Ikiteru ★ Breaking the rules von Black_Melody (Die Regeln brechen) ================================================================================ Kapitel 4: Saphir ----------------- Heyho! Ich bin wieder da, mit einem neuen Kapitel! Und vieel Zeit. Also, in meiner Bearbeitung bin ich fast fertig, und ich denke, dass es maximal 37 Kapitel insgesamt werden. Auf dem neuen Titelbild sind zwar nur 36 Steine, aber ich weiß nicht, ob ich damit hinkomme. >_> Hm... Zu diesem Kapitel. Ja. Reno ist sehr cool drauf, Nao auch und Ryouga sowieso. Zu den Gedichten stehen die Quellen unten, ob ich persönlich die mag, seien mal dahingestellt. xD Bis zum nächsten Upload in zwei Wochen! (P.S. Es kann sein, dass ich nach dem neunten Kapitel den Rhytmus aus Zeitmangel rausnehmen muss.^^") _________________________________________________________________________________ Kapitel 4 - Saphir Reno wartete vor dem Physikraum. Er machte sich Sorgen um Ryouga. Laut den Gerüchten des heutigen Tages verhielt er sich... verdächtig. Er rettete einen Lehrer aus einer sehr... unschönen Situation und tat etwas in Mathe. Natürlich musste er konstante, zumindest ausreichende Leistungen bringen, aber trotzdem. "Morgen, Reno." Ryouga lächelte zufrieden vor sich hin. "Morgen. Wie war dein Dreier?" Wundervoll, auch wenn die Wecktechnik heute Morgen seltsam war." "Übrigens fragt Shin sich, wie du darauf kommst, sein Weltbild zerstört zu haben." Ryouga schüttelte grinsend den Kopf. "Das war ein Witz. Mir ist schon klar, dass er nicht mehr 13 ist." "Können wir kurz etwas besprechen?", fragte Reno plötzlich ernst. Ryouga runzelte die Stirn. Worüber könnte sein wohl bester, anwesender Freund mit ihm reden wollen? Nicht, dass er es nicht wüsste. Bestimmt ging es darum, mit wem er sich traf und dass Reno sich sorgte und so weiter. Natürlich war es irgendwo berechtigt, immerhin könnte er sich mit den Yakuza oder irgendwelchen Gangs treffen, aber dann war es doch eigentlich seine Sache. Und er traf sich nicht mit irgendwelchen gefährlichen Typen. Die Gefahr so war ziemlich minimal, zumindest körperlich oder psychisch, das einzige, was passieren konnte, war immerhin, dass die - eigentlich beendete - Affäre aufflog, aber selbst da würde er höchstens von der Schule fliegen, da war die Gefahr für Uruha größer. Trotzdem nickte er und ging zu seinem Platz. Es hatte keinen Sinn, Reno abwimmeln zu wollen, im Endeffekt würde das Gespräch früher oder später eh stattfinden. "Ryouga, ich mache mir Sorgen. Ich wüsste wirklich zu gern, mit wem du dich getroffen hast, aber das wirst du mir nicht erzählen, oder?" "Nein, weil es dich nichts angeht und weil ich niemanden in Schwierigkeiten bringen will." "Soll heißen, du oder er steckt gewaltig in der Scheiße, wenn gas rauskommt." "Er verliert seinen Job und ich flieg von der Schule." Reno zog eine Augenbraue hoch. "Das ist überhaupt nicht gefährlich, nein. Lass dich bloß nicht erwischen. Du könntest alles verlieren!" "Und wenn schon. Ich weiß, dass Risiko ist groß, das Spiel ist voll von Risiko, es zählt alles oder nicht." Ruhig sah er den anderen an. "Aber wir beide wissen, dass das Leben ohne Risiko einfach nur langweilig wäre. Leben am Limit macht mir Spaß, auch wenn ich dafür alles riskiere." "Das ist nicht spaßig, das ist dumm, kindisch und leichtsinnig. Ich bin auch nicht unbedingt