Ikiteru ★ Breaking the rules von Black_Melody (Die Regeln brechen) ================================================================================ Kapitel 17: Granat ------------------ Zufrieden lag Nao auf dem Sofa und döste vor sich hin. Sein Hintern fühlte sich seltsam an, so nach Muskelkater. Unangenehm, aber unvermeidbar. Ryouga hatte striktes Arbeitsverbot bekommen. Sofa, Esstische und Stühle und auch das Bett waren aufgebaut. Das genügte vorerst. Wo der Jüngere jetzt genau war, wusste er nicht, aber das war ihm auch relativ egal. Er war einfach glücklich und entspannt. "Nao, kommst du mal ins Schlafzimmer?" "Nein." "Nao!" "Ist ja schon gut, ich komme ja schon." Unmotiviert erhob er sich vom Sofa. "Es genügt, wenn du erscheinst." Ryouga stand an der Wand und sah ihn abwartend an. Ruhig sah er sich um. "Bleiben deine Sachen da so liegen?", fragte er schließlich. Der Jüngere hatte seine Kleidung einfach in Stapeln auf den Boden gelegt. "Wo soll ich sonst damit hin?" "Vielleicht erstmal in der Tasche lassen?!" "Warum?" Stur verschränkte der Größere die Arme vor der Brust. "Weil Ordnung wichtig ist." "Mag sein, aber ein bisschen Unordnung macht es irgendwie bewohnter." "Räum das weg!", fauchte Nao ihn an. "Wohin denn?" "Das ist mir egal, aber das ist meine Wohnung und hier gelten meine Regeln!" "Auch das mag sein, aber du lässt mich hier wohnen. Leb damit, wie ich bin, oder lass es bleiben!" "Dann kannst du dir auch gern eine andere Bleibe suchen!", fuhr Nao ihn wütend an. Kurz darauf packte der Jüngere ihn an den Oberarmen und drückte ihn hart gegen die Wand. "Hör auf, mit mir streiten zu wollen!" Wütend funkelte Ryouga den Kleineren an. Verwirrt musterte er Nao, als dieser ihn plötzlich ängstlich ansah, heftig zu zittern begann und kaum noch atmen konnte. Erschrocken über die Reaktion des Älteren löste er den Griff. Zitternd rutschte Nao an der Wand hinab, bis er auf dem Boden saß. Ryouga hockte sich besorgt neben ihn und strich ihm durch die Haare. "Shht, ganz ruhig. Alles ist gut." Zögernd schloss er den Kleineren in die Arme. "Nichts ist gut", flüsterte Nao und drückte sich eng an ihn. "Mach das nie wieder." "Was?" Beruhigend strich Ryouga ihm über den Rücken. "Mich so an die Wand drücken." "Warum?" "Lange Geschichte. Schlag mich, wenn es sein muss, aber drück mich nie wieder so an eine Wand." Ryouga nickte leicht. "Ich schlage dich ganz sicher nicht. Aber jetzt erzähl mir die Geschichte." Nao schüttelte schwach den Kopf. Er wollte nicht darüber reden, es schmerzte einfach zu sehr. Der Schock von damals saß einfach noch in ihm, es war eher ein Trauma, dass ihn nur sehr selten einschränkte. Warum sollte er das alles wieder durchmachen? Warum sollte er zulassen, dass Schmerz und Verzweiflung ihn wieder, nach all den Jahren, von innen heraus zu vernichten drohten? "Nao, dieses Mal bin ich es, der dir helfen will. Rede mit mir", bat der Größere flüsternd. Angesprochener biss sich auf die Unterlippe. Er wusste, dass der andere recht hatte. Er wusste, dass er bei ihm im absoluten Notfall Schutz und Zuflucht finden würde. Und er wusste, dass Reden vielen Menschen wirklich half. Ihm hatte es noch nie viel gebracht, die Probleme lösten sich dadurch nicht in Luft auf. Leider. "Bitte, Nao." Sanft küsste Ryouga ihn auf die Stirn. Ergeben seufzte der Ältere. Er würde keine Ruhe bekommen, bevor der Jüngere sein komisches Verhalten zumindest theoretisch nachvollziehen konnte. "Lass mich nur nicht los", murmelte Nao und schloss die Augen. "Und lass mir Zeit, während ich erzähle." ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆Flashback★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ Leicht kuschelte Nao sich in seine Bettdecke. Warum hatte Hiroki mit auf Klassenfahrt müssen? Sie hatten sich seit Tagen nicht gesehen, sich nicht mehr berühren können. Nao fühlte sich furchtbar einsam. Ihm war kalt, wenn er so allein in seinem Bett lag, er wollte seinen Freund bei sich haben. Zwischen ihnen war in den letzten vier Monaten viel passiert, auch wenn Nao sich noch geweigert hatte, den letzten, schwierigsten Schritt zu gehen. Er hatte kein Problem damit, seinen Freund zu befriedigen, nackt neben ihm zu liegen und sich selbst auch verwöhnen zu lassen, aber er wollte einfach noch nicht mit dem anderen schlafen, Liebe hin oder her. Er war noch nicht so weit. Und gerade das hielt ihn nächtelang wach. Der Ältere wollte mit ihm schlafen, das wusste er, und er wollte ihm auch gern diesen Wunsch erfüllen, er wusste nur nicht, was er tun sollte, um seine Angst zu bekämpfen und endlich bereit zu sein. Unruhig wälzte er sich die Nacht über von einer Seite auf die andere. Er sollte aufhören, sich so unter Druck zu setzen, aber er konnte es nicht, irgendetwas blockierte ihn. Auch als die Sonne wieder aufging, lag er noch wach. Er wusste nicht, wie lange er nicht mehr geschlafen hatte, ohne Make-Up hätte man ihn auf jeden Fall nicht mehr das Schulgebäude betreten lassen. Heute war auf jeden Fall der Tag, an dem Hiroki von der Klassenfahrt zurückkam. Vielleicht war es gerade das, was ihn nervös machte. Die komplette letzte Woche hatte er auf diesen Tag gewartet, und jetzt wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass dieser Tag noch eine weitere Woche weg war. Gefühle konnten so widersprüchlich sein. "Nao?" "Hm?" Zufrieden kuschelte er sich an den Größeren. "Du weißt, dass ich dich liebe?" "Hiro, worauf willst du hinaus?" Er richtete sich etwas auf und sah seinen Freund fragend an. "Wir haben Zeit und Ruhe. Kannst du dir nicht denken, was ich will?" Sanft küsste der andere ihn. Natürlich konnte er es sich denken. Langsam krabbelte er aus dem Bett. "Ich bin noch nicht so weit. Ob du mich liebst oder nicht hat damit nichts zu tun." "Wie lange soll ich denn noch auf dich warten?" Unsicher und ohne eine Antwort zu geben ging Nao aus seinem Zimmer in die Küche. Er spürte, dass sein Freund ihm folgen würde. "Ich habe dich etwas gefragt", kam es aus der Richtung der Tür. Er seufzte. "Ich weiß es nicht, wirklich. Ich weiß, dass du mich liebst, und ich dich auch, aber ich brauche noch Zeit." "Du liebst mich? Manchmal ist das wirklich schwer zu glauben." Diese Bemerkung des anderen versetzte ihm einen Stich, dazu einen ziemlich heftigen. "Weil ich nicht bereit bin, mit dir oder irgendjemand anderem zu schlafen, zumindest noch nicht, zweifelst du daran, dass ich dich liebe? Das Gleiche könnte ich tun, mit der Begründung, dass du mir alle Zeit der Welt geben würdest, würdest du mich wirklich lieben. Ist das etwa fair?", fauchte er verletzt zurück. Es tat ihm selbst weh, diese Wort aussprechen zu müssen, aber anders wusste er sich nicht zu helfen. "Das vielleicht nicht, aber es ist angemessen begründet." Offen sah Hiroki ihn an. "Ich liebe dich, aber ich will nicht mehr warten. Ich habe lange genug auf dich Rücksicht genommen." Bei dem scharfen Tonfall wich Nao an die Wand zurück. Eigentlich hatte er keine Angst vor seinem Freund, aber gerade wirkte dieser doch gewaltbereit. "Nao, ich will dir