Truths and lies von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Es wurde Tag und es wurde Abend 5 -------------------------------------------- „Sagen Sie mal, Sie kennen die Beiden doch schon länger, oder Yashiro-san?“, Kessy sah ihren Kollegen fragend an, aber es war klar, dass sie auf etwas anderes hinaus wollte. Yashiro beschloss behutsam vorzugehen: „Ja, ich kenne sie schon eine ganze Weile. Ren war noch nicht so lange mein Schützling, als Kyoko plötzlich bei LME auftauchte. Aber darauf möchten Sie nicht hinaus, stimmts?“ Die junge Managerin schenkte ihm ein ertapptes kleines Schmunzeln: „Erwischt.“, sie seufzte: „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber ich weiß mir nicht mehr zu helfen. Kyoko redet nicht über alles, was man ihr kaum zum Vorwurf machen kann. Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass sie mir wichtige Informationen vorenthält.“ Er sah sie überrascht an und wandte sich dem Set vor ihnen zu, dass gerade für die nächste Szene hergerichtet wurde. Er wägte seine Worte genau ab, bevor er ihr antwortete: „Hören Sie, dass ein Schützling Ihnen nicht alles erzählt, kann schon vorkommen. Wie lange arbeiten Sie nun eigentlich schon als Kyoko’s Betreuerin?“ Sie seufzte: „Seit etwas mehr als einem halben Jahr.“ „Das ist doch noch gar nicht so lange. Wenn Sie Geduld haben, wird sie Ihnen offener begegnen. Versuchen Sie einfach so einfühlsam und vertrauensvoll wie möglich auf sie einzugehen. Dann wird sie sich Ihnen auch mehr öffnen.“ „Aber was soll ich tun, wenn ihr Schweigen schon vorher negative Einwirkungen auf ihren Job ausübt?“, sie schenkte ihm einen verzweifelten Blick. Yashiro wusste nicht, was er ihr antworten sollte. Er wollte Kyoko nicht in die Bredulie bringen, konnte die Not seiner Kollegin aber nachvollziehen. Um sich eine Antwort überlegen zu können, die weder der einen noch der anderen Seite schadete, versuchte er Zeit zu gewinnen: „Gab es denn eine konkrete Situation? Sie scheinen sich ernsthafte Sorgen zu machen und sowas kommt für gewöhnlich nicht grundlos.“ Sie seufzte erneut: „Heute Morgen hat sie beim Dreh von Sho Fuwas neuem Musikvideo mitgewirkt. Es ist nichts vorgefallen, was ein schlechtes Licht auf sie werfen würde, nicht dass Sie mich jetzt falsch verstehen. Sie war nur so reserviert und Fuwa ist ihr offenbar ganz schön an die Nieren gegangen. Jedenfalls haben sie beide merkwürdig reagiert. Vorallem nach dem letzten Take mit der Kussszene war Fuwa irgendwie von der Rolle.“, sie stoppte kurz und überlegte offenbar, ob sie weiter erzählen konnte oder es besser lassen sollte. „Was genau ist denn passiert?“, bei dem Namen „Fuwa“ hatte er ja schon aufgehorcht, aber eine „Kussszene“? Er sah neue Strapazen mit Ren am Horizont aufziehen und wollte daher so viele Informationen darüber haben, wie es ihm möglich war. Kessy sah ihn unsicher an: „Nun ja, ähm, also ich weiß nicht, ob ich...“ „Ich werde Sie zu nichts drängen und ausplaudern werde ich auch nichts. Außer Ren vielleicht, aber Sie wissen ja, wie die Beiden zueinander stehen. Er wird ihr nicht schaden! Und solange er mich nicht fragt werde ich ihm nichts sagen, versprochen!