Boku wa shiritai aisurutte donna koto von Kirihara_Kayare ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Ihr schwarzes Haar war nur kinnlang und wuschelig. Die zwei Strähnen über ihren Ohren wehten bei jedem ihrer festen, selbstbewussten Schritte auf. Der fransige Pony verdeckte fast komplett ihre Augen. Augen, die blutrot strahlten. Sie spürte es. Irgendwas näherte sich ihrer Welt, ihrem Leben, ohne dass sie es hätte aufhalten können. Mit dieser Gewissheit, das bald etwas passieren würde, was sie nicht verhindern, nicht durch eigene Kraft verändern könnte, machte sie wütend und so wurden ihre Schritte fast schon zu einem Stampfen. Sie hasste es, wenn sie nicht alles im Griff hatte. Die Welt, in der sie lebte, war ein eisiger Ort. Aber nicht annähernd so eisig wie die Welt, in der sie geboren wurde. Sie vermisste diese Welt nicht. Nur zwei Personen, die sie damals hatte verlassen müssen. Dafür hatte er ihr diesen Wunsch erfüllt, diese Welt zu verlassen. Und den Wunsch, die beiden zu retten. Er hat es ihr versprochen, eines Tages würde sie sie weidersehen. Sie spürte es, die nahenden Seelen. Drei? Vier? Aber sie erkannte keine von ihnen. Waren ihre erwarteten Personen nicht unter ihnen? Wartete sie weiterhin vergeblich auf ein Lebenszeichen? Die Präsenz der Seelen wurde stärker und plötzlich, wie aus dem nichts, erschien ein riesiges Gebilde, einer Blase ähnlich, vor ihr. Instinktiv blieb sie stehen und nahm eine abwehrende Haltung ein. Das blasenähnliche Gebilde zerplatzte und eine neue Geschichte begann. Eine Geschichte mit einem zu hohen Preis. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Diese Geschichte hat einen Preis... Keinen materiellen sondern eher einen generellen.... persönlichen... für mich zumindest! Ich hoffe, die Geschichte wird euch gefallen! Es ist mein erstes größeres Projekt seit langem und ich freue mich tierisch drauf. Liebe Grüße Kirihara_Kayare Kapitel 1: Seondeo Byeol ------------------------ Kurogane bemerkte das schwarzhaarige Mädchen als Erster und sah sie schweigend und mit miesgelaunter Miene an. Sie sah schweigend und ruhig zurück. Genau in seine Augen. “Ihr seid Reisende aus einer fernen Welt.” , schien sie beiläufig zu bemerken. Nun sahen auch Shaolan und Fye zu ihr. Das Mädchen trat auf Shaolan zu. Sie war etwa so groß wie er und bestimmt etwas älter. Höfflich reichte sie ihm die Hand. “Ich bin Ryo Hoshitaka. Freut mich, euch kennen zu lernen, Reisende.” Shaolan, Kurogane und Fye sahen sie etwas verwirrt an. “Mokona freut sich auch, dich kennen zu lernen, Ryo. Ich bin Mokona Modoki, nenn mich Mokona, ja?” , rief das weiße Etwas und sprang auf die Schwarzhaarige zu, direkt in ihre Arme. Ryo fing das Etwas mit leicht erstauntem Gesichtsausdruck auf und hielt es vor ihr Gesicht. “Ah, du kannst durch die Dimensionen reisen, richtig? Das spüre ich.” , meinte Ryo. Mokona befreite sich aus ihren Händen und sprang auf ihre Schulter. “Ja, das kann Mokona!” , meinte Mokona stolz. Ryo schielte lächelnd zu dem weißen Etwas auf ihrer Schulter und sah dann nacheinander Fye, Shaolan und Kurogane an. “Kommt mit zu mir, dann können wir reden. Ich muss euch wohl nicht erklären, dass ich gewusst habe, dass ihr kommt.” Und mit diesen Worten drehte Ryo sich auf dem Absatz um und ging vor. Kurogane brummte leise und Fye warf Shaolan einen Blick zu. Schließlich folgten sie ihr aber doch. Das Haus war groß. Der Baustil erinnerte an ein altes, japanisches Haus. Die Schiebetür, die zur Terrasse und zum Garten führte, stand offen. Shaolan und die anderen saßen um einen kleinen Tisch am Boden und warfen sich fragende Blicke zu. Wieso hatte dieses Mädchen sie einfach mitgenommen? Und warum war sie nicht überrascht gewesen, als sie plötzlich vor ihr aufgetaucht waren? Ryo kam über die Terrasse in den Raum. Sie brachte ein kleines Tablett mit Teetassen und einem Teller mit Gebäck zu ihnen. Nachdem sie sich zu den Reisenden gesetzt hatte, schwiegen alle. “Wieso hast du uns einfach mitgenommen?” , sprach Shaolan endlich die erste wichtige Frage aus. Ryo sah ihn mit ihren roten Augen an. “Weil ich wusste, dass ihr kommt.” , war ihre Antwort. “Oh? Bist du auch eine Traumseherin? Kannst du auch in die Zukunft sehen, Ryo-chan?” , fragte Fye lächelnd. “Wer hat dir denn schon wieder erlaubt, sie ‘Ryo-chan’ zu nennen? Sie kennt noch nicht mal unsere Namen.” , fragte Kurogane den Blonden genervt. “Ich bin keine Traumseherin. Aber ich weiß, was passieren wird. Zumindest in dieser Welt. Aber der Schwarzhaarige hat Recht. Stellt euch doch erst mal vor.” Ryo hatte Fyes Frage mit dem gleichen Lächeln auf den Lippen beantwortet und sah nun auffordernd in die Runde. “Ich bin Shaolan.” , stellte der Braunhaarige sich als erstes vor. “Shaolan... Du hast viel durchgemacht in deinem Leben, oder? Deine Augen erzählen eine traurige Geschichte von Liebe und Einsamkeit.” Ryo sah Shaolan mitfühlend an. Der Junge wusste sich nicht anders zu helfen und nickte leicht. Ryo schloss kurz die Augen und nickte knapp. Dann sah sie zu Kurogane. “Bist du eine Zauberin?” , fragte der sofort. “Nein. Ich bin keine Zauberin. Frag den Blonden hier.” , gab sie als Antwort, wieder mit einem Lächeln, das Fye sich abgucken könnte. Kurogane sah Fye fragend an. “Sie sagt die Wahrheit. Zumindest was solche Fähigkeiten angehen mag.” , sagte dieser. Kurogane schnaubte leise. “Ich glaub es nicht... Egal. Ich bin Kurogane!” Ryo sah ihm kurz in die Augen. “Deine Lebensgeschichte ist ebenfalls von Schmerz geprägt.” , meinte sie leise. “Hör auf, in meiner Lebensgeschichte zu graben! Das geht dich nichts an!” , rief Kurogane sofort. Ryo seufzte. “Wie Ihr wünscht, großer Ninja aus Nihon.” Damit wanderte ihr Blick zu Fye. Fye lächelte nur und sah ihr in die Augen. Schließlich brach er das Schweigen. “Und, was hast du in meinen Augen gelesen, Ryo-chan?” , fragte er. Ryo schwieg. Ihr Gesicht war ausdruckslos wie das Gesicht einer Porzellanpuppe. “Mein Name ist Fye D. Flourite.” , stellte der Magier sich vor. Ryo schwieg weiter und sah in Fyes lächelndes Gesicht. Ihr Blick schien etwas in seinen Augen zu suchen, was sie nicht ergründen konnte. “Du musst einen Grund haben, dir so sicher zu sein, dass ich etwas sehe. Denn du weißt, dass ich dich nicht durchschauen kann, Fye D Flourite.” , sprach sie ruhig. Fye grinste nur noch weiter. Ryo seufzte. Ihr Blick fiel auf Mokona. “Und du, mein Kleines?” Mokona sprang von Shaolans Schulter, auf der er gesessen hat, auf den Tisch direkt vor sie. “Mokona ist Mokona! Mokona Modoki. Aber das hat Mokona dir doch schon gesagt. Oder nicht?” , fragte Mokona leicht verwirrt. “Ich wollte es nur noch mal hören. Deine Stimme ist süß, Mokona.” Mit Ryos Worten lief Mokona leicht rot an. “Danke.” , stotterte das weiße Wesen leicht beschämt. Ryo lächelte sanft. “Aber jetzt sag doch mal, Ryo-chan, wo wir hier sind.” , forderte Fye sie höfflich auf. “Ihr seid in Seondeo Byeol [1]. Diese Welt ist eine Art Flüchtlingslager für Vertriebene oder zu unrecht gesetzlich Verfolgte aus anderen Welten, Ländern oder Dimensionen. Wie auch immer ihr es nennen wollt. Daher gibt es auch keine einheitliche Sprache und der Name dieses Landes kann in jeder anderen Sprache ebenfalls gerufen werden. So kann dieses Land auch ‘Donnerstern’, ‘Sandatsu Hoshi’ oder ‘Thunder Star’ heißen, um nur wenige Möglichkeiten zu nennen. Seondeo Byeol ist nur der ursprüngliche Name der Ureinwohner dieses Landes. Von ihnen ist nur die Königsfamilie geblieben.” , berichtete Ryo ausführlich. “Sandatsu Hoshi? Das ist Japanisch!” , bemerkte Kurogane sofort. Ryo nickte. “Ja, das stimmt. Meine Japanischkenntnisse sind gering, aber das kann sogar ich übersetzen.” , erwiderte sie. “Du sagtest, es sei ein Flüchtlingslager und nur die Königsfamilie sei noch ursprünglich von hier. Woher kommst du dann, Ryo?” , fragte Shaolan. Ryos Lächeln verschwand plötzlich. Ihre Miene versteinerte sich. Ihre Augen starrten an Kurogane, der ihr gegenüber saß, vorbei ins Leere. “Ich weiß es nicht mehr. Meine Erinnerungen wurden mir vor langer Zeit geraubt. Als ich aufwachte, war ich hier in Seondeo Byeol.” , meinte sie. Fye, Shaolan, Mokona und Kurogane sahen sie eine Weile schweigend an, während sie in Erinnerungen zu schwelgen schien. Dann kam das Lächeln auf ihre Lippen zurück. “Aber was soll’s drum. Ich bin erst 19, vielleicht erinnere ich mich ja irgendwann doch noch.” , meinte sie. Dann fügte sie an: “Es ist spät. Wollt ihr nicht hier übernachten und euch morgen beim König melden?” Shaolan stutzte. “Wieso sollten wir uns bei ihm melden?” , fragte er. Ryo zuckte mit den Schultern. “Das ist in Seondeo Byeol Gesetz. Wer dagegen verstößt, wird umgebracht.” “Und woher sollten die wissen, dass wir hier sind?” , hakte Kurogane nach. Ryo sah ihn mit einem kalten Blick an. “Jeong-ou [2] weiß alles. Er kann genau wie ich spüren, wenn jemand in diese Welt kommt. Und er weiß genau, dass ich diejenige bin, die diese Reisenden aufnimmt.” , meinte sie. “Also sollen wir dir keinen Ärger machen, richtig?” , fragte Fye. Ryos Blick wurde etwas sanfter, als er zu Fye wanderte. Sie nickte stumm. “Ich wusste nicht, dass ihr ein kleines, weißes Wesen mit euch bringt. Daher habe ich keinen Schlafplatz für Mokona. Aber sonst habe ich drei Zimmer für euch vorbereitet.” Die Nacht schien Fye endlos. Er wusste nicht, wieso er nicht schlafen konnte. Statt dessen hat er sich auf die Terrasse gesetzt und ließ seinen Blick unruhig durch den Garten und über den sternenbehangenen Himmel gleiten. Schritte näherten sich und als er aufsah, blickte er in Ryos Gesicht. Das Mädchen hatte eine Kerze bei sich und eine Decke über den einen Arm gehängt, die sie nun Fye reichte. “Es wird hier nachts sehr kalt. Vor allem im Winter.” , meinte sie, als Fye die Decke entgegennahm. “Das macht mir nichts. Ich bin in einem kalten Land aufgewachsen.” , gab dieser zurück und doch wickelte er sich brav in die dicke Wolldecke ein, die Ryo ihm gebracht hatte. “Du aber anscheinend auch. Du läufst nachts in einem dünnen Kimono und barfuß herum.” , gab er zurück, als er wieder zu ihr sah. Sie drehte den Kopf zur Seite und sah kurz auf die glatte Oberfläche des Sees, der in dem Garten lag. “Vielleicht. Ich weiß es nicht mehr. Deswegen warte ich auf einen Menschen, der mir meine Vergangenheit erzählen kann.” Dann wandte sie sich ab und ging wieder. “Oyasumi [3], Ryo-chan.” , flüsterte Fye und sah wieder zu den Sternen auf. Das lächeln auf seinen Lippen war ein wenig traurig. Wieso nur konnte er nicht schlafen? Und wieso wollte er unbedingt wissen, wer dieses Mädchen ist? Am Himmel flog eine Sternschnuppe entlang. Aber Fye hatte in diesem Moment keinen Herzenswunsch, den er der Sternschnuppe mit auf den Weg hätte