Eiskalt Erwischt von Ryoko-chan ================================================================================ Kapitel 1: Anziehung -------------------- Mit Blick auf die Uhr streifte Shiho den blütenweißen Laborkittel über das knielange, rote Kleid und ließ es sich nicht nehmen, sich kurz in dem kleinen Spiegel an ihrer Spindtür zu betrachten. Abgesehen von den leichten Augenringen fand die junge Frau sich an diesem Morgen doch recht ansehlich und vorzeigbar, nach durchwachten Nächten hatte sie schon wesentlich schlimmer ausgesehen. Sie wandte sich herum und griff nach dem Becher Kaffee auf der Sitzbank. Nach einem Schluck verzog Shiho das Gesicht. Der Automatenkaffee schmeckte furchtbar, war Schwarz völlig ungenießbar. In den Staaten hatte sie sich jeden Morgen vor der Arbeit einen starken Starbucks Kaffee gegönnt, aber seit sie wieder nach Japan versetzt wurde, fehlte ihr die Zeit um morgens noch in aller Ruhe Kaffee zu trinken. Die Arbeit ging vor und sie hatte pünktlich im Labor aufzutauchen. Kurz nestelte sie noch an ihrem Ausschnitt herum. Ihr Team für das Projekt APTX 4869 bestand ausschließlich aus männlichen Forschern und ihre Konzentration hatte dem Gift zu gelten und nicht ihr, denn als weibliche Leiterin des Projekts hatte sie es ohnehin manchmal nicht gerade leicht. Die Anforderungen waren hoch, die Erwartungen an sie noch höher und sie war jung, intelligent und gut aussehend. Anfangs war es schwer gewesen, sich als Frau unter diesen älteren, erfahreneren Wissenschaftlern zu behaupten und sich den nötigen Respekt zu verdienen. Wie gut, dass sie fließend Sarkastisch sprach und sie gegen fiese Sprüche gewappnet war ... Shiho schloss die Spindtür und warf den halbvollen Becher Kaffee in den Mülleimer. Ekelhaftes Gesöff, dachte sie. Dabei hätte sie das Koffein nach dieser Nacht so nötig gehabt. Als sie an ihren vergangenen Traum dachte, beschleunigte sich augenblicklich ihr Puls und ein durchdringendes Ziehen schoss durch ihren Körper. Sie hatte von ihm geträumt, von Gin. Einer der gefährlichsten und kompromisslosesten Männer in der Organisation. Ein Mörder, ohne jegliche Gnade und Reue. Sie hatte gehört, dass er sich die Namen seiner Opfer nicht merken konnte, das Töten war für ihn scheinbar nur ein gutbezahlter Job. Und trotzdem – trotzdem ging von ihm eine Anziehung aus, der sich die junge Frau nicht widersetzen konnte. Und die Anziehung war dermaßen stark, dass dieser Mann sie bis in ihre geheimsten und intimsten Träumen verfolgte, er trug die Schuld für ihren unruhigen Schlaf und die mangelnde Konzentrationsfähigkeit. Auf eine seltsame, verdrehte Art und Weise fand sie ihn attraktiv und bei jeder ihrer Begegnungen, erregte sie der Gedanke an seinen großen, starken Körper. Immer wieder stellte sie sich vor, wie seine langen Arme sie umschlungen hielten, fest und bestimmt, wie gefangen ... Schon bei ihrer ersten Begegnung hatten seine kalten Augen sie dermaßen eindringlich fixiert, dass sie ein Schaudern hatte unterdrücken müssen. Zunächst vermutete sie Angst hinter ihrer Reaktion, später erkannte sie einen anderen Grund für ihr körperliches Verhalten, sobald sich Gin in ihrer Nähe aufhielt. Wenn er sie ansah, da blitzte etwas in seinen Augen, etwas dunkles, gefährliches ... Gier, Lust, Mordlust ... Was auch immer es war, es entging Shiho nicht. Manchmal machte sie es halb wahnsinnig, wenn Gin sie so anblickte. Und gleichzeitig ging die Fantasie mit ihr durch ... Als sie bemerkte, dass sie wie so oft in letzer Zeit in ihren Gedanken abdriftete, gab sich die Wissenschaftlerin einen Ruck. Verdammt. Von ihrem Team erwartete sie höchste Konzentration und sie selbst gab sich erotischen Tagträumen hin – irgendwas lief da falsch. Zwei Minuten bis die Arbeit begann, sie musste pünktlich im Labor sein. Rasch trat sie auf den Flur. Als Projektleitung