Revived von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 1: 1 ------------ Marduk Babylon – 950 v.C. Die Palastmauern erstreckten sich über 100 Meter – und dennoch! Die Schreie und Rufe der Untertanen drangen bis an Nabus Ohren. Wie auch sonst, beschlich ihn ein unangenehmes Gefühl, als er vor die Menge trat. Er war sich nie zur Genze sicher, ob sie ihn zujubelten, weil sie ihn mochten, oder er lediglich als ihr König fungierte. Trotzdem hatte er seine Pflichten zu erfüllen. Seine Diener und Soldaten lächelten ihm zu, als er an ihnen vorbeischritt. Sein Ziel war der Balkon, über welchem er mit seinen gesamten Untertanen sprechen konnte. Diese königliche Pflicht musste er einmal im Monat erfüllen. Seine Untertanen sollten wissen, dass es ihrem König gut ging, und er alles tat, um die Wirtschaft und das Wohlergehen der Menschen in Babylonien zu verbessern. Heute hatte er ihnen allerdings nicht viel mitzuteilen. Babylonien und vor allem der Hauptstadt Babylon ging es gut. Die Händler erwirtschafteten einen großen Profit und die Soldaten bewachten die Stadtmauern mit großer Vorsicht. Nabu wollte ihnen lediglich einen schönen Tag wünschen und ihnen versprechen, weiterhin für ihr Wohlergehen zu sorgen. Obwohl er es nicht für möglich gehalten hatte wurde der Jubel noch größer, als er den Balkon betrat. Um für Ruhe zu sorgen, war es lediglich notwendig seine Arme zu heben und die Untertanen verstummten. Sie hatten Respekt vor ihrem König. In dieser Zeit war das eine große Ausnahme. Die meisten Könige reagierten ihre Länder mit eiserner Hand und schürften Angst unter den Leuten. Nabu verabscheute ein solches Regime. Seine Untertanen sollten frei leben und keine Angst vor ihm, oder irgendwelchen Feinden haben. Babylon war wahrscheinlich die stark bewachteste Stadt des Kontinents. Kein Feind hatte es bisher gewagt einzudringen. Auch die Kriminalität hielt sich in Grenzen. Nabu gab allen eine Chance, vorausgesetzt, sie hatten es verdient. Trotz seiner 14 Jahre hatte er das Talent für die Führung eines Landes, und war somit ägyptischen oder kanaänischen Königen, die manchmal mit selbigem Alter zum König ernannt wurden, eines voraus. Er dankte seinen Untertanen für ihr Vertrauen und versprach weiterhin sein bestes zu tun. Er redete weiter, traute aber bald seinen Augen nicht mehr. Mit jedem Wort, das er sprach verschwanden mehrere seiner Bürger. Kaum hatte er den letzten Satz beendet hatten sich seine Untertanen in Luft aufgelöst. Selbst seine Soldaten und Diener waren verschwunden. Das Bild um Nabu begann sich zu drehen und der König erwachte unsanft aus seinem Schlaf. Es dauerte etwas, bis er erkannte, dass sein Schlaf mit Absicht unterbrochen wurde. Jemand hatte ihn wachgerüttelt, und tat dies noch immer. Als derjenige erkannte, dass Nabu wieder bei Bewusstsein war, ließ er von ihm ab. Stattessen begann er mit wüsten Belehrungen. „Du hast wieder den ganzen Unterricht über geschlafen, nicht wahr?“, ermahnte ihn der Mann, der scheinbar Nabus Lehrer war. Nabu rang sich ein verschlafenes Lächeln ab. „Ich hab geträumt.“, erwiderte er gähnend. Das schien aber nicht die Antwort zu sein, die sein Lehrer erwartet hatte. „Ach Nabu, was soll ich nur mit dir anstellen?“, seufzte er. Nabu rang sich eine Entschuldigung ab, wie aber kaum ernst gemeint war. Adads Unterricht war einfach zum Einschlafen, daran ließ sich nichts ändern. Adad versuchte ja seinen Unterricht interessanter zu gestallten, doch Nabu war sehr anspruchsvoll. Für Adad war es einerseits eine Ehre den jungen, zukünftigen König auszubilden, andererseits eine Qual. Nabu hörte kaum zu und lernte nur bedingt. „Nabu, eines Tages wirst du der Herrscher über Babylon sein. Was glaubst du halten deine Untertanen von einem Herrscher, der nicht einmal die Geschichte des Landes wiedergeben kann?“, fuhr Adad seinen Schüler an. Nabu presste die Lippen zusammen. Er verschwieg Adad, was er geträumt hatte. Diesen Traum träumte er heute nicht zum Ersten Mal. Bereits seit er klein war, wurde ihm gesagt, dass er der nächste König sein würde. Damals hatte Nabu dies mit einem Nicken und einem Achselzucken entgegengenommen. Als er älter wurde, wurde ihm immer mehr die Verantwortung bewusst, der er sich eines Tages stellen musste. Im Moment regierte sein Onkel das Land, aber dieser würde nicht ewig leben. Wenn er starb, oder das Land aus irgendeinem Grund nicht mehr regieren konnte, war Nabu an der Reihe den Thron zu besteigen. Obwohl Adad es nicht glaubte, fühlte sich Nabu dazu bereit. Es mochte gut sein, dass ihn Adad Unterricht wenig interessierte, aber er begleitete seinen Onkel stets, wenn dieser wichtige Ansprachen hielt, oder nur einfache Bürger empfing. Sein Onkel war von Natur aus freundlich. Er empfing die Bürger jeglicher Schichten und hörte sich ihre Belange an. Meist waren es Bauern, die um etwas Hilfe bei der Feldarbeit baten. „Ich hoffe du hast ausgeschlafen, damit wir uns wieder dem Unterricht zuwenden können.“, meinte Adad nun streng. Nabu murmelte etwas von einverstanden, beschloss aber dennoch Adad nicht richtig zuzuhören. Sein Lehrer wendete sich wieder der Tafel zu und Nabu blickte in Richtung Fenster. Dann war er auf einmal hellwach. Er blickte zu Adad, welcher damit beschäftigt war, einige Sätze auf den großen Papyrus zu schreiben, der vor ihm hing. Nabu wollte seine Chance nutzen und abhauen. Nicht, dass er dies noch nie getan hätte, aber Adad wirkte diesmal noch verärgerter. Trotzdem! Nabu war sich sicher, wieder einzuschlafen, wenn Adad von seinen Vorfahren zu erzählen begann. In einem Unbemerkten Moment stand er auf und huschte wie ein Schatten zum Fenster. Adad bemerkte immer noch nichts von der vermeintlichen Flucht. Nabu kletterte lautlos auf den Sims und blickte nach unten. Der Raum, in dem sein Unterricht stattfand, lag in 100 Meter Höhe, doch diese ließ sich leicht umgehen. Er kletterte den schmalen Mauerrand entlang, bis er eine Vertiefung erreichte. Er sprang zirka einen Meter abwärts und landete auf einem breiten Balkon. Das Zimmer, das sich dahinter verbarg war die Bibliothek, in der Nabu ebenfalls geraume Zeit zubringen musste. Er schob die Vorhänge beiseite und betrat das Innere. Es war erst Morgen, und kein Mensch befand sie in der geräumigen Halle. Nabu konnte sie also unbemerkt durchqueren und auf den Gang hinaus huschen. Er lief die lange Treppe hinunter, stoppte aber kurz vor dem Eingang. Das einzige, was vor ihm und der Freiheit stand, waren die Palastwachen. Nabu überlegte fieberhaft, wie er dieses Hindernis meistern könnte. Das Haupttor, war der einzige Eingang in den Palast. Um Einbrecher oder Spione abzuwehren waren alle Fenster in mindestens 20 Meter Höhe angelegt worden. Nabu musste also an ihnen vorbei. Er hatte auch schon den einfachsten Plan. Den Prinzen von Babylon würden sie nicht einfach ohne Fragerei vorbeilassen, aber einen gewöhnlichen Stalljungen schon. Nabu musste nichts weiter tun, als sich eine passende Kluft zu suchen und seine Haare etwas zu zerzausen. Mit angehaltenem Atem marschierte er an den Wachen vorbei, welche ihm zwar überraschte Blicke zuwarfen, ihn aber nicht ansprachen. Als er den Palast hinter sich gelassen hatte, beschloss er seine Kleidung dennoch zu behalten. Ein Einwohner von Babylon würden ihm zwar nie Leid zufügen, dennoch wollte er nicht erkannt werden. Adad hatte sein Verschwinden inzwischen sicher bemerkt, doch Nabu wollte zumindest verschleiern, dass er sich aus dem Palast geschlichen hatte. Bei seiner Rückkehr würde er dann behaupten, in sein Zimmer zurückgegangen zu sein. „Oh, der junge Prinz! Heute ganz allein unterwegs?“, fragte nun plötzlich jemand. Nabu zuckte zusammen. Erschrocken blickte er sich nach allen Seiten um und erkannte eine Frau. Es handelte sich um Iddina, eine Verkäuferin, die allen möglichen Kram anbot. Nabu war ihr bereits öfters begegnet. „Wie…haben Sie mich erkannt?“, fragte er staunend. Iddina tat eine abwertende Handbewegung. Wer wäre ich den, wenn ich unseren Prinzen nicht erkennen würde?“, fragte sie fordernd. Nabu konnte zuerst nichts darauf erwidern. „Na, habt Ihr Euch wieder einmal aus dem Palast geschlichen?“, musste Iddina schon etwas kichern. Nabu kratzte sich verlegen am Kopf und nickte. „Ich verrate dich schon nicht, wenn jemand fragt.“, zwinkerte Iddina dem jungen Prinzen verschwörerisch zu. Nabu sprach ihr seinen Dank aus und wollte weitergehen. Iddina schien jedoch noch etwas Wichtiges sagen zu wollen. „Mein Prinz! Tut mir Leid, wenn folgendes Anmaßend klingt aber…jeder hat zwar das Recht frei zu sein, aber dennoch bleibt Ihr der Prinz. Ihr wolltet zumindest die Wachen bei Euch haben. Wenn Euch etwas zustößt, wer soll dann eines Tages…“, versuchte Iddina die richtigen Worte zu finden. Zuerst reagierte Nabu etwas geschockt, dann lächelte er ihr aber dankbar zu. „Deine Angst schmeichelt dir, aber ich kann auf mich aufpassen. Außerdem ist Babylon eine der sichersten Städte der Welt, weswegen kein Grund zur Sorge besteht.“, beruhigte sie der Prinz schnell. Obwohl Iddina nickte, spürte Nabu, dass sie noch immer Zweifel verspürte. Er beschloss sie jedoch damit allein zu lassen und weiter zu ziehen. Zu viel Zeit wollte er nicht opfern. Je mehr Zeit verstrich, umso wütender würde Adad auf ihn sein. Eines wollte Nabu aber noch unbedingt. Das Leben im Palast war sehr einsam und die Anzahl seiner Freunde beschränkte sich auf Adad und seinen Onkel. Und natürlich Naid. Naid lebte allerdings jeder im Palast, noch in dessen Umgebung. Es musste nun zwei Jahre her sein, als Naid mit seinem Vater, einem Bauern den königlichen Ratsaal aufsuchte. Naid hielt sich zurück, während sein Vater mit Nabus Onkel sprach. Er war mit den Ernten in Verzug geraten und erbat mehr Zeit. Normalerweise war Nabus Onkel in solchen Angelegenheiten gütig und ging gern auf die Belangen seiner Bürger ein. Heute schien er allerdings einen schlechteren Tag erwischt zu haben. Zuerst fuhr er Naids Vater an, doch dann sprang sein Sohn dazwischen. „So spricht keiner mit Vater! Wer glaubst du wer du bist?“, hatte er ihn angefahren, obwohl er die Antwort sofort wusste. Nabus Onkel, der in Babylon, als König Schamasch-Mudammiq bekannt war, wollte ihn zurechtstutzen, doch Nabu, der ebenfalls im Raum war, kicherte nur. Er kannte nicht viele Menschen, die sich gegen seinen Onkel auflehnten. Dieser Naid interessierte ihn. Er überredete seinen Onkel nicht so stur zu sein, welcher dann auch schließlich nachgab. Das war auch der Beginn von Nabus und Naids Freundschaft. Der Ort, an dem sie sich trafen, war jedoch auf den Palast beschränkt. Sein Onkel war stets in Sorge um seinen Neffen, und ließ auch nur selten in die Stadt. Und wenn dies erforderlich, besaß Nabu gleich eine ganze Leibgarde. Doch er fand diese Maßnahme unnütz. Die Bürger von Babylon kannten und mochten den jungen Prinzen. Gut, es gab immer wieder einige Leute, die etwas gegen den König hatten und Nabu für ihre Zwecke verwenden wollten. Diese Anzahl von Verbrechern war in Babylon jedoch selten. Nabu sah zu den Stadtmauern und seufzte. Er hatte bis jetzt nur einmal die Hauptstadt verlassen dürfen und dass auch nur für ein paar Tage. Sein Onkel hatte ihn zu einem Ausritt mitgenommen. Als Nabu sich jedoch dumm angestellt und vom Pferd gefallen war, wurde sofort der Rückweg angetreten. Nabu hatte sich zwar nicht wirklich verletzt, aber sein Onkel blieb hart. Nabu konnte ihn verstehen. Immerhin war er der zukünftige König. Neben Adad, der ihn alles Wissenswerte lehrte, besaß Nabu auch einen Trainer, der ihm das Kämpfen beibrachte. Nabu stellte sich dabei zwar noch etwas ungeschickt an, aber dennoch wurde er oft gelobt. Sein Trainer war eindeutig freundlicher als Adad. Oder traute er sich nur nicht, am Prinzen Kritik zu üben? Adad war diesbezüglich offener. Bestimmt fluchte er bereits, dass Nabu sich davongeschlichen hatte. Dieser beschloss sich zu beeilen und Naid noch einen guten Tag zu wünschen und ihm eventuell etwas von seinem Frühstück zu stibitzen. Als Nabus Onkel den Klassenraum betrat, fand er Adad mit hängendem Kopf vor. Als er seinen Kopf wendete und den leeren Platz vorfand, an dem Nabu noch vor einigen Minuten gesessen war, begann er lautstark zu lachen. Adad fand diese Reaktion unpassend. „Mein König, Euer Neffe hat sich bereits zum dritten Mal meinem Klassenraum geschlichen.“, beschwerte er sich. Der König unterbrach sein Lachen. „Und zum dritten Mal, hast du es nicht bemerkt, alter Freund.“, erwiderte er halb vorwurfsvoll und halb amüsiert. Diesen Schuh musste Adad sich anziehen. Wenn er einmal für Babylons Geschichte und seine Vorfahren vertieft war, schaltete er seine Umgebung komplett aus. „Ich werde mich sofort auf die Suche begeben.“, versprach er. König Schamasch-Mudammiq schien aber nichts davon zu halten. „Lass es gut sein. Er würde dir nur wieder entwischen. Ich werde die Palastwachen anweisen den Prinzen zurückzuholen.“, erwiderte er. Adad, der noch immer ein schlechtes Gewissen besaß nickte verständnisvoll. König Schamasch-Mudammiq war ein gutmütiger Mensch. Das Einzige, was ihn von einer Vergebung Adads abhalten konnte, war wenn Nabu etwas zustoßen sollte. Aber wahrscheinlich sorgte sich der Herrscher ganz umsonst. Die Feinde Babylons lauerten außerhalb der Stadt und nicht im Inneren. Nabu würde unversehrt zu ihm zurückkehren. Eines bereitete ihm allerdings besonders Sorgen. Die Feinde, die Babylon bedrohten kamen nicht nur aus anderen Ländern, sondern aus Babylonien selbst. Anderen Herrschern passte Schamasch Regierung und seine Sanftheit nicht. Dennoch würden diese Feinde nie einen Angriff wagen. Babylon stand unter dem Schutz des Hauptgottes Marduk. Im Gegensatz zu seinen Sgleichen, ließ dieser die Hauptstadt des Babylonischen Reiches nie aus den Augen. Ihm waren die Menschen des Landes ebenso wichtig wie Schamasch. Das war wohl auch der Grund, warum dieser ihn so schätzte und verehrte. Aber da gab es noch einen Grund. Und dieser betraf Nabu und dessen Herkunft. Der König ließ den bedrückten Adad zurück und marschierte in Richtung Treppe. Zwei Wachen standen davor, die ihren König zuerst musterten, bevor sie ihn passieren ließen. Dies hatte den Grund, dass sie nicht direkt Schamasch-Mudammiq unterstanden, sondern Marduk. Wenn sich dieser nicht gerade in den göttlichen Sphären aufhielt, dann in seinen Räumlichkeiten des Babylonischen Palastes. Heute war einer dieser Tage, an dem der König die Gottheit dort vorfinden würde. Der König stöhnte hörbar, als er die lange Treppe nach oben stieg. Man konnte ihn eher als gewichtig oder korpulent beschreiben. Am oberen Ende befanden sich zwei weitere Wachen. Sie hatten den ausdrücklichen Befehl nur den König vorbeizulassen. Nicht einmal Prinz Nabu hatte die Erlaubnis zu passieren. Trotz ihrer Zugehörigkeit grüßten sie den König und verbeugten sich. Einer der Wachen öffnete die Tür, durch die Schamasch-Mudammiq verschwand. Die Räumlichkeiten dahinter erinnerten an die göttlichen Sphären. Die Wände schimmerten himmelblau und es lag ein Duft im Raum, den man wahrscheinlich nirgends sonst auf der Welt vernehmen konnte. Außerdem war es still. Der Turm, in dem sich Marduk befand war der höchste Punkt der Stadt und blieb vom Straßenlärm unberührt. Nur der Wind war zu hören, der gegen das einzelne Fenster im Turn peitschte. Durch dieses Fenster beobachtete Marduk seine Stadt und wachte darüber. Zumindest fand ihn der König meistens in dieser Position vor. Auch Heute. Der König unternahm einen Versuch sich zu verbeugen, doch Marduk stoppte ihn. „Das hast du nicht nötig, alter Freund.“, beeilte sich der Gott zu sagen. Schamasch-Mudammiq klopfte sich die Knie und stand wieder aufrecht. „Verzeiht, dass ich Euch störe, aber…“, begann er zu erklären, doch Marduk schnitt ihm das Wort ab. „Nabu ist wieder einmal fortgelaufen.“, setzte er für den König fort. Noch bevor sich dieser wundern konnte, erinnerte er sich, dass er einem Gott gegenüber stand. Die Erklärung für Marduks Wissen war allerdings eine andere. „Ich habe ihn beobachtet, wie er den Palast verlassen hat.“, erzählte er. Babylons König zeigte sich überrascht. „Ich beobachte ihn des Öfteren.“, erklärte Marduk. Ein Lächeln huschte über das Gesicht beider Männer. „Er ist groß geworden.“, meinte Marduk leise. Schamasch-Mudammiq pflichtete ihm bei. „Meine Schwester hätte sich gefreut ihn so zu sehen.“ Dieser Satz ließ Marduk seufzen. „Mit Sicherheit hätte sie das.“, sagte Marduk nur. Schamasch-Mudammiq kämpfte mit sich. Schließlich gab er seinem Drang nach. „Ich möchte Euch etwas fragen.“, begann er. Marduk schien die Frage bereits zu erkennen. Die Antwort jedoch nicht. „Warum ich es ihm nicht erzähle? Er mag vielleicht alt genug sein, um es zu verstehen, aber er ist noch nicht breit dafür. Denke an eines. Wenn deine Zeit vorbei ist, wird es als Herrscher Babyloniens aufsteigen. Und eines Tages…noch weiter.“ Schamasch-Mudammiq starrte ihn unsicher an. „Das heißt…falls Babylon noch so lange existiert.“, sagte Marduk plötzlich und der König zuckte zusammen. „Was wollt Ihr damit sagen?“, fragte er irritiert. Marduk holte tief Luft. „Ein Sturm braut sich zusammen, alter Freund.“, beschloss er ihm die Wahrheit zu sagen. Der König war sich jedoch nicht sicher, was der Gott damit meinte. „Steht Babylon etwa ein Angriff bevor? Welcher Verrückte würde so einen Versuch starten?“ Marduk konnte ihm keine klare Antwort darauf geben. „Jemand der Erneuerung will. Babylonien ist eine alte Zivilisation. Und jede Zivilisation muss eines Tages dem Neuen weichen.“, sagte Marduk streng. Nabus Onkel blickte ihn unwirklich an. „Das kann unmöglich Euer ernst sein.“, sagte er schwach. Marduk erwiderte nichts darauf. „Etwas kommt näher. Ich möchte, dass du Nabu schnell findest.“, trug ihm der Gott auf. König Schamasch-Mudammiq nickte schwach. Marduks Worte hatten ihm Angst eingejagt. Dennoch folgte er dem Befehl, dem ihm sein alter Freund gegeben hatte. Die Wachen brachen auf, um nach dem Ausreißer zu suchen. Schamasch-Mudammiq hatte ihnen einen Rat gegeben, wo sie ihn eventuell finden konnte. Nabu war berechenbar. Es war klar, dass er Nait aufsuchen würde, wenn er die Gelegenheit dazu fand. Er hatte den Rand der Stadt erreicht und stand vor einem alten, rustikalen Brockhaus. Er beschloss seinen Onkel zu bitten es streichen zu lassen wenn er zurück war. Möglicherweise kam er auch erst in ein paar Tagen dazu, falls sein Onkel zu wütend auf ihn war. Er würde ihm alle Privilegien streichen. Nur der Unterricht bei Adad würde ihm blieben, was eigentlich die schlimmste Folter für ihn war. Nabu wagte es nicht anzuklopfen, da Naits Eltern dem König sicher Bericht erstatten würden. Also kletterte er auf den Brunnen, um einen Blick durch das Fenster zu erhaschen. Trotz dem Risiko entdeckt zu werden blickte er in das Innere und erkannte drei Personen. Es handelte sich um Nait und seine Eltern. Nabu hatte Glück. Die Eltern seines Freundes saßen mit dem Rücken zu ihm. Nabu unternahm Anstallten zu winken, doch Nait war zu sehr in sein Frühstück vertieft. Nabu wagte es auch nicht zu klopfen, da er sonst Gefahr lief entdeckt zu werden. Er beschloss einfach weiter zu winken, bis es Nait einmal in den Sinn kam nach Draußen zu sehen. Nabus Freund hatte gerade ein großes Stück Brot im Mund, als er den Prinzen endlich entdeckte. Er machte große Augen und verschluckte sich fast. Er schlang das Stück Brot hastig hinunter und schluckte dabei. Seine Eltern fragten ob alles in Ordnung sei, doch Nait nickte nur verlegen. Dann meinte er jedoch, dass er kurz auf die Toilette musste. „Ich bin gleich wieder da.“, versprach er. Zuerst zierten sich seine Eltern, stimmten dann aber zu. Nait stürmte auf den Gang und stieß die Tür auf. Nabu wartete brav davor. „Wie kommst du den hierher?“, konnte er es kaum fassen. „Ich komm dich besuchen, also beschwer dich nicht.“, meckerte er. Nait freute sich zum einen, sah dann aber schnell nach seinen Eltern. „Lass mich raten, du bist wieder einmal getürmt.“, schien er Nabus Gedanken zu lesen. „Du kennst mich inzwischen einfach zu gut.“, grinste der Prinz. Nait schien das weniger lustig zu finden. „Du bringst mich in verdammte Schwierigkeiten.“, stöhnte er. Er dachte daran Nabu wegzuschicken, doch dieser lud sich selbst ein. Nait bat ihn auf seinem Zimmer zu warten, während Nait selbst zu Ende frühstückte. Als er fertig war und in sein Zimmer zurückstolzierte, spielte Nabu bereits an seinen Sachen herum. „Ich wusste nicht, dass du Papyruse sammelst.“, sagte er erstaunt. Nait wurde wütend. „Finger weg von meinen Sachen. Einige habe ich noch nicht studiert.“, erklärte er. Nabu zog eine ungläubige Miene. „Du studierst diese alten Dinger?“, hakte er nach. Nait hielt es nicht für nötig zu antworten. „Also ich hätte da einen prima Lehrer für dich.“, spielte Nabu auf Adad an. „Du hast es nötiger.“, zischte Nait. Nabu seufzte. „Ok, es tut mir Leid. Ich hätte nicht einfach so auftauchen dürfen.“, reichte er seinem Freund die Hand. Dieser sah den Prinzen kurz an und reichte ihm dann seine. „Also du willst mal Lehrer werden?“, wollte Nabu nochmals auf den Papyrus zurückkommen. Nait verneinte schnell. „Ach was. Ich interessiere mich einfach so für diese Sachen. Ich denke….ich werde einmal so was wie ein Forscher.“, träumte er vor sich hin. Er erwartete, dass sich Nabu wieder über ihn lustig machte, doch dieser blickte ihn nur stolz an. „Ich werde dich dabei so gut unterstützen wie ich kann.“, entgegnete er. Nait war erleichtert. „Für mich steht auch schon fest, was ich in der Zukunft machen werde.“, redete Nabu weiter. Nait rollte mit den Augen. „Ja ich weiß, du willst der größte Herrscher werden, den Babylon je hatte.“, sagte er gelangweilt. „Das…habe ich wohl schon mal erzählt.“, spielte Nabu den Verlegenen. „Immer wenn wir uns sehen.“, half ihm Nait weiter. Die beiden Jungen stimmten in ein Gelächter ein. Bis sie Stimmen hörten. Jemand hatte an die Tür des Hauses geklopft und klang sehr aufgeregt. Es wurde geöffnet und Nait vernahm die Stimme seines Vaters. Für die Jungen war klar, dass die Palastwachen eingetroffen waren. „Tja, das war’s dann wohl. Naja schön, dass du mich einmal besuchen konntest.“, unternahm Nait einen Versuch sich zu verabschieden. Doch Nabu dachte nicht daran den Schwanz einzuziehen. „Komm!“, sagte er und packte Nait am Arm. Er schleifte ihn zum Fenster. Nait wollte sich wehren, doch Nabu drängte ihn einfach hinaus. Dass zwischen dem Fenster und dem Boden zwei Meter Abstand waren, rührte ihn kaum. Nait konnte sich gerade noch abstützen. „Was soll das?“, fragte er irritiert. „Wie flüchten.“, meinte Nabu, als sei es in dieser Situation das Natürlichste. „Wieso musst du mich immer in solche Sachen mitreinziehen.“, fragte Nait verständnislos. „Weil Freunde alles zusammen machen.“, erwiderte Nabu schnell. Er nutzte die Zeit, in der Nait überlegte, was er antworten sollte und packte ihn wieder am Arm. Zusammen rannten die beiden los. Einer der Wache sah aus dem Fenster und entdeckte nur noch die langezogenen Schatten der beiden Flüchtlinge. Einige der Wachen sahen etwas ratlos aus, bis ihr Anführer ihnen den Befehl gab, den Jungen zu folgen. Diese gehorchten sofort und stürmten aus dem Haus. „Das es unsere Hauptaufgabe ist, immer wieder den Prinzen einzufangen, ist deprimierend.“, sagte einer der Soldaten zu einem anderen. Dieser schien anders zu denken. „Sei doch froh! Stell dir froh wir wären im Krieg! Willst du lieber auf dem Schlachtfeld stehen?“, fuhr er ihn an. Der Soldat nickte kurz und entschuldigte sich dann für seine Aussage. Niemand in Babylon hatte eine Ahnung wie nahe sie wirklich vor einem Krieg standen. Nicht nur Marduk beobachtete im Moment das Geschehen in der Stadt. Nergal, der Gott der Unterwelt, die sich auch Irkalla nannte hatte vor sich ein Fenster aus Luft geöffnet, in dem sogar Nabu und Nait erblickte. Der junge Prinz war ihm jedoch regelrecht egal. „Ist es bald so weit?“, fragte eine dumpfe, tiefe Stimme hinter Nergal. Der Gott des Todes unternahm nicht einmal den Versuch sich umzudrehen. „Nusku, du hast hierher gefunden. Schön.“, säuselte Nergal. Die Gestalt hinter ihm stellte sich neben ihn, ohne Nergal jedoch anzusehen. Die Hälfte seines Gesichts war durch eine Kapuze verdeckt. Nur ein grauer Bart verriet etwas davon. „Es war nicht so schwer her zu finden.“, entgegnete Nusku. Nergal entkam ein kurzer Lacher. „Tja. Es gibt nur zwei Wege nach Irkalla zu gelangen. Entweder tot. Oder als Gott.“, sprach er. „Du hast dich richtig entschieden.“, sagte Nergal nach einer kurzen Pause. Nusku blieb stumm. „Mir und der neuen Weltordnung zu folgen ist der einzige Weg zu überleben.“, verriet er. Nusku drehte sein Gesicht in Nergals Richtung, obwohl er ihn mit der Kapuze nur schwer sehen konnte. „Ist es das?“, hinterfragte Nusku. Nergal zögerte einen Moment. „Aber natürlich. Oder willst du dich lieber auf Marduks Seite stellen. Dieser Narr wird den heutigen Tag kaum überleben.“, verriet Nergal. Nusku hob sein Kinn. „Was hast du genau vor?“, schien er nun interessierter. Nergal verwies auf das Fenster, welches das Tor in die Welt der Lebenden war. Es zeigte das Innere von Babylon und entfernte sich nun. Bald war die ganze Stadt von der Luft aus zu sehen. „Ich habe meine Kraft nur für diesen Tag gesammelt. Selbst Marduk wird meine Attacke nicht abwehren können. Falls….aber doch…brauche ich die Kraft eines zusätzlichen Gottes.“, gestand Nergal. Ein Lächeln huschte über Nuskus Gesicht. „Das ist also der wahre Grund, warum du mich in deinen Plan eingeweiht hast.“, sagte er. Nergal ließ sich nichts anmerken. „Es ist ein Grund. Der Hauptgrund ist natürlich, dass ich den Gott des Feuers mit im Boot haben will.“, wollte er die Situation retten. Nusku schien sie zu akzeptieren. „Dann willst du Babylon von Flammen einhüllen lassen?“, hakte Nusku nach. Nergal verneinte schnell. „Nein, Babylon wird von einem Feind angegriffen, von dem es tagtäglich umgeben ist. Dem Sand!“, sagte er schaurig. Nusku schnaufte hörbar. „Babylon wird vom heißen Sand der Wüste begraben. Nicht einmal Ruinen werden bleiben, die den Menschen der Zukunft seine Geschichte erzählen wird.“, erzählte Nergal mit fester Stimme. Nusku hielt ihn für verrückt. „Bist du dir sicher. Babylon ist wahrscheinlich das Größte, was wir hervorgebracht haben.“, erinnerte er. Nergal schnappte. „Na und? Wir sind Götter! Wir können neue Städte aus Stein hauen und neue Menschen aus Fleisch formen. Wir tun, was wir wollen!“, antwortete er Nusku so wild, dass dieser keine Antwort herausbrachte. „Ich bin dabei.“, sagte er schließlich. Nergal schien erleichtert dies zu hören. „Dann soll das Schauspiel beginnen.“, fuhr er fort. Nusku betrachtete gespannt das Fenster zur Außenwelt. Aber auch eine Frau, die sich im Schatten aufhielt tat dies. Nergal und Nusku hatten sie zwar bemerkt, beachteten sie aber nicht weiter. Nergal hob demonstrativ die Arme und auch der Sand rund um Babylon spross in die Höhe. Riesige Massen von Sand und Staub bedrohten die Stadt. Marduk hatte die Gefahr bereits kommen sehen, wusste aber nicht, wie Nergals Angriff aussehen würde. Jetzt hatte er Gewissheit. Er würde seine ganze Energie benötigen, um Babylon zu retten. Er spürte Nergals Energie und….noch eine. Er ordnete sie Nusku zu. „Zwei Götter.“, murmelte Marduk. Seine Chancen waren gerade rapide gefallen. Er war sich nun sicher, den Sand nicht mehr stoppen zu können. Er brauchte Hilfe. Aber von wem? Irgendeiner seiner anderen Verbündeten Götter musste ihm beistehen. Aber er konnte Babylon zu diesem Zeitpunkt nicht verlassen. Außerdem, wer würde sich freiwillig gegen Nergal stellen? Vor allem da Nusku seine Pläne teilte, wurde er schwierig. Enlil, Nuskus Vater hatte denselben Einfluss wie Marduk. Auf welcher Seite würde er stehen? Wollte er wie einige andere Götter die Erneuerung? Marduk konnte Babylon nicht verlassen und war sich nicht sicher, Nergals Attacke abzuwenden. Ängstlich dachte er nach, wer ihm in dieser schwierigen Lage noch helfen konnte. Sowohl Nabu, als auch Nait stöhnten und schnauften um die Wette. „Abgehängt.“, keuchte der junge Prinz erleichtert. Nait zweifelte daran. „Warum bist du dir da so sicher?“, hakte er nach. Für Nabu erschien dies logisch. „Wir sind gerade durch die ganze Stadt gelaufen, selbst die Soldaten meines Onkels können uns nicht mehr einholen.“, antwortete Nabu in einem sicheren Ton. Zur Sicherheit sah er sich nach allen Seiten um. Inzwischen schien Nait etwas anderes zu beschäftigen. „Der Himmel.“, hatte er seinen Kopf nach oben gestreckt und machte Nabu auf etwas aufmerksam. Sein Freund tat es ihm nach und bemerkte, was Nait meinte. Der Himmel hatte sich verdunkelt. Die Sonne war noch klar zu erkennen, dennoch glich die Atmosphäre dem frühen Abend. „Es wird kälter.“, meinte Nait unsicher. Nabu entdeckte eine Spur von Angst in seinen Augen. „Die Sonne ist doch gerade erst aufgegangen…“, stotterte er. Nabu fand auf die Schnelle ebenfalls keine Erklärung dafür. „Vielleicht…sollten wir doch nach Hause gehen.“, wurde Nabu nun auch unsicher. Nait stutzte kurz. „Ich weiß nicht, was mir mehr Angst einjagt. Diese Kälte oder meine Eltern. Die werden sich sicher wieder eine nette Strafe ausdenken.“, seufzte Nait. Nabu fühlte sich schuldig. „Komm einfach mit in den Palast. Ich werde mich bei Onkel entschuldigen und ihm sagen, dass du unschuldig bist.“, bot ihm Nabu an. Nait erklärte sich einverstanden. „Also gut, immerhin hast du diesen Schlamassel verzapft.“, erwiderte er. Nabu lächelte verlegen. Als die Jungen auf die Straße traten, bemerkten sie, dass der Palast näher lag, als sie gedacht hatten. Beiden war mulmig zumute, als sie darauf zugingen. Was ihnen aber mehr Angst bereitete waren die Leute, die zum Himmel starrten. Ihnen war diese Dunkelheit also auch unheimlich. Mit jedem Schritt, den Nabu und Nait unternahmen wurde es kälter und dunkler. „Nabu!“, hörte der junge Prinz seinen Namen. Überrascht sah er nach vorne und entdeckte zu seiner Überraschung Adad. Sofort versuchte er passende Worte zu finden, um sein Verschwinden zu rechtfertigen. Adad schien jedoch nicht mehr darauf herumreiten zu wollen. Adad wollte etwas sagen, verzögerte es aber, als er Nait erblickte. „Kommt mit!“, sagte er schließlich. „Was passiert mit dem Himmel?“, wagte Nait zu fragen. Adad blickte ihn stumm an. „Kommt einfach mit.“, trug er den Jungen auf. Nabu wagte es nicht Adad zu widersprechen. Ansonsten tat er dies dauernd. Meistens war sein Blick streng und autoritär, aber diesmal war er mit Angst und Panik erfüllt. Adad packte Nabus Hand und zerrte ihn mit. Nait konnte nichts anderes tun, als ihnen zu folgen. Als dann schließlich ein lautstarkes und gewaltiges Getöse die letzte Stille zerstörte, erkannten die Bürger was sich da tat. Der Himmel war nun vollkommen Dunkel und von der Sonne war nur noch ein kleiner, orangener Punkt zu sehen. Staub rieselte herab und peitschte wie Regen auf Babylon herab. „Sand…wieso regnet es Sand?“, stammelte eine Frau, neben Adad und den Jungen. „Eine Wand…“, stotterte Nait. Adad blickte entsetzt in den Himmel. Über Babylon hatte sich eine Kuppel aus Sand gebildet. „Das geht nicht mit rechten Dingen zu! Wenn diese Kuppel auf uns herabstürzt….“, keuchte er. Scheinbar hatte einer der Dorfbewohner seine Probeziehung gehört und brach in Panik aus. „Die Götter haben sich gegen uns gewendet! Sie werden uns alle vernichten!“, schrie er entsetzt. Dadurch stachelte er auch die anderen Bürger an, welche panisch zu laufen begannen. Sie wussten nicht wohin, sie liefen einfach nur. Einige liefen zum Stadttor, doch der Mauer aus Sand machte ein Entkommen unmöglich. Das Ende Babylons stand kurz bevor. Die ersten Massen stürzten über dem Tor ein und begrab die Leute, die sich dorthin zu retten versucht haben. Dann geschah etwas weiteres Unheimliches. Der Sand stoppte über den Köpfen der Leute und schwebte in der Luft. Es war, als wäre er eingefroren. Aber auch die Leute bewegten sich keinen Zentimeter mehr. Über ganz Babylon brach die Kuppel zusammen und peitschte auf die Stadt hinunter. Doch über den Häusern hielt er an. Es war, als hätte sich ein Schutzschild über Babylon ausgebreitet. Die Leute liefen immer noch kreuz und quer, erstarrten aber hintereinander. Nicht nur der Sand schien eingefroren, auch die Bürger konnten keinen Schritt mehr tun. Nabu und Nait waren kurz stehen geblieben, doch Adad schleifte sie weiter. Sie mussten sich unbedingt in den Palast retten. Doch würde es etwas bringen? „Was geht hier vor, Adad! Ich bin der Prinz, ich verlange eine Antwort!