Pirate's Dreams von Black_Melody (...might turn into nightmares) ================================================================================ Kapitel 1: Hana --------------- Zufrieden hielt er die Augen geschlossen und schmiegte sich in die warme Umarmung, legte seine Wange auf die Schulter des anderen. Sanft lagen die fremden Hände auf seinem Rücken, während das warme Wasser der Dusche auf sie fiel. Schon eine Weile standen sie so eng beieinander und genossen die Nähe des jeweils anderen. Ein zufriedenes Seufzen entkam Shin. Er liebte diese Momente, in denen er mit Saga allein war und nichts von außen sie erreichen konnte. Außerdem war es draußen kalt, der Dezember war gekommen und bald würden sie anlegen, so etwas wie eine Winterpause war angesagt, und das unvermeidliche Weihnachtsfest musste vorbereitet werden. Sein Gefühl sagte ihm, dass sein Freund eine Überraschung für ihn plante, und irgendwie freute er sich auch schon auf das sonst so verhasste Fest. Er hatte eine Familie, die sich um ihn kümmerte, gefunden. Und er hatte Saga, der wohl alles tun würde, um ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Shin lehnte sich an die Reling und sah in das dunkle Wasser. Auf den Wellen bildeten sich weiße Kronen, und in der Ferne waren Häuser zu sehen. Entgegen aller Planung waren sie nicht gleich nach Süden gefahren, sondern wieder Richtung Norden. Auch wenn Shin nicht wusste, weshalb sie nach Irland wollten, war er überzeugt davon, dass Saga schon wissen würde, was er tat. Der Tag war grau, und Shin war dankbar, eine dicke Jacke bekommen zu haben. Trotzdem war ihm kalt, aber er wollte nicht reingehen. Die Meisten hielten sich in den warmen Räumen auf und er wollte etwas allein sein. Drei Monate waren vergangen, seit er – unfreiwilligerweise – auf das Schiff gekommen war, und besonders der erste Monat war pures Chaos gewesen. Aber es war nicht nur Schlechtes passiert. Er hatte sich in den Kapitän verliebt und war nach ewig langem Hin und Her mit diesem zusammengekommen. Er hatte sich ganz allgemein dem Leben angepasst, und als er die Möglichkeit zu gehen gehabt hatte, hatte er sie abgelehnt. Hier, auf der Dark Rose, hatte er seine Freunde, die ihm seine Familie ersetzten, und wie hätte er sie einfach im Stich lassen können? „Du erkältest dich noch.“ Leicht legte ihm jemand eine Wolldecke um und trat nah genug an ihn heran, um selbst nicht zu sehr zu frieren. „Mach dir keine Sorgen, Nao“, meinte er und lächelte den Älteren an. „Du weißt doch, ich falle nicht mehr in deinen Zuständigkeitsbereich.“ „Ja, ja, Kätzchen, Krankenpflege ist Chefsache.“ Sanft legte Nao einen Arm um ihn. „Aber Saga hat im Moment noch genug zu tun, und du weißt wahrscheinlich gar nicht, wie große Sorgen er sich um dich macht. Besonders, weil du wieder so ruhig bist. Willst du darüber reden?“ Besorgt strich der andere ihm durch die Haare. Fragend legte Shin den Kopf schief. „Worüber soll ich reden wollen? Es ist nichts, mir geht’s prima.“ „Aber?“, fragte der Arzt weiter nach. „Na ja… Ich bin neugierig, was Saga vorhat und… ich vermisse Toyo ein bisschen“, gestand Shin und biss sich auf die Unterlippe. „Und ich will auch einmal wieder von diesem Schiff runter. Einfach Urlaub machen.“ Sehnsüchtig schweifte sein Blick zum Festland. Natürlich war die Freiheit des Meeres mit nichts zu vergleichen, aber man war auf ein Transportmittel - wie zum Beispiel ein nicht gerade kleines Schiff - angewiesen. Die Freiheit auf dem Festland war etwas anderes. Auch wenn die Welt dort nicht so grenzenlos erschien, die Landschaft war meistens abwechslungsreicher und man brauchte kein Auto oder Fahrrad, rein theoretisch war es Menschen möglich, um die 30 Kilometer am Tag gemütlich zu gehen, und mit genügend Übung könnte man sicherlich auch noch die 100-Kilometer-Marke schaffen. „Saga wird dir bald von seiner Überraschung für dich erzählen, und vielleicht kommst du auch bald wieder aufs Festland. Das mit deinem Bruder… Da können wir leider im Moment nichts machen, aber du wirst ihn irgendwann wiedersehen.“ Aufmunternd drückte Nao seine Hand. „Tu mir und dir aber den Gefallen und rede mit Saga. Er geht mir seit Tagen auf die Nerven, weil er sich den Kopf zerbricht, was mit dir los ist.“ „Oh“, bemerkte Shin intelligent und sah wieder in das Wasser. „Tut mir leid.“ „Muss es nicht.“ Wärmend nahm Nao den Jüngeren in den Arm. Der schlanke Körper zitterte, aber Shin schien das noch gar nicht bemerkt zu haben. Und selbst wenn, es hätte ihn wohl nicht weiter gestört. So war das Kätzchen eben. „Das ist alles?“, hakte er leise nach. Shin nickte bestätigend und lehnte sich an Nao. Er vermisste seinen Bruder nicht nur, er machte sich sogar große Sorgen um Toyo, aber das hing irgendwie zusammen. Und Ren fehlte ihm, aber auch das konnte er nicht ändern. Selbst Saga könnte dagegen nichts tun, immerhin war zwischen Ren und ihnen eine entscheidende Schwelle: der Tod. „Komm mit, Kleiner“, meinte der Ältere leise und zog ihn etwas in Richtung der Schiffsküche. Er wusste, dass es nur zu Diskussionen führen würde, wenn er Nao widersprach, also ließ er es gleich bleiben. Er fror auch ein wenig, und wahrscheinlich war es sowieso klüger, auf den Arzt zu hören. Schon als sie die Kombüse betraten, beziehungsweise Nao ihn hinein schob, sah er Saga am Tresen sitzen und nachdenklich in einer Tasse Kaffee rühren. Lächelnd huschte er zu dem Captain und schmiegte sich an den warmen Körper, der zuerst erschrocken zusammen zuckte. „Musst du mich so erschrecken, Shin?“ Zart legte der Ältere ihm einen Arm um die Schultern und küsste ihn auf die Stirn. „Alles gut?“ Shin nickte leicht und kuschelte sich an den anderen, klaute sich einen Kuss und sah ihm dann in die Augen. „Es ist wirklich alles gut. Mach dir keine Sorgen.“ „Ich mache mir aber Sorgen“, erwiderte der Größere ruhig. „So ist das, wenn man jemanden liebt und spürt, dass etwas diese Person fertig macht.“ „Mich macht aber nichts fertig“, widersprach er. „Sicher denke ich nach, aber das ist nicht schlimm. Und das Wetter hat nun mal auch gewissen Einfluss auf meine Laune, aber auch das legt sich wieder.“ Sanft strich der Ältere ihm über die Wange. „Worüber denkst du nach?“ Shin seufzte und schloss die Augen. War es denn so schwer zu verstehen, dass er über manche Dinge ungern oder gar nicht reden wollte? Er konnte Saga ja verstehen, er machte sich selbst auch oft genug Sorgen um diesen, aber wenn er reden wollte, würde er schon von allein auf seinen Freund zugehen. „Kätzchen…“ Bittend sah der andere ihn an und strich über seinen Handrücken. „Rede mit mir, Shin. Ich will wissen, was mit dir los ist. Ich will doch nur für dich da sein und dir helfen.“ „Ich weiß.“ Ruhig sah er den Größeren an und zwang sich zu einem kleinen Lächeln. „Du liebst mich, da ist das normal, wie du mir schon oft genug erzählt hast, aber… vielleicht brauche ich in der Hinsicht auch Freiraum für mich.“ Liebevoll strich der Captain ihm über die Wange. „Du weißt, dass ich das auch weiterhin akzeptiere und dich zu nichts zwingen werde. Ich bitte dich immer nur.“ „Ihr wisst, dass wir auch noch da sind?“, mischte Shou sich ein. „Hunger auf Kekse, Shin?“ Der Gefragte schüttelte den Kopf und drückte sich an Saga. Wieso sollte er jetzt Hunger auf Kekse haben? Die Kälte steckte ihm immer noch in den Knochen und die Wärme in dem Raum zeigte ihm erst, wie kalt es draußen wirklich war. „Shou, lass Shin in Ruhe.“ Streng sah Saga zu dem Koch und drückte den zitternden Körper seines Freundes etwas an sich. „Ich glaube aber, dass wir meinem Kätzchen von der Überraschung erzählen sollten.“ „Stimmt, wir sind bald da“, warf Nao ein, ignorierte dabei Shins fragenden Blick. „Was denn?“, fragte der Jüngste ungeduldig nach. Lächelnd stand Saga auf und nahm Shin an die Hand, zog diesen mit sich aus dem Raum und auf das Deck. Überrascht sah er auf die kleinen, weißen Flöckchen. „Es… schneit“, bemerkte Shin und schien dem Tonfall nach noch nicht ganz sicher zu sein, ob er es schön oder schrecklich finden sollte. „Sieht so aus.“ Sanft lächelnd zog der Captain ihn an sich und küsste ihn. „Passt auch zur Jahreszeit. Und mit Schnee im Haar siehst du bezaubernd aus.“ „Du weißt, dass ich dir schon gehöre, du musst mich also nicht mehr umwerben.“ Wärmesuchend drückte Shin sich enger an den Größeren. „Ich will von meiner Überraschung wissen.“ Der Ältere strich ihm lächelnd über die Wange. „Na gut. Also, ich dachte mir, dass du das Leben auf dem Festland vermisst, und weil ich dich liebe, wollte ich dir etwas Gutes tun.“ „Und?“ Neugierig sah Shin ihm in die Augen. „Es gibt an der irischen Küste einen kleinen Ferienpark, und den habe ich gemietet. Wir werden für vier Wochen dort bleiben, und da wir morgen ziemlich früh anlegen werden, werden wir die Nacht über wach bleiben. Solltest du also noch schlafen wollen, würde ich dir raten, das jetzt zu tun und ich wecke dich, wenn es dunkel wird.“ „Moment… Was?“ Mit leuchtenden Augen strahlte Shin den Größeren an. „Das… Aber… Das machst du nur für mich? Aber das ist doch viel zu teuer.“ Sanft küsste der Ältere ihn, strich ihm dann über die Wange. „Solange ich dir damit einen Gefallen tun kann, ist nichts zu teuer. Aber mach dir um die Kosten keine Sorgen, darum kümmere ich mich schon, und es ist ja nicht so, dass wir kein Geld hätten.“ Ungläubig schüttelte Shin den Kopf, legte seine Lippen aber glücklich lächelnd auf die des Älteren und verwickelte diesen in einen sanften Kuss. Grinsend löste Saga sich nach einer Weile von dem Jüngeren und lachte leise. „Genug, mein Kätzchen. Ich wusste, dass ich dir eine Freude mache, aber vielleicht solltest du jetzt doch schlafen gehen.“ „Jetzt?