erwachsen, aber du musst doch einsehen, dass das so nicht geht!" "Solange wir nicht auffliegen ist doch alles in bester Ordnung." "Ryouga-san, kannst du Aufgabe 1B vorrechnen?" Genervt seufzte Ryouga. Warum immer dann, wenn er gerade ganz anderweitig beschäftigt war? Kurz überflog er die Aufgabe. "Nein, kann ich nicht", antwortete er schließlich. "Vielleicht solltest du dann aufpassen und nicht mit deinem Nebensitzer reden." "Ogata-sensei, das Gespräch ist aber gerade sehr wichtig, Physik ist mir egal." Seufzend führte der Lehrer den Unterricht weiter. Ryouga wandte seine Aufmerksamkeit wieder Reno zu, der ihren Lehrer aufmerksam beobachtete. Hiroto Ogata, süße 25 Jahre jung, blond und schon irgendwie ganz süß, auch wenn er versuchte, sich durchzusetzen. Meistens schaffte er das auch, selbst wenn er dafür erst ausrasten musste. "Er gefällt dir, Reno", bemerkte Ryouga grinsend. "Er ist niedlich, aber auch ein Lehrer und somit tabu. Außerdem kann ich mir auch andere, süße Jungs mit nachhause nehmen." "Lass dich doch von der Tatsache, dass er einer unserer Lehrer ist, nicht aufhalten." Ruhig zuckte er mit den Schultern. "Geh nach der Stunde zu ihm und guck, ob du eine Chance hast, bei ihm zu landen." Reno sah ihn entgeistert an. "Hast du einen an der Klatsche? Ich kann doch nicht einen Lehrer ficken!" "Lehrer sind auch Menschen und was meinst du, was mein Exlover beruflich macht?" "Du hattest oder hast was mit einem Lehrer? Ich glaub's nicht! Du bist lebensmüde!" "Nein, bin ich nicht", erwiderte Ryouga trocken und schüttelte den Kopf. Reno biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. Schon bei dem Gedanken daran, mit einem Lehrer zu schlafen, kribbelte es in seinem Magen vor Aufregung. Natürlich war es verboten, aber gerade darin lag der Reiz. Und Ogata-sensei war wirklich süß. Und wenn keiner etwas bemerkte, war doch alles in Ordnung. Und wenn es nur ein einziges Mal war... Immerhin wollte er es nur ausprobieren, und es würde bei einem Mal bleiben. "Ryouga, du entschuldigst mich doch, bei Murai-sensei, wenn ich noch mit Ogata-sensei reden muss, oder?" "Ehrensache", antwortete Ryouga lächelnd und machte sich daran, seine Tasche zu packen. Als es klingelte, stand er auf, warf Reno noch einen ermutigenden Blick zu und ging zurück in ihren Klassenraum, wo Shin schon wartete. "Hey Shin." "Ich hab Langeweile! Mach was!", quengelte der Kleinere sofort los. Ryouga rollte genervt mit den Augen. Das war ja mal wieder typisch, aber er erinnerte sich daran, gesehen zu haben, dass Shin jetzt eine Freistunde hatte. Und dass er da oft unter Langeweile litt, war kein Geheimnis. Normalerweise saß er dann bei Iv und Ko-ki mit im Unterricht. Oder wollte Sex. "Shin, ich hab jetzt wirklich keine Zeit und Reno redet mit unserem Physiklehrer, wann der wieder hier auftaucht, weiß ich nicht." "Ryouga, bitte. Sag, du hast Kopfschmerzen und komm mit mir aufs Klo, ich brauche das jetzt!" Wieder seufzte Ryouga. War ja klar. Shin wollte Sex. Normalerweise vergnügte er sich mit Reno, aber war der anders beschäftigt, sollte Ryouga herhalten. "Nein." "Ryouga!" "Meine Fresse, geh allein aufs Klo und hol dir einen runter", zischte der Angesprochene mittlerweile ziemlich gereizt, aber trotzdem in gedämpften Tonfall. Shin schob schmollend die Unterlippe vor. "Das macht aber keinen Spaß." Aua. In Gedanken schlug Ryouga den Kopf gegen die Wand. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? "Vielleicht in der Mittagspause", murmelte er ausdruckslos. "Ich will aber jetzt!" Shin, dieser... Nein, dieses kleine Monster, diese Nervensäge, dieses Biest! Wann kam endlich Murai-sensei, um ihn zu retten? Und plötzlich stand der in der Tür. "Ryouga-san, könntest du mir helfen, die Kisten mit den Büchern zu holen? Wo steckt Reno und, äh, du da, wer bist du?" Ryouga nickte lächelnd. Strike. Gerettet. "Reno... spricht noch mit Ogata-sensei, wer weiß, wie lange das noch dauert. Und das ist Shin, auch einer unserer Freunde." Schnell stand er auf, ging zur Tür und lief dann neben Nao Richtung Lehrerzimmer. "Ryouga, wie sieht's bei dir morgen Nachmittag aus?" "Da habe ich Zeit. Solange kein Freundschaftsnotfall anliegt, kann ich Ihnen gern helfen." Nao blieb plötzlich stehen. "Es ist irgendwie seltsam, dass du den Schuldirektor mit seinem Spitznamen ansprichst und mich siezt. Wie wär's mit 'du' und 'Nao'?" "Alles klar, Nao." Ruhig lächelte Ryouga ihn an. "Ich kann dir morgen helfen, wenn du mich möglichst unauffällig mitnimmst." "Das schaffen wir irgendwie." "Es geht um Gedichte aus aller Welt. Diese Bücher leiht ihr euch aus, ein paar Gedichte werden wir noch im Unterricht bearbeiten. Dieser Teil der Unterrichtseinheit Japanisch wird in Literatur unterstützt. Ich möchte, dass ihr euch erstmal einlest, dazu könnt ihr die komplette Doppelstunde verwenden." "Ryouga", flüsterte Shin ihm zu. "Ich will immer noch Sex." "Halt die Klappe, du nervst. Außerdem muss ich Gedichte lesen." Verschlossen Nie konnte ich wütend sein, immer alles geschluckt Tränen nach innen fließen lassen, bis plötzlich die Kehle zugeschnürt, und die Tränen versiegt waren. Nur die Liebe besaß die Kraft, diese Starre zu lösen. (*1) Augen der Liebe Weiß wie die Reinheit, rot wie die Liebe, grün wie die Hoffnung, das alles sehe ich in deinen Augen und verschmelze ergriffen mit deiner Seele in inniger Umarmung die Zukunft schauend. (*2) Streit Wirke Gutes - sei bescheiden, übe dich im Streitvermeiden, denn zum Streiten gehör'n zwei, will einer nicht . ist Streit vorbei. So könnten manche Kriege enden, Streitigkeiten sich zum Guten wenden, doch hat der Mensch es nie verstanden, drum ist der Streit - bis heut' - vorhanden. (*3) Wie an dem Tag Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, die Sonne stand zum Gruße der Planeten, bist alsobald und fort und fort gediehen, nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen, So sagten schon Sibyllen, schon Propheten; Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt geprägte Form, die lebend sich entwickelt (*4) Glück Das Glück ist ein Traum in der Nacht Und eine Illusion am Tag Es ist ein Gedanke voll Hoffnung Und ein Wunsch des Herzens, Der nach Erfüllung verlangt. Doch wie oft tritt der Gegenteil der Erfüllung ein. Es ist ein Gesang, der an unser Ohr tönt, Ohne das unser Herz ihn versteht. (*5) "Gott, ist das langweilig", stöhnte Ryouga genervt. "Ist das unbedingt notwendig?" Leicht klopfte es an der Tür des Raumes und Reno trat ein. "Reno-san, schön, dass du auch zum Unterricht erscheinst. Nimm dir ein Buch, setz dich hin und lass dir von einem deiner beiden Nebensitzer erklären, was ihr tun sollt." Seufzend leistete er der Aufforderung Folge. "Also, was sollen