Pirate's Dreams von Black_Melody (...might turn into nightmares) ================================================================================ Kapitel 2: Irantu ----------------- It's meee~ Mal wieder. Also, Vorwort. Wie immer eigentlich. Mich freut es, dass ihr euch über die Fortsetzung so gefreut habt, auch wenn wir von der Favoritenzahl des Vorgängers noch weit entfernt sind. Aber das wird schon. Ja, ich weiß, dass lustig jeder mit jedem, allerdings bezieht sich diese Freiheit eher auf wechselnde Partner. Da Jin regelmäßig nur mit Manabu ins Bett geht, ändert sich die Situation ja schon wieder. Das ist der Punkt, der alles komplizierter macht. Und dann gibt es diejenigen wie Shou, die es nicht gern haben, wenn ihr Freund überhaupt mit irgendjemand anderem ins Bett geht, das hatte ich im Vorgänger einmal kurz angedeutet. Das wird auch noch zu dem einen oder anderen größeren Problem führen, aber das kommt später. Zu diesem Kapitel konkret. Und die Katastrophe beginnt, langsam ihren Lauf zu nehmen. Ich will nicht die ganze Spannung nehmen, aber hey, ich glaube, ihr werdet nachher auch ähnliche Fragen haben. Ich verspreche hoch und heilig, dass alles früher oder später einen Sinn ergeben wird, dafür habe ich euch auch im ersten Teil immer nur Informationskrümel zukommen lassen, völlig aufgelöst wird es wahrscheinlich ziemlich am Ende. ^^° Also, Fiction ab! _________________________________________________________________________________ Spürbar aufgeregt lief Shin neben Saga her, unterhielt sich nebenbei mit Nao über irgendein Kraut, das aufgebrüht gegen Grippesymptome helfen sollte und sah sich immer wieder neugierig um. Es war nicht weit zu laufen, aber die Strecke kam ihm viel weiter vor, auch, weil er müde war, aber trotzdem zum Laufen verdonnert worden war. Andererseits trug Saga schon das Nötigste ihrer Sachen, und dadurch war es auch verständlich, dass er laufen musste. Erleichtert atmete er auf, als sie das Eingangstor erreichten und im ersten Gebäude die Schlüssel verteilt wurden. Es war eigentlich eine ganz typische Einteilung, die Pärchen bezogen zusammen jeweils ein Haus und der Rest teilte sich nach Belieben auf. Die Aufregung verschaffte ihm ausreichend Energie, er fühlte sich wie im Rausch, aber er wollte trotzdem so schnell wie möglich ins Bett kommen und umso zufriedener war er, als der Captain seine Hand nahm und ihn durch die kalte Nacht zu ihrer gemeinsamen Bleibe führte. „Shin, leg dich hin, ja? Ich weiß, dass du müde bist, aber… Ich muss noch einmal zu Tora.“ Entschuldigend lächelte Saga ihn an. „Aber es ist mitten in der Nacht“, protestierte er und sah neugierig in den dunklen Flur. „Ich weiß, aber es ist wichtig.“ „Wichtiger als ich?“, fragte der Kleinere skeptisch nach und drückte auf den Lichtschalter, betrat den in rot und dunkelbraun eingerichteten, gemütlichen Raum, lief zielstrebig zuerst zum Thermostat und stellte so die Heizungen hoch. „Ganz sicher nicht. Nichts ist wichtiger als du, aber trotzdem. Ich beeile mich auch“, versprach der Ältere und nahm seine Hand, küsste ihn kurz. „Als Captain oder als bester Freund?“, wollte Shin wissen und machte sich los, zog sich Jacke und Schuhe aus. „Als bester Freund.“ Unzufrieden seufzte er und drehte sich zu dem anderen um, verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann geh, aber ich werde nicht vor dir ins Bett gehen, also sieh zu, dass du wieder herkommst.