fragenden Blick. Den Blick, der ihm jede Sekunde vor Augen geführt hatte, dass er es erschoss, weil er es verletzt hatte. Und wieso? Nur weil es aus Angst zuvor zugebissen hatte. Er hatte nicht verstehen wollen, dass Tiere flohen oder angriffen, wenn sie sich bedroht fühlten. Und er hatte das Geschöpf in Bedrängnis gebracht. Es hatte ihn angegriffen und eine tiefe Wunde hinterlassen. Sich wie eine Bestie in seinem Fleisch festgebissen. Doch die wahre Bestie war er selbst. Aus Rache und Wut hatte er das Tier geschunden, um es letztlich zu erlegen. Nun lag es blutend am Boden und er sah ihm auch noch beim Sterben in die Augen. Deidara schleppte sich noch ein paar Schritte weiter, sank auf die knie und legte den Kopf in den Nacken, mitten im Trümmerfeld hockend. Seine Tränen rannen von seinen Wangen, verloren sich irgendwo auf dem Weg seinen Hals hinab. Es war sinnlos. Es war sinnlos nach einer völlig unmöglichen Hoffnung zu suchen und es war sinnlos zu den Anderen zurückzukehren. Er würde Sasori nicht finden. Nicht lebend. Er hatte das Wichtigste in seinem Leben für einen Rausch hergegeben. Für eine Illusion. Für den schnellen Kick. Für... nichts... Er würde mit dieser Schuld nicht leben können. Nagato und er hatten gegen die Regeln verstoßen. Bewusst. Gewollt. Aus Rache. Aus Eigennutz. Und keiner würde ihnen das verzeihen. Verständlicherweise. Er konnte es sich selbst ja nicht einmal verzeihen. Niemals. Er würde ihnen nicht mehr in die Augen sehen können. Er würde nun wirklich nichts mehr haben, wofür der Kampf sich lohnte. Und er würde sich die Frage nicht mehr eindeutig beantworten können, ob er ein Freiheitskämpfer oder ein Terrorist war. Müde blickte er noch einmal um sich. Bald wären die ANBU hier. Würden ihn in einem Kugelhagel für das bestrafen, was er getan hatte. Er hatte für Freiheit gekämpft und würde wie ein Schwerverbrecher fallen. Er hatte für die Gerechtigkeit gekämpft und würde für seine Verstöße gegen geltendes Recht getötet werden. Er hatte den Menschen gezeigt was Leid bedeutete und würde in dem Augenblick sterben, in dem ihm selbst erst wirklich klar wurde, was Leid war. Er hatte mit Leidenschaft gelebt und würde mit Resignation sterben. Deidara blickte auf. Ein leichtes Beben der Erde ließ kleine Steine auf dem Boden zaghaft tanzen. Mit jeder verstreichenden Sekunde wurde dieses Beben jedoch stärker. Das begleitende Grollen lauter. Vorsichtig rappelte er sich auf, doch vor ihm war nichts zu sehen. Langsam drehte er sich herum und hielt plötzlich inne. Ein Haufen aus Schutt und Geröll... wuchs scheinbar. Erhob sich immer weiter. Wirbelte wieder Staub auf, der kaum etwas erkennen ließ. Die Bruchstücke des Gebäudes fielen wie kleine Steinchen von dem sich erhebenden Etwas herunter. Mit weit aufgerissenen Augen torkelte Deidara ein paar Schritte zurück, befreite durch Husten seine Lungen von der verdreckten Luft, nur um sie mit weiterer verdreckter Luft zu befüllen. Er kniff die geröteten und geschwollenen Augen zusammen. Unter dem grauen Mantel aus zermahlenem Bauschutt erhob sich etwas von beiger, warm-brauner Farbe. Hustend versuchte er sich die Sicht freizuwedeln. Immer höher stieg eine Art Kuppel vor ihm auf, bis sie eine Höhe von gut zweieinhalb Metern erreicht hatte, das Grollen und das Beben endeten und nur noch die letzten Reste Schutt mit leisen Geräuschen zu Boden bröckelten. Über etwa 5 Meter breitete sich das untere Ende der Kuppel vor ihm aus. Stille. Nur die Sirenen jaulten in der Ferne, aber bereits deutlich näher als bisher. Deidara biss sich auf die Unterlippe und schmeckte das muffige Aroma von