The extend of my sin - Das Ausmaß meiner Sünde von Sam_Linnifer (Wichtel-FF für FUcard, Durchgeknallte-Autoren-Zirkel) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Und was bleibt jetzt aus diesen Jahren, als alles noch für immer war. Wir waren jung, ein Leben lang, glaubten das wir unbesiegbar waren. Nichts bereuen, alles riskieren und einfach so drauflos marschieren als hätten wir das selbe Ziel, als würde es ewig so weiter gehen. Doch irgendwann verliert man sich und jeder nimmt seinen eigenen Weg. Wir nehmen es hin, bleiben stumm dabei, weil uns nichts anderes übrig bleibt. Es war, wie zu erwachen, aus einem langen, tiefen Schlaf. Ich blinzelte, von matter Benommenheit umwoben, und das Licht blendete mich, wärmte mich, mein Gesicht wurde zu einem Lächeln. Erneut öffnete ich die Augen, hob die Hand, um ihnen ein wenig Schatten zu spenden. Ich fühlte mich so seltsam leicht und frei, als wäre ich... Ich wusste es nicht. Kurz hielt ich inne, doch der Gedanke verflog, als ich ihn festhalten wollte, egal wie sehr ich mich anstrengte. Er rann wie Sand durch meine ausgestreckten Finger und ließ Wärme und Wohlbehagen zurück. Ein freundlicher Wind zerzauste mein Haar, ich hörte, roch das Meer und als meine Augen sich an das Licht gewöhnten, leuchteten Farben um mich herum. Ich hatte auf wogenden Sommergräsern gelegen, vielleicht ein Nickerchen gemacht und streckte mich jetzt, staunte, wie stark ich mich fühlte und wusste nicht warum. War es jemals anders gewesen? Wieder die Gedanken, kleine Schatten im Licht, nicht greifbar, nicht präsent genug, um das Bild länger als einen Sekundenbruchteil zu trüben. Ich blickte mich um. Wie hätten Worte beschreiben können, was ich sah? Heiße Freude durchströmte mein Herz und ein seltsames Gefühl sagte mir, dass ich angekommen war, zu Hause, dort, wo ich hingehörte. Das hier war, was ich immer gesucht hatte, wen kümmerte shcon etwas anderes. Es gab das hier und jetzt, was also sollte ich mit der Vergangenheit anfangen? Der Zukunft? Ich begann zu laufen, rannte so schnell ich nur konnte und es war, als würde ich fliegen. Ich wartete darauf, dass meine Lungen zu brennen begannen, dass meine Beine schmerzten, doch sie taten es nicht, es lief weiter, hätte bis in alle Ewigkeit weiter laufen können, bis zum Ende der Welt. Ich war frei, trieb auf den Wogen meines Triumphes und mit einem lachen stoppte ich im weichen Gras, reckte mein Gesicht in das warme Licht. Vollkommenheit. Das war es, was ich fühlte. Kapitel 2: ----------- Wenn ich du wäre, lieber Gott, und wenn du ich wärst, lieber Gott, glaubst Du, ich wäre auch so streng mit dir? Würdest Du die Gebote befolgen, nur wegen mir? Und du verzweifelst, und wir versagen, und das an jedem neuen Tag. Das Versagen nennst Du Sünde, doch können wir dann etwas anderes als Sünder sein? Was bedeutet „Sünde“, was heißt es, zu „sündigen“? Nicht zu glauben, wenn wir doch allein gelassen sind? Ich habe nie an irgendeinen Gott geglaubt, auch an keinen anderen. