Sinnbild der Täuschung von Riyoki ((Kai x Ray) // Tala x Kai) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Vertrauen ist nichts als ein wunderschönes Trugbild Ins Leben gerufen von den Menschen, die durch Verrat nach ganz oben kamen Von Generation zu Generation weitergegeben, seit tausenden von Jahren Doch was bedeutet Vertrauen heute? Existiert so etwas überhaupt? Ist das nicht nur eine Illusion die man sich einredet, damit man sich besser fühlt? Nutzt nicht Jeder das Vertrauen zu Anderen aus, um durch Verrat sich einen Vorteil zu verschaffen? Egoismus und Machtgier sind das, was die Welt beherrscht Angetrieben von der Sehnsucht nach Respekt und Ansehen Eines Tages wird genau dies das aller Wichtigste für einen Menschen sein Doch was bedeutet Macht überhaupt? Unterdrückung der Schwachen und ein endloser Kampf? Hass und Gefühllosigkeit, bis man sogar geliebte Menschen aus dem Weg räumen würde? Bedeutet Respekt und Ansehen gleich glücklich sein? Langsam sterben die aus, die bereit sind sich für Andere zu opfern Die wirklich Starken, die, die wahre Glückseligkeit erfahren Bald wird es solche Menschen nur noch in Büchern oder Märchen geben Dann, wenn alles endgültig von der Schwärze aufgefressen wurde Kannst du es schaffen, in einer Welt getränkt in Dunkelheit zu überleben? Traue Niemandem, denn sonst gerätst auch du in die schmerzhafte Falle der Täuschung! Kapitel 1: Nur noch Erinnerungen -------------------------------- Ein Luftzug drang durch den kleinen Spalt des angelehnten Fensters und brachte etwas frische Luft in das recht große Polizeibüro der Mordkommission. Es war Winter und daher ziemlich kalt in Moskau, wodurch selbst dieser kleine Zug den Angestellten leicht frösteln ließ, welcher sich hier aufhielt. Anscheinend hatte er die ganze Nacht durchgearbeitet und war dabei mit dem Kopf auf dem Schreibtisch liegend eingeschlafen. Unberührter Schnee glitzerte draußen auf dem Boden und hin und wieder konnte man einen Schneemann oder ein Iglo am Gartenzaun einiger Häuser betrachten. Alles war wunderschön mit dieser weißen Pracht bedeckt, wodurch selbst Bäume zum Blickfang wurden. Während sich Kinder über das Wetter freuten und gerne die Zeit draußen verbrachten, blieben Andere, meist die ältere Generation, lieber im warmen Haus und tranken heiße Schokolade zum aufwärmen, was sich zu dieser Jahreszeit hervorragend anbot. Langsam richtete sich der junge Mann in dem Büro auf und rieb sich die Arme, erhob sich vom schwarzen Lederstuhl und ging zu der dunkelbraunen Kommode an der linken Wandseite herüber. Obwohl er die Augen geschlossen hatte, schaffte er es ohne Weiteres sich frischen Kaffee zu kochen. Womöglich kam es nicht selten vor, dass er sich hier die Nächte um die Ohren schlug. Nachdem das heiße Getränk fertig war, goss er sich etwas in eine noch neugekauft wirkende Starbuckstasse ein und tapste mit dieser in der rechten Hand wieder zu seinem vorherigen Sitzplatz zurück. Erst jetzt öffneten sich langsam seine Augenlieder und er blickte müde auf den frisch gebrühten Kaffee. Ein schwerer Seufzer kam über seine Lippen, worauf er die Tasse an ihnen ansetzte und vorsichtig einen Schluck nahm. Neben den üblichen Utensilien, wie Beispielsweise einen nagelneuen Computer, dutzende von Akten und diversen Stiften, befand sich noch ein eingerahmtes Bild neben dem Flachbildmonitor auf dem großen Schreibtisch. Ein schwarzes Band war darum gebunden, was darauf schließen ließ, das