“, er wollte sie nicht ans Messer liefern, weshalb er sie über Ren aufgeklärt und somit auch vorgewarnt hatte, doch er wollte es um jeden Preis wissen. Es ging hier um Kyoko und da war jede Information eine gute Information. Vorallem wenn sich sein Schützling später wieder wegen dieses Musikvideos verrückt machen sollte. Sie überlegte kurz, gab sich aber dann doch geschlagen: „Nun ja, nach der Szene wirkte Kyoko irgendwie aufgewühlt, aber Fuwa war noch schlimmer. Er folgte uns zu ihrem Umkleideraum und stieß ihr hinter meinem Rücken die Tür vor der Nase zu. Ich konnte kaum etwas hören. Eigentlich sogar gar nichts. Rauskommen war auch unmöglich, weil er offenbar vor der Tür stehen geblieben war. Aber als sich die Tür wieder öffnete, war Kyoko bester Launne und Fuwa wirkte irgendwie geschockt, als ich ihn durch die offene Tür sah.“, sie besann sich der Ereignisse: „ Als ich sie fragte, was los sei, antwortete sie mir, dass sie ihm nur gesagt hätte, wie egal er ihr sei. Fuwa sah allerdings tief getroffen aus, auch als wir gingen.“ „Hm.“, er wusste nicht genau, was er davon halten sollte. Der Kuss war bestimmt nicht so schlimm, wenn er Ren diese Geschichte erzählte, doch wusste er nichts davon, was vor der Tür geschehen war. Nun sah sich der Manager selbst in der Klemme. Am Besten würde es natürlich sein, wenn Ren gar nicht erst davon erfuhr, doch wie er sein Glück einschätzte und den Charakter von Fuwa interpretierte, würde der Schauspieler nicht nur bald davon erfahren, sondern auch noch von Fuwa höchstpersönlich alles unter die Nase gerieben bekommen. „Yashiro-san, was soll ich denn nun tun, wenn ihr Job davon beeinflusst wird?“, Kessy sah ihn hilfesuchend an und bemerkte nichts von der veränderten Stimmung. „Als Ren mir nicht alles erzählt hat, habe ich ihn oft mit Fragen gelöchert. Manchmal habe ich ihm auch einfach meine Vermutungen an den Kopf geworfen.“, er hatte zwar ein schlechtes Gewissen Kyoko gegenüber, aber nach den letzten Neuigkeiten überwog einfach die Neugierde. So würde er vielleicht noch mehr erfahren können, wenn es in Zukunft wieder zu solchen Situationen kommen sollte. Natürlich war es seiner Kollegin gegenüber nicht freundlich, aber wenn sie schon mit jemandem über die Belange ihres Schützlings redete, war es doch besser, wenn er es war, als wenn sie einen Fremden erwischte, der die Geschichte womöglich noch höchst gewinnbringend an den Mann brachte. „Wenn sie darauf nicht reagiert, fangen Sie einfach davon an, dass Sie so Ihren Job nicht machen können. Allerdings sollten Sie ihr auch Zeit lassen, damit sie auch zu Ihnen kommen kann, um Ihnen etwas zu erzählen und ihr nicht zu sehr auf den Nerv fallen.“ Kessy schien jeden seiner Sätze einzusaugen und war gleichzeitig dankbar für den hingeworfenen Rettungsring: „Ich danke Ihnen. Wissen Sie, Kyoko ist mein erster Schützling. Ich möchte es unbedingt gut machen.“ Das schlechte Gewissen spannte einen Knoten um seinen Magen: „Keine Urasche. Nur, übertreiben Sie es nicht. Sie müssen einfach erkennen, wie weit sie gehen können.“, er tätschelte ihre linke Schulter: „Und vertrauen Sie sich nicht jedem an, was Kyoko’s Belange angeht. Wissen Sie, man kann nicht alles mit sich selbst ausmachen und ich kann verstehen, dass Sie mich um Hilfe gebeten haben und Sie können es auch gerne wieder tun, nur behalten Sie dabei die Gefühle und die Karriere ihres Schützlings in Erinnerung. Das sind die Dinge, die Sie als höchstes Gut betrachten sollten.