Lapis Serpentis von _Halbblutprinz_ ================================================================================ Kapitel 4: Der Platz am Hof --------------------------- Der nächste Morgen kündigte sich überraschend spät an. Severus hatte nie wirklich die Gelegenheit auszuschlafen, denn es gab sonst viel für ihn zu tun. Sein Garten musste bewässert werden, dafür musste er zum Brunnen bei dem zu späteren Zeiten immer viel zu viel los war. Dann machte er sich ein karges Frühstück. Anschließen bereitete er ein paar Tränke, verarbeitete Zutaten und versuchte ein paar von diesen zu verkaufen. Darauf ging er meist in den Wald um neue Vorräte ranzuschaffen. Diese mussten schließlich verarbeitet werden und dann war es auch fast wieder Abend. Hier am Hof mahlten die Mühlen allerdings ein bisschen langsamer. Vorausgesetzt man war kein Angestellter. Draußen plapperten schon Mägde und die Stallburschen auf dem Hof. Ein paar fleißige Knappen drehten schon ihre ersten Trainingsrunden an, als der Heiler langsam seine Augen aufschlug. Durch den schmalen Spalt an der Wand schien ihm die Sonne ins Gesicht und der junge Mann richtete sich verwundert auf. Severus brauchte einen Moment ehe er verstand, dass er nicht in seiner kleinen Hütte war sondern hier in seiner Kammer am Hof. Niemand verlangte jetzt von ihm, dass sein Garten bewässert wurde… Andererseits bedrückte Snape genau die Tatsache, denn nun würden seine Pflänzchen verdorren. Mit einem Seufzen setzte er sich auf und wagte es sich zaghaft zu strecken. Warum hatte ihn noch niemand geweckt? Vermutlich wollte im Moment einfach niemand etwas von ihm. Hunger hatte er auch noch keinen, denn das Festmahl vom Vorabend lag noch schwer und wohltuend in seinem Magen. Das Gefühl sich ausgeschlafen zu haben war ganz ungewohnt für ihn und so stand er mit etwas weichen Knien auf, strich seine Kleidung glatt und wagte einen Blick vor die Tür. Rechts – Niemand zu sehen. Links – Auch niemand. So entschloss sich Severus wieder zu einem Erkundungsgang. Immerhin würde er jetzt wieder erst mal eine Zeit lang für sich allein sein. So dachte er zumindest. Sein Weg führte ihn diesmal eine schmale Wendeltreppe hinauf, die sich ein paar Meter von seiner Kammer befand. Hier war es so dunkel, dass die Gänge, die nach der Treppe folgten, mit einfachen Fackeln beleuchtet wurden. Severus fragte sich wer hier lebte. Dieser Teil der Burg schien so finster und kalt, dass es dem Heiler einen Schauer über den Rücken jagte. Bedrohliche Staturen, dämonenähnliche Fratzen waren hier aufgestellt und schienen den unerfahrenen Siedler geradezu anzuknurren. Snape machte einen großen Bogen um den kalten Stein und wieder überkam ihm das Gefühl, dass man ihn zerrte und nur auf seinen Fall wartete. Alles hier schien so bedrückend und bedrohlich und in Snape wurde der Wunsch größer einfach umzukehren. Gerade wollte er auch genau dies tun… Sein Herz schlug schneller und kalter Schweiß bildete sich zwischen seinen Schulterblättern… Da öffnete sich eine der schweren Holztüren und Snape erstarrte in seiner Bewegung. Eine zierliche Frauenfigur trat hinter der Tür hervor und setzte einen Fuß vor den anderen. Ihr Kleid schien zerknittert und ihr Schleier war auf den dunklen Locken verrutscht. Bellatrix wirkte müde und ihre Augen huschten unruhig hin und her. Sie brauchte einen Moment bevor sie überhaupt begriff, dass der Heiler im Gang stand und sie ansah. „Was willst du denn hier?!“, zischte sie, mit einem Mal sehr wütend. „Du hast in diesem Gang absolut garnichts verloren! Das hier sind die Kammern des Grafen du undankbares Würmchen!“, zeterte die Dame nur weiter und trat ein paar hastige Schritte auf den Heiler zu, der darauf unweigerlich zurückwich. Das hier waren also die privaten Räumlichkeiten des Herrschers… Natürlich hatte Severus hier nichts zu suchen, das wusste er. Nur hatte er eben bis gerade nicht gewusst wo er hier war. „Ich wusste nicht, dass das hier dem Grafen gehört.“, nuschelte Snape knapp und beherrscht. Immerhin hatte er es ja wirklich nicht gewusst. „ALLES in dieser Burg gehört den Grafen!“, keifte die Frau plötzlich so laut, dass Snape unweigerlich zusammen zuckte. Bellatrix hatte ein lauteres Organ als die Bauernfrauen. Und die waren schon laut. „Und du hast hier nicht rumzuschnüffeln! In den Kerker sollte man dich werfen!