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Robin Hood

von

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Wie alles begann...

~*~1~*~
 

"Robin!!!!" Ein junger Mann mit langen, schwarzen Haaren rannte durch die Gänge des Schlosses und machte ein böses Gesicht. "Robin!! Antworte endlich!" Doch Robin antwortete nicht. "Wenn ich dich erwische!", grollte der junge Mann und verschwand in einem Zimmer. Hinter ihm hörte man laut die Tür knallen. Ein Kopf mit langen, blonden Haaren tauchte neben der Tür auf dem Schrank auf. Das Mädchen, dem der Kopf gehörte war nicht viel jünger wie der Mann, der sie eben so aufgebracht gesucht hatte. Sie kicherte leise und schwang sich dann elegant von dem Schrank. Sie trug ein weites Leinenhemd, das an den Ärmeln mit ledernen Armbändern gehalten wurde. Außerdem trug sie eine enge Leinenhose, ganz in grün. Dazu feste Stiefel und auf dem Rücken einen Köcher mit Pfeilen. Auf Zehenspitzen schlich sie an dem Zimmer vorbei und verschwand einem dunklen Gang. Ihr Verlobter war nun sicher wütend, doch das machte überhaupt nichts. Er war eigentlich ein netter Mensch und konnte gar nicht wirklich böse sein. Zumindest nicht zu ihr. Sie kicherte noch einmal und drückte dann gegen einen Stein, worauf eine in der Wand versteckte Tür aufschwang. Niemand kannte die Geheimgänge dieses Schlosses besser als sie. Sie schlüpfte hinein und verschloss den Durchgang wieder. Dann rannte sie durch den Gang, der sie zum Schlossgarten führte. Sie schlang ihre Haare um den Kopf und verbarg sie unter einer einfachen Mütze, an der sie probeweise noch etwas zupfte. Dann verließ sie den Gang und trat in den Garten. Dort waren ein paar Jäger gerade damit beschäftigt, sich gegenseitig im Zielschießen zu übertreffen. Robin lachte leise, als sie den Männern zu sah und trat dann aus einem Gebüsch hervor. Die Männer drehten sich sofort zu ihr um und beäugten sie skeptisch. "Was willst du hier, Junge?" Sie jauchzte innerlich. Die Tarnung war perfekt! "Ich wollte euch herausfordern!", sagte sie keck und hob ihren Bogen in die Höhe. Die Männer betrachteten sie spöttisch und lachten dann. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass du uns besiegen kannst, oder?" Sie nickte lebhaft. "Doch." Die Jäger sahen sie jetzt mit einer Mischung aus Ärger und Spott an. "Na dann zeig uns mal, was du kannst!" Sie lachte und nickte. Als Mädchen durfte sie eigentlich weder Bogenschießen, noch diese Männer herausfordern. Deshalb verkleidete sie sich ab und zu und mischte sich unter die Leute. Die Verlobte vom Sohn des Sheriffs kannte jeder, doch ein junger Bursche mit leicht zerfetzten Hosen fiel niemandem auf. Sie stellte sich vor die Zielscheibe und zog einen Pfeil aus dem Köcher. Vorsichtig zupfte sie die Federn am hinteren Ende zurecht und legte den Pfeil an. Tief einatmend zielte sie und schoss ab. "Treffer!", rief sie. Der Pfeil war genau in der Mitte des schwarzen Feldes stecken geblieben. Einige der Männer murmelten anerkennend. "Ganz nett. Aber das können wir auch! Wetten, dass du bei doppeltem Abstand nicht mehr triffst?", spottete ein anderer. Sie machte eine auffordernde Geste und jemand verrückte die Zielscheibe. "Ihr zuerst.", bot sie an und machte eine kleine Verbeugung. Der Mann sah spöttisch auf sie hinunter und legte den Pfeil an. Er traf genau ins Schwarze. "Sehr gut!", lobte sie. "Das werde ich wohl kaum überbieten können.", meinte sie gespielt bedauernd. "Wenn allerdings die Zielscheibe noch um ein paar Fuß nach hinten verschoben würde..." Sie wurde unsanft unterbrochen, als ihr Bruder Will hinter ihr auftauchte und sie am Arm wegzog. Die Jäger betrachteten beide erstaunt. "Entschuldigt uns bitte einen Moment.", meinte Will höflich. Die Jäger nickten. Hatten sie ihn doch eindeutig als zukünftigen Schwager des zukünftigen Sheriffs(ha, ha ich weiß... wusste nicht, wie ich es sonst ausdrücken sollte) erkannt. Will zerrte Robin hinter einen Busch und gab ihr eine Kopfnuss. "Sag mal, was fällt dir eigentlich ein?" Robin sah ihn beleidigt an. "Ich war gerade dabei zu gewinnen!", meinte sie böse. Will schnaufte verächtlich. "Du bist wirklich unmöglich! Du kannst doch nicht einfach als Mann verkleidet durch die Gegend rennen!" Robin funkelte ihn an. "Ach nein? DU hast ja keine Probleme. Schließlich bist du keine Frau. Weißt du eigentlich, wie es ist, wenn man immer nur schön aussehen darf? Wenn ich das nicht tun würde, dürfte ich nicht einmal Bogenschießen, weil sich dass für eine Frau nicht gehört." Will seufzte. "Du musst wirklich besser aufpassen. Bald wirst du den zukünftigen Sheriff heiraten. Da darfst du dir keine Patzer erlauben." Robin verzog das Gesicht. "Wenigstens ist das keine von diesen versprochenen Hochzeiten! Marrin hat selbst beschlossen, dass er mich heiraten will und dass nicht mal sein Vater ihm da reinreden kann. Und im Gegensatz zu vielen anderen Leuten MAG er meine stürmisch Art!" Robin schimpfte wie ein Rohrspatz. Will wurde immer kleiner. Er war zwar der Ältere, doch in allen anderen Dingen war er seiner Schwester leicht unterlegen. "Bitte, Marrin hat mich geschickt, um nach dir zu suchen. Ich bin unschuldig!", versuchte er, sich aus der Affäre zu ziehen. Robin grinste. "Na gut, William Scarlett. Ich verzeihe dir." Versöhnlich umarmte sie ihn. "Wo ist eigentlich dein John?" Will sah sie böse an. "Weiß nicht...", murmelte er dann leise. Robin grinste noch breiter. "Na dann wollen wir mal zu meinem Liebsten gehen.", meinte sie dann und zog ihren Bruder mit zum Haupteingang. Nicht einmal ihm hatte sie von den Geheimgängen erzählt. "Ich muss mich noch schnell umziehen. Geh schon mal vor, ja?" Will nickte und ging weiter. "Warte!", er drehte sich noch einmal zu seiner Schwester um. "Versprich mir, dass du ihm nichts sagst!" Sie sah ihn ernst an. Er nickte und lächelte. "Gut!" Sie hob ihm den kleinen Finger hin und er hakte ein. Dann rannte sie schnell weiter in ihre Gemächer. Will sah ihr etwas besorgt nach, drehte sich dann aber ebenfalls wieder um und ging gemütlich in Richtung von Marrins Arbeitszimmer.

Robin schloss ihre Tür und drehte den Schlüssel um. Dann zog sie als erstes den Hut von ihrem Kopf. Ihr blondes Haar fiel zerzaust über die Schultern bis zu ihrem Hosenbund. Sie zog das Hemd, die Armbänder und die Hose aus und verstaute Bogen und Köcher in einem Geheimfach ihres Schrankes. Dann wusch sie sich schnell und setzte sich an ihren Frisiertisch. Langsam und unter leisem Fluchen begann sie, ihr Haar zu kämmen. Sie hasste es furchtbar, denn es ziepte immer so. Doch ihre Mutter war immer dagegen gewesen, dass sie es abschnitt und deswegen behielt sie es so lange. Als Andenken an ihre Mutter.

Als sie fertig war und ihr Haar fast wie flüssiges Gold über ihre Schultern floss, nickte sie zufrieden und zog sich ein Unterkleid an. Das schwierigste war immer, sich ein passendes Kleid auszusuchen. Sie hatte inzwischen so viele, dass sie sich nie entscheiden konnte. Nach langem überlegen entschied sie sich für ein einfaches, rotes ohne irgendwelche Schleifen und Rüschen, dass fast gerade zu Boden fiel. Ihr Haar flocht sie an der Seite zu einem langen Zopf und band eine rote Schleife darum. Zufrieden betrachtete sie sich im Spiegel. Ja, so konnte sie sich zeigen! Sie schnappte sich ihre Stiefel und drehte den Schlüssel um. Im letzten Moment fiel ihr ein, dass sie zu einem Kleid unmöglich ihre Lederstiefel anziehen konnte. Sie grinste verlegen und suchte nach ein paar passenderen Schuhen. Dann machte sie sich endlich auf den Weg.

Will saß auf einem bequemen Sessel am Feuer und sah Marrin zu, wie er ungeduldig auf und ab ging. "Und sie hat gesagt, dass sie gleich kommt?" Will nickte und grinste unbeholfen. Er wusste, dass sie sich erst umziehen und zurechtmachen musste, aber das konnte er seinem Gegenüber ja kaum erzählen, oder? "Ich glaube, sie wollte sich noch umziehen und etwas frisch machen. Sie war etwas an der frischen Luft, als ich sie gefunden habe." Das war gut! Und es war nicht einmal gelogen! Will lobte sich in Gedanken. Auf Marrins Lippen zeigte sich ein liebevolles Lächeln. "Das ist schön! Frische Luft tut Robin gut." Dann nahm sein Gesicht wieder ernstere Züge an. "Dann können wir ja noch etwas geschäftliches besprechen, bis sie kommt." Will nickte und strich sich eine kurze, rotblonde Strähne aus dem Gesicht. "Ich wollte dir vorschlagen, mein Stellvertreter zu werden. Sobald ich Robin heirate, werde ich den Posten meines Vaters übernehmen und dann brauche ich jemanden, der für mich alles erledigt. Schließlich erledigt der Sheriff von Nottingham nicht alles selbst. Wenn man so eine wichtige Position hat, dann muss man hauptsächlich Präsent sein und auf Bällen und Feiern erscheinen. Für den Rest ist der Stellvertreter zuständig. Könntest du dich mit dieser Position anfreunden?" Will überlegte. "Gerne, aber es wäre schön, wenn mein Freund John auch bei Euch arbeiten könnte." Marrin nickte. "Das ist kein Problem." William lächelte und seine grünen Augen strahlten. "Gut! Dann mache ich es gerne." Genau in dem Moment platzte Robin in den Raum. Marrin schenkte ihr ein Lächeln und drückte ihr einen zarten Kuss auf die Wange. "Da bist du ja, mein Liebling! William hat mir erzählt, dass du spazieren warst. War es schön?" Robin warf ihrem Bruder einen dankbaren Blick zu und nickte dann. "Setzt dich doch zu uns, Liebes." Er schob Robin einen Sessel zurecht und sie ließ sich erschöpft hineinsinken. "Danke." Sie strich geziert ihr Kleid zurecht. "Ich habe William gerade die Stelle als mein Stellvertreter angeboten, sobald ich Sheriff bin." Robin sah ihren Bruder überrascht an. Der lächelte und hob seinen kleinen Finger. "Und er hat zugestimmt." Robin wandte sich wieder ihrem Verlobten zu. "Das ist aber schön. Dann muss er nicht zu weit weg und ich kann ihn auch ab und zu sehen." Marrin nickte. "Das muss ich nur noch mit meinem Vater abklären, aber der ist gerade verreist." Robin erhob sich wieder und lächelte freundlich. "Das ist wirklich wunderbar. Weiß den John schon von seinem Glück?" Marrin schüttelte den Kopf. "Ich werde es ihm nachher erzählen.", meinte Will schnell. Robin nickte. "Das ist schön. Aber sag, warum hast du mich denn gesucht, Liebling?" Marrin lächelte. "Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass wir heute Abend auf einen Ball eingeladen sind. Dein Bruder und John können auch gerne mitkommen." Robins blaue Augen begannen noch heller zu leuchten. "Ein Ball!", rief sie begeistert. "Fein, dann werde ich jetzt gleich gehen und mir etwas passendes heraussuchen." Marrin geleitete sie zur Tür und schloss diese hinter ihr wieder. Dann warf er William einen entschuldigenden Blick zu. "Mach dir nichts draus! Als Kind musste ich immer mit ihr tanzen.", erzählte William, worauf Marrin laut lachte.