Stein, Putz und Asche, welches seinen Mund fast komplett auszutrocknen schien. Und mit einem Mal löste die Kuppel sich auf. Mit einem Mal erkannte Deidara, woraus sie bestand. Mit einem Mal wirbelte Sand um ihn durch die Luft, verscheuchte den Asche-Schleier und verschwand schließlich in einem Gully-Deckel auf der Straße. Seine Augen weiteten sich ungläubig, sein Puls begann zu rasen und er schlug sich die Hand vor den Mund. Weinende Kinder und Jugendliche umklammerten sich gegenseitig und schenkten ihm keinerlei Beachtung, da sie noch viel zu aufgewühlt waren. Es waren nicht viele, vielleicht 30 oder 40. Aber ihnen fehlte rein äußerlich gar nichts. Zusammengekauert hockten sie auf dem Boden. Wimmerten, weinten, trösteten und realisierten. Und inmitten dieser Horde... Seine Tränen pressten sich wieder aus seinen Augen. Doch es waren wirklich Gaara und Sasori, die inmitten der Jüngeren standen und zu ihm sahen. Sein Blick glitt unweigerlich über den künstlichen Körper des Akasuna. Erst jetzt wurde ihm das Ausmaß des Unfalls klar, den er neulich verursacht hatte. Das war es gewesen, was Sasori dazu getrieben hatte sich tagelang zu verstecken... War es vielleicht sogar das, weshalb Sasori wie ein verängstigtes Tier reagiert hatte? Langsam kamen die beiden auf ihn zu und Deidara konnte spüren, was sie dachten. Er sah es nicht, denn es lag nicht auf ihren Gesichtern. Doch ihre Körper drückten es so deutlich aus, dass ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Abgrundtiefe, lodernde Wut. Er sah zwischen den beiden hin und her. Nein, das war so nicht ganz richtig. Gaara war es, der ihn mit dieser hasserfüllten Wut anfunkelte, diese kochende Rage wie eine Aura versprühte. Sasori... sah ihm nicht in die Augen. Sah ihn nicht einmal irgendwie an. Hatte den Kopf gesenkt und strahlte etwas aus, das weit schlimmer war, als es jeder Hass und jede Wut sein könnte... Resignierende, erkennende Enttäuschung. Da war nichts Bedrohliches an Sasoris Auftreten. Nicht einmal etwas berechtigterweise Wütendes. Da war... pure Resignation. Gaaras Stimme war scharf und schneidend, wie ein Messer: „Wir müssen verschwinden.“ Deidara wandte den Blick ab und nickte wortlos. Und folgte den beiden schweigend in Richtung Straße, auf den Zugang zum Untergrund zu. Er wusste, dass er kein Wort verlieren sollte. Und er wusste ebenso, dass Gaara ihn nicht einfach dort lassen würde, damit er sich wie ein feiger Hund von den ANBU niederstrecken lassen könnte. Nein. Gaara hätte ihn wohl im Zweifelsfall zum Hauptquartier geprügelt, damit er für das geradestand, was er getan hatte. Damit er für diese arrogante und infame Tat seine gerechte Strafe erhielt. Und wohl auch, damit er das Leid, welches er angerichtet hatte und selber verspürte, so lange wie möglich erdulden müsste. Die ANBU waren fast da, als sie durch den Gully stiegen und ins Erdreich verschwanden, ehe sie den Deckel über sich zuzogen und am unteren Ende der Leiter für einen Augenblick stehenblieben. Der Sabakuno durchbohrte ihn mit den schwarz umrandeten, türkisfarbenen Augen verächtlich und knurrte: „Wichser.“ Der Scharfschütze packte Sasori am Arm und wandte sich zum Gehen ab. Deidara blieb stehen. Und unkontrolliert brach alles aus ihm heraus. In schieren Bächen liefen ihm die Tränen an den Wangen herab. Panisch schnappte er nach Luft, die ihm durch das ununterbrochene Schluchzen beinahe ausblieb. Er schüttelte den Kopf und krächzte: „Es... tut mir... Leid! Ich... WARTET! Ich habe doch nicht... ich wusste nicht... dass ihr... da noch drin seid, un...