“, Bellatrix Locken lösten sich wieder aus ihrem ohnehin schief sitzenden Schleier, denn sie stampfte vor Wut auf den Steinboden. Jedoch wurde sie dann, ganz zu Severus Erleichterung, wieder etwas leiser und sah sich verstohlen um. „Der Graf ruht. Wir sollten Beide nicht mehr hier sein.“ , Bellatrixs Stimme war nunmehr eher kalt. Die Lestrange Frau ließ die letzten Schritte zwischen ihr und dem Heiler hinter sich, packte einfach seinen Arm und zerrte ihn zurück zur Treppe. Erneut konnte sich Snape nur wundern. Bellatrix war so ganz anders als das was er von den Frauen am Hof gehört hatte. Eigentlich hatte er Zurückhaltung und stille Scham erwartet. So wie man es immer über die Frauen hier zu tuscheln vermochte. Aber diese hier hatte überhaupt keine Zurückhaltung und von Scham war auch keine Spur zu sehen. Der Heiler fragte sich, ob sie sich hier schlicht eine Position erarbeitet hatte, die es ihr als Frau erlaubten so zu reagieren und zu handeln. Vielleicht wagte es auch einfach niemand ihr etwas vorzuschreiben. Denn immerhin schien sie sich… gut mit dem Grafen zu verstehen. Da kam dem Schwarzhaarigen auch sofort der Gedanke, dass sie dieses zu ihrem eigenen Vorteil nutzte. Oder folgte sie dem Graf dann doch gern in seine Kammer? Mit zig Fragen im Kopf ließ er sich von der Dame nach unten ziehen und wieder in die helleren Gänge der Burg führen. Tatsächlich wagte er es nicht ihr etwas zu sagen. Dazu war er garnicht in der Position. Wäre er höher gestellt hätte er sich Widerworte erlauben können… Vielleicht kam es auch noch dazu, wenn er an seinem Plan festhielt den Orden zu verraten. Kurz blieb Bellatrix stehen, strich ihr Kleid glatt und richtete ihren Schleier. Mit stummer Faszination beobachtete der Heiler ihre geschickten und routinierten Handgriffe. „Nun ich hatte sowieso vor dich aufzusuchen, Heiler.“, murrte die Dame Lestrange dann etwas verstimmt. „Immerhin ist es meine Aufgabe dich hier rumzuführen und dir zu erklären wie du dich zu verhalten hast. Hier direkt eine weitere Lektion – Geh NIE wieder in die Gänge des Grafen! Es sei denn es ist sein ausdrücklicher Wunsch.“, ermahnte sie Snape, der darauf verärgert mit den Zähnen knirschte. Er war doch nicht dumm! Er wusste sehr gut, dass er einen Fehler begangen hatte und diesen sicherlich kein zweites Mal tun würde. Sie musste doch nicht mit ihm sprechen wie mit einem Kind… Doch wieder hüllte er sich in Schweigen. Da er nichts dazu zu sagen hatte ging Bellatrix weiter, mit der Absicht, dass Severus ihr folgte. „Du wirst bald sehen, dass der Graf dir deine ersten Aufträge zuteilt. Du wirst uns sehr nützlich sein. Dein Wissen wird uns nützlich sein.“, plapperte sie. „Solltest du dich wirklich als so talentiert herausstellen wirst du bald mehr sein als ein einfacher Heiler. Du wirst vielleicht sogar in unseren Stand erhoben… Als Edelfreier sozusagen. Denn wenn du wirklich die hohe Position des persönlichen Heilers des Grafen annehmen solltest, dann kannst du nicht länger ein Siedler sein. Ich rate dir also dich anzustrengen.“ Während sie so redete und Severus ihr aufmerksam zuhörte, führte die Dunkelhaarige ihn auf den Hof. Ein Edelfreier zu sein klang traumhaft in Snapes Ohren. Damit stand er noch über den Bürgern und niemand würde es mehr wagen ein schlechtes Wort über ihn zu verlieren! „Während den Mahlzeiten solltest du den Blickkontakt mit dem Grafen vermeiden. Das gehört sich nicht. Du bist keiner seiner Ritte. Die dürfen das nämlich durchaus.“, sprach Bellatrix so weiter, als plötzlich ein Pfeil an ihr vorbeizischte. Die Schrecksekunde war furchtbar… Denn wäre sie nicht auf einmal stehengeblieben hätte der Pfeil sie direkt durchbohrt. Ihre Brust hob und senkte sich angestrengt und ihr Blick wanderte rüber zu dem Knappen der den fast tödlichen Schuss abgegeben hatte. „Du!“, fauchte sie. „Das wird noch Folgen haben!