“ Entgeistert sah Shin den Captain an, ließ sich aber mit in dessen Schlafzimmer, in dem er wohl sowieso jede Nacht verbrachte und es wohl auch noch tun würde, wenn er sein eigenes Zimmer hatte, mitziehen. Wenn er so darüber nachdachte, gab Saga definitiv zu viel Geld für ihn aus. „Ja, jetzt.“ „Aber ich bin viel zu aufgeregt, um zu schlafen!“ Widerwillig ließ er sich auf das Bett drücken und beobachtete, wie der Ältere das Feuer im Ofen anfachte. „Dann ruh dich zumindest aus. Bitte, Schatz. Ich will doch nur das Beste für dich.“ „Das wolltest du auch, als du mich von Bord geschickt hast“, bemerkte Shin trocken und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie die Geschichte ausgegangen ist, hast du sicherlich noch im Kopf.“ „Ja, habe ich, und ja, du kannst für dich selbst entscheiden, aber das ist jetzt eigentlich etwas, wo ich nicht viel falsch machen kann. Kätzchen, jetzt hör schon auf mich.“ „Hör endlich auf, mich Kätzchen zu nennen!“, fuhr Shin auf, zog sich aber im selben Moment schon seine Jacke und das Shirt aus. „Könnte ich“, meinte Saga und strich vorsichtig über seine nackte Brust, „aber du weißt, dass du diesen Spitznamen nie wieder komplett loswirst.“ Zart fühlte Shin die fremden Lippen auf seinen, für seinen Geschmack nur leider viel zu kurz. „Dann… bleibst du noch etwas hier und erzählst mir von dem Ferienpark?“, bat er mit Dackelblick und zog sich Jeans und Socken aus, kuschelte sich dann unter die Bettdecke. „Was soll ich da erzählen? 30 Ferienhäuschen mit sämtlichen Räumen und jeweils einem Kamin, zentral ein Restaurant mit Großküche, die Shou wohl komplett übernehmen wird, eine kleine Erste-Hilfe-Station, die Nao für sich beansprucht, in der Nähe liegt eine kleine Stadt… Das war’s eigentlich.“ „Wo feiern wir Weihnachten? Alle zusammen oder jeder für sich?“ Der Captain lachte leise und küsste ihn auf die Stirn. „Ich dachte daran, einen großen Weihnachtsbaum im Restaurant aufzustellen, aber wir zwei können auch allein feiern. Und jetzt schlaf.“ Zufrieden trank Saga einen Schluck Kaffee. Die kleine Zankerei zwischen Shou und Nao blendete er aus, es war immerhin nichts völlig Neues, dass die beiden sich ganz gern mal in die Haare bekamen, aber es war nie wirklich ernst. Und wenn es um etwas Wichtiges ging, hielten die beiden fest zusammen. „Wo ist denn Shin?“ Ruhig sah Saga zu Tora auf. „Ich habe ihn ins Bett gesteckt. Er soll noch etwas schlafen.“ Der Schwarzhaarige nickte. „Er ist kein kleines Kind mehr, das weißt du, oder? Auf jeden Fall verändert er dich.“ Skeptisch sah der Kapitän den anderen an. „Glaubst du?“ „Weiß ich. Du bist entspannter und glücklicher. Shin repariert, was Hiroki damals zerstört hat.“ Verächtlich schnaubte er. „Hiroki spielt keine Rolle mehr. Das mit Shin und mir ist echt, und es ist im Hier und Jetzt. Ich weiß nicht, weshalb du diese alte Geschichte immer wieder mit da reinziehen musst.“ „Weil du dich wegen dieser alten Geschichte gegen Liebe gewehrt hast“, erklärte der Größere trocken. „Du wolltest auch Shin von dir fernhalten, aber das haben deine Gefühle erfolgreich verhindert.“ „Liebe kann verdammt wehtun“, murmelte Saga und sah in sein Getränk. „Sagte der Hase und umarmte den Igel“, setzte Tora hinzu. „Wie echt und dauerhaft ist das zwischen Shin und dir?“ „Es könnte nicht echter sein. Und um zu wissen, wie dauerhaft es ist, müsste ich Prophet sein.“ Seufzend wandte er dem Offizier wieder den Blick zu. „Oder kannst du sagen, wie lange du mit Jin zusammen bleibst?“ Urplötzlich wich der Ältere seinem Blick aus und spielte nervös an seinem Reißverschluss. „Was ist los, Tora?“, fragte Saga nach und legte dem Angesprochenen eine Hand auf die Schulter. „Ich bin dein bester Freund und du kannst mit mir über alles reden.“ „Wie kann ich Jin davon abhalten, regelmäßig mit Manabu zu schlafen? Ich liebe ihn, und ich bin mit Manabu befreundet, aber dass die beiden… Das geht zu weit.“ Verständnisvoll nickte Saga. „Na ja, du hast zwei Möglichkeiten. Entweder redest du mit Jin oder mit Manabu. Einer von den beiden wird ja wohl vernünftig sein.“ Der Größere schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht. Ich vermute, dass Jin sich dann einen anderen suchen wird. Was hat er bitte bei Manabu, was er bei mir nicht hat?!“ Genervt seufzte der Braunhaarige. „Da gibt es nur eine Option: Frag ihn! Ich meine, bei Shin würde ich einfach allen verbieten, ihn anzurühren, aber auch da müsste ich herausfinden, was ihm bei mir fehlt.“ „Wahnsinnige Hilfe“, brummte Tora und schloss die Augen. „Shin betrügt dich nicht, er vergöttert dich nahezu. Er liebt dich, und ich habe den Eindruck, dass Sex und Liebe für ihn zusammen gehören. Meistens zumindest.“ „Und Jin liebt dich“, merkte Saga an. „Er will dir sicher nicht wehtun, und vielleicht merkt er es gar nicht.“ Möglich wäre es so immerhin, und es kam Saga nicht einmal so abwegig vor. Vor ein paar Monaten noch wäre es fast völlig abwegig für ihn gewesen, überhaupt solche Überlegungen anzustellen. Ja, Shin hatte ihn verändert, aber es änderte sich ständig etwas. Und in diesem Falle war es positiv. _________________________________________________________________________________ Jaaa~ Hello again, liebe Leser. ^o^ Wie ihr sehr, bin ich mit meiner erfolgreichsten Story EVER(!) zurück, und ich bin weiter fleißig am Schreiben, da ich bisher ja nur bei Kapitel 17 bin, aber ich konnte nicht widerstehen, dieses Kapitel hochzuladen. Wann die nächsten Kapitel hochkommen, kann ich leider nicht sagen, aber hey, was soll's? Ich lasse euch schon nicht zu lange warten. Ich würde mich wie immer sehr über Kommentare und Favos freuen, (sorry an die, die jetzt schon lesen/gelesen haben, BEVOR ich überhaupt zum ENS schicken gekommen bin.^^°), aber ich kann niemanden zu Kritik verpflichten. Was bleibt noch zu sagen? Das erste Kapitel ist ein langsamer Anfang, es wird noch spannend und besonders nervenaufreibend. Zu der Anzahl der Charas bleibt zu sagen, dass es zwar viele sind, aber lasst euch davon nicht abschrecken. Das Wichtigste, dass ihr euch merken solltet, ist vielleicht das Aussehen, den Rest bekommt man irgendwann auch so mit. Bis zum nächsten Kapitel, Hikari Kapitel 2: Irantu ----------------- It's meee~ Mal wieder. Also, Vorwort. Wie immer eigentlich. Mich freut es, dass ihr euch über die Fortsetzung so gefreut habt, auch wenn wir von der Favoritenzahl des Vorgängers noch weit entfernt sind. Aber das wird schon. Ja, ich weiß, dass lustig jeder mit jedem, allerdings bezieht sich diese Freiheit eher auf wechselnde Partner. Da Jin regelmäßig nur mit Manabu ins Bett geht, ändert sich die Situation ja schon wieder. Das ist der Punkt, der alles komplizierter macht. Und dann gibt es diejenigen wie Shou, die es nicht gern haben, wenn ihr Freund überhaupt mit irgendjemand anderem ins Bett geht, das hatte ich im Vorgänger einmal kurz angedeutet. Das wird auch noch zu dem einen oder anderen größeren Problem führen, aber das kommt später. Zu diesem Kapitel konkret. Und die Katastrophe beginnt, langsam ihren Lauf zu nehmen. Ich will nicht die ganze Spannung nehmen, aber hey, ich glaube, ihr werdet nachher auch ähnliche Fragen haben. Ich verspreche hoch und heilig, dass alles früher oder später einen Sinn ergeben wird, dafür habe ich euch auch im ersten Teil immer nur Informationskrümel zukommen lassen, völlig aufgelöst wird es wahrscheinlich ziemlich am Ende. ^^° Also, Fiction ab! _________________________________________________________________________________ Spürbar aufgeregt lief Shin neben Saga her, unterhielt sich nebenbei mit Nao über irgendein Kraut, das aufgebrüht gegen Grippesymptome helfen sollte und sah sich immer wieder neugierig um. Es war nicht weit zu laufen, aber die Strecke kam ihm viel weiter vor, auch, weil er müde war, aber trotzdem zum Laufen verdonnert worden war. Andererseits trug Saga schon das Nötigste ihrer Sachen, und dadurch war es auch verständlich, dass er laufen musste. Erleichtert atmete er auf, als sie das Eingangstor erreichten und im ersten Gebäude die Schlüssel verteilt wurden. Es war eigentlich eine ganz typische Einteilung, die Pärchen bezogen zusammen jeweils ein Haus und der Rest teilte sich nach Belieben auf. Die Aufregung verschaffte ihm ausreichend Energie, er fühlte sich wie im Rausch, aber er wollte trotzdem so schnell wie möglich ins Bett kommen und umso zufriedener war er, als der Captain seine Hand nahm und ihn durch die kalte Nacht zu ihrer gemeinsamen Bleibe führte. „Shin, leg dich hin, ja? Ich weiß, dass du müde bist, aber… Ich muss noch einmal zu Tora.“ Entschuldigend lächelte Saga ihn an. „Aber es ist mitten in der Nacht“, protestierte er und sah neugierig in den dunklen Flur. „Ich weiß, aber es ist wichtig.“ „Wichtiger als ich?“, fragte der Kleinere skeptisch nach und drückte auf den Lichtschalter, betrat den in rot und dunkelbraun eingerichteten, gemütlichen Raum, lief zielstrebig zuerst zum Thermostat und stellte so die Heizungen hoch. „Ganz sicher nicht. Nichts ist wichtiger als du, aber trotzdem. Ich beeile mich auch“, versprach der Ältere und nahm seine Hand, küsste ihn kurz. „Als Captain oder als bester Freund?“, wollte Shin wissen und machte sich los, zog sich Jacke und Schuhe aus. „Als bester Freund.“ Unzufrieden seufzte er und drehte sich zu dem anderen um, verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann geh, aber ich werde nicht vor dir ins Bett gehen, also sieh zu, dass du wieder herkommst.