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, jemandem die Freundin auszuspannen, wenn ich auch zugebe, es mag daran liegen, dass sie mich ausgelacht hätten. Ich habe gelogen, wer nicht, wie konnte ich nicht, und doch, gerade zu dir war ich ehrlich, so ehrlich, dass es manchmal wehgetan hat. Ich war manchmal neidisch, aber nicht auf dich, weil ich die Wahrheit kannte. Ich liebe meine Familie,würde sie nicht tauschen wollen. Ich habe niemals getötet, nicht einmal mit Absicht ein Insekt, und doch glaube ich, dir habe ich etwas viel schlimmeres angetan. Ich habe dich gesehen, heute, ich war mir nicht sicher, ob ich es könnte, es hat so lange gedauert, bis du aufgetaucht bist, doch jetzt weiß ich, ich sehe dich und es tut weh. Ich sah dich, sah meine Schuld, und meine Sünde. Du sahst mich nicht. Sie sehen mich nie und nun bist du einer von ihnen. Als lebten wir in zwei Welten, einander so nah, dass wir uns berühren könnten, streckten wie dir Hände nacheinander aus, und doch so fern, dass wir uns nie erreichen. Ich habe mich immer gefragt, warum die Grenze so unüberwindbar ist, und doch durchsichtig, nur ein feiner Nebelschleier, warum sie mich auf die andere Seite sehen lässt und mich doch vor ihr verbirgt. Vielleicht gibt es auch dort Sehende, und wir bemerken sie nicht. Du hattest keine Antworten darauf, aber du hast mir geglaubt und nichts hätte wichtiger sein können als das. Nichts hätte wichtiger sein können als du, denn ohne dich, war ich allein. Ich erinnere mich kaum noch an die Zeit davor, sie scheint mir dunkel, und fern, aber nicht ganz so dunkel, wie die Welt es jetzt geworden ist, seit dein brennender Glanz mich blendete, als du an mir vorbei gezogen bist. Wir waren Kinder, du und ich und ich war allein. Ich habe nie verstanden, was du gesehen hast. Sie mieden mich, weil sie mich nicht verstanden, weil sie nicht sahen, was ich sah, und weil sie fürchteten, was anders war, ohne es selbst wirklich zu wissen. Sie hatten Angst und ich wusste es, ich blieb im Schatten, blieb für mich und unentdeckt, bis du erschienen bist. Dich hätten sie gern zum Freund gehabt, du warst klug und mutig, warst stark,warst schön. Du schienst keine Sorgen zu kennen, keine Furcht und doch gingst du an ihnen vorbei und zu mir hin, hast den Schatten betreten und mir die Hand gereicht. Dann mieden sie dich, weil auch sie nicht verstanden, was du in mir gesehen hast. Du warst mein Freund, all die ganzen Jahre. Warst bei mir, für mich da. Und ich habe versucht, dein Freund zu sein, doch als du mich brauchtest, lief ich fort. Es war nicht meine Schuld, dass du gestorben bist, es war nicht deine, so sehr ich dich dafür hassen will. Doch es war meine Schuld, dass du allein gewesen bist. Meine Schuld, dass du mir so viel und ich dir nichts gegeben habe. Ich kannte die Wahrheit, auch wenn du sie nicht sagtest, ich wusste, du brauchst mich, ich wusste, zum ersten Mal in deinem Leben hattest du Angst. Ich wusste es, doch ich war nicht da, du hast meine Schatten vertrieben, ich habe dich deinen Ausgeliefert. Das ist das wahre Ausmaß meiner Sünde. Du hast mich nicht erkannt, als ich heute vor die stand. Ich hätte mit dir reden wollen, doch ich konnte nicht. Du sahst mich nicht, dein Gesicht war leer. Vielleicht erinnerst du dich nicht. Wir haben so viel erlebt, doch vielleicht ist das alles nie geschehen, nichts geblieben, alles ausgelöscht. Ich dachte, nichts kann uns trennen, nun waren deine Augen und ich ging, ohne ein Wort an dir vorbei. Fort der Funke, der uns verbunden hat. All die ganzen Jahre... Kapitel 3: ----------- Sorglos können wir fliegen, bis die Sonne unsere Flügel schmilzt. Dann kommen die Fragen, nach dem Grund, der uns auf einmal aus den Wolken stürzen lässt. Glaube, was heißt schon Glaube? Noch im Sturzflug schämen wir uns, beten, damit wir sicher sind, wenn wir fallen, irgendjemand hebt uns auf. Und wir hoffen, während wir fallen, dass uns auch irgendjemand