geben können. Am nächsten Morgen waren die Jungs, Mokona und Ryo früh zum Schloss des Königs aufgebrochen. Ryo hat ihnen Kleidung gegeben, die mehr dem Standart des Landes entsprach. Es waren alles nur einfache Kimonos für Jungs. Als Kurogane misstrauisch fragte, woher sie diese Kleidung habe, erinnerte sie ihn nur bittersüß lächelnd daran, dass sie doch Reisende öfter aufnähme. Aber wenn er so misstrauisch sei, könne sie ihn auch gerne vor die Tür werfen. Kurogane hatte nur grummelnd ein paar Verwünschungen ausgestoßen und sich zurückgezogen, um sich umzuziehen. Während sie durch die Straßen der Hauptstadt von Seondeo Byeol, die den gleichen Namen trug, gingen, kamen sie über einen kleinen Markt auf einem großen Platz. Hinter diesem Platz erhob sich ein gewaltiges Schloss. “Das ist das Schloss von Jeong-ou.” , meinte Ryo ehrfürchtig. Sie gingen dicht an den Ständen, die rund um den Rand des Platzes gebaut waren, vorbei. Immer wieder wurde Ryo ein fröhliches ‘Guten Morgen’ auf den verschiedensten Sprachen zugerufen. Ur dank Mokona verstanden sie alle, was so geredet wurde. Als sie am anderen Ende des Platzes angekommen waren, standen sie vor einem Tor, das gut drei Meter breit und fünf Meter hoch war. Zwei schwarz gekleidete Wachleute mit Speeren in der Hand standen vor dem Tor. Als sie Ryo sahen, nickten sie sich kurz zu und einer griff den Eisenring in dem einen Flügel der Tür, um die Tür aufzuziehen. Ryo nickte ihnen dankend zu und ging mit den drei Reisenden hindurch. Hinter ihnen wurde das Tor wieder geschlossen. Und vor ihnen erstreckte sich ein langer, gepflasterter Weg, der in eine Brücke überging, die über einen Flusslauf führte, der rund um das Schloss zu führen schien. Rechts und links des Weges waren Laternen mit roten und blauen Glaskuppeln aufgestellt. In weiten Kiesbeeten standen in genauen Abständen kleine Bäumchen, die rote und weiße Blüten trugen. Hinter dem Tor schien kein Winter zu sein, war der Platz vor dem Tor doch von Schnee und Eis bedeckt und glatt gewesen. Es war, als sei man in eine andere Welt getreten. “Das ist die Kraft des Bannkreises, den schon die Könige lange vor Jeong-ou errichtet haben.” , erklärte Ryo, während sie dem Weg über die Brücke folgten. “Dieses Land hat an sich nur zwei Jahreszeiten. Sommer und Winter. Aber hier ist ewiger Frühling. Die Bäumchen da verlieren nie ihre Blüten und der Fluss führt immer kühles, klares Wasser, das sogar warm genug ist, um darin zu baden. Die Bediensteten des Königs erzählten mir, dass seine Frau früher, bevor sie starb, oft im Wasserbecken hinter dem Schloss gebadet hat.” , erzählte sie weiter. Der Palast sah von innen ebenso prachtvoll aus wie von außen. Shaolan und Mokona kamen sichtlich aus dem Staunen nicht mehr raus, während Fye und Kurogane sich ihre Bewunderung für die Baukunst der Landsleute nicht anmerken ließen. Ryo führte sie zielsicher und ohne einen anderen Führer durch das Schloss. Bis sie vor einer großen Flügeltür standen. Vor dieser stand erneut eine Wache. “Der König hat Euch schon erwartet, Ryo-san.” , meinte er mit einer leichten Verbeugung. Dann öffnete er ihnen die Tür. “Da bist du ja endlich, Ryo Hoshitaka. Wen hast du denn heute bei dir?” Von einer zweistufigen Empore kam ein Mann in einem kunstvoll geschneiderten Gewand auf sie zu. Seine goldenen Augen hatten etwas Erhabenes an sich und sein leicht bläulich schimmerndes Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte, umschmeichelte sein doch sehr junges Gesicht. “Sei still, Yuhin. Ich will den König sprechen, nicht den frechen Prinzen dieses Landes.” , fauchte Ryo ihn an. Yuhin schmollte kurz, verzog sich in ein Nebenzimmer und rief noch: “Vater, Ryo ist endlich da!” Ryo seufzte und ließ kurz die Schultern hängen. Währenddessen beobachteten die anderen die Tür zu dem Raum, in dem Yuhin verschwunden war. Ryo hörte ein Räuspern, strafte die Schultern, sah kurz zur Tür und verbeugte sich tief. “Jeong-ou, Ihr seid es!” Und mit einem Seitenblick zu Shaolan, Kurogane und Fye bedeutete sie ihnen, sich ebenfalls zu verbeugen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ [1]Seondeo Byeol: Koreanisch für Donnerstern, demzufolge heißt Sandatsu Hoshi dasselbe und Thunder Star logischer Weise auch. [2]-ou: Das Sufix -ou wird in Tsubasa generell bei allen Königen benutzt, da habe ich mir gedacht, ich mache es hier auch (Das Wort König ist mir zu öde mit der Zeit) [3]oyasumi: Japanisch für 'Gute Nacht!' (Ja, ich weiß, dass Fye eigentlich kein Japanisch spricht) Das ist das erste Kapitel. Ja, ich weiß, es ist unlogisch. Aber es hat mir Spaß gemacht, dieses Kapitel zu schreiben. Deswegen hoffe ich, dass ihr Spaß hattet, es zu lesen! Und hoffentlich mögt ihr Ryo, denn ich mag sie sehr. Auch wenn sie seltsam rüberkommt. Eigentlich ist jetzt schon die halbe Storyline viel zu übersichtlich denkt ihr sicher jetzt, nicht wahr? Aber da täuscht euch mal nicht! Ich bin für Überraschungen in meinen Storylines bekannt (zumindest bei meinen Freunden...). Viele liebe Grüße Eure Kirihara_Kayare Kapitel 2: May I stay here? --------------------------- Der König bedeutete ihnen mit einem Räuspern, sich aufzurichten. Er war ein alter, aber nicht minder erhaben als sein Sohn wirkender Mann. Seine goldenen Augen lagen sanftmütig auf Ryo, die ihm entgegenblickte, den Kopf noch immer leicht geneigt, als würde sie sich gleich wieder tief verbeugen wollen. “Wen hast du mitgebracht, Ryo Hoshitaka?” , fragte Jeong-ou. Ryo wandte sich an Shaolan und die anderen. “Das sind Kurogane, Shaolan und Fye. Sie sind gestern Abend angekommen und haben letzte Nacht bei mir verbracht.” , stellte sie die drei Reisenden vor. “Und dann ist da noch Mokona.” , meinte sie und genau in dem Moment sprang Mokona aus Kuroganes Kleidung, wo er sich bis jetzt versteckt hatte, auf ihre Schulter. Der König sah das weiße Wesen interessiert an. “Du kommst sicher von Yuuko-san, kleiner Mokona.” , meinte er. Mokona nickte. “Mokona wurde von Yuuko an Shaolan, Kurogane, Fye und Sakura gegeben, damit sie reisen können.” , entgegnete das kleine Wesen lächelnd. Der König nickte lächelnd. “Das ist typisch für Yuuko-san. Viele meiner jetzigen Untertanen kamen durch ihre Hilfe in dieses Land, weil sie sich ein Land wünschten, in dem sie Frieden finden würden. Geht es ihr gut? Ich habe schon lange keine neuen Mitmenschen in dieses Land bekommen.” Mokona schien ein wenig deprimiert nach dieser Frage. “Yuuko ist tot.” Das Lächeln wurde aus dem Gesicht des Königs gewischt. “Oh, das tut mir leid.” Und mit einem Räuspern wandte er sich an die drei Reisenden. “Nun denn. Da ich nicht weiß, wie lange ihr bleibt, schlage ich vor, ihr sucht euch eine Bleibe. Vielleicht lässt Ryo euch bei sich wohnen, aber hofft nicht zu sehr darauf. Sie nimmt die Reisenden immer nur für eine Nacht auf und schmeißt sie dann raus. Ich empfehle, im 21. westlichen Bezirk zu schauen, ob ihr einen Wohnort findet.” , sprach der König. Dann schickte er sie weiter zu einem seiner Schreiber, damit sie sich für ihren Aufenthalt in das Staatsbuch eintragen konnten. “Schmeißt du uns echt raus, Ryo-chan?” , fragte Fye das Mädchen. Ihr Blick war seid den Worten des Königs unverändert kühl und abweisend gewesen. “Ich habe euch aufgenommen, da ihr keinen Schlafplatz für die Nacht gefunden hättet. Jetzt schicke ich euch natürlich weg. Ich will keine Menschen in meiner Umgebung haben.” Damit ließ sie die drei Reisenden und Mokona im Büro des Staatsbeamten zurück. “Was war das denn?” , fragte Kurogane, während er sich in das Staatsbuch eintrug. Shaolan und Fye zuckten nur fragend mit den Schultern. Der Beamte seufzte. “So ist Ryo immer. Sie möchte keine Bindung zu anderen Menschen aufbauen. Damals, als sie herkam, war sie ein schätzungsweise vierjähriges Mädchen, vielleicht auch fünf, wer weiß. Und immer schon hat sie erst den Menschen weis machen wollen, dass sie mit ihnen eine Art Freundschaft aufbauen wolle. Aber dann, ganz plötzlich bricht sie jeden Kontakt ab. So hat sie es auch mit Prinz Yuhin gemacht, als die beiden noch kleine Kinder waren.” Shaolan, Kurogane und Fye hatten sich schweigend die Erzählung des Beamten angehört. “Ryo-chan muss aber ganz schöne Angst vor Bindungen mit anderen Menschen haben.” , meinte Fye. “Ach ja, wie ist das mit den Bezirken hier zu verstehen, Herr Beamter?” , fragte er dann noch, bevor sie gingen. “Ich verstehe die Karte nicht.” , meinte Fye und reichte sie an Kurogane weiter. Der sah auch nur fragend auf das Papier mit der Zeichnung einer Karte. Shaolan bekam sie in die Hand. “Ich kann das auch nicht lesen.” , seufzte er bedrückt. Sie suchten sich grade den Weg zurück aus dem Schloss zum Marktplatz. Als sie an der Brücke ankamen, saß auf deren Brüstung Ryo. “Hey, ihr da. Soll ich euch in den 21. Westlichen Bezirk bringen?” , rief sie ihnen entgegen. “Das wäre sehr nett von dir, Ryo-chan.” , meinte Fye grinsend. “Wir verstehen nämlich diese Karte nicht.” Ryo nahm Shaolan die Karte aus der Hand. “Kein Wunder. Sie ist in der Landessprache des Königs verfast. Nicht mal ich kann das lesen, auch wenn ich die Sprache fließend sprechen kann.” , meinte sie und zerriss die Karte. Die Schnipsel legte sie in eine der Laternen, wo sie nachts sicherlich verbrannt wurden. Jenseits des Tores empfing sie der Markt und die eisige Kälte des Winters. Mokona verkroch sich schon wieder unter der Kleidung von Kurogane. Ryo bog sofort scharf nach rechts ab, um dem Marktrummel zu entgehen. Sie führte die Reisenden durch Seitenstraßen. “Wie sind die Bezirke hier aufgebaut, Ryo?” , fragte Shaolan, während er versuchte, sich den Weg zu merken, was er bald aufgab. “Es gibt 66 Bezirke. Der Marktplatz und das Schloss bilden den ersten Bezirk. Der Tempelbezirk, in dem ich lebe, bildet den 33. Bezirk. Und dann gibt es die Bezirke eins bis 32 westlich und eins bis 32 östlich vom Schloss aus gesehen. Ihr müsst euch eine Übersichtskarte in eurer Sprache besorgen, sonst kann ich euch auch nicht weiterhelfen.” , erklärte sie. “Hast du sowas nicht?” , fragte Fye lächelnd. Insgeheim hoffte er aber, ähnlich wie Shaolan und Kurogane, dass sie einfach sagen würde, dass sie sie immer rumführen würde. “Nein. Sowas besitze ich nicht mehr.” , war ihre knappe Antwort. Einige Zeit gingen sie schweigend ihres Weges. Dann blieb Ryo vor einem großen, aus Stein gebauten Haus stehen. “Hier müssten ein oder zwei Zimmer für euch frei sein, wenn nicht zufällig etwas mir unbekanntes passiert wäre.” Und damit klopfte sie an die Tür des Gebäudes. Eine ältere Frau mit Mondgesicht öffnete und als sie Ryo sah, strahlte sie freundlich. “Ryo, bringst du mir neue Gäste für meine bescheidene Stube?” , fragte die Frau. Ryo nickte. “Dann kommt rein, ihr