“, spielte Nabu den mutigen, obwohl er dies im Moment nicht war. „Ich weiß es nicht!“, schnauzte ihn Adad wahrheitsgemäß an. Sie hatten den Palast beinahe erreicht, als sich ihnen ein stämmiger Mann entgegenstellte. Er schien Nabu erkannt zu haben. „Mein Prinz, so bitte helft uns!“, flehte er Nabu an. Dieser brachte zuerst kein Wort heraus. Der Mann war eindeutig in Panik und wusste nicht was er tun sollte. Er wollte den Prinzen anfassen, doch Adad hielt ihn zurück. „Wir haben es eilig.“, erklärte er. Der Mann schien nun wütend zu werden. „Verdammt, ich will nicht sterben!“, fuhr er Adad an und attackierte ihn. Adad war überrascht und versuchte sich gegen den Angreifer zu wehren. Er war Gelehrter und kein Kämpfer. Es gelang ihm nicht den Kerl abzuschütteln. „Geht vor!“, rief er Nabu und Nait zu. Während Nabu noch daran festhalten wollte ihm zu helfen, beherzigte Nait den Rat und zog Nabu mit sich. Dieser wehrte sich zuerst, doch als erst der Angreifer und dann Adad wie der Rest der Bürger erstarrten. „Wir müssen ihm helfen!“, reagierte Nabu geschockt. Nait sah das anders. „Wir können nichts mehr für ihn tun, wir müssen uns selbst in Sicherheit bringen!“, versuchte er dem Prinzen klar zu machen. Nabu stimmte ihm nur widerwillig zu. Sie setzten den Weg in den Palast fort und wurden sofort von zwei Wachen aufgehalten. Unsicher beäugten sie erst die Jungen und dann die erstarrten Menschen. Nabu und Nait drängten sich einfach an ihnen vorbei und betraten das Innere. Die Wachen taten ein paar Schritte vorwärts, erstarrten aber wie übrigen Bürger. Diese unsichtbare Kraft schien nicht einmal vor dem Palast halt zu machen. Nait und Nabu trieben sich immer wieder gegenseitig an. „Wir müssen meinen Onkel finden!“, beharrte Nabu. Aber würde Schamasch-Mudammiq diese Gefahr wirklich abwenden können? Wie erwarten fanden die Jungen Babylons Herrscher in dessen Thronsaal vor. Er starrte aus dem Fenster und beobachtete voller Angst die unsichtbare Kraft. Alle Bürger waren inzwischen in dem unsichtbaren Eis eingefroren. Er Sand lauerte wie eine steinerne Skulptur über der Hauptstadt. „Onkel!“, machte Nabu auf sich aufmerksam. Sein Onkel stürmte sofort zu ihm und nahm ihn in den Arm. Nabu befreite sich davon. „Wir haben keine Zeit! Was sollen wir tun?“, fragte der Prinz aufgeregt. König Schamasch-Mudammiq ließ die Schultern hängen. „Nichts. Es bleibt nichts, was wir tun könnten.“, sagte er bedrückt. Nabu akzeptierte diese Antwort nicht. Nait sorgte sich inzwischen um seine Eltern. Waren sie erstarrt wie der Rest der Menschen? „Marduk!“, rief der König plötzlich. In seinem Gesicht tauchte eine Spur von Hoffnung auf. Marduk hatte ihn zwar gewarnt, dass Babylon etwas schreckliches Widerfahren würde, aber er für dessen Schutz zuständig. Er musste die Gefahr einfach abwehren. Das war seine Pflicht! Babylons Herrscher begann zu laufen und Nabu und Nait folgten ihm ohne nachzuhaken. Schamasch-Mudammiq hatte inzwischen die Treppe erreicht, die zu Marduks Turm führte. Die Wachen ließen ihn ohne Widerrede durch, doch den Jungen versperrten sie den Zugang. Sie versuchten sich vorbei zu kämpften, doch die Wächter waren erbarmungslos. Schamasch-Mudammiq wollte seinen Neffen aber nicht zurücklassen. Die Wachen würden nicht auf ihn höre, weswegen er zu trastischeren Mitteln griff. Er schlug einem der Wachen in den Rücken und trat einem gegen das Schinnbein. „Los!“, drängte der König und die drei setzten ihren Weg fort. Die Wachen an der oberen Treppe hatten das Spektakel jedoch mit angesehen und versperrten den Dreien wachsam den Weg. „So lasst uns doch durch! Babylon ist in Gefahr und nur Marduk kann uns helfen!“, flehte er. Die Wachen zeigten sich unschlüssig. Als ihre Kameraden um Ende der Treppe allerdings von dem unsichtbaren Eis erwischt wurden, eilten sie ihnen zur Hilfe. Sie konnten jedoch nichts mehr für sie tun. Auch sie wurden eingefroren. Zumindest lag die Tür zu Marduk nun frei. Schamasch-Mudammiq stieß sie auf und scheuchte Nabu und Nait ins Innere. Die Jungen staunten. Nabu hatte Kenntnis von Marduks Aufenthalt im Palast, aber mit so einem Raum hatte er nicht gerechnet. Viel Zeit für eine Führung blieb jedoch nicht. Babylons Herrscher erkannte Marduk sofort. Er stand vor seinem Fenster und blickte nach Draußen. Er hatte die Arme nach vorne gestreckt und schien sehr konzentriert. „Marduk, es ist etwas schreckliches passiert!“, entfuhr es Schamasch-Mudammiq. Nabu starrte Marduk stumm an. Er hatte noch nie zuvor einen Gott gesehen. Er hatte sie beinahe für einen Mythos oder einen Irrglauben gehalten. Aber diese Person, die da vor ihm stand war beeindruckend. Nicht nur seine Kleidung, oder sein Auftreten, sondern seine ganze Erscheinung. Nabu spürte jedoch noch etwas. Es war ein Gefühl von Vertrautheit. Es war so, als kannte er diesen Mann schon sein ganzes Leben. Wie war das möglich? „Ich weiß, was vor sich geht.“, erwiderte Marduk mit gequälter Stimme. „Du musst etwas unternehmen!“, flehte der König atemlos. Marduk schien dies aber bereits zu tun. „Derjenige der dafür Verantwortlich ist, ist Nergal.“, erklärte er. Schamasch-Mudammiq schluckte. „Der Gott von Irkalla?“, staunte er. Marduk schien Schmerzen zu haben, als er nickte. „Er will eine Erneuerung und er fängt mit Babylon an. Ich kann seinen Sand nicht stoppen, vor allem, da er sich Energie von Nusku, dem Gott des Feuers geliehen hat.“, erklärte er. Nait stickte. „Aber Ihr…müsst doch etwas tun können.“, wagte er es den Gott anzusprechen. Marduk sah wieder nach draußen. „Das tue ich gerade. Ich kann den Sand nur stoppen, indem ich ihn langsamer mache, sozusagen die Zeit verzögere. Ich kann den Sand nicht stoppen, aber ich kann ihn verlangsamen.“ Nabu verstand. „Deswegen bewegen sich auch die Menschen nicht mehr. Ihre Zeit steht still.“ Marduk sah ihn kurze Zeit an. Auch er hatte das Gefühl der Nähe, als er Nabu gegenüber stand. Er wusste von Nabus Herkunft und hatte deswegen jedes Mal vermieten, ihn kennen zu lernen. „Der Sand und die Menschen bewegen sich. Allerdings nur so langsam, dass wir es nicht sehen können. Es rieselt vielleicht ein Korn Sand in einer Stunde hinunter. Das ändert aber nichts. Babylon ist verloren. Es hat vielleicht nur noch wenige Tage, höchstens eine Woche.“, gestand Marduk. Nabu weigerte sich dies zu glauben. Während sein Onkel Marduk anflehte noch etwas anderes zu versuchen, sah er aus dem Fenster. „Nein.“, sagte er entschieden. Nait blickte ihn verdutzt an. „Das wird einmal meine Stadt sein. Und meine Bürger. Ich werde nicht zulassen, dass irgend so ein Gott diesen Menschen schadet.“, sagte Nabu kühl. Nait sah ihn bewundernd an. „Es gibt einen Weg.“, sagte Marduk schließlich. Bevor er weiterredete musterte er den jungen Prinzen nochmals. Es war ein großer Moment für ihn Nabu endlich gegenüberzustehen. Dennoch durfte er seine Konzentration nicht vernachlässigen. „Ich allein kann es nicht schaffen. Ein weiter Gott muss sich der Sache annehmen.“, verkündete er. Schamasch-Mudammiq jubelte vorschnell. „Es wird sich bestimmt einer finden lassen. Babylon ist die Hauptstadt, sie werden sie nicht im Stich lassen.“, meinte er. Marduk gab ihm Recht, schien aber noch etwas auf dem Herzen zu haben. „Leider kann ich Babylon nicht verlassen. In dem Moment, in dem ich meine Hände senke, wird der Zauber der Zeit verschwinden und der Sand Babylon begraben. Ihr müsst gehen und die anderen Götter überzeugen.“, erklärte Marduk. Schamasch-Mudammiq wich zurück. „Wir? Denkst du wirklich, dass die übrigen Götter auf Menschen wie uns hören würden? Nicht alle sind wie du!“, erinnerte er. Marduk wusste das sehr wohl. „Es gibt keinen anderen Ausweg. Ihr müsst gehen! Außerdem ist eure Zeit begrenzt. Ihr habt nur wenige Tage.“, redete Marduk auf die drei ein. Schamasch-Mudammiq überlegte ob er Nabu und Nait mitnehmen konnte. Dann erinnerte er sich aber an den Zeitzauber und entschied sich dafür. Auch wenn ihre Reise gefährlich werden würde. Kein Soldat Babylons war mehr in der Lage der Gruppe beizustehen. „Ich benutzte meine übrigen Kräfte um ein Portal zu öffnen. Leider weiß ich nicht, wo es euch hinführen wird.“, erzählte Marduk. Schamasch-Mudammiq nickte tapfer, Nait war mulmig zumute und Nabu war zu allem bereit. Marduk strengte seine Augen an und am anderen Ende des Raumes erschien ein bläulicher Nebel, mit der Form eines Tors. „Müssen wir….wirklich da durch?“, fragte Nait perplex. „Ja.“, lieferte Nabu die schnelle Antwort. „Für die Bürger Babylons. Und für deine Eltern.“, erklärte er ihm. Nait verstand nun. „Beeilt euch, ihr habt nicht mehr lange Zeit!“, zischte ihnen Marduk zu. Nait, Nabu und dessen Onkel schritten mit angehaltenem Atem auf das Portal zu, dass sie aus Babylon hinausbringen sollte. Nabu und Nait waren bereits einige Schritte vor Schamasch-Mudammiq und hörten diesen aufstöhnen. Nabu drehte sich blitzartig um und entdeckte, dass sein Onkel gestolpert war. Dieser unternahm einen Versuch aufzustehen, doch seine Beine waren taub. Nabu stockte. Der Zeitzauber hatte bereits dieses Zimmer erreicht. Es war der höchste Punkt Babylons. Es gab also keinen Fluchtweg. Außer dem Portal. „Lauft!“, rief ihnen der König zu. Nabu wollte seinen Onkel nicht zurücklassen, doch diesmal war es Nait, der seinen Freund antrieb. Beide hatten Zweifel, als sie vor dem Portal standen. Nabus Onkel war währenddessen erstarrt und hielt seinem Neffen noch stumm die Hand entgegen. Die Jungen spürten eine Kälte auf sich zukommen und zwangen sich den Nebel zu betreten. Es war so, als würde der Wind die beiden umschlingen und sie forttragen. Fort an einen unbekannten Ort. Nachdem Nabu und Nait hindurch waren verschwand das Portal und die Welle, die alles erstarren ließ überflutete die letzte Ecke der Stadt. Der einzige, der diesem Fluch – und zu gleich dem Schutz – nicht ausgeliefert war, war Marduk selbst. Er stand weiter am Fenster und hielt das Zeitfeld aufrecht. Er wusste nicht, wie lange seine Energie reichen würde. Das Schicksal Babylons lag nun in den Händen des jungen Prinzen und dessen bestens Freundes. Marduk hatte gehofft der König wäre mit ihnen gegangen und hätte auf sie aufgepasst. Vielleicht wollte das Schicksal aber auch, dass Nabu und Nait diese Reise alleine begonnen. Nabu war stärker als er selbst dachte. Sobald dem Prinzen seine Herkunft klar werden würde, würde er denjenigen finden, der Babylon zu retten vermochte. Zipacna Die Umgebung änderte sich völlig, als Nabu und sein Freund die andere Seite des Portals betraten. Von dem bläulich schimmernden Raum blieb nichts übrig. Nur an der Kälte änderte sich nichts. Außer dass sie den beiden nicht mehr ganz so unheimlich erschien. Nait konnte ein Husten nicht unterdrücken. Beide hatten erwartet in der Wüste vor den Toren Babylons aus dem Portal zu treten, doch die Kälte sprach für einen anderen Ort. Waren sie etwa noch in Babylon? Die Jungen sahen sich um, konnten aber verneinen. Sie befanden sich eindeutig im Inneren eines Gebäudes. eine schwarze Mauer streckte sich ihnen entgegen. Sie sahen sich genauer um und stießen auf ein Gitter. Ansonsten war kein Ausgang zu erkennen. Es handelte sich eindeutig um ein Gefängnis. „Das…verstehe ich nicht. Warum sind wir an so einem Ort?“, stutzte Nait. Nabu erinnerte sich. „Marduk sagte doch, dass er nicht wüsste, wo uns das Portal ausspucken würde.“, erklärte er. Nait schnitt eine Grimasse. „Und da landen wir ausgerechnet in einem Gefängnis?“, konnte er seinem Freund nicht glauben. Nabu schwieg. Er rüttelte am Gitter, doch dieses rührte sich keinen Zentimeter. Es sah alt aus, schien Gewalt aber standzuhalten. Nur eine Fackel, die außerhalb der Zelle an der Decke hing spendete den Jungen Licht. „Es ist blöd gelaufen, dass wir hier gelandet sind, aber wir haben wenig Zeit, schon vergessen?“, schien Nabu sehr angespannt. „Na toll, und wie kommen wir hier raus?“, hakte Nait ungeduldig nach. Nabu schien auch darauf eine Antwort zu haben. „Wir sind in einem Kerker, richtig? Also muss zwangsweise ein Wärter oder so vorkommen. Wir klären das Missverständnis auf und schon sind wir draußen.“, meinte er. Nait teilte die Zuversicht seines Freundes nicht. Sie wussten nicht wo sie gelandet waren und mit welchen Leuten sie es zu tun bekommen würden. Dann hörten sie ein Stöhnen, dass sie aufschrecken ließ. Sie wichen zurück, bis sie an das Gitter stießen. In der Ecke, geschützt vor der Dunkelheit hockte eine Person. Sie hatte sich die ganze Zeit weder bewegt, noch gesprochen, wodurch sie von den Jungen nicht früher entdeckt wurde. Obwohl sie sein Gesicht kaum erkennen konnten, spürten sie, dass sie der Unbekannte anstarrte. Wahrscheinlich schon die ganze Zeit über. Während Nait in ihm einen Feind vermutete, wagte sich Nabu näher heran. Nait warnte ihn, doch Nabu spürte, dass keine Gefahr von dem alten Mann ausging. Und er behielt Recht. Die klägliche Gestalt, die da in der dunklen Ecke hockte, konnte niemanden etwas antun. Der Mann trug zerfetzte Kleidung und zitterte. Er sah erbärmlich aus. Nun traute sich auch Nait einige Schritte vorwärts. „Ich…bin Nabu, und das ist mein Freund Nait.“, stellte der junge Prinz vor. Er erhielt keine Antwort. „Wie er aussieht, muss er sich schon lange hier sein.“, vermutete Nait. Nabu nickte. „Dann wird es höchste Zeit, dass er hier rauskommt, und wir ebenfalls.“, sagte Nabu entscheiden. Nait wusste nicht, wie sein Freund das anstellen wollte. Nabu schien wütend über das Leid zu sein, das dem Mann angetan wurde. Er stolzierte zum Gitter und schrie in den Gang hinaus. „He ihr! Könnt ihr mich hören? Ich befehle euch uns freizulassen!“ Trotz seines Titels als Prinz hatte er in Babylon kaum Befehle erteilt. Er hatte zwar die Autorität dazu, traute sich aber nie richtig Erwachsenen zu sagen, was sie zu tun hatten. Die Kräfte des alten Mannes schienen nun wieder aufgeflammt zu sein. Er sprang auf, packte Nabu und presste ihm die Hand vor den Mund. „Dummkopf! Willst du etwa, dass sie herkommen?“, schnauzte er ihn an. Seine Stimme klang schwach und flehend. Nait wollte ihn wegzerren, doch dies erledigte sich von alleine. So schnell der Mann seine Kraft wieder zurück gewonnen hatte, so schnell verlor er sie wieder. Er stöhnte auf und ging zu Boden. „Wer bist du? Und wo sind wir hier?“, verlangte Nabu zu wissen. Der Mann schwieg wieder, was der Prinz nicht aushielt. Er schrie weiter in den Gang, bis er Stimmen hörte. Der alte Mann stieß einen erschrockenen Schrei aus und torkelte in seine Ecke zurück. Auch Nait wurde mulmig zumute. War es wirklich klug, ihre Wärter herbeizurufen? Was waren das für Leute? Lichter wurden in der Ferne sichtbar. Als sie näher kamen erkannte man sie man sie als Fackeln. Schwere Schritte folgten ihnen und es bestand kein Zweifel, dass ihr Ziel die Zelle war. Nait drängte sich an die Wand und der alte Mann hob schützend seine Arme vor das Gesicht. Nur Nabu blieb ruhig vor dem Gitter stehen. Nait bewunderte ihn für seinen Mut, doch Nabu wünschte, dass er dies nicht tun würde. Es war mehr der Zeitdruck, der ihn antrieb. Marduk hatte ihm eine Mission gegeben. Keinen Soldaten, sondern ihm! Er wollte Nabus Onkel mit auf die Reise schicken, doch dieser hatte es nicht mehr geschafft. Nabu und Nait mussten die Stadt in der sie aufgewachsen waren und ihre Familien selbst retten. Sie durften ihre Zeit nicht in einer Zelle vergeuden. Das Feuer der Fackeln spiegelte die Gesichter der Ankömmlinge wieder. Es waren keiner Ungeheuer oder gefährliche Bestien, es waren ganz normale Menschen. Ihre Gesichter wirken starr und teilnahmslos. Es bestand kein Zweifel mehr, dass sie die Wächter dieses Gefängnisses waren. Nabu ballte seine Fäuste und hörte sein Herz schneller schlagen. Erst jetzt versiegte sein Mut. Bisher kannte er es, dass alle Menschen vor ihm Respekt hatten, da er der Prinz war. An den Mienen der Wärter sah er sofort, dass diese sich nicht darum scherten. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal, dass der Prinz von Babylon in ihrer Zelle saß. Nabu musterte sie genauer. Ihre Kleidung kam ihm seltsam vor. Er hatte sie noch nie gesehen und konnte sie auch keinem anderen Volk in Babylonien zuordnen. Wo hatte sie Marduk hingebracht? Sie trugen weiße Kutten, die ihnen bis zu den Knien reichten und teilweise von Federn bestückt waren. Um den Hals trugen sie goldene Halsketten. Nabu dachte an Ägypter, war sich aber nicht sicher. Er zählte insgesamt fünf Wächter. Zu viele für zwei Jungen und einen labilen, alten Mann. „Weg vom Gitter!“, befahl einer von ihnen. Als Nabu nicht sofort spürte, zog der Wärter einen Art Stock und richtete ihn auf den Prinzen. Nabu erkannte noch rechtzeitig, dass es sich um einen Speer handelte. Panisch wich er zurück. Jemand packte ihn an der Schulter und drückte zu. Nabu wendete sich und erblickte einen zitternden Nait. „Sie werden uns nichts antun…“, wollte er ihn beruhigen. Nait schien dies nicht zu beruhigen. „Der Typ hat den Prinzen mit einem Speer attackiert!“, rüttelte er ihn wach. Das Gitter wurde geöffnet und zwei Wärter traten ein. „Wer hat die Kinder gefangen genommen?“, fragte einer nach hinten. Er erhielt entweder Kopfschütteln, oder gar keine Reaktion. „Das…ist ein Versehen!“, beeilte sich Nait zu sagen. „Wir sind durch ein Portal hierher gelangt!“, sprach er. Die Wärter sahen ihn schräg an. Sie glaubten ihm kein Wort. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal, was er mit Portal meinte. Nun versuchte Nabu sein Glück. „Ich bin Nabu! Prinz von Babylon!“, redete er auf die Wärter ein. Diese verzogen keine Miene. „Prinz? Das hättest du wohl gern. Und was soll dieses Babylon sein?“, fragte einer erwartend. Nabu stutzte. Kannten diese Kerle die Hauptstadt tatsächlich nicht. „Nehmt sie mit!“, rief nun plötzlich der alte Mann. Die Wärter würdigten ihn keines Blickes. „Dein Glückstag.“, kicherte schließlich der Anführer der Wärter. „Nehmt sie mit.“, befahl er. Die übrigen Wärter stürmten in die Zelle und versuchten die Jungen zu packen, welche ängstlich zurückwichen. Aber der einzige Fluchtweg wurde von fünf starken Kriegern versperrt. Die Jungen beschlossen sich nicht zu wehren, als sie an den Armen gepackt und hinausgeschleift wurden. Der alte Mann grinste triumphierend. Die Jungen hatten sein Leben um vielleicht eine weitere Woche verlängert. Nabu und Nait bildeten das mittlere Glied der Kette. Vor ihnen marschierten drei der Krieger und hinter ihnen zwei. Eine Flucht nach hinten wäre noch am möglichsten, doch gab es einen weiteren Ausgang aus diesem Gebäude? Oder würden sie nur wieder in ihre Zelle laufen? „Sie mal!“, machte Nait seinen Freund auf etwas aufmerksam. Nabu reckte seinen Kopf und blickte in Richtung Wand. „Schriftzeichen.“, staunte er. „Die kenne ich nicht.“, fügte Nait hinzu. Nabu musste zugeben, dass er sie ebenfalls nicht lesen konnte. Vielleicht hatte Adad diese Zeichen einmal erwähnt, aber Nabu hatte es schlichtweg vergessen. Die Zeichen bestanden größtenteils aus Bildern, schienen aber dennoch lesbar zu sein. Waren sie überhaupt noch in Babylonien? Waren sie in ein anderes Land transportiert worden? Oder etwa gar in eine andere Welt? Nabu und Nait erkannten das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels. Der Ausgang rückte näher und somit auch die Fluchtmöglichkeit. Entweder die Wachen kannten Nabu wirklich nicht, oder sie waren Feinde Babylons und hielten den Prinzen für wichtig. „Kannst du das wirklich nicht entziffern? Wofür studierst du diese ganzen Papyrusrollen?“, flüsterte Nabu Nait zu. Dieser strafte ihn mit einem bösen, aber auch ängstlichen Blick. Die Jungen und ihre Begleiter hatten den Ausgang nun erreicht und traten an die frische Luft. Schon bei seinem ersten Schritt spürte Nabu eine Veränderung. Er sah zu Boden und blickte auf etwas Grünes. War das Gras? Und dort vorne…Bäume! Er sah Naits Verwirrtheit und wusste, dass sein Freund noch nie einen echten Baum gesehen haben musste. Sein Onkel hatte ihn einmal zu einer Oase, außerhalb Babylons mitgenommen. Trotz der brennenden Sonne konnten solche Orte entstehen. „Ich glaube…wir sind wirklich nicht mehr in Babylonien.“, sprach Nait leise. Nabu wusste, was sein Freund meinte. Die Oase, in der sie sich befanden musste riesig sein. Bäume und Sträucher erstreckten sich meterweit nach vorne. Nait blickte nach hinten und entdeckte, dass sich ihr Gefängnis in einer Höhle befunden hatte. Sie fanden jedoch keine Zeit zu beratschlagen. Die Wärter trieben sie wieder an und die Jungen konnten noch mehr von der idyllischen Umgebung bewundern. Ihr Staunen sollte allerdings erst seinen Höhepunkt erreichen. Die Gruppe gelangte an einen Felsvorsprung, an dem eine in den Stein gehauene Treppe ins Tal hinunter führte. Was in diesem Tal zu sehen war, raubte dem Jungen den Atem. Zuerst sah es wie ein riesiger, zackiger Berg aus. Schließlich erkannten die Jungen eine Pyramide. „Ägypten! Wir sind in Ägypten!“, stieß Nait hervor. Nabu hielt diesen Gedanken für Unsinn. Ich war noch nie in Ägypten, aber ich weiß, dass es dort sicher keinen solche Umgebung gibt.“, meinte er. Nait musste ihm rechtgeben. In den vielen Schriftstücken, der er Nacht für Nacht gelesen hatte, stand nichts von so einem Paradies. Dafür fiel Nait aber etwas auf. „Die Bilder…von den Pyramiden, die ich bis jetzt gesehen habe sehen völlig anders aus.“, erinnerte er sich. Die Jungen verstanden nun gar nichts mehr. Der Anführer der Wachen hatte ihr Gespräch belauscht. „Wer seid ihr? Und wer hat euch in das Gefängnis gesperrt?“, wollte er nun endlich wissen. Als Nabu dann wieder von dem Portal anfing, würgte ihn der Wärter ab. „Schluss mit euren Märchen. Ihr glaube zwar ihr wisst ganz genau, wo ihr euch hier befindet, aber ich möchte gnädig sein. „Ihr seid in das Reich von Huracan, dem Gott des Sturmes eingedrungen.“, erklärte er den verdutzten Jungen. Diese sahen sich gegenseitig an, kamen aber zum selben Schluss. Sie hatten den Namen dieses Gottes noch nie vernommen. „Ich…habe so ein Bauwerk noch nie gesehen. Nicht einmal der Palast von Babylon ist so beeindruckend. In…welchem Land befinden wir uns? Wer seid ihr?“, wagte Nabu zu fragen. Der Wärter schwang seinen Kopf nach rechts und gab seinen Verbündeten so ein Zeichen. Nabu und Nait wurden wieder zum Gehen gezwungen. Doch der Anführer der Wärter zeigte sich großzügig und beantwortete die Fragen während des Marsches. „Unser Volk nennt sich Mayas. Wie gesagt, dieses Territorium wird von Huracan kontrolliert. Unser Dorf betet ihn an und wird von ihm beschützt. Von eurem ‚Babylon’ habe ich jedoch noch nie etwas gehört.“, gestand er. Nabu und Nait waren für einen Augenblick baff. Dann drang eine Idee in Nabus Kopf ein. Wollten sie im Prinzip nicht hier her? Sie waren auf der Suche nach einem Gott, der Marduk im Kampf gegen Nergal beistand. Diese Krieger, die sich Mayas nannten, wollten sie zu ihrem Gott Huracan bringen. Zugegeben, sie hatten noch nie etwas von diesem Gott gehört und es war inzwischen klar, dass sie sich in einem anderen Land befanden. Der Umgebung nach…vielleicht sogar auf einem anderen Kontinenten? Vielleicht würde Huracan sie anhören und sie zurück nach Babylon bringen. Nabu wusste, dass sie eine sehr blauäugige Sichtweise war, aber der Versuch musste unternommen werden. Naits Gedanken drehten sich inzwischen mehr um Flucht. Aber auch er wusste, was von ihm und Nabu abhing. Sie hatten das Ende der Treppe erreicht und standen nun in dem Tal, in dem das Dorf der Mayas lag. Erst jetzt konnten sie erkennen, wie hoch sich die Pyramide wirklich erstreckte. „Unglaublich.“, staunte Nait. „Es ist etwas anderes solche Dinge in echt zu sehn.“, meinte er. Nabu konnte sein Entuisasmus nur zur Hälfte teilen. „Es wäre unglaublicher, wenn wir keine Gefangenen wären.“, äffte er. Aber Nait hatte Recht. Die Pyramide war wirklich eine Sehenswürdigkeit und die Wärter blieben extra stehen, damit die Jungen sie bestaunen konnten. Sie schien ihr ganzer Stolz zu sein. Im Vergleich zu ihr verblassten die übrigen Bauten, die wohl zum wohnen gedacht waren. Obwohl sie nicht mehr auf dem Felsvorsprung waren, konnten Nabu und Nait das gesamte Dorf überblicken. Immer wieder spazierten Dorfbewohner aus ihren Häusern, blickten die Fremden Jungen kurz an und setzten ihren Weg fort. Ihr Ziel war immer das Selbe. Die Spitze der Pyramide. Nun verlangten auch die Wächter, dass Nabu und Nait diesen Weg einschlugen. „Huracan erwartet euch bereits.“, säuselte ihr Anführer. Während Nait diese Aussage gruselte, hoffte Nabu mit dem Gott reden zu können. Die Treppe der Pyramide hinauf zu steigen erwies sich als Tortur. Sie hatten kaum die halbe Strecke absolviert, da sahen sie schon wie die Dorfbewohner auf sie herabblickten. Die Wächter zwangen sie die übrige Strecke zu bewältigen. „Keine Spitze.“, sagte Nait verwundert. „Es gibt also Unterschiede zwischen den Pyramiden in Ägypten.“ Nabus Gedanken drehten sich im Moment um etwas anderes. Gleich würde er dem Gott gegenüberstehen, der Babylon entweder retten oder im Stich lassen konnte. Diese Reise durfte nicht umsonst gewesen sein! Marduk hatte seine letzte Kraft in sie investiert. Außerdem war es merkwürdig, dass sie die Sprache dieser Mayas verstanden und umgekehrt. Nabu vermutete, dass Marduk auch dies arrangiert hatte. Sie waren nun oben angelangt und standen der Gruppe Mayas gegenüber. Diese machten jedoch sofort Platz, als die Wärter auf sie zuschritten. Nabu und Nait entdeckten nun ein kleines Becken, mit trübem, grünem Wasser. Die Wächter drängten sie so lange, bis sie direkt davor standen. Nabu konnte nicht einmal sein Spiegelbild erkennen, als er hineinschaute. „Ihr wurdet auserwählt.“, sagte nun eine Stimme. Nabu und Nait blickten sich um entdeckten einen merkwürdig aussehenden Mann mit Federn auf dem Kopf. Sie spekulierten, dass es sich um eine Art Priester handeln könnte. Der Anführer der Wachen schien etwas sagen zu wollen, ließ es dann aber bleiben. Wahrscheinlich wollte er vom Portal berichten, glaubte aber ausgelacht werden zu können. „Wir möchten zu Huracan.“, sagte Nabu entschieden. Nait war inzwischen noch immer vom Wasser fasziniert. Vom ihm ging der Geruch des Todes aus. Der Priester begann zu schmunzeln. „Eure Seelen werden bald bei ihm eintreffen.“, erklärte er. Nabu sah ihn fragend an. Nait tat einen entsetzten Aufschrei. „Ein Gesicht…im Wasser war ein Gesicht.“, stammelte er. Nun ging Nabu ein Licht auf und erkannte die schreckliche Wahrheit. „Sie…wollen uns opfern!“, rief er entsetzt. Nait erblasste. „Aber…das geht nicht. Selbst in Babylon wurde dieser Unsinn abgeschafft!“, erinnerte er. Nabu wusste das nur zu gut. Aber sie waren nicht in Babylon. Und der Priester würde auch sicher keinen Respekt vor dem Prinzen eines unbekannten Landes haben. „Das geht nicht.“, sagte Nabu entschieden. „Wir müssen noch etwas erledigen und dürfen nicht sterben!“, redete er auf den Priester ein. Er wusste nicht woher sein neuer Mut kam, aber den Priester beeindruckte es wenig. Er hob seine Hand und gab seinen Dienern ein Zeichen. Diese packten die Jungen und drängten sie an den Rand. „Nait!“, zischte Nabu. „Erinnerst du dich an das Schwimmbecken im Palast und an den Unterricht?“, fragte er hastig. Nait bestätigte, war sich aber nicht sicher, ob er in dieser Situation schwimmen konnte. Es waren sicher bereits viele in diesen Tümpel geworfen worden und ertrunken. Die Jungen hatte jedoch keine Lust die nächsten zu sein. Das Martyrium stoppte zum Glück mit einem lauten Ton. Die Jungen wussten nicht, woher er kam oder was er zu bedeuten hatte, aber die Männer ließen von ihnen ab. Reihenweise stürmten sie die Treppe der Pyramide hinunter und ließen die Jungen zurück. Nicht einmal ein Wächter blieb zurück um auf sie aufzupassen. Nabu und Nait nutzten diese Chance für ihre Flucht. „Wohin?“, wollte Nait wissen, während Nabu noch überlegte. „Zuerst runter von diesem Bauwerk!“, stand für ihn fest. Sie folgen den Dorfbewohnern in sicherem Abstand. Kaum waren sie auf die letzte Stufe getreten, sahen sie was los war. Die Menschen rannten erschrocken und hilflos durcheinander und die Soldaten trieben einander an. Sie kümmerten sich nicht um die Einwohner, sondern schienen ein völlig anderes Ziel zu haben. „Ein Angriff.“, murmelte Nait kaum hörbar. Nabu sah ihn fragend an. „Manche Völker warnen ihre Feinde vor, bevor sei einen Angriff gegen ihr Dorf oder ihre Stadt beginnen.“, zitierte er aus seinen alten Papyrusen. Nabu verstand. Da Babylon sich nie im Krieg befunden hatte, seit er auf der Welt war, hatte er keine Kenntnisse von solchen Praktiken. Die Maya-Soldaten drückten sich gegenseitig Speere und Schwerter in die Hände und brüllten was das Zeug hielt. „Die scheinen uns völlig vergessen zu haben.“, sagte Nait erleichtert. Nabu sah die Sache nicht so locker. „Wenn es hier eine Schlacht gibt kommen wir vom Regen in die Traufe!“, versuchte Nabu Nait klar zu machen. Dieser schluckte. „Dann lass uns von hier verschwinden. Diese Leute sind so beschäftigt, dass sie uns nicht aufhalten werden.“, schlug Nait vor. Unter normalen Umständen wäre Nabu derselben Meinung gewesen. Allerdings stand das Schicksal Babylons auf dem Spiel, und nur Huracan konnte die Stadt retten. „Wir müssen diesen Gott irgendwie finden!“, bestand er darauf. Nait hielt ihn zuerst für verrückt, dachte dann aber an seine Eltern. Dann waren plötzlich Schreie zu hören. „Sie haben die Grenze durchbrochen!“, hörten sie einen der Soldaten schreien. Nait animierte seinen Freund nun sich zu bewegen. „Wenn wir hier draufgehen, können wir gar nichts erreichen. Wir sind die letzte Hoffnung für die Menschen in unserer Stadt. Wir dürfen hier nicht zu Grunde gehen.“, redete er auf den Prinzen ein. Nabu gab ihm Recht, und begann mit Nait nach einem Fluchtweg zu suchen. Zuerst kam ihnen die Treppe in den Sinn, welche sie ins Dorf gebracht hatte, doch dann würden sie nur wieder in dem Gefängnis landen, und das wollten sie nicht. Die beiden beschlossen einfach eine beliebige Richtung einzuschlagen und in den Urwald zu rennen. Sein erster Anblick wirkte schön und atemberaubend, doch wenn man nicht wusste, was sich in ihm befand, konnte er bedrohlich wirken. Er war jedoch eine bessere Alternative als im Dorf zu bleiben, während dieses von Feinden angegriffen wurde. Die beiden Jungen drangen in das unbekannte Gebiet ein und schlugen sich durch Sträucher und Büsche. „Wir wissen nicht einmal wohin!“, beschwerte sich Nabu. „Hauptsache weg von hier!“, stand für Nait fest. „Und dann?“, hakte sein Freund nach. Nait blieb ihm die Antwort schuldig. Sie mussten irgendwie mit den Göttern dieses Landes Kontakt aufnehmen. Falls sie dies nicht schafften konnten sie nicht einmal mehr nach Hause. Und selbst wenn, sie wären ohne Hilfe zurückgekehrt. Immer wieder streiften die beiden den Weg von Tieren, die sich zuvor noch nie gesehen hatten. Selbst die Schlangen besaßen eine völlig andere Farbe. Nait schrie auf, als sich plötzlich etwas um seine Taille legte. Er sah nach unten und erkannte einen Arm. Er war von braunem Fell bedeckt und der Junge vermutete zuerst ein Tier. Ein Stück weiter wurde jedoch ein Oberarm sichtbar. Es war ein Mensch, der ihn festhielt. Nabu starrte ihn überrascht an. Er glich den Kriegern im Dorf, doch irgendwie auch nicht. Er trug keine Federn, dafür aber eine Art Handschuh, der einer Bärenpratze glich. War das vielleicht einer der Feinde, die das Maya-Dorf angriffen? Der Verdacht erhärtete sich, als weitere solcher Gestalten aus dem Wald sprangen und auch den Prinzen gefangen nahmen. Ihre Flucht hatte nicht lange angedauert. Zugegeben, sie befanden sich nun in der Gewalt von anderen Leuten, aber wenn es sich bei ihnen ebenfalls um ein Maya-Volk handelte, würde sie dasselbe erwarten. „Sind die Jungen aus dem Dorf?“, hörten sie von ihnen fragen. „Müssen sie.“, erwiderte ein anderer. Nait versuchte sich loszureißen. „Nein! Diese Leute haben uns gefangen genommen!“, sprudelte er los. „Sie wollten uns opfern!“, erzählte er. Er hoffte insgeheim die Sympathie der Männer zu erhalten. Immerhin waren sie Feinde des Maya-Stammes. „Er sagt die Wahrheit.“, half Nabu seinem Freund. Die fremden Krieger schienen ihnen ohne Vorbehalt zu glauben. „Wir nehmen sie mit.“, entschied einer von ihnen und die anderen schienen keinen Einwand zu haben. „Wir werden uns auch diesmal nicht wehren!“, flüsterte Nabu Nait zu. Diesem schien der Plan gar nicht zu gefallen. „Diese Leute sind vielleicht anders gekleidet, als unsere Peiniger, aber es sind dennoch die selben.