der ungefähr achtzehnjährige Mann auf dem Foto wohl verstorben war. Vorne auf der Schreibtischkante informierte ein silbernes Namensschild um wen es sich in diesem Büro handelte. Kai Dragosani war darauf eingraviert. Kein Unbekannter, er war nahezu ein Meister seines Bereiches, trotz seines jungen Alters, und arbeitete mit beachtlichen Leistungen, wodurch er damals nicht lange auf eine Beförderung warten brauchte. Sein Blick schweifte von dem Heißgetränk zu dem Bild rüber und blieb dort haften. Traurig und Vorwurfsvoll wirkend streckte er seine Hand nach dem Rahmen aus, hob ihn hoch und fuhr sanft mit dem linken Zeigefinger über das Gesicht des dort abgebildeten Schwarzhaarigen. Wie so oft drückte er daraufhin das Foto an seine Brust und umarmte es regelrecht, während von dem Kaffee neben ihm ein heißer Dampf aufstieg. Nach einigen Minuten stellte er den Rahmen wieder an den ursprünglichen Platz zurück und fuhr sich mit beiden Händen durchs graublau-schwarze Haar. Lediglich der Polizeichef kannte seine Geschichte und die Ursache dafür, weshalb er damals diesen Berufsweg eingeschlagen hatte. Ray Chou, der Mann auf dem Foto, war der Grund. Eigentlich war es ein Tag wie jeder Andere gewesen, niemand hätte auch nur im Geringsten damit gerechnet wie schrecklich er enden würde. Schon viele Monate waren Ray und Kai ein Liebespaar gewesen, weshalb sie sich dazu entschlossen hatten zusammen zu ziehen. Alles verlief zwischen ihnen ab wie man sich eine Beziehung erträumte. Unzählige gemeinsame Interessen und Leidenschaften, reichlich Gesprächsstoff, die Tatsache Gedanken und Gefühle bei einem Blick in die Augen zu erkennen, blindes Vertrauen, Zärtlichkeit, geiler Sex und natürlich gegenseitige, nahezu Riesengroßer Liebe füreinander. Etwas, bei dem man denkt nur in einem Märchen oder Film so komplett vorzufinden. Sie waren nach Rays Konzert, der hierzulande ein sehr erfolgreicher und bekannter Klavierspieler gewesen war, lediglich noch in eine Bar gegangen und hatten auf den gelungenen Auftritt mit zwei bis drei Gläsern Wodka angestoßen und sich anschließend auf den Weg nach Hause gemacht. Allerdings sollten sie bis dorthin nicht mehr kommen. Wie immer durchquerten sie den Park zu ihrer Wohnung, die Laternen waren an und spendeten etwas Licht. Doch nachdem sie einige Schritte gegangen waren, tauchte plötzlich ein in schwarzem Ledermantel gehüllter Mann auf, welcher keinerlei Anstalten machte sie weiter gehen zu lassen. Stattdessen schien es ihn zu amüsieren wie Kai ihn anknurrte, weil er keine Lust auf solche Spielchen hatte und bereits recht müde war. Ray versuchte hingegen seinen Freund etwas zu beruhigen, doch dieser wurde von dem Fremden immer mehr provoziert. Nachdem der Russe den Mann beiseite stoßen wollte, trat dieser nur mit einer unglaublich schnellen Bewegung zur Seite, die man mit dem bloßen Auge schon gar nicht mehr wahrnehmen konnte. Dadurch geriet Kai aus dem Gleichgewicht und fiel zu Boden, doch der Sturz wurde von dem Fremden beschleunigt, indem er ihm seinen Ellenbogen in den Rücken rammte. Entsetzt darüber wollte Ray zu ihm eilen und fauchte, doch irgendetwas schien ihn daran zu hindern sich bewegen zu können. Den Schwarzhaarigen erst einmal vollkommen außer Acht lassend, hockte sich der Mann zu dem am Boden liegenden Kai und grinste diesen an. »Dein Pech, ich muss dir leider die Mitteilung überbringen, das du Würstchen nicht Mal den Hauch einer Chance gegen mich hast!