wir machen?" "Ein paar Gedichte lesen." "Reno, mir ist langweilig!", maulte Shin dazwischen. "Nein, danke, vor nicht allzu langer Zeit erst gehabt." Unmotiviert blätterte er in seinem Buch. "Wollt ihr mich jetzt ernsthaft verarschen?! Ich will Sex, weil mir langweilig ist, und keiner von euch hat Lust, dem Unterricht zu entkommen?" "Ich hab doch gesagt, vielleicht in der Mittagspause", gähnte Ryouga. "Also, Reno, erzähl." Reno zuckte mit den Schultern. "Zuerst wollte er nicht, weil ist ja verboten und so weiter, und dann habe ich einfach nicht locker gelassen und auf die tatkräftige Unterstützung seines Körpers gehofft. Als ich ihn dann geküsst habe, hat er sich zuerst noch gewehrt, aber dann ging alles von allein." Ryouga grinste vor sich hin. Alles begann fast immer mit einem harmlosen Kuss, dann Klamotten weg und weiter. Und jetzt war er nicht mehr der einzige, der schon mal was mit einem Lehrer gehabt hatte. "So, wie es jetzt aussieht, hat er durchaus Interesse an weiteren Treffen. Er hat sich meine Nummer geben lassen." "In Schulnoten, wie war's?" Reno leckte sich über die vollen Lippen. "5, denke ich. Ich hab noch keinen Besseren gefunden. Er hat mehr Erfahrung und kann mir gut entgegenkommen. Und ohne Klamotten ist er nur noch halb so süß, eher heiß." "Hallo, ich hätte gern auch mal eure Aufmerksamkeit!", protestierte Shin, wurde aber weiterhin eiskalt ignoriert. "Echt, Ryouga,", lachte Reno leise, "auch wenn die Idee ziemlich dämlich ist, es macht Spaß." Ryouga blätterte zufrieden in seinem Buch. Wenigstens würde Reno mit seiner übertriebenen Sorge kein Problem mehr darstellen, auch wenn sie beide jetzt ihren Abschluss aufs Spiel setzten, für Hiroto und Uruha stand immerhin noch viel mehr auf der Seite der Dinge, die sie verlieren konnten. "Ryouga, sag mal... Hattest du eigentlich nie Angst, aufzufliegen?", fragte Reno ruhig. "Ein einziges Mal", seufzte der Gefragte. "Wir wurden fast erwischt, aber eben nur fast. Mach dir keine Sorgen, wenn ihr vorsichtig seid, wird es schon gehen." "Du weißt, mit wem ich was habe. Ausgleichende Gerechtigkeit?" Ryouga seufzte. Was hatte er schon großartig zu verlieren? Reno hing genauso mit drin, Hiroto nicht zu vergessen. "Kouyou Takashima", antwortete er schließlich so leise, dass noch nicht mal Shin es hören konnte. Reno klappte der Mund auf. "Nicht im Ernst, oder? Oh Gott, anstatt einen einfachen Lehrer zu nehmen, schnappst du dir gleich unseren Rektor?" Desinteressiert zuckte Ryouga mit den Schultern. "Warum nicht? Außerdem darf ich dich daran erinnern, dass das eigentlich vorbei ist." "Reno, Ryouga und Shin", mischte Nao sich hörbar genervt vom Lehrerpult aus ein, wenn ihr etwas sehr Wichtiges zu besprechen habt, könnt ihr den Raum gern verlassen." "Bitte, Ryou", flüsterte Shin und legte sein Kinn auf dessen Schulter. "Hörst du dann endlich auf, zu nerven." "Versprochen." Shin nickte und hob die Hand wie zum Schwur. Genervt erhob Ryouga sich und nahm Shin an die Hand. "Dann komm jetzt mit, du verdammt niedliche Nervensäge." Fröhlich lächelnd zog Shin Ryouga hinter sich her aus dem Raum. "Murai-sensei", seufzte Reno gelangweilt, "die Gedichte sind scheiße. Könnten Sie bitte andere aussuchen?" Nao schüttelte den Kopf und ging langsam zur hinteren Bankreihe. "Finde dich damit ab. Leidet Shin unter Stimmungsschwankungen?" "Nein, er