Robin saß in ihrem Zimmer und betrachtete ihren Schrank. Eigentlich hatte sie nicht gerne diese pikfeinen Kleider an, in denen man sich vorkam wie ausgestopft, aber auf Bällen trug man so etwas nun einmal und Bälle liebte sie über alles, da man auf ihnen so viel tanzte. Sie zog ein paar Kleider aus dem Schrank und klingelte dann nach ihrer Zofe. Ein Mädchen, vielleicht sechzehn kam herein und machte einen Knicks. "Sag mal, Elly, was soll ich heute Abend anziehen?" Eleanor grinste und zog ein dunkelblaues Kleid aus dem Schrank. "Ach nein, das ist so unbequem!", meckerte Robin. "Ihr könnt eben schlecht in euren Leinenhosen erscheinen, Mylady!" Robin warf der Zofe einen beleidigten Blick zu. "Nenn mich nicht immer Mylady! Außerdem wäre doch auch mal witzig, meinst du nicht?", fragte sie sarkastisch. Eleanor war ihre beste Freundin, seit sie auf Nottingham wohnte. Sie war auch außer ihrem Bruder die einzigste, die von Robins kleinen Ausflügen wusste.

In der Zwischenzeit hatten Marrin und William einen Vertrag aufgesetzt und William unterschrieb. "Ich gehe jetzt John suchen, damit er auch unterschreiben kann." Er deutete eine Verbeugung an und ging aus dem Raum. Er glaubte, ziemlich genau zu wissen, wo er John finden konnte.

John Little war unheimlich groß. Er überragte alle um fast zwei Kopf. Außerdem war er braun gebrannt und hatte Muskeln am ganzen Körper. Der Riese hatte ein freundliches Gemüt und seine braunen Augen sprühten fast immer vor Glück. Gerade jetzt lag er auf einer Wiese, über ihm mindestens zehn kleine Jungen. "Hilfe, ihr habt mich überrumpelt!", meinte er lachend. Die Jungen schrieen begeistert auf. "Jetzt ist aber genug. Irgendwann muss ich ja auch noch arbeiten, oder?" Er setzte sich auf und die Jungen purzelten vergnügt auf die Wiese. "Eure Mütter machen sich sicher schon Sorgen. Heim mit euch, aber dalli!" Er richtete sich auf und scheuchte die Kleinen von der Wiese. Am Gatter stand William und lachte. "Lach nicht, mein Lieber! Versuch doch selber erst einmal, mit so einer kleinen Rasselbande fertig zu werden!" William hörte auf zu lachen und grinste stattdessen breit. "Wie geht's deinen Schafen?" John deutete auf die Wiese. "Sie haben die Rasselbande überlebt.", meinte er grinsend. "Was willst du denn hier?", fragte er dann neugierig. "Ich kommen von Marrin. Er hat mir angeboten sein Stellvertreter zu werden, sobald er Sheriff ist." John wurde ernst. "Na dann hast du ja eine richtig wichtige Position.", meinte er anerkennend. William nickte. "Und er hat gefragt, ob du nicht auch Lust hättest. Jemanden wie dich kann man immer gut gebrauchen." John sah den Rotschopf traurig an. "Das ist nichts für mich, Will. Ich bleibe lieber bei meinen Schafen." Will ließ den Kopf hängen. "Aber... diese blöden Schafe!", meinte er dann eingeschnappt. John lachte laut los. "Lass mal die armen Schafe aus dem Spiel. Die können nun wirklich nichts dafür." Will verzog beleidigt sein Gesicht. John wuschelte ihm durch die Haare. "Was sollte ich denn bei Marrin machen?" Will funkelte ihn an. "Du solltest mir helfen. Aber du könntest auch Hauptmann der Wache werden, oder so was...", meinte er. John schüttelte den Kopf. "Also nee, das ist nichts für mich. Ich kann ja Marrins Schafe hüten!", meinte er diplomatisch. Jetzt lachte auch Will. "Du bist echt unmöglich, aber na gut. Vorschlag angenommen." Beide schüttelten sich mit ernsten Gesichtern die Hände und lachten dann wieder los. "Ach übrigens, wir sind heute Abend zu einem Ball eingeladen." John hob eine Augenbraue. "Wirklich?" Will nickte. "Und wie kommen wir zu der Ehre?" Will zuckte mit den Schultern. "Na ja, ich bin der Bruder von Robin und du bist ein guter Freund. Reicht das?" John schüttelte den Kopf. "Ich hab doch gar nichts, was ich anziehen kann." Will grinste. "Doch, hast du." "Wie soll ich das verstehen?" "Frag Robin..."

Robin lag auf ihrem Bett. Ihre Haare waren noch nass und lagen wie ein Kranz um sie herum. Irgendwo unter dem Bett lag ein Buch, dass sie bis jetzt noch gelesen hatte. Ungeduldig wartete sie auf ihren Bruder und den riesigen John. "Elly, wo bleiben sie bloß?" Die Zofe zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, aber ihr solltet eure Haare trocknen, sonst erkältet ihr euch noch." Robin seufzte und setzte sich hin. "Wenn es unbedingt sein muss.", meinte sie genervt. "Aber wenn sie nicht bald kommen, dann gehe ich sie holen!" Eleanor nickte und machte sich daran, die Haare ihrer Herrin zu trocknen. Als sie fast fertig war, klopfte es an der Tür. "Dürfen wir reinkommen, Schwesterchen?" "Ja!" Die Tür öffnete sich und Will und John traten ein. "He, Robin, du solltest dir mal was anziehen!" Robin sah an sich hinunter. Sie trug nur einen weißes Nachthemd. Verlegen grinste sie. "Oder willst du, dass unserem John die Augen rausfallen?" John hatte sich weggedreht und war knallrot. "Ich mach ja schon!" Schnell zog Robin sich ein Kleid über und kam dann wieder in den Raum. "Jetzt zu euch!" Sie zog unter lautem Ächzen eine Truhe hervor, in der eine Menge Kleider lagen. "Sucht euch was aus! Die Sachen müssten eigentlich passen." Sie öffnete die Truhe und schmiss ihrem Bruder ein paar Sachen zu. "Aber das kann ich doch nicht annehmen!", meinte John, der immer noch rot im Gesicht war. "Doch, kannst du!" Robin stemmte die Hände in die Hüfte und sah ihn streng an. "Oder willst du etwa so zum Ball erscheinen?" Will grinste. "Mach lieber, was sie sagt. Robin kann echt unangenehm werden." John nickte und nahm ein paar Sachen aus der Truhe. "Da hinten könnt ihr euch umziehen." Robin deutete auf ein kleines Nebenzimmer. Als sie wieder herauskamen, strahlte Robin glücklich. "Ihr seht toll aus. So nehme ich euch gern mit!" Beide hatten weiße Leinenhemden und schwarze Hosen an. Will trug schwarze Schuhe mit feinen Gamaschen und eine braune Weste, die ausgezeichnet zu seinen Haaren passte. John trug Lederstiefel und eine weite Jacke mit feinen Verzierungen. "Und was wirst du tragen, Schwesterherz?", fragte Will gespannt. Robin machte eine unwirschte Bewegung Richtung Bett, auf dem das dunkelblaue Kleid lag. Will grinste. "Ich weiß, dass du es nicht magst, aber ich finde, es steht dir einfach super. Danke für die Kleider, wir gehen dann mal." Fluchtartig verließen beide die Gemächer, um sich vor diversen fliegenden Kissen in Sicherheit zu bringen.
 

"Darf ich dir behilflich sein?" Marrin hob Robin elegant aus der Kutsch. Sie lächelte glücklich. "Du siehst wirklich bezaubernd aus.", sagte Marrin und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Robin trug ihre Haare hochgesteckt und mit Perlen verziert. "Du aber auch." Marrin trug eine Art Uniform. Sein Haar war streng zurückgekämmt und im Nacken zusammengebunden. Robin hakte sich bei Marrin ein und hob ihr Kleid etwas an, um auf der Treppe nicht zu stolpern. Hinter ihnen fuhr die Kutsche weg und machte der nächsten Platz, aus der William und John stiegen. Robin drehte sich kurz zu ihnen um. "Na, habt ihr niemanden gefunden, der mitwollte?", fragte sie keck. William verzog das Gesicht. "Gott bewahre, ich komme lieber alleine, als mit einer dieser kreischenden Furien." John lachte. "Darf ich ihnen meinen Arm anbieten, Madame?", fragte er und machte ein wichtiges Gesicht. "Aber immer doch, mein Herr." Will klimperte mit den Wimpern und hakte sich bei John ein. Robin schenkte den beiden einen bösen Blick. "Ihr könnt aber auch nichts ernst nehmen!" Die Männer lachten und Will ließ Johns Arm wieder los. Sie nahmen die letzten Stufen der Treppe und ein Diener öffnete ihnen die großen Flügeltüren. Ein Diener nahm ihre Einladungen entgegen und führte sie dann durch einen langen Gang in den Ballsaal. "Sir Marrin deLacey mit seiner Verlobten Robin von Locksley. Sowie William Scarlett und John Little.", wurden sie angekündigt. Einige drehten sich nach dem zukünftigen Sheriff und der Tochter des Earl von Huntington um und murmelten leise hinter vorgehaltener Hand. Robin ließ Marrins Arm los und schritt elegant durch den Saal, um sich an einen Tisch in einem Eck zu setzten. Marrin gesellte sich zu ein paar Männern, mit denen er wild zu diskutieren begann. William und John verkrümelten sich und machten den Damen schöne Augen. Robin sah ihnen zu und lächelte. Eigentlich würde sie jetzt auch lieber mit jemandem Scherzen, als hier alleine zu sitzen, doch das gehörte sich für einen feine Dame nun einmal nicht. Sie musste hier sitzen und warten, bis jemand sie zum Tanz aufforderte oder Marrin sich zu ihr setzte. Leise seufzend lehnte sie sich zurück. Ihr war ja so unheimlich langweilig. "Lord High Sheriff von Nottingham, Sir William deLacey!", kündigte der Diener am Eingang an und die Tür wurde geöffnet. Robin sah überrascht auf. Marrin hatte gar nicht erwähnt, dass sein Vater auch zu diesem Ball erscheinen würde.