« Er nahm seine Kapuze ab, worauf knallrote Haare zum Vorschein kamen und ein Gesicht, das weder Kai noch Ray zuvor je gesehen hatten und es ihnen somit vollkommen unbekannt war. Natürlich verriet der Fremde seinen Namen nicht, nachdem sie fragten wer er war. Stattdessen beschloss er Kai einfach zusammen zu schlagen, ohne auch nur den geringsten Grund dafür zu haben. Seinem Grinsen nach zu urteilen, genoss er einfach nur seine Überlegenheit dem Anderen gegenüber und hatte mächtigen Spaß an dem schmerzvollen Keuchen oder dem Blut, das den Jüngeren letztendlich besudelte. Auf einmal stand dann jedoch Ray hinter ihm, worüber er ziemlich überrascht zu sein schien, da er wohl nicht damit gerechnet hatte. Der Chinese beförderte den Fremden mit einem kräftigen Tritt zur Seite, worauf er auch gleich auf die Knie ging und besorgt auf seinen verletzten Freund blickte. Wütend und zugleich verwundert darüber richtete sich der Rothaarige jedoch schnell wieder auf, worauf er Ray für dessen Frechheit auch gleich bezahlen ließ. Er umschloss mit der rechten Hand dessen Kehle und zog ihn hoch, sodass er ein paar wenige Zentimeter über dem Boden war. »Niemand überlebte bisher so eine Aktion wie deine gerade, daher kannst du dir gewiss vorstellen was dir nun blüht, wenn du nicht vollständig dumm und ungebildet bist«, hauchte er mit einer bedrohlichen und leicht zischenden Stimme, worauf er eine Art Messer aus seinem linken Ärmel zückte. Dieses rammte er ohne irgendeine Vorwarnung direkt durch das Herz seines Gegenübers, welchen er anschließend einfach auf den Boden warf. Mit einem triumphierenden und selbstgefälligen Grinsen wand er sich ab und verschwand genau so schnell, wie er zuvor aufgetaucht war. Kai, der sich durch die ganzen Verletzungen und Schmerzen kaum noch regen konnte, starrte mit einem weit aufgerissenen Blick auf den leicht zuckenden, jedoch bereits toten Körper seines Freundes. Schmerzhaft stöhnend kroch er zu ihm herüber und richtete sich etwas auf, worauf er unglaubwürdig seinen Kopf leicht nach links und rechts bewegte. Zittrig streckte er seine rechte Hand nach Rays Gesicht aus und streichelte sanft die Wange dessen, während Tränen in seine Augen stiegen und sich letztendlich den Weg über seine Wangen bahnten. »Ray, bitte sieh mich an. Sag mir das alles okay ist, ich bitte dich.« Doch sein Flehen half nichts, der Körper seines Geliebten rührte sich keinen Millimeter mehr. Leicht fing er an ihn zu schütteln, letztendlich hatte er aber keine Kraft mehr und sackte auf dem Anderen zusammen. Er krallte sich an dem Oberteil fest und vergrub sein Gesicht in die Brust des Schwarzhaarigen, worauf er nun bitterlich zu weinen begann. »Du hast versprochen dass wir immer zusammen sein werden und wenn die Zeit käme, würden wir gemeinsam sterben«, er blickte mit Tränenverschmiertem Gesicht auf und sah in das seines Freundes. »Wieso brichst du dein Versprechen? Warum gehst du einfach und lässt mich in einer Welt ohne dich zurück?