braucht. Und wir beten darum, wenn wir fallen, dass wir nicht alleine sind. Und ich denke noch, während ich falle, schön für mich, dass es dich gibt. Es waren noch andere dort, aber sie störten mich nicht. Im Gegenteil, es war schön, nicht allein zu sein, all das zu teilen. Ich war glücklich, so glücklich, wie man nur sein konnte nur ab und an, waren da noch immer diese winzigen Schattenfetzen, trübten kurz meine Sicht. Ich hätte so gern gewusst, woher sie stammten. Manchmal, nur für einen winzigen Augenblick, war ich nicht mehr sicher, ob das hier alles war. Der Gedanke schien so töricht, so dumm, ich wagte nicht, ihn zu erwähnen, die anderen hätten nur gelacht. Doch er ließ mich nicht los, war wie ein glimmender, nie verlöschender Funke, wartete auf Nahrung, um zur Flamme zu werden. Manchmal glaubte ich, das es da etwas gab, ein davor, etwas wichtiges, Verlorenes. Doch wo sollte ich gewesen sein, wenn nicht hier? Manchmal war es, als ginge ich durch Nebel, als sie die Welt auf eine Leinwand aufgemalt, nur dünner Stoff, der mich von etwas anderem trennte, etwas großem, vielleicht erschreckenden. Ich wollte es sehen, meine Hände danach ausstrecken. Ich wollte dieses andere berühren und den Sinn meiner Schatten verstehen. Doch so dünn der Nebel war, so undurchdringlich schien er doch. „Hör auf danach zu suchen“, es war einer der anderen und seine Stimme klang so ernst, dass es mich erstaunte. Er lächelte nicht, im Land des ewigen Lächelns, er blickte mich nur an, und ich fühlte mich klein wie ein gescholtenes Kind. „Das darfst du nicht, blick niemals zurück, verstehst du mich?“ Ich nickte, konnte nichts sagen, doch nein, ich verstand es nicht. Kapitel 4: ----------- Wenn du von hier gehst, dann denk an mich, lass mich nicht allein zurück. Auch wenn du nicht wusstest, wohin du eigentlich willst, Ich wollte mit dir gehen. Ich dachte, es gab nicht viel, was mich hier hielt, nicht eine Träne würde ich verlieren. Glaubte ohne dich könnt ich nicht leben, doch hier bin ich, lebend, und allein. Wir waren 16, als es begann. Du warst so müde, doch ich hab mir nichts dabei gedacht. Alles schien wie immer, du hast gelächelt, nichts gesagt, doch wer, wenn nicht ich, hätte die Wahrheit sehen sollen? Ich sah durch den Schleier, doch dich sah ich nicht, als du neben mir standest. Du warst all die Jahre, neben mir allein. Ich weiß nicht, wann du es wusstest. Auch diesmal hast du nichts gesagt. Du wolltest den Schmerz alleine tragen, ganz für dich, so wie immer. Vielleicht wusste ich schon, dass etwas nicht stimmte, doch ich wollte es nicht sehen. Ich war glücklich, ich wollte es bleiben. Wollte glauben, dass auch du es warst und die Zeit einfach stillstehen könnte, doch natürlich war es nicht so. Ich kann mich nicht erinnern, wo die anderen waren, zu dieser Zeit. Wo deine Familie war, aber das war nichts besonderes, sie waren nie da gewesen. Eigentlich war niemand je da gewesen, nur du, nur ich. Ich weiß noch ganz genau wie du es mir gesagt hast. Die Zeit, der Ort, bleiben verschwommen und vage, sie waren nicht wichtig, nicht bevor und erst recht nicht nachdem du gesprochen hattest. Und so oft wie ich diesen Moment im Traum wieder erlebt habe, wieder und wieder, weiß ich längst nicht mehr, was Wahrheit ist, was Traum. Ich glaube, es war in dem Eiscafé am Strand, in dem wir im Sommer immer saßen und es muss auch Sommer gewesen sein, damals, einer dieser heißen Augusttage, an denen man nichts anderes mehr