Lieben. Euch muss doch kalt sein. Auch wenn Ryos Kimonos eine exzellente Qualität haben. Die Stoffe in diesem Land sind einfach zu dünn, um dem kalten Winter zu trotzen.” Ryo kam mit in das Haus. Es schien ein Gasthaus zu sein, denn sie betraten sofort eine große Stube mit vielen Tischen und einer kleinen Theke. In der hinteren, linken Ecke führte eine Treppe nach oben in den ersten Stock. “Ihr könnt sofort eure Zimmer beziehen. Da einer meiner Gäste gestern das Land verlassen hat, habe ich sogar ein drittes Zimmer frei.” , meinte die nette Frau und stieg die Stufen der Treppe hinauf. “Ah, das ist sehr freundlich von Ihnen.” , sagte Fye. Aber dann wandte er sich an Ryo. “Aber wir müssen noch unsere Sachen von dir holen.” Ryo winkte ab. “Die lasse ich euch schon bringen. Ihr müsst nicht durch diese Kälte laufen. Ist besser für euch.” Kurogane und Shaolan waren sichtlich dankbar dafür, dass sie nicht mehr in das kalte Wetter zurück mussten, denn nachdem sie die frühlingshaften Temperaturen des Palastes gespürt hatten, war ihnen die Kälte des Winters nur noch mehr unter die Haut gefahren. Aber Fye schüttelte den Kopf. “Mir macht die Kälte nichts. Ich komme mit dir und hole unsere Sachen selber ab.” Ryo sah Fye ins lächelnde Gesicht. “Wenn du unbedingt willst.” , gab sie schließlich mit einem Seufzer nach. Dann wandte sie sich zur Tür und trat hinaus. “Aber dann komm auch, Fye D. Flourite.” , rief sie ungeduldig. Fye folgte ihr sofort. “Komme schon.” , flötete er grinsend. “Na, wenn das mal gut geht.” , murrte Kurogane und setzte sich an einen der Tische im hinteren Teil der Schankstube. Fye folgte Ryo mit zwei Schritten abstand. Aber sein Lächeln und seine Stimme hat er nicht verloren, trotz der kalten Art des Mädchens. “Und wieso lässt du dir dann nicht von den Leuten in der Stadt helfen?” Fye hatte sie gefragt, ob sie morgen Zeit hätte, ihnen die Stadt noch etwas genauer zu zeigen. Sie hatte mit einem schroffen ‘Ich habe zu tun. Muss den Tempel aufräumen.’ geantwortet und ihm damit, leider ungeglückter Weise, sagen wollen, er solle sie in Ruhe lassen. “Weil ich für den Tempel zuständig bin. Yuhin ist ja nun einmal ein Prinz. Wäre der Kerl doch bloß ein Mädchen.” , entgegnete sie mit einem genervten Seufzer. “Du bist so abweisend heute.” Fye schmollte und schob die Unterlippe etwas vor, um seine Worte noch durch seine Mimik zu unterstreichen. Aber Ryo sah ihn nicht einmal an. Es dauerte eine Weile, bis sie in ihrem Haus ankamen. Aber den Rest des Weges hat Fye geschwiegen. Kurze Zeit später hatte er alle Sachen von Shaolan, Kurogane und sich zusammengepackt. “Alles andere müsste Mokona haben.” , meinte er und wandte sich an Ryo. “Danke für die Tragetasche.” Ryo stand die ganze Zeit an der Schiebetür. Mit verschränkten Armen und kühlem Blick beobachtete sie ihn. Die Sonne ging früh unter im Winter und im Abendlicht glühten ihre Augen wie Kohlen. “Geh einfach, Fye D. Flourite.” , sagte sie. Ihre Stimme klang nicht unfreundlich, nicht abweisend. Eher leer und emotionslos. “Kann ich nicht hier bleiben? Draußen wird es schon dunkel.” Flehend und spielerisch sah er sie an, wie es einfach seine Art war. Oder aber gewesen war? Hatte er sich nicht geändert? “Raus!” , schrie sie ihn nun fast an. Fye nahm die Tasche und stand auf, blieb aber eine ganze Weile noch stehen. Er sah nur tief in ihre Augen. “Deine Augen sind auch von Schmerz gefüllt.” , flüsterte er. “Raus.” , wiederholte sie, ohne auf sein Geflüster einzugehen. “Dabei würde ich dir gerne helfen und ein Freund für dich sein.” Fye seufzte, schloss die Augen und hörte das dritte ‘Raus!’ des Abends. Fye gehorchte endlich. Er sah ein, dass er hier nichts tun konnte. Als er direkt neben ihr herging, flüsterte er aber noch: “Du bist nicht alleine, Ryo-chan.” Sie schloss sofort die Schiebetür. Fye warf einen Blick über die Schulter, bevor er ging. Wieso hatte er das gesagt? Was war bloß in ihn gefahren? Sie wollte keine Hilfe, also wieso bemühte er sich so? Sie wollte keinen Kontakt zu anderen Menschen. Was wollte sie überhaupt? Langsam glaubte er, sie würde es auch nicht wissen. Und während er zurück zu dem Gasthaus ging, erinnerte er sich an den letzten Abend. Wie sie ihm die Decke gebracht hatte und sie gemeint habe, sie warte auf jemandem, der ihr sagen kann, wer sie ist. Und er schwor sich einfach, ihr zu helfen, ob sie es wollte oder nicht. “Kann ich nicht hier bleiben?” Rote Augen unter schwarzen, fransigen Haarsträhnen sahen in das liebenswürdige Gesicht einer Frau. Das Gesicht des Mädchens war blut- und dreckverschmiert und doch erkannte man, dass dieses Mädchen niemandem wehtun würde. Nicht aus eigenem Antrieb. “Draußen wird es doch schon dunkel, Tantchen.” Die flehenden Augen des Mädchens füllten sich mit Tränen. “Wer bist du, Fye?” Ryos Stimme erstickte in einem Schluchzer. Sie hatte sich auf dem Futon zusammengerollt, auf dem der Blonde die Nacht zuvor geschlafen hat. “Wer bist du, dass du meinst, mir helfen zu müssen?” Das Kissen wurde von Tränen benetzt. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wer meint, er habe schon erkannt, worauf das alles hier hinausläuft? Wer, wer? Der kann jetzt zu mir kommen und sich Schokolade abholen. Als Belohnung. Muss ich irgendwas zum Kapitel an sich sagen? Naja, Ryo hat die Jungs und Mokona rausgeschmissen und in ein Gasthaus gebracht. Und Fye weiß nicht, wieso und vorallem womit er diesem Mädchen helfen will. Aber eins ist sicher. Er fragt sich, wer sie ist. Und sie fragt sich, wer er ist. Irgendwie fast schon philosophisch... Ich bin an sich nciht gut darin, Menschen zu durchschauen, aber in Fye konnte ich immer lesen, wie in einem Buch. Und genau deswegen kann Ryo das nicht. Sie hat in Shaolan und Kurogane gelesen, was ihr Herz bedrückt, aber Fyes Augen waren zu tief, um seine Seele ergründen zu können. Oh mein Gott... Ich verkomme in meiner Philosophie! Tut mir Leid! Liebe Grüße Eure Kirihara_Kayare Kapitel 3: Futatsu no Yume -------------------------- Alles, was man vergessen hat, schreit im Traum um Hilfe (Elias Canetti) Fye schaute aus dem Fenster, das über seinem weichen Bett lag. Seinen linken Arm stützte er auf dem Fensterbrett und seine Finger strichen gedankenverloren über das kalte Glas. Nachdem er beim Gasthaus angekommen war, hat er sich sofort in einem der drei vorbereiteten Zimmer verkrochen. Er hat sich eingesperrt und auch, als Kurogane genervt an seiner Tür klopfte und Shaolan ihm ein höffliches ‘Gute Nacht’ durch die Tür zurief, schwieg er. Er war vollkommen in seiner kleinen Gedankenwelt verloren. Er weiß nicht, wieso, aber Ryo bewegte ihn dazu, an den ‘echten’ Fye zu denken und sich selbst wieder bewusst zu werden, dass er doch ‘nur’ Yuui ist. Dieser Blick, mit dem Ryo ihn ansah, dieses ganze Getue, dass sie niemanden in ihre Nähe lassen, in ihr Herz blicken lassen wollte. War er nicht auch so, oder zumindest so ähnlich, gewesen? Hatte er nicht auch versucht, die Menschen in seiner Umgebung so gut wie möglich auf Abstand zu halten? Ja, in diesem Moment, an dem er gedankenverloren über das kalte Glas strich und mit seinen hellblauen Augen die Sterne einfing, war er nicht Fye. Er war ganz und gar Yuui. Ryo hatte nur kurz und unruhig geschlafen. Jetzt saß sie auf der umlaufenden Terrasse ihres Hauses. Ihr Blick hing an den Sternen. Sie musste unwillkürlich an Fyes strahlendblaue Augen denken, als sie so in den Sternenhimmel sah. Seine Augen waren ebenso unergründlich für sie, wie die fernen Sterne, die doch so nah wirkten, als ob man sich nur nach ihnen strecken müsste, um sie greifen zu können. Die Stille der Nacht machte ihr so sehr zu schaffen wie schon lange nicht mehr. Das letzte Mal war ihr die Stille so zuwider gewesen, als sie vor drei Jahren in dieses einsame, leere Haus nahe dem Tempel gezogen war. Aber nach der letzten Nacht, in der sie kaum geschlafen hatte, weil ihr Haus mit so viel Leben, mit solch unterschiedlichen Lebensgeschichten und vor allem mit einem so tiefgründigen, nicht zu durchschauenden Geheimnis gefüllt waren, erdrückte diese Stille und Einsamkeit sie einmal mehr. Sie versuchte, sich einzureden, dass Fye und die anderen doch bald wieder gehen würden. Aber es gelang ihr nicht. Sie hatte es an seiner Stimme gehört, an seinem Blick erkannt, auch wenn sie nicht in seiner Seele lesen konnte. Er würde nicht aufgeben. Und wieder hallten seine letzten Worte durch ihren Kopf. “Du bist nicht allein, Ryo-chan.” Aber wo war ihr Freund, der sie so lange warten ließ? Würde er sein Versprechen nicht halten? Würde sie ihre Freunde nie wiedersehen? Sie erinnerte sich nicht mal mehr an ihre Freunde, an ihre Eltern, an ihre Heimat. Und doch, an diesen einen Wunsch, diesen Traum erinnerte sie sich. Und dann, wenn er endlich erfüllt wäre, würde sie den vereinbarten Preis zahlen. Einen Preis, den sie gerne zahlte, wenn es um dieses Gefühl ging, nicht mehr alleine zu sein. Yuui war Yuui. Der Junge mit dem Namen Yuui, der er gewesen war, bevor er Fye D. Flourite wurde. Ganz und gar Yuui. Und Fye? Fye war der Junge, der an seiner Seite war, immer und überall. Bevor sie eingeschlossen, bevor sie getrennt wurden. Und in seinem Kopf dachte er in diesem Moment, dass das alles nur ein Traum gewesen ist. Er merkte, dass sein Vater sie nicht mochte, dass er Fye und ihn als Unglücksbringer ansah. Aber noch waren sie nicht getrennt, Yuui und sein geliebter Zwillingsbruder Fye. Und insgeheim schwor er sich, dass man sie niemals trennen können würde. Er war Nacht in Valeria und die Zwillinge hatten sich in ihr gemeinsames Zimmer verkrochen. Ja, es war klein, eng und karg eingerichtet, aber nur durch die Anwesenheit des jeweils anderen fühlten sie sich wohl. Fye kuschelte sich an seinen Bruder Yuui. Yuui kuschelte sich an Fye. Und durch das kleine Fenster beobachteten sie die Sterne, die hoch über ihnen am Himmelszelt funkelten. “Yuui?” Fyes Stimme verlor sich fast in der Stille, so leise war das eine Wort, dieser eine Name geflüstert. Und Yuui sah mit sanften Augen auf seinen Bruder. “Ja?” , gab er als Antwort zurück, um Fye zu verstehen zu geben, dass er zuhörte. “Du lässt mich nie alleine, nicht wahr, Yuui?” Sorge klang in Fyes Stimme mit. Aber Yuui schloss Fye nur fest in seine Arme. “Niemals lasse ich dich alleine, Fye. Genau, wie du mich nie alleine lassen würdest.” “Danke, Yuui...” Bald schlief Fye in Yuuis Armen ein. Und Yuui sah wieder auf zu den Sternen. Das war irgendwie das, was er sich immer gewünscht hatte. Und doch. Gerade in diesem Moment fühlte es sich so falsch an. War da irgendwas, was er übersehen, vergessen hatte? Aber er wollte nicht daran denken. Nicht wahrhaben, dass er selbst wusste, dass das alles nur ein schöner Traum war. Und so drückte er