Der Sheriff von Nottingham ging durch den Saal, grüßte hier und da jemanden und gesellte sich dann zu seinem Sohn. "Ich muss mit dir reden, mein Sohn." Marrin sah seinen Vater überrascht an. "Es ist wichtig." Marrin nickte und verabschiedete sich von seinen Freunden. Dann folgte er seinem Vater in einen Nebenraum. "Ich hätte es gerne unter anderen Umständen besprochen, doch ich muss Morgen wieder verreisen." Marrin nickte und setzte sich in einen der Sessel. "Ich wollte mit dir über deinen zukünftigen Stellvertreter sprechen. Hast du schon jemanden ins Auge gefasst?" Marrin nickte. "Ich dachte an William Scarlett. Er ist der Bruder von Robin und wird, so bald ich sie heirate den Namen Huntington tragen. Auch wird er den Titel eines Earls erhalten, wenn der jetzige Earl, sein Stiefvater, stirbt. Außerdem halte ich ihn für sehr fähig, diese Stellung zu meistern." DeLacey verzog das Gesicht. "Du meinst diesen schmalen, rothaarigen Burschen?" Marrin nickte. DeLacey schüttelte den Kopf. "Das meinst du nicht ernst, oder? Er hat doch keinerlei Erfahrung und ihm fehlt die nötige Bildung." "Oh, er hat eine ausgezeichnete Bildung und was die Erfahrung betrifft, er verwaltete eine Zeit lang Huntington. Den Rest wird er lernen." DeLacey ging zur Tür. "Wir werden sehen...", meinte er und ging nach draußen. In dem großen Saal sah er sich zuerst um. Als er Robin entdeckte, ging er auf sie zu. Wenn er schon hier war, war es seine Pflicht, wenigstens mit der Verlobten seines Sohnes zu tanzen. "Darf ich bitten, Mylady?" Er verbeugte sich und bot ihr seine Hand an. Sie lächelte und erhob sich. Die Musiker spielten etwas lauter auf und die Tanzfläche leerte sich für die beiden. DeLacey achtete jedoch nicht auf all das. Er war zu sehr damit beschäftigt, über das eben Gehörte nachzudenken. Dass ein Nachkomme von Huntington der Seneschall des Sheriffs wurde, musste um jeden Preis verhindert werden. Es fehlte gerade noch, dass der Seneschall mehr Macht hatte, als sein Vorgesetzter, der Sheriff. Nein, auf der Position hätte er lieber seinen jetzigen Seneschall, Sir Guy of Gisbourne gesehen. Der rundliche Mann war sehr pflichtbewusst und hundertprozentig loyal. Wenn er Seneschall blieb, konnte deLacey seinen Sohn zumindest überwachen. Die Musik wurde leiser und verstummte dann ganz. DeLacey verbeugte sich und führte Robin wieder zurück zu ihrem Platz. Dann begab er sich Richtung Tür.

"Ihr wollt doch nicht etwa schon gehen?" Der Sheriff drehte sich langsam um, um zu sehen, wer so respektlos war. "Ah, Earl! Ich hatte nicht erwartet, dass ihr auch hier seid.", meinte er, als er sah, wen er vor sich hatte. Der Earl von Huntington schenkte ihm einen misstrauischen Blick. "Das ist schade. Wollt ihr nicht mit uns feiern?" "Nein, ich bedaure, aber ich muss leider so schnell wie möglich wieder zurück nach Nottingham und einige wichtige Dinge erledigen." Der Earl war noch immer misstrauisch. "Hat das nicht Zeit bis morgen?" DeLacey sah sich gehetzt um. Er wusste, dass er nicht die Macht hatte, einem Earl die Stirn zu bieten. Aber er konnte auch um keinen Preis hier bleiben. "Nein, ich bedaure, aber es ist äußerst dringend, wie ich schon sagte." Der Earl hob eine Augebraue. "Nun gut, dann geht, wenn eure Angelegenheiten so dringend sind." DeLacey atmete erleichtert auf und verließ den Saal.

"Was war denn hier los?" Marrin setzte sich zu Robin und sah sich verwundert in dem Saal um. "Dein Vater hatte gerade ein sehr...nun ja ernstes Gespräch mit meinem Vater.", meinte sie bedauernd. Marrin nickte. Es war kein Geheimnis, dass der Earl von Huntington und der Sheriff von Nottingham sich nicht ausstehen konnten. "Willst du noch ein wenig tanzen, meine Liebe?" Robin nickte und ließ sich von Marrin auf die Tanzfläche führen.

Soo, ich hab mich erbarmt und den 2. Teil hochgeladen... ohne beta >.< Ich brauch einen Beta-Leser! *flehend in die Runde guckt*

Ich werde mich jetzt auch bemühen und ab und zu ein neues Kapitel posten... aber hab eben schulisch gesehen viel zu tun... da bleibt keine Zeit zum schreiben T-T

Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. #._.#

Viel Spaß beim Lesen!
 

~*~2~*~
 

Robin öffnete eilig den Schrank und zog die Leinenhose und das weite Hemd hervor. Als sie beides anhatte, fixierte sie die Ärmel des Hemdes wieder mit den ledernen Armbändern und schlüpfte in die Stiefel. Dann setzte sie sich vor ihren Spiegel und versuchte, ihre Haare so festzustecken, dass sie unter dem grünen Hut nicht verrutschten. "Elly?" Die Zofe kam ins Zimmer geeilt. "Bring mir mal bitte das Schwert und den Bogen.", befahl sie. "Aber Mylady! Ihr wollt doch nicht etwa schon wieder so nach draußen?" Robin lachte. "Doch. Und jetzt bring mir bitte das Schwert." Eleanor seufzte und zog ein schweres Schwert aus dem Geheimfach im Schrank. "Das ist doch viel zu schwer für euch, Mylady.", jammerte sie. "So etwas gehört sich einfach nicht für eine feine Dame." Robin lachte wieder und schnallte sich das Schwert an einem breiten, ledernen Gürtel um die Hüfte. "Ich bin bis heute Abend wieder da. Wenn Marrin fragt, ich bin ausgeritten, klar?" Eleanor nickte und schloss die Tür hinter Robin. Diese schlich sich vorsichtig durch die Gänge. Wenn Marrin sie entdecken würde, würde er sie sicher erkennen. Dieses Risiko wollte sie nicht eingehen und deswegen schlich sie auf leisen Sohlen an seinem Arbeitszimmer vorbei und öffnete den Geheimgang.

"So, hier bin ich!" William und John fuhren erschrocken zusammen, als Robin ihnen die Hände auf die Schultern legte. "Mensch, Robin! Erschreck uns doch nicht so." Robin grinste. "Fangen wir an." Sie hatte William das Versprechen abgerungen, ihr zu zeigen, wie man mit dem Schwert umging, welches dieser nun einlöste. "Kannst du das überhaupt halten? Das ist doch viel zu schwer!" Robin lachte und zog das Schwert mit Leichtigkeit aus der Scheide. William staunte nicht schlecht. "Ich habe geübt.", meinte Robin. "Am Anfang konnte ich es nicht mal halten. Jetzt ist das kein Problem. Ich muss nur noch lernen, wie man es benutzt." John pfiff anerkennend. "Also du würdest einen guten Jungen abgeben! Die meisten muss man regelrecht zum Üben zwingen." William gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, wozu er sich ziemlich strecken musste. "Das musst du gerade sagen! Du würdest kein Schwert in die Hand nehmen, wenn es um dein Leben ginge.", meinte er tadelnd. John hob abwehrend die Hände. "Ich habe meinen Stab." Wie zur Bestätigung hob er einen dicken Stock in die Höhe, der fast so lange war, wie er selbst. "Schwerter sind etwas für Adelige oder reiche Leute." Robin lachte. "Und die Frauen fragt mal wieder keiner...", meinte sie gespielt beleidigt. "Die würden normalerweise nicht mal eines halten können. Du kannst nicht von dir auf andere schließen." Robin warf ihrem Halbbruder einen beleidigten Blick zu. "Können wir jetzt endlich anfangen?" "Gut. Ich werde es dir aber nicht leicht machen.", versprach William und begann mit der Übungsstunde.

Sie trainierten fast den ganzen Nachmittag. Als es begann, dunkel zu werden stoppten sie endlich. "Du musst wieder zurück. Sonst wundert sich Marrin." Robin verabschiedete sich und huschte dann durch den Geheimgang zurück ins Schloss. Vorsichtig sah sie sich um und rannte über den Gang zu ihrem Zimmer. Gerade, als sie die Tür geschlossen und den Hut abgenommen hatte, klopfte es. "Robin, ich bin's, Marrin. Kann ich reinkommen?" Robin sah sich geschockt um. So durfte sie Marrin auf keinen Fall sehen. "Warte kurz, ich muss mir etwas überziehen.", rief sie zurück und hoffte, dass ihre Stimme nicht zu zittrig klang. Sie zog schnell die Sachen aus und verstaute sie unter dem Bett. Dann kippte sie sich eine Kanne Wasser über die Haare und zog ein weißes Nachthemd an. Sie hängte sich ein Handtuch um die Schultern und winkte im Nebenzimmer Eleanor herbei. Dann öffnete sie die Tür. "Ich war gerade dabei, mich zu waschen. Verzeih, dass du warten musstest." Marrin nickte und betrat den Raum. Robin tat ein stilles Gebet und dankte dafür, dass ihr zukünftiger Ehemann nichts gemerkt hatte. "Was ist denn?" Marrin räusperte sich und zog etwas hinter seinem Rücken hervor. Robin sah ihn überrascht an. In all der Aufregung hatte sie gar nicht bemerkt, dass er ein kleines Päckchen bei sich hatte. "Was ist das?", fragte sie neugierig. Marrin wurde leicht rot. "Das ist für dich. Ich habe es heute morgen gesehen, als ich über den Markt geschlendert bin. Hoffentlich gefällt es dir." Robin nahm das Päckchen entgegen und wickelte vorsichtig das Papier ab. Darin lag ein kleiner, hölzerner Kamm mit feinen Schnitzereien. Robin lächelte glücklich. "Das ist wunderschön!" "Das freut mich. Ich finde einfach, er passt zu dir." Marrin nahm den Kamm und steckte ihn Robin ins feuchte Haar. Diese umarmte ihn und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. "Das ist unheimlich lieb von dir!" Marrin errötete wieder ein wenig. "Ich... äh... muss dann mal wieder gehen. Hab noch ein paar Dinge zu erledigen.", stammelte er schnell und verschwand wieder durch die Tür. Robin nahm den Kamm vorsichtig und legte ihn auf ihren Tisch. "Jetzt muss ich erst mal ein Bad nehmen.", beschloss sie und schob Eleanor vor sich her in den Nebenraum.