fertig bringt, als sich im Schatten zu verkriechen. Aber es wechselt in meiner Erinnerung, deine Worte aber blieben immer die gleichen. „Mach dir keine Sorgen“, als du das gesagt hast wusste ich, dass etwas Schreckliches geschehen würde. Als du das gesagt hast, wollte ich dich nur noch zum Schweigen bringen, so, als würde all das nicht wahr sein, wenn ich es dich nicht aussprechen ließe, als könnte ich es zum Verschwinden bringen, indem ich es verleugnete. Niemand macht sich keine Sorgen, wenn er diesen Satz hört, niemand, und schon gar nicht, wenn du es bist, der ihn sagt. Das allein versetzte mich so in Panik, ich konnte kaum verstehen, was du dann sagtest. In meinem Kopf war so ein Rauschen, das dich fast übertönte und es ergab keinen Sinn. Dass du krank seist, dass du zur Behandlung ins Krankenhaus müsstest. SO etwas passierte nicht, konnte nicht passieren. Anderen Leuten vielleicht, armen, traurigen Leuten, von denen man in der Zeitung las, aber nicht dir, nicht mir, nicht uns. Du sagtest nichts vom Sterben. Ich weiß nicht, ob es meinetwegen war oder ob du selbst nicht daran glaubtest. Ich habe dich nie gefragt. Ich weiß nur, in jenem Augenblick war die Angst wieder da, packte mich mit eiskalten Klauen, schüttelte mich, erstickte mich. Als ich klein war, fiel ich ins Meer, ich konnte nicht schwimmen und spät im Herbst war das Wasser dunkel und eisig kalt. Dieser Augenblick fühlte sich genauso an. Hast du danach weiter gesprochen? Selbst wenn, es hätte eine andere Sprache sein können. Wir sprachen nicht vom Tod, doch er war da, in genau diesem Moment, wie oft hatte dein Herz schon geschlagen? Wie oft würde es das noch tun? Ich war glücklich, bis zu jenem Moment. Wo kamen all die Zweifel her, die mir in Herz geschlichen sind? Und unsere Zeit in Frage stellten? Sollte ich fliehen oder mit dir kämpfen? Und ging es dir am Ende so wie mir, dass du manchmal einfach kaum noch wusstest, wofür? Jede Antwort fiel so schwer, zog mich tiefer, hinab ins Meer. Ich ertrank. Kapitel 5: ----------- Ich bin durch das Meer geschwommen, hab von Wasser und Salz gelebt, nur um hierher zu kommen und dich endlich zu sehen. Ich war in jeder Wüste, die man sich denken kann. War fast dran aufzugeben, ständig weiterzuziehen. Ich hab mich oft verlaufen, war viel zu lange blind. Überall und nirgendwo suchte ich nach dir. Und ich lief jahrelang nur durch Regen. Oder ob es Tränen waren? Ich weiß es heute nicht mehr. Doch würde ich denselben Weg noch einmal für dich gehen. Mir ist kein Preis zu hoch um dich zu sehen. Immer stärker wurde das Gefühl, der Schatten wurde zur Erinnerung. Sie mahnten mich, tadelten mich, doch ich konnte sie nicht lassen. Da war etwa,s ich wusste es, etwas wichtiges. Da war jemand? Immer wieder blickte ich zurück. Manchmal war es nahe, so nahe, als könnte ich es berühren.Wäre nur der Nebel nicht. Ich wollte sehen, wollte fühlen und verstehen, ich glaubte ihren Worten nicht. In meinem Herzen fehlte etwas und so blieb das Glück nur Illusion. Ich musste es wissen und langsam begann ich zu sehen. Der Nebel wurde zum Schleier, dahinter verbarg sich eine Welt. Sie wirkte so fremd, kalt und grau, ließ mich beben, ließ mich fliehen, doch bei aller Furcht, du zogst mich zurück dorthin. Ich begann mich zu erinnern. Zuerst nur an vertraute Gefühle, an ein warm und ein kalt, an richtig, an falsch, und die Farben hier begannen zu verblassen. Ich erinnerte mich an Schmerz und an Liebe, an Hoffnung, Verzweiflung