“ Der andere nickte und salutierte gespielt, küsste ihn dann wieder leicht und verschwand. Unschlüssig stand Shin im Flur, bevor er sich erst einmal auf Erkundungstour durch die Räume begab und die dortigen Heizungen hochstellte. Die Zimmer machten einen gemütlichen Eindruck, und trotz der Tatsache, dass es nur ein Ferienhäuschen war, war mehr Platz als in seiner früheren Wohngemeinschaft in den Niederlanden, auch wenn das Schiff doch noch mehr Bewegungsfreiraum bot. Langsam ließ er sich auf das Sofa sinken und streckte sich aus, sah an die Zimmerdecke. Wie es Saga wohl damit ging, für Wochen nicht auf dem Meer zu sein? Und den anderen? Wer jahrelang auf See lebte, blieb nicht gern lange an Land. Ob es ihm wohl auch irgendwann so ergehen würde? Selbst wenn nicht, er würde auf jeden Fall bei Saga bleiben, und wenn er dafür fliegen lernen müsste. Immerhin hatte er auch seine anfängliche Seekrankheit überwunden. War das alles wirklich erst drei Monate her? Es war eine so anstrengende Zeit gewesen, und zuerst hatte der Captain sich ihm gegenüber ziemlich schwierig verhalten. Manchmal fragte er sich, weshalb er sich überhaupt in diesen verliebt hatte, aber es war belanglos. Sein Leben war traumhaft, seit er auf der Dark Rose gelandet war. Und mit diesem Gedanken fielen ihm die Augen zu. Es ist unglaublich. Er lässt dich allein und nur eine ganz normale, viel zu leicht zu öffnende Tür versperrt mir den Weg zu dir. Es ist so dumm von ihm. Glaubt er, so eine Tür stoppt mich? Aber andererseits bin ich mir sicher, dass er nicht weiß, dass ich vorhabe, dich zu mir zu holen. Ich öffne die Tür möglichst leise, um dich nicht aufzuwecken, und genauso ruhig schließe ich sie wieder, bewege mich dann leise zu dem Sofa, auf dem du so friedlich schläfst. Du bist wirklich süß, und du verdienst etwas Besseres als ihn, auch wenn du es noch nicht weißt. Du wirst es begreifen, wenn ich es dir zeige. Du wirst nicht nur bei mir sein, du wirst mir gehören. Und er wird es nicht ertragen, dich zu verlieren. Ich kenne Saga. Ich liebe es, ihn am Boden zu sehen, und deswegen bin ich hinter euch her. Und weil ich ein schönes, neues Spielzeug für des Kapitäns Sammlung holen soll. Ich weiß nicht, ob es dich freut, aber ich habe mich für dich entschieden. Du bist so jung und naiv, aber unschuldig? Nein, du bist eine echte Schlampe und nahezu perfekt. Gut, ich gebe zu, dass ich durch dich auch Saga verletzen will, aber wie gesagt, darum geht es nicht. Es geht um dich, und da der Captain mit mir teilt, werde ich dich sicherlich auch bekommen. Lautlos greife ich nach der Wolldecke und breite sie über dir aus. Dunkelrot passt zu dir. Wie muss dann erst dein Blut auf deiner Haut aussehen? Ich strecke langsam meine Hand aus und streiche über deine Wange, beobachte, wie du das Gesicht verziehst. Du weißt, dass ich nicht er bin, und nur er darf dich so berühren, nicht? Aber du wirst dich an die Besatzung unseres Schiffes gewöhnen, wirst deinen Körper freiwillig uns überlassen, wenn du merkst, dass er dich nicht zurückholen wird. Und dann wirst du dich in deiner Verzweiflung an mich klammern und Schutz und Trost bei mir suchen. Auch wenn ich noch nie direkt mit dir zu tun hatte, ich kenne Menschen wie dich. Du willst geliebt werden, und auch, wenn du mich verabscheust und als Psychopathen beschimpfst, wirst du zu mir kommen, um dir zu holen, was du brauchst. Vorsichtig beuge ich mich über dich und küsse dich so zart, dass es eigentlich gar nicht zu dir durchdringen dürfte, aber ich merke deutlich, wie weich und zerbrechlich du bist. Ich will mehr von dir, am Liebsten würde ich dir hier und jetzt die Kleidung vom Leib reißen und dich nehmen, aber ich muss mich gedulden. Nur noch etwas Geduld und ich kann so oft über dich herfallen, wie ich möchte. Und du wirst für mich schreien. Und ich weiß, früher oder später wird auch dein Herz mir gehören und du mein willenloser Sklave sein. Es mag dumm und leichtsinnig sein, aber ich muss dir ein Zeichen hinterlassen. Du brauchst dich ihm nicht mehr lange zu ergeben, lass mir nur eine Chance und ich hole dich. Leise sehe ich mich um, finde eine schwarzen, wasserlöslichen Stift und betrachte lächelnd den Spiegel, während ich den Text meiner Botschaft durchgehe. In Schönschrift finden die schwarzen Zeichen ihren Weg auf die glatte Oberfläche, heben sich düster von den Glanzeffekten ab. Zufrieden betrachte ich mein Werk. Ich will dir keine Angst machen, und das wirst du verstehen. Sicher wirst du in der Eingewöhnungsphase bei uns leiden, aber danach wirst du jede noch so kleine Zärtlichkeit noch mehr genießen. Du wirst das herauslassen, was in dir schlummert, kleine Schlampe, und du wirst Saga Stück für Stück vergessen, weil er dich einfach bei uns lassen wird. Die Enttäuschung wird dich zerfressen und du wirst dich deiner Tätigkeit als Hure mit Vergnügen hingeben. Bevor ich das Haus verlasse, werfe ich dir noch einen prüfenden Blick zu. Du schläfst zwar unruhig, aber du schläfst. Es ist einfach noch zu früh, um dich mitzunehmen. Ich muss auf den passenden Moment warten. Und schon verschwinde ich in der kalten Dunkelheit. Lächelnd betrachtete Saga seinen Freund. Es war noch dunkel draußen, und umso schöner wirkte der schlanke, junge Mann, dessen Körper sich unter der Decke abzeichnete. Sicher war ihm Shins Erschöpfung aufgefallen, und es war klar gewesen, dass er es nicht schaffen würde, wachzubleiben. Langsam beugte er sich über den Jüngeren und küsste ihn, setzte sich dann neben ihn und strich ihm durch die Haare. Es dauerte einen Moment, bis Shin die Augen aufschlug und ihn müde ansah. „Saga?“ „Ja, keine Angst. Denkst du nicht, dass das Bett bequemer ist?“ Der Kleinere nickte. „Trägst du mich?“ Leise lachte er und hob den schlanken Körper an, trug ihn vorsichtig in das Schlafzimmer und legte ihn auf dem Bett ab. „Schlaf, Kätzchen. Ruhe wird dir gut tun.“ „Nicht ohne dich“, nuschelte Shin und warf die Wolldecke auf den Boden, kuschelte sich lieber unter die Bettdecke. Der Größere legte sich ebenfalls unter die Decke und rutschte näher zu Shin, legte seine Arme um diesen, als der sich an ihn kuschelte. „Ich liebe dich“, murmelte der Jüngere und war im nächsten Augenblick wohl schon wieder im Halbschlaf. Liebevoll strich Saga ihm durch die Haare und genoss die Wärme des anderen. Es war nicht selbstverständlich, diese Worte von Shin zu hören oder ihm so nah sein zu dürfen. Und es war etwas Besonderes, dem Kleineren dieses Vertrauen schenken zu können. Er hatte einmal den Fehler gemacht, dem Falschen zu vertrauen, und er hatte teuer dafür bezahlen müssen. Aber damals war dieses Gefühl von Abenteuer dabei gewesen, das ihn an den anderen gefesselt hatte. Bei Shin… war da kein Abenteuer sondern etwas anderes, aber viel Größeres, das zwar bei seinem vorigen Freund auch dagewesen war, aber bei Weitem nicht so stark. Und dieses Gefühl band ihn an den Kleineren, nahm ihm so in gewisser Weise den Freiraum, und es störte ihn nicht einmal. Natürlich hatte er schon als Kapitän eine gewisse Verantwortung Shin gegenüber, aber er hatte das Bedürfnis, alles Böse der Welt von ihm fernzuhalten und ihn nicht eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Und gerade jetzt beunruhigte es ihn, Shin allein zu lassen. Schon seit Tagen schleppte er dieses ungute Gefühl mit sich herum, dessen Ursache er nicht kannte, aber sein Instinkt befahl ihm, besonders auf Shin aufzupassen und eine gewisse Sicherheit für diesen zu schaffen. Denn es war nach wie vor das gleiche Problem. Der Kleinere vertraute zu schnell und zu bedingungslos, und das war in dieser Welt verdammt gefährlich. Und irgendwer musste Shin beschützen, wenn er selbst dazu nicht in der Lage war. Erschöpft schlug Shin die Augen auf und sah direkt aus dem Fenster, vor dem der weiße Schnee in Flocken vom Himmel fiel. Verträumt seufzte er und schmiegte sich enger an den warmen Körper neben sich. So war die Welt in bester Ordnung. „Hast du auch endlich ausgeschlafen?“, flüsterte der Größere ihm zu und strich ihm durch die Haare. „Ich liebe dich übrigens auch.“ „Ich würde gern noch etwas schlafen, aber der Schnee sieht wirklich schön aus“, erwiderte er leise und sah zu dem Älteren auf, schloss genießend die Augen, als sich die fremden Lippen auf seine legten. Sanft strich eine Hand unter seinem Shirt aufwärts, streichelte ihn dabei leicht. Spielerisch langsam fuhr die warme Zunge über seine Unterlippe und sorgte dafür, dass er seine Lippen teilte und sich in einen sinnlichen Kuss verwickeln ließ. Er wusste, dass nicht mehr viel passieren würde, aber so ein Kuss machte Lust auf mehr, trotz Müdigkeit. Nur widerwillig löste der Captain den Kuss und zog ihn an sich, streichelte ihn sanft. So ließ es sich leben. Zufrieden ließ Saga seine Augen zufallen und genoss das Gefühl, den Kleineren bei sich gut aufgehoben zu wissen. Bei ihm war Shin in Sicherheit und vollkommen beschützt. Auch wenn er nur ein Mensch war, allein die Entschlossenheit machte ihn stärker, aber trotzdem konnte er Shin nicht vor allem bewahren. Nach einer Weile setzte der Kleinere sich auf und strich sich durch die Haare. Misstrauisch beobachtete Saga den schlanken Körper, der sich vom Bett erhob und zufrieden streckte. „Kätzchen, was hast du jetzt vor?“ „Duschen“, erklärte der Stehende lächelnd und nahm sich frische Kleidung aus der Tasche. Saga rollte sich auf den Rücken und blieb einen Moment so liegen, stand dann aber ebenfalls auf und folgte dem anderen, ging aber in die Küchenecke, um die Kaffeemaschine einzuschalten. Kurz darauf hörte er, wie Shin erschrocken aufschrie. Alarmiert trat er hinter den Kleineren, der fast apathisch auf den Spiegel starrte. Beruhigend drückte er den schlanken Körper an sich, auch wenn die schwarzen Zeichen ihm einen eisigen Schauer über den Rücken jagten. Ich beobachte dich, Shin. Zu jeder Zeit. Vertrau mir, ich befreie dich von ihm. Schon bald wirst du bei mir sein. „Shht… Alles ist gut“, flüsterte Saga dem Jüngeren zu und nahm dessen Hand in seine. „Dir passiert nichts.