"Jetzt komm schon, John! Wenigstens mir zu liebe!" Will versuchte verzweifelt John mit Schieben, Zerren und guten Worten ins Schloss und in Marrins Arbeitszimmer zu bugsieren. "Du kannst doch wohl auch gut alleine gehen! Ich sagte schon, dass ich kein Interesse habe.", meinte John missmutig. "Das ist aber schade. Ich hätte sicher eine gute Aufgabe für dich." Beide sahen sich ertappt an. Marrin grinste. "Kommt doch einfach mal mit. Wir können das auch in meinem Arbeitszimmer klären." Beide nickte und folgten Marrin stumm. Als sie angekommen waren, schloss Marrin hinter den anderen beiden die Tür und bot ihnen Stühle an. Er selbst setzte sich hinter seinen Schreibtisch. "Ich habe hier einen offiziellen Vertrag für dich, William Scarlett. Was ist mit dir, John Little?" John sah ihn etwas unbeholfen an. "Ich habe nie etwas anderes gelernt, als Schafe zu hüten.", meinte er etwas verlegen. "Dann könntest du dich um den Wollhandel kümmern. Damit kennst du dich doch sicher gut aus, oder?" John sah Marrin mit funkelnden Augen an. "Das würde ich gerne tun, Sir!" "Gut, dann wäre das ja geklärt. Ich habe hier ein Dokument, dass euch alles bescheinigt. Ihr müsst nur noch unterschreiben." Marrin hielt William ein Blatt entgegen, dass dieser unterschrieb. Dann schob er es weiter zu John. Der lief leicht rot an. "Ich habe nie schreiben gelernt, Sir!", druckste er herum. "Dann mach ein Kreuz, das reicht vollkommen." John nahm die Feder und machte ein großes Kreuz auf die dafür vorgesehene Linie. "Schön, damit wäre das erledigt. Sobald ich Sheriff werde, habt ihr einen neuen Beruf. Ich freue mich schon auf unsere Zusammenarbeit." Er gab beiden die Hand und begleitete sie zur Tür.

Robin schritt frisch gebadet und umgezogen über einen Gang in Richtung Küche, um sich etwas zu Essen zu holen. "Guten Tag, Robin!" Robin zuckte erschrocken zusammen, als sie die tiefe Stimme hinter sich hörte. Sie drehte sich um und sah in das runde und gutmütige Gesicht eines Mönches. "Guten Tag, Bruder Tuck! Wie geht es euch?" Sie machte schnell einen Knicks. Tuck lächelte freundlich. "Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Wie ich sehe, seit ihr auch auf dem Weg zur Küche?" Robin nickte. Bruder Tuck war ein von Grund auf guter Mensch, mit einer sehr guten Menschenkenntnis. Er hatte nur eine Schwäche: Essen. An seinem dicken Bauch konnte man erkennen, dass der Mönch mehr und gerner aß, als es ihm gut tat. "Ich begleite dich, dann können wir ein wenig plaudern. Wie geht es dem jungen deLacey?" "Sehr gut. Ich denke er wird ein ausgezeichneter Sheriff werden.", erzählte Robin begeistert. Bruder Tuck war der Mönch, der die beiden trauen sollte, da er ein alter bekannter vom Earl von Huntington, Robins Vater war. "Das freut mich zu hören. Aber nicht nur er hat solch eine Begabung. Seine zukünftige Frau ist seiner vollkommen ebenbürtig. Du wirst ihm sicher eine große Hilfe sein, wenn solch eine Verantwortung auf ihm lastet." Robin errötete leicht, ob des Kompliments. Still ging sie weiter. Vor der Küche verabschiedete sie sich schnell und schlüpfte durch eine Seitentür.

William deLacey ging in seinem Zimmer auf und ab. Sein Seneschall, Sir Guy of Gisbourne saß auf einem Stuhl. Seine braunen, kurzen Haare waren unter einem Hut verborgen und seine braunen Augen folgten seinem Vorgesetzten und Herr. "Es ist unglaublich! Das wirft meine ganzen Pläne durcheinander." Gisbourne nickte stumm. "Er ist mein Sohn, verdammt noch mal! Er kann nicht einfach irgendwelche eigenmächtigen Entscheidungen treffen. Außerdem ist er noch nicht Sheriff und wenn ich es verhindern könnte, würde er es nie werden." Wieder ein nicken von Gisbourne. "Wenn es wenigstens jemand anderes gewesen wäre. Jemand, der loyal ist. Aber nein, er musste diesen Bastard William Scarlett in sein Dienste nehmen. Jetzt ist er noch unterwürfig, aber sobald der alte Huntington stirbt, hat er mehr Macht, als er und tanzt ihm auf der Nase herum. Das darf auf keinen Fall passieren. Das wäre eine Schande für alle deLaceys!" Gisbourne stimmte brummend zu. "Außerdem wirft es meine Pläne durcheinander. Er sollte euch behalten. Dann wäre ich immer über alles informiert gewesen. Aber so... Das ist eine Schande!" DeLacey stoppte, ging zum Fenster und sah hinaus. "Wir müssen diesen Scarlett irgendwie loswerden. Er ist eine große Gefahr." Gisbourne stand ebenfalls auf und sah aus dem Fenster. Auf dem Hof spielten die Jungen der Bediensteten. "Vielleicht könnte man ihnen etwas anhängen und sie in den Sherwood verbannen?", schlug Gisbourne vorsichtig vor. "Ihr seid nicht so dumm, wie ihr ausseht, Gisbourne!", meinte der Sheriff herablassend und öffnete das Fenster. "Wir werden einen der Jungen beauftragen, ihnen auf dem Markt ein paar Geldbörsen zuzustecken. Auf Diebstahl steht Handabhacken und Verbannung. Das wäre doch perfekt. Ich muss nur dafür sorgen, dass man mich nicht damit in Verbindung bringt. Am besten, ich reise zu Prinz John. Ich bin ihm sowieso noch einige Steuern schuldig. Ihr kümmert euch um alles, kann ich mich darauf verlassen?" Er schloss das Fenster und verließ den Raum, ohne weiter auf seinen Seneschall zu achten.
 

Robin saß auf einem Baum und dachte nach. Sie hatte die letzten Wochen damit verbracht, mit Will und John Schwertkampf zu trainieren. Inzwischen konnte sie sogar locker mit William mithalten. Sie grinste und rückte ihre Mütze zurecht. Niemand hatte sie erkannt und ihr Geheimnis war bei ihren Freunden gut aufgehoben. Sie zog die Beine an und wickelte die Arme darum. Eigentlich hatte sie ein schönes Leben. Auf der einen Seite war sie das nette Mädchen, die Verlobte des zukünftigen Sheriffs, auf der anderen Seite ein Junge, der sich ungeniert austoben konnte. So ließ es sich leben. Auch, wenn sie immer Angst haben musste, entdeckt zu werden. Aber leider hätte sie als Frau eben niemals die Möglichkeit gehabt, den Schwertkampf zu erlernen, oder sich im Bogenschießen zu messen. "Robin, kommst du?" Unter dem Baum stand Will und sah zu ihr hoch. "Ja, gleich!" Sie schwang sich von dem Ast, auf dem sie gesessen hatte und sprang zu Boden. "Wir wollen doch heute Mittag alle zum Markt! Du solltest dich vorher noch umziehen. Ich glaube nicht, dass Marrin dich so mitnimmt." Robin lachte und streckte ihrem Bruder die Zunge raus. "Du willst mich ja nur loswerden, weil ich besser bin als du!", rief sie und verschwand schnell Richtung Schloss. Sie öffnete den Geheimgang und nach kurzer Zeit war sie wieder in ihrem Zimmer und machte sich zurecht. Sie hatte sich für ein rotes Kleid entschieden, über dem sie einen schwarzen Umhang tragen wollte. Es war schon fast Winter und ziemlich kalt. Sie kämmte sorgfältig ihre Haare und steckte den Kamm, das Geschenk von Marrin, hinein. Sie lächelte und strich über die geschnitzten Blumen. "Robin, bist du fertig?" Sie sah auf und nickte. Dann fiel ihr ein, dass Marrin das vor der Tür nicht sehen konnte. "Ja, ich komme gleich!" Sie warf sich den Mantel über und öffnete die Tür. "Bin schon da!" Sie drückte Marrin einen Kuss auf die Wange. "Du siehst wundervoll aus!", lobte dieser und bot ihr seinen Arm an. Robin ergriff ihn und ließ sich zu den Pferden führen, die schon im Hof bereit standen. William hob die Zügel seinen Pferdes und wartete ungeduldig auf die beiden. Robin winkte und lachte ihm zu. "Wird auch mal Zeit, dass ihr endlich auftaucht! Ich steh mir hier die Beine in den Bauch.", meckerte Will und hob Robin die Zügel hin. "Darf ich euch behilflich sein, Mylady?" Marrin machte eine leichte Verbeugung. "Aber gerne, der Herr!" Beide lachten und Marrin hob Robin vorsichtig in den Sattel. Dann schwang er sich selbst auf sein Pferd und sie ritten los. Robin ritt in der Mitte und konnte sich so gut mit den anderen unterhalten. "Wo ist den John, Will? Ihr zwei seid doch sonst auch nicht auseinander zu bekommen." Sie lachte und wich Will aus, der sie mit bösen Blicken beschoss. "Er wollte nicht reiten und ist schon vor." Robin lachte. "Du solltest wohl eher sagen, er kann nicht reiten!" Will sah betreten zu Marrin. Der lachte jedoch nur. "Das macht nichts. Das lernt er auch noch!" "Oh, da muss ich dabei sein!", rief Robin lachend. Dir Zeit verging wie im Flug und lachend und scherzend waren sie bald in Nottingham und banden ihre Pferde fest. "Ich freu mich schon richtig! Aber wie sollen wir in dem Gewimmel denn John finden?" Besorgt sah Robin sich um. Irgendwo vor ihr ragte aus der Menge ein Kopf hervor und lächelte ihnen entgegen. "Schon passiert!", verkündete Will stolz. "Praktisch, so ein Riese, oder? Der geht nie verloren." John sah alle drei beleidigt an, hob Robin dann jedoch einen Apfel entgegen. "Für dich!" Robin umarmte ihn und biss in den Apfel. "Gehen wir?" Sie hakte sich bei Marrin ein und so schlenderte die kleine Gruppe durch das Gewühl. Hier und da hielten sie an einem Stand, sahen sich etwas an, oder feilschten mit den Händlern. Aber auf alle Fälle hatten sie eine menge Spaß. "Ich hab Hunger!", meldete sich Robin. "Dann gehen wir etwas zu Essen suchen." Marrin bugsierte sie durch die Menge zu einem Stand, an dem es Brot und Wurst zu kaufen gab. Marrin besorgte beiden etwas und sie setzten sich auf einen umgefallenen Baum am Rand des Platzes und begannen zu essen. Marrin, als der zukünftige Sheriff war hier sehr bekannt und wurde immer wieder gegrüßt. Jeder wollte sich mit dem künftigen Sheriff gut stellen. "Sieh mal, da hinten! Da stehen ganz viele Leute. Was die wohl machen?" Beide waren fertig und wischten sich die Hände ab. Dann gesellten sie sich neugierig zu dem Auflauf. "Ich kann überhaupt nichts sehen. Du?" Marrin schüttelte den Kopf. "Ist das da vorne nicht John?" Robin streckte den Hals und entdeckte den Kopf von John, der wie immer aus der Menge ragte. "Ja, du hast recht." Sie benutze ihre Ellenbogen, um weiter nach vorne zu kommen und etwas zu sehen. Marrin machte von seinem Ansehen gebrauch und wurde von fast allen breitwillig durchgelassen. Nun kamen sie dem ganzen schon näher. "Das stimmt nicht! Wir haben diese Börsen nicht geklaut. Ich weiß doch selbst nicht, wie sie in meine Hose gekommen sind." Robin warf Marrin einen besorgten Blick zu. Das war eindeutig die Stimme von Will gewesen. Nahezu panisch arbeitete sie sich vor, bis sie endlich auch etwas sehen konnte. In der Mitte der Menge standen Will, John und Gisbourne, der Seneschall von deLacey. Er hielt drei Börsen in der Hand und deutete bei jedem Wort darauf. "Was ist denn passiert?" Marrin mischte sich nun in das Geschehen ein. Gisbourne drehte sich zu ihm und setzte ein falsches Lächeln auf. "Ah, Sir Marrin. Diese zwei sind Diebe. Man hat sie auf frischer Tat ertappt.", erklärte er und die Menge pflichtete murmelnd bei. "Was soll das heißen, auf frischer Tat? Hat man beobachtet, wie sie die Börsen gestohlen haben?" Gisbournes Lächeln wurde noch etwas künstlicher. "Nein, aber man hat sie mit der Beute erwischt." Robin lief zu ihrem Bruder und nahm seine Hand. "William ist kein Dieb. Er hat es überhaupt nicht nötig zu stehlen!" William drückte ihre Hand, schüttelte traurig den Kopf und schob sie zurück. "Es hat keinen Zweck. Misch dich lieber nicht ein." "Aber...", versuchte Robin, wurde jedoch unterbrochen und Will stellte sich wieder neben John. "Die Börsen kann man ihnen auch zugeschoben haben! Ich kenne diese Männer und ich weiß, dass sie so etwas niemals tun würden!", schimpfte Marrin. "Vielleicht irrt ihr euch..." "Wollt ihr etwa mein Wort anzweifeln? Schließlich bin ich der Sohn des Sheriffs.", unterbrach Marrin ihn schroff. "Nein, aber..." Gisbourne befand sich nun in einer Zwickmühle. Die Menge tuschelte aufgeregt. "Aber was?" Robin stand am Rand der Szene und klammerte ihre Hände fest in den Stoff ihres Kleides. "Die Börsen. Sie beweisen, dass sie Diebe sind." "Was ist denn hier los?" Marrin fuhr herum und sah erstaunt zu seinem Vater. "Diese zwei wurden erwischt, als sie stahlen.", erklärte Gisbourne. "Auf Diebstahl steht Handabhacken und Verbannung.", meinte der Sheriff kalt. "Aber es ist gar nicht bewiesen, dass sie die Börsen gestohlen haben!", versuchte Marrin verzweifelt. "Sie wurden bei ihnen gefunden, reicht das nicht?" "Man könnte sie ihnen zugesteckt haben!" DeLacey sah seinen Sohn wütend an. "Hier bin immer noch ich der Sheriff! Sie werden zuerst einmal eingesperrt. Morgen werde ich ein Urteil fällen." Er winkte ein paar Wachen heran, die mit ihm angekommen waren. Die Menge teilte sich vor ihnen und sie führten William und John ab. "Will!" Robin rannte aus der Menge und packte ihren Bruder am Arm. "Es wird alles gut. Geh zu Marrin! Der kümmert sich um dich." Dann stieß er Robin weg, damit sie nicht mitging. "Oh, Marrin!" Marrin nahm Robin in die Arme und tröstete sie. "Wir werden im Gasthaus übernachten. Morgen wird sich sicher alles aufklären!", versuchte Marrin sie zu trösten und führte sie aus der Menge.