“, flüsterte er zurück. Nabu wusste dies nur zu gut, bat Nait aber dennoch noch etwas durchzuhalten. Widerwillig begleiteten die Jungen die Soldaten. Sie legten erst eine Rast ein, bis sie auf eine kleine Lichtung stießen. „Wir warten.“, sagte einer der Soldaten. Nabu wollte bereits fragen auf wen, konnte es sich aber denken. Wahrscheinlich auf ihre Leute, die im Moment gegen den anderen Maya-Stamm kämpften. Wahrscheinlich war es ausgemacht, dass sie bald zurückkehren sollten. Zumindest einige von ihnen…. Es dauerte eine Stunde, bis sich einige der Angreifer blicken ließen. Es waren mehr, als Nabu erwartet hatte. Scheinbar war die Schlacht größtenteils unblutig beendet worden. Hatte sich der Maya-Stamm etwa ergeben? Die Soldaten setzten erneut zum Marsch an, was Nabu zweifeln ließ. Waren sie etwa in die Flucht geschlagen worden? „Wohin wollen sie?“, traute sich Nait die Männer nicht direkt zu fragen, und stellte sie daher an Nabu. Dieser konnte aber auch nur Vermutungen anstellen. „Wahrscheinlich in ihr eigenes Dorf.“, erwiderte er. Nait sah ihn ernst an. „Um uns dort zu opfern?“, hakte er bedrückt nach. Nabu wollte nicht daran denken. Wenn sie im Dorf geblieben, wären sie wahrscheinlich nicht gefangen genommen worden. Dafür aber vielleicht geopfert. Der Marsch dauerte bis zu vier Stunden. Die beiden Babylonier hatten ihr ganzes bisheriges Leben unter der Sonne verbracht, und besaßen daher eine ausgezeichnete Kondition. Schließlich betraten sie das Dorf des anderen Maya-Stammes. Das Staunen ließen die Jungen diesmal aber weg. Zu ungenaue wussten sie über ihre Zukunft Bescheid. Auch dieses Dorf besaß eine Pyramide, auf der die Leute beteten und…Opfer darbrachten. Wie letztes Mal brachten die Soldaten die Jungen direkt auf die Spitze. Diesmal aber ohne Schaulustiger und ohne Priester. „Kein Tümpel. Nur ein…Schrein.“, murmelte Nabu. Nait wusste, was sein Freund meinte. „Dann werden hier gar keine Opfer dargebracht?“, schien er neue Hoffnung zu fassen. Nabu wollte sich noch nicht festlegen. „Wie es aussieht nicht.“, sagte er, um seinen Freund zu beruhigen. Die Soldaten ließen nun von den Jungen ab und knieten sich hin. Sie stießen ihre Hände auf dem Steinboden und schlossen ihre Augen. Dies wäre wahrscheinlich die optimale Gelegenheit zur Flucht gewesen, doch die Jungen warteten ab. „Ein anderes Zeichen.“, machte Nait Nabu auf etwas aufmerksam. Nabu, der zum Schrein blickte, gab ihm Recht. Über dem Tümpel des ersten Maya-Dorfes hing eine Steinplatte mit einem Symbol. Nabu war sich sicher gewesen, dass dies das Zeichen von Huracan, dem Gott des Stammes war. Dieses Dorf hatte jedoch ein anderes Symbol und betete anscheinend eine andere Gottheit an. „Wie heißt euer Gott?“, wagte es Nabu die Soldaten aus ihrer Konzentration zu reißen. Einer erhob sich, doch ihr Anführer hielt ihn zurück. „Knie doch wieder hin! Und ihr auch!“, fuhr er die Jungen an. Während sich Nait zierte, tat ihm Nabu den Gefallen. „Du auch, Junge! Eure Rettung habt ihr uns zu verdanken und für unser Einschreiten dankt dem Erdgott Zipacna. Nabu blickte nun direkt zum Schrein. „Zipacna, ja?“, hinterfragte er. „Zipacna!“, begann er nun zu schreien. „Ich weiß du kennst uns nicht und hast keinen Grund uns anzuhören, aber wir brauchen deine Hilfe!“ Die Soldaten reagierten überrascht und unschlüssig. Eine Antwort erhielt Nabu natürlich nicht. Darauf reagierte er so wütend, dass er auf stand und auf das Symbol auf dem Schrein eintrat. Die Soldaten glaubten ihren Augen nicht und rissen den Prinzen zurück. Sie zogen ihre Schwerter und wollten Nabu für diesen Frevel bestrafen. Die Rettung kam in unverhoffter Form. Zuerst war es nur ein lautes Dröhnen, doch dann meldete sich eine Stimme. „Lasst den Jungen leben. Er ist sehr einzigartig.“, sagte eine dumpfe Stimme aus dem inneren des Schreins. Nait erschrak am meisten, während Nabu glücklich war eine Reaktion zu erhalten. Die Soldaten ließen von ihm ab und Nabu stürzte zum Schrein zurück. „Zipacna! Es tut mir Leid, Euch beleidigt zu haben, aber ich muss unbedingt mit Euch sprechen.“, erklärte er. Die Stimme, die offenbar Zipacna gehörte ließ sich Zeit. „Sprich.“, gab sie ihm schließlich die Erlaubnis. Nabu holte tief Luft. Mein Freund und ich kommen aus einem entfernten Land. Ich weiß nicht einmal wie entfernt, weil ich nicht weiß, wo wir hier sind. Unsere Stadt heißt Babylon und wurde von einem bösen Gott angegriffen, der sich Nergal nennt. Marduk, unser Schutzpatron, beschützt Babylon zwar im Moment, aber seine Kraft versagt. Er hat uns auf eine Reise geschickt, um einen weiteren Gott zu finden, der sich mit ihm verbündet und sich dem Kampf mit Nergal stellt.“, berichtete Nabu in Stichworten. Dann blieb es wieder kurze Zeit still. Auch die Soldaten erwarteten die Antwort ihres Gottes. „Dein Anliegen….ist überaus interessant.“ Nabu Herz schlug schneller. Ungeduldig erwartete er die Antwort. „Aber leider werdet ihr auf meine Hilfe verzichten müssen.“ Das versetzte Nabu einen Schlag. „Dies hier ist mein Reich. Dieses Dorf verlässt sich auf mich. Und ich beschütze sie vor Huracan und seinen Anhängern.“, erklärte Zipacna. Nabu schüttelte ungläubig den Kopf. „Unsinn! Wir haben gesehen, wie deine Leute das Dorf angegriffen haben!“, erwiderte Babylons Prinz. Zipacna schnaufte hörbar. „Das war nur eine Warnung an das Dorf. Wir haben kein Interesse an einem Krieg oder irgendwelche Toten. Huracan ist da leider anders, deswegen werde ich hier gebraucht. Es tut mir Leid.“, sprach Zipacna und verstummte dann. „Wir akzeptieren Eure Entscheidung nicht!“, fuhr ihn Nabu an. Doch der Gott blieb stumm. Nun wurde Nabu wieder von den Soldaten gepackt und zusammen mit Nait von der Pyramide geschleppt. „Es…war einen Versuch wert.“, meinte Nait leise. Nabu konnte nicht glauben, dass sein Freund so einfach aufgab. Aufgeben war nicht einmal eine Option. Babylon war verloren, wenn Zipacna nicht einschritt, Nabu musste zurück und mit ihm sprechen. Er versuchte sich loszureißen, aber mit wenig Erfolg. Die Soldaten steckten die Jungen in eine steinerne Hütte, die scheinbar als Kerker diente. „Wir sind wieder da, wo wir am Anfang unserer Reise gelandet sind und haben nicht einmal etwas erreicht.“, sagte Nait deprimiert. Nabu ballte seine Fäuste und trommelte gegen die Tür. „Wir müssen noch einmal mit Zipacna reden, hört ihr mich?“, brüllte er aus Leibeskräften. „Sie hören dich. Aber sie hören dich auch nicht.“, sagte Nait. Nun bemerkte er, dass Nabu eine Träne über die Wange lief. Er hatte seinen Freund noch nie weinen gesehen und hatte auch nicht erwartet, diesem Phänomen einmal beizuwohnen. „Wie kann ich dir helfen?“, fragte er unsicher. Nabu sah ihn verblüfft an. „Gar nicht.“, erwiderte er. „Das kann nur Zipacna.“ Nait wusste das. Auch seine Eltern waren in Gefahr. Mit jeder Minute, die verstrich, verfiel Marduks Zauber und der Sand rieselte Stück für Stück weiter herab. Nabu klopfte och mindestens eine Stunde, gegen die schwere Tür, bis ihn seine Kräfte verließen. Er bat Nait immer wieder ihm zu helfen, doch dieser erkannte keinen Sinn darin. Obwohl es kein Fenster in ihrem Verließ gab, erkannten die Jungen dass die Nacht einbrach. Das verriet ihnen der kleine Spalt unter der Tür. Nabu war so erschöpft, dass er dabei war einzuschlafen, obwohl er sich dies verboten hatte. Dann wurden Stimmen laut. Nach und nach immer mehr. Draußen schien etwas passiert zu sein. Die Tür wurde aufgerissen und einer der Soldaten blickte hinein. Er sprach die Gefangenen jedoch nicht an, sondern schloss die Tür wieder und rannte davon. Nabu sprang hellwach auf. Er zog an der Klinke und atmete erleichtert auf. Der Soldat war so in Eile gewesen, dass er vergaß den Riegel davor zu schieben. Nabu lief nach draußen und Nait folgte ihm seufzend. Er wusste was Nabu im Sinn hatte, glaubte aber nicht an dessen Erfolg. Wie schon im ersten Dorf liefen die Bewohner und die Soldaten wild durcheinander. „Ich glaube, Huracans Stamm plant eine Vergeltung.“, vermutete Nait. Nabu stimmte zu, aber es war ihm im Moment herzlich egal. Er stürmte auf die Pyramide zu und nahm zwei Stufen auf einmal. Nait folgte ihm mit einigem Abstand. Bald war Nabu an der Spitze angelangt und stand erneut dem Schrein gegebenüber. Er brüllte Zipacnas Namen, erhielt jedoch keine Antwort. Er rüttelte und zerrte an dem Stein, auf dem Zipacnas Symbol geschrieben war. Dann geschah etwas Überraschendes. Der Stein kippte nach hinten und darunter kam eine Art Kreis zum Vorschein. Er hatte vielleicht 10 Zentimeter Durchschnitt und war in den Fels geritzt. Eine Linie durchtrennte ihn, Instinktiv berührte Nabu den länglichen Stein und drehte ihn nach rechts. Der Kreis drehte sich mit ihr. Es handelte sich also um ein Schloss. Wenige Meter vom Schrein entfernt schwang der Felsen unter lautem Knarren zur Seite und gab einen Eingang preis. Nait hatte seinen Freund inzwischen eingeholt und staunte selbst über den geheimen Zugang. „Was….befindet sich dahinter?“, fragte er verwirrt. „Zipacna.“, antwortete Nabu sicher. In Wirklichkeit vermutete er es lediglich. Mutig stolzierte er in das Innere und Nait, der seinen Freund nicht allein lassen wollte, folgte ihm. Da ihnen keine Fackel zur Verfügung stand, blieb ihnen nichts anders übrig als sich an der Wand entlang zu tasten. In der Ferne waren Lichter und Stimmen zu hören. Nait wurde unsicher. „Warum sollte ein Gott an diesem Ort leben wollen? Wir sind sicher falsch und das hier ist so was wie ein Grab.“, meinte er. „Erde.“, erwiderte Nabu nur und setzte kurz darauf zu einer Erklärung an. „Zipacna soll ein Erdgott sein, also ist diese Umgebung durchaus passend.“ Nait verstand. Allerdings sorgte er sich noch immer, was Zipacna mit ihnen tun würde, wenn er feststellte, dass jemand in sein Reich eingedrungen war. Dann wurde der Gang immer enger und die Jungen mussten zuerst kriechen und dann robben. „Entweder Zipacna ist nur einen halben Meter groß, oder wir sind eindeutig falsch.“, meckerte Nait. Nabu fing an seinem Freund Recht zu geben. Aber er musste einfach nachsehen was am Ende des Ganges war. Das Licht wurde heller und die Jungen konnten wieder aufrecht stehen. Sie waren in einer größeren Halle angekommen. An den Wänden hingen verschiedene Masken und Schmuck. Statuen prangten an jeder Ecke. Nabu entdeckte ein Bild, dass das Dorf zeigte. Allerdings bewegte es sich. Dann wurde ihm klar, dass es sich um eine Art Fenster handeln musste, das nach draußen führte. Es zeigte wie sich die Dorfbewohner vorbereiteten. Und vor dem Fenster saß eine kleine Gestalt. „Was…ist das?“, fragte Nait perplex. Die Gestalt schien einen Schrecken bekommen zu haben und drehte sich um. Es handelte sich eindeutig nicht um einen Menschen, sondern eher um ein Tier. Ein Tier, das allerdings angezogen zu sein schien. „Ist das ein Affe?“, traute sich Nabu zu fragen. „Wohl mehr eine Ratte.“, gab Nait seine Meinung ab und zeigte auf den langen, dünnen Schwanz. Die Jungen wagten sich näher und musterten das kleine Wesen. Beide behielten Recht. Er sah aus wie eine Mischung aus einem Affen und einer Ratte. Das witzige war, dass dieses fremde Tier Kleidung trug. Einen weißen Umhang und der Rest wie der Maya-Stamm. „Wer zur Hölle seid ihr?“, fragte das Wesen nun. Nabu und Naits Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. Das Tier hatte tatsächlich gesprochen. „Was…bist du?“, fragte Nait zögerlich. Das Tier schien seinen Schrecken nun vergessen zu haben und wirkte eher wütend. „Ich bin Zipacna, der Gott der Erde! Und wer seid ihr, die es wagt mein Reich zu betreten?“, fragte es sauer. Nabu war der erste, der wieder Worte fand. „Du hattest Recht, Zipacna ist wirklich nur einen halben Meter groß.“ Durch diese Aussage schien Zipacna erst recht wütend zu werden. Den Jungen war bis jetzt entgangen, dass der kleine Gott eine Art Zepter in den Händen hielt. Er streckte es nach oben und ließ eine Welle von Schlamm von der Decke herab, der Nabu und Nait unter sich begrub. Die völlig verdreckten Jungen bekamen nur ein „Verdammt2 oder „Igitt“ heraus. Nait, der nun ebenfalls sauer war, packte Zipacna und zerrte ihn wie ein Stück Stoff auseinander. Das gefiel dem Gott sichtlich wenig und er riss sich los. „He, du!“, rief Nabu nun. „Bist du wirklich Zipacna? Los, sag die Wahrheit!“, verlangte er. Das Wesen schien aber nicht zu lügen. „Natürlich bin ich das. Und du bist der Typ, der mich um Hilfe gebeten hat!“, erinnerte es sich wieder. Nait schüttelte ungläubig den Kopf. „Unmöglich! Ich habe bereits einen Gott gesehen, und der sah nicht so aus wie du!“, erinnerter er sich an Marduk. Zipacna erwiderte nichts darauf. „Andere Länder, andere Götter.“, meinte Nabu. Nait schien das nicht hören zu wollen. „Hallo? Wir sind extra in dieses Land gereist um Babylon zu retten. Und jetzt haben wir einen Gott gefunden, und er erweist sich als nutzloser kleiner Kobold.“ Zipacna schien dieses Wort nicht zu kennen, und regte sich deswegen auch nicht darüber auf. „Nutzlos? Ich bin der Gott der Erde und einer der stärksten Götter.“, sagte er entschieden. Nait zweifelte daran. „Vielleicht in diesem Land, oder vielleicht nur in diesem Dorf. Aber die Götter bei uns sind mächtiger und stärker als du, Kleiner.“ Obwohl Nait nun wusste, dass er einen Gott vor sich hatte, hielt er sich nicht zurück. Aber auch Nabu zweifelte an Zipacnas Stärke. Er würde bestimmt nichts gegen Nergal ausrichten können. „Deswegen hast du meine Bitte abgelehnt. Du bist zu schwach, um uns zu helfen. Für die Maßstäbe von hier, magst du ein mächtiger Gott, sein aber bei uns wärst du nichts wärt.“, sagte er streng. Zipacna hob sein Zepter, ließ es aber wieder sinken. Scheinbar hatte Nabu einen wunden Punkt getroffen. „Unsinn. Ich habe euch meine Gründe genannt. Huracan ist der Grund, warum ich nicht fortkann. Die Menschen in diesem Dorf zählen auf mich. Huracan liebt den Kampf und missbraucht seine Anhänger dafür.“, erzählte er. Nabu überlegte kurz. „Ich glaube zwar nicht, dass du sonderlich stark bist, aber du bist unsere einzige Chance.“, sagte er. Nait glaubte sich verhört zu haben. „Nabu! Er ist viel zu klein und zu schwach.“, meinte er. Nabu grinste. „Genau wie wir. Und wir haben es immerhin bis hierher geschafft.“ Nait verstand. Zipacna stellte eine Chance dar. „Wenn wir dir helfen Huracan auszuschalten, hilfst du dann uns?“, bot Nabu an. Nait seufzte. Sein Freund schien den Verstand verloren zu haben. Entweder Huracan war genauso schwach wie Zipacna, dann würden sie leichtes Spiel haben. Aber wenn das der Fall war, würde auch Zipacna keine Hilfe darstellen. Der kleine Gott überlegte kurz und wollte anscheinend den Kopf schütteln. Dann hörte aber etwas durch sein Fenster. Huracans Krieger schienen anzugreifen. „Einverstanden!“, sagte er plötzlich. Nabu und Nait blickten mehr als überrascht, als Zipacna das bläuliche Portal öffnete, durch das sie gekommen waren. Wenn er dazu in der Lage war, konnte er ihnen vielleicht doch helfen. Zipacna sprang durch, während sich Nabu und Nait noch zierten. Der junge Prinz machte den Anfang und fand sich bald in einer ähnlichen Umgebung wieder. Nait rempelte ihn von hinten an, als er durch das Portal schritt. „Wir haben unseren Standort überhaupt nicht gewechselt.“, sagte er verwirrt. Nabu war anderer Ansicht. „Sie dich doch mal um.“, verlangte er. Nait gab ihm Recht. Es war dieselbe Höhle, aber eine andere Einrichtung. „Huracan!“, hörten sie Zipacnas Stimme. Der kleine Gott stand einige Meter von ihnen entfernt. Vor ihm stand Huracan, der zu Nabus und Naits Überraschung dieselbe Größe wie Zipacnas besaß. Zugegeben er sah etwas furchteinflösender und weniger wie ein Tier aus. Er erinnerte an einen blauen Kobold, der in einer Wolke schwebte. „Zipacna, du wagst dich hierher?“, fragte Huracan schmunzelnd. Scheinbar schien er keine Angst vor ihm zu haben. Zipacna schritt ihm mutig entgegen. „Pfeif deine Leute zurück!“, befahl er. Huracan sah ihn abwertend an. „Und wenn nicht?“, fragte er provozierend. „Dann werden die dich erledigen!“, zeigte er auf Nabu und Nait. Diese fielen aus allen Wolken. Aber auch Huracan nahm seinen Artgenossen nicht ernst. „Jetzt glaubst du schon mich mit zwei Kinder besiegen zu können?“, fragte er abschätzig. Zipacna sprang darauf an und bereitete sich selbst auf einen Kampf vor. „Sie werden dich locker besiegen, immerhin bist du sogar schwächer als ich!“, warf ihm Zipacna vor. Huracan verzog eine Miene. „Wer sagt das?“ „Ich.“, antwortete Zipacna taff. „Da kannst nicht einmal ein Portal öffnen.“, warf er Huracan vor. Dieser richtete sein Zepter auf Zipacna. „Dafür besitze ich die Fähigkeit durch den Himmel zu fliegen!“, gab er an. Zipacna rollte mit den Augen. „Für einen Wind und Sturmgott keine große Leistung.“, stichelte er. Dann konnte sich Huracan nicht mehr zurückhalten und die beiden begannen zu kämpfen. Wobei das Wort ‚prügeln’ besser zutraf. Von einem ernsten Kampf, bei dem man sich verletzten konnte, war nicht viel er erkennen. Nabu und Nait standen nur daneben und sahen zu wie sich die kleinen Götter gegenseitig mit ihren Zeptern schlugen. „Diese kleinen Viecher gehen mir wirklich auf den Geist! Wir haben sowieso kaum Zeit übrig.“, beschwerte sich Nait. Nabu gab ihm Recht und beschloss etwas zu unternehmen. Er trennte die beiden Streithähne, in dem er Zipacna einfach packte und hochhielt. Es wirkte beinahe schon lustig, wie der kleine Gott in der Luft zappelte. Er beschimpfte Nabu, aber als ihm dieser etwas ins Ohr flüsterte, wurde er ruhig. Nabu ließ ihn los und Zipacna richtete sein Zepter auf Huracan. Dieser erschrak und bereitete sich auf einen Gegenschlag vor. Dann geschah es. Unter Huracans Füßen öffnete sich ein Portal und der Gott des Turms verlor den Halt. Er fluchte noch, fiel dann aber hinein und landete an einem unbekannten Ort. „Das hat…tatsächlich funktioniert.“, staunte Nait. Nabu grinste. „War ja auch meine Idee.“, erklärte er. „Zipacna wollte sein Dorf nicht verlassen, weil Huracan es dann auf jedenfall angegriffen hätte. Da Huracan jetzt weg ist und auch keine Portale öffnen kann, kann er auch nicht zurückkehren. Zipacna wird also mit uns kommen.“, verkündete er. Zipacna tat so, als hätte er nicht richtig gehört. „Wie kommt ihr darauf, dass ich das tun werde?“, hakte er nach. Nait und Nabu stutzten. „Das war unsere Abmachung!“, erinnerte ihn der Prinz. Zipacna richtete sein Zepter auf die Jungen. „Falsch! Ihr solltet Huracan ausschalten, aber am Ende ist die Arbeit wieder an mir liegen geblieben!“, beschwerte er sich. Nait wurde wieder sauer, packte den kleinen Gott und presste ihn wie eine Orange zusammen. „Aua, lass das!“, verlangte er Erdgott. „Erst wenn du versprichst, uns zu helfen!“, verlangte Nait. „Jaja, schon gut, ich komme mit euch mit!“, versprach er. Nait ließ von ihm ab und sah zu Nabu. Beide hatten große Zweifel daran, ob Zipacna wirklich etwas gegen Nergals Fluch ausrichten konnte. „Kannst du das Portal wieder öffnen und uns nach Babylon bringen?“, fragte Nabu gespannt. Zipacna bejahte. „Natürlich kann ich, das ich bin ein Gott.“, meinte er. „Aber ein ziemlich mickriger.“, fügte Nait hinzu. Zipacna überhörte die Bemerkung und schwang sein Zepter. Das bläuliche Tor öffnete sich wieder. Die Jungen holten tief Luft und Zipacna tanzte vor seinem Portal herum. „Folgt mir!“, verlangte er und sprang durch. Nabu und Nait taten es ihm nach. Sie hatten zwar einen Gott gefunden, aber war ihre Mission damit wirklich erfüllt? svarog Das Ankommen auf der anderen Seite erwies sich für die Jungen als schmerzvoll. Das Portal schwebte mindestens einen Meter über dem Boden. Nait stöhnte. Zum einen, weil er unsanft gelandet war und zum anderen, weil Nabu ihn als Sprungtuch missbraucht hatte. Dieser entschuldigte sich unverzüglich und kletterte von ihm runter. Zipacna hatte bereits gewartet und schien unverletzt. Nait sprang auf und packte ihn wieder. Wie schon zuvor zerrte er an dem tierähnlichen Gott. Zipacna kämpfte sich frei und schlug mit seinem Zepter auf Naits Kopf ein. Die beiden Streithähne wurden schließlich von Nabu getrennt. „Zipacna!“ Seine Stimme klang etwas vorwurfsvoll. Aber er schien sich nicht über die unglückliche Ankunft aufzuregen. „Wo sind wir?“, fragte er und verwies auf die Umgebung. Abermals standen sie nicht in der Wüste, geschweige den in ihrer Heimatstadt. Wie in ihrer Ankunft im Reich der Mayas standen sie knietief in einer Wiese. Nait reagierte ebenfalls geschockt. Dann blickte er wütend zu Zipacna. „Das ist nicht Babylon!“, warf er ihm zu. Zipacna schien sich keiner Schuld bewusst zu sein. „Ich kann mich auch nur an Orte teleportieren, die ich kenne. Euer komisches Babylon habe ich noch nie zuvor gesehen. Deswegen sind wir ‚blind’ gereist.“, erklärte er. Nait wollte sich wieder auf ihn stürzen, doch Nabu hielt ihn zurück. „Dann werden wir es eben öfters versuchen.“, schien er Zipacna zu verzeihen. Nait stimmte ihm schließlich zu. Nur Zipacna klopfte mit seinem Zepter verlegen auf den Boden. „Naja….es ist nur….ich brauche immer etwas Zeit, um das nächste Portal öffnen zu können.“, gestand er. Damit war Naits Faden endgültig gerissen. Er hob seinen Fuß und trat auf Zipacna wie auf einen Stein. Natürlich versuchte er dem Gott nicht ernsthaft weh zu tun, obwohl er allen Grund dazu hatte. „Wie lange?“, wollte Nabu erfahren. Zipacna überlegte kurz. „Naja eine Stunde mindestens. Allerdings….da ich in der letzten Stunde zwei Portale auf einmal geöffnet habe, habe ich mich verausgabt. Mindestens ein bis zwei Tage wird es schon dauern.“, verriet er. Nait ballte seine Fäuste. „Wir haben keine zwei Tage!“, fuhr er den Gott an. Doch dies schien gar nicht nötig zu sein. Zipacna fühlte sich selbst schuldig. Er spürte, dass seine Begleiter in einer schwierigen Lage waren. „Ich verspreche…dass ich euch so schnell wie möglich nach Babylon bringe!“, klang er nun ernster. Nait atmete tief durch. Also Zip, wir zählen auf dich. Bitte enttäusche uns nicht.“, bat er ihn. Zipacna hob die Augenbrauen. „Zip?“, hakte er nach. Nait grinste verlegen. „Klingt doch süß.“, meinte er. Zipacna schien das anders zu sehen. „Das ist Gotteslästerung!“, erklärte er Nait. Diesem gelang es nicht, Zipacna ernst zu nehmen. Dann spürte er sein eigenes Magenknurren. „Hunger.“, sagte er schließlich. Nabu blickte ihn kurz an. „Dann organisieren wir uns etwas zu essen.“, meinte er. Nait fühlte sich etwas unbehaglich. „Aber wir haben eine Mission!“, erinnerte er. Nabu wusste das nur zu gut. „Trotzdem. Wenn wir verhungern, können wir erst recht nichts für unsere Leute tun.“, fand er. Er ging ein Stück voraus und sah dann zu seinen Freunden. „Nait, Zip, kommt ihr?“, fragte er. Nait folgte ihm vorbehaltlos, während Zipacna sich noch über den neuen Spitznamen ärgerte. Es dauerte nicht lange, bis die drei Reisenden eine Straße erreichten. „Pferde.“, murmelte Nait nun. Er behielt Recht. Die Spuren wiesen eindeutig auf Pferdehufen hin. „Wir gehen weiter, bis wir in das nächste Dorf oder die nächste Stadt kommen.“, entschied Nabu. Nait sträubte sich noch ein wenig. „Und wenn die Leute uns dort den selben Empfang bereiten wie die Mayas?“, hakte er nach. Nabu schien bereit zu sein dieses Risiko einzugehen. Ihr Marsch dauerte gerade mal eine Stunde, in die Nait Zip immer wieder fragte, ob er bereits wieder aufgeladen sei. Nach unzähligen Verneinungen, erreichten sie schließlich die Stadt. Nichts erinnerte an die Kultur, der sich noch vor einiger Zeit gegenüberstanden hatten. Es waren richtige, steinerne Häuser, mit je zwei Fackeln an der Außenwand. Die Bauten vergrößerten sich immer weiter, je tiefer die Gruppe in die Stadt eindrang. Obwohl es helllichter Tag war, schien kein Mensch auf der Straße zu sein. Oder Moment! Etwas war in der Ferne zu hören. Es war das Gewieher und Getrampel von Pferden. Instinktiv zog, Nait Nabu mit sich und drängte ihn in eine Hausecke. Obwohl man den kleinen Zip von einem Pferd aus wahrscheinlich übersehen könnte, folgte dieser seinen neuen Freunden. Von ihrem Versteck aus beobachteten die drei wie vier Reiter in die Stadt kamen. Sie trugen metallene Helme und braune, einheitliche Kleidung. Sie hielt direkt auf dem Hauptplatz und stiegen von den Pferden. Eines war interessierte Nabu besonders. Einer der Reiter, möglicherweise ihr Anführer, ritt nicht alleine. Er packte ein Mädchen, das kaum älter als Nabu und Nait war und half ihr vom Pferd. Aufenthalt war, dass ihre Hände auf den Rücken gefesselt waren. Sie schien eine Gefangene zu sein. Der Versuch sie vom Pferd zu bekommen misslang und so stürzte sie zu Boden. Nabu nahm eine aufrechte Haltung an, doch Nait hielt ihn zurück. Er ahnte, was sein Freund vorhatte. Der Reiter zerrte das Mädchen in die Höhe und kümmerte sich dabei nicht, ob sie vielleicht verletzt war. Die Reiter nahmen die Zügeln ihrer Pferde in die Hand und führten sie mit sich. Der Reiter, der das Mädchen gepackt hielt ging voraus. Das Mädchen sah verzweifelt und ängstlich aus. Sie unternahm einen Versuch zu fliehen und riss sich los. Ihre Flucht dauerte nur wenige Sekunden. Der Reiter hatte eine Peitsche hervorgezogen und schwang sie. Er erwischte die Beine des Mädchen, welche Aufschrie und stürzte. Das war der Moment, an dem sich Nabu nicht mehr halten konnte. Er löste sich von Naits Griff und stürmte los. Nait hatte zwar Angst, konnte seinen Freund aber auch nicht allein lassen. Zipacna zögerte allerdings noch. Der Reiter hatte scheinbar nicht mit einem Einmischen gerechnet, weswegen er Nabu auch nicht kommen sah. Der Junge warf sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen den Peiniger des Mädchens und warf ihn zu Boden. Dann lief er zu dem Mädchen, welches immer noch am Boden lag. Er reichte ihr seine Hand, doch sie blickte ihn nur verwirrt an. Nabu vermutete, dass sie ziemlich am Ende war. Nait kam zu ihm gestürmt und half ihm das Mädchen aufzurichten. Zusammen torkelten die drei in Richtung Zipacna. Sie hofften inständig, dass er nun ein Portal öffnen oder ihnen zumindest auf andere Weise helfen konnte. Doch die Reiter waren schneller. Sie bestiegen ihre Pferde und ritten los. Es dauerte nicht lange bis, sie an den Jungen und dem Mädchen vorbei waren und sich vor sie stellten. Der Weg der Drei war abgeschnitten. Hinter ihnen lauerte noch immer der Reiter mit seiner Peitsche. „Macht gefälligst Platz! Vor euch steht der Prinz Babylons!“, redete er auf die Reiter ein. Nait konnte es kaum fassen, dass Nabu immer noch dachte, damit davon zu kommen. Die Drei spürten einen starken Windhauch hinter sich. Er kam von der Peitsche, die durch die Luft flog. Die Reiter kam näher. Doch ihre Rettung sollte schneller einlangen, als erwartet. Die Erde begann zu beben und Risse bildeten sich im Boden. Nabu, Nait und das Mädchen mussten sich aneinander festhalten, um nicht zu stürzen. Die Pferde richteten sich wiehernd auf und warfen die Reiter von ihren Rücken. Diese schien auf und ergriffen genau wie ihre Rösser panische die Flucht. Der Reiter mit der Peitsche zeigte sich etwas mutiger, türmte aber ebenfalls, als sich vor ihm die Erde auftat. Kaum waren alle Reiter verschwunden, stoppte das Erdbeben. Nabu konnte sich bereits denken, wer ihnen da zur Hilfe gekommen war. Zip tauchte auf und fragte, ob alles in Ordnung sei. Die Jungen bestätigten es und dankten ihm. Nabu spürte wie das Mädchen zusammenbrach. Sie schien sehr schwach zu sein. Nait hatte noch Angst, dass die Reiter vielleicht zurückkamen, doch Nabu trug das verängstigte Mädchen zum nächsten Haus. Dort sollte sie sich ausruhen. Und die Jungen und Zip konnten dies ebenfalls. Nusku bemerkte, wie Nergal der Schweiß von der Stirn tropfte. „Läuft…etwa nicht alles nach Plan?“, fragte er zögerlich. Nergal würdigte ihn keines Blickes. „Es ist nichts. Marduk hat ein Schutzschild über die Stadt ausgebreitet.“, antwortete er. Nusku verzog die Lippen. „Und das bezeichnest du als Nichts?“, hinterfragte er. Nergal nickte kaum merklich. „Es war zu erwarten, dass er Widerstand leisten würde. Aber dank deiner Energie, ist der Sand unaufhaltbar geworden. Marduk kämpft einen aussichtslosen Kampf. Er wird seine Barriere nicht mehr lange aufrecht halten können. Seine Kraft schwindet von Minute zu Minute. Bald wird der Sand über Babylon einbrechen und die Stadt unter sich begraben.“, verkündete der Gott des Todes. Nusku wirkte dennoch misstrauisch. „Vielleicht mag er nicht die nötige Kraft haben die Attacke abzuwehren, aber er hat Zeit.“ Nergal schien dies wenig zu interessieren. „In dieser Zeit kann er jeder Kraft tanken, noch andere Götter am Hilfe anflehen.“, beruhigte er ihn. Nusku warnte Nergal noch den Hauptgott Babyloniens nicht zu unterschätzen, doch dieser würdigte ihn nur mit einem abschätzigen Blick. Dann konzentrierte er sich wieder auf das Fenster, das vor ihm geöffnet. Das Mädchen stieß einen Schrei aus, als es erwachte und Zip vor sich sah. Sie hatte so ein Wesen scheinbar noch nie zuvor gesehen. „Du hast sie erschreckt.“, beschwerte sich Zip bei Nait, der direkt neben im stand. Dafür kassierte er jedoch eine Kopfnuss. „Blödsinn, sie hat sich vor dir erschrocken, du kleiner Kobold!“, warf er ihm vor. Zip nahm bereits wieder eine Kampfstellung ein, als Nabu den Raum betrat. „Sie ist gerade aufgewacht.“, informierte Nait ihn. Nabu nickte dankbar. „Du musst keine Angst haben.“, sagte er freundlich. Das Mädchen betrachtete ihn argwöhnisch. Sie erinnerte, dass sie ihm ihre Flucht zu verdanken hatte, traute der Gruppe aber dennoch nicht vollkommen. Und was war das überhaupt für ein seltsames Wesen? Ein Tier das sprechen konnte. Nabu kam nun näher und setzte sich auf den Rand des Bettes. Das Mädchen wich instinktiv zurück. „Hast du einen Namen?“, fragte er sie sanft. Das Mädchen nickte, nannte ihn aber nicht sofort. „Ich bin Nabu. Das dort ist mein Freund Nait und der kleine Kobold daneben heißt Zip.“, stellte er die Gruppe vor. Zip begann aufgeregt herumzutanzen. „Ich bin weder ein Kobold, noch heiße ich Zip! Ich bin der große Gott Zipacna!“, stutzte er Nabu zurecht. Dieser lächelte ihn entschuldigend an. „Ein Gott?“, schien das Mädchen nun interessierter. Sie hatte sich aufgesetzt und starrte Zip an. Diesem war es sichtlich unangenehm. „Ich weiß er sieht nicht so aus, aber da wo er herkommt haben alle Götter diese Form. Aber frag mich nicht warum.“, erklärte Nait. „Lelja.“, sagte das Mädchen schließlich. Zuerst nahmen die Jungen und Zip an, das Mädchen würde eine andere Sprache sprechen, doch dann verstanden sie. „Mein Name.“, fügte sie schließlich hinzu. „Ein…ungewöhnlicher Name.“, meinte Zip nur. „Nicht ungewöhnlicher als Zipacna.“, stichelte ihn Nait an. „Ich find, es ist ein schöner Name.“, entgegnete Nabu. Lelja sah ihn unsicher an. „Da…Danke.“, murmelte sie nun. Nabu brummte kurz. „Dass wir diese Kerle verscheucht haben? Dafür musst du uns nicht danken.“, meinte er, bis Zip sich einmischte. „Genau, du musst mir danken, ich habe sie in die Flucht geschlagen.“ Nait fand Zips Angeberei unpassend und schenkte ihm gleich die nächste Kopfnuss. „Wer waren diese Reiter?“, wollte Nabu ein paar Antworten erhaschen, wollte Lelja aber gleichzeitig nicht aufregen. Diese schien zu überlegen, was sie verraten sollte. „Sie…haben mich entführt.“, erzählte sie. Für Nabu war das von Anfang an klar gewesen. „Aus welchem Grund?“, hakte er weiter nach. Doch diesmal sah Lelja weg und zierte sich die Frage zu beantworten. „Keine Ahnung!“, sagte sie nun etwas lauter und kauerte sich zusammen. Sie verschwieg die Gruppe einiges, doch Nabu akzeptierte ihre Entscheidung. „Auf jedenfall bist du erstmal sicher.“, meinte er, doch Lelja schüttelte den Kopf. „Nein! Sie wollen mich! Sie werden zurückkommen, wahrscheinlich mit ihren Freunden.“, sagte sie nun. Nait hatte genug gehört. „Dann verschwinden wir am besten von hier.“, schlug er vor. Zip zeigte zwar keine Spur von Furcht, stimmte ihm aber zu. „Sie werden dich nicht mehr belästigen.“, versprach Nabu und blickte zu Zip. „Wie lange brauchst du noch?“, versuchte er seine Frage höfflich wirken zu lassen. „Einen Tag.“, antwortete Zip ehrlich. „Minimum.“, fügte er hinzu. Nabu stand auf. „Also gut, wir verlassen das Dorf und suchen uns einen anderen Unterschlupf. Sobald Zip wieder fitt ist, reisen wir ab.“, präsentierte er seinen Vorschlag. Während seine Freunde dafür waren, zog ihn Lelja am Ärmel. „Wohin…geht ihr?“, traute sie sich zu fragen. Nabu zögerte noch etwas. „Unsere Stadt heißt Babylon. Sie liegt sehr weit entfernt.