“ „Aber… Wer? Warum?“ Shin wandte ihm den Blick zu. Er erkannte die Angst und die Verzweiflung in den schönen Augen seines jungen Freundes, aber er konnte nichts tun. Und er stellte sich die gleichen Fragen. „Ich weiß es nicht“, antwortete er wahrheitsgemäß und zog den anderen aus dem Bad. „Zieh dich um. Du kannst dir aussuchen, ob du zu Nao und Kazuki oder zu Jin willst, aber ich sehe mich mit Tora genauer hier um.“ Langsam schüttelte Shin den Kopf und atmete tief durch. „Dann war das kein Traum“, flüsterte er eher zu sich selbst als zu seinem Freund. „Was war kein Traum?“, fragte der scharf nach und zog sich an. „Ich hatte das Gefühl, dass jemand hier war, als ich eingeschlafen bin, und diese Person hat mich berührt und… geküsst. Ich dachte, dass ich mir das nur eingebildet hätte, also geträumt, aber… Hattest du mich mit der Wolldecke zugedeckt?“ Nachdenklich schüttelte Saga den Kopf. „Du meinst, dass dieser Typ es war?“ Ängstlich nickte Shin und setzte sich komplett angezogen auf das Bett. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Das war ein absoluter Albtraum. Warum sollte er von Saga weggeholt werden? Wer wollte ihn überhaupt zu sich holen? Und warum traf es ausgerechnet wieder ihn? Vorsichtig küsste der Ältere ihn auf die Stirn und zog ihn an sich. „Mach dir keine Sorgen. Wir werden herausfinden, wer das war, und ich werde denjenigen ohne Rückfahrschein auf den Mond schießen.“ „Ich mach mir aber Sorgen! Jemand scheint mich versklaven oder entführen zu wollen!“, fuhr er auf und sah den Größeren an. „Schatz, vielleicht wollte dir auch nur jemand Angst einjagen. Und selbst wenn nicht, ich bin informiert und es hätte jedem klar sein müssen, dass ich dich jetzt ganz sicher nicht aus den Augen lassen werde“, versuchte der Ältere ihn zu beruhigen. „Niemand wird dich entführen oder versklaven. Du bist wertvoller als jeder Schatz, wenn du in Gefahr bist, muss ich dich bewachen.“ Still schüttelte der Kleinere den Kopf, ließ sich aber in den Eingangsbereich ziehen und zog sich seine Jacke und Schuhe an. Egal, wie deutlich der andere seine Angst spüren musste, er versuchte immer noch, ihm etwas Sicherheit zu geben. Dabei war die Angst ihm nur zu deutlich anzumerken, sein Körper reagierte einfach. „Zu Nao?“ Shin nickte leicht. Im Prinzip war es egal, wer sich um ihn kümmern sollte, aber sein Verhältnis zu Nao war immer noch genauso eng wie vorher. Er hatte von Anfang an großes Vertrauen zu dem Arzt gehabt, und Nao war von Anfang an immer für ihn da gewesen. Und Naos Freund war zwar etwas seltsam, wenn es um Sex ging, aber Kazuki war definitiv auch für ihn da, wenn er Zuflucht und Schutz brauchte. „Wir kriegen das wieder hin. Wir alle passen auf dich auf.“ Ratlos lehnte Saga sich an die Wand und kaute auf seiner Unterlippe herum. Die Handschrift kam ihm bekannt vor, aber er wusste nicht, ob er sie überhaupt jemandem zuordnen wollte. Denn fest stand, dass sie zu niemandem von dem Schiff gehörte, und abgesehen von seinen Cousins und deren jeweiligen Besatzungsmitgliedern hatte er keinen Kontakt mehr zu Menschen, die japanisch beherrschten. Allerdings musste er für Shin die Bedrohung finden und beseitigen, und außer der Nachricht gab es keine Spuren. Aber jeder könnte sich denken, dass er Shin notfalls in einem fensterlosen Raum mit sechsfach verriegelter Sicherheitstür einsperren würde, so lange die Gefahr nicht beseitigt war. Warum also informierte man ihn? Wollte derjenige, der Shin haben wollte, es auf einen indirekten Machtkampf ankommen lassen? Sollte es tatsächlich auf einen Kampf hinauslaufen, würde er den Jüngeren mit seinem Leben beschützen. Nur über seine Leiche würde jemand an sein Kätzchen herankommen. Und selbst wenn er in so einen Kampf geraten sollte, er hatte seine Crew hinter sich stehen, und die würden vor seinem Tod eingreifen. Und auch wenn er starb, wäre Shin immer noch beschützt. Aber wer riskierte einen Kampf um Shin gegen ihn? Derjenige war entweder unheimlich dämlich oder litt unter enormer Selbstüberschätzung. Es war ja wohl logisch, dass er seinen Freund nicht einfach so hergeben würde. Aber Saga befürchtete, dass es kein Kampf werden würde. Nicht in dem Sinne. Wer an Shin heran wollte, würde versuchen, diesen durch einen Hinterhalt in einem unbeobachteten Moment einfach mitzunehmen, und in einem solchen Hinterhalt könnte Shin sich wohl kaum wehren. „Saga… Ich glaube, ich habe eine Idee, wer Shin zu sich holen will“, sprach Tora ihn leise an und musterte ihn genau. „Aber es wird dir nicht gefallen.“ „Mir gefällt es sowieso schon nicht, dass jemand Shin entführen will. Prinzipiell ist es egal, wer dahinter steckt, nur werde ich diese Person in Stücke reißen und die per Rakete auf unterschiedliche Planeten bringen lassen“, knurrte er zurück. „Du weißt, dass Shin im Augenblick nirgendwo sicherer wäre als hier. Wir alle passen auf ihn auf.“ „Aber ich habe das blöde Gefühl, dass er nur wegen unserer Beziehung in Gefahr ist. Das hängt mit mir zusammen. Wäre er in Marokko gelandet oder auf Madeira geblieben…“ „Saga, jetzt komm runter. Selbst da wäre Shin in Lebensgefahr gewesen. Du weißt, dass er dazu neigt, sich in Schwierigkeiten zu bringen“, versuchte der Ältere ihn zu besänftigen und sah ihn fest an. „Außerdem weißt du genauso gut wie ich, dass es eine Möglichkeit gibt, ihn zu schützen, und das für immer.“ „Aber es wäre nicht richtig. Du kennst mich. Ich weiß nicht, wie lange wir zusammen bleiben, und ihn nach ungefähr drei Monaten zu heiraten, wäre ein bisschen schnell.“ „Aber du liebst ihn, und du kennst den Hauptkodex.“ Bestimmt nickte Saga. Sicher kannte er den allgemeinen Piratenkodex, und auch die Regel, die Tora meinte. Wenn er Shin heiratete, war es allen anderen unmöglich, Shin ohne sein Einverständnis irgendwohin mitzunehmen, und wahrscheinlich hatte Tora auch recht, wenn er eine solche Hochzeit als eine vielleicht etwas überstürzte, aber wirksame Maßnahme ansah. Nur sträubte sich etwas in Saga gegen diesen Plan. Auf Dinge wie Ehe gab er eigentlich nichts, aber wenn man heiratete, sollte das eigentlich weder zu überstürzt noch aus strategischen Gründen passieren. Und es dauerte lange, bis eine Piratenehe gelöst wurde, also war es eine verdammt wichtige Entscheidung. Auch wenn er Shin über alles liebte, eine solche Entscheidung traf man nicht nach drei Monaten. „Ich werde Shin ganz sicher nicht fragen, ob er mich heiratet“, erwiderte er ruhig. „Zumindest noch nicht und nicht unter diesen Umständen.“ „Du setzt damit seine Freiheit aufs Spiel, das weißt du.“ Skeptisch zog der Größere eine Augenbraue hoch. „Ja, aber… Versteh mich. Drei Monate sind verdammt kurz, und sollten wir heiraten und uns irgendwann trennen wollen, sind wir noch immer zwei Jahre aneinander gebunden. Drei Monate gegen zwei Jahre… Außerdem muss und will ich auch in der Lage sein, ihn so zu beschützen.“ „Ich verstehe dich.“ Seufzend sah Tora aus dem Fenster. „Ich projiziere die Situation jetzt einfach auf Jin und mich, mit dem Unterschied, dass nicht nur ich älter bin als du, sondern dass Jin auch bedeutend älter ist als Shin. Klar haben Jin und ich schon länger etwas miteinander, obwohl wir nicht viel länger zusammen sind als du und Shin. Aber ich denke, dass ich Jin in so einer Situation sofort heiraten würde. Er würde zwar auch von Anfang an von dem strategischen Faktor wissen, aber er könnte sich auch darauf verlassen, dass ich ihn damit nicht nur beschützen will.“ Der Kleinere schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. „Ich will Shin aber damit nicht überrumpeln. Er ist nun mal sechs Jahre jünger als Jin und ihm fehlt einfach die Erfahrung. Er würde mich heiraten, aber er kann die Folgen gar nicht abschätzen. Mindestens ein paar Monate sollten wir uns noch Zeit lassen.“ „Dann kann ich dir auch nicht sagen, wie du Shin beschützen kannst. Tu einfach, was du für das Beste hältst oder rede mit Nao.“ Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Sagas Gesicht. Natürlich. Nao wusste immer Rat, besonders, wenn es um Shin ging, aber es wurmte ihn, den Arzt immer wieder wegen seinem Freund um Rat fragen zu müssen. Aber Nao hatte schon öfter das Beste für Shin vorgeschlagen, und irgendwie schien Saga dabei zumindest ein Talent zu haben, sich falsch zu entscheiden. Mittlerweile war er eigentlich schon dazu übergegangen, Shin selbst entscheiden zu lassen, aber im Bezug auf Hochzeit wollte er diesen einfach noch nicht fragen. Und dazu war es offensichtlich, dass Shin nicht wusste, wie er am Sichersten war. „Ihr schafft das, Saga, und ihr seid nicht allein. Wenn ich den Typen in die Finger kriege, wird der zu Asche verarbeitet.“ „Vorher bin ich dran, du kriegst die Reste.“ „Ich habe mit dem Arsch noch eine Rechnung offen“, murmelte Tora für den Captain unhörbar. „Und du auch.“ Unruhig kuschelte Shin sich an Nao. Er verstand die Welt nicht mehr, aber es war tröstend, die vertraute Nähe des Arztes zu spüren, und dieser und Kazuki kümmerten sich wirklich gut um ihn. Er hatte duschen können, sich dann warm angezogen und auf das Sofa verzogen, wo sich Nao fast sofort zu ihm gesellt und ihn in den Arm genommen hatte. Kazuki hatte sich an seine andere Seite gesetzt und ihm beruhigend über den Kopf gestrichen, war aber jetzt mit Tee und Kaffee kochen beschäftigt. „Mach dir keine Sorgen, Shin. Saga wird dich schon beschützen.“ „Aber wie?“ Verzweifelt krallte er sich in das Shirt des Älteren. „Er kann nicht viel tun.“ „Er könnte schon“, warf Kazuki ein und gab ihm den heißen Tee. „Es gibt tatsächlich eine Möglichkeit.“ „Kazu!“, wies Nao den anderen zurecht, was Shin verwundert registrierte und den mit den Schultern zuckenden Stehenden fragend ansah. „Was meinst du?