“ Snapes blieb einen Moment ganz erschrocken stehen. Diese Reflexe! Sie musste etwas geahnt haben, sonst wäre sie nicht einfach stehen geblieben! Der Gedanke kam ihm, dass sie ein grandioser Kämpfer geworden wäre, wäre sie nur ein Mann. Der Knappe wurde ganz blass als Bellatrix seinen Lehrmeister zu sich rief, der sofort veranlasste den Jungen drei Tage bei Brot und Wasser zu halten und ihn zur Strafe im Stall schlafen zu lassen. Das würden furchtbare Tage für den Jungen werden. Doch die Strafe war nur notwendig. Immerhin hätte er fast eine Frau von Stand verletzt oder gar getötet. Kurz darauf setzten Bellatrix und Snape ihren Weg fort. „Das war schnell reagiert.“, wagte er es anzumerken und sah verstohlen zu der hübschen Frau hinüber. „Natürlich war es das.“, meinte sie bloß kühl und erwiderte seinen Blick nicht. „Meinst du ich renne einfach so in eine Gefahr rein?“, das war mehr ein Vorwurf und Severus senkte seinen Blick wieder. „Nein natürlich nicht…“, murmelte er und kaum hatten sie den Bogen, der sie zurück ins Burginnere führte, erreicht wurde der Hof auf einmal in helle Aufruhr versetzt. Ein Reiter kam durch das Tor geritten und kam mit einem dramatischen Zug an den Zügeln seines Pferdes zum stehen. Das Tier war ganz verschwitzt und deutete auf einen langen, anstrengenden Ritt hin. Sofort kamen Knechte angerannt um dem Reiter aus dem Sattel zu helfen, das Tier zu versorgen und etwas zu trinken zu reichen. Bellatrix machte auf dem Absatz kehrt und ging auf den Reiter zu. Wieder ziemlich untypisch, schoss es Snape durch den Kopf, der ihr langsam folgte. Malfoy kam von der anderen Seite auf den Neuankömmling zu und machte eine nicht unbesorgte Miene. „Welche Botschaft bringst du?“, fragte er sofort. Der unbekannte Reiter nahm seinen Helm ab und braunes Haar klebte nassgeschwitzt an seinem Gesicht. Dunkle Stoppeln und tiefe Augenringe zeichneten seine Miene. Severus vermutete, dass der Mann tagelang durchgeritten sein musste. „Ich bin nicht weit gekommen….“, meinte der Reiter fest, aber sichtlich enttäuscht. „Dumbledore hat überall Wachen aufgestellt. Scheinbar wusste er bescheid, dass ich mich in seiner Stadt umhören sollte. Ich wurde in keine Gaststätte gelassen!“, beschwerte er sich und löste seine Beinschoner, die darauf sofort von einem Knappen abgenommen wurden. „Der Graf wird nicht erfreut darüber sein…“, murrte Malfoy und Bellatrix wagte es sich ebenfalls einzumischen. „Man wusste, dass du kommst, Yaxley?“, ihr Gesicht verzog sich in eine nachdenkliche Miene. „Wer hätte wissen können, dass wir dich schicken? Dass du überhaupt von hier kommst? Jemand muss uns belauscht und dich verraten haben!“ „Willst du damit sagen wir haben einen Verräter in unseren Reihen? Das sind schwere Anschuldigungen, Bellatrix.“, seufzte der blonde Ritter und strich seine langen Haare zurück. Sein Blick wanderte rüber zu Snape, der offensichtlich ihrem Gespräch lauschte. „Komm Yaxley. Ich sehe zu, dass du den Grafen sprechen kannst.“, meinte Malfoy sofort darauf und führte den erschöpften Reiter weg. „Und du kümmerst dich besser um deine Aufgaben, Bellatrix!“, schnaubte er noch und nickte zu dem mageren Heiler rüber. „Du solltest wirklich nicht bei solchen Gesprächen dabei sein.“ Damit waren der Ritter und der Reiter im Inneren der Burg verschwunden. Bellatrix blieb einige Momente wie angewurzelt stehen. In ihrem Gesicht las Snape tiefe Betroffenheit. Aber hatte der Ritter denn nicht Recht? Sie als Frau hatte sich in solche Themen nicht einzumischen. Als hohe Dame waren ihre andere Aufgaben zugeteilt, als Kriegsführung und die Geschäfte der Männer. Jedoch schien ihr genau das nicht zu passen. Mit einem wütenden und garnicht damenhaften Fluch auf den Lippen drehte sich die Lestrange um und verschwand in eine Richtung, ganz ohne dabei Severus noch zu beachten. Neugierig geworden über die Ereignisse fragte sich der Heiler kurz ob er den Männern folgen konnte um weiteres über den Reiter namens Yaxley zu erfahren, oder ob er doch lieber der Frau folgen sollte. Schließlich entschloss er sich für Letzteres, da er sich sicher war, dass er keine Chance haben würde soweit zu folgen, dass er noch etwas über Yaxley mitbekam. Vorsichtig machte er sich also auf den Weg in diese Richtung. Nicht ahnend, dass das vielleicht eine falsche Entscheidung gewesen war. Denn ganz unbeobachtet war Snape nicht geblieben. Trotz seines kurzen Aufenthalts wusste er zu viel und doch viel zu wenig. Und er hatte sich bereits Feinde gemacht… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)