und Wut, erinnerte mich daran zu leben, und dann an meinen Tod. Die Welt war schwarz und leer geworden, sie gingen von mir fort, ließen nur die Mahnungen zurück. Erinnerung hatte die Vollkommenheit zerstört, doch ich sah es nicht, ich suchte noch, suchte nach dir.Und während ich suchte, riefst du nach mir. Kapitel 6: ----------- Die Zeit zog an uns vorbei, bis wir fragten, was noch bleibt. Von den Spuren unserer Wege, so ausgebleicht und in Vergessenheit, als hätte es uns nie gegeben. Wir suchten unsere Vergangenheit, getrieben von der einen Frage, suchten unsere Gegenwart, die Zukunft und Unsterblichkeit. Alles hat seinen Preis. Wir wussten es, doch waren zum zahlen noch nicht bereit, als diese Rechnung kam. Als das wir im Stillen Abschied nahm. Woher kam die Angst vorm Tod? Woher wussten wir, dass wir noch lebten, hörten, was das Leben uns versprach, ehe es und alleine ließ. Ich stand da, mit ausgestreckter Hand, und du bist mir entglitten. Als Rest zurück bleibt die Erkenntnis: Leben ist tödlich. Ich habe dich erneut gesehen, du scheinst jetzt ständig in meiner Nähe zu sein und ich würde gern glauben, dass es meinetwegen ist, doch ich weiß, dass du mich nicht sehen kannst. Du könntest durch mich hindurchgehen und du würdest mich nicht einmal bemerken. Ich wollte, ich könnte so vieles sagen, Worte, zu denen mir damals der Mut fehlte, vielleicht auch heute noch fehlt, doch weil ich sie nicht mehr sagen kann will ich es so sehr. Du siehst nicht mehr so aus, wie damals, nach diesem Sommer. Du siehst aus wie davor, als die Mädchen dich umschwärmten. Stark und gesund, nicht ausgezehrt und kränklich. Es ist gut, das zu sehen, es lässt die anderen Bilder wie einen Alptraum verblassen. Die Erinnerung an das, was nach diesem Sommer geschah. Vielleicht wird es jetzt leichter sein, mich so an dich zu erinnern, lachend, voller Leben und nicht der verblichene Schatten deiner Selbst, den die Krankheit aus dir machte. Es war kaum noch etwas von dir übrig, als du starbst. So dünn, so bleich, als würdest du dich auflösen, nur mit bloßem Willen noch, diesen zerstörten Leib ins Leben zwingen.Da wussten wir längst, dass du sterben würdest, dass die Medikamente dich fraßen, wenn die Krankheit es nicht tat. Doch niemand sprach es aus. Wir lebten vor uns hin, taten, als sei nichts dabei, klammerten uns an der Gegenwart fest, der Vergangenheit und einer verlogenen Vision der Zukunft, wenn all das vorbei war. Ich hasste jede Sekunde, dort bei dir, hasste es, dich so zu sehen, und ich hasse mich dafür.Wir sprachen nie über das, was wirklich Bedeutung hatte, es kostete zu viel Kraft, so zu tun, als sei alles gut, als dass wir es gekonnt hätten. Auch da hast du noch immer gelächelt und ich konnte es kaum noch ertragen. Fast glaubte ich, froh zu sein, wenn es vorbei war, und wusste doch, es würde meine Welt zerstören. Ich weiß noch, dass es Winter war, wie jetzt, vor etwa einem Jahr. Du hast den Schnee geliebt, gewünscht, du könntest ihn noch sehen, er fiel nur auf dein Grab. Nur dieses eine Mal hast du mir deine Angst gezeigt, konntest sie nicht mit einem Lächeln verbergen. Wir wussten es beide, auch wenn es niemals ausgesprochen wurde. Du strecktest die Hand aus, damit ich dich festhielt, doch ich erreichte dich nicht. Ich ging und ließ dich allein zurück. Mein Schmerz war so groß, ich glaubte deinen nicht ertragen zu können, nur dieses eine Mal hast du mich um etwas gebeten, und ich ließ dich allein. Und