hat nur seinen Willen bekommen." Ruhig setzte der Lehrer sich auf Ryougas Platz. "Soll heißen? Was hat es mit ihrem Spaziergang auf sich?" "Shin will Sex und hat Ryouga so lange genervt, bis er zugestimmt hat. Jetzt müssten sie sich ein geeignetes Plätzchen suchen, wahrscheinlich das Klo." "Und was sagt seine Freundin dazu? Oder sein Freund?" "Wäre er in einer festen Beziehung, hätte er Shin nicht zugestimmt. Er ist kein Kind von Traurigkeit, aber er hasst Untreue." Nao lächelte. Ryouga war also noch zu haben. Vielleicht... Was Reno wohl noch so ausplaudern würde? Vielleicht nichts allzu Privates, aber jede Information könnte gut sein. Aus rein beruflichem Interesse natürlich. "Was kannst du mir noch über ihn erzählen, Reno? Was muss ich beachten?" Reno zog überrascht eine Augenbraue hoch. Was sollten die Fragen und warum interessierte sich ihr neuer Lehrer plötzlich so für seinen besten Freund? Aber was sprach dagegen, ein paar Informationen Preis zu geben? Trotzdem war das alles irgendwie komisch. "Na ja", antwortete er zögernd, "er ist noch nicht lange auf dieser Schule und seine Einstellung ist sehr... positiv. Fast so wie meine. Er hat oft Probleme mit seinem Vater und verbringt so viel Zeit wie möglich außerhalb, um nicht mehr Streit als notwendig zu provozieren. Die meiste Zeit verbringt er mir Iv, Ko-ki, Shin und mir, teilweise ist er aber auch einfach verschwunden und geht während der Zeit nicht an sein Handy, und auf Nachfragen reagiert er nicht. Ach, und selbst wenn man das seiner Figur nicht ansieht, er liebt Fast Food, besonders Pizza." Nao nickte nur und notierte sich in Gedanken einige Stichworte. "Warum hat er Probleme mir seinem Vater?" "Sein Vater verdient gut und hat einen hohen Gesellschaftsstatus. Er akzeptiert nicht, dass Ryouga von den meisten Mädchen nichts wissen will. Seine Mutter scheint sich rauszuhalten, so weit ich das beurteilen kann, akzeptiert sie alles, solange er glücklich ist, mehr aber auch nicht." "Für einen Vater ist so eine Situation nicht einfach", bemerkte Nao, "besonders, wenn die Familie deswegen einen Ruf zu verlieren hat. Weißt du, ob er Ryouga jemals körperlich angegriffen hat?" Reno musste lachen. "Das würde er nicht wagen. Ryouga ist vielleicht nicht stärker, aber seine Wutanfälle sind nicht zu unterschätzen und er läst sich nichts bieten." Erschöpft lehnte Ryouga sich an die Wand und schloss die Augen. Shin war doch widerstandsfähiger als er gedacht hatte, wenn auch wirklich noch spürbar unerfahren. Anders als Uruha. Anders als seine Exfreunde. Bestimmt auch anders als Nao. "Ryou, abgesehen von der Tatsache, dass ein Schulklo nicht der beste Ort ist, war das ziemlich", Shin suchte nach einem Wort, "wow. Auch wenn ich befürchte, dass man ziemlich genau sehen wird, wo du mich festgehalten hast." "Soll mir so viel sagen wie Wiederholung an einem anderen Ort wäre für dich kein Problem. Von mir aus irgendwann später mal." Shin nickte und gähnte danach. "Ich lege mich in der Pausenhalle noch ein bisschen hin, du musst zurück in den Unterricht." Super. Wie sehr er sich darüber freute, noch eine Stunde Japanisch zu haben. Aber wenigstens war Nao nett, und dass nicht im Sinne von 'nett ist der kleine Bruder von scheiße'. "Was hältst du davon, wenn ich noch eine Weile zum Kuscheln bei dir bleibe? Und wenn jemand fragt, ist dir übel und