“ Sie schaute verlegen zu Boden. Währenddessen wurde eines der schwierigsten Sets eingerichtet. Es war eine Sattelkammer, die aus vier kompletten Wänden bestand, was das Filmen später erheblich erschweren sollte. Die Kameras mussten so präzise angebracht werden, dass sie zwar jeden Winkel des Raumes erfassten, aber dennoch in keinem Bild auftauchten. Und die Beleuchtung musste an den Raum angepasst werden, jeden Winkel erfassen, damit keine Handlung unerkenntlich wurde, aber gleichzeitig auch realistisch erscheinen. Diese Zeit überbrückten die Schauspieler damit, sich in der Maske herrichten zu lassen. Das hieß, Ren lies sich herrichten, während Kyoko neben ihm auf einem Stuhl saß, die Hände auf der Sitzfläche rechts und links von ihren Beinen abgestützt und sich mit ihm und der Masekenbildnerin unterhaltend dabei zusah. „Wann haben Sie beide eigentlich zum ersten Mal zusammen vor der Kamera gestanden?“, Olivia machte ihm gerade die Haare zurecht und schien einen Heidenspaß mit ihnen zu haben. Es war ihr nicht zu verdenken. Sie unterhielten sich und warfen sich gelegentlich die Bälle hin und her. „Bei Dark Moon. Da hat sie mir das Leben als „Mio“ schwer gemacht.“, Ren warf seiner Kollegin einen chelmischen Seitenblick zu, da er seinen Kopf nicht drehen konnte. Sie erwiederte zwar seinen Blick, aber stimmte ihm offenbar nicht zu. Sie schüttelte den Kopf: „Jetzt bin ich fast schon etwas enttäuscht.“ „Ach ja? Weshalb?“, er verstand nicht. „Weil es so nicht ganz richtig ist, Tsuruga-san.“, sie lächelte verhalten aber aufrichtig: „Haben Sie etwa diesen Schauspieltest vergessen?“ Er konnte sich erinnern, aber Olivia war ganz erpicht darauf zu erfahren, wovon sie redeten, weshalb Kyoko fortfuhr, allerdings ohne all zu viele Informationen preiszugeben, die auf die Hintergründe mit Ruriko Matsunai hinweisen könnten: „Ich war gerade erst in der Love-Me-Section und mein erster Job hatte mit einem seiner Filme zu tun. Ich hatte eine große Klappe und war der Meinung, ich könnte den weiblichen Part auch hinbekommen, da sich die Darstellerin mit einigen Kleinigkeiten schwer tat und ziemlich frustriert war.“ Sie machte eine Pause. Es stimmte schon, sie hatte damals eine große Klappe gehabt, aber dafür hatte sie auch ganz schön was geboten, so ganz ohne Ausbildung und Erfahrung. „Deshalb ging Regisseur Shingai soweit, dass er uns einen Schauspieltest machen ließ. Die Darstellerin und ich spielten also um die Rolle, auf die ich insgeheim sowieso keine Chance hatte.“, fuhr sie fort: „Nun ja, man kann es ihm ja auch nicht verdenken. Die Schauspielerin war angekündigt worden und der Präsident wäre mit Sicherheit nicht damit einverstanden gewesen, selbst wenn ich es besser gemacht hätte.“ „So schlecht warst du gar nicht.“, er legte ein freches Grinsen auf: „Auch wenn ich dich mit Leichtigkeit an die Wand gespielt hab. Ich hätte es nur kaum zu unseren gemeinsen Auftritten gezählt.“ „Keine Sorge, das passiert mir kein zweites Mal.“, sie wirkte etwas pikiert, was sein Grinsen breiter werden ließ. „Bist du dir da sicher?“ „Kommen im dem Film Glöckchen vor?“ Er lachte: „Nein.“ Sie erwiederte sein Lächeln selbstsicher: „Gut, dann bin ich mir sogar ganz sicher.“ Olivia, die völlig in Vergessenheit geraten war, sah von einem zum anderen, während sie die Haarbürste aus der Hand und zurück auf die Ablage legte: „Okay, ich komm nicht mehr mit. Welche Glöckchen?