“ Der andere nickte und salutierte gespielt, küsste ihn dann wieder leicht und verschwand. Unschlüssig stand Shin im Flur, bevor er sich erst einmal auf Erkundungstour durch die Räume begab und die dortigen Heizungen hochstellte. Die Zimmer machten einen gemütlichen Eindruck, und trotz der Tatsache, dass es nur ein Ferienhäuschen war, war mehr Platz als in seiner früheren Wohngemeinschaft in den Niederlanden, auch wenn das Schiff doch noch mehr Bewegungsfreiraum bot. Langsam ließ er sich auf das Sofa sinken und streckte sich aus, sah an die Zimmerdecke. Wie es Saga wohl damit ging, für Wochen nicht auf dem Meer zu sein? Und den anderen? Wer jahrelang auf See lebte, blieb nicht gern lange an Land. Ob es ihm wohl auch irgendwann so ergehen würde? Selbst wenn nicht, er würde auf jeden Fall bei Saga bleiben, und wenn er dafür fliegen lernen müsste. Immerhin hatte er auch seine anfängliche Seekrankheit überwunden. War das alles wirklich erst drei Monate her? Es war eine so anstrengende Zeit gewesen, und zuerst hatte der Captain sich ihm gegenüber ziemlich schwierig verhalten. Manchmal fragte er sich, weshalb er sich überhaupt in diesen verliebt hatte, aber es war belanglos. Sein Leben war traumhaft, seit er auf der Dark Rose gelandet war. Und mit diesem Gedanken fielen ihm die Augen zu. Es ist unglaublich. Er lässt dich allein und nur eine ganz normale, viel zu leicht zu öffnende Tür versperrt mir den Weg zu dir. Es ist so dumm von ihm. Glaubt er, so eine Tür stoppt mich? Aber andererseits bin ich mir sicher, dass er nicht weiß, dass ich vorhabe, dich zu mir zu holen. Ich öffne die Tür möglichst leise, um dich nicht aufzuwecken, und genauso ruhig schließe ich sie wieder, bewege mich dann leise zu dem Sofa, auf dem du so friedlich schläfst. Du bist wirklich süß, und du verdienst etwas Besseres als ihn, auch wenn du es noch nicht weißt. Du wirst es begreifen, wenn ich es dir zeige. Du wirst nicht nur bei mir sein, du wirst mir gehören. Und er wird es nicht ertragen, dich zu verlieren. Ich kenne Saga. Ich liebe es, ihn am Boden zu sehen, und deswegen bin ich hinter euch her. Und weil ich ein schönes, neues Spielzeug für des Kapitäns Sammlung holen soll. Ich weiß nicht, ob es dich freut, aber ich habe mich für dich entschieden. Du bist so jung und naiv, aber unschuldig? Nein, du bist eine echte Schlampe und nahezu perfekt. Gut, ich gebe zu, dass ich durch dich auch Saga verletzen will, aber wie gesagt, darum geht es nicht. Es geht um dich, und da der Captain mit mir teilt, werde ich dich sicherlich auch bekommen. Lautlos greife ich nach der Wolldecke und breite sie über dir aus. Dunkelrot passt zu dir. Wie muss dann erst dein Blut auf deiner Haut aussehen? Ich strecke langsam meine Hand aus und streiche über deine Wange, beobachte, wie du das Gesicht verziehst. Du weißt, dass ich nicht er bin, und nur er darf dich so berühren, nicht? Aber du wirst dich an die Besatzung unseres Schiffes gewöhnen, wirst deinen Körper freiwillig uns überlassen, wenn du merkst, dass er dich nicht zurückholen wird. Und dann wirst du dich in deiner Verzweiflung an mich klammern und Schutz und Trost bei mir suchen. Auch wenn ich noch nie direkt mit dir zu tun hatte, ich kenne Menschen wie dich. Du willst geliebt werden, und auch, wenn du mich verabscheust und als Psychopathen beschimpfst, wirst du zu mir kommen, um dir zu holen, was du brauchst. Vorsichtig beuge ich mich über dich und küsse dich so zart, dass es eigentlich gar nicht zu dir durchdringen dürfte, aber ich merke deutlich, wie weich und zerbrechlich du bist. Ich will mehr von dir, am Liebsten würde ich dir hier und jetzt die Kleidung vom Leib reißen und dich nehmen, aber ich muss mich gedulden. Nur noch etwas Geduld und ich kann so oft über dich herfallen, wie ich möchte. Und du wirst für mich schreien. Und ich weiß, früher oder später wird auch dein Herz mir gehören und du mein willenloser Sklave sein. Es