Fyes kleinen, zerbrechlichen Körper noch etwas mehr an sich und schlief auch bald an. Ryo lachte. Sie lachte freudig und ehrlich. Das Lachen war nicht gekünstelt, nicht aufgesetzt. Und doch brannte ihr Herz. Ihr Verstand war zu nüchtern, als dass sie nicht erkennen könnte, dass alles um sie herum nur ein Traum war. Ein Traum, der längst vergangen, längst gelebt war. Eine Erinnerung, die keine Erinnerung hätte sein sollen, hätte sein dürfen. Und doch war sie da. Und doch lachte sie. Lachte sie und ließ sich von Yuhin durch das Schloss jagen, am Flusslauf entlang, über die Brücke, bis sie mit dem Rücken am Tor stand und ihm schwer atmend entgegensah. Yuhin näherte sich auf wenige Schritte. Er hatte nur eine Hakama an, sein Oberkörper war nass. Nicht nur vom Schwitzen, auch vom Wasser des Flusses, mit dem Ryo ihn bespritzt hatte. Seine wuscheligen, kinnlangen, bläulich schimmernden Haare wehten im sanften Frühlingswind. “Das bekommst du zurück, Hoshitaka!” , rief er spielerisch. “Dafür musst du mich erst fangen, Prinz Yuhin.” , gab sie selbstgefällig zurück. Sie schlug eine Finte nach links und sprang dann nach rechts, um über das Kiesbett laufend zu entkommen. Yuhin hatte sich veralbern lassen, war erst ein paar Schritte in die andere Richtung gerannt und wirbelte nun wütend herum, um ihr nachzusprinten. “Warte, Hoshitaka!” , schrie er im Laufen. “Ich denk nicht dran.” , rief Ryo zurück. Lachen und Schreien erfüllte die Luft. Und all das war von der Außenwelt abgeschnitten. Ryo fühlte sich geborgen, sicher, nicht mehr... einsam. Sie erreichte als erstes den großen Garten, in dem die Königin sich mit ihrer Schwester unterhielt. Die Königin, Yuhins Mutter, war eine schlanke, wunderschöne Frau, mit langem, silbrig glänzenden Haaren. Ihre fahlgrünen Augen legten sich auf Ryo, als diese vorbeilief und ihr zuwinkte. Die Schwester der Königin, pummelig und mit dunklen Haaren und Augen, war eine Frau, die sich nicht viel daraus machte, dass ihre geliebte Schwester die Königin des Landes war. Sie hatte eine kleine Gaststube in der Hauptstadt eröffnet und Ryo aufgenommen, als diese auf einmal vor ihrer Haustür gehockt hatte. Blutverschmiert und total verwirrt. Auch sie sah lächelnd zu Ryo. In dem Moment stolperte Ryo, viel der Länge nach ins weiche, grüne Gras, das die selbe Farbe wie die Augen der Königin hat, und blieb erschöpft keuchend und schwitzend liegen. “Hab ich dich.” Yuhin hatte sie eingeholt, stand über ihr und sah auf sie herab. Er packte sie um die Hüfte, die Arme mit in seinem Griff. Sie versuchte strampelnd, sich aus dem Griff zu befreien. Sie kreischte spielerisch und lachte doch weiter. Yuhin lachte auch. Er trat mit ihr an den Fluss. “Willst du da rein?” Seine Stimme erklang ganz nahe an ihrem Ohr und sie schüttelte lachend den Kopf. “Okay, aber ich schmeiße dich trotzdem rein.” , meinte Yuhin grinsend. “Nein, nein!” Lachend und strampelnd wollte sie sich aus dem Griff des Prinzen befreien, doch es gelang ihr nicht. Und im nächsten Moment umschlang sie das Wasser, obwohl der Griff sich nicht gelöst hatte. Erst im Wasser ließ Yuhin sie los. Als sie beide mit ihren Köpfen die Oberfläche durchbrachen und zum Ufer sahen, stand dort die lächelnde Königin. “Mama!” , rief Yuhin entsetzt. “Yuki-ou?” , fügte Ryo verwundert an. Doch ihre feurigroten Augen verloren ich in den tiefgrünen Augen der Königin, die ihr verschmitzt zuzwinkerte. Ryo lachte, tauchte, nachdem sie tief Luft geholt hatte, ab und schwamm ein Stück unter Wasser. Ja, das alles war ein Traum, eine Erinnerung, an Zeiten, die sie längst hatte vergessen wollen. Aber manchmal war es schön, sich daran zu erinnern. Denn sie hatte das Gefühl, nie alleine sein zu müssen. Nie ohne die Menschen, die sie liebt. Bis sie merkte, dass ihr Herz nach anderen Menschen Sehnsucht hatte. Menschen, die nicht in dieser Welt existierten. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 'Ich bin kein Philosoph, keine Gläubige, kein gar nichts... Ich bin nur ich...' Das habe ich gedacht, als ich dieses Kapitel geschrieben habe und mir dachte, dass das Zitat von Canetti hier einfach passt. Denn es ist das, was ein Traum macht. Auch bei Fye und Ryo. Ich weiß, dass diese 'Fußnoten' eh nie jemand liest, aber wenn doch: Ich bin ehrlich froh, dass ich TRC geguckt und gelesen habe. Sonst gäbe es jetzt diese Geshcichte nciht! Und das fänd ich traurig. Nciht, dass ich mich selbst loben möchte. Sondern dass ich durch diese Geschichte erkenne, wie sehr ich doch an meine Grenzen stoßen kann. Ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen! Eure Kirihara_Kayare Kapitel 4: Two Stars in the lonley sky -------------------------------------- Du siehst die leuchtende Sternschnuppe nur dann, wenn sie vergeht. (Friedrich Hebbel) Shaolan, Kurogane und Fye waren jetzt schon sechs Tage in Seondeo Byeol. Bis jetzt hatten sie einfach noch keine Lust gehabt, dass Land zu verlassen. Außerdem hatte die Wirtin des Gasthauses, Yuri-san, ihnen gesagt, dass sie vorher zum König müssten, um sich aus dem Staatsbuch auszutragen. Darauf hatten die Jungs vorerst auch keine Lust. Also hatten sie beschlossen, noch zu bleiben. Mokona war damit natürlich auch einverstanden. Und auch, wenn es Kurogane und Shaolan nicht wussten, hatte Fye noch eigene Ziele in dieser Welt. Um so mehr trübte es ihn, dass er Ryo seit den letzten paar Tagen nicht mehr gesehen hatte. Er war jeden Tag einmal zu ihr nach Hause gegangen, aber dort war nie jemand gewesen. Einmal war er zum Tempel gegangen, von dem sie geredet hatte. Aber dort hatte man ihn nur abgereist. Nur Einheimische, die Tempeldienerinnen und der Meister des Tempels durften das große Gebäude, das genau gegenüber dem Palast stand, betreten. Also hatte er unfreiwillig umkehren müssen. Heute, am siebten Morgen, saß er wieder mit Shaolan, Kurogane und Mokona an einem der Tische. An den anderen Tischen saßen Leute aus unterschiedlichen Welten, die sich aufgeregt unterhielten. Dank Mokona verstand sich ja zur Zeit jeder. Und die Wirtin nutzte das aus, um immer und immer wieder von Ryo zu erzählen. Das hing den Gästen, bis auf Fye, inzwischen zum Hals raus. Selbst Shaolan und Kurogane, die sich das natürlich möglichst nicht anmerken lassen wollten, waren schon genervt. Es war aber ein anderer Gast, dem letzten Endes der Kragen platzte. “Wir haben es kapiert, Yuri-san! Und jetzt hör auf, von diesem undankbaren und unhöfflichen Mädchen zu labbern. Du müsstest sie doch genauso hassen, schließlich hat sie dich auch einfach verlassen!” Yuri-san stemmte wütend die Hände in die Hüften und sah den schimpfenden Mann an. Aber als sie in den Augen der meisten anderen Gäste den gleichen Unmut sah, schwieg sie lieber. Nach dem Frühstück, dass Yuri immer liebevoll unter ihren Gästen verteilte, damit diese sich nicht auf dem Markt rumschlagen mussten, wo sie doch nur die Hälfte verstehen würden, gingen die meisten Gäste wieder auf ihre Zimmer oder aber in die Stadt. Heute bat Yuri Fye, der als Letzter noch unten war, ob er ihr beim Abwasch helfen könne. Fye tat dies natürlich, obwohl er eigentlich los wollte, um zu sehen, ob er Ryo heute antreffen würde. Er hatte sich in den letzten Tagen viel über sie und das Land erzählen lassen. Yuri konnte viel über Ryo ausplaudern, aber nichts, was Fye weiterbrachte, nichts, was sein Interesse in dieses Mädchen für ihn verständlich machte. Yuri war aber sichtlich froh, dass es jemanden gab, der ihre Adoptivtochter mochte. Jeder andere abgewiesene Mensch wollte nichts mehr von ihr wissen, aber dass Fye nicht aufgab und noch mal mit ihr sprechen wollte, machte ihr Hoffnung. Und deswegen wollte sie ihm helfen, sie zu treffen. “Fye-san, wenn du Ryo treffen willst, musst du heute zum Schloss kommen. Einmal im Monat trägt der Prinz ein kleines Kampfturnier aus, eigentlich nur, um sich mit Ryo zu messen. Die beiden bekriegen sich nämlich schon lange.” Yuri sah ihn mit ihren dunklen Augen freundlich an. “Ein Kampfturnier?” , hakte der Blonde sogleich nach. Die mondgesichtige Frau nickte. “Das hört sich doch mal spannend an.” Kurogane und Shaolan waren grade wieder hinunter in die Schankstube gekommen und Kurogane hatte natürlich den Satz mit dem Kampfturnier mitbekommen. “Da mache ich mit.” , stellte er sofort klar. Fye lächelte breit. “Typisch Kuro-sama.” , meinte er. Kurogane aber tat so, als ob er ihn überhört hätte. “Beeil du dich lieber mit dem Abwasch, damit wir los können, Fye.” , gab er barsch zurück. Ryo schnaubte verächtlich, als sie Shaolan, Kurogane, Fye und das weiße Etwas namens Mokona sah. Sie wollte doch nichts mehr mit ihnen zu tun haben und hatte gehofft, dass die drei längst durch Mokonas Magie wieder verschwunden waren. Aber ihre Hoffnungen wurden jäh zerstört. Es war Fye, der sich, nachdem sich alle drei Jungs zum Wettkampf angemeldet hatten, zu ihr stellte. “Wie geht es dir, Ryo-chan?” , fragte er breit lächelnd. Ryo sah ihn nicht an. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und ihren Blick auf einen unbestimmten Punkt am anderen Ende des Raums geheftet. Und doch schwieg sie nicht. “Ganz gut.” “Das freut mich.” , meinte Fye. Sein Blick ruhte immer noch auf ihr, ein freundlicher, aber doch undurchschaubarer Blick. “Lass mich einfach in Ruhe.” , knurrte Ryo leise. “Genau, Blondschopf. Lass sie einfach in Ruhe.” Yuhin war neben ihnen aufgetaucht und starrte Fye wütend an, fast schon eifersüchtig, als ob er sagen wollte ‘Komm ihr bloß nicht zu nahe!’