“, sie schenkte ihnen einen höchst verwirrten, aber auch belustigten Blick. Die beiden lächelten sie an. „Also gut ihr beiden.“, Shingai stand mit ihnen in der Sattelkammer, die erstaunlich echt wirkte und sah von einem zum anderen, ein kleines Schmunzeln im Gesicht. Er hatte sich nun wirklich schon lange darauf gefreut einen Film mit Kyoko Mogami zu machen, aber dass dann auch noch Ren dabei war, überstieg seine kühnsten Vorstellungen. „Ich möchte, dass ihr euch in diesem Set so frei bewegt, wie es der Raum zu lässt. Nutzt meinet wegen auch die Requisiten, dafür sind sie ja da. Aber vorallem vergesst nicht, dass ich jetzt eine schöne spannende Szene von euch beiden sehen möchte, schließlich warte ich hierrauf schon wie lange? Drei Jahre?“ Sie sahen sich verdutzt an und schenkten ihm ein breites Grinsen. Wenn er es so wollte, konnte er es auch ruhig bekommen. Shingai verließ das Set und ließ sich in seinem Regiestuhl nieder. Seine Vorfreude konnte man regelrecht spüren. „Na dann wollen wir mal, nicht?“, Ren zog den rechten Mundwinkel zu einem schiefen Schmunzeln nach oben und verließ das Set ebenfalls durch die Tür, die sich hinter ihm wieder schloss. Nun war sie alleine. Sie konnte von Glück reden nicht klaustrophobisch zu sein, denn es gab wahrlich nicht viel Platz in Mitten dieser vier Wände, die künstlich errichtet worden waren. Sie holte tief Luft und versetzte sich langsam in ihre Rolle. Ihre Schwester hatte sie wieder in Rage gebracht. Warum musste sie auch ständig wieder von diesen alten Geschichten anfangen? Das mit Matsushima war nun wirklich lange genug her und damals hatte sie ihn abblitzen lassen. Er hatt geküsst wie ein Fisch, der auf dem Trocknen nach Sauerstoff schnappt. Und als wäre das noch nicht genug, musste ihr Reika auch noch ständig im Genick sitzen, weil sie auf jeden Fall verindern wollte, dass sie das Anwesen verkauften. Sie seufzte. In gewisser Weise konnte sie die alte Frau ja auch verstehen. Sie hatte ihr ganzes Leben hier verbracht und mit ansehen müssen, wie ihr Sohn von seiner Familie verlassen wurde. Ob nun gerechtfertigt oder nicht war mal so dahingestellt. Und dann tauchte da diese Firma auf, die sich alles im Umkreis unter den Nagel riss und auch noch einen Vertreter als Gast ins eigene Haus schickte. Sie hörte auf den Sattel zu polieren und sah sich in dem kleinen Raum um. In die Wände waren dicke Nägel geklopft worden, an denen man etwa zwanzig verschiedene Zaumzeuge aufgehängt hatte. Sie bedeckten nahezu eine ganze Wand zusammen mit den Halftern, die entweder repariert werden mussten oder als Ersatz hier verstaut waren. An der nächsten Wand befanden sich die Sattelstützen. Es hingen immer zwei übereinander um Platz zu sparen, der hier ohnehin knapp war. Sie waren alle überfüllt mit Sätteln, wenngleich auch hiervon einige kaputt und verschlissen waren. In den Ecken standen Loungen herum. Unter dem Fenster zum Hof an der nächsten Wand waren zwei kleine Regale aufgestellt worden, die überfüllt waren mit Putzzeug für die Tiere selbst und Sattelputzmitteln. Zwischendrin lagen sowohl neue, als auch alte Lappen, die jedoch alle gemeinsam hatten, dass sie fast bis zur Unkenntlichkeit verstaubt waren. Rechts und links neben dem Fenster befanden sich große Regale die fast den Rest der ganzen Wand einnahmen. In ihnen