nicht wehtun, aber ich will dich endlich." Hart packte der andere ihn an den Oberarmen und drückte ihn an die Wand, küsste ihn fordernd. Nao spannte seine Muskeln an und stemmte sich so gut wie möglich gegen seinen Freund, versuchte ihn so von sich zu schieben. Er wollte das nicht, aber er war definitiv schwächer. Und trotzdem wollte er nicht aufgeben. Verzweifelt wehrte er sich weiter, bis der andere sich von ihm löste und ihn verwundert ansah. "Du hast Angst vor mir? Denkst du wirklich, ich würde dich vergewaltigen?" Leicht stieß er sich von Nao und der Wand ab und ging ein paar Schritte zurück. "Denkst du, ich könnte dir so etwas antun?" Nao schluckte. "Ich weiß es nicht." Traurig sah er auf den Boden. Seine Stimme zitterte, wie sein ganzer Körper auch. "Meinst du, es macht dann noch Sinn, zusammen zu bleiben? Vertrauen ist immerhin wichtig…" Die Worte durchschnitten die Dunkelheit und Stille. "Ich will dich aber nicht verlieren." Wieder musste Nao schlucken. "Ich liebe dich einfach zu sehr." "Ich weiß." Hiroki seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Trotzdem muss einer von uns jetzt vernünftig sein. Es ist besser, wenn wir jetzt einen Schlussstrich ziehen. Wenn nicht, verletzen wir uns nur weiterhin. Ich werde gleich gehen und damit unsere Beziehung beenden. Und ich bitte dich, es uns nicht schwerer zu machen, als es ist. Für die nächsten Wochen sollten wir uns besser nichts sehen, allgemein den Kontakt vermeiden." Unfähig, sich zu bewegen, stand Nao in der Küche und hörte, wie der andere ihn allein ließ. Zitternd sank er auf den Boden und legte seinen Kopf an die Wand und seine Arme um seine Knie. Etwas Warmes floss über seine Wangen. ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ Behutsam streichelte Ryouga den Kleineren, der sich leicht an ihm festhielt. "Eigentlich ist gar nichts so Schlimmes passiert, aber sobald man mich an die Wand drückt, bekomme ich Angst." "Du musst mir nichts erklären", versuchte Ryouga ihn zu beruhigen. "Es ist viel passiert, und du warst jung. Dein Körper verbindet diesen Druck mit der Angst, die du damals hattest. Dafür musst du dich nicht rechtfertigen." Leicht lehnte Nao sich an ihn und genoss die Wärme. Der andere schien ihm diese kleine Phobie nicht übel zu nehmen, im Gegenteil, er schien ihn zu verstehen. Die Sicherheit in dieser Nähe schien seine Wunden, die frisch wieder aufgerissen worden waren, zu verschließen. Er wusste, dass sie vermutlich nie heilen würden, aber Ryougas Anwesenheit linderte den Schmerz ungemein. Nao wusste nicht, wie lange er sich einfach halten ließ und dem ruhigen Herzschlag des anderen lauschte, die Zeit verging eben ziemlich schnell, wenn man sie genoss. "Nao, ist es okay für dich, wenn ich morgen früh gleich zu Reno gehe?", hörte er die leise Stimme an seinem Ohr. "Im Prinzip schon. Seit wann fragst du bei so etwas nach?" "Weil ich dann von morgen auf übermorgen bei Reno schlafen und Freitagmorgen direkt nach Akita fahren würde. Das heißt, dass wir uns vor Montag nicht mehr sehen." Nao schluckte. Aber so oder so war es nur ein Tag mehr. "Mach nur, das ist kein Problem." "Sicher?", fragte Ryouga noch einmal nach. "Wenn du willst, kann ich über Nacht auch wieder herkommen." "Das ist für mich schon okay." Nao räusperte sich. "Wegen deinem Geschenk übrigens… Ich will nicht, dass das zwischen uns steht." Ryouga lachte leise. "Das wird es nicht. Wir hatten Sex und es war verdammt gut, wir können das auch gern noch mal woanders als im Klassenraum wiederholen, aber