“ Seine Hand klammerte sich an einer Sprosse der Leiter fest, und nur mit Mühe konnte er das Hyperventilieren unterdrücken, zu dem sein Körper ihn zwingen wollte. Die beiden blieben stehen. Gaara sah ihn über die Schulter hinweg an und schüttelte einfach nur den Kopf. Ohne sich zu rühren raunte Sasori: „Geh schon mal vor, ich kläre das hier eben...“ Der Sabakuno sah den Kleineren skeptisch an: „Bist du sicher?“ Ein vages Nicken. „...Okay. Wenn was ist, ruf im Hauptquartier an... mein Handy dürfte nicht mehr auffindbar sein.“ Wieder ein vages Nicken. Gaara wandte sich noch einmal Deidara zu und knurrte: „Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung und ich werde dir mit meinem Sand deine Eingeweide bei vollem Bewusstsein zerquetschen.“ Eiligen Schrittes ging der Scharfschütze wie gebeten voraus. Schon wieder Stille. Zwar hallten die Schritte Gaaras noch durch die Kanalisation, genauso wie sein Schluchzen, aber so erdrückend war die Stille für Deidara an diesem Tag noch nicht gewesen. Eigentlich... in seinem ganzen bisherigen Leben noch nie. Noch immer sah Sasori ihn nicht an. Doch er konnte den zierlichen Körper unter der Anspannung zittern sehen. Erst als die Schritte nicht mehr zu hören waren, drehte der Akasuna sich zu ihm um. Doch der Rothaarige sah ihn noch immer nicht an. Verzog noch immer keine Miene. Und noch immer war da kein Funken Wut zu spüren. Leise und völlig kalt erklang Sasoris Stimme: „Ich hoffe, du bist jetzt glücklich.“ Energisch schüttelte er den Kopf und krächzte: „Sasori, nein... es...“ - „Lass gut sein, Deidara. Ist schon okay. Jetzt ist wenigstens alles klar, ich habe verstanden.“ - „Was, un? Was... redest du da? Sasori, du musst mir glauben... ich... wusste doch nicht...“ Die braunen Augen kamen hinter dem roten Haar zum Vorschein. Deidara hielt den Atem an, während die Tränen wieder lautlos mehr wurden. So eine Kälte... vor so einer unsagbar tiefen Enttäuschung... Und wieder erklang die Stimme. So kalt wie der Blick, so untergraben von Enttäuschung in den Worten. „Es ist mir egal, wieso du es getan hast. Es ist mir egal, was schief gelaufen ist. Es ist mir auch egal, dass es dir Leid tut. Und es ist mir egal, wieso du gesprengt hast. Du hasst mich. Und zwar so sehr, dass dir deine Explosion mehr wert ist, als mein Leben. Jetzt ist klar, wo ich stehe. Jetzt ist klar, was dir mein Wort bedeutet. Jetzt ist klar, was dir Befehle und Fakten bedeuten. Und was dir bei unserer gemeinsamen Arbeit bedeutet hat. Ich habe verstanden, dass ich nicht einmal so viel wert für dich bin, wie der Dreck unter deinen Schuhen. Jetzt habe ich verstanden, dass sich nicht ein noch so kleines Bisschen Wut dir gegenüber lohnt. Denn ich habe verstanden, dass meine Worte niemals auch nur die Chance hatten, dich zu erreichen. Weil ich für dich nichts bin. Rein gar nichts. Ich fühle nichts, also tauge ich nichts, weiß ich nichts, denke ich nichts, verdiene ich nichts, bin ich nichts. Du hattest nie etwas zu verlieren, wenn es um mich ging. Denn was nichts ist, kann man auch nicht geistlos ins Verderben schicken. Was nicht fühlt, kann auch ruhig kaputt gehen, wenn du mit deinem Sprengstoff spielst. Ist ja nichts. Kann ja nichts passieren, was erwähnenswert wäre. Kann ja nichts verloren gehen, was nicht zu ersetzen wäre. Wir sind fertig miteinander, Deidara. Denn auch wenn du es nicht glauben kannst... besitze ich so etwas wie Stolz. Und du brauchst dir nicht einzubilden, dass ich mich dafür bedanke, wenn du mich zu deinem Schuhdreck beförderst, nur weil du ein schlechtes Gewissen hast. Du kannst dir die Idee aus dem Kopf schlagen, dass ich dir auch nur ein Wort glaube, welche du in plötzlicher Reue einem Nichts auf den Bauch pinselst, nur damit es dich von deinem schlechten Gewissen erlöst. Das werde ich nicht. Weil ich es nicht mehr will und weil du es nie wolltest.