mag dumm und leichtsinnig sein, aber ich muss dir ein Zeichen hinterlassen. Du brauchst dich ihm nicht mehr lange zu ergeben, lass mir nur eine Chance und ich hole dich. Leise sehe ich mich um, finde eine schwarzen, wasserlöslichen Stift und betrachte lächelnd den Spiegel, während ich den Text meiner Botschaft durchgehe. In Schönschrift finden die schwarzen Zeichen ihren Weg auf die glatte Oberfläche, heben sich düster von den Glanzeffekten ab. Zufrieden betrachte ich mein Werk. Ich will dir keine Angst machen, und das wirst du verstehen. Sicher wirst du in der Eingewöhnungsphase bei uns leiden, aber danach wirst du jede noch so kleine Zärtlichkeit noch mehr genießen. Du wirst das herauslassen, was in dir schlummert, kleine Schlampe, und du wirst Saga Stück für Stück vergessen, weil er dich einfach bei uns lassen wird. Die Enttäuschung wird dich zerfressen und du wirst dich deiner Tätigkeit als Hure mit Vergnügen hingeben. Bevor ich das Haus verlasse, werfe ich dir noch einen prüfenden Blick zu. Du schläfst zwar unruhig, aber du schläfst. Es ist einfach noch zu früh, um dich mitzunehmen. Ich muss auf den passenden Moment warten. Und schon verschwinde ich in der kalten Dunkelheit. Lächelnd betrachtete Saga seinen Freund. Es war noch dunkel draußen, und umso schöner wirkte der schlanke, junge Mann, dessen Körper sich unter der Decke abzeichnete. Sicher war ihm Shins Erschöpfung aufgefallen, und es war klar gewesen, dass er es nicht schaffen würde, wachzubleiben. Langsam beugte er sich über den Jüngeren und küsste ihn, setzte sich dann neben ihn und strich ihm durch die Haare. Es dauerte einen Moment, bis Shin die Augen aufschlug und ihn müde ansah. „Saga?“ „Ja, keine Angst. Denkst du nicht, dass das Bett bequemer ist?“ Der Kleinere nickte. „Trägst du mich?“ Leise lachte er und hob den schlanken Körper an, trug ihn vorsichtig in das Schlafzimmer und legte ihn auf dem Bett ab. „Schlaf, Kätzchen. Ruhe wird dir gut tun.“ „Nicht ohne dich“, nuschelte Shin und warf die Wolldecke auf den Boden, kuschelte sich lieber unter die Bettdecke. Der Größere legte sich ebenfalls unter die Decke und rutschte näher zu Shin, legte seine Arme um diesen, als der sich an ihn kuschelte. „Ich liebe dich“, murmelte der Jüngere und war im nächsten Augenblick wohl schon wieder im Halbschlaf. Liebevoll strich Saga ihm durch die Haare und genoss die Wärme des anderen. Es war nicht selbstverständlich, diese Worte von Shin zu hören oder ihm so nah sein zu dürfen. Und es war etwas Besonderes, dem Kleineren dieses Vertrauen schenken zu können. Er hatte einmal den Fehler gemacht, dem Falschen zu vertrauen, und er hatte teuer dafür bezahlen müssen. Aber damals war dieses Gefühl von Abenteuer dabei gewesen, das ihn an den anderen gefesselt hatte. Bei Shin… war da kein Abenteuer sondern etwas anderes, aber viel Größeres, das zwar bei seinem vorigen Freund auch dagewesen war, aber bei Weitem nicht so stark. Und dieses Gefühl band ihn an den Kleineren, nahm ihm so in gewisser Weise den Freiraum, und es störte ihn nicht einmal. Natürlich hatte er schon als Kapitän eine gewisse Verantwortung Shin gegenüber, aber er hatte das Bedürfnis, alles Böse der Welt von ihm fernzuhalten und ihn nicht eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Und gerade jetzt beunruhigte es ihn, Shin allein zu lassen. Schon seit Tagen schleppte er dieses ungute Gefühl mit sich herum, dessen Ursache er nicht kannte, aber sein Instinkt befahl ihm, besonders auf Shin aufzupassen und eine gewisse Sicherheit für diesen zu schaffen. Denn es war nach wie vor das gleiche Problem. Der Kleinere vertraute zu schnell und zu bedingungslos, und das war in dieser Welt verdammt gefährlich. Und irgendwer musste Shin beschützen, wenn er selbst dazu nicht in der Lage war. Erschöpft schlug Shin die Augen auf und sah direkt aus dem Fenster, vor dem der weiße Schnee in Flocken vom Himmel fiel. Verträumt seufzte er und schmiegte sich enger an den warmen Körper neben sich. So war die Welt in bester Ordnung. „Hast du auch endlich ausgeschlafen?