ich kümmere mich um dich." Lächelnd nickte Shin, nahm seine Hand und zog ihn mit sich. Mittagspause. Endlich. Erschöpft lehnte Nao sich zurück. "Hiroto, stimmt es, dass Reno Anfang der dritten Stunde bei dir war?" "Was? Äh, ja", antwortete der Blonde völlig durch den Wind. "Hast du Abdeckstift?" "Nein." Warum war der Jüngere nur so leicht rosa im Gesicht? Verzweifelt versuchte er, einen kleinen Bluterguss zu verstecken. "Woher kommt der Knutschfleck?", fragte Saga grinsend und hielt ihm das Gewünschte hin. "Der gehört Shou, leg ihn zurück, bevor er was merkt." "Der... Das... Ist kein Knutschfleck", stotterte der Blonde, dessen Gesicht einen satten Rotton angenommen hatte. "Ich hab mich... gestoßen." "Am Hals?", fragte Nao zweifelnd. "So heftig, dass du davon einen Bluterguss bekommst? Und trotzdem kannst du normal weiter unterrichten?" "Ja... Ja, doch." Nervös hustete Hiroto. "Du weißt, dass das nicht glaubhaft ist, ja?" Nao zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Kurz stand er auf, ging auf den Kleineren zu und roch an ihm. "Außerdem haftet dir noch ein ganz leichter Geruch nach Sex an. Dir ist klar, dass du demnach erst vor ein paar Stunden was mit jemandem gehabt haben musst." Hiroto wurde noch einen Rotton dunkler bevor er wirklich reagieren konnte. "Können wir bitte das Thema wechseln?" "Ja, zum Beispiel: Wer hat meinen Abdeckstift entführt?", schnaubte Shou, der gerade dazugekommen war. "Pon war's." "Saga! Hör auf, immer mir die Schuld zuzuschieben!", verteidigte der Kleinste sich. "Pon, was hast du denn mit deinem Hals gemacht? Ach, egal, Abdeckstift her, ich mach das jetzt!" Nao konnte sich ein Kopfschütteln nicht verkneifen. Auf dieser verdammten, aber doch irgendwo sehr lustigen Schule lief alles halt ein kleines bisschen anders als sonst irgendwo. Im Moment musste er sich noch an diesen seltsamen Tagesablauf gewöhnen, aber es war ja auch spannend im Vergleich zu einer langweiligen, ordinären Schule. Wenn er irgendwann wieder an einer dieser Standardschulen unterrichten sollte, wäre die Umstellung schrecklich. "Nao, hör auf zu grinsen!", fauchte Shou. "Gott, Shou, komm runter", meinte Nao beschwichtigend. "Das ging um etwas anderes. Warum bist du heute eigentlich wieder so zickig?" "Zickig?!", Shou schnaubte wütend. "Ich bin nicht zickig!" 'Gar nicht', bemerkte Nao in Gedanken, sagte aber nichts weiter dazu und setzte sich wieder auf seinen Platz. Er hatte beim besten Willen keine Lust, sich mit dem anderen zu streiten, es war eh sinnlos. "Natürlich ist er nicht zickig", murmelte Saga und ließ sich neben Nao auf seinen Stuhl fallen. "Hast du heute Nachmittag Zeit und Lust, wegzugehen?" Nao lächelte ihn ruhig an. Seit er vor zwei Wochen das erste Mal in dieser Schule gewesen war, versuchte Saga, ihm so weit wie möglich zu helfen, und nach und nach hatten sie sich zumindest so weit angefreundet, dass der Größere wusste, wo Nao den Zweitschlüssel für seine Wohnung versteckte. "Heute, ja, schon. Morgen nicht, ich bekomme Hilfe bei den Renovierungsarbeiten. Eigentlich wollte ich heute schon mal anfangen, aber wenn du irgendwas Besonderes geplant hast..." "Eigentlich nicht. Ich will nur den restlichen, zu korrigierenden Klassenarbeiten entkommen." Saga lachte. "Aber es klang auch nicht so, als hättest du viel Lust auf deine Aufgaben." "Aber das sind notwendige