« Kai schluckte kräftig, doch das hielt seine Tränen nicht davon ab ihren Weg über seine Wangen fortzusetzen. »Lass mich nicht allein. Bitte, komm zurück«, war nun nur noch hauchend von ihm zu vernehmen, worauf sein Gesicht wieder zurück auf Rays Brust fiel, in der er sonst diesen schönen, beruhigenden Herzschlag hören konnte. Doch nun war da nichts mehr. Keine Wärme. Kein Herzschlag. Nachdem es lange Zeit gedauert hatte bis Kai halbwegs mit der Situation umgehen konnte, schwor er sich den Tod seines geliebten Rays zu rächen. Er versprach ihm seinen Mörder ausfindig zu machen und für all das büßen zu lassen, was er ihm angetan hatte. Da er viel Talent besaß war es für ihn nicht allzu schwer gewesen bei der Polizei angenommen und letztendlich in die Mordkommission versetzt, beziehungsweise befördert zu werden. Denn wo hatte man sonst die beste Möglichkeit an solchen Tätern heranzukommen, wenn nicht hier? Jedoch ist dies inzwischen mehr als zwei Jahre her und noch immer hatte er nicht die kleinste Spur des Fremden von damals gefunden, was ihm langsam aber sicher den Verstand zermarterte. Erst durch ein Klopfen an seiner Tür wurde der Russe schließlich wieder in die jetzige Zeit zurückgeholt. Kurz rieb er sich mit der rechten Hand seine rechte Schläfe, worauf er sich vernünftig und gerade auf seinen Stuhl setzte und die Person herein bat. Diese ließ auch nicht lange auf sich warten, denn gleich wurde die Tür geöffnet und ein Mädchen mit Hüftlangen, dunklen, pinken Haaren trat herein. Sie lächelte ihren Gegenüber warmherzig an und runzelte dann die Stirn, kurz bevor sie etwas sagen wollte. Letztendlich war nur ein schwerer Seufzer zu hören und sie stützte sich mit beiden Händen auf die Schreibtischkante ab, um Kai tief in die Augen sehen zu können. »Du hast schon wieder die ganze Nacht durchgearbeitet, habe ich Recht? Du sollst doch auf dich aufpassen Mensch, wann begreifst du das endlich?«, sagte sie besorgt und legte dem Anderen eine neue Akte auf den Schreibtisch. »Dir auch einen guten Morgen, Takami«, kam es nur murmelnd als Antwort zurück, worauf er die Akte an sich nahm und aufschlug. Auf den Rest ging er, wie sonst auch wenn sie ähnliches sagte, nicht mehr ein. Er wollte nicht das sie sich um ihn sorgte, auch wenn ihm durchaus bewusst war das sie es dennoch tat, ganz gleich wie oft er ihr erzählte das es ihm gut ging. Eigentlich sollte sie im Grunde auch überhaupt nicht hier sein, doch das hatte er damals nicht verhindern können. Die Zwei kannten sich schon ziemlich lange, sogar bevor Ray auf der Bildfläche erschienen war, waren sie schon eng miteinander befreundet gewesen. Mit dem Erwachsenwerden baut man sich jedoch bestimmte Träume auf, und um diese verwirklichen zu können, war Takami vor einigen Jahren wieder nach Japan zurückgekehrt, woher sie eigentlich auch stammte. Sie hatte angefangen sich dort eine Existenz aufzubauen, schloss ihre Ausbildung als Sekretärin ab und rutschte durch eine großzügige Empfehlung in die Regierungsbehörde, wo sie nach mehreren Monaten als Chefsekretärin aufgestiegen war. Nachdem sie dann plötzlich von Rays Tod gehört hatte, konnte sie nicht anders und kündigte ihren Job, machte sich sofort auf den Weg nach Moskau und stand Kai die ganze Zeit über zur Seite. Sie wusste wie groß die Liebe zwischen den beiden Männern gewesen war und daher hatte sie bei dieser sehr schweren Entscheidung nicht einmal gezögert. Bereuen tat sie ihre damalige Tat nach wie vor nicht, denn erst als sie wieder im kalten Russland bei ihren alten Freunden war, merkte sie wie sehr ihr dieses Land gefehlt hatte, zumal hier neben dem Russen auch noch ihre beste Freundin Miyoshi lebte, die wie sie eigentlich aus dem Land der aufgehenden Sonne stammte. Zwar verdiente Takami nun nicht mehr so viel wie in ihrem damaligen Job, doch Kais Sekretärin zu sein machte ihr unwahrscheinlich viel Spaß und hier waren die Kollegen auch