“, verriet er. Lelja packte Nabu fest am Arm. „Bitte nehmt mich mit!“, flehte sie ihn an. Nabu war sichtlich überrascht. „Ich kann ja verstehen, dass du diesen Kerlen nie wieder gegenübertreten willst, aber hast du hier gar keine Familie?“, wollte er mehr wissen. Lelja reagierte sichtlich geschockt. Hatte Nabu einen wunden Punkt getroffen. „Bitte.“, stotterte Lelja nur. Nabu überlegte kurz und stimmte schließlich zu. Er wollte fragen, ob Lelja sich wieder kräftiger fühlte, doch diese sprang einfach aus dem Bett und schritt demonstrativ zur Tür. „Also gut, Abmarsch!“, kommandierte Nait. Sie nahmen noch etwas zu essen und zu trinken mit und verließen dann das Haus. Sie blickten sich ständig nach allen Seiten um, ob vielleicht die Reiter zurückkamen, doch es war nicht einmal der Laut eines Vogels zu hören. Sie hatte die Stadt inzwischen verlassen und nahmen denselben Weg, denn sie bereits gegangen waren. Nabu ließ Lelja die ganze Zeit nicht aus den Augen. Irgendetwas beschäftige sie und Nabu ebenfalls. Dieses Mädchen hatte etwas an sich, was ihn nicht losließ. Zum einen war es ihre Verschwiegenheit. Gut, Nabu würde auch niemandem trauen, den er zwei bis drei Stunden vorher kennen gelernt hatte. Aber immerhin hatten sie Lelja aus den Händen dieser Verbrecher befreit. „Jemand kommt!“, warnte Zip nun. Nabu, Nait und Lelja blickten nach allen Richtungen, konnten aber niemanden sehen. Zweifelnd sahen sie zu Zip. Dieser blieb aber dabei. „Es sind Pferde. Sie kommen näher! Vielleicht halben Kilometer.“, spekulierte er. Nait sah ihn fassungslos an. „Hast du so gute Augen?“, hakte er nach. Insgeheim hoffte er, dass sich der kleine Gott irrte. „Ich bin der Gott der Erde schon vergessen? Ich spüre es, wenn die Erde unruhig ist. Es müssen sicher zwei Dutzend sein.“, meinte er. Nabu presste die Lippen zusammen. „Also doch! Sie haben ihre Freunde geholt und kommen zurück.“, fluchte er. „Wohin sollen? Zurück in die Stadt, oder in den Wald?“, hakte Nait nach. Nabu wünschte er hätte eine Antwort darauf gehabt. Wenn es tatsächlich so viele waren, würde die Gruppe kein richtiges Versteck finden können. „Lelja lauf weg!“, trug er dem Mädchen auf. Diese sah ihn unsicher an. „Sie sind nach dir hier, nicht nach uns. Wir können sie vielleicht einige Zeit lang aufhalten.“, meinte er und sah zu Zip. Dieser zuckte zusammen. Es war ihm zwar gelungen die Reiter im Dorf in die Flucht zu schlagen, aber gegen eine ganze Arme sahen seine Chancen schlechter aus. Wenn sie extra mit Verstärkung zurückgekehrt waren, würden sie sich diesmal nicht durch ein kleines Erdbeben abschrecken lassen. Nabus Plan würde ohnehin nicht aufgehen. Ihre Feinde ritten schneller als erwartet. Die kleine Arme war bereits in einiger Entfernung zu sehen. Fortlaufen hätte jetzt nicht mehr viel Sinn. „Wir kämpfen!“, entschloss Nabu. Nait hielt ihn für verrückt. Gegen so viele Männer hatten sie keine Chance. Zipacna wusste das ebenfalls, aber dennoch beschloss er seine neuen Freunde zu beschützen. „Wartet mal.“, murmelte Nait. „Sie tragen andere Kleidung.“ Nabu strengte seine Augen an und wusste, was sein Freund meinte. Es waren andere Reiter. Diese trugen Rüstungen und waren schwer bewaffnet. Sie waren nun noch 50 Meter von der Gruppe entfernt und Lelja schob sie vor ihre neuen Weggefährten. Der Anführer der Reiter hielt und seine Männer taten es ihm nach. „Lelja!“, staunte er nicht schlecht. Dann sah er zu Nabu und Nait und zog sein Schwert. Lelja versuchte ihn davon abzuhalten. „Sie sind nicht die Anführer!“, sagte sie schnell. Der Anführer der Reiter wirkte verwirrt. „Diese Jungen haben mir das Leben gerettet! Sie haben meine Entführer in die Flucht geschlagen.“, verriet sie. „Das…äh…stimmt.“, bestätigte Nait die Geschichte. Der Anführer der Reiter stieg nun vom Pferd und trat vor Lelja. Er überprüfte ob sie unversehrt war und seufzte dann erleichtert. „Ihr habt uns Sorgen bereitet, Prinzessin.“, sagte er schließlich. Nabu, Nait und Zip fielen aus allen Wolken. „Prin…Prinzessin?!“, wiederholten sie staunend. Der Reiter bestätigte es ihnen. „Aber ja, sagt bloß ihr wusstet nicht, wenn ihr da gerettet habt?!“, hinterfragte er und sah dann zu Lelja. Diese senkte ihren Kopf und schwieg. „Gut so, Lelja. Du hast deine Identität nicht preisgegeben, selbst nicht vor deinen Rettern. So hat es dich dein Vater gelehrt.“, lobte er sie. Lelja schmunzelte, sah ihn aber nicht an. Der Reiter wendete sich wieder an die Jungen. „Mein Name ist Sadko und im Namen von Lord Svarog und unserem Land danke ich euch für eure Hilfe. Ich werde mich dafür einsetzen, dass eure Belohnung großzügig ausfallen wird.“, versprach er. Nabu schien nun endlich jemanden gefunden zu haben, der seine Fragen beantworten konnte. „Mein Name ist Nabu, und ich bin ebenfalls ein prinz. Ich stamme aus Babylon.“, stellte er sich vor. Sadko reagierte verblüfft und überlegte ob er ihm glauben schenken sollte. Er entschloss sich schließlich dazu, da Nabu es verdient hatte. „Und was sucht Ihr in unserem Land?“, hakte er nach. Nabu beschloss ihm nicht die ganze Geschichte zu erzählen. „Wir sind nur auf der Durchreise. Wir suchen den Weg nach Hause und müssen dafür warten, bis sich unserer Portal wieder öffnet.“ Bevor Sadko noch nachfragen konnte, präsentierte Nabu Zip. Sadko begutachtete den kleinen Gott ungläubig. „Ist das…eine Art Kobold oder Dämon?“, wollte er es genauer wissen. Zip riss sich los und schritt Sadko gegenüber. Dennoch musste er zu ihm aufsehen. „Ich bin der große Gott Zipacna!“, erklärte er. Sadko staunte nicht schlecht. „Ein ziemlich kleiner Gott.“, fügte er hinzu. Zip verzichtete darauf ihn zurechtzustutzen. „Und…ich bin Nait.“, stellte sich der Junge auch noch vor. Sadko nickte ihm zu. „Wie gesagt, wir stammen nicht von hier, könnt Ihr uns sagen, wo genau wir uns befinden?“, bat Nabu höfflich. Sadko schien dies gern für die Retter seiner Prinzessin zu tun. „Ihr befindet euch im Hoheitsgebiet von Svarog, dem Gott der Schöpfung und des Himmels. Und…er sieht eindeutig anders aus, als dieser Gott hier.“, sah er abschätzig zu Zip. Nabu lächelte freudig. Vielleicht konnte ihnen Svarog zu helfen, Nergal zu besiegen. „Es klingt vielleicht anmaßend, aber ich muss mit Svarog sprechen!“, erklärte Nabu. So anmaßend schien Sadko dies nicht zu finden. „Ich denke für die Retter seiner Tochter wird er dies gerne tun.“, sah er zu Lelja. Diese blickte die Jungen und Zip schüchtern an. Nabu und die anderen fielen erneut aus allen Wolken. „Du bist die Tochter eines Gottes? Dann bist du auch…?“, konnte es Nabu kaum glauben. Das war es also was Lelja verschwieg. Das Mädchen nickte langsam. „Lelja wird als Göttin des Regen verehrt. Allerdings…ist sie noch sehr schwach und sich ihrer Kräfte nicht bewusst. Deswegen ist es unseren Feinde gelungen sie zu entführen.“, erzählte Sadko. Die Jungen und Zip verstanden nun einiges besser. „Lelja! Wir brauchen die Hilfe deines Vaters.“, wandte sich Nabu direkt an das Mädchen. Bis jetzt hatte Sadko für die Prinzessin geantwortet. War das Mädchen einfach nur schüchtern, oder war sie es gewohnt dass andere für sie sprachen? „Einverstanden.“, sagte sie, als sie Nabus flehenden Gesichtsausdruck bemerkte. „Aber erwartet nicht zuviel von Vater.“, bat sie. Während die Jungen nicht wussten, wie sie das meinte, gab Sadko drei seiner Männer ein Zeichen. Diese stiegen ab und marschierten zu der Gruppe. „Sollen wir vielleicht….reiten?“, hakte Nait erschrocken nach. Nabu wusste, dass sein Freund noch nie auf einem Pferd gesessen war. Nicht, dass es in Babylon nicht genug Möglichkeiten dafür gegeben hätte, Nait traute diesen Tieren einfach nicht. Dennoch überwand er seine Furcht und stieg mit der Hilfe eines Reiters auf eines der majestätischen Tiere. Lelja ritt mit Sadko, welcher den Befehl zum Umkehren gab. „Wir reiten zurück nach Vineta. Dort befindet sich Svarogs Sitz.“, verkündete Sadko. Der Ritt dauerte mindestens zwei Stunden. Diese Zeit konnte Nabu von der Sonne ablesen. Das war eines der Dinge, die Adad ihm beigebracht und er behalten hatte. Die Stadt war bereits von der Ferne aus zu sehen und verschlug den Jungen den Atem. Sie staunten bereits jeden Tag neu über Babylon, aber Vineta stellte ein weiteres Weltwunder dar. Sadko wirkte stolz, als er die Gesichter der Jungen sah. Selbst Zip konnte sich nur wünschen, irgendwann über so eine Stadt zu herrschen. Der Palast ragte aus der Mitte der Stadt hervor und erstreckte sich bis zu den Wolken. „Ich hab ein gutes Gefühl.“, flüsterte Nabu Nait zu. Dieser nickte. Auch er hoffte, dass Svarog ihnen helfen konnte. Dann konnte er seine Eltern endlich wieder in die Arme schließen. Lelja blickte nach hinten und bemerkte die Freude der beiden. Ihr Gesicht wirkte hingegen eher schuldbewusst. Nabu und Nait kannten ihren Vater nicht und urteilten viel zu vorschnell. Die Gruppe erreichte die Stadttore, welche äußerst schwer bewacht wurde. Als sie Sadko und seine Männer erblickten, zögerten sie. Scheinbar hatten sie ihren Anführer nicht so schnell zurück erwartet. Als sie dann aber auch Lelja auf seinem Pferd erblickten wurden sie lockerer und öffneten das Haupttor. Auch im inneren der Stadt sah es luxuriös und prunkvoll aus. Die meisten Bauten waren aus weißem Marmor geschlagen, sowie auch der Palast. Dieser schien jedoch nicht bewacht zu sein. Scheinbar glaubte man, die Bewachung der Stadt würde ausreichen. Die Soldaten hielten und stiegen von den Pferden. Sadko befahl seinen Männern die Pferde zu versorgen und winkte die Jungen und Zip zu sich. „Müssen wir vielleicht noch irgendwas beachten, wenn wir Svarog gegenübertreten?“, fragte Nait unsicher. Sadko verneinte. „Schon gut, folgt mir einfach.“, bat er. Nait spielte mit seinen Fingern herum. „Das ist dann schon der vierte Gott den wir sehen!“, murmelte Nait. Nabu schubste ihn leicht. „Ich glaube du hast jemanden vergessen.“, zischte er ihm zu. Nait blickte zu Lelja und grinste verlegen. „Dann Fünf.“, verbesserte er. Lelja vermied es Nait anzusehen. Dafür blickte sie in unregelmäßigen Abständen immer wieder zu Nabu. Sie hatten inzwischen den Palast betreten und stießen verblüffte Pfiffe aus. Zip, der auf Naits Schulter hockte, konnte gar nicht genug bekommen. Nabu hatte zwar seinen eigenen Palast, doch dieser wirkte eher rau und farblos. Svarogs Palast wirkte hingegen wie aus einem Märchen. „Wir haben bald den Thronsaal erreicht.“, informierte Sadko die Gruppe. Lelja wurde immer langsam, je näher sie ihm kamen. Sadko musste ihr schließlich einen ernsten Blick zuwerfen, damit sie spurtete. Nabu verstand eines nicht. Lelja musste es hier doch gut haben, warum wollte sie dann mit ihnen gehen? Irgendwie wirkte dieser Palast wie sie. Verschwiegen und mysteriös. Als würde auch er ein Geheimnis bergen. Sadko öffnete die Tür zum Thronsaal und bat die Gruppe hinein. Nabu und Nait erblickten sofort mehrere Soldaten, die einen Gang bildeten. Sadko schritt unaufhaltsam voran. Sein Ziel war das Ende dieses Ganges. Nabu, Nait und Zip erkannten eine Person auf einem Stuhl. Nait umgab wieder das Selbe Gefühl, als er Marduk gegenüber gestanden war. Diesmal sogar doppelt. Neben dem Sitzenden, bei dem es sich offensichtlich um Svarog handeln musste, stand ein weiterer Mann, dessen Auftreten ebenfalls göttlich wirkte. Er war schwer bewaffnet und scheinbar Svarogs Leibwächter. Er schritt voran und stellte sich zwischen ihm und der Gruppe. „Sadko, du führst Fremde zu uns?“, fragte er argwöhnisch. Sadko nahm sofort eine unterwürfige Haltung ein. „Sehr geehrte Perun, es ist mir gelungen die Prinzessin zurück zu bringen.“, verkündete er. Jetzt wurde auch Svarog hellhörig. Er stand auf und wollte sich selbst davon überzeugen. Seine Kleidung wirkte normal, obwohl sie bei Svarogs Körpergröße sehr ziehen musste. An den Wangen hatte er Male, die Nabu an die der Mayas erinnerte. Svarog blickte hinter die Gruppe und entdeckte Lelja ganz hinten stehen. Sie wagte es nicht ihren Vater anzusehen. Svarog stürmte an Perun und Sadko vorbei und umarmte seine Tochter stürmisch. „Ich habe mir ja solche Sorgen um dich gemacht!“, gestand er. Nabu wusste nicht, warum Lelja sich so geziert hatte. Svarog wirkte auf ihn wie ein liebender Vater. Svarog blickte dann zu den Jungen und auch zu Zip. „Diese jungen Krieger haben Mut bewiesen und Eure Tochter vor den Entführern gerettet.“ erklärte Sadko. Anstatt ein Danke herauszupressen, nickte Svarog nur. „Sadko, ruf Lada her!“, befahl er dem Hauptmann. Dieser nickte und verschwand. „Ich nehme an, ihr seid mitgekommen, um euch gleich eure Belohnung zu holen?“, fragte er sie scharf. Nabu wusste nun zum ersten Mal, was Lelja meinte. Svarog wirkte kalt und gruselig. Nabu trat ihm dennoch tapfer gegenüber. „Das sind wir.“, gestand er. „Perun!“, rief er seinem Leibwächter zu. „Bring soviel Gold, wie die Jungen tragen können!“, befahl er. Nabu stoppte aber den Befehl. „Bei allem Respekt, wir würden uns unsere Belohung gerne selbst aussuchen.“, bat Nabu. Svarog blickte ihn überrascht an. „Sprich.“, verlangte er dann. Nabu holte nochmals tief Luft, bevor er zu erzählen begann. „Wir brauchen kein Geld, weil wir zu Hause über genug verfügen. Mein Onkel herrscht über ein Land, dass sich Babylonien nennt. Seine Hauptstadt Babylon schwebt jedoch in größter Gefahr. Nergal, einer unserer Götter hat die Stadt angegriffen. Unser Schutzgott Marduk beschützt sie, indem er sie eingefroren hat. Dieser Zauber wird jedoch nicht lange wirken. Wir müssen Nergal aufhalten, bevor die Stadt zerstört wird.“, fasste Nabu zusammen. „Und nur ein Gott kann einen anderen besiegen.“, fügte Svarog hinzu. Nabu nickte stumm. Svarog sah zu Perun. „Ich kann diese Aufgabe übernehmen.“, sagte dieser automatisch. Svarog trug ihm auf nicht so voreilig zu sein. „Es ist eine große Bitte. Allerdings habt ihr auch das Leben meiner Tochter gerettet. Ich werde Perun losschicken, diesen Nergal zu töten.“, versprach er. Die Jungen und Zip blickten zu seinem Leibwächter. „Er ist also auch ein Gott.“, murmelte Nait. „Der Gott des Krieges.“, ergänzte Perun. Svarog hob die Hand. „Allerdings bin ich im Moment noch auf ihn angewiesen. Er muss für mich auf eine Mission gehen. Danach wird er sich um euer Problem kümmern.“, versprach Svarog. Nabu erhob Einwand. „Ich danke Euch vielmals, aber unserer Zeit ist leider sehr knapp.“, erklärte er. Svarog warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Wie gesagt, ich stehe tief in eurer Schuld, doch das ist kein Grund für fehlenden Respekt.“, fuhr er sie an. „Immerhin halte ich mein Wort.“ Nabu wagte es nicht zu widersprechen. Hoffentlich würde Peruns Mission nicht zu lange dauern. Sadko kehrte nun mit einer Frau zurück, die Lelja ähnlich sah. Schluchzend umarmte auch sie das Mädchen. Nait spekulierte, dass es sich um ihre Mutter handeln musste. „Sind das diejenigen, die dich gerettet haben?“, bemerkte sie nun auch Nabu, Nait und Zip. Lelja musste nicht einmal antworten, sondern ihrer Mutter verbeugte sich vor dem Prinzen und seinen Freunden. „Lada!“, schrie Svarog aufgebracht. „Eine Göttin verbeugt sich vor niemanden!“ Lada ignorierte ihren Mann, bis dieser sich beruhigte. „Es wird bald dunkel. Bring unsere Gäste gut unter.“, bat Svarog sie. Lada nickte, ergriff Leljas Arm und bat die Jungen und Zip ihr zu folgen. Nabu wollte Svarog noch etwas fragen, doch dieser hatte sich bereits abgewendet. Lada führte die Gruppe aus dem Thronsaal und bog in einen neuen Gang ein. „Svarog hat uns eine Belohnung versprochen….“, begann Nabu und Lada blickte sich um. Sie erschien ihm freundlicher als ihr Mann. „Er ist ein Mann, der sein Wort hält.“, beruhigte sie ihn. Nabu redete jedoch weiter. „Es ist nur so, dass uns die Zeit davon läuft.“ Lada seufzte. „Ich werde ihn daran erinnern keine Angst.“, versprach sie. Nabu gab es auf. Ihm blieb nichts anderes übrig als Leljas Vater zu vertrauen. Lada hielt an. „Lelja bitte geh schon mal in dien Zimmer. Ich komme später nach und werde mit dir reden.“, trug ihr ihre Mutter auf. Lelja nickte gehorsam und ging ihrer eigenen Wege. Im Vorbeigehen konnte Nabu noch einmal einen Blick auf ihre traurigen Augen erhaschen. Sie tat ihm Leid. Unter Ladas Führung setzten sie ihren Weg fort, bis sie vor einer breiten Tür standen. „Unser Gästezimmer. Normalerweise bewohnen es nur Fürsten und Feudalherren.“ Lada öffnete die Tür und gab das Innere preis. Auf den ersten Blick schien es wirklich alles zu haben. Zwei riesige Betten, unzählige Schränke und ein Bad, das Nabu an zu Hause erinnerte. „Also hier würde ich gerne wohnen.“, meinte Nait. Zip sprang von seiner Schulter und tobte auf dem Bett herum. „Eine Behausung, die eines Gottes würdig ist.“ Nur Nabu wirkte etwas abwesend. „Ich bin sicher Marduk wird dieses Zeitfeld noch bis morgen halten können.“, gab Nait sein Statement ab. Nabu nickte und warf sich aufs Bett. Draußen war die Sonne inzwischen untergegangen und die Jungen und Zipacna beschlossen ein bisschen zu schlafen. Sogar Nabu schaffte es irgendwann ins Reich der Träume zu gelangen. Er träumte wieder davon, wie er auf dem Balkon des Palastes stand und seinem Volk zujubelte. Seinem Volk. Wenn sie ihre Mission nicht erfüllten, würden die Menschen Babylons keinen weiteren König mehr brauchen. Es war Zip, der zuerst erwachte. Er blickte nach draußen und erkannte, dass der Mond gerade seine Mitte erreicht hatte. Er gähnte verschlafen und blickte zu seinen Freunden. Sie schliefen seelenruhig. Zipacna war eher nachtaktiv und musste sich etwas austoben, wenn er weiterschlafen wollte. Er hopste vom Bett und verließ das Gästezimmer. Er schien nicht der einzige zu sein, der wach gehalten wurde. Er erblickte Lelja die durch die Gänge huschte. Zip wollte etwas sagen, doch Lelja schob ihren Finger vor den Mund. Zip verstummte und lief zu ihr. „Komm mit!“, flüsterte sie ihm zu und Zip beschloss ihr zu folgen. Der Ausflug dauerte nicht lange und endete vor einem Zimmer. „Peruns.“, verriet Lelja leise. Zip verstand nicht ganz, was sie hier wollten. Dann wurden Stimmen hörbar. Die Tür stand einen Spalt breit offen und Zip zwängte seinen Kopf hindurch. „Ihr seid alles Versager!“, schrie jemand. Zip erkannte zuerst Peruns Stimme und dann ihn selbst. Er schien sich mit jemandem zu unterhalten. Zip wagte sich noch ein Stück näher hinein und hätte beinahe einen entsetzten Schrei ausgestoßen. Der Mann, der reumütig vor Perun stand war der Anführer der Reiter, die Lelja entführt hatten. „Da waren erst diese Kinder…und dann das Erdbeben! Ich bin für meine Männer verantwortlich!“, rechtfertigte er sich. Perun dachte schon daran handgreiflich zu werden. „Deine Männer? Deine Männer sind Abschaum. Nichts weiter als ein Haufen Diebe und Betrüger.“, warf er ihm vor. Der Reiter tat nichts anderes als sich den Spot gefallen zu lassen. „Geh jetzt! Deine Belohnung kannst du dir abschminken, sei froh, dass ich dich und deine Leute nicht töten lasse!“, fuhr er ihn an. Der Reiter nickte brav und schritt zur Tür. Zip erschrak. Er steckte seinen Kopf nach draußen, doch der Reiter würde ihn und Lelja auf jeden Fall entdecken. Das Glück kam ihnen zu Hilfe. Perun rief den Reiter nochmals zurück und warnte ihn davor niemanden ein Wort zu sagen, da es sonst düster für ihn aussehen würde. Diese Zeit nutzten die beiden Lauscher um sich aus dem Staub zu machen. Ihr Ziel war das Gästezimmer. Svarogs Leibwächter steckte mit Leljas Entführern unter einer Decke. Nabu und Nait mussten unbedingt davon unterrichtet werden. Perun sollte ihnen ursprünglich helfen, doch scheinbar stand er auf einer anderen Seite. Zip trampelte unsanft auf Naits Gesicht herum und Lelja versuchte Nabu wachzurütteln. Nait erwachte als erstes um boxte sofort nach Zip. „Was fällt dir ein, du Affenratte?“, fragte er sauer. Auch Nabu verließ seinen Traum. Er schlug seine Augen auf und blickte in Leljas Augen. Sofort hockte er sich auf. „Was… was ist los?“, fragte er verschlafen. Zip begann aufgeregt von der Lauschaktion zu erzählen. Nabu schlug wütend auf sein Bett. „Verdammt! Er sollte uns helfen, und nun verrät er uns und seinen König.“, fluchte er. Nait konnte ihn verstehen. Auch er hatte seine ganze Hoffnung in Perun gesteckt. Es gab aber noch eine Hoffnung. Svarog! Er würde ihnen wahrscheinlich doppelt dankbar sein, wenn sie ihm von Peruns Verrat erzählen würden. Die Vier schlichen aus ihrem Zimmer und vermieten es einem Soldaten über den Weg zu laufen. Ihr Ziel war der Thronsaal. Als sie dort jedoch niemanden vorfanden, schlug Lelja vor, Svarogs Zimmer aufzusuchen. Keiner erhob Einwände und kurz darauf standen sie vor einer noch breiteren Tür, als der des Gästezimmers. „Das beste für den König.“, murmelte Nait. Lelja klopfte an und die Tür wurde geöffnet. Lada stand vor ihnen und blickte sie überrascht an. „Ja?“, fragte sie schließlich. „Wir müssen zu Svarog!“, platzte Nabu heraus. Lada schüttelte den Kopf. „Er ist nicht da. Und es hat auch sicher Zeit bis morgen.“, sprach sie. Aber da irrte sie sich. „Es geht um Perun! Er hat Lelja entführen lassen!“, verriet Nait. Nabu hielt es für unklug Lada alles zu erzählen. Er wollte mit Svarog persönlich sprechen. Lada wurde ganz bleich. „Los verschwindet! Geht zurück in euer Zimmer und erzählt keiner Menschenseele, was ihr gehört habt!“, befahl sie. Nabu konnte Panik in ihrem Gesicht erkennen. Doch es war zu spät. Hinter der Gruppe wurde ein Räuspern hörbar. Svarog stand dahinter mit mehreren Soldaten. „Habt Ihr alles gehört?“, fragte Nabu ernst. Svarog nickte. „Ja, und ehrlich gesagt war ich euch sehr dankbar, da ihr meine Tochter beschützt habt. Als Dank wollte ich euch am Leben lassen, doch nun, da ihr einen Teil der Wahrheit kennt, ist dies unmöglich geworden.“, antwortete er ernst. Nabu und seine Freunde verstanden kein Wort. Dann bog Perun um die Ecke und stellte sich neben Svarog. „Es tut mir Leid.“, seufzte er. „Schon gut.“, entgegnete Svarog. Perun schien der einzige zu sein, denn er nicht wie einen mickrigen Diener behandelte. Lass die Kinder und meine Tochter in den Operationssaal bringen. Sie dürfen meinem Staatsstreich beiwohnen.“, sprach Svarog und schlug dann eine andere Richtung ein. Perun und die Soldaten umringen Lelja, Nabu und dessen Freunde und machten eine Flucht unmöglich. Scheinbar waren sie nicht darauf aus, die Gruppe zu töten, aber auch nicht schonend zu behandeln. Nabu verstand gar nichts mehr und blickte verwirrt zu Lelja. Das Mädchen hatte die ganze Zeit Recht, was ihren Vater anbelangte. „Warum tut er das? Was ist sein Ziel?“, flüsterte Nait seinem Freund im Gehen zu. Dieser wünschte, er hätte eine Antwort auf diese Frage gehabt. Sie hatten zuerst vermutet, dass Perun Lelja entführen ließ, um Svarog zu stürzen, doch nun wussten sie, dass er nur seine Befehle befolgte. Aber was für ein Interesse hatte er seine Tochter zu entführen? Nabu beschäftige noch etwas Wichtigeres. Sie hatten Svarog eher dazwischengefunkt, als ihm zu helfen. Dass er ihnen im Kampf gegen Nergal beistand konnten sie nun vergessen. Im Gegenteil, vielleicht würde er sich als noch schlimmerer Feind erweisen. Nabus Blick streifte immer wieder Leljas, die schuldig wirkte. Nabu fand, dass sie keinen Grund dazu hatte. Sie hatten ihr nicht geglaubt, was ihren Vater betraf. Lada folgte der Gruppe. Sie schien Angst um ihrer Tochter zu haben und wohl auch um ihre Freunde. Nabu fürchtete jedoch, dass Svarog kaum auf seine Frau hören würde. Die Gruppe hatte inzwischen einen großen Saal erreicht, der den höchsten Punkt des Palastes darstellen musste. Svarog wartete dort bereits auf sie. Perun tat eine leichte Verbeugung. Nait erkannte ein Fenster, von der Art wie schon Zip es benutzt hatte. Dieses war allerdings größer und in verschiedene Abschnitte eingeteilt. Auf dem Abschnitt war eine andere Stadt zu sehen. „Das ist das ganze Reich der slawischen Götter.“, antwortete Svarog, als er die Blicke der Neuankömmlinge sah. „Wir verlangen Antworten!“, platzte Nabu nun heraus. Nait bewunderte ihn für seinen Mut. Svarog sah ihn nur abschätzig an. „Ihr habt keine verdient.“, erwiderte er kühl. Nabu gab jedoch nicht auf. „Aber Euer Tochter! Ihr steckt hinter ihrer Entführung. Sie hatte schreckliche Angst und das wegen Euch! Ihr seid ihr eine Erklärung schuldig.“ Lelja sah Nabu erstaunt an und kreuzte dann den Blick ihres Vaters. Svarog schien etwas angespannter zu werden. „Ich liebe meine Tochter. Wenn Czorneboh erst einmal zugeschlagen hat, werden die überlebenden slawischen Götter nach Rache sühnen. Mein Plan war es sie in Sicherheit zu bringen, nicht ihr Schaden zuzufügen. Es wird bald ein Krieg um die Vorherrschaft ausbrechen, und da will ich sie nicht in Gefahr wissen.“, verriet er. Nabu hatte alles verstand und gleichzeitig nichts. „Was meint Ihr mit Zonb…“, begann er. „Czorneboh.“, half ihm Svarog weiter. „Er wird von verschiedenen Menschen in diesem Reich als Gott verehrt, dabei wissen sie nicht, was er wirklich ist.“, fügte er hinzu. „Du bist verrückt.“, bekam Lada nur heraus. Svarog lachte kurz. „Ich bin bald der mächtigste Gott der Welt, wie findest du das?“, provozierte er sie. „Was ist dieses Czorneboh?“, wollte Nait von Leljas Mutter erfahren. „Eine Waffe.“, meinte diese nur. „Was für eine?“, fragte nun Nabu etwas präziser. Lada schluckte. „Noch bevor wir uns dieses Land zu Eigen gemacht haben, lebte hier eine alte Rasse. Diese Rasse hat eine Waffe zurückgelassen, die so mächtig ist, dass sie Götter vernichten kann. Und mehr…“, verriet Lada. Nabu, Nait und Zip blickten entsetzt zu Svarog. „Das stimmt. Ich wusste lange nicht, wie ich diese Waffe bedienen kann, doch nun sieht es anders aus. Die anderen Götter müssen vor mir niederknien, oder sie werden vernichtet.“, erklärte er mit geballter Faust. Nabu und seine Freunde bekamen jetzt erst richtig Angst vor Leljas Vater. Er schien nicht nur verrückt zu sein, er war der Teufel. Dann hörten sie ein lautes Dröhnen und blickten nach oben. Die Decke bekam einen Riss. Oder nein….sie schien aufzuklappen! Die beiden Deckenhälften klafften nach oben und ließen den Mond herein. „Da!“, machte Nait die anderen auf etwas aufmerksam. Über ihnen schwebte etwas großes Schwarzes. „Czorneboh“, erklärte Svarog. „Das ist…eine Maschine.“, staunte Nabu. Nait und Zip gaben ihm Recht. Irgendwie hatte es die Form eines Brunnens. „Perun!“, rief Svarog den Kriegsgott zu sich. Dieser folgte sofort. „Das Gebiet von Veles ist am nahesten, richte Czorneboh auf einen Palast aus.“, befahl er. Perun grinste erfreut. Er lag schon lange im Streit mit Veles und freute sich, dass er sich ihm endlich entledigen konnte. Er streckte die eine Hand nach dem Bild von Veles Stadt aus und die andere nach Czorneboh. Die Maschine richtete sich nun auf den Himmel aus und schloss einen pechschwarzen Strahl in die Nacht hinaus. Durch die Dunkelheit war er kaum erkennbar, aber er war da. Nabu, Nait und die anderen sahen auf dem Fenster, wie der Strahl Velests Stadt erreichte und dessen Palast in Schutt und Asche legte. Der Rest der Stadt blieb einigermaßen unberührt. Svarog schien die Menschen noch zu brauchen, damit sie ihm dienten und zu ihm beteten. „Leb wohl Veles.“, schmunzelte Perun. „Veles Vernichtung ist an den anderen Göttern sicher nicht spurlos vorübergegangen.“, meinte Svarog nachdenklich und befahl Perun weiterzumachen. „Der nächste ist Jarilo.“, brummte er und aktivierte die Waffe abermals. Ein weiteres Gebiet wurde getroffen. „Hört auf!“, schrie Nabu nun auf. „Es ist mir völlig egal, wenn ihr euch gegenseitig vernichtet, aber es sind auch Menschen in den Palästen und rundherum!“ Svarog schenkte ihm wenig Beachtung und gab seinen Soldaten ein Zeichen. Diese zogen ihre Schwerter, doch Zip kam dem jungen Prinzen zur Hilfe. Er ließ den Boden unter den Soldaten einbrechen und diese stürzten schreiend in die untere Etage hinunter. Svarog knurrte nur. „Perun!“, sagte er sichtlich genervt. Der Kriegsgott folgte und schritt auf die Gruppe zu. Zip reagierte sofort und ließ eine Lawine Schlamm über seinem Kopf erscheinen. Er ließ ihn auf Perun herabsinken, doch dieser schien über eine Art Schutzschild zu verfügen. Auch der Versuch den Boden unter ihm einbrechen zu lassen scheiterte. Perun schwebte einfach über den Abgrund. „Und so was schimpft sich Gott.“, warf er Zip lachend vor. Die nächste Attacke war jedoch das Letzte, was Perun mitbekommen würde. Eine Art Energiewelle traf ihn und verwandelte ihn in Staub. Ihr Ursprung war Lada. Diese keuchte, da sie sich sehr angestrengt haben musste. „Mutter.“, sagte Lelja überrascht. „Lada!“, brüllte sie Svarog wütend an. „Bis jetzt habe ich dich gut behandelt, aber wenn du mich von meinen Plänen abhältst, werde ich ärgerlich!“, schimpfte er. „Dann wirst du dich damit abfinden müssen, du Monster!“, schrie sie ihn an. „Los, Kinder, lauft weg!“, trug sie den Jungen auf. „Und…passt ja gut auf Lelja auf. Ich vertraue sie euch an.“ Lelja packte den Arm ihrer Mutter und sah sie ungläubig an. „Was hast du vor, Mutter?“, fragte sie ängstlich. Lada blickte sie liebevoll an und legte ihre Hand auf den Kopf ihrer Tochter. Diese schien plötzlich müde zu werden und das Bewusstsein zu verlieren. Bitte nehmt sie mit und kommt nie mehr zurück!“, bat Lada die Jungen und Zip. Diese sahen sie überrascht an. „Aber jemand muss Svarog aufhalten!“, warf Nabu ein. Lada nickte schwach. „Ich werde Diejenige sein.“, erklärte sie. Nait schlang seinen Arm um Lelja und wartete auf Nabu. Dieser fühlte sich nicht wohl dabei. Lelja steckte in derselben Situation wie er. Ihre Heimat und ihrer Familie befand sich in Gefahr. Hatten sie überhaupt das Recht, ihr zu verweigern, ihrer Mutter beizustehen? Konnte sie überhaupt etwas ausrichten? Im Moment konnten sie scheinbar nur Lada vertrauen und verschwinden. Nabu kam Nait zur Hilfe und zusammen mit Zip und der schlafenden Lelja verließen sie den Saal. Lada sah ihnen noch nach und wendete sich dann Svarog zu. „Ich werde meine Tochter zurückholen, wenn ich dich beseitigt habe.“, erwiderte er trocken. Lada schien dies anders zu sehen. Sie griff Svarog an. Die Gruppe, um Nabu hatte inzwischen den Gang erreicht, der sie zum Thronsaal gebracht hatte. „Ich werde das Portal öffnen.“, beschloss Zip. Nait sah ihn erwartend an. „Hast du schon genug Energie gesammelt?“, fragte er. Zip nickte schnell. „Ich denke schon. Ich werde mich zusammenreißen.“, versprach er. Nabu war sich immer noch nicht sicher ob es richtig war einfach so zu gehen. Was wenn Lada gewann? Vielleicht war sie diejenige, die sie im Kampf gegen Nergal unterstützen konnte. Aber was wenn sie verlor….? Svarog würde sein Reich ausweiten und Lelja wieder an sich reißen. Und Nabu, Naits und Zips Schicksal würde auch nicht rosig aussehen. „Wir gehen.“, entschied er schließlich. „Wir versuchen unser Glück im nächsten Land.“ Nait und Zip nickten im zu. Zip konzentrierte sich und es gelang ihm tatsächlich das Portal zu öffnen. Allerdings flackerte es ein wenig. Er schien noch nicht seine ganze Kraft beisammen zu haben. Trotzdem stolzierte Zip voraus und Nabu und Nait folgten ihm mit der schlafenden Lelja in den Armen. Das Portal schloss sich hinter ihnen und Lelja würde ihre Heimat vielleicht nie wieder sehen…. Inzwischen hatte zwischen Svarog und Lada ein heftiger Kampf begonnen. Svarog bemühte sich Lada schnell zu besiegen. Er musste seine antike Waffe einsetzen, um alle anderen Götter, die ihm gefährlich werden konnte zu vernichten. Lada war ihm eindeutig unterlegen, was er seine Frau auch spüren ließ. „Du wirst mir nicht mehr in die Quere kommen!“, schrie er und brachte Lada zu Boden. Er richtete seine Hand in auf sie und wollte scheinbar dieselbe Attacke wie sie einsetzen. Lada wusste, dass ihr Spiel vorbei war. Aber es gab noch eines, das sie tun konnte. Sie schwenkte ihren Arm in die Richtung der Waffe und feuerte ab. Svarog attackierte sie zur exakt selben Zeit. Die Waffe wurde zerstört und Lada schrie vor Schmerzen auf. Svarog erkannte zu spät, was seine Frau angerichtet hatte. „Du Miststück!“, fuhr er sie an. Obwohl Lada kaum noch am Leben war, versuchte sie zu lachen. Svarog hatte seine Waffe verloren und die übrigen Götter würden ziemlich sauer auf ihn sein. „Wenigstens wird es unserer Tochter gut gehen.“, säuselte sie. Svarog wollte es bereits zu Ende bringen, bis er eine Energie spürte. Es war die von Göttern. Es mussten ungefähr ein halbes Dutzend ein. Sie bewegten sich auf den Palast zu. Sie hatten mitbekommen, was mit Veles und Jarilo passiert war. Nun wollten sie Rache. Sie würden Svarog als Hauptgott ablösen. Der Plan des Schöpfergottes war gescheitert und seine letzte Stunde hatte geschlagen. Loki Keuchend nahm Nergal seine Arme hinunter. „Ich nehme an diese Aktion hat dich viel Energie gekostet?