. Fye verbeugte sich leicht vor dem Prinzen, mehr aus Spaß, als um ihm ehrlichen Respekt zu zollen. “Und merk dir eines, Blondschopf. Dich mache ich als erstes fertig, bevor ich sie fertig machen kann.” , zischte der blauhaarige Prinz und machte auf dem Absatz kehrt, um zu gehen. Fye streckte seinem Rücken die Zunge raus. “Mach doch, Prinz Yuhin.” “Er wird dich umbringen.” , meinte Ryo gleichgültig. Jetzt sah sie ihn an. Und er sah ihr tief in die Augen. “Nein, wird er nicht. Denn ich will dir noch dabei helfen, herauszufinden, wer du bist.” Ein Lächeln huschte über seine kurz zusammengebrochene Fassade, die Ryo mit einem tiefen, abschätzigen Seufzer sofort wieder zerstörte. “Yuhin ist stärker als du es je sein wirst. Denn er kennt keinen körperlichen oder seelischen Schmerz. Und er kennt keine Gnade.” Damit entfernte sie sich von Fye. “Ryo! Was willst du eigentlich in deinem Leben machen? Willst du ewig nur tatenlos zusehen, wie alle um dich herum anfangen, dich zu hassen?” Fye hat ihren Arm gepackt und sie festgehalten. Sie sah ihm nicht in die Augen, sondern fixierte einen Punkt auf dem Boden. Dunkle Schatten legten sich über ihre Augen. “Ich will auf die warten, die mir die Wahrheit sagen werden.” , entgegnete sie. “Ist Warten das Richtige? Warum nimmst du dein Schicksal nicht einfach selbst in die Hand? Jetzt sind Menschen hier, die dir helfen wollen! Ich bin hier, Shaolan, Kurogane und Mokona auch. Ryo, denk an dich, an deinen Wunsch, herauszufinden, wer du bist.” Einen kurzen Moment krampften sich alle Muskeln in ihrem Körper zusammen, ehe sie sich aus seinem Griff befreite. “Ich kann nicht, Fye.” , flüsterte sie und lief davon. In Fyes Ohren klang das mehr nach einer nicht vernünftigen Entschuldigung, nach einer falschen Ausflüchtung. Sie konnte wohl, aber irgendwas hielt sie noch fest. Etwas, was Fye noch nicht durchschaut hatte. Aber das sollte er schneller, als er erwartet hatte. Die Kämpfe waren zumeist schnell entschieden und weniger blutig, als man erwarten könnte, bei den Leuten, die so auf der Tribüne der Teilnehmer standen und warteten. Fye, Shaolan und Kurogane hatten keine Probleme, ihre Gegner zu besiegen und kamen Runde um Runde weiter. In der nächsten Runde hieß es ‘Kurogane vs. Ryo’, ein Kampf, den Kurogane schon als gewonnen ansah. Er hatte sich keine Mühe gemacht, Ryos bisherigen Kämpfen zuzusehen, glaubte er doch, sie sei nur ein kleines Mädchen, dass er mehr als schnell fertig machen könnte. Er müsste sie nur aus dem Kampfring befördern oder zehn Sekunden leicht zu Boden drücken. Als sie vor ihm stand in einer knielangen Stoffhose, leichten Sandalen und oben nur ein dünnes Gewand mit knapp über die Schulter gehenden Ärmeln, grinste er höhnisch. Ihr schlanker Körper wirkte verschwindend dünn und zerbrechlich in diesem Aufzug. Und doch blickte sie ihm selbstsicher entgegen. Als der Gong zum Start des Kampfes erklang, war sie plötzlich verschwunden. Oder nein, nicht verschwunden. Sie stand nur plötzlich direkt vor ihm und platzierte einen Kick auf seine Brust, dem er ihm letzten Moment entging, indem er ihr Bein mit der Hand abfing. Er grinste sie an. Ihr Gesicht war von ihren Haaren bedeckt. “Na, damit hast du nicht gerechnet, oder?” , fragte er sie. Sie schwank ihr Haar zurück und sah ihn mit den gleichen, selbstgefälligen Blick an, wie zuvor. Dann sprang sie mit dem am Boden stehenden Bein ab, drehte sich in der Hüfte und kickte ihm so gegen die Brust. Der Tritt war nicht hart. Aber doch hart genug, dass Kurogane in seiner Überraschung ihr anderes Bein freigab und einige Schritte zurücktaumelte. Sie hingegen drehte sich elegant in der Luft, kam mit beiden Beinen auf und sprang ihm entgegen, ehe er einen festen Stand hatte. In Erwartung eines weiteren Trittes, zog Kurogane die Arme hoch, um diesen abzufangen. Aber es kam kein zweiter Tritt. “Sie mal hinter dich.” Kurogane sah blitzschnell über die Schulter und merkte, dass er schon bedrohlich nahe am Rand stand. Als er wieder zu Ryo sah, war diese ein ganzes Stück in die Mitte des Kampfringes zurückgegangen. “Wie jetzt?” , fragte Kurogane. “Du hast nicht richtig hingesehen.” Ryo stampfte einmal auf den Boden. “Hä?” Kurogane kapierte sie nicht, wollte es auch gar nicht. Er wollte gewinnen. Er wollte nach vorn sprinten. Und die Steinkante des Kampfringes bröckelte ab, sodass er mit dem rechten Fuß abrutschte und runterfiel. Diese verdammte Steinkante, auf die er nicht geachtet hatte, war ihm zum Verhängnis geworden. Und dann stand sie oben am Rand des Ringes und sah lächelnd zu ihm runter. “Du bist doch ein Krieger, Kurogane. Da achtet man eigentlich auf seine Umgebung. Niemand hat gesagt, dass dieser Ring neu und heile ist.” , meinte sie. Kurogane schnaubte verächtlich. “Ich wusste, dass ich dich nicht leiden kann, Mädchen.” , murrte er leise. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Der Titel des Kapitels bezeiht sich übrigens auf Ryo. Wieso? Das werdet ihr später verstehen. Es ist echt schön schwer gewesen, zu schreiben, wie Fye ihr sagen wollte, sie sollte an IHRE Wünsche und IHREN Traum denken und nicht einfach warten, bis das Schicksal zuschlagen würde. Fye hat echt einen Narren an ihr gefressen, wenn man das so sagen darf hier... Und Kurogane kann sie wohl echt nicht leiden, bis jetzt... Kein Wunder, wenn sie ihn immer so behandelt, als ob er nur ein halbstarker Junge wäre, der nicht mal einem Baby den Lolly klauen kann. Und nicht schlagen, weil sie jetzt wie eine MarySue oder deren Verwandtschaft rüberkommt (falls ihr nicht wisst, was eine MarySue ist, ich erkläre es nciht, das ist mir zu peinlich!). Sie IST KEINE MarySue, das ist die Hauptsache. Sie denkt nur nach, wenn sie etwas tut und Kurogane war hier etwas übermütig... Ich hätte sie auch gegen Fye oder Shaolan kämpfen lassen können und es wäre das gleiche passiert... Naja... Liebe Grüße Eure Kirihara_Kayare Kapitel 5: Der Entschluss ------------------------- Shaolan hatte niemanden verletzen wollen und war schon früh aus den Wettkämpfen ausgeschieden. Zusammen mit Mokona und Kurogane stand er auf der Tribüne und sah auf den Kampfring hinab. Nur wenige Meter von ihnen entfernt stand Ryo, die sich gelangweilt an das Geländer lehnte. Die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. Und ihr Blick hing zweifellos an Fye, der kurz vor dem Kampf seinem Gegner freundlich lächelnd gegenüberstand. Und sein Gegner war niemand anderes als Yuhin. “Du bist der Nervigste von den drei Reisenden.” , bemerkte Yuhin anscheinend beiläufig. Fye grinste nur noch breiter und zuckte mit den Schultern. “Wenn Ihr meint, Prinz Yuhin.” , sagte er. In dem Moment erklang das Signal zum Beginn des Kampfes und Yuhin stürzte sich blitzschnell auf Fye. Der sprang lässig zur Seite. “Oha, nicht so schnell.” , scherzte der Magier, immer noch lächelnd. Ryo ließ ein verächtliches Geräusch vernehmen, was ihr einen bösen Blick von Kurogane einbrachte. Fye und Yuhin bekämpften sich mehr spielerisch, als wollten sie den jeweils anderen auschecken, herausfinden, wer der jeweils andere ist. “Wollen wir mit den Spielen aufhören, Magier?” , fragte Yuhin. “Och, lass uns doch noch ein wenig so weitermachen, Prinz.” , entgegnete Fye, aber der Prinz wollte nicht länger spielen. Ein paar schnelle Handbewegungen und leuchtende Lichtblitze stürmten auf Fye zu, denen er nur noch schwer ausweichen konnte. Als Fye auf die Stelle sah, an der er eben noch gestanden hatte, war dort ein tiefes Loch im Kampfring. Er schluckte hart und ihm fiel ein, dass Ryo ihm schon prophezeit hatte, dass er verlieren würde. Sie hatte ihm sogar vorrausgesagt, dass er ihn umbringen würde, dieser Prinz. Irgendwie glaubte er ihr jetzt sogar. Und das missfiel ihm sehr. Er hatte sich doch etwas vorgenommen. Er wollte ihr beweisen, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen muss. Erneut flogen Blitze auf ihn zu, aber er erwiderte den Angriff mit seiner eigenen Magie und der Zusammenprall der Kräfte löste eine gewaltige Explosion aus. Und noch innerhalb der großen Staubwolke, die diese Explosion ausgelöst hat, hörte man Kampfgeräusche. Bis alles still wurde. Die Zuschauer und die anderen Teilnehmer des Wettkampfes hielten den Atem an. Sie wollten unbedingt wissen, was innerhalb der Staubwolke vor sich ging. Sie sahen gespannt auf sie herab, nur in Ryos Augen lag Angst und Entsetzen. “Er wird ihn umbringen...” , flüsterte sie kaum hörbar. “Du bist verloren, Magier.” Yuhin drückte Fye mit seinem Fuß gegen den Boden. Fye versuchte verzweifelt, das Bein von seiner Brust zu schieben, aber es gelang ihm nicht. Durch die Staubwölkchen konnte er Yuhins Gesicht nicht erkennen, aber an der Stimme hörte er die Verachtung und die Siegesgewissheit. “Noch hast du nicht gewonnen, Yuhin.” Fye versuchte erneut mit aller Kraft, sich zu befreien, aber es gelang ihm nicht. Statt dessen wurde der Druck auf seine Brust nur verstärkt und bald merkte er, wie er immer schlechter Luft bekam. “Hat Ryo dir nicht gesagt, dass es immer einen Gegner, den ich besonders hasse, gibt, den ich dann töte? Dieses Mal bist das du. Und Ryo wird dir nicht helfen, Magier.” Yuhin beugte sich zu ihm runter, ein gehässiges Grinsen auf den Lippen. Seine goldenen Augen blickten tief in die blauen Augen von Fye. “Wir sind wie Feuer und Eis. Du bist das Eis, das unter Einfluss des vor Leidenschaft brennenden Feuers schmilzt.” Lichtstrahlen drangen durch die Staubwolke und blendeten Fye, als sie seine Augen trafen. Erneut versuchte er, jetzt schon stark verzweifelt, Yuhins Fuß von seiner Brust zu zerren. Es misslang. In dem Moment konnte er durch eine erste Lücke in der Staubwolke Shaolan, Mokona und Kurogane sehen. Und Ryo. Nein, er durfte nicht einfach aufgeben. Er wollte ihr zeigen, dass das Schicksal beeinflussbar ist, wenn man es nur mit aller Macht versucht. Ryos Blick traf den des Magiers. Die blauen Iriden Fyes waren von Verzweifelung getränkt, aber im selben Moment, in dem er sie erkannt haben musste, wurde sein Blick entschlossen. Er löste eine Hand von Yuhins Bein, an dem er gezerrt hatte, und malte einige glühende Zeichen in die Luft. Und plötzlich wurde Yuhin wie durch einen unsichtbaren Schlag zurückgeschleudert. Fye richtete sich keuchend und hustend auf. Und erneut blickte er zu Ryo auf. Sein Lächeln, dieses sorglose, kindische und fast schon dümmliche Lächeln, war verschwunden. Sein Blick sprach Bände. Bände davon, wie verzweifelt er gekämpft hatte. Gekämpft, um eines anderen Willen. Um ihretwillen, weil er ihr etwas beweisen wollte. Sie hatte ihn dazu getrieben, gegen Yuhin alles zu geben. Sie glaubte nicht daran, dass Fye den Kampf überleben würde, aber durch diesen einen Angriff waren seine Chancen, den Kampfring lebend und nur schwer verletzt zu verlassen, fast auf null gesengt worden. Und alles wäre ihre Schuld. Nur weil er ihr etwas beweisen wollte. Ihre Hände krallten sich um das Geländer. Sie schloss die Augen, senkte den Blick. Wusste nicht, was sie tun sollte. “Vollidiot...” , flüsterte sie, während sie von unten die Kampfgeräusche hörte. Sie hörte es, sie spürte es, sie wusste es, ohne hinzusehen. Dass Yuhin überlegen war. Yuhin kämpfte nur aus dem Grund mit, um sie zu schlagen, und dafür nahm er keine Rücksicht auf seine anderen Gegner. Er würde jeden eliminieren, der ihm irgendwie anders gefährlich werden konnte. Jeden, der sich für sie interessierte, jeden, der zu stark erschien und ihn eventuell durch Glück beim nächsten oder übernächsten Wettbewerb schlagen konnte. Er nahm keine Rücksicht. Und das nur, weil er Ryo schlagen wollte, jedes mal wieder. Wieso machte es ihr ausgerechnet jetzt so viele Probleme? Sonst machte sie sich nie solche Gedanken. Sonst sah sie einfach zu und ließ Yuhin machen, was er wollte. Denn er ließ sie doch auch machen, was sie wollte. “Vollidiot... Vollidiot...” Ihr Körper zitterte. Zitterte vor Wut, vor Angst, vor Verzweifelung. “Willst du unbedingt sterben, Fye?” “Nein...” Die Stimme hallte in ihrem Kopf