Am nächsten Morgen wurde auf dem großen Marktplatz auf Befehl des Sheriffs ein Podest mit einem Stuhl und einige Tisch aufgestellt. William und John, die nach der Nacht im Kerker furchtbar aussahen, wurde auf den Platz geführt und Marrin stellte sich neben sie. Gisbourne berichtete noch einmal alles. "Aber sie haben es nicht getan! Es finden sich hier sicher genug Leute, die das bestätigen können." Robin nickte bekräftigend. "Und ich werde diesen Standpunkt vertreten." Alle sahen sich zu dem Sprecher um. Es war der Earl von Huntington. "Vater!" Robin rannte zu ihm und umarmte ich, den Tränen nahe. Der Earl schenkte ihr ein Lächeln, schickte sie dann zu Marrin und trat vor. "William ist mein Sohn, auch wenn er noch nicht meinen Namen trägt. Und ich werde nicht zulassen, dass er hier wegen einer so lächerlichen Anschuldigung verbannt wird." DeLacey verzog das Gesicht zu einem sehr künstlichen Lächeln. "William Scarlett ist nicht euer Sohn. Er ist der Sohn von Scarlett, der vor vielen Jahren wegen Wilderei gehängt wurde. Ihr habt ihn und seine Mutter nur bei euch aufgenommen, nachdem eure Frau starb." Ein lautes Raunen ging durch die Menge. Dass William nicht Huntingtons leiblicher Sohn war, war allgemein bekannt, doch niemand hatte es bis jetzt gewagt, das laut und in der Gegenwart des Earls auszusprechen. "Und außerdem wurde das Verbrechen in Nottingham verübt. Wenn mein Sohn in Huntington etwas anstellt, unterliegt er ebenso eurer Rechtsprechung, wie William Scarlett nun meiner." Der Earl hob den Kopf und sah deLacey offen feindselig an. "Ihr könnt aber nicht nachweisen, dass William etwas gestohlen hat, was er zweifelsfrei nicht tat." "Da irrt ihr euch!" DeLacey sah den Earl siegessicher an und winkte einen Mann aus der Menge. "Dieser Mann hat die beiden beobachtet und kann bezeugen, dass sie die Börsen stahlen." Der Mann nickte. Der Earl begutachtete den Fremden. "Schwört ihr, dass es die Wahrheit ist?" "Ich schwöre, dass ich gesehen habe, wie die zwei Männer dort die Börsen gestohlen haben." Der Earl schickte den Mann weg. Es war offensichtlich, dass es sich hier nicht um die Wahrheit handelte, doch wenn man jemand fand, der etwas schwor, dann hatte man so gut wie gewonnen. "Unter diesen Umständen wäre die Schuld der beiden wohl eindeutig bewiesen.", meinte der Sheriff sachlich. "In anbetracht der Herkunft von William Scarlett wird keinem der beiden die Hand abgehackt." Der Earl und Robin atmeten auf. "Aber beide werden in den Sherwood Forest verbannt. Und sind von dem Augenblick, in dem sie die Stadt verlassen Geächtete." Robin klammerte sich an Marrin und Tränen rollten ihr über das Gesicht. Dem Earl sah man nichts an. "Das Urteil gilt überall, denkt daran! Wer einem Geächteten hilft, macht sich selbst strafbar." DeLacey warf dem Earl einen warnenden Blick zu und signalisierte den Wachen, die beiden abzuführen. "Einen Moment! Ich möchte noch einmal unter vier Augen mit meinem Sohn sprechen und auch meine Tochter möchte sich sicher verabschieden." DeLacey nickte und der Earl, Robin, William und John verließen den Platz, begleitet von einer Wache. William und John waren sehr blass und konnten es nicht fassen. "Es tut mir leid, aber ich kann nichts für euch tun. Meine ganze Macht als Earl hilft nicht gegen den Rechtsspruch des Sheriff." Er umarmte seinen Sohn und steckte ihm einen kleinen Beutel mit Geld zu. Dann drückte er Johns Hand und gab auch ihm einen Beutel. "So müsst ihr wenigstens nicht stehlen." Robin nahm ihren Bruder in den Arm und schluchzte laut. "Du darfst nicht gehen!", murmelte sie immer wieder. William strich ihr beruhigend über den Rücken. "Es wird alles gut. Vater hat uns ja etwas Geld gegeben. Wir schaffen das schon. Außerdem wird sich das alles schon aufklären." Robin wischte sich übers Gesicht und verabschiedete sich auch von John. Dann sah sie beide ernst an. Ihre Tränen waren weg und ihre Augen blitzten dunkel. Noch einmal drückte sie William kurz "Ich werde dich finden und dir helfen!", flüsterte sie ihm ins Ohr und stellte sich dann neben ihren Vater, während die Wache William und John wieder zurückbrachte. William drehte sich noch einmal um und schüttelte den Kopf. Robin durfte auf keinen Fall in den Sherwood Forest gehen. Das war viel zu gefährlich. "Machs gut, Bruder...", murmelte Robin und schwankte leicht, worauf ihr Vater sie am Arm hielt und stützte. Langsam führte er sie zurück zu Marrin. "Das war zu viel für sie. Sie sollte nach Hause und sich hinlegen. Ich werde derweil mitreiten und sehen, was ich tun kann." Der Earl drückte seiner Tochter einen Kuss auf die Stirn und verabschiedete sich, um William und John zu begleiten.

Robin lag in ihrem Bett und weinte hemmungslos. Wie konnte so etwas passieren? William und John waren nun Geächtete, Vogelfreie und das wegen einem Diebstahl, den sie nicht begangen hatten. Sie schluchzte laut. Das war nur passiert, weil William der Sohn des Earls war und der Sheriff den Earl nicht ausstehen konnte. Weil Robin mit dem Kopf im Kissen lag, hörte sie nicht, wie die Tür sich öffnete und Marrin den Raum betrat. Er setzte sich auf das Bett und nahm Robin in den Arm. "Du musst jetzt stark sein, Robin. Ich weiß, dass das schwer ist, doch wir finden schon einen Weg. Spätestens in ein paar Monaten, wenn wir heiraten, werde ich die beiden wieder begnadigen." Robin schluchzte laut. "Wenn sie bis dahin nicht schon tot sind." Marrin strich ihr beruhigend über den Rücken. "Die beiden sind stark, Sie schaffen das. Außerdem ist John so groß, an den traut sich keiner so schnell heran." Rabin lächelte leicht durch ihre tränenverschleierten Augen. "Danke.", murmelte sie und kuschelte sich an Marrin. Der lief leicht rot an und drückte sie dennoch etwas fester an sich.
 

William saß an einen Baum gelehnt und döste etwas. John stand neben ihm und beobachtete aufmerksam die Gegend. Sie waren nu schon zwei Tage im Sherwood und bis jetzt noch keiner Menschenseele begegnet. Ob das an ihm lag, oder daran, dass man auf sie lauerte, wollte er lieber nicht wissen. Sie hatten beschlossen, am Waldrand zu bleiben, um auf den Earl zu warten, der William ein Schwert und ihm seinen Stab zu bringen. Denn ohne Waffen waren sie mehr als wehrlos. Will murrte leicht im Schlaf und drehte sich auf die andere Seite. Ja, Schlaf hatten sie beide mehr als dringend nötig. Denn geschlafen hatten sie in letzter Zeit fast gar nicht, aus Angst, im Schlaf überrascht zu werden. Am Waldrand tauchte ein Reiter auf. John zog sich vorsichtshalber noch etwas weiter ins Unterholz zurück und rüttelte an William. "William, wach auf! Ich glaube, dein Vater kommt!" William fuhr hoch und war fast sofort hellwach. In diesem Wald gab es nur wach oder tot, etwas dazwischen existierte nicht. "William, John, seid ihr hier?" William trat grinsend aus dem Unterholz. "Es ist gefährlich, in diesem Wald so laut zu rufen und so die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.", meinte er. Der Earl stieg vom Pferd und öffnete die Satteltaschen. "Ich habe hier etwas zu Essen und andere Kleidung für euch." Er nahm dem Pferd die Satteltasche ab und hielt sie seinem Sohn hin. "Und hier sind eure Waffen. Ich habe mir erlaubt, sie noch etwas aufzubessern." William nahm sein Schwert, dass eine neue Scheide hatte. Er zog es heraus und begutachtete es. Es trug nun das Wappen von Huntington und war frisch geschärft. "Danke, Vater." Dann reichte er einen breiten Stab an John weiter. Der bedankte sich und hängte ihn sich quer über den Rücken. "Sag Robin schöne Grüße von uns. Wir schaffen das schon. Vielleicht finden wir ja den Herrn der Wälder und statten ihm einen Besuch ab.", meinte William lachend. "Oder wir treten der Bande von Adam Bell bei!", schlug John vor. Der Earl lächelte gezwungen und drückte beiden noch einmal die Hand. Dann stieg er wieder auf sein Pferd und ritt aus dem Wald. "Willst du wirklich zu Adam Bell?", fragte William ernst. Adam Bell war berühmt weit über den Sherwood hinaus. Er hatte viele starke Männer um sich geschart, mit denen er Durchreisende überfiel. John hob eine Augenbraue. "Das war doch nur ein Scherz." "Aber was sollen wir sonst machen? Wir sind Geächtete. Wir können nie wieder zurück. Und hier versauern werde ich sicher nicht!" Will schien es wirklich ernst zu sein. "Wenn du meinst. Wenn Bell uns zu seinen Kumpanen aufnimmt, schön, wenn nicht, dann sind wir auch nicht schlechter dran, als jetzt." John verstaute den Beutel unter seinem Hemd, wo er sicher war und nicht auffiel. Will tat es ihm nach und sie marschierten los."