“, hakte Nusku nach. Nergal antwortete nicht darauf. „Ich werde mich schon erholen. Was man von Marduk nicht sagen kann. Seine Kraft schwindet stetig.“, verriet er. Nusku nickte. „Wie sieht es aus?“, wollte er es genauer wissen. Nergal deutete zum Fenster. Ich habe meine und deine Energie ganz in die Attacke gelegt. Mehr kann ich nicht tun. Der Sand wird über Babylon hereinbrechen, und Marduk kann es nicht mehr verhindern. Alles was uns noch übrig bleibt ist, zurücklehnen und zusehen.“, grinste der Gott von Irkalla. Nusku brummte. „Mit anderen Worten es ist nicht nötig, dass du weiter intervenierst?“, wollte es Nusku nochmals bestätigt haben. Nergal bejahte. „Ja, alles weitere passiert automatisch.“, gab er an. Das schien das gewesen zu sein, was Nusku hören wollte. „Dann bist auch du nicht länger von Nöten.“, sagte er. Nergal blickte ihn fragend an, bis er den tödlichen Stich spürte. Nusku hatte seine Hand tief in Nergals Rücken gebohrt. Nergal hatte nicht mal mehr eine Chance sich zu verteidigen. „Wie…so?“, stammelte er. Nusku grinste ihn an. „Erneuerung heißt dem Alten abschwören. Damit ist auch der Gott des Todes gemeint. Da wirst sogar noch vor Babylon untergehen, mein Freund.“, säuselte er. Nergal fiel zu Boden und tat seine letzten Atemzüge. „Wie….kann ein Gott mich so einfach töten?“, fragte er mit letzter Kraft. Nusku trat auf seinen Kopf. „Ich verrate dir ein Geheimnis. Ich bin gar kein Gott. Enlin hat mich seinerseits adoptiert, da er dachte, ich wäre ein Gott. Er kam gar nicht auf die Idee, dass ich ein andere Geschöpf sein könnte.“, verriet Nusku Nergal all seine Geheimnisse, da er wusste, Nergal konnte sie niemandem mehr erzählen. Nergal blickte seinen Verbündeten aus den Augenwinkeln unwirklich an. „Was….bist du?“, wollte er noch wissen, bevor er in seiner eigenen Welt zum Geist wurde. Nusku tat ihm den Gefallen zu Antworten jedoch nicht und beendete es. „Das war’s alter Freund. Aber du wirst nicht der einzige Gott sein, der fallen wird. Bald wird das Zeitalter der Titanen beginnen.“ Dann trat er zum Fenster. Er veränderte das Bild, und ‚spulte’ es sozusagen zurück. Solange Nergal da war, konnte er dies nicht. Bald war er an der richtigen Stelle angekommen. Er veränderte das Bild und sah wie Marduk ein Portal öffnete. Er hatte sich vorhin also nicht getäuscht. Marduk hatte jemanden aus Babylon hinausgeschleust. Nusku betrachtete sie genauer und erkannte in einem von ihnen den Prinzen Babylons. Nusku wurde bleich. Nabu war vielleicht der einzige, der Babylon retten und die Erneuerung aufhalten konnte. Nergal, hätte sich wahrscheinlich nichts dabei gedacht und den Jungen ignoriert. Doch Nusku wusste es genauer. Er kannte Nabus Herkunft und Marduks Geheimnis. Nusku musste den Prinzen irgendwie davon abhalten zu erfahren, wer er wirklich war. Er beschloss Irkalla zu verlassen und selbst eine Reise anzutreten. Als er sein eigenes Portal öffnete, spürte er, dass er beobachtet wurde. Eine Frau spähte um die Ecke und entdeckt den toten Nergal. Erschrocken presste sie die Hand vor ihren .Mund, um einen Schrei zu verhindern. Es war Ereshkigal die Frau Nergals. Nun, da ihr Gatte das zeitliche gesegnet hatte, würde ihr die Aufgabe der Totenwache in die Hände fallen. Nusku beschloss sie nicht weiter zu beachten. Wahrscheinlich würde sie die anderen Götter von Nuskus Tat unterrichten, doch da würde bald keine Rolle mehr spielen. Nusku betrat das Portal und erreichte bald das Land, in dem sich Nabu und seine Freunde aufhielten. Nait und die anderen hatten inzwischen bereits mitbekommen, dass sie nicht immer auf eine sanfte Landung hoffen konnte, wenn sie mit Zip reisten. Nait stolperte nach vorne und landete mit dem Gesicht in etwas kaltem, weißen. „Das ist Schnee.“, erklärte Zip ihm. Nait wischte sich das kalte Zeug aus dem Gesicht und betrachtete es argwöhnisch. „Huracan konnte dieses Zeugs produzieren. Er sagte mal, Schnee gebe es im Norden, und überall so es kalt genug ist.“, erzählte er. Nait verstand, hielt sich aber lieber davon fern. Es war das genaue Gegenteil von Sand, den er gewohnt war und sogar lieber hatte. „Es ist kalt.“, fröstelte er nun. Zip schien einen eingebauten Heizkörper zu besitzen, da er wie immer munter herumtanzte. „Findest du das nicht auch, Nabu?“, wollte Nait seinen Freund fragen, bis er erkannte, dass dieser gar nicht anwesend war. Suchend blickte er sich um. Er war umgeben von Schnee, fand aber keine Spur von seinem Freund. „Sie…sind nicht da.“, sagte Nait erschrocken. Auch Zip bemerkte erst jetzt, dass Nabu und Lelja fehlten. „Was hast du jetzt wieder angestellt?“, wollte sich Nait wieder auf Zip stürzen. „Du hast sie zurückgelassen!“ „Habe ich nicht!“, wehrte sich der Erdgott. „Sie sind doch zusammen mit dir durch das Portal getreten!“, erinnerte er ihn. Dem musste Nait zustimmen. Trotzdem. Eigentlich hätten er, Nabu und Lelja zusammen aus dem Portal treten müssen. „Wo sind sie dann?“, fragte Nait genauer. Zip überlegte kurz. „Ich war noch etwas schwach. Das Portal hat vielleicht nicht richtig funktioniert.“, vermutete er. Nait stockte. „Dann sind sie….tot?“, hakte er vorsichtig nach. Zip schüttelte jedoch schnell den Kopf. „Achwas. Sie werden nur an einer anderen Stelle herausgekommen sein.“, beruhigte er ihn. Nait wollte es jedoch genauer wissen. „Was heißt ‚an einer anderen Stelle’? In einem anderen Land?“ Zip verneinte. „Dafür war das Portal zu schwach. Sie können nur hier in der Umgebung sein.“, erklärte er. Nait hatte langsam die Faxen dicke. Erst transportierte sie dieser kleine Fellknäuel um den ganzen Erdball, obwohl sie eigentlich nach Babylon zurückmussten und jetzt waren sie auch noch von Nabu und Lelja getrennt. „Dann müssen wir sie suchen.“, sagte er bestimmt. Zip stimmte ihm zu und entschuldigte sie gleichzeitig für die Reise. „Am besten wir folgen erstmal den Fußspuren.“, schlug Zip vor. Nait sah ihn ratlos an, bis er wusste, was der Erdgott meinte. Der Schnee zeichnete die Abdrücke von Schuhen ab. Es waren viele und schienen in eine bestimmte Richtung zu führen. „Vielleicht ist ein Dorf in der Nähe und Nabu und Lelja warten dort bereits auf uns.“, vermutete Nait. Zip nickte immer wieder. Die beiden waren gerade mal einen Schritt gegangen, bis sich Zip schützend vor Nait stellte. Als der Junge fragte was los, sei deutete ihm Zip still zu sein. Etwas schlich um sie herum. Nait ließ seinen Blick schleifen, doch dieses etwas, schien nicht gesehen werden zu wollen. „Ein Tier?“, fragte Nait verunsichert. Zip bejahte. „Ein gefährliches. Das kann ich spüren.“, antwortete er. Nait schluckte. „Dann gehen wir am besten schnell weiter.“, schlug Nait vor. Und tatsächlich schien sie das Tier nicht zu verfolgen. Von hinten hörten sie noch ein lautes Heulen, welches ihnen bis in die Knochen fuhr. Die beiden beschlossen keinen Millimeter vom Weg abzukommen und erreichten tatsächlich bald ein Dorf. Es war völlig eingeschneit und bestand aus Dutzenden von Hütten. Einige Leute stapften draußen herum, trugen Holz oder Felle mit sich. Nait konnte sie nicht verstehen. Wie konnte man sich bei dieser Kälte überhaupt bewegen? Wahrscheinlich waren sie es gewohnt und würden Hitze sicher gar nicht ertragen. Einige Leute redeten miteinander und Nait verstand sie. Marduks Magie wirkte also noch. Das beutete, dass auch Babylon noch stand. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr. Zip würde wahrscheinlich nicht viel ausrichten können und Svarog hatte sie verraten. Sie mussten in diesem Land fündig werden! Ein Großteil der Leute marschierten in einer größere Hütte und Nait und Zip folgten ihnen. Nait versteckte Zip vorsichtshalber unter seinem Hemd. Schon die Leute in Vineta hatten den Erdgott komisch angestarrt. Im Inneren der Hütte schien sich eine Art Gaststätte zu befinden. Die Leute – überwiegend – tranken und grölten was das Zeug hielt. Einige sangen oder tanzten sogar. „Wo sind wir hier nur gelandet?“, fragte sich Nait im Stillen. Einige der Männer begutachteten den schmächtigen Neuankömmling. Nait beschloss Mut zu beweisen und trat an den Dresen. Wenn er Zip nicht dabei gehabt hätte, wäre er sicher wieder abgehauen. „Hallo…mein Name ist Nait. Ich suche jemanden, vielleicht könnt ihr mir helfen.“, fragte er freundlich. Der Wirt warf ihm einen kurzen Blick zu und wusch dann weiter seine Gläser. „He!“, schrie Nait jetzt. Er wusste, dass er hier Stärke und Durchsetzungsvermögen zu beweisen hatte. Der Wirt wurde nun aufmerksamer. „Du bist nicht von hier.“, sagte er schließlich. Nait bestätigte es. „Ja, ich und meine Freunde kommen aus einem anderen Land. Wir haben uns allerdings aus den Augen verloren.“, gestand er. Der Wirt fragte wie Nabu und Lelja aussahen und Nait beschrieb sie so gut es ging. Der Wirt konnte ihm leider nicht weiterhelfen. Stattdessen wollte er ihm ein Getränk anbieten, doch Nait winkte ab. Er hatte weder durst, noch Geld. Er befragte noch ein paar Gäste, doch auch diese wussten nichts. Nabu und Lelja waren eindeutig nie in diesem Dorf gewesen. Als Nait die Spelunke bereits wieder verlassen wollte, hielt ihn ein Mann zurück. „Ich weiß zwar nicht wo deine Freunde sind, aber geh am besten mal zum Schrein.“, schlug er vor. Nait sah ihn verdutzt an. Der Mann sprach weiter. „Unser Dorf besitzt einen Schrein, der Thor geweiht ist. Vielleicht sendet er euch ein Zeichen.“ Nait glaubte nicht, dass sie einer der heimischen Götter so einfach zeigte, dankte dem Mann aber trotzdem. Da sie aber auch keine andere Idee hatten, beschlossen sie den Schrein aufzusuchen. Er erinnerte Zip irgendwie an den, den seiner Anhänger auf seiner Pyramide angebracht hatten. Nait kniete sich in den Schnee und bete tatsächlich. Zip betrachtete ihn lange. Er schien sehr verzweifelt zu sein. Die Sorge um seine Eltern musste ihn fast umbringen. Zip wünschte sich, dass er mehr tun könnte. Dann erblickte er das Tier wieder, dass vorhin um sie herumgeschlichen war. Es war eine Art Hund und grau-schwarzem Fell und bedrohlichem Maul. Als Nait die Augen wieder öffnete erkannte er es auch. Das Tier ging ein paar Schritte und drehte sich immer wieder um. „Ich glaube…es will, dass wir ihm folgen.“, glaubte Zip es richtig zu interpretieren. Nait schluckte. Das Tier jagte ihm Angst ein. Aber was wenn der Mann recht gehabt hatte? Wenn das das Zeichen war, das Thor ihnen schickte? Nait nahm all seinen Mut zusammen und schritt auf das Tier zu. Zip torkelte ihm hinterher. Wohin würde sie das Tier führen? Nabu und Lelja fanden sich inzwischen an einem völlig anderem Ort wieder. Zuerst dachten sie, sie hätten Svarogs Palast nicht verlassen. Die Umgebung glich dem Gang, von dem aus sie gestartet waren. Doch die Einrichtung war eine andere. Lelja spürte frische Luft, obwohl sie sich im inneren eines Gebäudes befanden. „Alles in Ordnung?“, kümmerte sich Nabu um Lelja. Er erschrak selbst über den Hall seiner Stimme. Hier schien ein enormes Echo zu herrschen. „Wo sind wir?“, fragte das Mädchen aufgeregt. Nabu erzählte, dass ihre Mutter sie betäubt hatte und die Jungen und Zip sie mit in die nächste Welt genommen hatten. Lelja verlangte sofort wieder zurückzugehen, doch dazu war Nabu nicht im Stande. „Deine Mutter hatte gute Gründe, dich fortzuschicken! Ich weiß wie du dich fühlst! Ich musste selbst aus meiner Heimat fliehen und meine Familie zurücklassen. Aber ich lasse sie nicht im Stich, sondern finde eine Lösung für mein Problem. Vielleicht findest du auf dieser Reise ebenfalls was du suchst.“, redete er Lelja gut zu. Das Mädchen sah ihm direkt in die Augen. „Vater ist mir egal, aber Mutter…“ „Vertrau ihr.“, sagte Nabu nur. Lelja schien dies schwer zu fallen. Nabu sah sich genauer um. „Zip und Nait sind nicht hier. Da sie allerdings mit uns durch das Portal sind, können sie nicht weit sein. Ich schlage vor wir suchen sie.“, meinte Nabu. Lelja stimmte ihm wortlos zu. „Es sieht hier aus, wie in einem Tempel.“, sagte das Mädchen nun. Nabu musste ihr Recht geben. An den Wänden standen Statuen und auf dem Boden waren verschiedene Symbole eingeritzt. Dann hörten die beiden ein Trampeln. „Pferde.“, murmelte Nabu, der das Geräusch inzwischen bestens kannte. Er bewies Mut und stürmte zur einzigen für in dem Gemäuer. Er stieß sie auf, schreckte aber zurück. Vor ihm war ein riesiges Ross stehen geblieben, das Nabu anschnaufte. „Hühott, Sleipnir!“, bändigte es sein Reiter. Nabu sah zu ihm. Sein Erscheinen war gewaltig. Er hatte einen alten Mann mit weißem Bart vor sich, der aber robust und kräftig aussah. Er trug eine Rüstung und war gut bewaffnet. Er stieg nun vom Pferd und Nabu erkannte, dass Sleipnir – wie er das Pferd nannte – nicht vier, sondern acht Beine besaß. Was für ein Wesen war dieses Tier? Der alte Mann stand nun direkt vor Nabu. Dieser musste nicht einmal fragen, er wusste, dass er einen Gott vor sich hatte. Die Frage nur, ob dieser ihnen endlich helfen würde und konnte. „Hallo, Junge. Darf ich erfahren wer du bist?“, fragte der Gott sanft. Nun kam auch Lelja hinter Nabu zum Vorschein. Der Prinz stellte sich und das Mädchen vor. „Ihr…seid Götter, nicht wahr?“, fragte der Greis zögernd. Nabu verneinte. „Lelja ist eine Göttin, aber ich bin nur ein Mensch.“, erklärte er. Der Gott schien zu überlegen, ob er dem glauben konnte. „Nur Götter können in Asgard existieren. Entweder lügst du, oder du bist etwas besonderes.“, meinte er. Bevor Nabu etwas sagen konnte, redete der Gott weiter. „Tut mir Leid, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich dachte ihr müsstet wissen, wer ich bin, aber ihr scheint aus einem fremden Land zu kommen. Mein Name ist Odin und ich gehöre zu den nordischen Göttern. Ihr seid hier in Asgard, unserer Heimat.“, erklärte er. Nabu und Lelja verstanden nun mehr. „Wir sind nicht alleine gereist. Wir vermissen zwei unserer Freunde.“, verriet Nabu. Odin zog an seinem Bart. „Ich nehme an sie sind auch keine Götter?“, hakte Odin nach. Nabu schüttelte den Kopf. „Das heißt….Zip schon, aber er ist eher so was wie ein Kobold. Und Nait ist ein Mensch, wie ich.“, erzählte er. Odin zog weiter an seinem Bart. „Dann sind sie vermutlich in Midgard gelandet. Damit meine ich die normale Erde.“, erzählte er. Nabu und Lelja schienen sich zu freuen. Ihren Freunden schien es gut zu gehen, sie waren nur an einem anderen Ort gelandet. Nun begann Nabu in Stichworten von ihren Erlebnissen zu erzählen. Odin verfolgte die Geschichte sehr ernst. Er schien ein netter Gott zu sein, was Nabu und Lelja Hoffnung gab. „Ich kann euch nicht helfen.“, sagte er schließlich. Nabu und Lelja glaubten nicht, was sie hörten. „Allerdings…“, fuhr Odin fort „Thor liebt den Kampf. Am besten ihr bittet ihn um Hilfe. Ich kann mir gut vorstellen, dass er euch unterstützen wird.“, gab er an. Nabu schöpfte neue Hoffnung. „Können wir mit ihm reden?“, bat Nabu. Odin nickte. „Ja, allerdings hält er sich derzeit in Midgard auf. Er liebt es sich mit Menschen zu umgeben.“, verriet er. Sleipnir begann zu wiehern und Odin deutete den beiden aufzusteigen. Nabu und Lelja fürchteten sich etwas vor dem Tier, doch Odin versicherte ihnen, dass es zahm war. Nait und Zip liefen währenddessen immer noch dem Wolf hinterher, der ein beachtliches Tempo vorzeigen konnte. Bald konnten ihm die beiden nur noch folgen, weil er Spuren im Schnee hinterließ. Bald kamen sie auf eine Lichtung, auf der der Wolf bereits auf sie wartete. Er fletschte seine Zähne und knurrte die zwei an. Nait wich ängstlich zurück. Dann begann der Wolf seine Gestalt zu verändern. Er stellte sich auf zwei Beine und schüttelte sein Fell ab. Seine Haut verformte sich und er verwandelte sich in einen Menschen. Oder in einen Gott? Vor Nait und Zip stand nun ein etwas schmächtigerer Mann, der die zwei anfunkelte. „Thor?“, wagte es Nait zu fragen. Der Gott grinste. „Ihr habt zu mir gebetet, also bin ich gekommen.“, erwiderte er. Nait war froh, dies zu hören. Nur Zip traute Thor noch nicht völlig. „Wir suchen…“, fing Nait an, doch Thor stoppte ihn. „Nabu.“, fuhr er für ihn fort. Thor schien zu wissen, wo sich der Prinz und die Prinzessin befanden. „Folgt mir.“, bat sie Thor und schritt vorwärts. Nait lief ihm nach, und Zip wollte ihn noch zurückhalten. Thor hatte vergessen Lelja zu erwähnen. War das ein Versehen? Die drei hatten inzwischen eine Art Grube erreicht. Auch sie war vom Schnee bedeckt und so breit wie ein Zimmer. Nait blickte sich suchend um, konnte aber weder Nabu, noch Lelja entdecken. Dann geschah es. Die Erde rund um der Grube begann in die Höhe zu sprießen bis sie mehrere Meter hoch war. Nait und Zip waren gefangen. Zip hatte gleich ein schlechtes Gefühl gehabt. Thor grinste den beiden zu. „Was soll das?“, fragte Nait verwirrt. Anstatt zu antworten öffnete Thor ein Portal und verschwand. Nait und Zip fluchten, dass sie in diese Falle geraten waren. Sie suchten nach einem Ausweg, fanden aber keinen. Thor war inzwischen durch sein Portal getreten und in einer Höhle gelandet. Dort schien er bereits erwartet zu werden. Ihm gegenüber stand ein Mann, dessen Kapuze tief ins Gesicht reichte. Seine Augen waren nicht zu erkennen. „Ich habe zwei von ihnen gefangen. Einer von ihnen scheint jedoch eine Art Kobold zu sein und kein Junge.“, erklärte Thor. Der Unbekannte brummte sichtlich sauer. „Das ist nicht der Prinz. Keine Ahnung was dieses Ding darstellen soll, aber Prinz Nabu sieht anders aus. Finde ihn, Loki!“, trug er ihm auf. Loki, der sich lediglich als Thor ausgegeben hatte nickte gehorsam. „Aber bitte Vergesst nicht unsere Abmachung.“, erinnerte er. Sein Auftraggeber nickte. „Sobald du deine Mission erfüllt hast.“, brummte er. Dann holte eine kleine Kugel aus seinem Umhang hervor. Loki dachte bereits daran sie an sich zu reißen, doch sein Auftraggeber zog sie zurück. „So wie ich das verstanden habe, kannst du hiermit, dein geliebtes Ragnarök einleiten.“, sprach er. Loki nickte aufgeregt. „Ja! Sobald ich die Kugel in der Midgardschlange platziere, ist das Ende aller Götter gekommen! Odin dieser Narr wird sich im Grab umdrehen, wenn ich erst einmal alleine über Germanien herrsche. Und bald schon über diese ganze Welt!“ Odin, Nabu und Lelja hatten inzwischen eine Art Brücke erreicht. „Ein Regenbogen!“, staunte Lelja. Nabu sah sie fragend an. „Ein was?“ „Hast du…. etwa noch nie einen Regenbogen gesehen?“, konnte es Lelja kaum glauben. Nabu musste verneinen. Da es in der Wüste nicht regnete, war er auch noch nie in den Genuss eines Regenbogens gekommen. Lelja untertrieb mit ihrer Schwärmerei allerdings keineswegs. Dieser Regenbogen war jedoch aus Stein und bildete eine Brücke, die über einen sehr breiten Abgrund führte. „Das ist Bifröst. Diese Brücke verbindet Asgard mit Midgard. Nur Götter können sie überqueren.“, erzählte Odin von seinem Reich. Sleipnir hatte keine Schwierigkeiten die Brücke zu überqueren und nach Midgard zu gelangen. Ihre Ankunft erwies sich als sanfter, als wenn sie mit Zip reisten. Auch Nabu sah zum ersten Mal Schnee. In dieser Hinsicht war ihm Lelja ebenfalls voraus. Interessiert hielt er einen Patzen in den Händen. Sein Vertrauen in Schnee verschwand sofort wieder, als ihm Lelja einen Schnellball ins Gesicht warf. Nabu beschwerte sich sofort. „Was soll das? So was hätte ich von Nait oder Zip erwartet.“, regte er sich gespielt auf. Lelja lächelte ihn entschuldigend an und Nabu spürte ein merkwürdiges Gefühl in sich, das er nicht zuordnen konnte. „Das nennt man eine Schneeballschlacht. Als ich noch kleiner war habe ich das öfters gespielt.“, erzählte sie. Nabu wischte sich das kalte Nass ab und sah zu Odin. „Zuerst müssen wir Nait und Zip finden. Danach haben wir genug Zeit.“, entschied Nabu. Lelja fand ihren neuen Freund etwas zu ernst. Allerdings war er sehr angespannt. Er musste unbedingt Hilfe für Babylon organisieren. Lelja hingegen wusste nicht einmal, ob ihre Heimat noch existierte. Doch sie tat, was Nabu ihr empfohlen hatte. Sie vertraute ihrer Mutter. „Thor dürfte sich gleich im nächsten Dorf aufhalten.“, versicherte ihnen Odin. „Am besten ihr versucht euer Glück mit ihm und macht dann eure Gefährten ausfindig.“ Nabu und Lelja waren einverstanden. Bald hatten sie das Dorf erreicht und entdeckten zahlreiche Krieger, die sich auf eine Schlacht vorbereiteten. „Thor ist sogar mit Sicherheit hier. Wenn eine Schlacht beginnt, ist er nicht mehr zu halten.“, verriet Odin. Die Drei streiften durch die Stadt und wurden immer wieder angestarrt. „Die Menschen hier sind es gewohnt von uns Besuch zu bekommen.“, lieferte Odin prompt eine Erklärung. Sie hatten nun höchste Gebäude des Dorfes erreicht und betraten es. Es schien eine Art Operationsraum zu sein, wo Thor die Taktiken und Strategien ausarbeitete. Es befand sich lediglich eine Person am Tisch, an die sich Odin langsam von hinten anschlich. Er packte Thor an den Schultern, welcher sich sofort umdrehte, da er einen Feind vermutete. Odin lachte lauthals los. „Es ist doch immer wieder das Selbe. Und du willst ein Kriegsgott sein?“, machte sich Odin über ihn lustig. Thor blickte ihn nur feindselig an. „Solange du deinen Spaß hast!“, fuhr er ihn an. Odin versuchte ihn wieder zu beruhigen. Er deutete auf Nabu und Lelja. Ein paar Minuten darauf hatten sie die Vier hingesetzt und Thor gab einen aus. Nabu und Lelja verzichteten auf einen Trink. Dafür beobachteten sie, wie Thor und Odin einen Krug nach dem anderen leerten. Sie hatten Thor in ihre Probleme eingeweiht. Aber anstatt zu antworten, leerte dieser vorher noch einmal seinen Krug. „Klar helfe ich euch, Kinder!“, sagte er schließlich. Nabu war vor Freude aufgesprungen. „Wirklich? Im Namen meines Volkes danke ich Euch!“, verbeugte er sich sogar vor Thor. „Unter einer Bedingung.“, fügte er hinzu. Nabu befürchtete schon das schlimmste. Thor hielt ihm nun einen Krug Wein hin. „Trink!“, verlangte er. „Beweise erst, dass du ein Mann bist!“ Nabu blickte ihn überrascht an. Er trank keinen Alkohol. Zum einen hatte es ihm sein Onkel immer verboten, zum anderen, glaubte er nicht, dass er ihm schmecken würde. Aber wenn das die Bedingung für Thors Hilfe war, würde er dies gerne tun. Er packte den Krug mit beiden Händen und trank. Nach drei großen Schlucken stellte er ihn sofort wieder hin. Er schmeckte ihm wirklich nicht. trotzdem hatte er Thors Wunsch erfüllt. Sie redeten noch etwas und verließen schließlich die Hütte. Odin und Thor sagten außerdem zu ihnen bei der Suche nach Nait und Zip zu helfen. Doch kaum war Nabu wieder auf Sleipnir gestiegen, ritt das Pferd los. Odin verstand sein Ross nicht mehr und Lelja rief Nabu noch nach. Der Junge hielt sich verzweifelt an den Zügeln fest. Aber Sleipnir wollte einfach nicht halten. Bald waren im tiefen Wald und der kalte Wind peitschte Nabu ins Gesicht, bis Sleipnir sich endlich entschloss anzuhalten. Nabu nutzte die Chance und sprang ab. Es war ihm egal, ob er sich verletzte. Kaum war er auf dem Boden begann Sleipnir sich zu verändern. Nabu sah staunend zu, wie sich das Pferd in einen Menschen verwandelte. „Wer…bist du?“, fragte ungläubig. „Loki. Und dein Name ist Nabu. Es gibt jemanden, der sehr interessiert an dir ist. Und zu dem werde ich dich jetzt bringen.“, verriet er. Nabu ballte die Fäuste. Sie hatten gerade jemanden gefunden, der ihnen helfen konnte und das würde dieser komische Loki nicht zunichte machen. Doch Loki hatte etwas, was ihm wichtig war. Wie zuvor bei Nait und Zip ließ er die Erde rund um Nabu hochfahren und kerkerte ihn somit ein. Dann begab er sich zurück zu seinem Auftraggeber. Er war nicht so dumm, wie dieser dachte. Er hatte Nabu, würde ihn seinem Auftraggeber aber erst aushändigen, wenn er die Kugel in den Händen hielt. Er ließ Nabu zurück und begab sich wieder in die Höhle. Sein Auftraggeber wartete dort noch immer auf ihn. „Wo ist Nabu?“, schien er von einem Erfolg seitens Lokis auszugehen. Dieser öffnete ein Fenster, welche den gefangenen Nabu zeigte. „Ich verrate dir wo er ist, wenn ich die Kugel habe.“, erpresste Loki den Unbekannten. Dieser willigte schließlich ein übergab das Artefakt. Zusätzlich eine kleine Nadel. „Darin befindet sich ein Impfstoff. Du wirst der einzige sein, der überleben wird.“, prophezeite er. Loki griff gierig nach den beiden Gegenständen. „Wie die Schicksalsgöttinnen Skuld, Urd und Verdande vorausgesagt haben. Ragnarök beginnt.“, sagte er, nannte Nabus genauen Aufenthaltsort und machte sich dann wieder aus dem Staub. Auch sein Auftraggeber öffnete sein Portal und begab sich zu Nabu. Zip musste sich sehr anstrengen, um die Erde zerfallen zu lassen. Er war zwar der Erdgott, doch dieser falsche Thor hatte ganze Arbeit geleistet. Es dauerte etwas, bis er und Nait wieder im freien hockten. „Da sind sie!“, hörten wie eine weibliche Stimme. Es war Lelja. Sofort liefen ihr Nait und Zip entgegen. Hinter Lelja kamen zwei kräftiger Männer zum Vorschein. Zip spürte sofort, dass es sich um Götter handelte. „Geht es euch gut?“, fragte das Mädchen besorgt. Nait nickte und verwies auf ihre Begleiter. „Ich bin Thor, Gott des Donners!“, stellte sich Thor persönlich vor. Nait und Zip betrachteten ihn argwöhnisch und erzählten schließlich von der Fälschung. „Loki.“, sagte Odin betrübt. „Nur er kommt in Frage.“ Nait und Zip wollten wissen wo Nabu war, doch Lelja musste zugeben, dass dieser verschwunden war. Odin konzentrierte sich und versuchte ihn aufzuspüren. „Ich glaube ich habe ihn. Allerdings….ist er nicht allein. Ich spüre eine weitere Person bei ihm. Ein Gott. Und es ist nicht Loki.“, erzählte er. „Wer dann?“, hakte Thor misstrauisch nach. Odin zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Diese Energie ist mir unbekannt.“, erwiderte er. Nait drängte loszugehen, um rechtzeitig bei Nabu zu sein. Die Götter und seine Freunde hatten keine Einwände und machten sich auf den Weg. Nabu trommelte verzweifelt gegen die steinharte Mauer. Er ärgerte sich weniger darüber, dass er in eine Falle getappt war, sondern da er endlich jemanden gefunden hatte, der ihnen half und sie kostbare Zeit verloren. Nabu verzichtete darauf um Hilfe zu rufen, da ihn hier ohnehin niemand gehört hätte. Niemand wusste wo er sich befand. Oder doch? Nabu vernahm ein lautes Stapfen. Zweige knickten um und Blätter raschelten. Dann wurde Nabu endlich aus seinem Gefängnis befreit. Die Erde zerfiel und der Prinz konnte wieder reine Luft atmen. Er wollte seinem Befreier danken, konnte ihn zuerst aber nicht ausmachen. Er drehte sich um und erkannte eine Gestalt in einem grauen Mantel. Er trug eine Kapuze, die die Hälfte seines Gesichts verbarg. „Danke.“, sagte Nabu leise. „Gern gesehen, mein Prinz.“, erwiderte sein Retter. Nabu stutzte. Woher kannte sein Retter seinen Titel? „Wer bist du?“, fragte er schließlich zögerlich. Sein Retter hob den Arm und streifte sich die Kapuze vom Kopf. Darunter kam ein alter Mann zum Vorschein. Er trug einen weißen Bart und besaß gerötete Augen. Nabu wusste nicht, wem er gegenüberstand, doch sein Retter schien zumindest ihn zu erkennen. „Es muss schwer für dich sein, junger Prinz. Um Babylon steht es nicht gut.“, erwiderte sein Retter. Nabu wurde zornig. „Antworte mir!“, verlangte er. Der Unbekannte verwendete jedoch keine Worte dafür. Vor Nabus Gesicht tauchte plötzlich eine Flamme auf, wurde größer und verschwand sofort wieder. „Mein Name ist Nusku.“, tat ihm sein Retter den Gefallen. Nabu stockte. „Der Gott des Feuers? Aber…du bist ein babylonischer Gott, was tust du hier?“, fragte er verständnislos. Nabu glaubte zu sehen, wie Nuskus Augen noch röter wurden. „Ich bin wegen dir gekommen. Ich weiß von Babylons Schicksal und von der Reise, die du angetreten hast.“, erzählte er. Nabu wurde lockerer. „Dann…bist du gekommen um mir zu helfen? Willst du uns im Kampf gegen Nergal beistehen?“, fragte Nabu hoffend. Nusku verneinte. „Nergal ist tot.“, verriet er. Nabu glaubte nicht recht zu hören. „Was soll das heißen? Was beutetet das für Babylon?“, hakte er nach. Nusku war so gnädig ihm auch diese Frage zu beantworten. „Nichts. Nergal hat seinen Angriff vollendet. Babylon wird untergehen. Es ist lediglich eine Frage der Zeit.“ Nabu wollte das aber nicht hören. „Marduk braucht nur ein wenig mehr Kraft! Dir muss doch auch etwas an Babylon liegen!“, redete er auf Nusku ein. Dieser verzog keine Miene. „Wenn dem so wäre, hätte ich Nergal kaum bei seinem Plan unterstützt.“, brummte er. Nabu taumelte zurück. „Du bist ein Verbündeter von Nergal?“, hinterfragte er perplex. Nusku schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe ihn lediglich benutzt.“ Nabu musterte den Gott argwöhnisch. „Und was willst du jetzt von mir? Willst du mich auch noch beseitigen, damit Babylon endlich untergeht?“, verlangte er zu wissen. Nusku schien aber andere Pläne zu haben. „Ich werde dir nichts antun. Wir beide sind gleich. Damit meine ich unsere Abstammung.“, erzählte er. Nabu wusste nicht, was der Feuergott damit meinte. „Unsinn. Du bist ein Gott und ich ein Mensch.“ Nusku verneinte. „Du bist sowenig ein Mensch, wie ich ein Gott bin.“, klärte er auf. Als er Nabus völlig verwirrtes Gesicht sah, redete er weiter. „Ich möchte dir noch nicht zuviel verraten. Deine Reise hat einen Sinn, aber nicht den, Babylon zu retten. Vergiss diese dumme Mission, Babylon wird fallen und in der Zukunft nur noch in den Geschichtsbüchern vorhanden sein, wenn überhaupt. Du bist zu größerem bestimmt. Wenn deine Reise vorbei ist und du das wahre Ausmaß deiner Macht kennst, wirst du dich mir anschließen.“ Nabu spürte, wie sich sein Hals zuschnürte und die Kälte des Schnees an seinen Beinen hoch kroch. „Vergiss es, ich habe andere Pläne. Im Übrigen glaube ich dir kein Wort.“, sagte er mutig. Nusku schien mit so etwas gerechnet zu haben. „Ich sage aber die Wahrheit. Ich kenne das Geheimnis deiner Herkunft, welches dein Onkel solange vor dir geheim gehalten hat. Ich bin deiner Mutter einmal begegnet. Und ich weiß auch, wo sich dein Vater im Moment aufhält.“, redete er weiter. Nabu wurde wütend. „Mein Vater ist gestorben!“, schrie er Nusku an. Dieser schien es aber besser zu wissen. „Noch nicht, aber bald. Sein Schicksal ist besiegelt, aber das unserer Rasse nicht. Die Götter dieser Welt werden sich gegenseitig ausrotten, das müsstest du inzwischen mitbekommen haben. Dann ist unserer Zeit gekommen!“, brüllte Nusku den letzten Satz. Nabu wich wieder zurück. Dann schien Nusku ein anderes Thema anzuschneiden. „Du hoffst auf die Hilfe der Götter dieser Welt? Dann solltest du ihnen vorher das Leben retten. In diesem Land gibt es eine alte Geschichte. Sie nennt sich die Götterdämmerung, oder auch Ragnarök. Wenn die Midgardschlange erwacht ist das Ende aller nordischen Götter gekommen. Loki ist auf dem Weg zur Schlange. Er ist der einzige, der verschont bleiben wird. Sein Ziel ist es der einzige Herrscher über dieses Land zu werden.“, verriet ihm Nusku. Nabu verstand die Welt nicht mehr. „Warum erzählst du mir das?“, hakte er nach. Nusku schmunzelte. „Wie gesagt, ich will, dass du deine wahre Gesinnung findest. Und diese liegt mit Sicherheit nicht in Babylon.“, verriet er. Dann begann er ein Portal zu öffnen und schritt hindurch. Nabu wollte ihm hinterher, musste nach ein paar Schritten aber wieder halt machen. Nabu blieb aber auch nicht viel Zeit über Nuskus Worte nachzudenken. Er hörte die Stimmen von Nait und Zip, die nach ihm riefen. Er erwiderte die Rufe und bald war die Gruppe wieder vereint. Nabu erzählte von Nuskus Erscheinen und schließlich auch von Loki. „Dieser miese kleine Wolf! Ich werde ihn zerquetschen wie einen Apfel.“, brauste Thor auf. „Wir haben weder Zeit für Wut, noch für Unbesonnenheit.“, rückte ihn Odin zurecht. „Ich werde uns direkt zu dem Tal führen, in dem die Midgardschlange schläft.“, verkündete er. Er öffnete ein Portal und trat zusammen mit Thor hindurch. Nabu und die anderen folgten ihnen angespannt. Ihr Zielort war ein Tal, welches Nait und Zip an den Ort erinnerte, an dem Loki sie in eine Falle gelockt hatte. Es dauerte auch nicht lange, bis sie den Wolf in Menschengestalt – oder auch umgekehrt – ausfindig gemacht hatten. Er stand vor einer großen, eingeschneiten Statue. Sie war hoch und lang. Man musste wegen dem Schnee genauer hinsehen, um sie als Schlange zu identifizieren. Loki steckte gerade die Kugel, die er von Nusku erhalten hatte in ihr breites Maul. Die langen Giftzähne schnellten nun nach unten sie Statue zerbiss die Kugel. „Loki, was um alles auf der Welt, tust du da?