gehe ich jetzt gerade anders mit dir um als vorher?" Nao schüttelte den Kopf. Vor der Sache im Klassenzimmer vor ein paar Stunden hätte Ryouga ihn wahrscheinlich genauso getröstet und gehalten. Es war beruhigend, dass ihre Freundschaft offenbar nicht darunter litt. Es war nicht sein Ziel gewesen, irgendetwas zwischen sie zu stellen und ihr gutes Verhältnis zu zerstören, aber das Risiko war da gewesen. Vielleicht sollte er seine Pläne ab sofort genauer durchdenken, mitsamt aller Risiken. Ryouga legte seine Wange an Naos Kopf und lauschte der langsamer und ruhiger werdenden Atmung des Kleineren. Warum sollte er ihn auch vom wohlverdienten Schlaf abhalten? Es dämmerte draußen bereits und der Tag war anstrengend gewesen. Vorsichtig hob er seinen Lehrer hoch und legte ihn auf das Bett, in den lockeren Sachen, die er gerade trug. Behutsam deckte er den Älteren zu und sah ihn danach einfach nur an. Wie konnte jemand so überirdisch schön und niedlich sein, wenn er schlief? Zögernd streckte er die Hand aus und strich dem anderen über die Wange. Die Haut unter seinen Fingerspitzen fühlte sich so weich an. Wie Seide. Fasziniert legte er sich neben dem Schlafenden auf die freie Bettseite und beobachtete ihn. Es war wundervoll, ihm beim Schlafen zuzusehen. Kaum etwas anderes konnte Ryouga erreichen, ausgenommen der Uhr. Und die zeigte an, dass es Zeit war, sich für die Arbeit fertig zu machen. In knapp einer Stunde würde Ray vor der Tür stehen, um ihn zur Arbeit mitzunehmen. Viel lieber würde er Nao weiterhin beim Schlafen zusehen, aber es half nichts. Er hatte zwar mit Kisaki darüber gesprochen, dass sein Mitbewohner Schwierigkeiten mit einem Ex-Freund hatte, und er durfte auch, wenn er sich abmeldete, bei Nao bleiben, aber das war nur für absolute Notfälle gedacht. Und das heute Abend war kein Notfall. Leise stand er auf, suchte sich ein passendes Arbeitsoutfit zusammen und schlich aus dem Raum. Er wollte sich nicht dort umziehen, um den Kleineren nicht aufzuwecken. Der sollte ruhig weiterschlafen. ♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥ Einen Moment zitterte Nao vor Kälte in dem schwachen Wind. Es war dunkel, aber in der Nacht war es nun mal so. Und es war nicht schlimm. Hier zu sitzen, völlig allein auf dem Dach des Hochhauses, die Lichter der Stadt zu betrachten und die Ruhe zu genießen, war wundervoll. Er kannte einfach keinen besseren Ort, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Nach anstrengenden Arbeitstagen brauchte er manchmal diese Ruhe, er musste manchmal einfach seine Gefühle und Gedanken einordnen oder Geschehenes verarbeiten. Und hier hatte er am Meisten Zeit, sich einfach nur zu sortieren. Leise setzte sich jemand neben ihn. "Darf ich dir Gesellschaft leisten?" Eine leichte Gänsehaut breitete sich über seinem Körper aus, als er diese warme Stimme neben sich hörte. Aber sonst hätte sich auch niemand so zu ihm gesetzt. "Von mir aus gern." Langsam ließ er sich in eine liegende Position sinken und sah in den Sternenhimmel. Es war schon fast kitschig. Oder einfach nur hochgradig romantisch. Und er hatte den einzigen Menschen, den er wirklich liebte, an seiner Seite, er musste nur seine Hand ausstrecken, um ihn zu berühren. "Ryou, leg dich hin", flüsterte er und schloss die Augen. Außer ihnen kannte eigentlich niemand den Weg hierher, und selbst wenn jemand hier hochkam, war es ihm gerade egal. Er hatte eine Idee. Er hörte leise, wie der andere seiner Aufforderung Folge leistete. Zart wurde seine Hand genommen