Gestatten? Adam Bell

~*~3~*~
 

Robin saß in ihrem Zimmer und dachte nach. Ihr Vater hatte sie besucht und ihr erzählt, was im Wald passiert war. Robin war von dieser Tatsache zwar keineswegs beruhigt, doch immerhin schien es den beiden gut zu gehen. Sie spielte abwesend mit ihrer Mütze. Irgendwie verspürte sie einen gewissen Drang, sich ein Pferd zu nehmen und durch den Sherwood zu reiten. Sie öffnete ihren Schrank und kramte nach der Hose und dem Hemd. Sollte sie es riskieren? Sie beherrschte ihren Bogen nahezu blind und mit dem Schwert konnte sie inzwischen auch umgehen. Doch reichte das auch für einen Ernstfall? Sie hatte bis jetzt nie richtig gekämpft, geschweige denn jemanden getötet. Und das wollte sie eigentlich auch nicht so schnell ausprobieren. Sie seufzte. Gedankenverloren starrte sie zu dem Schwert in der Ecke. "Aber Mylady, ihr wollt doch nicht etwa schon wieder..." Ruckartig drehte Robin sich um. Ich muss vorsichtiger sein!, dachte sie. Wenn das Marrin gewesen wäre. Und laut sagte sie "Keine Sorge, Elly, ich habe nur nachgesehen, ob alles in Ordnung ist." Eleanor warf ihr einen besorgten Blick zu. Es war ihr anzusehen, dass sie ihrer Herrin nicht glaubte. Robin seufzte. "Ich mache mir Sorgen um Will...", meinte sie traurig. "Keine Sorge, euer Vater hat doch gesagt, dass es ihm gut geht. Und sobald Sir Marrin Sheriff ist, wird er wieder begnadigt. Das hat er selbst gesagt, nicht wahr?" Robin sah aus dem Fenster. "Schon, aber..." Sie zog die Gardinen zu. "Ich gehe!" "Wohin, Mylady?" "Zu Will. Ich muss wissen, wie es ihm geht!" Eleanor sah ihre Herrin erschrocken an. "Aber ihr könnt doch nicht in den Sherwood Forest... und noch dazu alleine!" Robin war schon aus ihrem Kleid geschlüpft. "Würdest du mir bitte die Brust verbinden? Unter dem Hemd sieht man sonst, dass ich kein Mann bin und im Sherwood ist man als Mann schon gefährdet genug." Sie reichte ihrer Zofe einen weißen Verband. Darüber zog sie ein Hemd. Als sie fertig war, verschwand Eleanor im Nebenzimmer und kam mit einem dicken, grünen Umhang zurück. "Bitte, Mylady, tragt ihn. Dann seid ihr besser getarnt." Robin nahm den Umhang an und schwang ihn um ihre Schultern. "Ich bin spätestens morgen Mittag wieder da. Wenn nicht, dann benachrichtige bitte meinen Vater. Sag aber Marrin nichts. Ich bin bei meinem Vater." Eleanor nickte und gab Robin ihren Bogen und den Köcher. "Bis morgen." Schnell schlüpfte sie durch die Tür und hastete die Gänge entlang. Plötzlich hörte sie vor sich Schritte. "Wer ist da?", fragte eine Stimme, die Robin nur allzu bekannt vorkam. Marrin! Sie zog die Mütze ins Gesicht und betete im stillen, er würde sie nicht erkennen. Da bog er schon um die Ecke. "Wer seid ihr?" Robin holte tief Luft. "Ich bin ein Bote vom Earl.", sagte sie mit tiefer Stimme. "Ich habe Lady Robin eine Nachricht von ihrem Vater überbracht." Marrin musterte sie und Robin traute sich nicht, nach oben zu sehen. "Ich habe euch noch nie gesehen.", meinte Marrin skeptisch. "Das liegt daran, dass ich sonst nicht für Botengänge zuständig bin.", meinte Robin nervös. "Der Earl konnte aber nur mich entbehren." Marrin umrundete sie einmal. "Ihr kamt durch den Sherwood, nicht wahr?" Robin nickte leicht. "Ja, Mylord." "Habt ihr dort einen Riesen und einen Mann mit rotem Haar gesehen?" "Ihr meint den Sohn des Earls, Mylord?", fragte Robin. Marrin nickte. "Nein, ich habe ihn nicht gesehen. Aber es soll ihm gut gehen." Marrin nickte. "Richtet dem Earl Grüße von mir aus." Robin verbeugte sich und verschwand schnell um die nächste Ecke. Dort lehnte sie sich an die Wand und atmete heftig. Ihr Herz raste und auf ihrer Stirn perlte der Schweiß. Wenn Marrin sie erkannt hätte, dann... Robin mochte gar nicht daran denken. Sie wischte sich über die Stirn und verließ das Schloss schnell. Sie nahm sich ein Pferd aus dem Stall und ritt aus der Burg, Richtung Sherwood Forest.

William und John saßen auf einem Baum und beobachteten die breite Straße, die durch den Sherwood führte und Nottingham mit Huntington verband. Wenn sie Adam Bell und seine Bande finden wollten, mussten sie eigentlich nur warten, bis ein reicher Reisender auf der Straße daherkam. Adam Bell würde ihn sicher entdecken und überfallen. Dann könnten sie mit ihm reden. "Da hinten höre ich Hufgetrappel. Da kommt jemand." William starrte angestrengt auf die Wegbiegung. Bald konnte man das Pferd sehen. Kurz darauf auch den Reiter. Er trug einen dicken, grünen Mantel und sein Haar war unter einer großen Mütze verborgen. An seiner Hüfte baumelte ein Schwert und über der Schulter hing ein Köcher mit Pfeilen. "Der kommt mir irgendwie bekannt vor...", murmelte Will und starrte intensiv auf den Reiter. John nickte. "Ich hab auch das Gefühl, dass ich ihn schon mal gesehen hab. Komisch." Der Reiter kam immer näher und schien sich umzusehen. Als ob er etwas suchte. Plötzlich wieherte das Pferd erschrocken auf. Um den Reiter herum stand nun eine Gruppe von Männern, alle mit Messern oder Pfeil und Bogen bewaffnet. John stieß ihm in die Seite "Das ist Adam Bell! Der mit den blonden Haaren und dem langen Bogen." William nickte. "Was sollen wir machen?", fragte er, ohne seinen Blick von der Gruppe abzuwenden. "Warten wir ab, was passiert."

Robin zog heftig an den Zügeln ihres Pferdes. Es tänzelte unruhig umher und beäugte die Männer, die im Kreis um sie standen. Robin strich ihm über den Hals und sprach ein paar beruhigende Worte. Auch sie hatte Angst, ließ sie sich aber nicht anmerken. "Was wollt ihr?", fragte sie mit tiefer, fester Stimme. "Euer Geld, Sir." Ein großer, blonder Mann trat aus der Menge und verbeugte sich spöttisch. "Um zu passieren müsst ihr eine kleine Gebühr zahlen.", erklärte er und hob seinen Bogen. "Und wenn ich kein Geld habe?", fragte Robin, bemüht, das Zittern ihrer Stimme zu verbergen. "Dann müssen wir uns eben etwas anderes nehmen." Er umrundete sie einmal. "Das Pferd und euer Schwert würden vollkommen ausreichen." Robin zog ihren Umhang etwas enger, um das Schwert zu verbergen und stieg vom Pferd. "Und was ist, wenn ich es euch nicht gebe?", fragte sie nun schon etwas mutiger. "Ich denke es gibt Mittel und Wege, euch zu ,überzeugen'." Der blonde Mann winkte einem anderen zu, der daraufhin neben ihn trat. Robin musterte den Mann. Er hatte zwei Messer in den Händen und im Gesicht unheimlich viele Narben. Sie schluckte leise. Ihre Gedanken rasten und suchten einen Ausweg. "Gibt es nicht eine andere Möglichkeit, meine Herren?" Sie versuchte, ihre Stimme so keck wie möglich klingen zu lassen. "Zum Beispiel mit einer Wette." Sie musste es einfach versuchen. Außerdem hatte sie nicht das Gefühl, dass ihr Leben in akuter Gefahr war. "Was für eine Wette denn?", der Blonde, der ihr Anführer zu sein schien, zeigte sich interessiert. "Wie wäre es mit einem Wettbewerb im Bogenschießen?" Die Männer lachten rau und auch der Blonde stimmte mit ein. "Wisst ihr, wen ihr vor euch habt, Sir?" Robin schüttelte den Kopf. "Ich bin Adam Bell. Der König des Sherwood Forest und bester Bogenschütze weit und breit.", stellte sich der Blonde vor. Robin lächelte leicht. "Das mit dem besten Bogeschützen werden wir noch sehen!" Jetzt, wo sie wusste, wen sie vor sich hatte, war ihr schon um einiges wohler zu mute. "Ich fordere euch heraus. Wenn ich gewinne, dann lasst ihr mich ohne Widerspruch ziehen, wenn ich verliere, dann bekommt ihr mein Pferd, mein Schwert und meinen Bogen." Sie hielt zum Beweis den Bogen nach oben. Adam Bell lachte siegessicher. "Wenn ihr meint. Der Einsatz scheint mir fair." Er winkte seinen Leuten, die eine Strecke abmaßen und eine Zielscheibe in einen Baum ritzten. "Wer fängt an?", fragte Robin. Sie fühlte sich nun mehr und mehr in ihrem Element. "Ich lasse euch den Vortritt." Robin nickte, stellte sich auf und zog einen Pfeil aus ihrem Köcher. Liebevoll strich sie über die Federn und legte den Pfeil dann an. Tief holte sie Luft, spannte die Sehne und zielte. Dann ließ sie den Pfeil los und er fand seinen Weg mitten ins Ziel. Die Umstehenden klatschten bewundernd. "Zeiht den Pfeil heraus, dann schieße ich." Ein junger Mann rannte, um den Pfeil, zu holen und Bell stellte sich auf. Auch er schoss mit höchster Konzerntration und verfehlte sein Ziel nicht. "Gleichstand. Ich denke, wir müssen das Ziel weiter entfernen und die Schwierigkeit erhöhen." Robin nickte zustimmend. Für sie war das kein Problem. Sie hatte schon als kleines Kind den Umgang mit dem Bogen gelernt und ihr Vater meinte stolz, sie könne kein Ziel verfehlen. Sie entfernten sich etwas von dem Bau, und beide schossen erneut. So ging es bis sie ihr Ziel fast nicht mehr erkennen konnten. Wieder schoss Bell und traf sein Ziel. Als er den Befehl geben wollte, den Pfeil zu entfernen, gebot Robin ihm Einhalt. "Ich denke, wir könnten noch lange so weitermachen. Wir sind beide sehr gut und fast ebenbürtig. Aber eben nur fast." Sie setzte einen Pfeil an und konzentrierte sich. "Aber wie wollt ihr das überbieten? Wenn ihr gewinnen wolltet, müsstet ihr meinen Pfeil spalten und das schaffe nicht einmal ich." Robin lachte und konzentrierte sich auf ihr Ziel. Wenn sie es schaffen würde, den Pfeil zu spalten, dann hätte sie gewonnen und niemand könnte das anzweifeln. Sollte sie jedoch nicht treffen... nun ja, dann würde im Stall des Sheriffs ein Pferd weniger stehen und sie müsste sich einen neuen Bogen zulegen. Es traf sie in keinem Fall sehr schlimm. Konzentriert starrte sie auf das Ziel und schoss ab. Dann schloss sie die Augen und drehte sich um. Eigentlich wollte sie nicht wissen, ob sie getroffen hatte. Sie sprang auf ihr Pferd und grub die Fersen in seine Seite. Das Pferd galoppierte los und ließ die Männer um Adam Bell hinter sich, die keine Chance hatten, sie einzuholen. Erst als sie an den Waldrand kam, wagte sie, ihr Pferd anzuhalten und aufzuatmen. Sie glitt vom Pferd und ließ sich in die Wiese fallen. Schwer atmend versuchte sie, sich wieder zu beruhigen. Sie war wirklich nicht ängstlich, doch alleine im Sherwood von Geächteten umgeben, das war schon eine sehr beängstigende Situation. Langsam beruhigte sie sich wieder und dachte nach. Jetzt wollte sie schon gerne wissen, ob sie denn den Pfeil von Bell gespalten hatte, oder nicht, doch das würde sie sicher nie erfahren. Sie konnte ja schlecht zurückreiten und sich danach erkundigen. Bei der Vorstellung musste sie unwillkürlich lachen. Das Lachen tat gut, lenkte sie ab und beruhigte sie. Eigentlich war alles doch gar nicht so schlimm gewesen. Sie hatte es Bell richtig gezeigt. Sie schloss die Augen, um ein wenig auszuruhen.