trug sie die volle Verantwortung für die Entwicklung des Apoptoxin 4869 und sie durfte sich unter keinen Umständen Fehler erlauben. Ihre Arbeit hatte zurzeit oberste Priorität, regelmäßig musste sie Berichte über die Fortschritte ihrer Forschungen schreiben und abgeben. Oftmals war es hart und anstrengend, nicht selten blieb sie bis spät in der Nacht im Labor. Gleichzeitig hegte sie ein großes Interesse an diesem außergewöhnlichen Mittel, ihr Ehrgeiz und ihre Neugier siegten in der Regel über Müdigkeit und Stress. Tatsächlich schaffte Shiho es an diesem Tag, Gin für einige Stunden aus ihrem Kopf zu verbannen. Weil für den heutigen Tag soviel geplant war, hatte sie keine Zeit für Träumereien gehabt. Als Wissenschaftlerin musste sie konzentriert und genau arbeiten. Gegen Mitternacht stellte sie ihren Tagesbericht fertig und schickte ihn per Email weg. Seufzend verstaute sie ihre Unterlagen und Dokumente. Sie hatten an diesem Tag gute Fortschritte gemacht, aber es gab noch reichlich zu tun und die Forschungen an dem Gift waren noch lange nicht beendet. Wahrscheinlich würde es noch einige Wochen oder sogar Monate dauern, bis der Prototyp in einer Testphase angewendet werden konnte. Gedankenverloren verließ Shiho das Labor und erschrak, als sie genau in Gins Arme rannte. Sie war so erschrocken, dass sie ihn wahrscheinlich wie ein Kaninchen im Angesicht des Todes anstarrte. Er hingegen verzog wie immer keine Miene. Sekundenschnell fasste sie sich. "In diesem Gebäude herrscht Rauchverbot.", erwiderte sie kühl, als sie die Kippe zwischen seinen Lippen erblickte. Und wieder sah er sie so an, mit diesem einnehmenden Blick. Doch ihr entging nicht, wie seine Augen über ihren Körper huschten und eine Hitzewelle durchfuhr sie, vernebelte ihr das Gehirn. Wie schaffte er das nur? Provozierend ließ er die Zigarette zu Boden fallen und trat sie mit der Schuhsohle aus. Dabei wandte er seine Augen nicht eine Sekunde von ihr ab. Wo war der Sauerstoff geblieben? Einzig sein herber Geruch schwebte schwer in der Luft, er roch nach Zigaretten und irgendeinem Aftershave. Diese Mischung hatte interessanterweise eine überaus erotische Wirkung auf die junge Frau. "Hol deinen Kram, ich fahre dich nach Hause." Sie zuckte innerlich zusammen, ihr Herz schien zu stolpern. Was? "Nein, nein ... das brauchst du nicht.", erwiderte sie und ärgerte sich darüber, dass ihre Stimme lange nicht so fest klang, wie sie es sollte. Mit unerschütterlicher Miene beugte er sich leicht zu ihr hinunter, fast glaubte Shiho, er würde sie gleich küssen. Sie konnte bereits seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren. Seine Augen blinzelten gefährlich. "Ich bestehe darauf, Sherry." Shiho hätte sich darauf einlassen sollen, sie hätte ihm niemals dieses Angebot ausschlagen dürfen. Doch der letzte Funke Verstand in ihrem Hirn warnte sie, schlug Alarm. "Und ich verzichte!", antwortete sie rasch und huschte an ihm vorbei, bevor er die Gelegenheit hatte, sie zu packen und zu seinem Porsche zu schleifen. Als sie das Gebäude verlassen hatte und endlich die frische, kühle Luft in sich aufsog, schüttelte sie den Kopf. Sie fand ihn attraktiv, fand ihn unglaublich heiss und sie wäre absolut nicht abgeneigt gewesen. Sie hatte gespürt, dass es in ihm ebenfalls vor Lust brodelte. Doch es war viel zu gefährlich für sie, sich mit Gin einzulassen. Sie war doch erst seit kurzer Zeit ein vollwertiges Mitglied der Organisation. Vielleicht stellte er sie nur auf die Probe, wollte sie testen. Möglicherweise gefährdete es ihre Stellung als Leiterin des Projekts, wenn sie mit ihm schlief oder schlimmer: Es gefährdete ihr Leben und das ihrer Schwester. Das Risiko konnte sie nicht eingehen. So sehr sie sich auch von diesem Mann angezogen fühlte. Hosted by Animexx e.V. 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