Dinge, die wir eh irgendwann hinter uns bringen müssen. Meinetwegen könne wir uns trotzdem treffen. Wir wohnen ja doch so weit auseinander." "Ja, ganze zwei Stockwerke, wenn du in deine Wohnung gezogen bist. So sind es drei Straßen. Was willst du machen?" Nao dachte nach. "Wie wär's mit Fußball auf dem Bolzplatz? Und jetzt sag nicht, ich bin kindisch!" "Hab ich nicht vor, Fußball klingt gut. Hey, Pon, Shou, wollt ihr auch mitkommen?" "Heute? Ja, warum nicht? Kann ich euch beweisen, dass ich nicht zickig bin." Hiroto nickte nur begeistert. "Schön." Nao lachte. "Ich muss noch etwas für den nächsten Unterricht vorbereiten." "Sei froh, dass du Reno und Ryouga für heute schon hinter dir hast", stöhnte Saga verzweifelt. Nao legte verwirrt den Kopf schief. Er hatte doch nie ernsthafte Probleme mit den beiden gehabt. Was hatte Saga für ein Problem? Und warum sah Shou ihn so mitleidig an? Reno und Ryouga waren zusammen erträglicher als einzelne Schüler unterer Klassen. Sie waren pünktlich im Unterricht, verhielten sich ruhig, arbeiteten mit und unterstützten ihn. "Mein Beileid, Saga, wirklich. Aber du unterrichtest die wenigstens in zwei Fächern, die sie auch wirklich interessieren." "Dank, danke. In Bio habe ich das dumpfe Gefühl, sie sind eher an Sexualkunde in der Praxis interessiert als an allem anderen." Saga fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Als ob es dir dabei früher anders gegangen wäre, und als ob es heute anders wäre", lachte Shou und setzte sich einfach auf Sagas Schoß. "Und wie sieht's in Musik aus?" "Drück ihnen Gitarren in die Hand, stell sie in einen schalldichten Raum und du hast deine Ruhe. Leider kann ich das nicht immer machen, was soll ich ihnen denn als Note eintragen?" "Ganz ehrlich", mischte Nao sich verständnislos ein, "ich verstehe gar nicht, was ihr habt. Ich komm mit beiden gut aus." Verwirrte Blicke aus allen Richtungen waren plötzlich auf ihn gerichtet. "Was denn? Habe ich was Falsches gesagt?" "Nein, nein, ich dachte nur, ich hätte dich sagen gehört, dass du mit Reno und Ryouga gut zurecht kommst", lachte Shou. "Aber genau das habe ich gesagt." Naos Verwirrung nahm zu, als alle ihn einfach anstarrten. Die Stille war schon fast erdrückend. "Nao...", Saga räusperte sich, "sie sind alles andere als gute Schüler. Sie rauchen im Unterricht, sie schreiben SMS oder telefonieren, sie reden und passen nie auf." "Bei mir nicht, ihr könnt gern morgen früh mitkommen, ich hab die Klasse in den ersten beiden Stunden in Mathe." "Du kannst meinetwegen übermorgen für die Doppelstunde Englisch mitkommen. Wenn sie dann anwesend sind, wirst du verstehen, was für ein Problem wir haben." Shou grinste ihn an. "Warum sollten sie nicht da sein? Sie haben noch nicht eine einzige meiner Unterrichtsstunden verpasst. Gut, Reno heute zum Teil, aber entschuldigt." Shou und Saga sahen sich nur kurz an, sagten aber nichts weiter dazu. Von dem geschilderten Verhalten der beiden Albtraumschüler mussten sie sich erst selbst überzeugen, um es zu glauben. _________________________________________________________________________________ * 1 'Verschlossen' von Annegret Kronenberg 2 'Augen der Liebe', Autor unbekannt 3 'Streit', Autor unbekannt 4 'Wie an dem Tag' von Johann Wolfgang Goethe 5 'Glück' von Kalil el Khatib Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)