"Du hast es Bell aber ganz schön gezeigt!" Erschrocken fuhr Robin hoch. Verdammt, sie war eingeschlafen! Mit großen Augen drehte sie sich zu dem Sprecher um. "Will!" Sie ließ sich vor Erleichterung wieder ins Gras plumpsen. "Mensch, hast du mich aber erschreckt!" Will lachte und winkte John, der schwer atmend hinter ihm angelaufen kam. Robin stand auf und umarmte ihren Bruder herzlich. "Wir haben dir von einem Baum aus zugesehen. Erst hab ich dich gar nicht erkannt, doch als du den Bogen herausgeholt und geschossen hast, ging mir ein Licht auf." Robin lachte verlegen. "Aber du hättest nicht abzuhauen brauchen. Du hast Bells Pfeil genau in der Mitte gespalten und ihn rechtmäßig besiegt." Robin sah ihren Bruder erstaunt an. "Du hast geblufft, oder?" Robin nickte. Will ließ sich laut lachend ins Gras fallen und hielt sich den Bauch. "Unsere Robin, wie sie leibt und lebt." Robin grinste entschuldigend. "Schön, dich wiederzusehen.", meinte John und setzte sich auch ins Gras. "Ich bin so froh, dass es euch beiden gut geht!" William nickte und nahm seine Schwester in den Arm, die sich nun auch ins Gras gesetzt hatte. "Vater hat uns Waffen und etwas Geld gegeben. Wir können also ein Weilchen durchhalten." Robin spielte mit ihrem Bogen. "Ich finde die Vorstellung schrecklich, dass ihr nachts alleine hier in diesem Wald seid.", meinte sie leise. "Kein Problem. Ich passe schon auf Will auf!" "Ach du! Du hast ja schon selber Angst im Dunkeln, wie willst du da auf mich aufpassen?" John grinste unbeholfen und kratzte sich am Kopf. "Ich mein ja nur..." Wieder lachten alle drei laut. Robin war seit langem einmal wieder richtig glücklich. Es tat gut, zu wissen, dass es ihrem Bruder gut ging, wo sie sich doch solche Sorgen gemacht hatte. Sie lehnte sich an Will und schloss die Augen, genoss einfach nur die Sonne und die Geräusche der Tiere, die aus dem nahen Wald drangen. Ganz langsam glitt Robin wieder in einen Halbschlaf, sodass sie erschrocken auffuhr, als sie Stimmen hörte. "Na, meine Herren, haben sie angenehm geruht?" Robin stand schon fast wieder, als sie endlich realisierte, wen sie vor sich hatte. Es war Adam Bell. Schnell prüfte sie, ob ihr Hut richtig saß, dann sah sie sich nach Will und John um. Die beiden waren inzwischen auch wieder aufgestanden und hatten sich halb schützend vor sie gestellt. "Was wollt ihr?", fragte Will bedrohlich. Bell lachte leise. "Nur dem Herrn Hochwohlgeboren seine Pfeile zurückbringen." Wie zum Beweis hob er die Pfeile in die Höhe. Robin nahm sie schnell an sich und pfiff nach ihrem Pferd, um sie in der Satteltasche zu verstauen. "Danke sehr und jetzt entschuldigt uns." John und William folgten Robin und bedeuteten ihr, aufs Pferd zu steigen. "Nicht so schnell, meine Herren." Robin blieb wie erstarrt stehen. "Ich würde gerne den Namen des Mannes erfahren, der den König von Sherwood im Bogenschießen schlägt." Robin drehte sich um und sah Bell erschrocken an. Was sollte sie jetzt sagen? "Robin von Locksley.", warf Will dazwischen, bevor sie auch nur den Mund aufmachen konnte. Dafür müsste sie ihrem Bruder noch danken. Und es war nicht einmal gelogen! Es wusste ja niemand, dass Robin nicht die Abkürzung für Robert war, sondern dass sie wirklich so hieß und Locksley gehörte ihr. Zumindest im Moment. Ihr Vater hatte es ihr als Brautgeschenk übergeben. Bis zur Hochzeit mit Marrin gehörte es also rechtmäßig ihr. "Den Namen habe ich noch nie gehört. Seid ihr von Adel?" Robin nickte. Ihr Vater war schließlich der Earl von Huntington. Bell schien sich damit zufrieden zu geben und fragte nicht weiter nach. "Und jetzt?", fragte Will leise an Robin gewandt. Robin zuckte ratlos mit den Schultern. Sollten sie einfach gehen? Aber was wurde dann aus Will und John? Sie konnte ja nach Nottingham zurückkehren, aber ihr Bruder und John mussten hier im Wald bleiben. Von einem plötzlichen Mut erfasst, trat sie einige Schritte auf Bell zu und begann zu sprechen: "Bell, ich hätte eine Bitte an euch.", begann sie vorsichtig. Bell nickte nur, um ihr zu bedeuten, dass sie weitersprechen sollte. Robin fasste all ihren Mut zusammen und sprach weiter. "Diese zwei Männer hier", sie deutete auf Will und John, "hatten leider eine kleine Unstimmigkeit mit dem Sheriff von Nottingham." Bell und seine Kumpanen lachten bei dieser Ausdrucksweise laut auf. "Mit anderen Worten: sie wurden aus der Stadt verbannt?", rief einer der Leute dazwischen. Robin lächelte und nickte. "Hier im Sherwood müssen sie leider um ihre Sicherheit fürchten. Daher möchte ich euch bitten, sie in eure Gruppe aufzunehmen. Der eine ist stark wie ein Bär und der andere ausgezeichnet im Umgang mit dem Schwert. Es würde sich für euch also auf alle Fälle lohnen." Bell runzelte die Stirn. "Warum sollte ich mit einem feinen Pinkel Geschäfte machen und noch dazu Leute beherbergen, die zu unseren Feinden gehören?" Robin seufzte. Die Bauern und einfachen Leute, die Geächteten im Besonderen hatten einen -nicht ganz unverständlichen- Hass auf den Adel. Der Adel, fast alles Normannen, die einmal in England eingefallen waren und nun die Engländer unterdrückten, stand bei dem Volk in einem sehr schlechten Licht. Aber nicht alle Adligen waren Normannen und, was noch viel wichtiger war, nicht alle Adligen waren Tyrannen. Sie war das beste Beispiel. Ihr Vater würde seine Burg für das Leben eines Bauern geben, da war sie sich sicher. Bloß wie sollte sie das Adam Bell erklären? Sie beschloss, alles zu riskieren und die Karten aufzudecken. "Nicht alle Adligen sind schlecht! Kennt ihr den Earl von Huntington?" Bell nickte. Der Earl war im ganzen Land für seine Güte und Gerechtigkeit bekannt. "Nun, ich bin sein Sohn." Robin fühlte sich vielen ungläubigen Blicken ausgesetzt. "Ich wusste nicht, dass der Earl einen Sohn hat, der Robert oder Robin heißt." "Kannst ihn ruhig fragen, wenn du mir nicht glaubst!", maulte Robin und schlug sich die Hand vor den Mund, als ihr bewusst wurde, was sie gerade gesagt hatte. Also wenn sie bis jetzt auch nur die kleinste Chance gehabt hatten, nun war es aus! Erschrocken sah Robin zu Will und John, die sich das Grinsen nicht verkneifen konnten. Doch entgegen aller Befürchtungen lachte Adam Bell nur und kam einige Schritte auf die drei zu. "Ich glaube, es wäre fehl am Platz, an euch zu zweifeln." Er reichte Robin die Hand. Robin ergriff sie etwas schüchtern und lächelte dann ebenfalls. "Ich wäre wirklich glücklich, wenn ihr euch den Beiden annehmen würdet." Bell nickte. "Dürfte ich die Namen der Herren erfahren?", fragte er an Will und John gerichtet. "Ich bin William Scarlett. Waffenknecht am Hof des Earls." Robin runzelte die Stirn, verstand aber, dass William nicht preisgeben wollte, wer er wirklich war. "Und ich bin John Little. Schafhirte aus Locksley." John grinste unbeholfen und hob seinen Stab, um seine Aussage zu bekräftigen. Bell nickte. "Wenn ihr wirklich so gut im Umgang mit Waffen seid und keine Arbeit scheut, dann seid ihr bei uns herzlich willkommen." Robin fühlte sich, als ob ihr ein Stein vom Herzen gefallen wäre. Endlich konnte sie sicher sein, dass ihr Bruder wenigstens einigermaßen sicher war. "Könnt ihr mir euer Wort geben, dass ihr ein Auge auf sie haben werdet?", fragte Robin, um sich noch einmal zu vergewissern. "Nicht nur ein Augen, Mylord! Nicht nur eines..." "Gut, dann kann ich ja jetzt gehen. Auf bald, meine Freunde." Sie schüttelte Will und John noch einmal die Hand und schwang sich dann auf ihr Pferd. Glücklich und verrichteter Dinge ritt sie nach Nottingham zurück.