“ Eine Träne... eine einzelne, gewaltig schmerzende Träne... (*2*): Wieder schüttelte Deidara den Kopf und hauchte: „Nein... nein, un! Sasori, bitte... oh Gott, un. Wenn... ich es rückgängig machen könnte... ich...“ Er biss sich auf die Unterlippe. „Ich habe dich nie gehasst, un...“ Er sah den Akasuna an und wischte sich die Tränen aus den Augen, die dennoch unaufhörlich zu fließen schienen. Langsam ging er einen Schritt auf den Rothaarigen zu: „Ich weiß selber, dass ich mich wie ein Idiot aufgeführt habe, un. Ich weiß selber, dass ich ein gemeines Arschloch war. Und ich weiß auch, dass es meine Schuld war, dass unser Team aufgelöst wurde.“ Verzweifelt blickte er in die braunen Augen, doch eine Reaktion zeigten sie nicht. Deidara strich sich durch die dreckigen Haare und seufzte: „Sasori... Es gibt nur einen Grund, weshalb ich so getan habe, als würde ich dich hassen, un...“ Er sah abermals in die braunen Augen. „Ich konnte es nicht ertragen, dass ich dich unerwidert liebe......“ Mit einem Mal wandte der Akasuna sich wortlos ab und schritt energisch davon. „Sasori! Halt, un! Bleib stehen!“ Er eilte hinter dem Rothaarigen her, packte diesen am Handgelenk und keuchte mit brüchiger, von Tränen erstickter Stimme: „Lauf nicht weg, un! Bitte! Sasori! Geh nicht weg, es tut mir Leid, un.“ Der Angesprochene fuhr herum und fauchte: „Lass mich los! Ich hör mir diesen Mist nicht länger an.“ Doch er hielt den Kleineren vom Weitergehen ab. Er schüttelte leicht den Kopf: „Das ist kein Mist, un. Das ist die Wahrheit. Ich dachte, dass du nichts fühlen kannst, un. Und das hat mir so ungemein weh getan, dass... ich diese dumme Idee mit dem Hass hatte...“ Panisch glitt sein Blick über das reglose Gesicht. Und sah den Zweifel. Den feinen, kaum vorhandenen Zweifel, von dem er nicht wusste, wie groß er in Wirklichkeit war. Deidara seufzte leise: „Bitte, Sasori, un. Ich wollte nie, dass das passiert, un. Du bist kein Nichts für mich... du bist -alles- für mich...“ Er ließ seine Hand langsam auf das feine, helle Gesicht zuwandern. Wollte die Haut berühren... Sasori riss sich von ihm los. Lief wieder einfach davon. Und er lief wieder hinterher: „Sasori! Bleib stehen! Sasori! Bleib hier! Geh nicht weg, un... Bitte...“ Er holte wieder auf und bekam wieder das Handgelenk zu packen. „Lauf nicht weg, ich flehe dich an, un... Tu alles, aber lauf nicht weg...“ Wieder kamen sie zum Stehen. Doch dieses Mal sah der Akasuna ihn nicht an. Deidara seufzte unter Tränen: „Ich liebe dich, un. Und das schon sehr lange.“ Sasori jedoch lachte nur trocken auf und antwortete mit monotoner Stimme: „Mach dich nicht lächerlich und hör auf mich zu verarschen. Du hast, was du wolltest. Wir. Sind. Fertig.“ Der Rothaarige ging wieder los, zog ihn einfach irgendwie mit. Deidara schüttelte energisch den Kopf: „Nein! Nein! Sasori! Schrei mich an, prügel mir die Seele aus dem Leib, un... Aber geh nicht! Mache irgendetwas! Bitte! Sei wütend, un! Mach mir zur Sau, ich habe es verdient, aber, um Himmels Willen, geh nicht weg!