lagen Gerten, die zum Rest des Raumes passten und Satteldecken, die zusammengeknautscht worden waren, damit sie in die Fächer passten, sodass man nicht mehr erkennen konnte, ob sie noch brauchbar waren oder eher in den Müll gehörten. Die letzte Wand neben der Tür war mit Bildern verziert, die verschiedene Familienmitglieder der vergangenen Gernerationen auf ihren Pferden zeigten. Das letzte Bild in der Reihe zeigte sie selbst mit ihrer Schwester und ihrem Vater. Sie blieb davor stehen und sah es sich lange an. Zu ihren Füßen häuften sich die Pferdegaloschen, die nicht mehr in den kleinen Schrank passten, der zum Bersten damit gefüllt war und dessen Schranktüren aus den Angeln hingen. Er sah aus, als hätte jemand seinen Fuß darin versenkt. Die Tür öffnete sich schlagartig. Sie zuckte zusammen und sah hinüber um zu sehen, wer sie hier störte. Sie rechnete schon fast mit dem Pferdeknecht, den sie nur noch wegen der vier Isländer beschäftigten, die zum eigenen Besitz gehörten. Der Rest der Ställe, sowie die Koppeln waren leer. Doch es war nicht der Knecht, der da in der Tür stand. Es war einer von den Leuten, die sie nun am wenigsten sehen wollte. Was machte er auch hier? Er sah sie lange an, bevor er sich wieder regte: „Jo, wir sollten reden.“ „Ich wüsste nicht worüber.“, sie wandte sich von der Wand ab und begab sich zwischen dem Tisch und den Sattelständern, die den Rest des Raumes einnahmen hinüber zu dem Sattel, den sie zuvor poliert hatte, um mit ihrer Arbeit fortzufahren. Danach würde sie diese Rumpelkammer ausmisten, bis man wieder die Sattelkammer erkennen konnte, die einst hier gewesen war. Matsushima ließ nicht locker und schritt weiter in den engen staubigen Raum hinein, statt sie endlich in Ruhe zu lassen, was sie bedauerte: „Es hat sich einiges verändert.“ „Ja, hat es.“, sie sah nicht mal vom Sattel auf. Sie wollte, dass er ging und zwar sofort. Als sie etwas rascheln hörte, sah sie auf. Er hatte sein Jaquett ausgezogen und es sich vorsichtig über den Arm gelegt. Wie er da so zwischen dem ganzen Dreck stand, konnte sie es sich nicht verkneifen: „Vorsicht, sonst machst du dich noch dreckig.“ Er sah sie wütend aus seinen braunen Augen an. Er versuchte diese Gefühlsregung zu überspielen, doch sie kannte ihn zu gut. Eine widerspenstige Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht. Zu schade, wo er sie sich doch mit so viel Mühe aus dem Gesicht gekämmt hatte, dachte sie Sarkstisch. „Jo, das ist mir doch egal.“ „Sieht aber nicht so aus.“, sie sah ihn einen Moment an, blickte ihm in die Augen und senkte ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf ihren Sattel: „Du hast Recht, es hat sich so einiges verändert.“ Er atmete tief ein und fuhr sich mit der linken Hand durchs Haar, sodass noch mehr Strähnen entstanden, die sich auf seine Stirn schlichen: „Aber nicht alles.“ Sie antwortete ihm nicht, war aber offensichtlich nicht seiner Meinung. Er fuhr fort: „Ich will dir zum Beispiel immer noch nichts Böses.“ Jetzt sah sie ihm verstimmt ins Gesicht und hielt mit dem Polierlappen auf dem Sattel inne: „Ach nein? Kommt mir nicht so vor.“ „Dann irrst du dich.“ „Und was genau soll dein guter Wille bei all dem Mist hier sein?