“ „Wenn ich es dir erzähle, wird Saga nur wieder auf mich losgehen.“ „Naaaaooo…“ Bettelnd sah Shin zu dem Arzt auf, der ergeben seufzte. „Na ja, es gibt die Möglichkeit, dass er dich… heiratet“, erklärte Nao zögernd. „Das würde den obersten Piratenkodex hinzuziehen und niemand dürfte dich von ihm wegholen.“ „Moment, Stop!“ Mit großen Augen sah Shin zu dem Älteren auf. „Ich muss Saga heiraten, um sicher zu sein?!“ „Das wäre die einzige dauerhafte Lösung“, mischte Kazuki sich ein. „Und ihr bräuchtet nur ein Verbindungszeichen. Ringe, Ketten, Tattoos… Nao könnte euch trauen. Das einzige Problem wäre,…“ „…dass mir das viel zu schnell geht!“, unterbrach Shin den Vortrag. „Ich liebe ihn und ich würde ihn heiraten, aber noch nicht. Das… Das ist so dauerhaft und…“ „Ist gut, Shin.“ Beruhigend drückte Nao seine Hand. „Der Captain wird genauso denken. Reg dich nicht darüber auf. Beruhige dich lieber, bevor Saga zurückkommt und uns zerreißt. Du sollst von dem allgemeinen Kodex eigentlich erst einmal ferngehalten werden, obwohl der wirklich nicht viel umfasst.“ „Warum denn das schon wieder?! Ich bin 23 Jahre alt und sein Freund, ich habe ja wohl auch Rechte!“ Stur sah Shin an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du hast Rechte, ja, aber Saga will dich beschützen. Die Sache mit dem allgemeinen Kodex klärst du am Besten mit ihm allein, nur er kann dir sagen, weshalb er dich nicht von dem Kodex in Kenntnis setzt.“ Shin atmete tief durch und lehnte sich wieder an Nao. Weder der Arzt noch dessen Freund konnten etwas für die Situation. Aber das würde er – bei Zeiten – noch mit Saga klären, auch wenn er gerade mehr zu tun hatte. Erschrocken fuhr Shin zusammen, als es an der Tür klopfte, und hielt sich an Nao fest, während Kazuki losging, um zu öffnen. Erleichtert atmete Shin auf, als er Saga sah und rutschte etwas von Nao weg. „Gibt’s was Neues?“, fragte er sofort und seufzte gefrustet, als der Ältere den Kopf schüttelte. Sicher legten sich die warmen Hände auf seine Schultern und er hob den Blick. „Vertraust du mir?“, fragte der Größere ihn ruhig und sah ihn fest an. „Klar. Das weißt du.“ Schwach lächelte Shin den anderen an, wich dann aber dessen Blick aus. „Dann hör mir zu. Dir wird nichts passieren, dafür sorge ich. Wir machen weiter, wie bisher, nur wird eben öfter jemand bei dir sein, der auch körperlich die Kraft hat, dich zu beschützen. Und du wirst selber lernen, dich zu verteidigen. Klar?“ Der Kleinere nickte und kuschelte sich zufrieden an den Kapitän. Kapitel 3: Traṇa ---------------- *grummel* Ich HASSE Schule. Auch nachdem mein Zeugnis nicht ganz so schlecht ausgefallen ist wie erwartet. Immerhin ist meine Versetzung nicht wie die der Hälfte meiner Klasse gefährdet. Aber was passiert, wenn eine müde, genervte Autorin keinen Bock auf eine sorgfältige Rechtschreibprüfung vor dem eh schon sieben Stunden zu späten Upload hat? Richtig. Es können Rechtschreibfehler in Massen drin sein, die mir im Moment einfach völlig egal sind. Ich möchte auch hier noch einmal auf ACTA hinweisen. Wir sind das Volk und die Regierung will uns permanent überwachen. Können wir denen das durchgehen lassen? Nein, meiner Meinung nach nicht. Alle, die der Meinung sind, finden mehr Informationen hier: http://www.stopp-acta.info/ Kurz zur Story: Das nächste Kapitel wird adult und kommt Montag oder Dienstag, mal gucken, wann ich Lust habe, das hochzuladen. Und jetzt bleibt mir nur noch zu sagen: Fiction ab! _________________________________________________________________________________ Fröstelnd lehnte Shin sich an Saga und sah zu dem Weihnachtsbaum, den Nao, Hiroto und Jin zu schmücken versuchten. Allerdings waren diese Versuche zu unkoordiniert, um das Ziel zu erreichen. „Was für Idioten“, murmelte der Captain und strich ihm über den Kopf. „Jetzt ist schon Heiligabend und die kriegen das mit dem Baum nicht auf die Reihe.“ „Aber sie haben Spaß“, antwortete Shin und beobachtete, wie Jin Hiroto Lametta über den Kopf fallen ließ. „Wir können auch Spaß haben, aber ich würde sagen, dass ein flauschiger Teppich oder ein schönes Bett besser geeignet wären.“ Shin verdrehte genervt die Augen. „Denk nicht schon wieder an Sex. Wir hatten doch erst gestern.“ „Ich dachte eher an kuscheln“, erwiderte der Ältere und küsste ihn auf die Schläfe. „Du weißt, dass du für mich nicht nur eine hübsche Schlampe bist. Ich liebe dich.“ „Ich dich auch.“ Zufrieden schloss Shin die Augen und lächelte glücklich vor sich hin. „Aber ich bin auch eine hübsche Schlampe?“, versicherte er sich nach einer Weile. „Nein, du bist ein verdammt heißer, junger Mann und mein Geliebter.“ Fest boxte Shin den anderen in die Seite. „Du Idiot! Du weißt, was ich gemeint habe!“ „Sei nicht sauer, Schatz.“ Grummelnd legte Shin sich halb über Saga, so dass sein Kopf auf dessen Arm ruhte und er dem Größeren ins Gesicht sehen konnte. Liebevoll strich der andere ihm über den Bauch und nahm seine Hand, verhakte ihre Finger. „Ich liebe dich“, flüsterte Shin und schloss die Augen, genoss einfach die Nähe des anderen. Die Sache mit der Drohung belastete ihn immer noch etwas, aber es brachte ihn näher zu Saga, ihre Beziehung war enger geworden. Und so versuchte er die Situation so positiv wie möglich zu sehen. Außerdem hatte es seit dem Tag keine Zwischenfälle mehr gegeben. In ihm keimte eine leise Hoffnung, dass es doch nur ein blöder Scherz gewesen war. Sicher fanden weder er noch Saga den Scherz lustig, aber so wäre es das Beste für sein Leben und seinen Frieden. „Wir machen uns heute einen schönen Abend, ja?“, fragte der Größere und küsste seine Hand. „Gern. Aber erst nach dem Essen und der Bescherung.“ „Du kriegst dein Geschenk von mir eh erst später.“ Fragend sah Shin den anderen an. „Du schenkst mir wirklich noch etwas? Aber… Du kannst doch nicht so viel Geld für mich ausgeben!“ „Es ist im Prinzip mein Geld und du bist wertvoller als alles davon.“ Lächelnd beobachtete Nao Saga und Shin. Es war offensichtlich, dass die beiden glücklich waren, und sie verdienten es beide. Er wusste, wie lange sie gebraucht hatten, um überhaupt zusammen zu kommen, und das Leben auf dem Meer war sowieso nie ganz einfach, aber beide hatten zusätzlich dazu noch vor ihrem Treffen viel durchmachen müssen. Warum sollte jetzt ausgerechnet Shin wieder leiden? Warum konnten Saga und Shin nicht einfach für ein oder zwei Jährchen in Ruhe gelassen werden? Vielleicht würde ja alles so bleiben, wie es jetzt war. So war es gut, und die beiden waren sehr süß zusammen. Nao erschrak, als sich ein warmer Körper an seinen Rücken schmiegte und sich die fremden Arme fest um seinen Körper legten. „Kazuki, verflucht! Schleich dich nicht immer so an!“ „Ich schleiche mich nicht an. Es ist deine Schuld, wenn du mich nicht hörst.“ Vorsichtig drehte der Jüngere ihn herum und küsste ihn kurz. „Was beschäftigt dich?“ „Warum wieder Shin?“, beantwortete er die Frage ehrlich. Kazuki seufzte theatralisch. „Nicht schon wieder. Schatz, hör auf, dich immer um die Angelegenheiten der anderen zu kümmern! Du belastest dich selbst damit zu sehr.“ „Ich weiß, aber Shin…“, stammelte Nao, hatte aber im nächsten Moment die Hand seines Freundes auf dem Mund. „Wir denken über die Feiertage jetzt einfach mal an uns, okay? Du hilfst auch niemandem, wenn du dir zu viele Sorgen machst. Im Moment geht es Shin doch ganz gut und Saga kann ihm eh besser helfen als du.“ „Aber ich bin einer seiner besten Freunde und er hat mir von Anfang an vertraut. Ich glaube, dass es Dinge gibt, über die er lieber mit mir als mit dem Captain redet.“ „Nao!“, seufzte Kazuki verzweifelt und legte den Kopf in den Nacken. „Das weiß ich auch, aber wenn du so weitermachst, fühle ich mich bald vernachlässigt.“ Lächelnd drückte Nao sich enger an den Jüngeren und legte seinen Kopf auf dessen Schulter. „Das will ich nicht. Der Unterschied zwischen dir und dem Kätzchen ist nur, dass ich mir um dich keine Sorgen mehr machen muss. Aber gut. Die nächsten Tage gehören nur uns.“ Sanft strich Saga seinem Freund durch die Haare und betrachtete das schöne Gesicht. Warum Shin schon wieder schlafen konnte, konnte er sich auch nicht ganz erklären, aber im Prinzip war es auch nicht schlecht. Immerhin konnte der Jüngere so nicht mit ihm streiten oder hysterisch werden. Shins Nerven hatten unter der Drohung mehr gelitten als er zugab, aber er konnte es vor Saga nicht verstecken. Bei jedem Geräusch, das er nicht zuordnen konnte, erschrak er heftig, schon das Heulen des Windes machte ihn nervös. Es hatte auch einige Tage gedauert, bis er den Größeren wieder so weit an sich herangelassen hatte. Saga wusste, dass er für den anderen momentan der wichtigste Halt war, aber auch er zweifelte. Als Kapitän hatte er Aufgaben, und auch, wenn Shin unbestritten am Wichtigsten für ihn war, musste er diese Aufgaben erfüllen. Das wiederum bedeutete, dass er nicht immer bei Shin sein konnte, so gern er auch wollte. Er musste viel mit Tora besprechen, dazu noch mit Shou und Nao Pläne erstellen und die nächsten Raubzüge planen. Sicher hatten sie noch genug Geld, aber die vier Wochen an Land waren wirklich nicht billig, von Shins anderem Geschenk gar nicht erst anzufangen. Wenn es um Shin ging, war er einfach bereit, eine ganze Menge Geld auszugeben, nur um diesen zum Lächeln zu bringen. Nur würde das auch gerade nicht viel bringen, es sei denn, er fand die Person, die Shin haben wollte, und bezahlte für Shins Freiheit. Wäre Shin einfach gegangen, als er die Möglichkeit gehabt hatte, wäre er durch Saga nie in Gefahr geraten. Er könnte friedlich leben und nach Rotterdam zurückkehren, einfach so tun, als wäre nie etwas passiert. Und für den Älteren wäre es zwar schmerzhaft gewesen, aber die Marine hätte ihn sicher bald umgebracht. Nicht schön, aber für Shin wäre es besser gewesen. „Guck nicht so depressiv.