“, brüllte ihn Thor an. Auch Odin konnte nicht glauben, dass Loki sie auf diese Weise verriet. „Es ist zu spät. Ragnarök hat begonnen. Das Ende der nordischen Götter ist eingeleitet worden. Nur ich werde überleben und von Asgard aus über die Menschen gebieten.“, prophezeite er. Thor konnte seine Wut nicht mehr zurückhalten und griff Loki an. Er zog einen großen Hammer aus seinem Gürtel, mit dem er auf Loki zustürmte. Dieser bewegte sich keinen Zentimeter. Loki ließ ihn ganz nahe an sich heran, bis Thor plötzlich die Macht über seine Beine verlor und stürzte. Er hustete und keuchte. Bald brach er zusammen und sein Körper verwandelte sich in Staub. Loki hatte Recht behalten. Ragnarök hatte begonnen. Auch Odin konnte sich gegen den unsichtbaren Fluch nicht wehren und verwandelte sich in Staub. Nabu verfolgte schockiert das Geschehen. Zip versteckte sich unter Naits Hemd, doch scheinbar umsonst. Nach mehreren Sekunden passierte nichts. Ragnarök schien lediglich die nordischen Götter zu betreffen und auszurotten. „Der Fluch der Midgardschlange überquert gerade Bifröst und rottet die restlichen Götter aus, die sich in Asgard aushalten.“, lachte Loki lauthals. Nabu ballte die Fäuste. Was bildete sich dieser Verrückte ein? Er tötete seine Artgenossen, nur um sein Herrschaftsgebiet auszuweiten. Er war wahrscheinlich noch schlimmer als Nergal und Nusku zusammen. „Die Armen Leute….schrecklich.“, meldete sich auch Lelja zu Wort. „Keine Angst, ihr kommt auch noch an die Reihe!“, flötete Loki. Nabu schritt ihm tapfer entgegen, doch Nait hielt ihn zurück. „Ich weiß, wie du dich fühlen musst. Thor hat uns nicht nur seine Hilfe angeboten, sondern war auch noch ein netter Kerl. Genau wie Odin. Aber sie sind weg. Wir dürfen hier nicht sterben, sondern weiter nach Hilfe für Babylon suchen!“, redete er auf ihn ein. Doch Nabu konnte sich nicht zurückhalten. Er riss sich los und rannte auf Loki zu. Vergebens. Nabu prallte an einem unsichtbaren Schutzschild ab. „Du kommst nicht einmal einen Meter an mich ran.“, meinte Loki überlegen. Nabu gab aber nicht auf. Er rappelte sich auf und rannte erneut los. Wieder prallte er gegen die Mauer. Loki lachte schallend. Dann richtete er seinen Arm auf Nait, Lelja und Zip. „Deine Freunde sind als erstes dran!“, schien er eine Attacke starten zu wollen. Nabu erkannte es noch rechtzeitig und wollte es unter allen Umständen verhindern. Er rannte erneut los und spürte einen stechenden Schmerz, als er in Lokis Schutzbereich eindrang. Aber er war eingedrungen. Loki verstand nicht, wie das möglich sein konnte. Nabu rannte auf ihn zu und hob seine Faust. Diese traf Lokis Gesicht und schleuderte ihn mehrere Meter zurück. Nabu keuchte vor Anstrengung und wunderte sich über seine eigene Stärke. Seine Freunde kamen zu ihm gestürzt. Nait betrachtete seinen Freund bewundernd. Wie war es ihm gelungen einen Gott zu schlagen? Er betrachtete seine Augen und erschrak. Sie waren stark gerötet und unheimlich. Loki rappelte sich wieder auf und blickte Nabu entsetzt an. „Was für ein Wesen bist du? Kein normaler Mensch kann meinen Schild durchbrechen!“, schrie er ihn an. Nabu wollte sich bereits wieder auf ihn stürzen. Nait hielt seinen Arm fest, doch Nabu ergriff seine Hand und drückte sie fest zusammen. Nait schrie auf und Nabu stürzte sich erneut in den Kampf. „Diese Götter haben dir nichts getan! Sie waren freundlich und hilfsbereit!“, brüllte Nabu und ergriff Lokis Kehle. Dieser stöhnte so lange, bis er wie seine Artgenossen zu Staub zerfiel. Ragnarök hatte den Tod aller Götter vorausgesagt. Loki war so dumm gewesen zu denken, er würde verschont bleiben. Nabu blickte zu seinen Freunden. In ihren Augen spiegelte sich Angst und Panik wieder. Ein völlig veränderter Nabu stand ihnen gegenüber. Zum Glück nur vorübergehend. Nabu wurde schwächer und verlor das Bewusstsein. Er hatte es nicht nur geschafft Lokis Schild zu durchbrechen, es war ihm auch gelungen ihn zu töten. Einen Gott! Welcher normale Mensch war dazu in der Lage? War das die Macht von der Nusku gesprochen hatte? Die Macht, die er auf seiner Reise entdecken sollte? Hatte Nusku etwa nicht gelogen? Kannte er Nabus geheime Herkunft tatsächlich? Hatte ihn sein Onkel all die Jahre belogen? War er überhaupt sein Onkel? Was für ein Wesen war Nabu? horus Nabu torkelte verschlafen in die Bibliothek. Er hatte gar nicht erst im Thronsaal nachgesehen, da er wusste, dass sein Onkel sich nicht mehr um diese Zeit dort aufhielt. Er las gerne bis spät in die Nacht hinein in den Büchern, die ihm Adad empfohlen hatte. Nabu hatte Adad erst vor zwei Wochen kennen gelernt. Sein Onkel hatte ihm gesagt, er wäre sein neuer Lehrer. Nabu sollte sich bei ihm anstrengen und möglichst viel lernen. Zuerst fand Schamasch-Mudammiq seinen Neffen noch mit seinen 7 Jahren noch zu jung, doch Adad schien es besser zu wissen. Er fand, man konnte nie früh genug mit dem Lernen beginnen. Nabu hatte Recht behalten. Sein Onkel saß in einem breiten Stuhl zusammengekauert und schmökerte in einem dicken Schinken. "Die Amtszeit des Sumu-abum" stand auf dem Deckblatt geschrieben. Sein Onkel merkte nicht sofort, dass sein Neffe ihn besuchen kam. Dann stand er aber auf und schlenderte zu ihm. „Sag mal, was machst du so spät noch hier?“, fragte teilweise besorgt, teilweise schimpfend. Nabu rückte nicht sofort mit der Sprache heraus. Sein Onkel kniete sich hin und streichelte ihm über den Kopf. „Ich kann nicht schlafen.“, gestand der junge Prinz. Sein Onkel hakte überrascht nach, woran es lag. „Papa.“, antwortete Nabu schließlich. Das ließ Babylons König kurz zusammenzucken. „Was…ist mit ihm?“, wollte er wissen. „Ich habe geträumt.“, erzählte Nabu müde. „Es war Krieg. Mein Vater hat gekämpft, aber ich habe sein Gesicht nicht erkennen können. Er ist….umgekommen.“, berichtete er. Sein Onkel seufzte und setzte ihn auf seinen Stuhl. „Das ist meine Schuld. Ich habe dir die Wahrheit über deinen Vater erzählt.“, warf er sich vor. Nabu schüttelte den Kopf. „Du bist nicht schuld. Es ist nur….von Mama habe ich wenigstens ein Bild. Aber von Papa keines. Warum?“, wollte er wissen. Sein Onkel musste kurz überlegen. „Meine Schwester – die Götter haben sie selig – war leider nur kurze Zeit mit deinem Vater zusammen. Er war ein Kriegsherr und kämpfte für Babylon. Er ist gefallen. Es tut mir so Leid, dass du weder Mutter, noch Vater hast. Ich bin der einzige, der für dich sorgt.“ Nabu ergriff die Hand seines Onkels. „Schon gut, ich bin dir dafür sehr dankbar.“, versicherte er. Sein Onkel lächelte und nahm seinen Neffen in den Arm. „Ein Engel.“, stammelte Nabu als er das Bewusstsein wiedererlangte. „Äh, nein….“, stotterte Lelja, die sich über ihn gebeugt hatte. „Er ist wach!“, rief Zip freuend und führte wieder seinen Tanz auf. Nabu setzte sich auf und blickte die beiden an. „Was ist passiert?“, fragte er verdutzt. Dann betrat Nait das Innere. Nabu hatte erwartet, dass er sich freute, doch Nait sah ihn unsicher und feindselig an. „Bist du es?“, wollte er von seinem Freund wissen. Nabu begann sich wieder zu erinnern. Er hatte Loki besiegt. Er ganz alleine. Er hatte sich in ein unaufhaltsames Monster transformiert. Seine Freunde mussten freilich Angst vor ihm gehabt haben. „Es tut mir Leid.“, flüsterte er. „Schon ok.“, sagte Nait schnell, als er seinen Freund wieder erkannte. „Wo sind wir?“, fragte Nabu schließlich. Anstatt zu antworten verließ Nait kurz den Raum und kehrte mit einer Hand voll Sand zurück. Er ließ ein bisschen davon auf Nabus Schoß rieseln. „Sind wir….“, begann er zögernd. „Nein.“, enttäuschte ihn Nait. „Wir sind nicht zu Hause. Wir haben dich in Thors Dorf zurückgebracht, wo einen Tag lang durchgeschlafen hast. Dann hat uns Zip gesagt, dass er ein neues Portal öffnen kann und nun sind wir hier.“, berichtete er. Nabu nickte verstehend. „Odin und Thor haben es nicht geschafft.“, sagte er bedrückt. „Alle Götter, die in diesem Land waren haben nicht überlebt. Dieses Ragnarök hat sie ausgelöscht.“, musste ihm Zip leider rechtgeben. „Dabei habt ihr so auf sie gehofft.“, fühlte Lelja mit den Jungen mit. „Wir sind mitten in der Wüste.“, erzählte Nait nun weiter. Nabu sah einen Schatten vorbeigehen. Sie schienen in einer Art Zelt zu sein. „Das sind unsere neune Freunde.“, beruhigte ihn Nait. „Nomaden, die so freundlich waren uns mitzunehmen. Und jetzt pass auf! Sie haben bereits von Babylonien gehört. Das Land, in dem wir uns befinden nennt sich Kanaan. Es liegt sehr weit von Babylon entfernt. In ein paar Monaten könnten wir es erreichen.“ „Wir haben keine Monate!“, fuhr Nabu seinen Freund an, entschuldigte sich dann aber sofort. Nait konnte ihn verstehen. Ihre Zeit wurde knapp und die meisten Götter, die sie bis jetzt getroffen hatten waren böse. Und die, die ihnen helfen wollten, wurden getötet. „Die Nomaden nehmen uns in das nächste Dorf mit.“, informierte Nait ihn. Nabu nickte und sah dann zu Zip. „Wie lange brauchst du für das nächste Portal? Wir können nicht zu Fuß gehen, oder reiten, das würde zulange dauern.“ Zip überlegte kurz. „Mindestens wieder einen Tag.“, grummelte er. Nabu biss sich auf die Lippe. „Warum kannst du uns nicht einmal dorthin bringen, wo wir wollen, du dummes Vieh?“, fuhr er Zip an. Dieser erschrak. So hatte er Nabu noch nicht kennen gelernt. Auch Nait und Lelja wichen ein Stück zurück. Nabu schien Kopfschmerzen zu haben, da er mit beiden Händen seine Stirn hielt. „Was ist nur mit mir los…“, jammerte er. „Was…hat Nusku genau gesagt?“, traute sich Nait zu fragen. Nabu erzählte noch einmal alles genau. Von Nuskus Bündnis mit Nergal und von seiner Geschichte von Nabus Herkunft. „Ein normaler Mensch hätte Loki nicht besiegen können, nicht wahr?“, fragte er nun sehr leise. Er erhielt keine Antwort. Stattessen betrat ein Mann in beschen Kutten das Zelt. „Wir ziehen weiter. Wie geht es eurem Freund?“, sah er zu Nabu. „Es geht mir gut.“, antwortete dieser und stand auf. Die Gruppe marschierte nach draußen und beobachtete wie die Mitglieder des Nomaden-Stamms ihre Zelte abbauten, sie zusammenrollten und auf ihre Kamele spannten. Nait und die anderen wollten sich für die Gastfreundschaft bedanken und zerlegten ihr eigenes Zelt in Einzelteile. Nabu fühlte sich fitt genug, um ihnen zu helfen. Dann ging die Reise werde. Die der Nomaden und die der Gruppe. Für Lelja erwies es sich als größte Qual. In ihrer Heimat schien die Sonne nicht so kräftig. Zip war widerstandsfähiger, schwitzte aber trotzdem. Lelja wollte bereits die Kutten ablegen, die sie von den Nomaden erhalten hatte, doch Nabu hielt sie davon ab. Er überzeugte sie, dass es besser war zu schwitzen, als einen Sonnenstich zu riskieren. Nabu konnte sich in der Wüste aus und hoffte durch seinen Ausraster wieder gut zu machen. Zip verkroch sich die ganze Zeit über in einer Tasche, in der es zwar nicht unbedingt kühler war, aber besser als der Sonne ausgesetzt zu sein. „Und wann geht es wieder los?“, fragte Nait seinen Freund. Dieser dachte zuerst er würde seine Veränderung meinen, doch Nait sah zum Himmel. Diese Götter hier. Versuchen wir wieder einen zu überreden uns zu helfen?“ Seine Stimme klang etwas missmutig. Nabu schnaufte. „Kanaan liegt etwas von Babylonien entfernt, aber wie ich dich kenne hast du sicher schon etwas darüber gelesen, nicht wahr?“ Nait nickte. „Ein Pergament. Ist allerdings schon zwei Jahre her, aber erinnere mich noch einigermaßen. „Vor 1000 Jahren befand sich Kanaan größtenteils unter ägyptischer Herrschaft. Deswegen sind die Götter hier auch teilweise ägyptisch. Sie wurden sozusagen adaptiert. Aber in den letzten Jahren führte Ägypten auch noch gegen andere Länder Krieg und konnte Kanaan nicht mehr halten. Die Götter kapselten sich ab, werden in Ägypten aber immer noch verehrt. Vielleicht kommen dir Namen wie Reschef, Qadschu oder Dagon bekannt vor.“. erzählte er. „Nicht…wirklich.“, stammelte Nabu. Sein Freund hätte inzwischen wissen müssen, dass er Adad nur mit einem halben Ohr zuhörte. „Ich habe mir etwas überlegt.“, redete Nait weiter. „Diese kanaanänischen bzw. syrischen Götter liegen immer noch im Streit mit Ägypten. Wenn wir sie überzeugen uns mit Nusku zu helfen, könnten ihnen Babylons Streitmacht anbieten.“, sprach Nait wie ein Kriegsherr. Nabu war noch nicht so davon überzeugt. „Das hätten wir nicht zu entscheiden.“, meinte er. Nait schien das anders zu sehen. „Aber du bist der Prinz! Und falls dein Onkel…“ Er verzichtete darauf weiter zu sprechen und drehte sich weg. „Schon gut.“, verzieh ihm Nabu schnell. „Einen Versuch ist es schließlich wert. Wie heißt der Hauptgott des Landes?“, erkundigte er sich weiter. Nait schien kurz zu überlegen. „Er wird als Gott des Sturmes, des Regens und der Berge. Sein Name lautet Baal.“, erzählte er. Für einen Moment zuckte Nabu zusammen. Dieser Name löste irgendetwas in ihm aus. „Also sollten wir ihn um Hilfe bitten.“, sagte er schließlich. Nait nickte ihm zu. „Wir haben nicht mehr viel Zeit oder Möglichkeiten. Wenn wir in Kanaan keinen Gott finden, sind wir aufgeschmissen.“, meinte er angespannt. „Ihr habt ja noch mich.“, ertönte nun eine Stimme aus der Tasche, die Naits Kamel mit sich schleppte. „Was willst du kleiner Kobold den ausrichten?“, stichelte Nait Zip wieder an. Dieser beschloss den Jungen zu ignorieren. Zumindest diesmal. „Und…mich.“, fügte Lelja hinzu. Nabu dankte beiden für ihre Hilfe. Gut sie waren nicht unbedingt mächtige Gottheiten, aber sie hatten sich den Jungen bei ihrer Reise angeschlossen und taten alles, was in ihrer Macht stand. Wenn ein richtiger Gott so wäre wie die beiden…. Nabu verbannte diesen Gedanken. Er durfte nicht träumen, sondern handeln. Sobald sie das Dorf erreichen würden, würde Nabu alles daran setzen mit den kanaänischen Göttern Kontakt aufzunehmen. Sie ahnten bis jetzt noch nicht, dass sie es niemals erreichen würden. „Lord Baal, die Späher haben den Nomaden-Stamm ausgemacht. Wie Ihr gesagt habt, es befinden sich drei Kinder bei ihnen. Und ein Wesen das dem ähnelt, dass Euch aufgesucht hat.“, berichtete Baals Diener ausführlich. Baal erhob sich von seinem Thron und stapfte auf ihn zu. „Das war gute Arbeit. Bereite deine Männer auf einen Kampf vor. Möglicherweise müssen sie ausrücken.“, befahl er. Sein Diener nickte gehorsam und machte sich auf den Rückweg. Baal schlenderte zufrieden zu seinem Thron zurück. „Und du hältst dein Wort?“, wandte er sich an eine kleine Gestalt, die neben dem Thron saß und kaum bemerkbar das Gespräch verfolgt hatte. „Natürlich. Sobald diese Nervensägen ausgelöscht sind lasse ich meine Männer hier herkommen. Ihr könnt sie in Eure Armee aufnehmen.“, versprach er. Baal nickte zufrieden. „Ich hoffe du hältst dein Wort.“, brummte er und lehnte sich zurück. Die Augen der kleinen Gestalt funkelten böse. Endlich würde er seine Rache bekommen! Die Nomaden schrieen wild durcheinander, als fremde Pferde sie einkreisten. „Wer zum Teufel sind die jetzt wieder?“, fragte Nabu Nait in der Hoffnung es wüsste es. Das schien sein Freund tatsächlich zu tun. „Müsstest du selbst erkennen. Sie auf ihre Kleidung.“, sprach er. Nabu folgte seinem Wunsch und tatsächlich kamen ihm die Kutten der Fremden bekannt vor. „Ägypter.“, half ihm Nait auf die Sprünge. „Hier?“, fragte er ungläubig. Nait hatte selbst keine Erklärung dafür. Herrschte etwa wieder Krieg zwischen den beiden Völkern? Wenn ja war die Gruppe direkt hineingeraten. „Wir wollen euch nichts tun!“, rief einer der Ägypter. Nabu erblickte ihn und sah sichtlich überrascht aus. Es war ein Junge, kaum älter als er. Er sah ihm sogar etwas ähnlich. Er schien der Anführer der Ägypter zu sein. „Wir haben nur ein paar Fragen. Dann lassen wir euch wieder ziehen.“, erklärte er. Der Anführer der Nomaden stieg von seinem Kamel und stapfte auf ihn zu. Die beiden wechselten ein paar Worte, die weder Nabu, noch seine Freunde von der Weite aus verstehen konnten. Dann setzten sich die Ägypter in Bewegung und umkreisten die Kamele von Nabu, Nait und Lelja. Zip verzog sich vorsichtshalber wieder in die Tasche. Nabu versuchte Ruhe zu behalten und Lelja presste sich fest an ihn. Das erhöhte nicht gerade seine Konzentration. Nait lenkte sein Kamel in die Nähe von Nabus, da er sich bei seinem Freund sicherer fühlte. Waren diese Ägypter etwa hinter dem Prinz von Babylon her? Hatten sie die Nomaden verraten? Nabu saß nun direkt ihrem Anführer gegenüber. „Darf ich eure Namen erfahren?“, bat er. Nabu seufzte erleichtert. Er wusste also nicht, dass er Babylons Prinz war. Babylonien und Ägypten hatten ein eher angespanntes Verhältnis zueinander. „Ich….heiße Achche, und das sind meine Freunde Nait und Lelja.“, stellte er sich vorsichtshalber mit dem Namen seines Großvaters vor. Eine weitere Person, wie er nicht mehr kennen lernen konnte. Der Ägypter musterte sie zweifelnd. „Mein Name ist Anamu und ich bin der Anführer der heiligen Streitkraft des Horus.“, stellte er sich vor. Nabu konnte nur nicken. „Ihr seid nicht von hier?“, hakte er nach. (Anmerkung: Anamu ist ein Vorfahre von Senshi, siehe Reborn 2) Nabu verneinte. „Wir kommen aus Babylon.“, blieb er diesmal bei der Wahrheit. Babylonische Namen zu nennen und dann zu behaupten sie wären aus Kanaan wäre dumm gewesen. Anamu blickte ihm direkt in die Augen. Hatte er vielleicht die Fähigkeiten Lügen zu erkennen? Sein Gesicht wurde freundlicher. „Nett euch kennen zu lernen.“, erwiderte er. „Ebenfalls.“, erwiderte Nabu höfflich. „Darf ich fragen, was ihr in diesem Teil des Kontinents macht?“, hakte er nach. Nabu beschloss die Wahrheit zu sagen, jedoch nicht den Grund ihrer Reise. „Wir wollen nach Babylon.“, antwortete er. Anamu hob die Augenbrauen. „Dann hab ihr einen weiten Weg vor euch.“, meinte er. Nabu nickte. „Das haben wir wohl.“ Anamu gab seinen Männern ein Zeichen. „Wir können die Hälfte des Weges eure Begleiter sein. Spätestens Morgen reiten wir nach Ägypten zurück. Wir können für euren Schutz sorgen und mit euch reisen.“, schlug er vor. Nabu wusste nicht, ob er diesem Angebot trauen konnte. „Wodurch haben wir diese Ehre verdient?“, hinterfragte er. Anamu verzog die Lippen. „Ich mag vielleicht ein Kriegsherr sein, aber dennoch ein netter Kerl.“, versicherte er. Während Nabu noch am überlegen war, gab Anamu seinen Männern ein Zeichen. Heishin, Phallus helft unseren neuen Freunden von den Kamelen und sattelt sie um. Nabu hatte noch nicht einmal das Angebot angenommen, schon wies Anamu seine Männer an. Scheinbar war er es nicht gewohnt Widerspruch zu erhalten. Oder traute er den Reisenden vielleicht nicht und wollte sie so im Auge behalten? Nabu traute Anamu beides zu. So kam es, dass sich die Gruppe von den Nomaden trennte und mit Anamus Leuten weiter ritt. „Wir haben in Kanaan noch etwas zu erledigen. Die Sonne wird ohnehin bald untergehen. Wir übernachten in der Wüste und reiten morgen Mittag, vielleicht auch am Nachmittag nach Ägypten zurück. Von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung nach Babylonien.“, versicherte ihnen Anamu. Nabu wusste das, aber trotzdem würde es ein bis zwei Monate dauern. Solange würde Marduk nicht durchhalten können. Und die Menschen Babylons ebenfalls nicht. Es musste eine schnellere Möglichkeit geben. Sobald Anamu sie nicht mehr zu sehr im Auge behielt und Zip wieder Energie getankt hatte, würden sie mittels Portal reisen. Doch die Frage war, wie lange würde Zip noch benötigen, bis er sie in das richtige Land brachte? Anamu schien ein Mann – oder ein Junge – zu sein, der sein Wort hielt. Wie zuvor die Nomaden schlug seine Armee ihre Zelte auf, um erneut in der Wüste zu übernachten. Nabu und die anderen mussten selbst nicht hand anlegen. Anamus Männer bauten ihr Zelt freundlicherweise allein auf. Der Kriegsherr bestand aber darauf, zwei Männer vor ihrem Zelt zu postieren. „Zu ihrer eigenen Sicherheit“ hatte er gesagt. Nabu war sich nun sicher, dass Anamu ihnen nicht traute. Allerdings beruhte dies auf Gegenseitigkeit. Es war schon etwas später am Abend, als einer ihrer Wachen ohne sich vorher anzukündigen ihr Zelt betrat und sie bat mitzukommen. Da er keine Widerrede zu akzeptieren schien, folgten ihm Nabu, Nait, Lelja und Zip bedingungslos. Die Wache führte sie zu Anamus Zelt, welches wie zu erwarten das größte und luxuriöseste war. „Guten Abend, meine Freunde.“, begrüßte sie der Kriegsherr und deutete ihnen Platz zu nehmen. „Euer kleiner Freund kann natürlich auch aus seinem Versteck kommen.“, meinte er. Nait blickte ihn überrascht an. Wann hatte er Zip bemerkt? Dieser kroch aus Naits Tasche und sprang auf den Tisch. Anamu betrachtete ihn interessiert. „Dieses kleine Wesen ist also tatsächlich ein Gott.“, schmunzelte er. Zip war der Kriegsherr nicht geheuer, trotzdem wollte er sich nichts gefallen lassen. „Wenn nennst du hier klein? Knie nieder vor mir!“, verlangte er. Damit brachte er Anamu aber lediglich zum Lachen. „Ein lustiges Wesen. Unsere Götter sehen anders aus, weißt du?“ Zip drehte sich demonstrativ um. „Mit seiner Hilfe reist ihr also von Land zu Land. Habe ich recht?“, fragte Anamu seine neuen Begleiter verschwörerisch. Diese zuckten zusammen. Woher konnte er von ihrer Reise wissen? Und vor allem von Zip? Anamu setzte zu einer Erklärung an. „Ich habe jemanden bei mir, der mir meine Fragen beantworten.“, verriet er. Nait blickte ihn verwirrt an, doch Nabu glaubte zu wissen, was der junge Kriegsherr meinte. „Horus.“, murmelte der Prinz. Anamu lächelte. „Ich wusste ja, dass du schlau bist. Nunja, das muss der Prinz von Babylon ja sein.“, redete er weiter. Nait setzte an etwas zu sagen, doch Anamu gab ihnen ein Zeichen sich zu setzen. Die Gruppe und ihn trennte ein länglicher Tisch, auf welchem verschiedene Speisen angereiht waren. „Ich weiß in der Wüste verspürt man noch soviel Hunger wie Durst, aber Essen ist trotzdem unvermeidlich.“, schien er sie einzuladen. „Wie kommst du darauf, dass wir dir vertrauen? Am Ende sind die Sachen noch vergiftet!“, warf ihm Zip vor. Anamu kicherte und aß selbst ein Stück Brot, um das Gegenteil zu beweisen. Als Zip sein eigenes Magenknurren vernahm, gab er schließlich auf und mampfte selbst ein Stück. Nait spürte ebenfalls seinen Hunger und griff nach einem Apfel, der zusammen mit anderen Früchten in einer Schale lag. „Esst alles auf, sie werden sonst schlecht.“, bat sie Anamu. Nait reichte Lelja einen weiteren Apfel, welche dankend annahm. Alle bis auf Nabu hatten sich inzwischen hingesetzt und schlugen sich den Bauch voll. „Hast du keinen Hunger?“, fragte ihn Anamu herausfordernd. Nabu schüttelte den Kopf. „Nein, ich vertraue Leuten nicht, die uns ohne uns zu kennen beschützen, zum Essen einladen und uns auch noch nach Hause begleiten wollen.“, erwiderte er. Anamu gab sich geschlagen und schenkte seinen Gästen reinen Wein ein. „Also gut, ihr habt mich. Das Obst ist mit Skorpiongift versetzt.“ Nait, Zip und Lelja stoppten sofort und spukten und prusteten alles was sich in ihren Mäulern befand hinaus. „Nur ein Scherz.“, erwiderte Anamu schnell. Er erntete jedoch nur wütende Blicke. „Da…bin ich wohl zu weit gegangen, entschuldigt Leute. Der wahre Grund, warum ich euch mitgenommen habe ist, dass ich euch nicht vertraut habe. Ihr wartet Fremde in diesem Land. Gut, wir ebenso, aber wir sind auf einer Mission.“, erzählte er. Nabu setzte sich nun endlich. „Ihr wollt in den Krieg ziehen? Dieses Land stand doch schon einmal unter euren Fittichen. Was habt ihr davon es immer wieder zu erobern? Lasst die Menschen hier in Frieden leben!“, redete er auch ihn ein. Nait und Lelja blickten ihn bewundernd an. Zip aß inzwischen unberührt weiter. Anamu hob abwehrend die Hände. „Ganz ruhig, Nabu! Ich darf dich doch so nennen, oder? Man erkennt gleich, dass ein Prinz vor einem steht. Du sorgst dich nicht nur um deine eigenen Leute, sondern auch um anderer. Das macht einen wahren Anführer und König aus.“, machte er ihm ein Kompliment. Nabu erwiderte nichts darauf, da ihm Anamu keine klare Antwort geliefert hatte. Dieser trank einen Schluck und fuhr dann fort. „Wir wollen nicht gegen dieses Land in den Krieg ziehen. So was ist eher Sachmets Ding, aber wir dienen Horus. Er hat uns nach Kanaan geschickt, um einen Schädling zu beseitigen.“, verriet er. Nabu verstand nicht recht. „Schädling?“, hakte er nach. Anamu nickte. „Baal.“, antwortete er kurz und bündig. „Die syrischen und die ägyptischen Götter sind stark miteinander verbunden. Baal war einer der Anhänger Serapis. Und einer derer, die ihn hintergangen und getötet haben. Zusammen mit anderen gründete er Kanaan und herrschte seitdem darüber. Doch sein Land wurde zu mächtig, weswegen Ägypten es vor 1000 Jahren eroberte. Wir konnten Kanaan jedoch nicht halten. Leider. Seitdem agierte Baal eher unbeaufsichtigt. Horus möchte dieses Problem nun ein für allemal lösen.“, erzählte er den Grund für ihre Mission. Nait, Lelja und Zip hatten aufmerksam zugehört. Nabu schien nachzudenken. „Ich möchte mit Horus sprechen.“, verlangte er schließlich. „Er aber nicht mit dir.“, antwortete Anamu schnell. Nabu stutzte. „Du willst ihn bitten, dir bei deinem Problem zu helfen, habe ich Recht? In diesem Fall steht er dir nicht zur Verfügung.“, machte er ihm klar. Als Nabu den Grund verlangte, stand Anamu auf und rief seine Wachen. „Bringt sie in ihr Zelt zurück. Das Essen können sie selbstverständlich mitnehmen.“, befahl er. Nait und Zip wollten zuerst einen Einwand vorbringen, doch Anamu blickte plötzlich sehr ernst. „Ihr habt unseren Gönner gehört. Lasst uns zurückgehen und etwas schlafen.“, war Nabu aufgestanden und hatte seine Freunde überzeugt. Die Gruppe wurde hinausgeführt und Anamu blieb allein zurück. Nunja, zumindest fast. „Sie schienen wirklich auf deine Hilfe angewiesen zu sein.“, schien Anamu mit der Luft zu reden. Aber scheinbar befand sich dort etwas, was normale Menschen nicht sehen konnten. „Ich habe meine Gründe.“, erwiderte Horus. Anamu nickte. „Selbstverständlich hast du die. Darf ich erfahren, welche das sind?“, hakte er nach. Horus wollte zuerst verneinen, tat ihm dann aber den Gefallen. „Babylons Prinz hat bereits gefunden wonach er gesucht hat. Er hatte es bereits von Anfang an. Dennoch war seine Reise notwendig. Ich bin überflüssig. Mein Ziel – und auch deines – ist Baal. Da er zum Teil immer noch ein Ägyptischer Gott ist, gelten immer noch unsere Gesetze. Wir dürfen ihn nicht töten.“, erklärte der Falkengott. Anamu verstand. „Ich nehme an, du hast einen Ersatzplan?“ Horus bejahte. „Den habe ich tatsächlich. Aber lass uns morgen weiter sprechen.“, schlug er vor. Anamu war einverstanden. Er legte sich hin, musste aber noch einige Zeit an Nabu denken. Dieser wusste nicht mal, wie ähnlich er und Anamu sich eigentlich waren. „Sie sind nicht dabei.“, meldete einer der Soldaten Athtar. Dieser ließ seinen Blick über die knienden Nomaden streifen. „Was sagen sie?“, erkundigte sich der General. „Sie sagen alle das Selbe aus. Eine kleine Armee von Ägyptern ist aufgetaucht und hat sie mitgenommen.“, berichtete der Soldat. „Wie viele?“, wollte Athtar wissen. „Sie sagen etwa 3 Dutzend.“, erwiderte der Soldat. Athtar überlegte kurz. Dann werden wir sie einholen. Baal will diese Kinder. Außerdem sind Ägypter in Kanaan unerwünscht, es ist also unsere Pflicht diese Seuche zu beseitigen.“, erklärte er. Sein Soldat warf einen Blick zu den Nomaden. „Sollen wir sie töten? Sie haben Baal hintergangen und verdienen diese Strafe.“, meinte er. Athtar winkte ab. „Sie wussten nicht, wen sie da aufgenommen haben. Baal ist auch ein großzügiger Gott, der verzeiht. Außerdem waren sie sehr kooperativ. Lass sie ziehen.“, befahl der General. Der Soldat befolgte den Befehl und ließ die Nomaden weiterziehen. Dann sattelten die Soldaten die Pferde, um die Ägypter noch vor Tagesanbruch einzuholen. „Wieder Fehlanzeige.“, jammerte Nait. „Horus hilft uns auch nicht! Verdammt, es gibt wohl keinen Gott, der sich darauf einlässt!“ Nait schlug seine Faust in den Sand. Lelja versuchte ihn zu besänftigen, was ihr aber nicht gelang. „Es gibt noch einen Weg.“, sagte Nabu plötzlich. Nait sah ihn hoffnungsvoll an. „Baal.“, erwiderte dieser. Zuerst verstand Nait nicht, blickte seinen Freund dann aber entsetzt an. „Wie bitte? Baal ist einer von den bösen, falls du das vergessen hast!“, erinnerte er ihn. Nabu wusste das nur zu gut. „Wir dürfen nicht mehr so wählerisch sein. „Wir sind jetzt beinahe vier Tage unterwegs und haben nichts erreicht. Im Gegenteil, überball wo wir aufgekreuzt sind, haben wir ein Chaos hinterlassen.“, vertrat er seine Meinung. Nait schnaufte. „Also, gut und warum sollte er uns helfen?“, wartete er gespannt auf Nabus Antwort. Dieser schien einen Grund zu kennen, antwortete aber nicht sofort. „Wenn er genau so schlimm ist wie Vater, sollten wir es nicht tun.“, wagte sich Lelja zu Wort. Nait würdigte zu dieser Zeit keines Blickes, sondern starrte weiter auf Nabu. „Wie bieten Baal unsere Hilfe an. Kanaan ist Ägypten unterlegen. Die Kanaanäer sind in der Unterzahl und wir können das ändern. Wenn Baal Babylon befreit, können wir ihm einen Pakt versprechen.“, verriet er eine Idee. Nait hielt sie für absoluten Unsinn. „Willst du, dass unser Land zusammen mit Kanaan in den Krieg zieht? Ägypten hat uns größtenteils in Ruhe gelassen, es gibt keinen Grund für einen Krieg.“, redete er auf seinen besten Freund ein. „Nabu schien das anders zu sehen. „Die Menschen in Babylon sterben.“, erinnerte er Nait an dessen Eltern. Dieser war hin und her gerissen. „Und wie viele Menschen sterben, wenn ein Krieg ausbricht?“, fragte er erwartend. Nabu überging die Frage. „Nusku ist ein größeres Problem. Er hat Nergal nur benutzt und wird weiter irgendwelche Pläne aushecken. Wir müssen ihn aufhalten. Wenn die einzige Lösung ein Krieg mit Ägypten ist, dann sei es so! Was tun sie den bitte für uns? Ihre Götter ignorieren uns genauso.“, erinnerte er an Horus. Nait gab auf und hob die Hände. „Also gut, wie du willst. Unterbreite Baal diesen Vorschlag, aber lass mich daraus.“, verlangte er. Nabu nickte. Er hatte ohnehin nie vor seinen Freund mit seiner Entscheidung zu belasten. Dieser hatte keine Erklärung für die Veränderung seines Freundes. Nicht nur Nabus Kraft hatte sich verändert, sondern auch sein Charakter. Zum Teil eher zum Schlechteren, aber vielleicht war das sogar nötig. Er hatte nämlich Recht. Baal war vielleicht ihre letzte Chance Babylon zu retten. Nait hätte das Nabu gegenüber jedoch niemals zugegeben. Der Tag war noch nicht einmal angebrochen, da wurden Nabu und seine Freund bereits geweckt. Die Wachen stürmten herein und zogen sie aus dem Zelt. „Was soll das?“, beschwerte sich Nait und versuchte sich loszureißen. „Wir werden angegriffen! Ihr kommt mit!“, erklärten die Wachen und schleiften die Kinder und Zip weiter. Nabu stockte. „Angegriffen? Von wem?“, wollte er fahren. „Kanaanäer.“, antwortete eine Wache nur und brachte die Vier zu Anamu. Dieser stand vor dem Lager und beobachtete die näher kommenden Pferde. „Baal ist uns wohl auf die Schliche gekommen.“, vermutete er. Nabu starrte ihn unsicher an. „Danke für deine Hilfe, aber wenn hier gleich eine Schlacht entbrennt, möchten wir nicht dabei sein.“, sagte er ernst. Anamu winkte ab. „Es wird keine stattfinden, keine Angst. Auch wird heute niemand sterben.“, prophezeite er und ging den Kanaanäer langsam entgegen. Er streckte seinen rechten Arm in die Luft, von wo ein lauter Schrei zu hören war. Nabu und die anderen blickten nach oben erkannten einen Vogel. Einen Falken um genau zu sein. Der Falke wuchs und wuchs. Bald war so riesig wie das Lager und flog auf die Kanaanäer zu. Ein paar von ihnen ergriffen panisch die Flucht, andere sahen ratlos zu Athtar. Horus ließ seine Flügel schwingen und generierte somit einen Sandsturm, welche die übrigen Kanaanäer unter sich begrub. Nabu konnte nur staunen. Und dieser mächtige Gott, wollte ihnen nicht helfen? Sei es drum! „Verschwindet!“, rief ihnen Anamu zu. „Ihr verdammten Ägypter!“, erwiderte Athtar seinen Ruf. „Händigt uns wenigstens die Reisenden aus!“, verlangte er. Anamu blickte zu Nabu und dessen Kameraden. „Woher wissen sie von euch?“, fragte er verdutzt. Nabu zuckte mit den Schultern. „Woher wusstest du von uns?“, drehte den Spieß um. Anamu gab sich geschlagen. „Vergiss es. Aber sag Baal wir kommen ihn persönlich besuchen, er soll sich darauf vorbereiten!“, rief er den Kanaanäern zu. Diesen blieb nur die Flucht. Horus erhob sich wieder in die lüfte und wurde kleiner und kleiner. Bis er schließlich verschwunden war. Nabu hatte keine Chance mehr mit ihm zu sprechen. „Ich komme mit.