“, flüsterte der Größere ihm zu und strich ihm durch die Haare. „Ich liebe dich übrigens auch.“ „Ich würde gern noch etwas schlafen, aber der Schnee sieht wirklich schön aus“, erwiderte er leise und sah zu dem Älteren auf, schloss genießend die Augen, als sich die fremden Lippen auf seine legten. Sanft strich eine Hand unter seinem Shirt aufwärts, streichelte ihn dabei leicht. Spielerisch langsam fuhr die warme Zunge über seine Unterlippe und sorgte dafür, dass er seine Lippen teilte und sich in einen sinnlichen Kuss verwickeln ließ. Er wusste, dass nicht mehr viel passieren würde, aber so ein Kuss machte Lust auf mehr, trotz Müdigkeit. Nur widerwillig löste der Captain den Kuss und zog ihn an sich, streichelte ihn sanft. So ließ es sich leben. Zufrieden ließ Saga seine Augen zufallen und genoss das Gefühl, den Kleineren bei sich gut aufgehoben zu wissen. Bei ihm war Shin in Sicherheit und vollkommen beschützt. Auch wenn er nur ein Mensch war, allein die Entschlossenheit machte ihn stärker, aber trotzdem konnte er Shin nicht vor allem bewahren. Nach einer Weile setzte der Kleinere sich auf und strich sich durch die Haare. Misstrauisch beobachtete Saga den schlanken Körper, der sich vom Bett erhob und zufrieden streckte. „Kätzchen, was hast du jetzt vor?“ „Duschen“, erklärte der Stehende lächelnd und nahm sich frische Kleidung aus der Tasche. Saga rollte sich auf den Rücken und blieb einen Moment so liegen, stand dann aber ebenfalls auf und folgte dem anderen, ging aber in die Küchenecke, um die Kaffeemaschine einzuschalten. Kurz darauf hörte er, wie Shin erschrocken aufschrie. Alarmiert trat er hinter den Kleineren, der fast apathisch auf den Spiegel starrte. Beruhigend drückte er den schlanken Körper an sich, auch wenn die schwarzen Zeichen ihm einen eisigen Schauer über den Rücken jagten. Ich beobachte dich, Shin. Zu jeder Zeit. Vertrau mir, ich befreie dich von ihm. Schon bald wirst du bei mir sein. „Shht… Alles ist gut“, flüsterte Saga dem Jüngeren zu und nahm dessen Hand in seine. „Dir passiert nichts.“ „Aber… Wer? Warum?“ Shin wandte ihm den Blick zu. Er erkannte die Angst und die Verzweiflung in den schönen Augen seines jungen Freundes, aber er konnte nichts tun. Und er stellte sich die gleichen Fragen. „Ich weiß es nicht“, antwortete er wahrheitsgemäß und zog den anderen aus dem Bad. „Zieh dich um. Du kannst dir aussuchen, ob du zu Nao und Kazuki oder zu Jin willst, aber ich sehe mich mit Tora genauer hier um.“ Langsam schüttelte Shin den Kopf und atmete tief durch. „Dann war das kein Traum“, flüsterte er eher zu sich selbst als zu seinem Freund. „Was war kein Traum?“, fragte der scharf nach und zog sich an. „Ich hatte das Gefühl, dass jemand hier war, als ich eingeschlafen bin, und diese Person hat mich berührt und… geküsst. Ich dachte, dass ich mir das nur eingebildet hätte, also geträumt, aber… Hattest du mich mit der Wolldecke zugedeckt?“ Nachdenklich schüttelte Saga den Kopf. „Du meinst, dass dieser Typ es war?“ Ängstlich nickte Shin und setzte sich komplett angezogen auf das Bett. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Das war ein absoluter Albtraum. Warum sollte er von Saga weggeholt werden? Wer wollte ihn überhaupt zu sich holen? Und warum traf es ausgerechnet wieder ihn? Vorsichtig küsste der Ältere ihn auf die Stirn und zog ihn an sich. „Mach dir keine Sorgen. Wir werden herausfinden, wer das war, und ich werde denjenigen ohne Rückfahrschein auf den Mond schießen.