“, sie kontrollierte ihre Stimme, war aber noch wütender als zuvor. Er machte einen Schritt auf sie zu und stellte fest, dass er wirklich versuchte nicht dreckig zu werden. Es kümmerte ihn nicht. Er musste sich von ihr nicht vorwerfen lassen, dass er sich verändert hatte, schließlich hatte sie es ja auch getan: „Ihr macht kaum noch Umsatz. Denkst du etwa allen Ernstes, dass ihr den Gasthof retten könnt?“ Sie schluckte. Er hatte einen wunden Punkt erreicht: „Selbst wenn ich will, geht es dich nichts an. Und sag mir gefälligts nicht, was ich kann und was nicht. Ich hab es noch nicht mal versucht Herr Gott noch mal.“, sie zog sich wütend die grüne Lederschürze über den Kopf, die verhindert hatte, dass sie ihre Bluejeans und ihr brauens Shirt beschmutzte und pfefferte sie in eine Ecke, was eine Staubwolke aufwirbelte. „Was mich das angeht? Gut, dann mach doch, wenn du es unbedingt versuchen willst. Aber lass dir eins gesagt sein, je länger du wartest, desto geringer wird der Preis werden, den du für den Saustall hier bekommst.“, er umfasste mit einer Geste den ganzen Raum: „Du weißt genau, dass es hier irgendwann überall so aussehen wird, egal wie sehr du dich abrackerst.“ „Ach und was ist deine gute Absicht? Mir die schwere Bürde abzunehmen, hier alles wieder auf vordermann zu bringen?“, ihre Stimme triefte vor Sarkasmus. Er schmiss sein Jaquett auf einen der Sättel und stürmte auf sie los, bis er sie gegen die Regalwand getreiben hatte und seine Hände rechts und links von ihrem Kopf am Regal abstützen konnte. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, dass ihr aber durch Mark und Bein ging, auch wenn sie es niemals zugeben würde: „Meine Absicht ist, dich daran zu hindern, mit noch weniger Kohle hier rauszugehen, als du sie jetzt schon bekommen wirst. Du wirst dich in den Ruin treiben, bis du verkaufen musst, wenn du es versuchst und das weißt du genauso gut, wie ich!“ Sie sah ihm widerspenstig in die Augen und schob den Unterkiefer vor: „Und selbst wenn, dann ist es mein Ruin und der geht dich nichts an.“ Er sah an ihr herunter und begegnete dann wieder ihrem Blick. Sie musste zu ihm aufsehen, weil er ein gutes Stück größer war, als sie. Das konnte sie allerdings nicht beeindrucken. Ihre Stimme wurde wieder sarkastisch: „Vorsicht, sonst wirst du am Ende doch noch dreckig.“ Er kochte vor Wut. Diese dumme Gans. Sie hatte nichts dazu gelernt, gar nichts! Er wusste genau, wenn er jetzt nicht ginge, würde er etwas tun, was er später bereuen würde, wie zum Beispiel sie zu schütteln, bis sie es endlich begriff. Stattdessen sah er sie noch einmal lange abschätzend von ihren Schuhspitzen bis hinauf zu ihren Augen an. Sein Blick wurde sanfter, was er zwar nicht bemerkte, aber ihr keines Falls entging. Ohne es wirklich zu bemerken, näherte er sich ihrem Gesicht. Sie hob ihre Hand unter sein Kinn und zwang ihn ihr wieder von ihren Lippen in ihre Augen zu sehen und sah ihn mit vor Wut dermaßen kochenden Augen an, dass sich sogar ihre Augenbrauen zusammenzogen: „Vergiss es!“ Sie stieß ihn von sich und er blieb in einiger Entfernung vor ihr stehen. Als sie ihn musterte, erkannte sie, dass er verwirrt war und vor sich hinstarrte. Nach einem Moment hatte er sich wieder gefangen. In diesem Raum wirkte er wahrlich übergroß. Er sah ihr wieder fest in die Augen: „Ich bleibe noch eine Weile, falls du dir deine Antwort was den Hof betrifft noch mal überlegst. Aber lass dir eins gesagt sein. Mein Boss wird nicht ewig warten.