“ Langsam hob er den Blick und sah den Blonden an. „Ich guck nicht depressiv, Jin.“ Leise setzte der Kleinere sich neben ihn. „Ist bei euch alles gut? Soll ich über irgendwas mit Shin reden?“ Saga lachte trocken auf. „Kümmere dich lieber um deinen Freund, der braucht dich mehr als meiner. Um mein Kätzchen kann ich mich schon ganz gut allein kümmern.“ „Erstens solltest du nicht gleich so pissig werden, wenn dir jemand Hilfe anbietet. Zweitens habe ich keine Ahnung, wovon du redest, weil drittens in meiner Beziehung alles super ist.“ „Das habe ich von Tora aber anders gehört“, gab Saga leise zurück. „Du hast immerhin regelmäßig Sex mit Manabu.“ „Und?“ Fragend zog Jin eine Augenbraue hoch. „Dir ist schon bewusst, dass dein Schiff ein fahrender Swinger Club ist? Jeder hat Sex mit jedem, wenn beide Lust darauf haben.“ „Und es für den jeweiligen Partner kein Problem ist. Vielleicht solltest du einfach deinen Freund mal auf das Thema ansprechen. Nur als kleiner Hinweis, er würde nicht zu mir kommen, um sich Rat zu holen, wenn er mit dir einhundertprozentig glücklich wäre.“ Vorsichtig legte Saga seinen freien Arm um Shins Körper, um zu verhindern, dass dieser ihm wegrutschte. „Was hat er dir erzählt?“, fragte der Ältere unsicher und lehnte sich an die Wand zurück, sah den glitzernden Baum an. „Grob gesagt will er nicht, dass du weiterhin mit Manabu ins Bett gehst und er fragt sich, was du bei ihm nicht findest, bei deiner Bettgeschichte aber schon.“ „Und warum redet er nicht mit mir?“ Saga seufzte leise. „Er will dich nicht verlieren. Er liebt dich. Es geht dabei nicht um Manabu, sondern um dich. Er will, dass du mit keinem anderen mehr schläfst, sagt zumindest mein Instinkt, und ich kann Tora ziemlich gut einschätzen.“ „Deswegen verliert er mich nicht, aber er geht auch mit anderen ins Bett, zum Beispiel Uruha und Rui und…“ „Stop!“, unterbrach Saga den Blonden. „Das brauchst du mir nicht zu erzählen, das ist mir bekannt. Aber es ist so, dass du darüber allgemein eher mit ihm reden solltest, immerhin bin ich nicht euer Botschafter. Aber ich würde dich als Toras bester Freund bitten, das mit ihm zu klären, und als dein Captain befehle ich es dir sogar.“ Jin nickte ergeben. „Aye, aye, Captain. Aber jetzt zurück. Ist bei euch alles okay?“ Nachdenklich betrachtete Saga den Schlafenden. Als ‚alles okay‘ konnte man die Gesamtsituation nicht bezeichnen, auch wenn ihre Beziehung eigentlich nicht besser laufen könnte. Da war eben nur diese Bedrohung, die Shin große Angst machte und in ihm den Beschützerinstinkt anfachte. „Eigentlich schon. Aber du weißt, was passiert ist, und Shin reagiert etwas empfindlich auf Kleinigkeiten.“ „Verständlich. Ich würde durchdrehen, und Tora würde mich wahrscheinlich keine Sekunde aus den Augen lassen. Bekommst du das alles hin?“ „Habe ich eine andere Wahl?“ Behutsam strich er Shin über die Wange. „Nicht komplett aber sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Ich weiß, dass sich einige große Sorgen um Shin machen und jederzeit auf ihn aufpassen würden, wenn du eine Auszeit brauchst oder zu arbeiten hast. Ich übrigens auch.“ „Ich will ihn aber nicht allein lassen. Er braucht mich gerade jetzt mehr als alles andere, also muss ich bei ihm sein. Was wäre ich für ein Freund, wenn ich ihn vernachlässigen würde?“ „Was wärst du für ein Captain, wenn du deine Pflichten vernachlässigst?“, konterte Jin. „Gerade jetzt bist du sowohl als unser Captain als auch als Shins Freund voll gefordert. Du bist aber auch nur ein Mensch, also weiß ich, dass du auch an deine Grenzen kommst. Wir stehen hinter dir und sind bereit, dir zu helfen, wo wir können, wenn du uns lässt.“ Shin streckte sich und zog seine Jacke aus, legte seine Päckchen zu Sagas Stapel auf den Tisch und drehte sich zu dem Größeren um, ließ sich von diesem in den Wohnraum drängen und vor dem Kamin auf den weichen Teppich drücken, beobachtete dann, wie der andere den Kamin anmachte und sich mit einer kleinen Schachtel zu ihm setzte. „Weißt du, Shin… Dein Geschenk ist großartig, auch wenn es vielleicht in Geld nicht viel wert ist.“ Leicht lehnte er sich an den Captain und sah zu diesem auf. „Ich wusste nicht, was ich dir schenken sollte, und das… war das Persönlichste, das mir eingefallen ist. Ich singe und schreibe Texte, warum soll ich dir also keinen Song schreiben?“ „Das klingt wie eine Entschuldigung, Schatz. Für mich bedeutet das mehr als Bücher oder hübsche Deko.“ Liebevoll küsste er den Kleineren auf die Stirn und gab ihm die kleine Schachtel. Neugierig löste Shin die Schleife und das Papier, zischte erschrocken auf, als er sich damit schnitt, ließ sich aber davon nicht großartig beeindrucken. Verwundert legte er das Verpackungsmaterial zur Seite und betrachtete das Schmuckkästchen einen Moment, öffnete es dann aber. Vorsichtig nahm er die silberne Kette heraus und betrachtete den sternförmigen Anhänger mit den hübschen, weißen Steinen, die das eingravierte Wort ‚Licht‘ umgaben. „Oh mein Gott“, flüsterte er und strich vorsichtig über das kühle Material. „Das… ist unglaublich. Sind das echte Diamanten und echtes Silber?“ Der Größere nickte. „Die Kette passt zu dir.“ „Aber… Die muss ein halbes Vermögen gekostet haben“, stellte er atemlos fest. „Billig war sie nicht, aber du übertreibst. Sie scheint dir zu gefallen, und so lange das der Fall ist, ist Geld mir egal.“ „Du bist verrückt“, murmelte Shin. Vorsichtig öffnete er den Verschlusshaken, ließ sich von dem anderen die Kette aus der Hand nehmen und um den Hals legen. „Danke. Wirklich.“ Zärtlich küsste der andere ihn. „Für dich jederzeit wieder.“ „Trotzdem drängt sich mir die Frage auf, weshalb du mich so mit Geschenken überhäufst“, hakte Shin vorsichtig nach. „Hast du irgendwas angestellt?“ „Nein. Shin, ich will, dass du glücklich bist. Ich weiß, dass ich nicht so viel Zeit für dich habe, wie ich haben sollte, und ich freue mich, wenn ich sehe, dass du trotzdem glücklich bist.“ Der Jüngere seufzte. „Dafür musst du kein Geld ausgeben. Du kannst mich sowieso nicht kaufen.“ „Durch mich gerätst du aber in Gefahren. Ich weiß nicht, ich fühle mich irgendwie verpflichtet. Und letztendlich schenke ich dir gern schöne Dinge, weil sie zu dir passen und es einfach wundervoll ist, zu sehen, wie deine Augen leuchten.“ „Das heißt aber, du hast mich nicht zum Beispiel… betrogen?“, fragte Shin leise und sah auf seine Hände. Er wusste nicht, wann oder wie ihm der Gedanke gekommen war, aber es war für ihn eine logische Erklärung gewesen. „Nein, Shin. Warum sollte ich?“ Zart strich der Größere ihm über den Rücken. „Alles, was ich will, gibst du mir. Und ich würde dich nicht verletzen. Wie kommst du überhaupt darauf?“ Als Antwort zuckte er mit den Schultern. „Kam mir einleuchtend vor.“ „Du hättest ein Problem damit, wenn ich mit anderen ins Bett gehen würde, ja?“ Shin biss sich auf die Unterlippe, nickte dann aber. „Zumindest, wenn du es vor mir verheimlichst. Ich meine, auch so wäre das scheiße, aber wenn du es mir nicht erzählst, muss ich mir vielleicht Sorgen machen. Ich… will dich eben nicht an einen anderen verlieren.“ Verständnisvoll strich der Captain ihm durch die Haare. „Du wirst mich nicht verlieren. Nicht so schnell. Und, nur damit wir uns verstehen, ich will es auch wissen, wenn du mit einem anderen schläfst. Aber heute Abend gebe ich dich nicht mehr her.“ Fragend hob Shin den Blick und sah in die dunklen, glitzernden Augen seines Freundes. Langsam ließ er sich komplett auf den Boden drücken und spürte die weichen Lippen auf seinen. Er verstand, worauf der andere hinauswollte, und er hatte überhaupt nichts dagegen. Der Ältere löste den Kuss und sah ihn abwartend an, woraufhin er nickte. Warum sollte der Tag nicht auch noch schön ausklingen? Kapitel 4: Yon -------------- It's meee~~ Nachdem ich ja gestern frei hatte und heute und morgen frei habe, habe ich erstmal gestern ein Kunstreferat fertig gemacht, weswegen ich leider keine Zeit zum Hochladen hatte.^^° Aber guuut. Was soll ich denn dazu groß sagen? Dieses Kapitel ist das erste von zwei adult-Kapiteln, die bisher fertig sind, und das will was heißen, wenn ich bei Kapitel 20 angekommen bin. Und ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen. ^.^ Fiction ab! _________________________________________________________________________________ Langsam fuhren seine Finger über den Hemdstoff, zogen diesen aus der Jeans und schlichen sich darunter. Er spürte, wie daraufhin ein schwaches Zittern durch Sagas Körper lief. Widerstandslos ließ Shin sich sein Shirt über den Kopf ziehen, machte sich dann zittrig daran, die Hemdknöpfe des Captains zu öffnen und diesem den störenden Stoff von den Schultern zu streifen, wobei die Schwerkraft eindeutig gegen ihn war. Er schaffte es trotzdem und strich über die weiche, helle Haut, genoss es noch mehr, als der Größere ihn wieder küsste und über seine Haut strich. Stück für Stück küsste der andere sich abwärts, stoppte an seinem Hals und strich mit der Zunge über die pulsierende Ader, ließ ihn leise nach Luft schnappen. Es fühlte sich einfach verboten gut an. Geduldig wanderten die warmen Lippen weiter abwärts und verteilten Küsse auf seiner Brust. Erschrocken zog er die Luft ein, als der Kapitän behutsam seine Brustwarzen reizte. Fest drückten seine Finger sich in die warme Haut seines Freundes und versuchten, den fremden Körper an seinen zu drücken oder ihn etwas weiter abwärts zu schieben. Der Ältere stoppte seine Liebkosungen und lachte leise. „Du bist so ungeduldig. Warum, Kätzchen? Wir haben die ganze Nacht Zeit. Schließ die Augen und genieß es einfach.