“ Doch Sasori riss sich los. Sah ihn nicht an. Sagte kein Wort mehr. Und ging einfach. Deidara stolperte ein paar Schritte, ehe er stehenblieb und dem Akasuna hinterher sah. Er lehnte sich an das feuchte Gemäuer und sank unter regelrechten Krämpfen weinend zu Boden. Der Schmerz schien ihn wie ein Feuer von innen zu verbrennen. Er hatte alles verloren. Alles. Übelkeit überrollte ihn und er kauerte sich auf dem Boden zusammen. Diese Strafe war unmenschlich, bestialisch und brutal. Wieso konnte Sasori ihn nicht einfach ins Koma prügeln, anschreien, fertig machen, auslachen, umbringen, die Wut an ihm auslassen? Wieso musste es das Schlimmste von allen sein? Wieso musste es ausgerechnet Resignation und eine Flucht in dem Moment sein, in dem er seine größte Dummheit von allen erkannte? Wieso ließ Sasori ihn zurück, als er zum ersten Mal in all den Jahren erkannte, dass der Akasuna... fühlte. Diese verfluchte Träne! So dunkel es hier auch war, er hatte sie gesehen. Diese Träne der abgrundtiefen Enttäuschung. Und Sasori wusste das. Der Rothaarige wusste es und war dennoch gegangen, ohne auch nur im Ansatz eine Tat für diese Träne folgen zu lassen, die alleine er verschuldet hatte. Sasori ließ ihn in dem Schmerz zurück, den er diesem wohl über all die Zeit auch angetan hatte. Vielleicht war es fair, vielleicht war es gerecht... Aber es war Folter. Die Hölle. Stille. Die Geräusche in der Kanalisation verklangen. Doch auch noch in ein paar Stunden würde Deidara hier noch liegen und dem Kreischen seines Geistes lauschen, der ihm all die Vorwürfe machte, die Sasori nicht ausgesprochen hatte. Die von den braunen Augen angeklagt worden waren, die aber durch kein Wort verurteilt worden waren. Nun war er alleine sein Richter. Sein Richter, sein Verteidiger... und sein folternder Henker. Die Todesstrafe hatte er von Sasori nicht bekommen und würde sie sich auch nicht selbst geben können. Er selbst hatte sich bereits mit dem Wort „Katsu“ ins Fegefeuer gestoßen... Und erst jetzt spürte er die Schmerzen der alles umfassenden Flammen. Sasori schritt wortlos in Richtung Hauptquartier. Er hörte noch eine ganze Weile das Weinen und Wimmern. Aber er ignorierte es. Egal welche Worte des Blonden nun der Wahrheit entsprachen oder nicht... oder wie weh ihm selber das alles in Wirklichkeit tat... und das tat es... aufs Schrecklichste... ...Er hatte das Richtige getan. Ein längst überfälliges Ende gesetzt, zu dem Deidara ihn getrieben hatte. Ob aus Liebe oder aus Hass... das war egal. Deidara hatte die Explosion durchgezogen, ihn beinahe im Stücke gerissen und ihm damit unmissverständlich klargemacht, dass er ein beschissenes Nichts war. Ein „Rein-gar-nichts“! Die letzten kümmerlichen Wurzeln im vergifteten Boden waren mit Feuer verbrannt worden. Und während er neue Wurzeln schlug musste er den Blick von seinem alten Platz abwenden, weil er es nicht mehr ertragen konnte, mit wie viel Inbrunst er dort vernichtet zu werden gedroht hatte. Mit wie viel Leidenschaft alle Register gezogen worden waren, um ihn, das kleine Unkraut, zu vernichten... ...Und wie weh es seinem Herzen dennoch tat, aus sicherer Entfernung den einst so strahlenden Menschen dabei beobachten zu müssen... sich trotz allem nichts mehr zu wünschen, als dass das Gift im Boden nie ihm gegolten hatte... und er an diesen Platz zurückkehren könnte... Doch sein Herz war ein Narr. Immer gewesen. Das wusste er jetzt. Deidara hatte es nie gewollt... und wohl niemals verdient. Jemand hatte ihm, dem ungeliebten Unkraut, einen sonnigen, sicheren und gesunden Platz geschenkt. Und dort konnte er wachsen. Sein Verstand war bereits dort. Und auch sein Herz hatte sich voller Unglauben dort umgesehen, wurde begrüßt und empfangen. Bald würde es vielleicht vollständig dort ankommen. Denn Gaara wollte es... und verdiente es auch. Stille. Das Weinen verklang. Die Schritte verhallten. Und wieder blieb nichts als trügerische, erdrückende Stille. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)