My Beloved Target von Night_Baroness (Gin&Rye-FBI VS. Black Organization) ================================================================================ Kapitel 28: Song ---------------- 28. Song „Sie?“ Er musterte die junge Agentin mit einer Mischung aus Neugierde und Abscheu. „Was wird hier gespielt?“ Sie lächelte leicht spöttisch, fast so, als amüsiere sie sich über seine Unwissenheit, was ihn noch mehr verärgerte. Sie schien Vermouth wirklich ähnlich zu sein. „Nun, anscheinend sitzen wir im selben Boot.“ Sie sah sich aufmerksam um und bedeutete ihm dann mit ihrer Waffe in ein freies Abteil zu gehen. Da es sich um die erste Klasse handelte, war es vom Gang separiert, sodass niemand die bewaffnete Frau bemerken würde. Gin gehorchte. Er hatte zwar nicht vor, nach ihren Regeln zu spielen, aber er musste wissen, wer sie war und welche Rolle sie einnahm. „Mein Name ist Mitsuki Angel.“ Fast hätte Gin laut aufgelacht. Der Name klang eher nach einem zweitklassigen Pop-Sternchen, als nach einer knallharten Agentin. „Und Sie arbeiten also fürs FBI?“ Er schürzte die Lippen. „Halten Sie es da wirklich für klug sich mit mir zu unterhalten?“ Sie seufzte. „Ich hatte ehrlich gesagt nicht vor so schnell wieder Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Allerdings geht es nun nicht anders.“ Ihre Blicke trafen sich. „Es sei denn, Sie wollen riskieren, dass ihre Partnerin und alle, die in diesem Zug sitzen, sterben.“ Sie wusste also von der Bombe. Aber warum zum Teufel war Sie hier im Zug, wenn das FBI Bescheid wusste? Warum hatten Sie den Zug nicht evakuiert? Wollten Sie die Täter auf frischer Tat ertappen, weil Sie ihr Gesicht nicht kannten? „Wer sind diese Leute?“ Endlich konnte Gin die Frage stellen, die ihm schon die ganze Zeit unter den Nägeln brannte. Wer war der große Unbekannte in diesem Spiel? Angel zuckte mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht viel. Diese Typen arbeiten genau und gründlich. Sie erinnern an Giftschlangen, schnell, tödlich und gut getarnt, sodass sie unseren wachsamen Augen verborgen bleiben können.“ Attribute, die auch wunderbar auf die schwarze Organisation passten. Aber das war unmöglich. Bei einer so großen Aktion hätte man ihn zweifellos informiert. „Denken Sie, sie gehören einer Verbrecherorganisation an?“ Die junge Frau lachte und schob mit einem ihrer langen, schlanken Finger ihre verrutschte Brille höher auf die Nase. „So wie Sie?“ Gin hob eine Augenbraue und musterte sie kalt. „Auszuschließen ist es nicht.“, sagte sie hastig. Die Häuser zogen so schnell vorbei, dass sie für ein unaufmerksames Auge zu einem breiten Band aus Farben und Formen verschwommen, das sich gleich einem Ozean in unzähligen Wellenbewegungen zu verlieren schien. Der Zug würde wohl nicht so schnell anhalten. „Meinen Sie, sie haben den Zug unter ihre Kontrolle gebracht?“ Angel wandte ihren Blick vom Fenster ab und wieder ihm zu. Nervös zupfte sie an ihren Haarspitzen herum. Eine Macke, die ihm schon von Anfang an aufgefallen war. „Ich fürchte es. Sie werden auf jeden Fall versuchen, alle Fäden in der Hand zu halten.“ Gin stand auf und blickte nachträglich durch die getönten Scheiben auf den Gang hinaus. Wo war die Bombe? Er seufzte. „Da ich keine Lust zu sterben habe, werde ich die Bombe finden. Sie allerdings sollten mir besser nicht im Weg umgehen.“ Sie antwortete nicht, aber erhob sich ebenfalls. „Ich schlage vor, wir teilen uns auf. Jeder übernimmt einen Bereich des Zuges und versucht etwas herauszufinden. Über diese Nummer erreichen Sie mich.“ Während die Frau die Nummer in sein Handy tippte, fragte Gin sich, was zum Teufel ihn dazu bewegte mit einer FBI Agentin zu kooperieren. Allerdings war sterben auch keine angenehme Alternative. Er beschloss erst einmal mitzuspielen und sie schließlich zu überwältigen, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Als hätte sie seinen Gedanken erraten, stahl sich ein leicht ironisches Lächeln auf ihre rotbemalten Lippen. „Viel Glück.