“ Zittrig nickte Shin. Er hörte das Blut durch seine Adern rauschen und er spürte, dass sein Herz übereilt schlug, aber er konnte eh nicht viel unternehmen. Außerdem gefiel es ihm, so sanft berührt zu werden, auch wenn sein Körper nach mehr verlangte. Am Ende würde er so oder so bekommen, was er wollte und brauchte. „Dein Herz… klopft so schnell und stark“, bemerkte Saga und hielt seine Hand auf Shins Brust gedrückt. „Es tut gut zu wissen, dass nur ich das verursachen darf.“ Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Shins Gesicht. Nicht, dass ein anderer dieses Herzklopfen in dem Ausmaß überhaupt herbeiführen könnte. „Saga“, quengelte er trotzdem und biss sich dann auf die Unterlippe. Lächelnd wandte der Captain sich wieder seinem Körper zu und fuhr mit seinen Lippen über den flachen Bauch. Shin konnte nicht anders, als sich gegen die Berührungen zu bewegen. Er wollte dem Älteren näher kommen, und er hatte seinen Körper nicht mehr wirklich unter Kontrolle. Keuchend legte er den Kopf in den Nacken, als die fremde Zunge ohne Vorwarnung in seinen Bauchnabel stieß. Sein ganzer Körper vibrierte, und er verfluchte seinen Freund gerade für die Spielchen. Das war nicht fair. Erleichtert registrierte er, wie Gürtel und Jeans geöffnet wurden und er etwas mehr Freiraum bekam. „Ist gut, Kätzchen. Ich lass dich schon nicht verhungern.“ Zufrieden ließ er sich die Jeans von den Beinen ziehen, gefolgt von den Boxershorts. Er brauchte die Zuwendung gerade, und trotzdem zuckte er zusammen, als er Sagas Hand an seinem Glied spürte, danach die weichen Lippen, die sanft über seine Spitze strichen. „Saga!“, keuchte er auf und griff nach dem Größeren, strich diesem dann durch die Haare, während die Lippen seines Freundes sich um seine Spitze legten und langsam den Schaft hinabglitten. Natürlich konnte der andere ihn gut genug einschätzen, um zu wissen – oder zumindest zu erahnen - wie lange sein Körper der Behandlung standhalten konnte. Provokant fuhr die feuchte Zunge die Adern nach, strich immer wieder zufällig über seine Eichel und brachte seinen Körper zum Erbeben. Unruhig verflochten seine Finger sich in den Haaren des Älteren, den das aber nicht wirklich zu interessieren schien, genauso wenig wie die Tatsache, dass er begann, seine Hüfte gegen den Reiz zu bewegen. „Oh Gott!“ Stöhnend legte Shin den Kopf in den Nacken. Das war zu gut und sein Körper reagierte ganz selbstverständlich. Ein enttäuschtes Seufzen verließ seine Lippen, als der andere von ihm abließ und ihn in eine sitzende Position zog, ihn dann verlangend küsste. „Das reicht wohl für den Anfang, hm? Ich denke, jetzt ist es dein Part, etwas zu tun.“ Shin nickte und beobachtete, wie der andere sich hinstellte. Ohne Zögern kniete er sich vor diesen und befreite ihn von der restlichen Kleidung. Provozierend leckte er sich über die Lippen und sah zu dem Größeren auf, bevor er langsam über den Schaft leckte. Fast offensichtlich provozierte er Saga weiter, indem er zwar seine Lippen um die Eichel legte und mit genüsslich geschlossenen Augen daran saugte, aber sonst nichts weiter tat. Es dauerte nicht lange, bis er Sagas Hand in seinem Nacken spürte, die ihn näher drückte. Frech grinsend widerstand er den Vorgaben des Kapitäns, deutlich spürend, wie ungeduldig dieser wurde. Er keuchte leise auf, als der andere von selbst die Initiative ergriff und in seinen Mund stieß, aber das war, was er beabsichtigt hatte. Saga musste lernen, welche Ausmaße Ungeduld annehmen konnte. Nach einer Weile zog der Ältere sich zurück und kniete sich zu ihm, küsste ihn wieder und zog ihn fest an sich. „Ich hab’s kapiert. Es ist nicht nett, jemanden so lange warten zu lassen. Ich will dich. Am Besten jetzt sofort.“ Shin nickte und legte sich wieder auf den Teppich, beobachtete, wie der andere eine Tube Gleitgel unter einer Teppichecke hervorholte und etwas davon auf seinen Fingern verteilte. Behutsam schob er diese zwischen Shins Beine und massierte den wild zuckenden Muskel, küsste den Kleineren liebevoll. Shin zuckte leicht zusammen, als sich ein schlanker Finger in ihn schob. Es war kein ungewohntes Gefühl mehr, auch wenn es sicherlich auf der anderen Seite immer etwas fremd sein würde. Seine Hände strichen sanft über Sagas Schultern und Oberarme, während er sich an dem anderen Körper zu wärmen versuchte. Es war dank dem Kaminfeuer nicht wirklich kalt, aber er war wärmere Temperaturen gewohnt. Und nichts ging über Körperwärme. Zufrieden seufzte er in den Kuss, als der Fremdkörper sich sicher in ihm zu bewegen begann. Er genoss es mittlerweile einfach zu sehr, und auch ein zweiter Finger störte ihn nicht mehr. Schwer atmend ließ er den Älteren den Kuss lösen und stöhnte auf, als beide Fremdkörper über eine kleine Unebenheit in ihm strichen. Sofort ging er ins Hohlkreuz, um mehr von diesem Gefühl zu bekommen, murrte aber enttäuscht, als da wieder diese Leere in ihm war und er auf die Seite gedreht wurde. Kurz darauf spürte er den warmen Körper hinter sich. Der andere legte die Arme um ihn und küsste ihn auf die Schulter, ließ dann aber eine Hand auf seiner Hüfte ruhen. Lang gezogen keuchte Shin auf, als der andere sich langsam in ihn schob. Er drehte den Kopf zur Seite und sah Saga an, der ihn sanft küsste und anscheinend wie er einen Moment nur genießen wollte, bevor er begann, in den zierlichen Körper zu stoßen. Shin stöhnte unterdrückt auf und krallte sich mit einer Hand in den Teppich, während er Sagas Atem auf seiner Haut spürte. Keuchend legte er den Kopf auf den Nacken und lauschte auf den schneller werdenden Atem. Auch die Bewegungen wurden etwas schneller und fester, aber das war noch nicht alles. Sein Instinkt sagte ihm, dass diese Position nicht die endgültige war, und er wusste, dass er recht hatte, als der Größere sich aus ihm zurückzog und ihn auf den Rücken drehte. Danach setzte dieser sich zwischen seine Beine und drang langsam wieder in ihn. Zufrieden legte Shin die Arme um den Nacken des anderen, als dieser sich über ihn beugte und ihn wieder küsste. Laut stöhnte er auf, als gleich ein gezielter Stoß seinen Lustpunkt traf. Zitternd hielt er sich an dem Kapitän fest, versuchte, das Zittern irgendwie zu unterdrücken, aber je schneller, härter und besonders gezielter die Bewegungen wurden, umso stärker wurde sein Zittern, und im gleichen Maße steigerten sich seine Laute. Das Schöne war nur, dass er den Atem des Älteren auf seinen Lippen spürte und an den unregelmäßigen Zügen erkannte, dass nicht nur er an seine Grenzen kam. Fest drückte er sich den Bewegungen entgegen und biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu laut zu werden, konnte aber ein gequältes Keuchen nicht zurückhalten. Erleichtert seufzte er auf, als sich eine Hand zu seiner Erregung schlich und diese im Rhythmus der Stöße massierte. Von dem sich aufstauenden Druck gequält verzog er das Gesicht, stöhnte aber erleichtert auf, als dieser sich entlud und er kurz darauf spürte, wie der Größere sich in ihm verströmte. Einen Moment blieb der andere auf ihm liegen, und Shin hätte schwören können, dass er dessen Herzschläge hätte zählen können, zog sich dann aber aus ihm zurück und nahm eine Wolldecke vom Sofa, ließ sich danach neben ihn sinken und deckte sie zu. Vorsichtig drehte Shin sich auf die Seite und spürte, wie sich der warme Körper im nächsten Moment an seinen Rücken schmiegte und sich die Arme um seinen Körper legten. „Ich liebe dich“, flüsterte der Größere ihm zu und küsste ihn sanft auf den Hals. Kapitel 5: Taseot ----------------- Kapitel Nr. 5. Wichtig für die ganze Geschichte? Jap. Zu erahnen gewesen? Vielleicht. Vielleicht auch ein wenig zu sehr. Oder ihr seid einfach zu gut. >_> Nach dem vorigen, netten adult (oder auch böse, wer weiß das schon?) widmen wir uns jetzt wieder dem Vorwärts der Story. Ich weiß, dass ihr neugierig seid und teilweise gespannt auf Kapitel wartet, aber was das betrifft, ist dieses Kapitel noch nicht so schlimm. Ich hoffe natürlich, dass es euch gefällt und auf ein paar Meinungen (ja, auch nach eineinhalb Jahren brauchen Autoren noch Bestätigung xD), aber wenn nicht, dann nicht. Fiction ab! __________________________________________________________________ Lächelnd öffnete Shin die Augen und seufzte wohlig. Es war zwar nicht mehr so warm, weil der Kamin natürlich ausgegangen war, aber trotzdem war es angenehm, auf dem Teppich zu liegen und den warmen Körper an seinem Rücken zu spüren. Draußen war es hell, auch wenn die Sonne nicht schien. Es hatte anscheinend geschneit. Ruhig blieb er liegen und spielte mit dem Anhänger seiner Kette. Er wollte gar nicht so genau wissen, wie teuer sein Geschenk gewesen war. Wahrscheinlich eh viel zu teuer. Es war nur schade, dass er nach dem Urlaub wieder dem Alltag auf dem Schiff gegenüberstehen musste. Er liebte zwar die Dark Rose auch, aber es würde alles wieder so werden wie vorher. Saga war viel zu beschäftigt, um immer für ihn da zu sein, und auch wenn sie sich tagsüber sahen, war irgendeine Mauer zwischen ihnen. Die letzten Tage vor der Ankunft in Irland waren eine Ausnahme gewesen, aber auch das nur teilweise. „Du bist schon wach?“, flüsterte der Größere ihm zu und küsste ihn auf die Schulter. „Hm.“ „Worüber denkst du nach?“ Shin seufzte leise und drehte den Kopf, um den Älteren anzusehen. „Ist nicht so wichtig.“ Zart küsste der andere ihn und drückte seine Hand. „Sicher ist es wichtig, sonst würdest du nicht darüber nachdenken. Also, was ist?“ „Ich weiß nicht“, begann Shin leise und schloss die Augen. „Im Schiffsalltag… hast du so viel zu tun und… du hältst mich auf Distanz.