“ „Ich mach mir aber Sorgen! Jemand scheint mich versklaven oder entführen zu wollen!“, fuhr er auf und sah den Größeren an. „Schatz, vielleicht wollte dir auch nur jemand Angst einjagen. Und selbst wenn nicht, ich bin informiert und es hätte jedem klar sein müssen, dass ich dich jetzt ganz sicher nicht aus den Augen lassen werde“, versuchte der Ältere ihn zu beruhigen. „Niemand wird dich entführen oder versklaven. Du bist wertvoller als jeder Schatz, wenn du in Gefahr bist, muss ich dich bewachen.“ Still schüttelte der Kleinere den Kopf, ließ sich aber in den Eingangsbereich ziehen und zog sich seine Jacke und Schuhe an. Egal, wie deutlich der andere seine Angst spüren musste, er versuchte immer noch, ihm etwas Sicherheit zu geben. Dabei war die Angst ihm nur zu deutlich anzumerken, sein Körper reagierte einfach. „Zu Nao?“ Shin nickte leicht. Im Prinzip war es egal, wer sich um ihn kümmern sollte, aber sein Verhältnis zu Nao war immer noch genauso eng wie vorher. Er hatte von Anfang an großes Vertrauen zu dem Arzt gehabt, und Nao war von Anfang an immer für ihn da gewesen. Und Naos Freund war zwar etwas seltsam, wenn es um Sex ging, aber Kazuki war definitiv auch für ihn da, wenn er Zuflucht und Schutz brauchte. „Wir kriegen das wieder hin. Wir alle passen auf dich auf.“ Ratlos lehnte Saga sich an die Wand und kaute auf seiner Unterlippe herum. Die Handschrift kam ihm bekannt vor, aber er wusste nicht, ob er sie überhaupt jemandem zuordnen wollte. Denn fest stand, dass sie zu niemandem von dem Schiff gehörte, und abgesehen von seinen Cousins und deren jeweiligen Besatzungsmitgliedern hatte er keinen Kontakt mehr zu Menschen, die japanisch beherrschten. Allerdings musste er für Shin die Bedrohung finden und beseitigen, und außer der Nachricht gab es keine Spuren. Aber jeder könnte sich denken, dass er Shin notfalls in einem fensterlosen Raum mit sechsfach verriegelter Sicherheitstür einsperren würde, so lange die Gefahr nicht beseitigt war. Warum also informierte man ihn? Wollte derjenige, der Shin haben wollte, es auf einen indirekten Machtkampf ankommen lassen? Sollte es tatsächlich auf einen Kampf hinauslaufen, würde er den Jüngeren mit seinem Leben beschützen. Nur über seine Leiche würde jemand an sein Kätzchen herankommen. Und selbst wenn er in so einen Kampf geraten sollte, er hatte seine Crew hinter sich stehen, und die würden vor seinem Tod eingreifen. Und auch wenn er starb, wäre Shin immer noch beschützt. Aber wer riskierte einen Kampf um Shin gegen ihn? Derjenige war entweder unheimlich dämlich oder litt unter enormer Selbstüberschätzung. Es war ja wohl logisch, dass er seinen Freund nicht einfach so hergeben würde. Aber Saga befürchtete, dass es kein Kampf werden würde. Nicht in dem Sinne. Wer an Shin heran wollte, würde versuchen, diesen durch einen Hinterhalt in einem unbeobachteten Moment einfach mitzunehmen, und in einem solchen Hinterhalt könnte Shin sich wohl kaum wehren. „Saga… Ich glaube, ich habe eine Idee, wer Shin zu sich holen will“, sprach Tora ihn leise an und musterte ihn genau. „Aber es wird dir nicht gefallen.“ „Mir gefällt es sowieso schon nicht, dass jemand Shin entführen will. Prinzipiell ist es egal, wer dahinter steckt, nur werde ich diese Person in Stücke reißen und die per Rakete auf unterschiedliche Planeten bringen lassen“, knurrte er zurück. „Du weißt, dass Shin im Augenblick nirgendwo sicherer wäre als hier. Wir alle passen auf ihn auf.