ich weiß, du würdest es verstehen, würdest mir verzeihen, doch du kannst es nicht. Niemand kann, und niemand wird, mich je von dieser Sünde befreien, nicht du, und ganz sicher nicht ich. Du dachtest, Ich würde aufschreien, wenn andere schweigen, würde hinhören, wenn niemand spricht und glauben, trotz aller Zweifel,dachtest es wäre Verlass auf mich. Als würde ich wach sein, wenn andere schlafen, bleiben, wenn andere gehen und durchhalten, auch wenn´s wehtut, als könnte ich kämpfen, wenn alle fliehen. Als wäre ich ein anderer, irgendjemand, nur nicht ich. Kapitel 7: ----------- Erst wenn das Ende kommt, werden uns die Fehler klar, die jeder Mensch im Lauf der Zeit begeht. Was werden wir behalten, außer unserer Erinnerung? Sie wird das Allerletzte sein, was wir zu geben haben... Erst wenn wir das Ende sehen, beginnen wir zu verstehen, worum es eigentlich für uns im Leben geht. Dass es kein Leben ohne Schmerz gibt, ohne Suche nach dem Sinn, keine Chance es aufzuhalten, keine Chance zurückzugehen.Wenn vor uns das Ende liegt und wir alleine sind, erkennen wir für uns das Glück, das wir sonst nie sehen. Ich erinnerte mich. Erinnerte mich an den Jungen, den ich einmal sah. Allein im Schatten, voller Angst und einsam saß er da. Ich erinnere mich, wie ich mich selber in ihm sah. Erinnere mich an dich. Ich weiß, dass du mich sehen musst, ich versuche zu dir zu gehen. Die anderen sind fort, was tue, sei eine Sünde, ist verboten, doch mein Herz weiß, dass es richtig ist. Es ruft mich heim zu dir. Ich wandere im Nebel, starre durch den Schleier dieser Welt. Nach und nach kann ich sie sehen, klarer, heller und verstehe nun, wie es dir ergangen ist. Sie sehen mich nicht, spüren mich nicht, wenn ich sie berühre. Sie hören mich nicht, wenn ich rufe, schreie, lache weine, ich bin nicht da und in mir wächst die Angst. Bin ich einfach verblasst? Bin ich fort? Wieso sehen sie mich nicht? WO bist du nur? Ich warte hier auf dich. Es kalt hier, kalt und leer, seit ich den Schleier hob, fort die Illusion, was mir bleibt ist nur der Tod. Wo bist du bloß? Es tut mir Leid, ich wollte niemals von dir gehen. Komm zu mir, ich brauche dich, noch immer. Wirst du meinen Ruf endlich erhören? Fast schon schwindet mir die Hoffnung, Das Nichts lockt aus der Ewigkeit. Ich könnte gehen, ins Vergessen, bis keine Erinnerung mehr bleibt. Doch mein Herz krallt sich fest, an diesem einen Augenblick und dann endlich, dort bist du und jetzt sehe ich dich, jetzt siehst du mich. Kapitel 8: ----------- All die Pläne und die Ziele, Jeden Wunsch, der in mir brannte und all das wofür ich jemals kämpfte,würde ich tauschen gegen dich. Meine Hoffnungen und Träume, meine Vorstellung von Glück und all das wonach ich mich sehne, es ist wertlos ohne dich. Es ist nur ein Jahr und doch scheint eine Ewigkeit vergangen. Tage, die verstrichen sind, Stunden, Minuten, Sekunden. Habe ich sie wirklich wahr genommen? Sie gelebt? Oder bin ich im Grunde so erstarrt wie du, ein atmender, wandelnder Toter, niemand sieht es, doch ich fühle mich leer und allein, aus Trauer, doch auch aus Schuld. Ich weiß, du hättest es nicht gewollt, du hättest gewollt, dass ich weiter glücklich bin, für dich glücklich bin, lebe, lache, ich glaube es, weil ich dich kannte, doch gab ich dir nie die Gelegenheit, es mir tatsächlich zu sagen. Es war nur eine Nacht von vielen, jene, in der es zu Ende ging. Dunkel, kalt, so wie Winternächte es sind, doch ohne den Schnee, den du dir