wieder. Erstaunt sah sie zum Kampfring hinunter. Hatte Fye grade dieses eine Wort gerufen, weil er sie gehört hatte, oder hatte er etwas anderes gemeint. Aber er musste sie gehört haben, denn er sah zu ihr hoch. Sein Blick traf genau den ihren. Und darin stand es geschrieben. Dass er ihr schwor, dass er bei ihr bliebe, dass er nicht sterben würde. Nicht hier, nicht jetzt, nicht so. Und dann war Yuhin da und Fye bemerkte ihn zu spät. Zu spät, um den Angriff abzuwehren oder ihm auszuweichen. Fye rührte sich nicht mehr. Shaolan, Mokona und selbst Kurogane sahen entsetzt zum blonden Magier, der anscheinend ohnmächtig war. Prinz Yuhin hatte ihn geschlagen, mit all seiner abartigen Macht. Und doch hörte dieser Prinz nicht auf. Er würde diesem Magier seinen Willen aufzwingen. Und sein Wille war der Tod. Und eben der schien nah an Fye herangetreten zu sein, der Tod. Für Ryo schien die Zeit nahezu still zu stehen. Sie stand einfach nur da, um sie herum war alles still. Alle anderen Menschen blendete sie einfach aus. Sie sah nur Fye, spürte seinen starken Lebenswillen. Sie spürte, dass er schon viel durchgemacht hatte, dass sein Lebenswille stark und doch zerbrechlich ist. Sie spürte es einfach. Und plötzlich war da Yuhin. Ganz nahe stand er. Erhobenen Hauptes sah er verächtlich auf Fye hinunter. In seinen Augen stand der Hass geschrieben. Yuhin hob seine Hand und Blitze zuckten um seine Finger. Niemand hielt ihn auf. Er war der Prinz, für ihn ab es keine Regeln. Er war die Regel. Was er tat, war immer erlaubt. Für ihn, nicht aber für andere, wenn er sich so entschied. Yuhin schleuderte die Blitze auf Fye. Der hatte in diesem Moment leicht die Augen geöffnet, schloss sie aber wieder in Erwartung des kommenden Schmerzes. Der Schmerz blieb aus. Und als er die Augen öffnete, sah er auch, warum. Ein durchsichtiges, rot glühendes Schutzschild aus Magie hatte die Blitze abgefangen. Fye sah in das wütende Gesicht des Prinzen. Yuhin aber sah nicht ihn wutentbrannt an, sondern er blickte zu Ryo. Ryos Blick war nahezu leer. Dennoch hing er an Fye. Das Mädchen hatte abwehrend beide Hände erhoben. Sie hatte das Schutzschild errichtet, um Fye zu schützen. Sie lächelte ihm schüchtern zu und er lächelte zurück. Er spürte, dass sie eine Entscheidung getroffen hatte. ~~~~~~~~~~~~~~~~ Naja... Hab nicht wirklich was zu sagen... Möchte im Vorbeigehen meine Freunde grüßen, die diese Geschichte lesen, aber keine Kommis schreiben, weil sie nicht angemeldet sind!^-^ Hab euch lieb, danke für's Lesen, ihr Lieben! GLG~~ Kirihara_Kayare Kapitel 6: Ryo und Yuhin ------------------------ Fye war mehr aus dem Kampfring gehumpelt. Jetzt saß er auf der Tribüne, auf der die anderen Teilnehmer auch saßen. Er sah zu Ryo. Die stritt sich mit Yuhin. Yuhin hätte Fye umgebracht, wenn sie nicht eingegriffen hätte. Aber ihr war ja alles so egal gewesen. Fye schüttelte lächelnd den Kopf. “Was soll’s drum?” , flüsterte er leise. Shaolan kümmerte sich mehr schlecht als recht um die Wunden des Magiers. “Das kann nachher Yuri-san machen, Shaolan. Yuri-san ist zwar keine Magierin oder so, aber sie kann mit Kräutern umgehen.” Ryo stand neben ihnen. Kurogane, der entnervt an der Wand lehnte, warf ihr einen vielsagenden, missbilligenden Blick zu. Mokona sprang sie fröhlich an. “Du hast Fye gerettet!” , reif das kleine, weiße Etwas. Ryo schüttelte den Kopf. “Nein, ich habe aus Reflex gehandelt. Ich hatte das Gefühl, Fye erwartete irgendetwas von mir.” , meinte sie. Und an Fye gewandt fügte sie hinzu: “Vielleicht wolltest du mich einfach ändern.” Fye antwortete ihr nicht. Er lächelte nicht mal. Er sah sie einfach nur an. Ryo nahm Mokona von ihrer Schulter und reichte ihn zu Shaolan. “Tut mir leid, dass ich so nervig war, Shaolan. Ich habe euch nur Ärger gemacht. Vor allem mit Yuhin.” Dann drehte sie sich um und ging wieder. Die Kämpfe wurden für einige Zeit unterbrochen, damit Arbeiter den Kampfring wieder etwas herrichten konnten. Währenddessen ging Ryo zum Tempel. Der ‘Toki no Shinden’ , der Tempel der Zeit, lag in der Nähe ihres Hauses. Der Tempel war alt und aus grauem Stein gebaut. Für Ryo war er eine Art Zuflucht vor der Wirklichkeit. Mit Meister Jikan konnte sie immer reden. Der Meister der Zeit war einer von fünf Weisen des Landes. Er hat ihr immer gesagt, sie soll ihm alle Fragen stellen, die sie hat. Er würde sie beantworten. Jetzt hatte sie eine Frage. “Meister Jikan. Sagt mir, wer ich bin.” Ihre roten Augen glühten in dem schwachen Schein der Fackeln, die das dunkle Innere des Tempels erhellen sollten. Der Meister stand vor einem kleinen Altar und sah das Mädchen lange an. Ryo kannte den Meister schon lange, da sie seit Jahren den Tempeldienst für die Königin übernahm, die ja inzwischen tot war. Der Meister war nicht überrascht, dass sie auf einmal da war. “Ryo, es gibt Fragen, die ich dir nicht beantworten darf. Du würdest es nicht verstehen.” , antwortete der alte Weise, aber um seine Lippen huschte ein warmes Lächeln. “Ihr sagtet einst, Ihr würdet mir jede Frage beantworten!” , entgegnete Ryo ruhig. “Ja, das sagte ich. Aber diese Frage musst du dir ganz alleine stellen. Ich kann dir nur einen Rat geben. Schau dir das Land an, besuche vielleicht die anderen vier Tempel. Finde heraus, wer du sein willst. Denn wer du warst, ist irrelevant und wer du bist, ändert sich mit jeder deiner Handlungen.” Der Meister trat einen Schritt auf sie zu und legte ihr die Hand auf die Schulter. “Ryo, die Entscheidung über dein Schicksal liegt bei dir, nicht bei anderen. Was wünscht du dir?” Ryo sah ihn kurz an, senkte dann den Blick. “Ich wünsche mir, dass ich lernen kann, was es heißt, zu lieben und zu leben. Ich wünsche mir, herauszufinden, wer ich bin und woher ich komme. Aber all meine Wünsche sind doch nur unsinnig. Ich werde es nie erfahren. Die Menschen mögen mich doch nicht.” “Nein, Ryo. Du magst die Menschen nicht und hältst dich von ihnen fern. Aber dein Blick eben hat mir gesagt, dass es jemanden gibt, an den du dich jetzt mit deinen Problemen wenden möchtest, stimmt das?” , entgegnete der Meister der Zeit. Ryo trat einen Schritt zurück und verbeugte sich leicht. “Ich habe jemanden getroffen, der mir die Augen öffnen wollte. Aber ich habe ihm und seinen Freunden Ärger bereitet. Ich denke, das ist nicht gut.” Dann wandte sie sich ab, um zu gehen. “Ryo. Auf einer Reise braucht man Begleiter. Begleiter, die einem auch mal Probleme machen können. Begleiter, die dich vielleicht nicht mögen. Denn gerade durch solche Erfahrungen wird man ein besserer Mensch. Denk darüber nach.” Ryo ließ die Worte des Meisters kurz in ihren Gedanken kreisen, ehe sie die schweren Holztüren des Tempels hinter sich schloss. Dann lief sie schnell zu sich nach Hause. Im Garten setzte sie sich unter einen Baum. Ihr Blick hing an den vorbeiziehenden Wolken. “Menschen, die mich nicht mögen? Menschen, die mir Probleme machen? Davon gibt es viele, Meister.” Ryo grübelte lange über diese Worte, fand aber keine Lösung. Nicht selbst. Sie schloss die Augen. Vor ihrem inneren Auge huschte ein Bild der Königin her. “Yuki-ou. Ihr konntet mir immer Antworten liefern. Wäret Ihr doch bloß hier, Yuki-ou.” Und ohne dass sie es wollte, schlich sich eine Träne aus ihren Augenwinkeln und huschte über ihre Wange. Ryo war zehn, als sie ein Gespräch von Yuri-san und der Königin mitbekam, in dem es um sie gang. Eigentlich sollte sie längst schlafen und Yuri-san würde böse werden, wenn sie das Mädchen bemerkte, aber Ryo konnte einfach nicht mehr von der nur leicht geöffneten Tür wegtreten. Sie lauschte lange. Bis sie diesen einen Satz horte. “Sie ist nicht meine Tochter, Yuki.” Dieser eine Satz von Yuri-san zerriss Ryos Herz. Das Mädchen schlich leise zurück in ihr Zimmer. Schnell verkroch sie sich unter ihre Bettdecke. Leises Schluchzen und Wimmern war zu hören. “Nein, das ist nicht wahr. So denkst du nicht, Yuri-san!” Ryo wusste schon immer, dass Yuri nicht ihre Mutter war, aber die Wirtin und Schwester der Königin hatte sie immer so freundlich behandelt und geliebt wie eine Tochter. Zumindest hatte sie das gedacht. Irgendwann schlief Ryo unter Tränen ein. “Das hat Yuri gesagt?” Yuhin und Ryo saßen im Schlossgarten am Flussufer. Ryo hatte ihm grade erzählt, was sie in der Nacht zuvor gehört hatte. “Ja, sie hat es gesagt. Sie liebt mich also doch nicht.” Ryo lehnte sie an Yuhins Schulter. Ihre Augen waren schon wieder mit Tränen gefüllt. Der Prinz strich ihr brüderlich übers Haar. “Das ist sicher nur ein Missverständnis.” , versuchte er, sie zu beruhigen. Aber Ryo ließ sich nicht beruhigen. Mit jedem seiner Worte wurde sie nur mehr angeheizt und war mehr überzeugt, dass Yuri sie nicht liebte. “Du liebst mich doch auch nicht, Yuhin. Keiner will ein Kind, von dem niemand weiß, woher sie kommt.” Sie ruckte ein Stück von ihm weg und sah ihn aus ihren roten Augen lange an. Er versuchte, sie an den Schultern zu packen, aber ihr Blick und ihre ganze abwehrende Haltung hinderten ihn daran. “Das Stimmt nicht, Ryo. Wir alle lieben dich. Das weißt du genau! Wieso denkst du auf einmal so etwas?” Yuhin versuchte, sie wieder zur Vernunft zu bringen, aber Ryo hörte ihm nicht zu. “Nein, nein, nein!” Sie schüttelte den Kopf so stark, dass ihr Haar flog. Sie sprang auf und wollte weglaufen. Aber dann stand sie direkt vor Yuki-ou, der Königin und Mutter von Yuhin. Die Königin sah sie leicht betrübt an. Betrübt und entschuldigend. “Du hast uns also belauscht, Ryo? Aber Yuhin hat doch recht. Das ist alles ein Missverständnis.” “Hört auf, zu lügen! Wieso sollte Yuri-san das sonst sagen, wenn sie mich lieben würde?” Ryo mochte die Königin eigentlich sehr, aber jetzt war sie nur wütend und aufgebracht. Sie wartete nicht, bis die Königin wieder etwas erwidern konnte. Sie lief einfach davon. Sie lief aber nicht nach Hause zu Yuri-san. Sie lief weiter zum Tempel und setzte sich dort im Tempelgarten unter einen Baum. An den Stamm gelehnt und die Knie angezogen saß sie da. Sie weinte nicht. Sie hielt die Tränen zurück. “Nie wieder werde ich weinen! Ich will nicht schwach sein. Ich werde mein Leben alleine Leben, dafür brauche ich niemanden. Ich brauche kein Mitleid.” Für Ryo war die ganze Welt auf einen Streich nur noch gegen sie verschworen. Yuhin stieß die Eingangstür des Gasthofes auf. Dabei schlug die Tür fast gegen die Wand, so heftig hatte er sie aufgerammt. “Ryo!” , rief er und stürmte schon die Treppe in den ersten Stock hoch. “Ryo!” Immer und immer wieder rief er nach dem Mädchen. Er stand vor ihrer Zimmertür, klopfte an und dachte, sie sei verschlossen. Aber sie war es nicht. Das Mädchen saß schweigend auf dem Fensterbrett und sah die vorbeiziehenden Wolken an. “Ryo...” Ryo sah den Prinzen nicht