“ „Aber ich habe das blöde Gefühl, dass er nur wegen unserer Beziehung in Gefahr ist. Das hängt mit mir zusammen. Wäre er in Marokko gelandet oder auf Madeira geblieben…“ „Saga, jetzt komm runter. Selbst da wäre Shin in Lebensgefahr gewesen. Du weißt, dass er dazu neigt, sich in Schwierigkeiten zu bringen“, versuchte der Ältere ihn zu besänftigen und sah ihn fest an. „Außerdem weißt du genauso gut wie ich, dass es eine Möglichkeit gibt, ihn zu schützen, und das für immer.“ „Aber es wäre nicht richtig. Du kennst mich. Ich weiß nicht, wie lange wir zusammen bleiben, und ihn nach ungefähr drei Monaten zu heiraten, wäre ein bisschen schnell.“ „Aber du liebst ihn, und du kennst den Hauptkodex.“ Bestimmt nickte Saga. Sicher kannte er den allgemeinen Piratenkodex, und auch die Regel, die Tora meinte. Wenn er Shin heiratete, war es allen anderen unmöglich, Shin ohne sein Einverständnis irgendwohin mitzunehmen, und wahrscheinlich hatte Tora auch recht, wenn er eine solche Hochzeit als eine vielleicht etwas überstürzte, aber wirksame Maßnahme ansah. Nur sträubte sich etwas in Saga gegen diesen Plan. Auf Dinge wie Ehe gab er eigentlich nichts, aber wenn man heiratete, sollte das eigentlich weder zu überstürzt noch aus strategischen Gründen passieren. Und es dauerte lange, bis eine Piratenehe gelöst wurde, also war es eine verdammt wichtige Entscheidung. Auch wenn er Shin über alles liebte, eine solche Entscheidung traf man nicht nach drei Monaten. „Ich werde Shin ganz sicher nicht fragen, ob er mich heiratet“, erwiderte er ruhig. „Zumindest noch nicht und nicht unter diesen Umständen.“ „Du setzt damit seine Freiheit aufs Spiel, das weißt du.“ Skeptisch zog der Größere eine Augenbraue hoch. „Ja, aber… Versteh mich. Drei Monate sind verdammt kurz, und sollten wir heiraten und uns irgendwann trennen wollen, sind wir noch immer zwei Jahre aneinander gebunden. Drei Monate gegen zwei Jahre… Außerdem muss und will ich auch in der Lage sein, ihn so zu beschützen.“ „Ich verstehe dich.“ Seufzend sah Tora aus dem Fenster. „Ich projiziere die Situation jetzt einfach auf Jin und mich, mit dem Unterschied, dass nicht nur ich älter bin als du, sondern dass Jin auch bedeutend älter ist als Shin. Klar haben Jin und ich schon länger etwas miteinander, obwohl wir nicht viel länger zusammen sind als du und Shin. Aber ich denke, dass ich Jin in so einer Situation sofort heiraten würde. Er würde zwar auch von Anfang an von dem strategischen Faktor wissen, aber er könnte sich auch darauf verlassen, dass ich ihn damit nicht nur beschützen will.“ Der Kleinere schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. „Ich will Shin aber damit nicht überrumpeln. Er ist nun mal sechs Jahre jünger als Jin und ihm fehlt einfach die Erfahrung. Er würde mich heiraten, aber er kann die Folgen gar nicht abschätzen. Mindestens ein paar Monate sollten wir uns noch Zeit lassen.“ „Dann kann ich dir auch nicht sagen, wie du Shin beschützen kannst. Tu einfach, was du für das Beste hältst oder rede mit Nao.“ Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Sagas Gesicht. Natürlich. Nao wusste immer Rat, besonders, wenn es um Shin ging, aber es wurmte ihn, den Arzt immer wieder wegen seinem Freund um Rat fragen zu müssen. Aber Nao hatte schon öfter das Beste für Shin vorgeschlagen, und irgendwie schien Saga dabei zumindest ein Talent zu haben, sich falsch zu entscheiden. Mittlerweile war er eigentlich schon dazu übergegangen, Shin selbst entscheiden zu lassen, aber im Bezug auf Hochzeit wollte er diesen einfach noch nicht fragen. Und dazu war es offensichtlich, dass Shin nicht wusste, wie er am Sichersten war. „Ihr schafft das, Saga, und ihr seid nicht allein. Wenn ich den Typen in die Finger kriege, wird der zu Asche verarbeitet.