“ Gin beschloss dort anzufangen, wo der Mann ihn angerempelt hatte. Seine Augen wanderten wie die eines Jagdfalken über den langen mit Teppichboden ausgelegten Gang und die einzelnen Abteile. Dummerweise hatte er den Mann nicht allzu deutlich gesehen, sodass es sich schwieriger gestaltete, als es dachte. Zu allem Überfluss wusste der Kerl vermutlich, dass er ihn suchte und hatte sich mit Sicherheit irgendwo verborgen. Den Zug verlassen konnte er allerdings nicht haben, was bedeutete, dass er noch da sein musste. Vermouth zuckte zunächst vor Schreck zusammen, fühlte dann aber Erleichterung. Die dumpfen Schläge an der Tür würden sicher untergehen, aber dieses Poltern? Damit hätte sie eine Chance. Immer wieder stieß sie an den Eimer und hoffte inständig, dass irgendwer den Krach bemerken würde. Langsam drohten ihre Füße einzuschlafen und auch sonst fühlte sie sich so, als würden ihr langsam die Sinne schwinden. Die Kammer war wohl alles andere als gut belüftet. Zwei schlafende Frauen. Eine Familie mit Kindern. Ein junger Mann mit Hund. In keinem der Gesichter erkannte er den Gesuchten. Wie viel Zeit ihm wohl blieb? Wie aufs Stichwort klingelte sein Handy. Eilig nahm Gin ab. Vielleicht hatte Angel mehr Erfolg gehabt. „Und?“, fragte eine raue Männerstimme. Gin wurde hellhörig. „Sie hatten keinen Erfolg, nicht wahr? Wirklich schade. Aber gut, das richtige Spiel hat ja noch nicht begonnen. Sehen wir es als Aufwärmrunde.“ „Was soll der Scheiß?“, knurrte Gin. „Hören Sie auf zu labern, sie Wichtigtuer. Geben Sie mir einen Hinweis, eine Zeit, irgendwas.“ Er klang nicht einmal annähernd wie derjenige in einer misslichen Lage steckte. Es war nicht Gins Art den schleimigen Bittsteller zu mimen. Der Mann kommentierte das mit einem ärgerlichen Räuspern. „Da das der Sinn eines Spiels ist, bleibt mir keine Wahl. It’s either real or it’s a dream, there’s nothing that is in between.“ Mit einem klickenden Geräusch legte er auf. Gin starrte genervt auf das Display seines Handys. Nicht nur, dass der Akku gleich seinen Geist aufgeben würde, der Hinweis war zu allem Überfluss auch noch erschreckend sinnlos. Es war keine Code im herkömmlichen Sinne, kein Rätsel, im Gegenteil, es klang wie ein bescheuerter Spruch aus einem Poesiealbum oder aus einem dieser albernen Kalender, die jeden Tag eine neue, vollkommen unbrauchbare Lebensweisheit bereithielten, um einsame Hausfrauen aufzuheitern. Es ist entweder real oder ein Traum, es gibt nichts, das dazwischen liegt… „Hmm…“, machte Angel am Telefon. Ihre Ratlosigkeit wirkt zu echt, um gespielt zu sein. Anscheinend war sie wirklich genau in derselben Lage, wie er und hatte nichts mit der Sache zu tun. „Wenn ich mich nicht irre handelt es sich um eine Songtextzeile. Aber was genau uns der Kerl damit sagen will, weiß ich auch nicht…“ Ein Songtext? Gin seufzte. Das durfte doch nicht wahr sein. Welcher Verbrecher versteckte den Aufenthaltsort einer Bombe auf solche Weise? Es war einfach absurd. Gin lehnte sich kopfschüttelnd an die Außenwand eines Abteils und steckte sich eine Zigarette an. Was verbarg sich hinter dieser scheinbar banalen Zeile? Vermouth hustete und stieß noch heftiger gegen den Eimer. Langsam verlor sie die Geduld. Auch die Fesseln ließen sich nicht lösen und nirgends schien sich ein Gegenstand zu befinden, mit dem sie sich befreien konnte. Ihre Waffen waren ihr alle abgenommen worden. Polter….Klirr… „Hallo? Ist da jemand?“ Vermouth war noch nie so glücklich gewesen diese eine Stimme zu hören. Eilig machte sie sich bemerkbar. Einen kurzen Augenblick lang war es still, dann warf sich jemand mit voller Wucht in die Tür. Einmal. Zweimal. Das Holz splitterte und die Scharniere gaben nach. Die Tür brach nach innen und Licht flutete den kleinen Raum und die verzweifelte Vermouth die ihren Retter wie ein himmlisches Geschöpf ungläubig anstarrte. „Vermouth?“ Rye musterte sie ungläubig. „Was ist hier los?“ Vermouth schielte ärgerlich auf ihren Knebel, den er hastig entfernte. Sie röchelte und schnappte nach Luft, als könne sie nicht genug davon bekommen. „Keine Ahnung. Irgendwelche Typen haben mich entführt. Sie nannten mich Angel.“ Rye zuckte unmerklich zusammen, was Vermouth nicht entging. Wusste er am Ende, was hier vorging? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)