an. Aber das störte Yuhin nicht. “Ryo, Mama ist schwer krank. Sie hat gesagt, sie will dich sehen.” , sagte er, während er sich langsam wieder beruhigte. “Ich will sie nicht sehen.” , entgegnete Ryo. “Ryo, sie ist deinetwegen so krank. Sie macht sich Sorgen um dich!” “Hat sie das gesagt?” Ryo sah Yuhin noch immer nicht an. Nicht direkt, aber Yuhin wusste instinktiv, dass sie sein Spiegelbild in der reflektierenden Glasscheibe des Fensters ansah. “Nein, aber ich weiß es!” , gab er zurück. “Bitte, geh zu ihr, Ryo.” “Wenn du dann glücklich bist.” Ryo sprang vom Fensterbrett und ging an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Yuhin sah ihr aus seinen goldenen Augen nach. “Ryo...” Kapitel 7: Yuki-ou ------------------ Liebe mich dann, wenn ich es am wenigsten verdient habe, denn dann brauche ich es am meisten. (unbekannter Autor des Zitats) Jemanden vergessen wollen heißt an ihn denken. (Jean de la Bruyère) Die Königin war schwach. So schwach, dass sie nicht mehr aufstehen konnte. Yuhin hatte gesagt, sie sei so krank geworden, weil sie sich Sorgen um Ryo machte. Das war nicht wahr. Nicht ganz. Die Sorgen um Ryo machten es nur etwas schlimmer, als es so schon war. Ryo sah widerwillig zur Königin, als diese sich vorsichtig in ihrem Bett aufsetzen wollte. Es gelang der Frau nicht. Ryo hatte sie immer so bewundert, jetzt war sie so schwach. Die stärkste Magierin dieses Landes war so schwach geworden. In nur so wenigen Tagen. “Wo habt Ihr eure Magie gelassen, Yuki-ou?” Ryos Stimme klang kalt. Ihr Gesicht war leer, emotionslos. Und doch glühten ihre Augen. Das war diese unverwechselbare Art ihrer Augen, nach Hilfe zu schreien. Yuki kannte diesen Blick inzwischen gut genug, hatte sie ihn doch sechs Jahre lang Tag für Tag immer sehen können. Dieser Schrei nach Liebe, nach wahrer Liebe, nach Geborgenheit, nach Fürsorge. All das wollten Yuri und sie dem Mädchen geben. Und ein einzelnes Gespräch der Schwestern hat sie zum Scheitern verurteilt. Sechs Jahre, und alles war dahin, weil Ryo sie gehört hatte. “Ryo...” Die Stimme der Königin drang kaum an Ryos Ohr. Es war nur ein sanfter Hauch, mit dem sie diesen Namen aussprach. Diesen Namen, den sie und Yuri dem Mädchen gaben, dass sie gefunden hatten. “Ryo, verzeih mir.” Tränen standen in den grünen Augen der Königin. Aber Ryos Mimik änderte sich nicht. Ihr Gesicht blieb weiterhin kalt und leer. “Wo ist Eure Magie?” , fragte Ryo erneut. Yuki hielt die Tränen zurück. Sie wandte den Kopf ab, sah hoch zum Baldachin des schmuckvollen Himmelbettes. “Ich habe die meiste Magie an Yuhin gegeben. Damit er dich mit dieser Magie weiter beschützen kann.” , antwortete Yuki leise. Ein sanftes Lächeln huschte über ihr blasses Gesicht. “Ich brauche niemanden, der mich beschützt.” , sagte Ryo ruhig. Sie wandte sich ab und ging. Yuhin saß am Bett seiner Mutter. Die ganze Zeit über hielt er ihre Hand. Diese schlanke, zarte Hand, die ihn doch Jahre lang immer beschützt und behütet hatte. “Ich wünschte, Ryo wäre hier, Mutter.” Die Königin sah ihren Sohn liebevoll an, als er diese Worte betrübt hervorbrachte. Dann löste sie ihre Hand aus der ihres Sohnes, erhob sie langsam und strich ihm vorsichtig übers Haar. “Yuhin. Ryo braucht jetzt Zeit.” , erklärte sie ihrem Sohn. Der sah sie an. “Zeit? Wofür? Ich wünschte, sie würde sich entschuldigen und einsehen, dass sie falsch liegt.” Yuhin nahm die Hand seiner Mutter vorsichtig, aber bestimmend, von seinem Kopf. “Eigentlich hat sie deine und Yuris Liebe nicht verdient.” “Sag sowas nicht, Yuhin. Grade jetzt, wo sie selbst so sehr Hass auf sich selbst fixiert, braucht sie unsere Liebe mehr als je zuvor. Versteh sie doch bitte, Yuhin.” Yuki sah in Yuhins Augen, wie sehr ihm diese liebevollen Worte seiner Mutter schmerzten. Er würde Ryo schon noch verzeihen können. Egal, was passiert, Yuki wusste es. Sie hoffte, sie wünschte es sich. Die Tage vergingen. Oder eher, sie flossen dahin, zäh wie ein altes Kaugummi dehnte sie sich. Jede Sekunde, die Ryo im Schloss war, wurde es für sie unerträglicher. Aber Yuri-san hatte sie mitgenommen, jetzt, wo es Yuki-ou immer schlechter ging. Yuri meinte immer noch, dass alles ein gutes Ende nehmen könnte, aber Ryo hatte längst erkannt, das es keine Hoffnung mehr gab. Nicht für Yuki-ou, nicht für Yuhin, dem das Herz durch den Tod seiner Mutter sicher brechen würde. Nicht für sie, die sie sich ihr Leben selbst verbaute, indem sie sich abschottete. Ryo stand etwas abseits von Yuri-san, die sich leise mit dem König über das Befinden ihrer Schwester unterhielt. Das Mädchen stand mehr genervt an einer Steinsäule gelehnt da und starrte den Gang hinunter, in Richtung des Schlafzimmers der Königin. Sie hatte seit einigen Tagen immer dieses Gefühl, genau zu wissen, wo Yuhin war. So war sie ihm die letzten Tage immerzu ausgewichen. Sie wusste nicht, ob es daran lag, dass er stärker geworden war, oder ob vielleicht Yuki-ou irgendwas damit zutun hatte. Aber sie merkte, dass ihr komisches Gespür für Yuhins Anwesenheit langsam stärker wurde und sogar begann, andere Menschen zu betreffen. Sie dachte sich, dass das vielleicht irgendwann praktisch sein könnte. Irgendwann kam Yuhin den Gang entlang. Sie spürte, wie er langsam näher kam. Es war, als würde seine Seele die Beschaffenheit der Luft ändern oder einen großen Druck auf sie ausüben, der immer größer wurde, je näher er kam. Und dann stand er fast direkt vor ihr und sah ihr mit verweinten, goldgelben Augen entgegen. “Was weinst du, Yuhin? Noch ist sie nicht tot.” Ryos Worte waren kalt, distanziert. Erschreckend. Yuhin biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut loszubrüllen, dass sie die Klappe halten solle. Aber ihr kühles, ausdrucksloses Gesicht machte ihn wütend. Er wollte sie immer beschützen. Nur dafür war er stark geworden. Und jetzt hatte sie sich so verändert. “Tse.” Ryo wandte abweisend den Kopf zur Seite hin ab. Und in dem Moment platzte Yuhin für einen kurzen Augenblick der Geduldsfaden. Ohne groß nachzudenken, stürzte er sich auf Ryo, warf sich mit ihr zu Boden und holte zu einem Schlag auf ihr Gesicht aus. Kurz vor ihrem Gesicht brachte er aber seine Faust zum Stoppen. “Wieso erschreckst du nicht, wenn ich dich schlagen will?” , fragte er. Seine Faust hielt er noch immer vor ihr Gesicht, auch wenn er schwächer gewesen wäre, der Schlag hätte noch kommen können. Sein Blick fixierte ihren. Goldene Augen versanken in roten. “Schlag mich doch, Yuhin. Ich mach mir da nichts draus.” , entgegnete Ryo so kalt, wie sie in den letzten Tagen immer sprach. Yuhin hasste es, seine beste Freundin, das Mädchen, das er so gern gehabt hatte, so reden zu hören. Die Faust ruckte vorwärts. Und schlug knapp neben ihrem Gesicht auf den Boden. Yuhins Fingerknöchel schmerzten. “Wieso, Ryo? Wieso willst du nicht über alles reden?” Seine linke Hand, die Ryos Schulter umfasst hatte, zitterte und er krallte seine Finger in ihre Kleidung, um es zu unterdrücken. “Es gibt nichts zu reden, Yuhin.” Ryo sah ihn an. Und er fühlte sich wie ein Eisklotz. So eisig war ihr Blick für ihn. Und dann stand er auf. Er wollte ihr aufhelfen, doch sie war schon selbst aufgestanden und längst auf dem Weg den Gang hinunter. “Wo willst du hin?” , rief Yuhin ihr nach. Seine Stimme klang besorgt. Der Gang, den sie langgehen wollte, führte doch zum Zimmer seiner Mutter. “Yuki-ou besuchen.” , war Ryos Antwort. Sie hatte sich nur halb im Gehen umgedreht, den Kopf gesenkt gehalten. Dadurch konnte Yuhin ihre Augen nicht sehen. Aber aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, sie waren bei diesen Worten nicht so kalt gewesen, wie zuvor. Es klopfte an der Tür. Und dann wurde sie leise aufgeschoben, ohne dass Yuki dem Besucher Einlass gewährt hatte. Sie hatte eh gewusst, wer vor der verschlossenen Tür stand. “Du siehst aus, als würde es dir nicht gut gehen, Ryo.” , bemerkte sie sanft lächelnd. Ryo kam schweigend an das Bett und sah die Königin an. Yukis Blick war durch die Krankheit immer trüber geworden und die einst so schönen, grasgrünen Augen waren nur noch schwach grün und dunkel. Die eh immer blasse Haut war noch blasser und durchscheinender geworden. Und doch lag dieses sanfte Lächeln auf ihren schmalen, ebenfalls blassen Lippen. “Yuhin hat mich angemault, dass ich so ein Theater abziehen würde. Aber das stimmt nicht. Ihr habt alle unrecht.” , murrte Ryo und sah dabei zur Seite. Yuki streckte ihre Hand vorsichtig aus. Diese kleine Bewegung kostete ihr viel Kraft, aber sie wusste ja nicht, wie viel Zeit ihr sonst noch mit Ryo vergönnt war. Mit schwachem Griff umfasste sie das Handgelenk des Mädchens. “Ryo, weißt du, was du jetzt brauchst?” , fragte sie das Mädchen. Ryo schüttelte den Kopf, sah sie aber noch immer nicht an. Yuki lächelte immer noch sanft, aber inzwischen lag auch Mitleid in ihrem Gesichtsausdruck. “Du brauchst Gefährten, die dich so annehmen, wie du bist, Ryo.” , erklärte sie. “Ich brauche niemanden!” , rief das Mädchen sofort aufgebracht und sah der Königin dabei unwillig in die Augen. Sofort zuckte sie zusammen, als ihr Blick auf den sanften der Königin traf. Sofort sah sie wieder zur Seite. “Stimmt, Ryo. Du brauchst niemanden. Wenn du so bleiben willst, wie du bist.” Der Griff der Königin löste sich von ihrem Handgelenk und Ryo hörte, wie die Hand das Bettlaken zum Rascheln brachte, als sie abgelegt wurde. “Yuki-ou, was meint Ihr mit Gefährten?” Ryo sah die Königin verständnislos an. Aber die Königin schloss nur lächelnd die Augen. “Eines Tages wirst du mich verstehen, Ryo.” , flüsterte Yuki. Bald darauf schlief sie ein. Das Gespräch schien sie erschöpft zu haben. “Ich werde Euch nie verstehen, Yuki-ou.” , flüsterte Ryo, als sie leise den Raum verließ, darauf bedacht, Yuki nicht mehr aufzuwecken. Aber in dem Moment wusste Ryo schon, dass die Königin wahrscheinlich nie wieder aufwachen würde. Ryo hatte es gespürt. Wie schwach die Königin wirklich war. Und langsam verstand das Mädchen. Yuki hatte all ihre Kraft auf Yuhin und Ryo verteilt, damit beide ihre von Yuki zugedachte Aufgabe erfüllen können. Und Ryos Aufgabe hieß, herauszufinden, wer sie war. Kapitel 8: Yuhins Bitte ----------------------- Ryo wachte auf, weil jemand an ihr rüttelte. Als sie die Augen aufschlug, sah sie in das missmutige Gesicht einer Schlosswache. “Ryo-san, der Prinz wartet auf Euch. Ihr habt verschlafen, wie mir scheint.” Die Wache klang leicht genervt und gestresst. Ryo stand auf und streckte sich ausgiebig. “Tut mir leid. Ich hoffe, Yuhin hat euch Wachen keinen Stress gemacht, zumindest nicht zu sehr.” , meinte sie dabei und unterdrückte ein müdes Gähnen. Eigentlich wollte sie nicht gegen Yuhin kämpfen. Sie wusste so, dass sie nicht gegen ihn ankommen könnte. Aber