bei weitem nicht so steif wie die in der Behörde Japans. Womöglich lag es daran, das Russen einfach lockerer waren und die Dinge komplett anders angingen. »Kommst du nachher mit ins Café? Ich treffe mich dort mit Miyo, nach Feierabend kann man dort immer so schön entspannen«, bat sie lächelnd ihrem Freund an, doch dieser bewegte verneinend seinen Kopf nach links und rechts, worauf sich ein Schmollmund auf Takamis Gesicht zeichnete. »Sorry, hab noch Haufenweise Arbeit vor mir, wie du wohl unschwer erkennen kannst. Grüß sie ruhig von mir wenn du willst«, kam erneut murmelnd die Antwort, während sein Blick an der neuen Akte hängen blieb. Wie grotesk manche Menschen ihre Opfer nur zurichten konnten, unvorstellbar. Der Körper auf dem Foto war vollkommen geschunden worden, man konnte auf Anhieb nicht einmal mehr sagen, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelte. Überall klebte Blut, sowohl an der Leiche als auch in einem gewissen Umkreis auf dem Boden und den Wänden. Jedes Mal, wenn sich Kai solche Fotos ansah, stellte er sich die Frage wie Jemand nur zu so etwas in der Lage sein konnte und ob solch Morde jemals ein Ende haben würden. Er war inzwischen so vertieft in seinem neuen Fall, das Takami gar keine Chance mehr hatte auch nur noch einen Funken Aufmerksamkeit von ihm zu ergattern. Besorgt verließ sie schließlich das Büro des Älteren und überlegte, wann sie ihn das letzte Mal lächeln gesehen hatte. Es musste inzwischen schon solange her sein, das sie sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte und diese Tatsache steigerte ihre Besorgnis nur noch mehr. Natürlich verstand sie einerseits wie furchtbar schwer es für ihn sein musste Rays Tod zu akzeptieren und zu lernen damit umzugehen, doch durfte er sich ihrer Meinung nach nicht so abkapseln und sollte eher versuchen wieder Fuß zu fassen, weiterzuleben, auch wenn es noch so hart sein würde. Reden half allerdings nichts, entweder vertiefte Kai sich in seine Arbeit oder leitete jegliche Gespräche dieser Art um und fing einfach ein anderes Thema an. Jetzt musste sie jedoch erst einmal wieder an ihren Schreibtisch zurück, später würde sie sich mit Miyoshi darüber beraten, denn irgendeinen Weg musste es ja schließlich geben, zumindest glaubte sie ganz fest an den Russen und so schnell würde sie die Hoffnung an ihn auch nicht aufgeben. Kapitel 2: Grausames Massaker ----------------------------- Kurz vorm Feierabend stürmte plötzlich Miyoshi in Kais Büro und war vollkommen außer Atem. Takami war ihr gefolgt und legte beruhigend einen Arm um ihre Schultern, während die Grünhaarige in ihrer Tasche herumwühlte und ihrem Gegenüber letztendlich einige Fotos auf den Tisch knallte. Fragende Blicke wurden ihr seitens des Russen zugeworfen, doch keuchend versuchte sie Klarheit zu schaffen. »Seht euch das mal an! Ich habe in der Redaktion einen anonymen Brief erhalten, indem stand dass ich am späten Nachmittag zum leer stehenden Gasthaus gehen soll, wenn ich scharf auf eine Titelblattstory bin. Als ich zur besagten Zeit dort hingegangen bin, war alles völlig ruhig, keine Menschenseele war zu sehen. Zuerst dachte ich es wäre ein blöder Scherz gewesen, doch irgendwie ließ mich das Gefühl nicht los dass irgendetwas passiert war, daher beschloss ich mich mal ein wenig umzusehen. Was ich vorfand, könnt ihr auf diesen Fotos sehen.