wünschtest. Vielleicht wollte er sein reines weiß nicht mit deinem Blut besudeln, vielleicht warten, um all das zu verdecken, wie ein Leichentuch. Ich wusste es. Niemand hätte sagen können wie, woher, aber ich habe gewusst, was geschehen würde, mag es geleugnet haben, die dunkle Ahnung Angst genannt, aber ich kannte die Wahrheit und blieb doch wo ich war. Das Telefon klingelte und ich brauchte die Nummer nicht zu sehen, um zu wissen wer es war. Ich war allein, saß im Dunkeln und starrte hinaus in die Nacht, die Gedanken so leer, wie ich selbst. Ich ließ es klingeln, wieder und wieder, mir fehlte die Kraft, ich konnte, wollte mich nicht bewegen, nicht sprechen, nicht tun, was nötig war. Deine Stimme auf dem Anrufbeantworter war so leise und schwach. Es brach mir das Herz und doch regte ich mich nicht. Du starbst, und du riefst nach mir, ich tat keinen Schritt. Blinzelte vielleicht nicht einmal. Ich hörte zu, und war mir selbst fremd. Selbst da weintest du nicht. Ich habe dich niemals weinen sehen. Du klangst ängstlich, aber doch sicher, dass ich zu dir kommen würde, du hast nie an mir gezweifelt. Wie lange hast du gewartet? Wie lange ausgeharrt, ehe dir klar wurde, dass ich nicht da war, nicht kommen würde? Dass ich dich ein letztes mal enttäuscht hatte? War es diese Enttäuschung, mit der sich deine Augen für immer schlossen? Am nächsten Morgen lag die Welt unter einer weißen Decke begraben. Als ich Tage darauf an deinem Grab stand, hätte ich es sein können, der dort in der Tiefe lag. Wie konntest du fort sein? Wie sollte mein Leben aussehen, ohne dich? Es war nicht real, konnte nicht real sein, doch alle Verleugnung hatte nichts genützt, du warst in jener Nacht gegangen, auch ohne mich und in dieser Sekunde begriff ich das Ausmaß meiner Schuld. Es waren meine ersten Tränen seit so langer Zeit, salzig, bitter, tränkten sie die schwarze Erde. Soviel, dass ich sagen wollte, tun wollte, wieder gut machen, doch du warst fort. Nun sehe ich dich, jeden Tag aufs neue. Ich höre nie ein Geräusch, dein Lachen, deine Stimme, ich sehne mich danach, aber ich sehe auch die anderen und ich glaube, muss glauben, dass du glücklich bist. Vielleicht ist das meine Strafe, es ist gut, wenn es so ist. Ich will nicht vergessen, ich will mich erinnern, für dich, für mich, und wenn ich dich auch ne mehr berühren, mit dir sprechen kann, so muss es reichen, dich zu sehen. Jeden Tag aufs neue. Heute ist es anders. Die anderen sind nicht da, nur du, stehst dort allein. Scheinbar unten auf dem Platz, doch wer weiß schon, was für ein Ort es ist, dort, auf der anderen Seite? Ich hoffe ein schöner Ort, einer, der dich fröhlich macht. Doch heute lächelst du nicht und etwa,s lässt mich näher gehen, statt zu beobachten, zu dir treten, obgleich ich weiß, dass uns der Nebel trennt. Ich erwarte nichts und in mir brennt der Schmerz, doch dann hebst du den Blick. Und diesmal siehst du mich. Siehst mich, siehst mich an. Ich kann nicht länger atmen. Jetzt lächelst du, so unglaublich vertraut, deine Augen leuchten, während meine brennen. Als ich die Hand ausstrecke, tust du es auch. Es ist, als könnten wir den Nebel jetzt teilen, für einen Augenblick, berühren wir uns und während alle Gesetze dieser Welt gebrochen werden glaube ich, dass durch die Sünde, die du begehst, die meine Vergebung finden kann. Weil wir noch immer Freunde sind. Und über uns, fällt der erste Schnee des Jahres. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)