Yuhin wollte es jedes Mal. Meistens war es ein Spiel, wer länger durchhielt. Sie, indem sie auswich und wartete, bis er zu viel seiner Kraft verlor, oder er, der darauf wartete, dass sie einen Fehltritt machte und in seine Falle tappte. Und doch war er es meistens, der gewann. Sie verlor einfach zu schnell ihre Geduld. Es nervte sie zu schnell, nur ausweichen zu können, nur wegrennen zu können. Ryo schlurfte langsam zur Kampfstätte zurück. Die Wache hat sie auf dem Weg begleitet. Am Eingang zum Kampfring verabschiedete der Mann sich und wünschte Ryo viel Glück. Mehr aus Höflichkeit, als weil er wirklich wollte oder hoffte, dass sie gewinnt. Als Ryo den Kampfring schließlich betrat, stand Yuhin schon dort, wartend und die Arme vor der Brust verschränkt. “Da bist du ja!” , rief er ihr sofort tadelnd zu, als ob er mit einem Kind sprechen würde, das zu spät nach Hause gekommen ist. Ryo ließ sich nicht beeindrucken. Sie sah ihm einfach entgegen. “Tut mir leid, Yuhin. Ich habe an jemand bestimmtes denken müssen.” , entgegnete sie. Dass sie an seine Mutter gedacht hatte, sagte sie ihm natürlich nicht. Sie wusste zu gut, wie er reagierte, wenn man von seiner Mutter sprach. Alles, was vor neun Jahren geschehen war, war der Auslöser für diese Turnierkämpfe geworden. Der Tod von Yuki-ou war mehr als ein Tag, den alle als nationalen Trauer- und Feiertag ansahen. Es war ein Tag, den Yuhin und Ryo tief in ihren Seelen erschüttert und verändert hatte. Und die Kampfturniere waren eigentlich nur die offizielle Version ihres damals angefangenen und trotzdem nie wirklich stattgefundenen Kampfes. Ryo wollte nicht kämpfen. Sie hatte keine Lust darauf, sich von Yuhin umherhetzen zu lassen. “Wieso lassen wir nicht die Vergangenheit auf sich beruhen, Yuhin? Es macht einfach keinen Sinn mehr, neun Jahre später noch weiterzukämpfen.” , fragte sie, auch wenn sie wusste, dass es nichts brachte. Geistig machte sie sich schon längst auf einen Angriff des anderen bereit. “Weil es erst vorbei ist, wenn alles wie früher ist, Ryo.” Und mit seiner Antwort griff Yuhin an. Ryo war schnell. Aber Kurogane fiel sofort auf, dass sie nur halb so schnell wirkte wie in dem Kampf gegen ihn. Dem Ninja fiel aber auch auf, dass Yuhin etwas langsamer schien als zuvor. “Sind die beiden langsamer als zuvor?” , fragte Shaolan, der sich wohl die selbe Frage gestellt haben muss wie er. Kurogane nickte leicht. “Das Gefühl habe ich auch.” , antwortete er. Shaolan, Fye und er sahen noch immer bei den Kämpfen zu. Sie hatten die Zeit zwischen den Kämpfen dafür genutzt, kurz in den Gasthof zu gehen, wo Yuri-san sich um die Wunden von Fye gekümmert hatte. Das meiste waren seltsamer Weise nur Schrammen gewesen. Yuri-san hat gemeint, dass wohl jemand anderes die schlimmsten Wunden schon etwas versorgt haben musste. “Eigentlich komisch. Ich frage mich, wer von den beiden als erstes seinen kühlen Kopf verliert.” Fye lehnte halb auf dem Geländer und sah auf das Kampfgeschehen runter. “Wieso? Wieso?” , quäkte Mokona und hüpfte zu ihm rüber. Fye grinste das weiße Etwas an. “Weil derjenige, der zuerst seine Strategie aufgibt, verlieren wird.” , antwortete er. Aber Mokona sah ihn nur verwundert an. Der Kleine schien das nicht zu verstehen und hüpfte statt dessen wieder zu Shaolan rüber. “Wäre schon dämlich, wenn die Kleine da jetzt verlieren würde. Dann würde ich mich einfach nur mies fühlen.” , murrte Kurogane. Fye lächelte. “Stimmt, Kuro-rin. Dann wärest du in deinem Stolz verletzt, nicht wahr?” Kurogane sah Fye etwas genervt an. Dabei hatte Fye mit seiner Aussage natürlich genau ins Schwarze getroffen, sprichwörtlich gesehen natürlich. “Ah?” Mokona quäkte auf einmal laut. Fye und Kurogane guckten wieder runter zu den Kämpfenden. Ryo lag rücklings auf da und sah zu Yuhin hoch, der über ihr stand. Seine Arme verschränkte der Prinz vor der Brust. Seine goldenen Augen hingen an ihren blutroten Iriden. “Mist, das gibt es nicht.” , fluchte Ryo leise. Sie hatte keine Lust darauf, sich jetzt fertig machen zu lassen. Sie wollte es ein für alle mal beenden, aber Yuhin würde es unter diesen Umständen sicher nicht enden lassen. “Du wirst es nie einsehen, oder, Ryo?” Yuhins Worte waren nur ein leises Flüstern, aber grade noch laut genug, dass Ryo sie hören konnte. “Sie ist deinetwegen gestorben.” Ryo sprang auf. Ehre, Magie, andere Kampfmethoden, in diesem Moment war alles weg. Sie riss Yuhin um und kniete jetzt halb auf seiner Brust. “Nein, sie ist nicht meinetwegen gestorben!” , schrie sie ihn wütend an. Yuhin sah fast schon überrascht und erschrocken über die Reaktion zurück zu ihr. “Sie ist gestorben, weil sie etwas zeigen wollte. Ich war nur zu dumm, es zu erkennen.” Ryo biss sich fest auf die Unterlippe, bis ein kleiner Tropfen Blut von ihrer Lippe zu ihrem Kinn hinunterlief. “Ich soll nicht alleine sein. Ich darf nicht alleine sein.” Tränen bildeten ich in ihren Augen. Und Yuhin sah es ganz genau. Der Schmerz in ihren Augen. Sein Herz schien ihm zu zerspringen. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen und ihr gesagt, dass sie nicht alleine ist, dass es okay sei. Aber sie hatte noch nicht alles eingesehen und solange würde er es auch nicht einsehen. “Und was willst du jetzt tun, Ryo?” Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren matt. Er kannte die Antwort, er wusste doch, dass es irgendwann so kommen würde. Er wusste es, seine Mutter hatte es ihm doch nur wenige Tage vor ihrem Tod erzählt. Dass Ryo sich eines Tages so entscheiden würde, dass sie ihn eines Tages alleine lassen würde. “Ich werde nach mir selbst suchen. Deswegen musst du auch auf mich warten, damit ich einen Ort habe, an den ich zurückkehren kann.” Ryo sah ihm tief in die Augen. Und Yuhin wusste, dass sie die Wahrheit sagte, dass sie eines Tages zurück kommen würde. “Wenn du weißt, wer du bist, wirst du dann wieder die Ryo sein, die ich liebe?” Ryo sah ihn nach diesen sanften Worten aus großen Augen an. Nie zuvor hatte er ihr wirklich gesagt, dass er sie liebt. Aber in diesem Moment fand er, dass sie es wissen musste, bevor sie ihn verlassen würde. Vielleicht für länger als sie und er jetzt wissen konnten. Ryo schwieg, blieb ihm die Antwort auf die Frage schuldig. Aber insgeheim wusste er, dass sie zumindest wieder etwas mehr so sein würde, wie sie war, bevor seine Mutter starb. Bevor alles für sie und ihn zu einem einzigen Dilemma wurde. Der Kampf war vorbei. Yuhin hat aufgegeben. Weiterkämpfen hätte keinen Sinn ergeben. Die Teilnehmer wurden alle zum Essen in den Schlossgarten eingeladen. Ryo war nicht gekommen. Sie war sofort nach den Kämpfen nach Hause gegangen. Yuhin hatte sich zu Fye, Shaolan und Kurogane, die in einer einsamen Ecke der Gartenanlage saßen, gesellt. Die drei Reisenden sahen den Prinzen fragend an, als er auf sie zukam. Kuroganes Blick war, wie immer, misstrauisch und ablehnend, aber Yuhin ließ sich nicht beirren. “Ich habe eine Bitte an euch.” Ohne eine Begrüßung oder ähnliches setzte er ich zu ihnen und fing an zu reden. “Und was für eine?” , fragte Kurogane sofort, der sichtlich nicht gewillt war, dem Prinzen eine Bitte zu erfüllen. Yuhin sah allen dreien einmal lange ins Gesicht, bevor er sich im Sitzen so tief verbeugte, wie es möglich war. “Begleitet Ryo auf ihrer Reise durch dieses Land und durch ihre eigene Vergangenheit.” Fye und Shaolan sahen den Prinzen verwundert an, während Kurogane missbilligend aufseufzte. “Wieso begleitest du sie nicht selbst?” , fragte der Schwarzhaarige. Yuhin setzte sich wieder grade hin und sah Kurogane entgegen. “Wenn ich das könnte, hätte ich das längst getan. Aber auf einer solchen Reise darf ich sie nicht begleiten. Denn auch, wenn sie dadurch wieder wie früher werden würde, sie würde nie die Ryo werden, die ich einst kannte.” , entgegnete Yuhin mit fester Stimme. Sein Blick hielt dem Kuroganes tapfer stand. “Stimmt. Schließlich würde sie nicht nur einsehen, dass sie eventuell einen Fehler begangen hat, sonder sie würde auch herausfinden, wer sie wirklich ist. Da wäre es wirklich nicht so toll, wenn du, der einfach nur die alte Ryo wiederhaben will, mitgeht. Aber wieso fragst du uns?” Fye sah Yuhin lächelnd an und stützte das Kinn auf seiner Handfläche. “Weil sie auf jemanden gewartet hat. Ich weiß nicht, auf wen, aber ich weiß, dass es mit ihrer Vergangenheit zutun hat. Und jetzt, wo ihr aufgetaucht seid, hat sich alles wieder ins Rollen begeben.” , antwortete Yuhin. “Mokona geht mit ihr mit!” , rief das weiße Etwas und sprang zu Yuhin. Der sah Mokona fragend an. “Wer bist du denn?” , fragte er. “Mokona ist Mokona! Mokona Modoki.” , antwortete Mokona fröhlich. Yuhin nickte verstehend. “Natürlich. Und was bist du?” “Mokona ist unser Maskottchen und Dimensionstransportmittel.” , erklärte Fye kurz. “Und ohne ihn kommen wir nicht weiter. Also müssen wir wohl hier bleiben. Das Manjuu setzt sich auch nur Blödsinn in den Kopf.” , fügte Kurogane hinzu. “Ich habe noch eine Bitte.” , fügte Yuhin nach einigen Sekunden des Schweigens hinzu. Alle sahen ihn fragend an. “Es ist nicht so, dass ihr sie begleiten sollt, um sie vor anderen zu schützen. Da hätte ich einfach einige Wachen mit ihr schicken können, das sagtet ihr bereits selbst.” Yuhin machte eine Pause. Dann sprach er mit gedämpfter Stimme weiter. “Ihr müsst sie vor sich selbst beschützen.” “Vor ihr selbst?” , fragte Shaolan. Yuhin nickte. “Alles, was sie erfahren wird auf dieser Reise, könnte ihre verletzte Seele heilen, aber genauso gut könnte es sein, dass...” Er sprach nicht weiter, sah bedrückt zu Boden. “Dass es sie innerlich nur noch mehr zerreist und sie ihr eigenes Ziel aus den Augen verliert. Und dann würde sie nie an ihr Ziel kommen.” , beendete Fye den Satz. “Ja. Und dann wäre alles umsonst. Davor kann sie keiner schützen, der sie mag oder mal gemocht hat. Man braucht Menschen, die einen annehmen, auch wenn man ihnen Probleme bereitet, man braucht Gefährten, die einem das Leben schwer machen können. Man braucht Gefährten, die da sind, obwohl sie keinen persönlichen Grund haben, da zu sein. Und deswegen bitte ich euch drei. Ryo würde es nicht wollen, aber ich bitte euch, begleitet sie auf dieser Reise, damit ich mir keine Sorgen um sie machen muss.” Wieder verbeugte er sich im Sitzen. “Vor ein paar Stunden wolltest du Fye noch umbringen und jetzt bittest du uns um so etwas?” , murrte Kurogane. “Also ich finde es okay. So können wir mehr von diesem Land sehen, nicht wahr, Shaolan-kun?” , meinte Fye. Shaolan nickte. “Dann begleiten wir Ryo.” , rief Mokona fröhlich wie immer. “Bin ich der Einzige, der dagegen ist?” , seufzte Kurogane genervt. Aber er war eindeutig überstimmt worden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)