und der warme Körper rutschte etwas näher zu ihm. "Nao, was hast du vor?", fragte der Größere leise. "Dir zeigen, wie sehr ich dich liebe." Lächelnd küsste er den Jüngeren und forderte ihn zu einem kleinen Zungenspiel heraus. Allein schon dieser Kuss löste in seiner Magengegend ein warmes Kribbeln aus. Zärtlich zog der andere ihn auf sich und streichelte die unter dem Shirt verborgene, weiche Haut. "Nao", hauchte er gegen die Lippen des Älteren und drückte ihn enger an sich. Sein Blut floss langsam aber sicher auf seine Körpermitte zu, der Druck in ihm wuchs. Mit einem frechen Grinsen stemmte Nao sich ein Stück von ihm weg. "Was denn?" "Wir können doch nicht hier…" "Doch", fiel der Ältere ihm ins Wort, "warum sollten wir auch nicht? Wir haben eine Wolldecke hier, auf der wir liegen können, oder zumindest einer von uns. Es ist warm genug, um ohne Kleidung nicht zu frieren, und selbst wenn wir frieren sollten, können wir uns gegenseitig wärmen. Und erwischt werden wir hier oben ganz bestimmt nicht." "Du bist verrückt", lachte Ryouga, zog den anderen dann aber wieder eng an sich und küsste ihn verlangend. Zart wanderten Hände unter sein Shirt und streichelten seine Haut sanft wie Federn. Sein Freund hatte ja recht, niemand würde von dem, was sie hier taten, etwas erfahren. Liebevoll strich Ryouga dem Kleineren durch die Haare und drückte den nackten Körper ein wenig enger an sich. "Ich liebe dich", flüsterte Nao ihm zu und strich vorsichtig über seine Brust und den flachen Bauch. "Du machst mich verrückt", gab Ryouga lächelnd zurück und hauchte ihm einen Kuss auf das Haar. "Das muss ich nicht, das bist du so schon. Sonst hättest du bei der Aktion gar nicht mitgemacht." Der Jüngere zuckte leicht mit den Schultern. "Sex auf dem Dach eines Hochhauses. Wer kann schon von sich behaupten, das einmal gemacht zu haben? Die Meisten sind eh zu langweilig und bleiben immer nur im Schlafzimmer." "Oh, dann sind wir aber gut dabei. Klassenraum, Geräteraum der Sporthalle, nachts auf einer Waldlichtung und jetzt ein Hochhausdach." Zufrieden schmiegte Nao sich an den anderen und sah in den Sternenhimmel, während die warmen Hände des anderen zart über seinen Rücken wanderten. "Sollten wir wieder in die Wohnung gehen?", fragte Ryouga nach einer Weile. Die Haut des Älteren fühlte sich immer kälter an. "Nein. Aber wenn wir noch ein bisschen enger zusammenrücken, können wir die Hälfte der Decke über uns legen. Flüchtig deckte Ryouga sie zu und wartete, bis Nao in seinem Arm eingeschlafen war. ♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥ Verschlafen blinzelte Nao und drehte seinen Kopf zum Wecker. 2:27 Uhr. Warum war Ryouga noch nicht wieder zurück? Diese Nacht wollte er doch eigentlich noch hier verbringen. Leicht schwankend stand Nao auf, ging in die Küche, holte sich ein Glas Wasser und setzte sich im Wohnzimmer auf das Sofa. Wie wundervoll er geträumt hatte… Und wie sehr er sich wünschte, dass es wahr werden würde. Aber wie wahrscheinlich war das schon? Es war schon mehr, als er sich ursprünglich erhofft hatte, als Ryouga mit ihm geschlafen hatte und das wohl auch noch öfter tun wollte. Und auf emotionaler Ebene… Sie standen sich nah, waren gute Freunde, und das musste ihm reichen. Es war zu viel, das er wollte, aber so war es immer. Menschen allgemein wollten immer das, was sie nicht haben konnten. Wie sehr wünschte er sich, er könnte die Wahl seines Herzens ändern und sich jemanden aussuchen, der für ihn erreichbar war. Leider war das aber nicht