« »Ein regelrechtes Blutbad, haufenweise Menschen wurden getötet. Wieso hielten sich nur so viele Leute in diesem baufälligen Gebäude auf? Allerdings…«, nachdenklich rieb sich Kai das Kinn und besah sich nun die restlichen Fotos. »Sie wurden alle ordentlich in einer Reihe auf den Boden gelegt, was soll das? Warum sollte sich Jemand solche Mühe machen?« Während Kai tief in seinen Gedanken versank und nicht mehr ansprechbar wirkte, konnte Takami kaum glauben was sie auf den Bildern gesehen hatte. Die Freundinnen ließen den Russen lieber in Ruhe und diskutierten vorab allein ausgiebig über dieses wahnsinnige Massaker. »Ich hoffe dir geht es gut, das muss ja schrecklich für dich gewesen sein! Wie kann man nur so etwas Furchtbares tun? Solche Menschen müsste man sofort an die Wand stellen«, meinte Takami außer sich, während Miyoshi ihr leicht nickend zustimmte. »War schon ziemlich heftig, aber mir geht’s gut. Ich kann dir nur zustimmen, um so etwas zu tun muss man doch komplett Wahnsinnig geworden sein. Nun leben wir schon im einundzwanzigsten Jahrhundert und dann geschehen dennoch solche barbarischen Morde, kaum zu fassen. Die armen Menschen, wie kann Jemand nur so kalt sein und so etwas tun?« »Ich frage mich, warum er dir diese Nachricht in die Redaktion gelegt hat. Weshalb solltest ausgerechnet du über diese Tat informiert werden, wo es im Grunde doch noch so viele andere Journalisten gibt? Mir wäre wirklich wohler wenn du erst einmal bei mir wohnen würdest Miyo, ich hab echt Angst das dieser Irre dich verfolgt oder sonst was mit dir vor hat.« Stirnrunzelnd blickte Kai kurz auf, sah zu den beiden Mädchen rüber und sah dann wieder auf die Fotos. An diese Tatsache hatte er noch gar nicht gedacht. Wenn dem so war, musste das Ganze einen tieferen Sinn haben. Dadurch konnte die Sache ziemlich kompliziert werden, da es unter diesen Umständen schwer war ein ungefähres Profil des Täters zu erstellen um hinter dessen Denk- und Handelsweise zu steigen. »Ehrlich gesagt habe ich gehofft das du das sagst, denn ich hab schon total den Verfolgungswahn und keine ruhige Minute mehr. Andauernd gucke ich mich um und hab Angst, ich fühle mich wie in einem Psychothriller«, gestand die Grünhaarige seufzend. »Vielleicht sollten wir sogar zu dritt bleiben. Falls er sich noch mal bei dir meldet, kann ich schneller handeln und eventuell seinen nächsten Schritt vorausahnen. Es ist ziemlich Wahrscheinlich dass der Täter das alles sorgfältig durchdacht und somit auch bereits seine weiteren Handlungen geplant hat.«, mischte sich Kai in das Gespräch ein, während er bereits aufgestanden und zum nahestehendem Schrank herübergegangen war. Er legte sich seinen Waffengürtel an, lud seine zwei Pistolen nach – eine Reck Miami 92F und eine silberne Walther P226 – und schlüpfte anschließend in seinen schwarzen Wollmantel. Zwar waren die Mädchen froh darüber das Kai bei ihnen blieb, doch dessen Worte hatten sie nicht gerade beruhigt. Irgendwie war es für sie gruselig zu wissen, dass der Täter vielleicht einen bereits wohl durchdachten Plan verfolgte und sich irgendwelche Handlungen seitens Miyoshi erhoffte oder sich sogar sicher war, wie ihre Reaktionen ablaufen würden. Es konnte immerhin gut sein das er sich durchaus bewusst war das sie mit Jemandem von der Mordkommission befreundet war, zu ihm gehen würde um von der Tat zu berichten und von dem Zeitpunkt an nicht mehr allein sein würde, eventuell beobachtete die Person sie sogar. Nachdem Kai eine ganze Weile mit dem Polizeichef gesprochen hatte, machten