"Mylord Marrin, ich habe eine schreckliche Nachricht für euch." Marrin sah von seinem Schreibtisch zu dem Boten auf, der in der Tür stand. "Was ist denn? Geht es um meinen Vater?" Der Bote schüttelte den Kopf. "Der König!", rief er atemlos. Er musste sehr schnell gerannt sein. Marrin sprang auf und schloss die Tür hinter dem Boten. "Was ist mit dem König?", fragte er dann leise. Es musste ja nicht gleich das ganze Schloss davon erfahren. "Er... er wurde gefangengenommen und nach Deutschland verschleppt." Marrin starrte den Boten fassungslos an. Das war eine furchtbare Nachricht. "Von wem?", war alles, was er sagen konnte. "Von Heinrich, Mylord. Er verlangt Lösegeld für die Freilassung des Königs. Eine Summe, so hoch, dass wir sie in hundert Jahren nicht zahlen könnten." Marrin setzte sich in den nächsten Sessel. Diese Nachricht war furchtbar. England wurde sowieso schon ausgebeutet und war arm. Wie sollte es da die große Summe des Lösegeldes aufbringen? "Seit wann ist er gefangen?", fragte Marrin. "Seit ungefähr drei Monaten. Einige seiner Leute konnten fliehen und sind vor einer Woche in England angekommen. Von dort wurde die Nachricht gleich an alle weitergegeben.", berichtete der Bote. "Weiß mein Vater schon davon?" Der Bote nickte. "Danke, du kannst gehen." Der Bote verbeugte sich und verließ das Zimmer. Marrin hingegen versank in trübe Gedanken. Wenn Richard Löwenherz nicht zurückkehren würde, käme sein Bruder John an die Macht. Ein grausamer Tyrann, der nur an Geld und Macht dachte und das Volk ausbeutete. Prinz John war jetzt, wo er den König vertrat schon schlimm genug, aber als rechtmäßiger König wäre er sicher noch schlimmer. Marrin seufzte. Er sah sehr schlimme Zeiten auf England zukommen.

Robin schlich vorsichtig in den Stall, um ihr Pferd dort abzustellen. Sie musste darauf achten, von möglichst wenig Leuten gesehen zu werden. Sie zog den Sattel vom Rücken des Pferdes und verschwand dann schnell wieder aus dem Stall. Irgendeiner der Gesellen würde sich schon um das Pferd kümmern. Auf leisen Sohlen schlich sie in den Garten, um durch den Geheimgang ins Schloss zu gelangen. Doch leider machte ihr das Schicksal einen Strich durch die Rechnung. Direkt vor dem Eingang standen einige Knechte und unterhielten sich. Robin stieß einen leisen Fluch aus, für den ihr Vater sie mit Sicherheit mehr als nur gerügt hätte. Dann schlich sie leise weiter. Der Eingang war versperrt, so viel stand fest. Wenn nicht in den nächsten Minuten ein Wunder geschehen würde, dann müsste sie sich wohl oder übel einen anderen Weg suchen. Jetzt schon um einiges lauter fluchend kehrte sie zum Eingang zurück. Nun musste sie wohl doch durch das Haupttor und lief Gefahr, Marrin zu begegnen. Leise vor sich hin schimpfend betrat sie das Tor und versuchte, zu wirken, als ob sie hier hergehörte, was sie ja eigentlich auch tat. Sie ging schnell die Treppe nach oben und in Richtung ihres Schlafgemaches. Plötzlich stupste sie von hinten jemand an und kicherte leise. Erschrocken drehte sich Robin um. "Aber Mylady, was macht ihr denn so alleine und schimpfend auf dem Gang?" Es war Eleanor. Robin warf ihr einen bösen Blick zu und zog sie dann am Ärmel mit sich. "Ging nicht anders. Und nenn mich gefälligst nicht so!", rügte sie ihre Zofe schlechtgelaunt. "Wo ist Marrin?", fragte sie dann doch leicht besorgt. "In seinem Arbeitszimmer. Ihr müsst euch keine Sorgen machen." Robin nickte und lächelte. "Gut. Würdest du mir etwas Wasser warm machen? Ich muss unbedingt baden." Eleanor nickte und verschwand durch die große Tür. Robin folgte ihr und schloss die Tür hinter sich wieder. Dann schmiss sie sich auf ihr Bett und schloss die Augen. Genau in diesem Moment war sie einfach nur froh. Froh, dass ihr Bruder gut aufgehoben war; froh, dass sie im Sherwood gewesen war; froh, alles gut überstanden zu haben und froh, endlich wieder zu Hause zu sein. Sie musste wohl eingedöst sein, denn als sie die Augen öffnete, stand Eleanor vor ihr und sah sie liebevoll an. "Euer Wasser ist fertig, aber wenn ihr euch nicht beeilt, ist es wieder kalt." Robin richtete sich auf und zog als erstes den Hut vom Kopf, sodass ihr langes Haar über die Schultern und den Rücken fiel. "Und euer Haar! Ihr seid ja völlig zerzaust. Wenn das euer Vater sehen würde!", schalt Eleanor ihre Herrin. Robin grinste nur, streckte ihr die Zunge raus und rannte schnell ins Bad, um weiteren Moralpredigten zu entgehen. Lachend zog sie sich aus und sprang ins Wasser. Aus dem Nebenzimmer konnte sie Eleanor immer noch lauthals schimpfen hören.

Marrin stand vor der Tür seiner Verlobten und zögerte. Nach kurzer Zeit beschloss er, zu klopfen. Eleanor öffnete die Tür. "Ist Robin da?" Eleanor nickte zögernd, worauf Marrin die Stirn runzelte. "Mylord, die Lady... kann euch jetzt nicht empfangen...", druckste Robins Zofe herum. "Warum nicht?", fragte er, schon leicht verwundert. "Nun ja... sie... badet gerade..." Marrin bemerkte schmunzelnd, wie die Zofe rot wurde. "Ach so! Na, dann schick sie doch bitte nachher in mein Arbeitszimmer!" Eleanor nickte und schloss dann wieder die Tür. Marrin schlenderte schmunzelnd in sein Arbeitszimmer zurück.

William und John trabten müde hinter den restlichen Geächteten her. Adam Bell hatte sie in seine Truppe aufgenommen und führte sie nun, wie er gesagt hatte, in ihr geheimes Lager. Es musste sich wohl mitten im Wald befinden, da sie nun schon Stunden gelaufen waren und ihr Ziel immer noch nicht erreicht hatten. Plötzlich stoppte John und Will stieß gegen ihn. "Autsch!" John drehte sich verwundert an und lächelte müde. "Ich glaube, wir sind da.", sagte er und deutete nach vorne. Will riss erstaunt seine Augen auf. Vor ihm lag eine Lichtung, die von mindestens zwanzig Baumhäusern umgeben war. In der Mitte brannte ein Feuer und einige kleine Hütten standen dort. "Willkommen in Sherwood Shelter!" Bell machte eine einladende Handbewegung und bedeutete ihnen so, näher zu kommen. Will und John sahen sich staunend um. Beide hätten es nicht einmal in ihren Träumen für möglich gehalten, dass mitten im Sherwood Forest solch eine Zuflucht versteckt war. "Jeder hier hat ein Baumhaus, in dem er seine Familie versteckt. Wir haben auch Ziegen und Schafe und übriges Essen und Kleidung tauschen wir gegen unsere Beute in den umliegenden Dörfern.", erläuterte Bell. "Ihr könnt dort oben wohnen." Bell zeigte auf ein Baumhaus, dass relativ nah am Boden war. "Morgen reden wir dann weiter."

Robin stand vor Marrins Arbeitszimmer und klopfte an. "Herein!", kam es von drinnen. Sie drückte die Klinke hinunter und öffnete die Tür. "Ich bin es, mein Lieber!" Marrin saß an seinem Tisch und brütete über verschiedenen Dokumenten. Jetzt sah er auf. Robin bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. "Was hast du denn? Ist etwas passiert?" Marrin stand auf und führte sie zu einem Sessel. "Setzt dich lieber!" Robin wurde immer beunruhigter, über das Verhalten ihres Verlobten. Was war bloß passiert? "Es geht um König Richard." "Was ist mit ihm? Sag schon!" Nun befürchtete Robin schon das schlimmste. "Er ist in Gefangenschaft in Deutschland. Und Heinrich fordert für seine Freilassung eine immense Menge an Lösegeld." Robin sah ihn mit großen, schreckgeweiteten Augen an. "Aber..." Das durfte einfach nicht sein! "Doch, meine Liebe. Wir sollten es sofort an alle weitergeben und anfangen, das Lösegeld zusammenzutragen. Ich glaube nämlich kaum, dass John so unheimlich viel daran liegt, seinen Bruder wieder zu befreien." Robin nickte. "Ich werde gleich zu meinem Vater reiten. Er soll dann jemand zu William und John schicken, damit die beiden es auch erfahren." Marrin schüttelte den Kopf. "Das ist zu gefährlich! Es wird bald dunkel und ich möchte nicht, dass du jetzt noch wegreitest. Dein Vater weiß es bestimmt schon und bald wird es jeder wissen. Auch die Geächteten im Sherwood Forest."



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von: abgemeldet
2005-01-17T11:54:32+00:00 17.01.2005 12:54
^.^echt klasse deine Fanfic ^o^, wäre schön wenn dur weiter schreibst
Von: abgemeldet
2004-06-11T12:36:42+00:00 11.06.2004 14:36
freche Frage, gedenkst du irgendwann weiterzuschreiben?
dein Anfang ist wie gesagt vielversprechend
du hast eine erfrischende Art zu erzählen und zu beschreiben, abgesehen von ein zwei Tippfehlern liest es sich sehr flüssig

fände es wirklich schade wenn es nicht weitergeht....

sean
Von: abgemeldet
2004-03-05T17:03:32+00:00 05.03.2004 18:03
Hola!
Das ist hier mal eine ganz andere FF von Robin Hood oder?
Ich finde sie interessant und auch gut geschrieben.
Wann geht es dann weiter? Aber worauf läuft das alles denn hinaus??
Bis zum nächsten Mal! :)

Bye Reeks
Von: abgemeldet
2004-01-25T15:32:35+00:00 25.01.2004 16:32
Hallo? Also wenn du schon angefangen hats zu schreiben, dann solltest du die ff auch weiter scheiben ne?
Sonst ist der Anfang ganz gut geworden...
Shadowgirl
Von: abgemeldet
2003-06-28T19:55:39+00:00 28.06.2003 21:55
nicht schlecht
Von: abgemeldet
2003-06-24T08:39:24+00:00 24.06.2003 10:39
Also das ist doch schon einmal, ein sehr viel versprechender Anfang. Die Idee ist gut und ich freu mich schon auf mehr davon. Hoffe du schreibst irgendwann mal daran weiter....

gruss sean-bea


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