“ „Vorher bin ich dran, du kriegst die Reste.“ „Ich habe mit dem Arsch noch eine Rechnung offen“, murmelte Tora für den Captain unhörbar. „Und du auch.“ Unruhig kuschelte Shin sich an Nao. Er verstand die Welt nicht mehr, aber es war tröstend, die vertraute Nähe des Arztes zu spüren, und dieser und Kazuki kümmerten sich wirklich gut um ihn. Er hatte duschen können, sich dann warm angezogen und auf das Sofa verzogen, wo sich Nao fast sofort zu ihm gesellt und ihn in den Arm genommen hatte. Kazuki hatte sich an seine andere Seite gesetzt und ihm beruhigend über den Kopf gestrichen, war aber jetzt mit Tee und Kaffee kochen beschäftigt. „Mach dir keine Sorgen, Shin. Saga wird dich schon beschützen.“ „Aber wie?“ Verzweifelt krallte er sich in das Shirt des Älteren. „Er kann nicht viel tun.“ „Er könnte schon“, warf Kazuki ein und gab ihm den heißen Tee. „Es gibt tatsächlich eine Möglichkeit.“ „Kazu!“, wies Nao den anderen zurecht, was Shin verwundert registrierte und den mit den Schultern zuckenden Stehenden fragend ansah. „Was meinst du?“ „Wenn ich es dir erzähle, wird Saga nur wieder auf mich losgehen.“ „Naaaaooo…“ Bettelnd sah Shin zu dem Arzt auf, der ergeben seufzte. „Na ja, es gibt die Möglichkeit, dass er dich… heiratet“, erklärte Nao zögernd. „Das würde den obersten Piratenkodex hinzuziehen und niemand dürfte dich von ihm wegholen.“ „Moment, Stop!“ Mit großen Augen sah Shin zu dem Älteren auf. „Ich muss Saga heiraten, um sicher zu sein?!“ „Das wäre die einzige dauerhafte Lösung“, mischte Kazuki sich ein. „Und ihr bräuchtet nur ein Verbindungszeichen. Ringe, Ketten, Tattoos… Nao könnte euch trauen. Das einzige Problem wäre,…“ „…dass mir das viel zu schnell geht!“, unterbrach Shin den Vortrag. „Ich liebe ihn und ich würde ihn heiraten, aber noch nicht. Das… Das ist so dauerhaft und…“ „Ist gut, Shin.“ Beruhigend drückte Nao seine Hand. „Der Captain wird genauso denken. Reg dich nicht darüber auf. Beruhige dich lieber, bevor Saga zurückkommt und uns zerreißt. Du sollst von dem allgemeinen Kodex eigentlich erst einmal ferngehalten werden, obwohl der wirklich nicht viel umfasst.“ „Warum denn das schon wieder?! Ich bin 23 Jahre alt und sein Freund, ich habe ja wohl auch Rechte!“ Stur sah Shin an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du hast Rechte, ja, aber Saga will dich beschützen. Die Sache mit dem allgemeinen Kodex klärst du am Besten mit ihm allein, nur er kann dir sagen, weshalb er dich nicht von dem Kodex in Kenntnis setzt.“ Shin atmete tief durch und lehnte sich wieder an Nao. Weder der Arzt noch dessen Freund konnten etwas für die Situation. Aber das würde er – bei Zeiten – noch mit Saga klären, auch wenn er gerade mehr zu tun hatte. Erschrocken fuhr Shin zusammen, als es an der Tür klopfte, und hielt sich an Nao fest, während Kazuki losging, um zu öffnen. Erleichtert atmete Shin auf, als er Saga sah und rutschte etwas von Nao weg. „Gibt’s was Neues?“, fragte er sofort und seufzte gefrustet, als der Ältere den Kopf schüttelte. Sicher legten sich die warmen Hände auf seine Schultern und er hob den Blick. „Vertraust du mir?“, fragte der Größere ihn ruhig und sah ihn fest an. „Klar. Das weißt du.“ Schwach lächelte Shin den anderen an, wich dann aber dessen Blick aus. „Dann hör mir zu. Dir wird nichts passieren, dafür sorge ich. Wir machen weiter, wie bisher, nur wird eben öfter jemand bei dir sein, der auch körperlich die Kraft hat, dich zu beschützen. Und du wirst selber lernen, dich zu verteidigen. Klar?“ Der Kleinere nickte und kuschelte sich zufrieden an den Kapitän. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)