“, entschied er. Anamu sah ihn verwirrt an. „Wenn ihr zu Baal geht, werde ich mitkommen.“, wurde Nabu präziser. Anamu hob die Augenbrauen. „Und du glaubst ich nehme dich so einfach mit? Erst will ich den Grund erfahren.“, verlangte er. Doch Nabu blieb stur. Denn verrate ich dir erst, wenn wir vor Baal stehen.“, sprach er. Anamu wusste nicht wieso, aber er erfüllt Nabu den Wunsch. „Wir kommen natürlich mit!“, entschied Zip. „Ähh….ja! Wir sind ein Team.“, schloss sich Lelja an. Nur Nait zögerte noch. Er wusste, was Nabu von Baal wollte. Schließlich stellte er sich neben seine Freunde. Anamu nickte und erklärte, dass ihre Reise bereits in einer Stunde losgehen würde. „Baal hält sich auf der Erde auf. Er reagiert Kanaan von einem Tempel in Akko aus. Der Ritt wird nicht lange dauern, aber macht euch auf das Schlimmste gefasst! Baal ist unberechenbar.“ Anamu wurden von seinen sämtlichen Männer begleitet. Nabu fand dies nicht nur unnötig, sondern auch riskant. Er riskiert das Leben jedes einzelnen von ihnen. Anamu konnte auf Horus´ ständigen Schutz hoffen und brauchte keine Armee für seine Ziele. Nabu merkte erst, dass er Anamu unterschätzte, als er seine Männer einen halben Kilometer vor dem Tempel zurückließ und den Rest des Weges allein marschierte. Nabu wollte auch seine Freunde überreden zu warten, doch diese ließen es nicht zu. Auch Lelja bestand darauf ihren Freund zu begleiten. Vor dem Tempel standen lediglich zwei einzelne Wachen. Nabu vermutete, dass es ansonsten mehr waren, doch Baals Männer hatten ihren Gott vorgewarnt. Er war also auf ihre Ankunft vorbereitet. „Stellt ja nichts dummes an.“, warnte sie einer der Tempelwächter. Anamu ignorierte ihn und öffnete das schwere Tor. Das Innere erinnerte Nabu und Lelja etwas an Odins Behausung. Anderseits erinnerte es auch an den babylonischen Baustil. „Tretet näher.“, erklang eine Stimme von der anderen Seite des Tempels. Die Gruppe zwar gezwungen das ganze Gebäude zu durchqueren, um endlich ans Ziel zu kommen. Nabu schreckte kurz zurück, als er Baal gegenüberstand. Er spürte etwas Böses in ihm, konnte es aber nicht genau beschreiben. Irgendwie eine Mischung aus Svarog, Nusku und alles anderem böse, was er bis jetzt kennen gelernt hatte. „Du musst Horus kleiner Liebling sein.“, flötete der Sturmgott zur Begrüßung. Anamu ließ sich nicht einschüchtern. „Und du bist Baal.“, erwiderte er kühl. Baals Blick fiel auf Anamus Begleiter. „Und ihr seid die, die durch die Länder reisen.“, begrüßte der Nabu und seine Gefährten. Zip hatte das Gefühl, dass Baals Blick direkt auf ihn zielte. „Ließt du unserer Gedanken? Genau wie Horus?“, fragte Nabu den Gott scharf. Baal sah ihn überrascht an. „Nein, das habe ich nicht nötig. In den Köpfen der Menschen herrscht soviel Chaos, das es mich krank machen würde. Ich habe eine andere Informationsquelle.“, verriet er. Dann hörte die Gruppe ein heiseres Lachen. Er schien von der Decke zu kommen. Oder spielte ihnen das Echo einen Streich? Nein, das Lachen hatte seinen Ursprung weiter hinten in der Halle. Alle starrten das Wesen erstaunt an, welches sich nun aus dem Schatten wagte. Es war klein, bläulich und erinnerte auf den ersten Blick an eine Wolke. „Nun bekomme ich endlich meine Rache.“, sprach es böse. Während Lelja und Anamu das Wesen nicht wieder erkannten, fielen Nabu, Nait und Zip aus allen Wolken. „Hu…Huracan!“, stotterte Zip perplex. „Wie zum Teufel kommst du den hierher?“, fragte er seinen Artgenossen. Huracan schien nun enorm sauer zu werden. „Das fragst du noch?! Du kleine Ratte hast mich durch das Portal geschickt! Ich bin in der Wüste auf gewacht und dachte ich müsste sterben! Eine Schlange hätte mich fast gefressen und ein Skorpion hat mich gestochen! Wenn ich kein Gott wäre, hätte mein letztes Stündlein geschlagen!“, beschwerte er sich. „Selber Schuld.“, meinte Nait kalt. Huracan wurde noch wütender und wollte seine Rache. Er wollte losstürmen, doch Baal hielt ihn zurück. „Genug! Du kleiner Wurm kannst ohnehin nichts gegen sie ausrichten. Ich werde sie für dich beseitigen, und dann bist du an der Reihe. Du wirst mir helfen Ägypten anzugreifen!“, erinnerte er Huracan an ihre Abmachung. Anamu lachte lauthals los. „Wie weit glaubst du kommst du mit diesem Kobold?“, machte er sich über Baal lustig. Dieser sah ihn nur abschätzig an. „Er hat recht.“, mischte sich auch Zip ein. „Dieser Dummkopf kann nicht einmal ein Portal öffnen, geschweige den richtig kämpfen!“ Baal schien das jedoch zu wissen. „Ich bin auch mehr an seinen Anhängern interessiert. Die ‚Maya-Krieger’ wie er sie nennt werden in meine Armee aufgenommen und Ägypten überrennen.“, prophezeite er. Nabu wagte sich nun mehrere Schritte nach vorne, bis Baal ihm ein „Genug“ zuschleuderte. „Du bist ein ziemlich dummer Gott.“, setzte er alles auf eine Karte. Baal wollte ihn schon vernichten, doch Nabu sprach weiter. „Huracan ist nicht nur ein Schwächling, seine Leute haben eine geringere Anzahl als du glaubst. Er benutzt dich lediglich für seine Rache und um wieder nach Hause zu kommen.“, verriet er. Baal sah Huracan misstrauisch an, welcher sich sofort an seinen Gönner wandte. „Er lügt! Er war lediglich in einem meiner Dörfer. Dort sind tatsächlich weniger Soldaten stationiert, aber die Mayas herrschen über ein gewaltiges Reich!“, versuchte er ihn zu überzeugen. Baal überlegte, ob er sich damit zufrieden geben konnte. „Und die werden dir alle folgen?“, erkundigte sich Nabu. Huracan sah ihn verdutzt an. „Wie jedes andere Reich verehren die Mayas verschiedene Götter. Ein paar werden dem Maya-Gott des Sturms folgen, aber die Mehrzahl dient anderen Göttern. Sie werden dir nicht gehorchen.“, konfrontierte er ihn mit der Wahrheit. Huracan schluckte. Und als Baals strenger Blick auf ihn fiel, verstummte er vollkommen. „Ich habe ein besseres Angebot für dich.“, schlug Nabu vor. Baal hörte interessiert zu. „He, du willst ihn doch nicht wirklich um Hilfe bitten?“, fragte Anamu ungläubig. Nabu ignorierte ihn. „Huracan kann dir nicht geben was du für einen Krieg brauchst! Babylonien aber schon. Der böse Gott Nergal hat Babylon mit einem Fluch belegt. Wenn du uns hilfst ihn zu brechen, garantiere ich dir Babyloniens Hilfe im Kampf gegen Ägypten.“, schrie er die letzten Worte sogar. Alles was er erntete war ein Faustschlag. Er kam von Anamu. „Hast du….völlig den Verstand verloren? Bevor es dazu kommt werde ich dich aufhalten!“, drohte er ihm. Nait überlegte, ob er seinem Freund zu Hilfe kommen sollte, ließ es aber bleiben. Auch Lelja und Zip waren von Unsicherheit geplagt. „Ich akzeptiere.“, erwiderte Baal schließlich. Anamu sah ihn entsetzt an. Nabu hingegen mit Frohmut. Baal streckte seine Hand nach Huracan aus und ließ ihn schweben. „Und dich kleines, unnützes Ding brauche ich auch nicht mehr.“, presste er heraus und ließ Huracan zu Staub zerfallen. Zips Herz schlug aus, als er Huracans Tod mit ansah. Er war stets sein Feind, aber so was hatte wohl niemand verdient. „Ich werde diesen Pakt verhindern!“, rief Anamu Baal zu. Dieser lachte nur auf. „Mit wesen Hilfe?“, hakte er zweifelnd nach. „Mit einer.“, erklang eine Stimme hinter Baal. Dieser unternahm nicht einmal die Mühe sich umzudrehen. Er wusste wer ihm den Besuch abstattete. „Lange Zeit nicht gesehen, Horus.“, begrüßte er den Falkengott. Horus marschierte los, ging jedoch an Baal vorbei. Er stellte sich direkt vor den noch immer am Boden liegenden Nabu. „Verzweifelte Menschen tun verzweifelte Dinge. Aber es ist nicht nötig, dass du Baal um Hilfe bittest. Er würde dich ohnehin nur verraten.“, meinte er und warf einen flüchtigen Blick zu seinem Sgleichen. Nabu kämpfte sich auf. „Dann….hilfst du uns?“, wagte er zu fragen. Horus verneinte. „Nein, aber kenne jemand anderen, der dir helfen kann.“ verriet er. Nabu wartete gespannt seine Antwort ab. „Ich kenne deine Vergangenheit nicht. Aber ich habe ein sehr feines Gespür. Du hast es vielleicht schon geahnt und es ist wahr. Du bist kein Mensch.“ Nabus Herzschlag verdoppelte sich. „Als du Loki besiegt hast ist deine wahre Gestalt zum Vorschein gekommen. Und deine wahre Kraft. Du hast die Macht Götter zu töten. Du bist ihnen sogar überlegen.“, erzählte er. „Was…bin ich?“, wollte Nabu endlich wissen. Seine Freunde beobachteten atemlos das Gespräch. „Babylons Zukunft. Du bist derjenige der die Stadt vor dem Untergang retten kann. Du ganz alleine Nabu.“, sprach Horus weiter. Nabu starrte den Gott ungläubig an, doch dieser drehte sich um und wendete sich an Baal. „Er zieht sein Angebot zurück.“, erklärte er. Baal reckte seinen Kopf nach oben. „Wie du meinst. Und was passiert jetzt?“, erkundigte er sich. Horus schien sich bereits entschieden zu haben. „Ich werde dich vernichten!“, schrie er und ließ aus dem Nichts ein Schwert erscheinen. „Du Narr!“, schimpfte Baal und ließ seinen Dreizack erscheinen. „Willst du mich tatsächlich töten? Die anderen ägyptischen Götter würden eine Strafe für dich festlegen!“, erinnerte er. Horus schien das egal zu sein. „Ich habe bereits einen Gott getötet und mir ist nichts geschehen.“, verriet er. Anamu erinnerte sich an die Geschichte mit Heru´ur. {siehe Reborn 4} Baal bemerkte, dass Horus es ernst meinte und schrie einen Namen. „Mot!“ Plötzlich veränderte sich sein Schatten und flog wie ein Nebel am Boden der Halle entlang. Auf der anderen, an der noch immer Nait, Lelja und Zip standen sprang er heraus und nahm menschliche Gestalt an. Es war eine vermummte Gestalt, von der nur die Augen zu sehen war. „Mot, der Gott der kanaänischen Unterwelt“, informierte Baal seine Gäste. Mot besaß ebenfalls einen Schatten, der sich geformte. Er hatte nun die Gestalt eines Schwertes, welches er auf Nabus Freunde richtete. Zip wollte etwas unternehmen, doch Mot ließ es nicht zu. Durch Baals plötzliche Aktion, stoppte Horus seinen Angriff. „Töte mich und Mot tötet die Kinder!“, drohte er. Er wusste, dass er Horus damit erpressen konnte. Er war sogar um das Leben von Menschen besorgt. Nabu war hin und hergerissen. Ständig blickte er zwischen Horus und seinen Freunden hin und her. Würde Horus angreifen und as Leben seiner Freunde opfern? Da! Horus tat einen Schritt nach vorne, stoppte aber wieder. Er schien zu überlegen. Nabu fühlte sich plötzlich unwohl in seiner Haut. Ihm wurde schwindlig und die Umgebung verschwamm. Er schloss seine Augen und als er sie wieder aufriss waren sie stark gerötet. „Mot!“, schrie er den Unterweltgott an. Mot betrachtete den Jungen, dachte sich aber nichts dabei. Nabu stürmte nun los und Mot richtete sein Schwert gegen ihn. Der Unterweltsgott traute seinen Augen nicht, als Nabu die Klinge mit der bloßen Hand ergriff und zerschmetterte. Als nächste schlug er seine Faust in Mots Körper. Dieser stöhnte auf und ging zu Boden. Seine Freunde riefen nach Nabu, doch ihr Freund war fort. Der Götterzerstörer war zurückgekommen und forderte ein neues Opfer. Nabu hob Mots kaputtes Schwert auf und stach die Klinge, welche immer noch einigermaßen spitz war in Mots Körper. Mit Befriedigung sah er mit an, wie sich der Gott auflöste. Seine Freunde waren in Sicherheit. Oder doch nicht? Nabu presste das Schwert an sich und schritt auf seine Freunde zu. Seine Augen waren voller Gier Tötungssucht. Zip versteckten sich hinter Nait, welcher ebenfalls einige Schritte zurücktat. Nur Lelja schien genügend Mut zu besitzen um ihrem Freund entgegenzutreten. Sie schritt auf ihn zu, als wäre nichts gewesen. Sie lächelte ihn an, doch Nabu schien sie nicht zu erkennen. Das Mädchen stand nun direkt vor ihm und Nabu hob seine kaputte Klinge. Lelja tat einen Satz nach vorn und umarmte Nabu. Zuerst reagierte der Junge überrascht, dann ließ er seine Klinge fallen. „Du bist doch mein Freund. Ich weiß du könntest mir oder den anderen nie etwas antun.“, redete sie sanft auf ihn ein. Es schien zu wirken. Nabus Augen veränderten sich und der Junge sackte zusammen. Lelja hatte Mühe ihn zu stützen. Nabus Kopf lag auf ihrer Schulter und schien zu schlafen. Es war wie beim letzten Mal. „Du hattest scheinbar Recht, Horus. Der Junge ist etwas Besonderes.“, meldete sich Baal wieder zu Wort. Obwohl er Mot verloren hatte, glaubte er sich im Vorteil. „Anamu, ich brauche deine Hilfe.“, richtete sich Horus an seinen Schützling. Dieser nickte nur und ging auf den Falkengott zu. Ihre Körper berührten sich und sie verschmolzen miteinander. Mit dieser Technik hatten sie bereits vor Jahren Ra besiegt und standen sie Baal gegenüber. Dieser bereitete sich auf einen Kampf vor. „Sei nicht dumm, Baal. Du bist zu schwach, wir könnten dich auf der Stelle töten.“, warnte die Kombination aus Horus und Anamu. Im Inneren spürte Baal, dass er keine Chance hatte. „Ich werde nicht kampflos untergehen!“, versicherte er. Die Kombination von Horus und Anamu öffnete nun ein Portal. Wohin es führte war nicht zu erkennen. „Du hast Recht, ich darf keine ägyptischen Götter töten. Aber ich werde es tun, wenn es von Nöten ist. Deswegen unterbreite ich dir ein Angebot. Es mag nicht so gut klingen, wie das von Huracan oder Babylons Prinzen, aber es schützt dein Leben. Geh durch das Portal nach Ägypten und bleibe für alle Lebenszeit in diesem Land. Die anderen Götter werden ein Auge auf dich werfen. Wenn du irgendwann einmal nach Kanaan zurückkehrst werde ich auch zurückkommen und beenden, was ich heute ursprünglich vorhatte.“ Baal überlegte fieberhaft, wie er aus dieser Situation heil herauskommen konnte. Und er kam nur zu einem Schluss. Er musste Horus Angebot annehmen. Andernfalls würde ihn der Falkengott vernichten. Baal nickte und Horus bat ihn durch das Portal zu treten. Baal warf noch einen Blick auf seinen Tempel, bevor er Kanaan für immer verließ. Das Portal schloss sich direkt hinter ihm. Horus und Anamu trennten sich wieder. Anamu war etwas erschöpft, weswegen Horus seine Energie auffüllte. Auch Nabu tat er diesen Gefallen. Zuerst erinnerte sich dieser nicht was geschehen war. Erst als es ihm seine Freunde berichteten, begann er zu heulen. „nicht schon wieder! Verdammt, warum passiert das?“, fragte er teilweise sich selbst, teilweise Horus. Dieser hatte immerhin versprochen ihm die Wahrheit zu sagen. „Tut mir Leid, aber ich kann nicht sagen, was du bist. Das musst du selbst herausfinden. Aber ich kann etwas anderes für euch tun.“, meinte er und begann damit ein Portal zu öffnen. „Wo…führt das jetzt wieder hin?“, fragte Nait völlig fertig. „Babylon.“, antwortete Horus kurz. Nabu und seine Freunde stockten. Führte dieses Portal tatsächlich wieder nach Hause. „Das ist sehr nett.“, begann Nabu. „Aber wir können noch nicht zurück. Wir haben unsere Mission noch nicht erfüllt.“, erklärte er. Horus schien dies anders zu sehen. „Das werdet ihr erst, wenn ihr in Babylon seid. Vertraut mir einfach.“, bat er sie. Nabu war sich seiner Sache nicht sicher. Sollten sie Horus glauben oder doch lieber auf Zip warten. Aber wie lange würde dieser brauchen um sie endlich nach Hause zu bringen? Sie hatten noch immer keinen Gott gefunden und selbst Horus weigerte sich. „Ihr werdet den passenden Gott finden, wenn er Marduk wieder gegenübersteht.“, versicherte der Falkengott. Nabu nickte. Scheinbar vertraute er Horus nun. „Wir gehen!“, entschied er. Er blickte zu Nait, Lelja und Zip. Obwohl er noch vor wenigen Minuten versucht hatte sie zu töten, waren sie seine Freunde. Und sie vertrauten ihm. „Dann ab nach Hause.“, erwiderte Nait. Auch Zip und Lelja waren für ihre letzte Reise durch ein Portal bereit. Anamu reichte Nabu die Hand. „Viel Glück.“, wünschte er ihm. Nabu nahm sie dankend entgegen. Dann marschierten die Vier durch das Portal, das sie nach Hause bringen sollte. „Und wo gehen wir nun hin?“, fragte Anamu, als sich das Portal geschlossen hatte. Horus lachte. „Wie unsere neuen Freunden gehen wir wieder dorthin, wo wir hingehören.“, versprach er. nabu Isha fuhr sich mehrere Male durch die Haare, damit diese nicht zu zerzaust wirken und irgendeine Art von Verdacht aufkommen ließen. Aber eigentlich musste sie sich nichts vorwerfen. Ihr Mann war Soldat und vielleicht zweimal im Jahr zu Hause. Das letzte Mal war vor 11 Monaten. Ein Schicksalswink! Isha hatte inzwischen einen Sohn geboren, der gerade mal einen Monat alt war. Emotional hatte sie sich bereits von ihrem Mann abgekapselt, jedoch nicht körperlich. Ihr Mann und sie hatten sich geliebt, und das genau zu der Zeit in der diese Fremde in das Dorf kam. Er war halb tot, als ihn einige Dorfbewohner auf der Straße fanden. Sie pflegten ihn gesund und brachten ihn in Ishas Haus unter. Das Dorf war eher arm und so was wie eine Herberge besaß es schon lange nicht. Der Reisende blieb nur solange, wie seine Wunde zum Heilen brauchte. In dieser Zeit waren er und Isha sich näher gekommen. Der Reisende erzählte, dass er aus Ägypten kam und in einen Kampf verwickelt worden war. Nach 2 Monaten verließ er Isha und das Dorf wieder. Er ahnte damals genauso wenig von seinem Sohn wie dessen Mutter. Isha war sich zuerst nicht sicher, ob es von ihrem Mann oder doch von dem Fremden stammte. Ihrem Mann gegenüber gab sie es natürlich als seines aus, welcher das Baby überglücklich in die Arme nahm. Dann erzählte er, dass er diesmal länger bleiben würde. Vielleicht sogar ganz. Er wollte seinen Sohn aufwachsen sehen und nicht sinnlos in den Krieg ziehen. Isha freute sich darüber und redete sich ab diesem Zeitpunkt ein, den Vater zu kennen. Ihre Meinung schlug allerdings um, als sich ihr Sohn eines Tages an der Tischkante verletzte. Er heulte und schrie, beruhigte sich aber auch wieder. Isha holte ein Tuch um die Wunde zu verbinden, erlebte aber eine böse Überraschung als sie zurückkehrte. Sie war verschwunden. Sie war binnen Sekunden geheilt. Dann erinnerte sie sich an den Fremden. Besaß nicht auch dieser schwere Wunden? Hätten sie ihm nicht länger als nur zwei Monate zu schaffen machen müssen? Isha verdrängte den Gedanken und brachte ihren Sohn in sein Bett. Sie sah ihn an und musste feststellen, dass er so gar nichts von ihrem Mann an sich hatte. Weder die Augen, die Nase oder der Mund. Isha gestand sich ein, ihren Mann und sich selbst belogen zu haben. Wenn sie ihm jetzt allerdings die Wahrheit beichtete, würde dieser bestimmt wieder in den Krieg ziehen und sie für immer verlassen. Oder sogar noch schlimmeres. Zärtlich streichelte sie ihrem Sohn über den Kopf. Er hatte gerade Haare bekommen. Noch nicht viele, aber immerhin. „Ach Nusku. Ich glaube du bist was ganz besonderes. So wie dein Vater. Wer immer er auch gewesen sein mag….“ Nait spürte keinen weichen Boden unter seinen Füßen. Er war durch das Portal gedrehten und sanft auf der anderen Seite angekommen. „An Horus kannst du dir ein Beispiel nehmen.“, ärgerte er Zip. Dieser streckte ihm die Zunge heraus. „Ah!“, schrie Lelja auf. Nabu stellte sich sofort schützend vor sie. Vor ihr stand ein Mann, mit einem grimmigen Gesicht. Es war gleichzeitig von Wut, aber auch von Angst erfüllt. Aber er bewegte sich nicht. Er stand still da und glotzte die Prinzessin an. Nabu ging der Schrecken durch Mark und Bein. Er blickte sich um und entdeckte noch mehr Menschen die regungslos dastanden. „Die Häuser!“, rief Nait entsetzt. Nabu gab ihm Recht. Es waren die Bauten von Babylon. Sie waren wieder zu Hause. Horus hatte sein Wort gehalten. „Wir haben versagt.“, presste Nait heraus, fiel auf die Knie und schlug seine Hand in den Boden. „Wir sollten einen Gott finden, der Marduk unterstützen kann und jetzt….“, sagte er verzweifelt. Nabu betrachtete stumm einen Dorfbewohner. Es handelte sich um Iddina. Er war für die Bürger Babylons verantwortlich. Oder würde es zumindest einmal sein. „Erinnert euch was Horus gesagt hat.“, sagte er schließlich. Nait blickte ihn fragend an. Lelja und Zip waren noch nie in Babylon gewesen, fühlten aber mit ihren Freunden mit. „Er sagte wir haben bereits gefunden, was wir gesucht haben.“, redete Nabu weiter. Nait fand das unsinnig. „Und klarer hat er sich nicht ausdrückt! Wir sollten einen Gott zurück bringen! Aber Zip und Lelja sind nutzlos!“, erwiderte er, zuckte dann aber zusammen. Entschuldigend sah er zu seinen Freunden. „Schon in Ordnung.“, schien Lelja Nait zu verstehen. Auch Zip erwiderte diesmal nichts. „Horus meinte, wir würden erfahren was er meinte, wenn wir mit Marduk reden.“, fuhr Nabu fort. Seine Freunde gaben ihm Recht. Vielleicht wusste Marduk was weiter zu tun war. Sie machten sich auf den Weg zum Palast, in der Hoffnung Antworten zu finden. Nait sah sich immer wider um. Das Haus seiner Eltern lag leider nicht auf dem Weg zum Palast. Er hätte sie zu gern noch einmal gesehen. Vielleicht wäre es das letzte Mal gewesen. Dann fiel ihm etwas ein. „He, Leute, Zip kann doch immer noch ein Portal öffnen! Wie wäre es, wenn wir alle Leute evakuieren? Gut, die Stadt könnten wir nicht retten, aber…“ „Unmöglich.“, unterbrach ihn Nabu unsanft. „Tausende Menschen leben in dieser Stadt. Es würde sicher Jahre brauchen um sie durch das Portal zu schaffen. Außerdem sind sie versteinert, wir müssten also erstmal dahin schleppen. Außerdem bin ich nicht bereit meine Heimat aufzugeben!“, sagte er entschlossen. Nait wollte etwas darauf sagen, verzichtete aber schließlich darauf. Es dauerte nicht lange, bis sie Tore des Palastes erreicht hatten. „Adad.“, entkam es Nabu überrascht. Adad stand unverändert da. Sein Blick war hohl und ausdruckslos. „Ich werde ihn davon befreien.“, sagte Nabu ernst. Sie betraten den Palast und Lelja fühlte sich fast schon ein wenig heimisch. Ein Eiltempo führte Nabu seine Freunde zu der Treppe, die zu Marduks Turm führte. Auch die Wachen verhaarten noch immer in ihrer Position. Je höher sie stiegen, desto größer wurde ihre Anspannung. War ihre Mission umsonst oder doch nicht? Sie öffneten die Tür zu Marduks Reich und betraten das Innere. Wieder schimmerten ihnen die bläulichen Wände entgegen. „Marduk!“, rief Nabu stürzte zu dem Gott. „Dieser blickte ihn zwar an, aber wiederum auch nicht. „Er…ist auch eingefroren.“, stotterte Nabu. Nait sah ebenfalls reichlich verwirrt aus. „Aber wer beschützt dann die Stadt?“, fragte er. Zip wagte sich näher und untersuchte Marduk. „Von diesem Gott geht eine gewaltige Kraft aus.“, berichtete er. „Aber sie wird auch schwächer. Von Sekunde zu Sekunde. Er scheint seinen Zeitzauber immer noch anzuwenden, obwohl es nicht so aussieht.“ Nabu berührte Marduk und hatte wieder das Selbe Gefühl von Vertrautheit, das er schon einmal hatte. „Ich werde ihm helfen!“, entschied Zip. „Das kannst du?“, fragte Nait zweifelnd. Zip bejahte und holte sein kleines Zepter hervor. Er begann wild um Marduk herumzutanzen und brabbelte irgendwelche unverständlichen Worte. Und tatsächlich machte Marduk Anstallten sich zu bewegen. Zuerst nur die Finger, dann die ganze Hand und schließlich erwachte er aus seiner Starre. Keuchend und am Ende seiner Kraft stützte er sich mit der rechten Hand an der Wand ab. Er brauchte einige Zeit, um die Gruppe zu erkennen. „Mein Prinz! Ihr seid zurückgekehrt! Zusammen mit eurem Freund Nait und Lelja und Zipacna, die Ihr auf Eurer Reise getroffen habt.“, begrüßte er die Vier. Nabu stutzte genauso wie Lelja und Zip. „Ihr…kennt uns?“, fragte Lelja zart. Marduk bejahte. Ich habe eure Reise mit einem inneren Auge verfolgt. Ich weiß was ihr erlebt habt.“, erklärte er. Nabu wollte sich zu Wort melden, doch Lelja war schneller. „Wisst Ihr, was mit meiner Mutter ist?“, fragte flehend. Marduk nickte. „Sie ist am Leben, soviel ich gesehen habe. Dein Vater hat sie schwer verletzt, aber sie wird sich erholen. Was Svarog angeht….die anderen Götter haben Rache genommen.“, berichtete er. Lelja schien kaum traurig zu sein, dass ihr Vater besiegt wurde. Hauptsache Lada ging es gut. Dann wandte sich Marduk an Zip. „Nachdem zwei ihrer Götter spurlos verschwunden waren, haben deine und Huracans Leute ihre Streitigkeiten erstmal auf Eis gelegt.“ Zip wusste nicht, was er sagen sollte. „Marduk! Wenn Ihr soviel wisst….beantwortet mir eine Frage.“, bat er. Marduk sah ihn durchdringend an. „Ich kenne deine Frage bereits. Diese Wandlung die du durchmachst….sie erscheint etwas verspätet. Die Kämpfe gegen all diese starken Gegner muss sie erweckt haben. Du kannst diese Kraft jedoch nicht kontrollieren, deswegen erschreckst du dich vor ihr, habe ich recht?“, fragte er vorsichtig. Nabu bejahte. „Ich will diese Kraft nicht. Ich bringe meine Freunde dadurch in Gefahr!“, bemängelte er. Marduk lächelte ihn wie einen alten Freund an. „Aber du hast sie doch auch beschützt nicht wahr? Fakt ist, ohne deine Hilfe hätten sie Loki und Mot getötet.“, erinnerte er. Nabu hatte es schwer, dies zuzugeben. „Wer….nein was bin ich?“, stellte er nun die wichtigste Frage. Marduk wollte dazu ansetzen etwas zu sagen, doch dies erledigte jemand anders für ihn. „Du bist ein Titan.“, erklang es von der Treppe. Eine vermummte Gestalt betrat nun Marduks Gemächer. Während Nait, Lelja und Zip sie mit Argwohn betrachteten erkannten Nabu und Marduk die Gestalt wieder. „Nusku.“, sagten sie fast gleichzeitig. Nait und die anderen schreckten zurück. Das war der Gott des Feuers, der sich mit Nergal verbündet hatte? „Du bist also für das hier verantwortlich!“, fuhr Nait ihn an. Nusku erlaubte es sich den Jungen zu ignorieren. Nait ließ sich das aber nicht gefallen. „Weißt du was du diesen Menschen hier antust?“, schrie er und rannte auf den Feuergott los. Zip musste Gewalt anwenden, um ihn zu stoppen. Nusku hätte ihn mit einer Berührung nach Irkalla geschickt. Nait begann zu heulen und sank auf die Knie. „Ein Titan?“, fragte Nabu nach. Nusku grinste frech. „Hör nicht auf das was er sagt. Er lügt, wenn er den Mund aufmacht.“, warnte Marduk. „Schweig!“, wurde er von Nusku angeschrieen. „Der Junge gehört mir! Er ist identisch mit mir. Außerdem verfügen wir über dieselbe Kraft.“, wollte er Nabu scheinbar auf seine Seite ziehen. „Vergiss es. Nachdem zu Babylon so etwas angetan hast, würde ich dir nie helfen!“, vertrat er seinen Standpunkt. Marduk warf ihm einen stolzen Blick zu. „Er mag die selbe Kraft in sich haben wie du, aber er ist ein Teil von mir.“, erinnerte er. Nabu sah ihn verdutzt an. Was meinte Babylons Gott damit? Nusku warf den Kopf zur Seite. „Es mag zwar sein, dass er deine Gene besitzt, aber deine göttliche Kraft ist nur ein Teil, der den Jungen zu etwas besonderem macht.“, faselte er. Nabu wurde immer verwirrter. „Seine… Gene…?“, verstand er die Welt nicht mehr. Nusku begann schallend zu lachen. „Was sagt man dazu? Der alte Herr hat seinem Sohn nichts von ihm erzählt.“ Nabu fiel aus allen Wolken und auch seine Freunde blickten ungläubig zu ihm und dann zu Marduk. „Es ist wahr.“, seufzte der Gott. Nabu machte ein paar Schritte weg in Nuskus Richtung. „Wer ist jetzt ein Lügner?“, fragte er Marduk triumphierend. Dieser wollte sich sofort auf ihn stürzen, strengte sich aber an sich zurückzuhalten. Er wusste es war ein Fehler, seinem Sohn so lange nichts zu erzählen, jetzt war es zu spät. Jegliches Vertrauen, dass Nabu je in ihn hatte war weg. Nuskus Plan war es den Jungen für sich zu gewinnen. Allerdings wollte er weniger Nabu sondern mehr seine Kraft. Er wollte eine unaufhaltsame Bestie aus ihm machen, die alle seine Befehle ausführte. Nusku nahm nun seine Kapuze ab. Das Gesicht eines alten Mannes kam zum Vorschein. Es war faltig und von der Zeit gebrandmarkt. Nabu interessierte sich jedoch mehr für seine Augen. Sie waren gerötet und spiegelten Furchtlosigkeit und Kampfeslust wieder. „Nabu hatte dieselben, als er…“, stotterte Lelja. Ihre Freunde gaben ihr Recht. Nabu und Nusku waren wirklich miteinander verbunden. „Ich habe deine Mutter nur ein einziges Mal getroffen, aber durch sie hast du deine Kraft.“, verriet Nusku. Er wollte ihm die volle Wahrheit offenbaren, damit sich der Prinz doch noch auf seine Seite schlug. „Erzähl mir von ihr.“, bat ihn dieser. „Nein! Ich erzähle dir von ihr, wenn du willst!“, mischte sich Marduk ein. Doch Nabu beachtete ihn nicht. Nusku wirkte zufrieden. „Sie war ein Mensch. Aber dein Vater war ein mächtiger Gott. Die Verschmelzung dieser beiden Faktoren erzeugt eine ungeheure Kraft, die die eines normalen Gottes bei weitem übertrifft! Auch mein Vater war ein Gott aus einem fremden Land. Manche mögen uns Halbgötter nennen, aber ich finde Titanen passender. Wir haben die Macht jeden normalen Gott in die Knie zu zwingen!“, verriet der Feuergott. Nabu verfolgte seine Ausführungen, ohne ein Wort zu sagen. „Komm mit mir und ich werde deine wahre Stärke ans Tageslicht fördern. Babylon zu retten wäre dann ein Kinderspiel, auch wenn ich denke, dass es Zeitverschwendung ist. Die Zeit er Erneuerung ist gekommen. Dazu gehören auch wir. Wir werden die alten nutzlosen Götter auslöschen und eine neue Rasse kreieren!“, prophezeite Nusku. Nabu setzte sich nun tatsächlich in Bewegung und schritt weiter auf Nusku zu. Dieser grinste erleichtert. „Nabu, verdammt, du darfst ihm nicht vertrauen! Nabu!“, riefen seine Freunde und wollten ihn aufhalten. Babylons Prinz war nun bei Nusku angekommen, welcher seine Hand auf dessen Kopf legte. Nabus Augen verfärbten sich wieder rötlich und erhielten dieselbe Kälte wie die Male zuvor. „Na..bu..“, flüsterte Lelja schwach. „Ich werde dich unterrichten, mein Freund. Aber ich zeige dich gleich welche Macht wir besitzen!“, versprach er. Er hob seinen Arm und richtete ihn auf Marduk. Feuer schoss darauf, welches Marduks Brustkorb traf. Der Gott sank in sich zusammen. Nait und die anderen erschraken und stürzten zu dem Gott, um ihm eventuell zu helfen. Nusku öffnete nun Portal und tat eine einladende Handbewegung. „Wenn ich bitten darf.“, sah er bittend zu Nabu. Dieser setzte sich ohne Widerrede in Bewegung. „Nabu nicht! Geh nicht!“, riefen ihn seine Freunde zurück, doch der junge Prinz schritt ohne sie wahrzunehmen durch das Tor. Nusku warf ihnen noch einen mitleidigen Blick zu und folgte seinem neuen Schützling. Nait nahm nun allen Mut zusammen und lief ihnen hinterher. Zu spät. Das Portal hatte sich direkt hinter Nusku geschlossen. Nabu war weg. Marduk stöhnte und versuchte sich aufzukämpfen. „Ihr dürft Euch nicht bewegen!“, erklärte ihm Lelja. Marduk wollte aber nichts davon hören. „Ich sterbe! Daran ist nichts mehr zu ändern. Aber wenn ich nicht mehr bin, wird der Zeitzauber nicht mal mehr eine Stunde anhalten. Babylon wird zerstört, daran kann niemand mehr etwas ändern.“, stammelte die Gottheit. Nait wollte das aber nicht hören. „Nein! Ihr müsst durchhalten! Die Menschen Babylons vertrauen auf Euch! Was seid ihr für ein Gott, wenn Ihr sie so einfach enttäuscht. Ich habe viele böse Götter auf meiner Reise kennen gelernt. Die meisten waren habgierig und machtbessesen. Ihr seid anders! Ihr hattet sicher Eure Gründe, Nabu nichts von Euch zu erzählen. Also haltet durch!“, bat er Marduk. Er dachte an seine Eltern und war beinahe am verzweifeln. Marduk sah ihn schwach an. „Es tut mir Leid. Ich werde in Kürze sterben. Es tut mir Leid um Babylon. Und um Nabu. Aber es gibt noch eine letzte Möglichkeit die Stadt zu retten. Ihr habt den Gott, den ihr gesucht habt gefunden. Nabu ist mächtig genug, um Nergals Attacke für immer zu negieren.“, verriet er. „Aber…Nabu ist weg.“, erinnerte ihn Lelja. Marduk blickte zu der Stelle, an dem sich das Portal befunden hatte. „Er hat ihn nach Irkalla geführt. Dort will er ihn zu seinem persönlichen Lakaien machen. Ich schicke euch nach Irkalla, um ihn zur Besinnung zu bringen. Ich weiß wie groß diese Aufgabe ist, und es kann gut sein, dass ihr nicht überlebt. Aber wenn ihr fällt, fällt auch Babylon.“, prophezeite er. Zuerst brachte keiner ein Wort heraus, doch dann sammelte Nait seine letzte Kraft. „Also gut! Wir holen Nabu zurück. Und wir retten Babylon!“, sagte er selbstsicher. Lelja und Zip hielten dies inzwischen für unmöglich. Dann erinnerten sie sich wie Nabu auch für sie da gewesen war und stimmten zu. Marduk formte seine Hand zu einer Faust und Zip lachte los. „Das kitzelt!“, beschwerte er sich. „Ich habe dir nun meine letzte Kraft gegeben. Du kannst deine Freunde nun nach Irkalla bringen.“, erklärte er. Nait wollte sich bedanken, doch Marduk begann bereits zu Staub zu zerfallen. „Sagt Nabu es tut mir Leid.“, wählte er seine letzten Worte und zerfiel dann vollständig. Nait, Lelja und Zip standen noch eine Minute still da, bis Nait das Wort ergriff. „Zip, probier es aus!“, bat er den kleinen Gott. Zip nickte und ließ ein Portal erscheinen. Nait schritt ohne zu zögern hindurch. Scheinbar vertraute er Zip nun. Dieser blickte Lelja an und diese Zip. Lelja sammelte ebenfalls all ihren Mut und folgte Nait. Zip machte den Schluss und hoffte, dass alles gut ging. „Ah!