sie sich letztendlich zu dritt auf den Weg zu dem alten Gasthaus, indem das Blutbad stattgefunden hatte. Bevor die Spurensicherung und weitere Teams dort eintreffen würden, wollte sich der Russe erst einmal in Ruhe selbst ein Bild von dem Ganzen machen, denn später waren ihm einfach zu viele Leute vor Ort. Es dauerte eine knappe Stunde, dann waren sie endlich an ihrem Ziel angelangt. Die Gegend war recht verlassen und befand sich weit Außerhalb vom Stadt Zentrum. Lediglich einige Leute, die sich nur diese sehr niedrige Miete in diesem Bezirk leisten konnten, lebten hier, zeigten sich allerdings aus Scham so gut wie nie oder vermieden es irgendwie gesehen werden zu können, indem sie Beispielsweise vor all ihren Fenstern Handtücher oder alte Decken gehangen hatten, damit man nicht in das Gebäudeinnere blicken konnte. Das gesamte Umfeld wirkte im Allgemeinen ganz schön heruntergekommen. Straßenlaternen waren kaputt, Müll lag mitten auf den Gehwegen und Straßen verstreut, Hauswände waren entweder übersät mit Graffiti oder hatten Löcher und Risse, Dächer waren teilweise zerstört und Fensterscheiben zerbrochen. Mit dem Gasthaus war es nicht anders. Auf dem ersten Blick konnte man schon erkennen, dass es sich um ein sehr altes Fachwerkhaus handelte. Es sah schäbig aus und machte keinesfalls den Eindruck, dass hier mal gern Leute hingegangen waren um ein Feierabendbierchen zu trinken um vom Arbeitsstress abzuschalten. Kai ging vorerst allein in das Gebäude und ließ die Mädchen draußen warten. Ihm war das Risiko zu hoch, das Deckenbalken herunter krachten oder der Boden unter ihren Füßen einbrach, da das Holz recht morsch wirkte. Als er langsam eintrat, fing das Holz unter ihm sofort an zu knirschen, sodass er lediglich mit vorsichtigen Schritten weiter ging. Nicht lange und er erreichte den Tatort, was selbst ihm nun einen Schauer über den Rücken jagte. Er griff in seine rechte Manteltasche und zückte ein Stofftaschentuch hervor, um sich dieses anschließend vor die Nase zu halten. Doch selbst damit drang der strenge Geruch des Blutes noch zu ihm durch, der so stark war, das der Russe es als überaus unangenehm empfand, obwohl er beinahe Tagtäglich mit ermordeten Opfern zu tun hatte, die manchmal bereits teilweise verwehst waren. Womöglich war der Gestank hier so extrem, weil sich so viele Tote in diesem Raum des alten Hauses befanden, welches sicherlich nicht mehr ganz Schimmelfrei war, wenn man sich den Zustand mal genauer betrachtete. Wie auf dem Foto lagen all die Leichen tatsächlich penibel genau in einer Reihe auf dem Boden. Es musste einiges an Zeit gekostet haben, um das in dieser Sorgfalt zu bewerkstelligen. Nachdenklich musterte Kai ein Opfer nach dem Anderen, was ihn die Stirn runzeln ließ. Sogar die Wunden schienen bei allen vollkommen identisch zu sein, jeder Schnitt, Kratzer oder sonstiges befand sich bei jedem an der exakt gleichen Stelle, was schon allein von der Logik her im Grunde überhaupt nicht machbar war. Jeder Mensch reagierte und handelte anders wenn er angegriffen wurde, durch den Reflex, den man selbst gar nicht kontrollieren konnte. Allein aus diesem Grund war der ganze Ablauf nicht genauestens einzukalkulieren, wenn man einen Massenmord plante, in dem alle Opfer auf die möglichst gleiche Weise getötet werden sollten. Seufzend wand sich der Dunkelhaarige erst einmal von dem grotesken Bild ab und nahm den Raum erst einmal unter die Lupe. Bis auf den Bereich