möglich. Leise knackte das Schloss der Wohnungstür. Nao blieb einfach mit angezogenen Beinen auf dem Sofa sitzen. Der Jüngere würde ihn schon aufspüren und sich zu ihm gesellen. Oder ihn zurück ins Bett bringen. "Nao, hey. Schon ausgeschlafen? Das ging aber schnell." Ruhig hockte der andere sich vor ihn. "Noch nicht wirklich, aber ich war halt wach und wollte auf dich warten." "Lieb von dir, aber komm jetzt. Du musst morgen früher aufstehen als ich." "Nein. Ich will noch ein bisschen hierbleiben." "Vergiss es." Nahezu mühelos hob Ryouga ihn hoch und brachte ihn ins Schlafzimmer, legte ihn dort auf dem Bett ab. "Warte kurz, ich geh noch schnell ins Bad, ziehe mich dann um und bin dann schon bei dir. Okay?" Nao nickte und kroch unter die Bettdecke. Es dauerte nicht lange, bis der Jüngere sich mit einem wohligen Seufzen neben ihn legte. "Endlich Feierabend." "War es im Club sehr anstrengend?" Interessiert sah Nao in Ryougas Richtung, auch wenn er wegen der Dunkelheit nicht viel erkennen konnte. "Nicht so sehr, aber wir haben im Moment noch extreme Sicherheitsmaßnahmen am Laufen, dann hat die Polizei uns alle noch befragt und dann war es auch schon ziemlich spät. Und dann war Schule heute auch nicht ganz… energiesparend, wenn auch schöner als sonst. Hatte ich mich eigentlich schon bei dir bedankt?" Ryouga strich ihm sanft über die Wange. "Dein Geschenk war großartig. Und kreativ." Nao lachte leise. "Kein Problem." Zaghaft rutschte er an den Jüngeren heran und kuschelte sich vorsichtig an ihn. Sanft nahm Ryouga ihn in den Arm und hielt ihn fest. "Schlaf jetzt. Du solltest dich gut ausruhen, morgen ist immerhin der letzte Schultag vor den Sommerferien." Nao nickte. "Eigentlich eine Schande, dass du nicht mitkommst." "Reno ist morgen auch nicht da. Seine Großmutter hat Geburtstag und kommt dann immer her. Ich habe sie bisher zwei Mal gesehen, als sie zu Besuch war, und sie scheint irgendwas an mir total toll zu finden." Wieder nickte der Ältere und schloss die Augen. Irgendetwas an Ryouga toll zu finden, war auch alles andere als schwer. Er war toll, daran ließ sich eben nichts ändern. Plötzlich fühlte Nao sich wieder schrecklich müde. "Weiß sie, dass ihr nicht wirklich hetero seid?" "Wie kann man unwirklich nicht hetero sein? Nein, also, sie weiß, dass Reno lieber Männer als Frauen im Bett hat, aber mit mir hat sie noch nie darüber gesprochen. Ich glaube, sie ahnt, dass Reno und ich uns da wieder ziemlich ähnlich sind." Der Kleinere gähnte und brummte nur noch irgendetwas Unverständliches, bevor sein Atem wieder ruhig und gleichmäßig wurde und er in seine Traumwelt abdriftete. Sanft sah Ryouga den Schlafenden an. Seine Haare standen etwas zerzaust ab, aber sein Gesicht war genauso friedlich wie Stunden zuvor. Das schwache Licht der Lampe, die er eingeschaltet hatte, nachdem sein Mitbewohner eingeschlafen war, machte den Moment etwas unrealistisch, viel zu traumhaft. Aber wie war es nur möglich, dass Nao so friedlich aussah? Wie konnte jemand mit einer so bewegten Vergangenheit so ruhig schlafen und dabei auch noch so niedlich aussehen? Das war doch auch nicht fair. Liebevoll strich er dem anderen durch das dunkle Haar. Es war immer noch ein seltsames Gefühl, zu einem Lehrer ein so enges Verhältnis zu haben, aber zu Nao hatte er eine Verbindung, die noch über Freundschaft hinausging. Er wusste nicht genau, wo er dieses Gefühl einordnen sollte, aber es kam ihm bekannt vor, nur halt in schwächerer Form. War es nicht genau dieses Gefühl, das er damals