“, schrie Nusku schmerzend auf und hielt sich sein linkes Auge. „Das tut mir Leid. Ich habe wohl etwas übertrieben.“, entschuldigte sich sein Vater. Er begutachtete die Wunde, doch er konnte nur das Blut wegwischen. „Keine Narbe. Nicht mal ein kleiner Schnitt.“, wunderte er sich. „Ja, die Wunde war wirklich sehr oberflächlich. Also musst du dir auch keine Gedanken machen, Vater.“, sagte er schnell. Er hatte es inzwischen gut drauf, Ausreden zu erfinden. Seine Heilkräfte kannte außer ihm nur seine Mutter. Isha hatte ihm gesagt, er dürfe es niemanden erzählen. Nusku war inzwischen alt genug, um es zu verstehen. Niemand anderer hatte solche Kräfte. Die Menschen im Dorf könnten sich fürchten und Nusku für ein Monster halten. Lediglich sein Vater ahnte inzwischen etwas. Es waren nur einige Tage seit seinem neunten Geburtstag vergangen. Eines Nachts wurde er unsanft geweckt und von seinen Eltern aus dem Haus geschafft. „Mutter, Vater, was ist los?“, fragte Nusku verwirrt. „Ninurtas Streitmacht ist auf dem Weg ins Dorf. Unsere Späher haben seine Truppen ausgemacht. Er wird unsere Dorf sicher niederbrennen und alle töten!“, sagte ihm sein Vater die furchtbare Wahrheit. Nusku schluckte. „Der Gott der Schlachten? Warum interessiert ihn dieses Dorf so?“, wollte er wissen. Seine Eltern schienen keine Zeit für Erklärungen aufzubringen, sondern setzten ihren Weg fort. Auch andere Dorfbewohner rannten panisch in alle möglichen Richtungen. Scheinbar waren sie nicht besonders gut organisiert. Dann kam die böse Überraschung. Das Dorf schien von zwei Seiten aus angegriffen zu werden. Ninurtas Leute nahmen die Dorfbewohner gefangen, doch Nuskus Eltern wussten, dass sie es nicht dabei belassen würden. Sie und ihr Sohn wurden zu einer kleinen Gruppe zusammengedrängt und schwer bewacht. Dann wurden alle Soldaten auf einmal sehr ernst. Scheinbar kam ihr Anführer angeritten. Es handelte sich um Ninurta persönlich. Scheinbar bereitete es ihm Spaß selbst die Armee anzuführen, die unschuldige Menschen tötete. Er kontrollierte alle Gefangenen und kam schließlich zu Nusku. Die Augen des Jungen ließen ihn zurückschrecken. „Wer bist du?“, fragte Nusku. Dieser hatte soviel Angst, dass er kein Wort herausbrachte. Ninurta ließ ihn zu sich bringen und begutachtete ihn genauer. „Tötet die Dorfbewohner, aber den Jungen nehmt mit.“, gab der Gott der Schlachten Order. „Nein!“, schrie Nusku trotzig. „Du wirst niemanden hier wehtun!“ Seine Augen verfärbten sich rötlich und Ninurta konnte Kampfeslust darin erkennen. Er entschied sich für einen Test. „Ich habe es mir übergelegt. Beseitigt den Jungen.“, befahl er. Das war ein Fehler. Mehrere Soldaten schritten auf Nusku zu, doch dieser streckte einfach nur seine Arme aus und ließ die Menschen zu Staub zerfallen. Sein Blick schweifte weiter, was genügte um auch den Rest von Ninurtas Leuten verschwinden zu lassen. Der Gott der Schlachten bekam sogar selbst für einen Augenblick Angst. Um auf Nummer sicher zu gehen zog er sein Schwert und wollte Nusku erledigen. Doch dieser packte das Schwert, als wäre es ein Strohhalm und zerschlug er. Dann sprang er auf Ninurta zu und grub seine Faust tief in dessen Magen. Ninurta konnte nicht einmal mehr aufschreien. Der mächtige Gott zerfiel wie zuvor seine Leute zu Staub. Die Dorfbewohner hatten das Spektakel mit staunen und Angst mitangesehen. „Ein…Dämon!“, riefen einige von ihnen. Nusku blickte sie unsicher an. Seine Augen jagten den Bürgern noch mehr Angst ein. Einige gingen mit Stöcken auf ihn los. Nusku war verwirrt. Er hatte seine Kameraden doch gerettet, warum griffen sie ihn an? Er verwandelte die ersten beiden Angreifer zu Staub. Einige der Dorfbewohner schrieen und ergriffen panisch die Flucht. Anderer setzten ihren Angriff gegen Nusku fort. Dieser erreichte nun seine maximale Kraft. Er musste nur seine Augen aufreißen um jeden Dorfbewohner zu Staubzerfallen zu lassen. Nun machte er keinen Unterschied zwischen Freund und Feind mehr. Auch seine Eltern hatten keine Chance zu entkommen. Danach wurde Nusku unmächtig. Als er wieder zur Besinnung kam erinnerte er sich nur verschwimmen an die letzte Nacht. Er sah die Staubberge und begann zu heulen. War wirklich er daran schuld? „Du bist wahrscheinlich das mächtigste Wesen, dass ich kenne.“, hörte er eine stimme. Nusku drehte sich um und erkannte einen vornehm gekleideten Mann. „Habe keine Angst. Mein Name ist Enlil, und ich bin ebenfalls ein Gott wie du.“, erzählte er. Nusku verstand nicht ganz. „Ich? Ich ein Gott?“, fragte verwirrt nach. Enlil nickte. „Ja, ein ganz besonderer sogar. Du hast Ninurta mit einem Schlag besiegt. Ich werde dich adoptieren und dich offiziell zu einem von Babyloniens Göttern machen.“, versprach er. Nusku war so verwirrt und fertig, dass er zustimmte. Von nun an wurde er von seinem neuen Ziehvater erzogen. Dennoch fühlte er sich ihm niemals nah. Es dauerte einige Jahre, bis er begriff, dass er kein normaler Gott war. Er war mehr, und würde es allen beweisen. Die ganze Welt würde vor ihm auf die Knie gehen! „Es ist….so kalt.“, jammerte Lelja. Auch Zip schlug seine Arme um seinen Oberkörper. Nait und seine Freunde stranden in mitten eines Höhlensystems. Raue, kalte Luft umgab sie. „Hier ist es unheimlich.“, klagte Lelja. „Das ist das Reich der Toten.“, erklärte Nait. „Hier gelangen die Menschen hin, wenn sie gestorben sind.“ Lelja und Zip schauderte. An so einem Ort würden sie nicht einmal lebend sein wollen. Aber sie waren nun mal hier. Und sie hatten einen Auftrag. Nuskus Manipulation über Nabu zu stoppen und ihren Freund zurück zu gewinnen. Aber selbst wenn sie dieses Kunststück bewerkstelligten, blieb immer noch das Problem mit Babylon. Hatte Marduk Nabus geheime Kraft vielleicht überschätzt? „Wo sollen wir lang gehen?“, fragte Zip unsicher. Nait sah ihn trotzig an. „Das müsstest du doch wissen. Dank Marduks Kraft müsstest du uns direkt zu Nabu bringen!“, meinte er. Zip rollte mit den Augen. „So einfach ist das nicht! Ich müsste schon wissen an welchem Ort er sich befindet!“, erklärte er. Er bemerkte den Missmut in Naits Augen. Noch vor einigen Minuten war er sich so sicher gewesen. Für ihn stand wohl am meisten auf dem Spiel. Während Zip und Lelja heute das erste Mal in Babylon waren, hatte Nait sein ganzes bisheriges Leben in dieser Stadt verbracht. Seine Eltern und alle die er kannte schwebten in höchster Gefahr. Inklusive sein bester Freund. „Sollen wir….uns trennen?“, fragte Lelja vorsichtig. Nait hielt dies für keine gute Idee. Dann wären wir leichte Beute. Zusammen haben wir wenigstens eine Chance.“ Nait verzichtete darauf das Wort ‚kleine’ zu verwenden. Zip und Lelja glaubten ohnehin nicht an den Erfolg der Mission. Nait hatte seine Hoffnung zum Teil auch bereits aufgegeben. Alles was in noch antrieb war seine letzte Kraft. Der letzte Versuch alles zum Guten zu wenden. „Was…wenn wir ihn gefunden haben?“, fragte Lelja zögernd. Nait versuchte zu lächeln. Dann schleifen wir in zurück. Und wenn er sich weigert, wenden wir eben Gewalt an.“, stand für ihn fest. Zip hatte da seine Zweifel. „Er steht jetzt vollkommen unter diesem Bann. Ich denke er wird uns vorher vernichten, anstatt mitzukommen.“ Lelja schüttelte verneinend den Kopf. „Wird er nicht! Er ist unserer Freund und würde uns nie etwas antun!“, regte sie sich auf. Wie gern hätten ihr Zip und Nait zugestimmt. Aber Nabu wurde von dieser Kraft, die in ihm ruhte kontrolliert. Niemand konnte sagen, ob ihr Freund überhaupt noch in seinem Körper steckte. „Etwas nähert sich.“, flüsterte Zip nun, der scheinbar ein Gespür für Gefahr besaß. „Und tatsächlich drangen immer mehr unheilvolle Laute aus den Öffnungen, die überall an den Wänden angereiht waren. Lelja entdeckte als erstes was da auf sie zu kam und stieß einen stumpfen Schrei aus. „Wer…sind diese Leute? Die sehen ziemlich gruselig aus!“, tat Zip ein paar Schritte zurück. Die Menschen, die aus den Höhlenöffnungen schlichen stöhnten und torkelten auf die Gruppe zu. In ihrem Gesicht war keine Spur mehr von Leben wieder zu finden. „Da wir hier in der Unterwelt sind, würde ich darauf tippen, dass das Tote sind.“, wurde nun auch er gänzlich bleich. Sie wollten die Flucht ergreifen, doch aus jeder Öffnung strömten Untote. „Wir kämpfen!“, beschloss Nait schließlich. „Aber…die sind doch schon tot.“, warf Zip ein. Nait wollte seinen Freunden zeigen, dass sie keine Angst zu haben brauchten. Wenn sie schon vor ein paar Untoten zurückschreckten, würde es ihnen nie gelingen Nabu zurückzuholen. Er rannte tapfer auf einen der wandelten Toten zu und verpasste ihm einen Kinnhacken. Der Untote taumelte zwar zurück, fing sich aber auch schnell wieder. Zip konnte nicht mit ansehen, wie sein Freund die ganze Arbeit alleine tat, und erzeugte ein kleines Erdbeben. Einige der Zombies rutschten durch den Spalt in die Tiefe. Sogar von dort aus war ihr klägliches Wimmern noch zu hören. Nun stürmten die Zombies von allen Seiten auf die drei zu und Zips Selbstsicherheit verschwand. „Genug!“, ertönte eine neue, unbekannte Stimme. Nait ordnete sie der Öffnung direkt vor ihm zu konnte sich, wegen dem Echo aber auch irren. Doch er behielt Recht. Aus der Öffnung trat nun eine sehr elegant gekleidete Frau. „Wer…seid Ihr den?“, wagte Nait zu fragen. Die Frau strafte ihn mit einem vernichtendem Blick. „Mein Name ist Ereshkigal, die Göttin der Unterwelt. Aber eigentlich ist es an euch, euch vorzustellen. Ich glaube nicht, dass ihr eine Erlaubnis habt in mein Reich einzutreten.“, sagte sie streng. Nait und die anderen wussten, dass sie eine Göttin vor sich hatten. Dennoch ließ Nait sich davon nicht entmutigen. „Wir sind hier um Nabu, den Prinzen Babylons und Nusku, den Gott des Feuers zu finden.“, erzählte er. Ereshkigal hob eine Augenbraue. „Nusku hat meinen Gatten getötet. Deswegen regiere ich nun über Irkalla.“, verriet sie. Nait versuchte bedauernd zu blicken und es Mitleid zu zeigen. In Wirklichkeit empfand er alles andere. Nergal war überhaupt erst für Babylons Situation verantwortlich. Es passte hm sogar in den Kram, dass er von Nusku ausgeschaltet worden war. „Dann liegt es sicher in Eurem Interesse uns zu Nusku zu führen.“, erwiderte Nait taff. Irkallas Göttin musterte ihn überrascht. „Und dann?“, hakte sie nach. Nait grinste. „Dann besiegen wir Nusku und befreien Nabu von dessen Bann.“, sagte er selbstsicher. Ereshkigal konnte nur darüber lachen. „Ein Haufen Kinder wollen den Gott des Feuers besiegen? Wer glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?“ Nait gab aber nicht auf. „Wir sind mehr, als wir vielleicht aussehen. Ich bitte Euch uns zu vertrauen. Selbst wenn wir versagen, habt Ihr nichts zu verlieren. Lasst Euren Mann nicht umsonst gestorben sein.“, flehte Nait die Göttin an. Zuerst schien diese zu überlegen, ob sie die Kinder wergschicken sollte, doch dann gab sie sich einen Ruck. „Geht da lang!“, meinte sie und zeigte auf eine Öffnung weiter links von ihr. Nait sah sie sich genauer an. „Vielen Dank.“ „Wenn ihr Nusku nicht stoppen könnt, werden wir uns sicher bald wieder sehen.“, warnte sie die Drei. Nait schluckte. Konnte er sich, Zip und Lelja wirklich dieser Gefahr aussetzen. Doch seine Freunde waren ihm bereits voraus. Sie gingen bereits auf die Öffnung zu und sahen wartend zu Nait. Dieser nickte ihnen dankbar zu und folgte ihnen. Ereshkigal ah ihnen zweifelnd nach und war sich bereits sicher, dass die Drei als Seelen zu ihr zurückkehren würden. Der Gang erwies sich als länger, als die drei vermutet hatten. Das gab ihnen aber auch die Möglichkeit nachzudenken. Was würden sie tun, wenn sie Nabu fanden? Es gab vielleicht keine Möglichkeit ihren Freund zur Vernunft zu bringen. Oder doch! Lelja war es bereits einmal gelungen Nabu zu helfen. Der Junge war sicher noch stark genug, um sich gegen diese Kraft, die in ihm hauste zu wehren. Die Gruppe erreichte nun den Ausgang und nahm Stimmen war. Bei genauerem hinhören, erkannten sie, dass es doch nur eine war. Sie hatten eine steinerne Halle erreicht, die ihrer Ausgangsposition sehr ähnelte. Zirka in der Mitte befand sich ein großes Fenster, welches Babylon zeigte. Der Sand schwebte immer noch über der Stadt. Nait bildete sich ein, dass er sich nun sogar schneller bewegte. „Keine Angst, das kommt dir nur so vor. Der Sand wird erst einstürzen, wenn Marduks Zauber vollkommen aufgehoben ist.“, schien jemand seine Gedanken zu lesen. Die Gruppe war so von dem Fenster, das die Außenwelt zeigte überrascht, dass sie Nusku und Nabu übersahen. Sie standen direkt vor – bzw. unter – dem Fenster. Lelja und Zip wichen zurück und auch Nait wurde mulmig zumute. Besonders, als er Nabus Gesichtsausdruck entdeckte. Er war so leer, wie der eines der Zombies. „Schön, dass ihr gekommen seid.“, begrüßte er seine Freunde. Sein Ton hatte sich aber verändert. Es klang so als würde nicht mehr Nabu sprechen, sondern jemand anderes. „Nabu! Bitte komm wieder zu dir!“, flehte Lelja nun. Babylons Prinz warf ihr nur einen abschätzigen Blick zu. „Ich weiß es fällt euch schwer zu glauben, aber ich kann immer noch klar denken. Meine Ziele haben sich nur verändert.“, verriet er. Nait verstand kein Wort. „Was redest du da? Du wirst von dieser bösen Kraft kontrolliert!“, versuchte er ihm klar zu machen. Doch Nabu schüttelte nur den Kopf. „In mir lebt ein Monster. Eine böse Kraft die sich festgesetzt hat und mich antreibt. Auf der einen Seite fühlt sich das recht vertraut an. Auf der auch wieder nicht. Ein Teil von mir ist ein Mensch. Der andere Gott. Der menschliche Part ist meine Führsorge für Babylons Schicksal. Der göttliche Anteil sorgt für meine Mut, dass ich unsere Mission zu Ende bringe. Aber beide vermischt ergeben ein unaufhaltsames Monster. Ja, es ist ein unangenehmes Gefühl. Die Stimme des Monsters flüstert mir zu, dass meine Erinnerungen völlig falsch sind. Das dieser Nabu….dieser Prinz von Babylon nichts anderes ist als ein hohler Schatten. Deswegen bin ich Nusku auch gefolgt. Ich möchte von ihm lernen dieses Monster in mir freizulassen. Ich verstehe, was Nusku mit Erneuerung meint. Was haben wir davon Babylon zu retten? Es ist nichts weiter als eine Stadt, die ohnehin irgendwann in Ruinen zerfallen wird. Ob jetzt, oder in Tausend Jahren ist völlig egal! Das Monster gibt mir Stärke, mit der ich viel mehr ermöglichen kann, als unsere Mission zu beenden. Natürlich muss ich dafür auch einen hohen Preis zahlen. Das Monster frisst mich von innen auf, und nährt von Nabus freundlichen und sanften Teil. Ich verändere mich stetig, aber das bedeutet vielleicht gerade Erneuerung.“, erzählte er seinen Freunden, was er vorhatte. Diese sahen ihn zuerst nur ängstlich uns unsicher an. Doch dann schritt ihm Nait entgegen. Er wollte nicht zulassen, was er so redete. „Du bist nicht Nabu, egal was du sagst! Nabu würde Babylon nie im Stich lassen. Es mag sein, dass Babylon irgendwann in der Zukunft wirklich untergehen wird, wer weiß. Aber seine Menschen haben es verdient zu leben! Nabu würde sich für sie einsetzen. Ihn interessiert auch keine göttliche Stärke, sondern n ur das Wohlergehen der anderen. Deswegen ist es sein Ziel Babylon irgendwann als König anzuführen.“, schrie und verpasste seinem Freund eine Ohrfeige. Nabu hätte sie wahrscheinlich locker abwehren können, aber es ließ sie zu. Eine große Wirkung erzielte sie jedoch nicht. Es war, als würde Nait auf Metall schlagen. „Vergesst es! Er gehört mir!“, meldete sich Nusku wieder zu Wort. Nait wollte dies aber nicht akzeptieren. „Nabu! Ich weiß, dass du irgendwo da drinnen steckst! Besiege dieses Monster.“, bat er seinen Freund eindringlich. Dieser zeigte sich unbeeindruckt. Nusku konzentrierte sich nun auf das Fenster und verwandelte es in ein Portal. „Los, Nabu! Brich Marduks Zauber endgültig, damit dieser ganze Spuk vorbei ist!“, befahl er dem Jungen. Dieser wanderte auf das Portal zu. Er hob seinen Arm und ein Teil des Sandes stützte auf den Boden. Ein Haus wurde darunter begraben, aber scheinbar keine Menschen verletzt. „Nabu, verdammt!“, flehte Nait. Nusku schien jetzt genug von dessen Einmischung zu haben. Er hob seine Hand und Nait spürte, wie etwas mit ihm geschah. Entsetzt mussten Zip und Lelja mit ansehen, wie sich ihr Freund nach und nach in Staub verwandelte. Nait erkannte seine Situation erst im letzten Moment. „Lelja! Zip! Bitte tut was in eurer Macht steht…“, rief er den beiden noch zu, bevor sein Körper völlig aufgelöst war und der Staub zu Boden rieselte. Lelja brauchte etwas um zu verstehen. Was geschehen war. Dann brach sie zusammen und heulte. Zip rannte zu Naits Überresten und versuchte ihm irgendwie zu helfen. Doch er konnte es nicht. „Er mimte immer den großen, starken Gott, aber wenn es darum ging seine Freunde zu beschützen, versagte er. Auch Nabu hatte seine Intervention gestoppt und betrachtete die Geschehnisse. Er vergaß das Portal und schlenderte auf Naits Überreste zu. Zip wich ängstlich zurück. Er hatte es aufgegeben den Jungen zu bekehren. Nabu beachtete ihn auch nicht sonderlich. „Nabu! Komm zurück und vollende dein Werk!“, trug ihm Nusku auf. Doch der Prinz hörte nicht auf ihn. Er nahm ein Stück des Staubes in die Hand und ließ ihn durch seine Finger rieseln. Dann griff er sich schmerzvoll an den Kopf. „Nait!“, sagte er quälend. Lelja glaubte die Stimme ihres Freundes herauszuhören und lief zu ihm. Zip wollte sie zurückhalten, doch sie hatte Nabu schon erreicht und nahm ihn wie zuvor in den Arm. Sie glaubte diesmal nicht mehr daran, dass sie Nabu so einfach zurückbringen konnte. Sie legte ihm die Hand auf die Stirn und versuchte seine Erinnerungen an die Oberfläche zu bringen. Der Junge erinnerte sich wie sich Zip kennen gelernt hatten, und der, obwohl er nicht der Stärkste war versprochen hatte ihnen zu helfen. Auch wie sich Lelja vor ihren Entführern gerettet hatten. Dann tauchte Nait auf. Nabu erinnerte sich an ihr erste Kennen lernen. Er war so mutig gewesen seinem Vater, den König Babylons zu widersprechen. Dafür bewunderte ihn. Diesmal hatte er es wieder gewagt, aber mit schlimmen Konsequenzen. Nusku hatte ihn vernichtet, obwohl er nur seinen Freund beschützen wollte. Als letztes erinnerte sich Nabu wieder an seinen Traum. Er stand wieder auf dem Balkon seines Palastes und ließ sich von der Menge feiern. Doch diesmal wirkte es anders. Nabu fühlte sich dabei immer groß und mächtig. Diesmal fühlte er aber mehr Dank, dass ihm seine Bürger soviel Vertrauen entgegen brachten. „Großes Starkes Monster. Ich sehe es gibt keinen Weg dich zu bekämpfen. In der Vergangenheit schien es so, als könnte ich nicht zu dir stehen. Ich habe dich unterdrückt, doch nun weiß ich, dass dies falsch war. Wenn ich meine Ziele erreichen will, muss ich dich kontrollieren! Egal wie stark du bist, ich darf nicht mit dir verschmelzen. Du wirst vielleicht für immer in mir sein, aber nie mehr ans Tageslicht gelangen!“ Nabu schrie auf und blickte Lelja bittend an. Diese ergriff seine Hand und half ihm auf. Nusku sah beide trotzig an. „Lass diesen Unsinn, Nabu! Du gehörst mir und wirst mir dienen!“, wies er ihn zurecht. Nabu blickte den Feuergott aber nur hasserfüllt an. „Ich werde Babylon dienen. Ich bin nur meiner Stadt verpflichtet, niemanden sonst!“, schrie er. Nusku presste die Lippen zusammen. „Du dummer Bengel! Du glaubst, du bist jetzt stark, weil du diese neue Kraft beherrscht? Unsinn! Ich verfüge schon viel länger über sie als du. Wenn du glaubst mich besiegen zu können, vergiss es.“, fuhr er ihn an. Nabu schien aber an sich zu glauben. „Ich habe dafür aber etwas, was du nicht hast!“, verriet er. Bevor Nusku noch nachfragen konnte, richteten Nabu und Lelja ihre Arme in Nusku Richtung und ließen eine Art Lichtstrahl auf den Feuergott los. Dieser bemerkte den Angriff noch rechtzeitig und erwiderte ihn mit derselben Technik, mit der er bereits Marduk getötet hatte. Zuerst sah es, aus, als wären beide Parteien gleichstark, doch Nusku verlor immer mehr an Kraft, während Nabu und Lelja immer stärker zu werden schienen. Bald konnte Nusku seine Attacke nicht mehr fortführen und wurde von dem Strahl getroffen. Schreiend krachte er zu Boden. „Das ist das Ende.“, flüsterte Nabu schwach und ließ Leljas Hand los. Nusku lachte leise. Er wusste, dass er am Ende war, wollte dies aber nicht zugeben. „Ihr Dummköpfe! Denkt ihr, ich bin der Einzige, der die Erneuerung einleiten will? Der einzige Grund, warum ich mich mit Nergal verbündet, ihm meine Kraft geliehen und dich auf meine Seite gebracht habe, war mein Vater! Seit ich weiß was ich bin, habe ich mich auf die Suche nach ihm gemacht! Und ich habe ihn ausfindig gemacht! Er hatte mir aufgetragen Babylonien zu vernichten, damit irgendwann etwas Neues darauf entstehen kann. Er wollte sich inzwischen um die übrigen Götter kümmern. Er meinte, sie würden vom Chaos verschlungen werden, und eine Welt ohne Götter würde heranwachsen. Mich habt ihr vielleicht besiegt, aber wartet ab, bis mein Vater sich erhebt!“ Seine letzten Worte spukte er förmlich aus. Dann war es zu Ende. Allerdings zerfiel er nicht zu Staub wie die anderen Götter sondern erstrahlte zuerst in weißem Licht und verwandelte sich dann. Aus dem alten Mann wurde ein kleines, schreiendes Baby. „Das ist wirklich mit Erneuerung gemeint. Nuskus Leben beginnt erneut. Diesmal zwar als Mensch, aber er bekommt eine zweite Chance.“, meinte Nabu nur. Lelja sah ihn ungläubig an. „Du bist…wieder du?“, traute sie sich zu fragen. Nabu lächelte ihr zu und versicherte es ihr. „Nabu!“, hörte der Prinz nun Zip rufen. Sofort drehte sich dieser um und stürzte zu Naits Überresten. „Lelja!“, rief er seine Freundin, obwohl dies überflüssig war. Diese hatte bereits wieder seine Hand ergriffen. Die beiden benutzten noch einmal ihre übergöttliche Kraft um Nait ins Leben zurückzuholen. Der Staub sammelte sich und bald war Nait in voller frische wieder unter ihnen. Zuerst robbte er von Nabu weg, erkannte dann aber, dass sein Freund zurück war. Dieser konnte sich jedoch nicht gleich um Nait kümmern. „Lelja! Eine Aufgabe haben wir noch zu erfüllen.“, bat er das Mädchen ihm helfen. Diese hatte keine Einwände. Sie marschierten zum Portal und richteten ihre Hände darauf. Der Sand begann sich zu bewegen. Allerdings nicht nach unten, sondern nach oben. Er zog sich zurück und prasselte außerhalb Babylons nieder. Die Stadt war somit geredet. Der Moment hätte nicht passender sein können. Bereits eine Minute danach wurde Marduks Zauber aufgehoben und die Menschen begannen sich wieder zu bewegen. Nabu schnitt ein freudiges Gesicht, bis er spürte, dass Lelja seine Hand losließ. Das Mädchen hatte die Augen geschlossen und war zusammengeklappt. Bewusstlos lag sie am Boden. „Was ist mit ihr?“, fragte Zip schnell. Nabu konnte ihn beruhigen. „Sie hat mir geholfen das Monster zu besänftigen. Sie hat mehr Kraft in sich, als sie sich selbst zugetraut hat. Unsere Energie hat sich vereint. Somit konnten wir Nusku besiegen und Babylon retten. Sie hat jedoch sehr viel davon verbraucht und ist sehr schwach. Aber sie wird sich erholen, keine Angst!“, erklärte Nabu. „Wird…dieses Monster je wieder zurückkehren?“, wagte es Nait zu fragen. Nabu sah ihn an, wartete aber etwas mit der Antwort. „Nein.“, sagte er dann selbstsicher. „Dann…haben wir es wirklich geschafft? Haben wir unsere Mission erfüllt?“, konnte es Nait kaum glauben. Nabu bestätigte es ihm. „Ja. Und jetzt dürfen wir nach Hause gehen.“, meinte er. Zusammen mit Nait stützte er Lelja und trugen sie in zum Portal. Zusammen mit Zip schritten sie hindurch und ließen Irkalla hinter sich. Ereshkigal hatte das Treiben beobachtet und schmunzelte. Diesmal hätte sie den Kindern einen Sieg zugetraut. Doch jetzt war sie glücklich, dass Nergal gerächt wurde. Sie spazierte zu dem Kind und nahm es in den Arm. „Von nun an werde ich auf dich aufpassen. Du wirst nicht wieder zu Nusku werden.“, versprach sie. Dann blickte sie noch einmal zum Portal und ließ es verschwinden. Dieses Kapitel war abgeschlossen. Lelja erwachte erst durch die Sonnenstrahlen, die ihr ins Gesicht flogen. Schützend hielt sie sich die Hand vors Gesicht, obwohl sich die Wärme eigentlich ganz gut anfühlte. Ihr Blick schweifte nach rechts und sie konnte Nabu erkennen. Diesem war zuerst gar nicht aufgefallen, dass seine Freundin wieder wach war. Er saß auf einem Stuhl neben Leljas Bett und schien über sie zu wachen. „Guten Morgen.“, lächelte er unschuldig zu. „Morgen.“, erwiderte das Mädchen noch etwas verwirrt. „Ich hoffe du fühlst dich wieder gut. Du hast einen ganzen Tag durchgeschlafen, weißt du?“, erzählte er. Lelja sah einige Zeit an, was Nabu unangenehm war. „Und…du hast die ganze Zeit auf mich aufgepasst?“, fragte sie nach. Nabu spürte, wie er rot wurde. „Süß von dir, dass du dich um mich sorgst.“, dankte sie ihm. Nabu schluckte und stand auf. „Ähh, ja nichts zu danken.“, erwiderte er. Nun bemühte sich auch Lelja wieder aufzustehen. Sie fühlte sich etwas mitgenommen, schaffte es aber. „Babylon?“, fragte sie, als sie zum Fenster hinaussah. „Wir haben es geschafft.“, sagte Nabu glücklich und zufrieden. Das schien auch Lelja zu freuen. „Dann war unsere Reise doch nicht umsonst.“ Nabu schüttelte den Kopf. „Das war sie ohnehin nicht. Gut, es ist anders gekommen, als wie es geplant hatten. Ich hätte nie gedacht, welche Kraft in mir schlummert.“ Lelja zuckte. Er war Marduk wieder eingefallen. „Marduk…war dein Vater.“, fing sie an. Nabu wirkte nun etwas trübseliger, weswegen Lelja sich hätte ohrfeigen können. „Das ist schon in Ordnung. Marduk ist für etwas gestorben, das er geliebt hat. Ich bin ihm auch nicht mehr böse, dass er mir meine Herkunft verschwiegen hat. Ein bisschen kann ich ihn sogar verstehen.“, erklärte er. Lelja erinnerte sich, wie die beiden Nait ins Leben zurückgeholt hatten und schlug Nabu gleich vor bei Marduk das Selbe zu versuchen. „Ich helfe dir natürlich.“, bot sie an. Nabu winkte dankbar ab. „Schon in Ordnung. Marduk war ein Gott und es würde sehr schwer werden. Wahrscheinlich könnten wir dabei sogar verletzt werden. Zumindest du. Ich aber nicht, dass so was passiert.“, verriet er. „Aber…“, wollte Lelja Einwand erheben, doch Nabu schien es dabei belassen zu haben. „Babylon hat mich. Von nun an bin ich sein Schutzgott. Und eines Tages werde ich den Platz meines Onkels einnehmen.“ „Wie…geht es ihm überhaupt?“, fragte Lelja nach. Nabu wurde wieder fröhlicher. „Ihm geht’s bestens. Auch alle anderen Bürger sind wieder auf den Beinen. Mein Onkel hat ihnen erzählt was vorgefallen ist und, dass sie ihren Schutzgott verloren haben. Einige waren sehr bestürzt, aber sie haben immer noch meinen Onkel. Er ist dieser Aufgabe gewachsen.“, meinte Nabu zuversichtlich. Lelja ergriff nun Nabus Hand und zerrte ihn mit. „Was machst du?“, fragte dieser, als Lelja die Tür zum Balkon öffnete und ihn hinaus führte. „Vielen Dank. Ohne dich hätte ich nie meine wahre Stärke entdeckt. Zum Dank, schenke ich dir etwas, was du sicher gerne sehen willst. Während Nabu sie noch verdutzt anblickte, sah Lelja zum Himmel hoch. Zuerst spürte Nabu eine Berührung auf seiner Haut. Er dachte an ein Insekt, erkannte dann aber, dass es sich um Wasser handelte. Immer mehr tropfte vom Himmel herab. „Das ist Regen.“, erklärte Lelja schnell, damit sich Nabu nicht ängstigte. Dieser erinnerte sich. Sadko hatte erwähnt, dass Lelja die Göttin des Regens war. „Wie findest du es?“, fragte Lelja erwartend. Nabu schien es zu genießen. „Auf jeden Fall besser als Sand.“, erwiderte er. Lelja schmunzelte. Auch die Bürger Babylons wirkten zuerst verängstigt, freuten sich dann aber über den nassen Segen. Sie sprangen herum und einige stellten Behälter auf, um das Wasser zu aufzufangen und es als Trinkwasser zu verwenden. Lelja ließ es eine ganze halbe Stunde regnen, bis sie es gut sein ließ. „Ein nettes Geschenk.“, meinte Nabu. Lelja schüttelte aber den Kopf. „Das war es nicht.“, meinte sie und zeigte in den Himmel. „Aber das ist doch…“, staunte Nabu nicht schlecht, als sich über ihm bunte Farben bildeten. „Bifröst.“, sprach er überrascht. Lelja kicherte. „Oder einfach nur ein Regenbogen.“, erklärte sie. Nabu fand ihn wunderschön. Genau wie die übrigen Bürger. Er wirkte positiv auf sie und gab ihnen das Gefühl einer besseren Zukunft. „Da wirst gehen, habe ich recht?“, wagte es Nabu zu fragen. Lelja nickte langsam. „Keine Angst. Wir haben Zip schon, vergessen? Durch Marduk kann er seine Portale nun kontrollieren. Wir können und also sehen, wann immer wir wollen.“, entgegnete sie. Nabu war glücklich das zu hören. Hätte er Lelja auf seiner Reise nicht kennen gelernt, hätte er Babylon bestimmt nicht retten können. Die beiden betrachteten noch weiter den Regenbogen, bis sich dieser schließlich auflöste und nur noch den blauen Himmel übrig ließ. „He, Junge, ist alles in Ordnung?“, fragte der König besorgt. Nabu war gerannt und unsanft gestürzt. „Ja, alles in Ordnung. Ich war nur….in Eile.“, stand er stöhnend auf. Sein Onkel kicherte. „Das war nicht zu übersehen. Was gibt es den so dringendes?“, hakte er nach. Nabu überlegte, ob er ihm die Wahrheit sagen konnte. Er entschied sich dann nur die Hälfte preiszugeben. „Ich treffe mich mit meinen Freunden.“, sagte er. Sein Onkel schien die Antwort zu akzeptieren. „Verstehe. Sei noch so lange ein Kind, wie es möglich ist. Wenn du erst einmal König bist, werden deine Prioritäten anders aussehen.“ Nabu stimmte ihm zu. „Keine Angst ich werde ein guter König werden.“, versprach er. Sein Onkel schien dies bereits zu wissen. „Und wer weiß….irgendwann vielleicht sogar mehr.“, meinte er. Nabu wusste nicht was er damit, meinte, fragte aber auch nicht nach. „Ich halte gleich eine Ansprache, aber du bist ja ein Eile.“, erinnerte sich der König. Nabu nickte. „Irgendwann werde ich ohnehin da raus gehen.“, stand für ihn fest. Er verabschiedete sich von seinem Onkel und stürmte zur Treppe, die zu Marduks Gemächern führte. Inzwischen befanden sich keine Wachen mehr dort, aber trotzdem lief ihm Adad über den Weg. „Nabu! Ich hatte noch gar keine Gelegenheit mich zu bedanken.“, stoppte er den Jungen. „Nicht nötig!“, versuchte dieser ihn abzuwimmeln. Adad legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. „Du warst an so vielen unglaublichen Orten und hast soviel erlebt, wie wäre es, wenn du in unserer mir etwas beibringst?“, schlug er vor. Nabu fand das eine interessante Idee, obwohl ihre nächste Stunde wahrscheinlich nicht so bald stattfinden würde. Er verabschiedete sich von Adad und setzte seinen Weg fort. In Marduks Räumen wurde er bereits ungeduldig erwartet. „Du bist wie immer zu spät.“, beschwerte sich Nait. Nabu entschuldigte und verbeugte sich sogar spaßeshalber. Lelja und Zip standen direkt hinter ihm. Nait war seinen Eltern überglücklich in die Arme gefallen. Diese wollte ihn nie mehr gehen lassen, doch Nait hatte andere Pläne. Im Gegensatz zu Nabu, hatte er seinen Eltern von seiner Reise berichtet. „Also wo soll es hingehen?“, fragte Zip und öffnete demonstrativ ein Portal. „Sehen wir doch zuerst mal bei mir vorbei. Ich möchte wissen, wie sehr mich meine Anhänger vermisst haben!“, schlug er vor. Lelja hatte natürlich andere Pläne. „Ich möchte gerne meine Mutter wieder sehen. Aber ich weiß ja, dass es ihr gut geht, deswegen kann es auch warten.“, stellte sie ihre Wünsche zurück. Nait schüttelte ungläubig den Kopf. „Ihr Langweiler. An diesen Orten waren wir doch schon. Ich habe in meinen Schriften über eine hochmoderne Stadt gelesen, die sich Atlantis nennt. Sie soll auf einer Insel liegen, die sich gar nicht so weit von hier befindet.“, berichtete er. Zip und Lelja sahen amüsiert an. Er entwickelte sich immer mehr zu einem Forscher. „Was schlägst du vor?“, wollte Nait von seinem Freund wissen. Dieser musste gar nicht lange überlegen. „Zip, wie wäre es, wenn du das Portal öffnest wie früher? Wir reisen einfach blind! An irgendeinem Ort wird es uns schon verschlagen.“ Zu seiner Überraschung hielten seine Freunde diese Idee für ziemlich gut. Nabu hatte noch viel zu lernen, und würde bei seinen neune Abenteuern sicher viel Nützliches mit nach Hause bringen. „Dann tretet mal ein!“, schwenkte Zip seine Hand und hopste durch das Portal. Nait folgte ihm sofort und Lelja wartete auf Nabu. Sie ergriff seine Hand und zusammen durchquerten sie erneut das Portal. Diesmal um eine neue Reise zu beginnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)