mit den Ermordeten war kein einziger Blutstropfen zu sehen, nicht einmal irgendeine Spur, durch die man erkennen konnte von wo die Leichen in das Gebäude gezogen wurden. Kai gab es nicht gern zu, doch dieser Fall schien ihn bereits jetzt deutlich zu überfordern, für ihn machte all dies keinen Sinn, es überschritt seine logischen Vorstellungen und Erklärungen. Reingetragen hatte man diese ganzen Menschen garantiert auch nicht, und selbst wenn, dann musste das ziemlich schnell geschehen sein, da man sie platzieren musste, bevor die Leichenstarre eingetroffen hatte. Das würde viel zu viel Arbeit machen, außerdem schienen die Täter für so eine simple Handlung viel zu clever zu sein. Doch wenn die Möglichkeiten des Reinziehens und Reintragens wegfielen, wie sollte all das dann machbar gewesen sein? Ruckartig drehte sich Kai um und zückte dabei seine Walther, welche er nun auf einen bestimmten Punkt richtete. Er verengte die Augen ein wenig zu Schlitzen, in der Hoffnung dadurch besser etwas erkennen zu können, doch Fehlanzeige. Niemand außer ihm befand sich in diesem Raum, abgesehen von den Verstorbenen. Vielleicht lag es an diesem widerlichen Gestank, dass er allmählich seine Ruhe verlor. Doch kurz nachdem er seine Waffe wieder gesenkt hatte, vernahm er erneut ein Geräusch hinter sich. Es war so, als würde jemand mit seinen Fingernägeln auf dem Boden kratzen und anschließend leicht darauf tippeln. Wieder drehte er sich um, dieses Mal jedoch nur langsam. Erneut war nun alles verstummt, wodurch er das Gefühl hatte allmählich an Paraneuer zu leiden. Dass sich direkt hinter ihm eine widerliche Fratze mit einem grotesken Grinsen befand, ahnte er nicht. Erst, nachdem sich um seine Hand, die die Waffe festhielt, eine blasse, knochige Hand mit langen Fingernägeln legte, zuckte er zusammen und ließ aus Reflex die Walther auf den Boden fallen. Erschrocken fuhr er herum, doch nichts war zu sehen. »Bilde ich mir das bloß ein? Das gibt’s doch nicht!«, murmelte er zu sich selbst und atmete anschließend tief durch, um wieder runter zu kommen. Vorsichtshalber beschloss der Russe später noch einmal hierher zurück zu kehren, wenn sich dieser Gestank etwas verzogen hatte. Kurz bevor er den Raum verlassen wollte, blieb er noch mal stehen und drehte sich um, da er seine Waffe auf dem Boden vergessen hatte. Unglaubwürdig bewegte er seinen Kopf leicht nach links und rechts, es war das erste Mal das er beinahe irgendetwas zurückließ. Als er sich hinhockte und die Walther wieder an sich nahm, beschlich ihn erneut so ein merkwürdiges Gefühl, was er sich einfach nicht erklären konnte. Nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, starrte er direkt in zwei tiefschwarze Augen, die sich unmittelbar vor ihm befanden. Er wollte zurückweichen, bemerkte aber, dass sich die langen Fingernägel der Gestalt vor ihm tief in seine Arme bohrten, die ihn gepackt hatten. Leise keuchte Kai des Schmerzes wegen auf, bis das blasse, groteske Gesicht unter dem schwarzen, langen Haar sich ihm wieder näherte, den Blick dabei nicht mal für eine Sekunde von ihm abwendend. Als sich ihre Stirnen fast berührten, riss die Gestalt plötzlich ihren Mund weit auf und ein grelles Kreischen erfüllte den ganzen Raum, das furchtbar in den Ohren schmerzte. Der Russe kniff seine Augen fest zusammen und schrie unbemerkt selbst, bis ihn letztendlich die Schwärze der Ohnmacht erlöste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)