“ Er machte auf dem Absatz kehrt, ergriff im Gehen sein Jaquett und verließ den Raum ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen. Zu schade, sonst hätte er gesehen, wie verletzlich ihr Gesichtsausdruck in dem Moment geworden war, in dem er sich umgedreht hatte. Sie würde es niemals zugeben, aber das eben war ihr doch verdammt nahe gegangen. Sie brauchte eine Weile, bis sie sich wieder gegen alles abgeschottet hatte und wandte sich mit einem saftigen Tritt gegen eine der Sattelstützen wieder ihrem Sattel zu. Der Tritt hatte so viel Staub aufgewirbelt, dass sie wieder von vorne beginnen konnte. „Cut!“, Shingai war zufrieden. Wenn er ehrlich war, hatte er zwar damit gerechnet, dass sie gut miteinander harmonieren würden, doch er hatte nicht gedacht, dass Kyoko ihm doch würde ausweichen können. Als er sie damals gesehen hatte, war sie noch lange nicht soweit gewesen. Damals hätte sie niemals so kühl reagieren können, während Ren sie taxierte. Er war stolz. Sowohl auf seine Schauspieler als auch auf die Wahl, die er getroffen hatte. Es war eindeutig richtig gewesen. Die beiden hatten sich schon am Fernsehen eingefunden. Kyoko war ganz verstaubt von den letzten Minuten, die sie in dem kleinen Räumchen verbracht hatte. Als sie herausgekommen war, hatte sie wie am Spieß gehustet. Ren war immer noch dabei, ihr den Rücken abzuklopfen, während sie vergeblich versuchte, den Staub mit ihren Fingern aus ihrem Haar zu entfernen. Sie sahen sich alle Takes an, die sie gemacht hatten und nach Shingais Ruf, der noch auf dem letzten Take zu hören war, mussten alle lachen, als sie sahen, wie Kyoko in Selbstbeherrschung zuckte und dann ihren Hustenanfall bekommend den Raum verließ. „Es war wirklich klasse. So hatte ich es mir vorgestellt, aber mit Kamera vier stimmt was nicht, weshalb wir das ganze jetzt noch mal machen müssen.“, er musterte Kyoko, die ihn mit ihrem verstaubten Gesicht ansah: „Vielleicht lässt du dich drüben abblasen und dann, ähm.... dann machen wir das Ganze noch mal, aber ohne deinen letzten Kick. Der war übrigens klasse.“, er grinste sie breit an. Ihrer Kehle entrang sich ein neuerliches Husten, woraufhin ihr Ren lachend auf den Rückenklopfte und somit noch mehr Staub aufwirbelte. Die Crew um sie herum zog sich in einem etwas größeren Abstand zurück. Kyoko sah ihn zurechtweisend an, während sie zur Makse hinüber gingen, um sich irgendwie das Staubs zu entledigen: „Das ist nicht witzig.“ „Doch ist es.“, er lachte immer noch. „Und was genau ist so lustig?“ „Nun ja, du hast dich wirklich nicht gegen die Wand spielen lassen, alle Achtung.“, er gluckste noch ein letztes Mal: „Aber im Endefekt bist du doch irgendwie der begossene Pudel.“ Sie grinste ihn für einen Moment breit an. Ihre Zähne hoben sich gegen den Staub in ihrem Gesicht ab, als sie Olivia erreichten. „Ach du Schande, was ist denn mit dir passiert?“, sie war geschockt. „Tja, es war etwas staubig.“ „Jetzt sag nur noch, dass ihr die Szene noch mal drehen müsst.“, Olivia seufzte tief. „Ähm, zu meiner Verteidigung: Kamera vier ist Schuld. Ich hätte sofort das OK bekommen.“ Olivia deutete mit der rechten Hand auf einen kleinen Raum neben den Umkleiden: „Geh duschen, ich beschaff dir die Klamotten und dann richten wir dich wieder her.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)