bei Ken gehabt hatte? Nur, dass es bei Nao stärker war? War das diese berüchtigte Liebe? Oh nein. Genau das musste es sein. Er liebte Nao. Und das war alles andere als gut. Er durfte seinen Lehrer, der dazu noch ganze 13 Jahre älter war als er selbst, nicht lieben. Nicht, dass ihn der Altersunterschied störte, aber sein Vater bereitete ihm Sorgen. Was würde der dazu sagen, dass sein Sohn es geschafft hatte, sich in einen Lehrer zu verlieben? Das war ganz allgemein eine ziemlich spannende Frage. Wie würden die anderen reagieren, wenn er es ihnen erzählte? Uruha würde wahrscheinlich wieder erst einmal lachen. Vielleicht hatte er ja schon an dem Tag gedacht, dass sich zwischen ihm und Nao mehr entwickelte als eine Freundschaft. Iv würde ihn wahrscheinlich mit diesem ungläubigen Zuckerblick ansehen und ihn fragen, wo sein Verstand geblieben sei. Weiter würde er dazu wahrscheinlich nichts sagen. Ko-ki würde eiskalt fragen, weshalb er sich in diesen Lehrer verliebt hatte. Das fragte er selbst sich ja auch. Und das würde er sich auch noch öfter fragen. Welch Wunder. Shin würde einfach nur mit den Schultern zucken, ganz nach dem Motto: So lange du glücklich bist, besteht doch überhaupt kein Problem. Zwar wäre er wahrscheinlich auch zuerst überrascht, immerhin war Nao ein Lehrer und somit eigentlich tabu, aber das würde sich schon legen. Und Reno… Reno hatte eine Affäre mit ihrem Physiklehrer, also konnte der eigentlich gar nichts dagegen haben. Seine Begründung wäre wahrscheinlich eh, dass das zwischen ihm und Hiroto eine völlig unverbindliche, rein körperliche Sache war, und so lange das so blieb, konnte er es ja auch jederzeit beenden. Ob das stimmte oder nicht war auch Ansichtssache. Sein Vater würde eh durchdrehen, so lange er kein junges, hübsches Mädchen anschleppte. Dass Nao ein Lehrer war, machte die Situation zwar nicht wirklich besser, aber es gab auch noch Schlimmeres. Seine Mutter würde wahrscheinlich erst mal gar nichts dazu sagen. Wobei, vermutlich würde sie nie etwas dazu sagen. Sie hatte wohl an sich mit dem Punkt, dass er sich in einen Mann verliebt hatte, als auch mit dem, dass dieser sein Lehrer war, kein Problem. Sie schien allgemein alles, was er tat, anzunehmen. Aber warum dachte er überhaupt schon über die Reaktionen der anderen nach? Er war nicht mit Nao zusammen und wusste auch nicht, ob dieser ihn liebte. Natürlich hatte er bemerkt, dass er Macht über seinen Lehrer hatte, nur wusste er nicht, woher diese kam und was das bedeutete. Und selbst wenn Nao ihn auch liebte und sie eine Beziehung führten, öffentlich machen konnten sie das dann trotzdem noch nicht. Ein leises, angestrengtes Seufzen kam über seine Lippen. Das ganze Nachdenken half ihm auch nicht wirklich weiter und er sollte sich lieber ausruhen. Der Tag war lang gewesen. Leise schaltete er das Licht aus, schloss die Augen und schlief ein, Nao immer noch im Arm haltend. _________________________________________________________________________________ Kapitel Nummer 17. In zwei Wochen haben wir die 18 und somit die Halbzeit erreicht. Wie dem auch sei... Eine Rückblende, eine Traumsequenz und zwei Hauptcharas, die sich immer näher kommen. Ist doch für ein Kapitel eine ganz schöne Entwicklung, auch wenn wir noch nicht mal die Hälfte haben. Und noch ist nicht absehbar, ob es ein Happy End geben wird oder nicht. xD Na ja, wie gesagt, nächster Upload in zwei Wochen, vielleicht wird es irgendwann ersichtlicher. ;D Hikari Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)