“ Der Ältere seufzte leise. „Das heißt übersetzt, dass ich dich vernachlässige.“ Er biss sich auf die Unterlippe und nickte kaum sichtbar. „Shin, du musst mir so was sagen. Nur, wenn ich weiß, dass du so denkst oder fühlst, kann ich darauf reagieren.“ „Es geht aber nicht nur darum, dass wir uns zu wenig sehen“, warf das Kleinere ein und öffnete die Augen. „Wenn wir uns sehen, abends jetzt ausgenommen, habe ich das Gefühl, dass du eine Rolle spielst. Ich mag das einfach nicht, und ich verstehe auch nicht, weshalb du dich so verhältst. Jeder hier weiß, wie du wirklich bist, du lässt es immer mal wieder durchscheinen, besonders, wenn du das Gefühl hast, dass ich in Gefahr bin. Warum versuchst du, allen etwas vorzuspielen?“ Nachdenklich nickte Saga. „Ich hatte keine Ahnung, dass es überhaupt so wirkt. Ich spiele dir nicht bewusst etwas vor, genauso wenig den anderen. Aber es kann sein, dass es mit meiner Rolle als Kapitän zusammenhängt. Ich werde versuchen, dass in den Griff zu bekommen. Versprochen.“ Shin nickte und drehte sich in der Umarmung um, kuschelte sich zufrieden an den Größeren. „Du liebst deinen Job doch. Vielleicht solltest du einmal versuchen, mit mehr Leidenschaft daran zu gehen, es nicht als Pflicht sondern als Hobby zu sehen.“ „Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Langsam glitt Shin an der Wand neben der Tür hinab und starrte fassungslos auf den Zettel. Also war der ganze Albtraum doch noch nicht vorbei. Ich habe euch beobachtet, mein Kleiner. Dein Körper ist ganz sicher nicht das Schlechteste an dir. Und bald gehörst du mir. Freu dich auf die schönen Dinge, die ich mit dir tun werde. Also hatte er es mit einem psychopathischen Spanner zu tun, der ihn unbedingt haben wollte. Das Schlimmste war, dass Saga nicht dagewesen war, als er den Zettel entdeckt hatte. Fast sofort hatte er eine Kommode vor die Tür geschoben, um sich zu schützen, auch wenn das wahrscheinlich relativ witzlos war. Er hatte das Möbelstück bewegen können, besonders schwer war es also nicht, aber es war immer noch besser als nichts. Das Haus allein zu verlassen, kam für ihn gar nicht in Frage, auch wenn er nur zwei Häuser weiter – keine 50 Meter – bei Shou sein würde, aber es kam ihm viel weiter vor. Aber noch lange allein zu bleiben, würde ihm auch nicht gut tun. Kurz entschlossen faltete er den Zettel zusammen und steckte ihn in seine Hosentasche, schob die Kommode von der Tür weg und legte die Hand auf die Klinke. Unruhig holte er Luft und stürmte dann nach draußen, ließ die Tür einfach zufallen und rannte die Meter zu Shou und Hiroto, hämmerte wie wild gegen die Tür. „Shou, mach auf!“ Erschrocken stolperte er nach vorn, als die Tür sich tatsächlich öffnete. Ohne zu zögern trat er sie hinter sich zu und hielt sich zitternd an dem Koch fest. „Shin… Ich freu mich ja auch, dich zu sehen, aber warum verprügelst du die Tür und läufst im T-Shirt draußen rum?“ „Lange Geschichte.“ Beruhigend strich der Ältere ihm über den Kopf und drückte ihn auf einen Stuhl, hockte sich vor ihm hin und legte die Hände auf seine Knie. „Was ist los? Soll ich dir irgendwas zu trinken oder zu essen machen?“ „Hast du Tee?“ Unsicher sah Shin den Größeren an, der nickte und aufstand. „Was macht der hier?“ Ängstlich sah Shin auf und begegnete Hirotos Blick. Er wusste nicht, wieso, aber ein kalter Schauer lief über seinen Rücken. „Was ist denn mit dir los, Hiroto? Du weißt, dass er es im Augenblick nicht leicht hat“, warf Shou verwundert ein. „Er hat es, seit er bei uns ist, anscheinend so schwer, dass Nao und Saga als Seelsorger nicht ausreichen. Ganz einfach, es kotzt mich an. Shin hier, Shin dort, Shin überall!“ „Hiroto, hör auf!“, versuchte Shou seinen Freund zurecht zu weisen. „Nein, das werde ich nicht! Es kotzt mich an! Ich bin draußen, falls du mich suchst!“ Ungläubig sah Shin dem Blonden nach und sah erst zu Shou, als die Tür hinter dessen Freund zuknallte. „Tut mir leid, dass ihr euch meinetwegen streitet.“ Der Koch winkte ab. „Irgendwas stimmt bei uns schon eine Weile nicht mehr, aber… Ich hoffe, dass wir das wieder hinbekommen, aber es ist nicht deine Schuld.“ „Anscheinend ja doch.“ Leise stellte der andere die Teetasse vor ihm auf den Tisch und drückte tröstend seine Hand. „Ist es nicht. Ganz sicher. Wenn jemand Schuld an den Beziehungsproblemen hat, dann sind es Hiroto und ich. Und jetzt zu dir. Was ist los?“ Stück für Stück berichtete Shin von dem Geschehenen, musste immer wieder gegen sich selbst kämpfen, um nicht zu sehr zu zittern oder sogar in Tränen auszubrechen. „Ich wollte einfach nicht mehr alleine sein“, beendete er seine Erzählung und trank zittrig einen Schluck Tee. „Verständlich, aber Saga wird durchdrehen, wenn er zurück kommt und du weg bist.“ „Aber ich will nicht allein zurück!“ Beruhigend legte Shou seine Hand auf die des Jüngeren. „Nicht allein. Ich komme mit. Oder geht es darum, dass du nicht mehr in das Haus zurück willst?“ Wortlos schüttelte Shin den Kopf und legte diesen dann auf die Unterarme. Das Haus hatte ihm ja nichts getan, denn… es war nun mal ein Haus und kein Hochsicherheitstrakt, und in einem Raum ohne Fenster – oder auch mit vergitterten Fenstern – und einer verschlossenen Tür würde er sich ganz sicher auch nicht wohlfühlen. „Wenn du willst, kann ich dich auch zu Saga bringen.“ „Saga muss arbeiten“, brummte er und ließ sich von dem Koch locker im Arm halten, lehnte seinen Kopf an dessen Schulter. „Er kümmert sich schon sehr um mich, er kann nicht noch mehr Zeit damit verbringen, auf mich aufzupassen.“ „Er wird es aber tun, wenn er merkt, wie fertig du bist. Shin, er will dich beschützen, um jeden Preis, weil er dich liebt. Das heißt aber auch, dass du ihn lassen musst, denn er wird merken, dass etwas passiert ist.“ Leise seufzte er und drückte sich an den Größeren. Er könnte diese Nachricht niemals vor Saga verheimlichen, das war ihm klar, sein Freund kannte ihn zu gut und würde ihn durchschauen. Für Saga war er wie ein offenes Buch, und letztendlich wollte er auch mit dem anderen reden. Sicher würde er wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen, und so sehr er sich wünschte, dass der Captain bei ihm war und sich um ihn kümmerte, er wollte es nicht aus solchen Gründen. Er wünschte sich, dass Saga bei ihm war, weil dieser Zeit hatte und es wollte, nicht aus einem Pflicht- oder Verantwortungsgefühl. Langsam stand er auf und nickte Shou zu, der ihm einen Arm um die Schultern legte und ihn fest an sich drückte, bevor sie in die weiße, kalte Welt traten. Mit hochgezogener Augenbraue sah Saga von seinen Notizzetteln auf zu einem sichtbar schlecht gelaunten Hiroto, der die stabile Tür gerade hinter sich zugeknallt hatte. „Vermutlich hat er wieder Stress mit Shou“, meinte Tora leise und sah dem auf sie zukommenden Blonden entgegen. „Kannst du dich nicht selbst um deine Schlampe kümmern, Saga?!“ „Erstens hast du mich nicht anzuschreien oder Ähnliches“, erklärte Angesprochener ruhig, „und zweitens ist Shin nicht meine Schlampe. Eine Schlampe fickt man nur.“ „Dann ist er eben Shous Schlampe! Willst du denn gar nicht wissen, was mit deinem Bettgefährten los ist?!“, zickte der Kleinste weiter. „Beruhige dich und dann kannst du es mir erklären, aber nur noch mal zum Mitschreiben, Shin ist mein Freund. So wie Shou dein Freund ist.“ Fest sah Saga den Jüngeren an. „Shin hat was mit Shou“, erklärte Hiroto trocken. „Dein Freund ist eine Schlampe und lässt sich wahrscheinlich von jedem nehmen, der Bock drauf hat! Und gerade kam er bei Shou und mir an!“ Nachdenklich sah Saga den Sprecher an, schüttelte dann aber nur den Kopf. „Zwischen Shin und Shou läuft nichts. Wenn du deinen Freund nicht auslastest, ist es dein Problem, aber ich denke nicht, dass Shin sich beschweren kann. Außerdem ist er mir treu und hat im Moment wohl auch andere Sorgen.“ „Du glaubst auch noch an den Weihnachtsmann, oder?! Die beiden hängen ständig zusammen, und sie spielen sicher nicht Schach! Schlampe bleibt Schlampe!“, erklärte der Blonde, hatte aber im nächsten Moment Sagas Hand am Hals. „Wenn du den heutigen Tag überleben willst, hörst du lieber auf, so über Shin zu reden“, erklärte Saga in ruhigem Tonfall, in dessen Gegensatz seine Augen wütend funkelten. „Shou und Shin sind befreundet. So was ist möglich, stell dir vor.“ „Dann kümmere dich um Shin. Es schien ihm nicht gut zu gehen, als er bei Shou ankam.“ Entschuldigend sah Saga Tora an und stand dann eilig auf, nahm sich seine Jacke und verließ den Raum. Wenn mit Shin irgendwas nicht stimmte, war das schlimm genug, aber wenn der Jüngere sich zu Shou flüchtete, gefiel ihm das noch weniger. Fest schlug er gegen die Eingangstür des Hauses, in dem Shou und Hiroto vorrübergehend wohnten, gab aber auf, als drinnen nichts zu hören war. Ohne lange zu überlegen, lief er zu seinem Wohnhaus und kramte den Schlüssel aus der Tasche, blieb aber sofort in der Tür stehen, als er sah, wie Shou Shin fest an sich gedrückt hielt. Laut flog die Tür hinter ihm zu, was er selbst kaum mitbekam. Bevor er wirklich irgendetwas wusste, hatte er Shin von Shou weggezogen und drückte den Koch an den Oberarmen an die Wand. „Du gottverdammter Hurensohn!“, fuhr er den Größeren an. „Lass deine Finger von meinem Freund!“ Erschrocken schrie Shin auf. „Saga, hör auf! Was ist überhaupt los?!“ Knurrend ließ Angesprochener von seinem Opfer ab. „Hiroto meinte, dass Shou dich fickt!“, erklärte er gereizt und machte einen Schritt auf den Jüngsten zu. „Was soll ich glauben, wenn ich euch so sehe?!“ „Dass Shins zukünftiger Entführer sich gemeldet hat und er dich nicht vom Arbeiten abhalten wollte“, erklärte Shou und legte dem Captain eine Hand auf die Schulter. „Er kam zu mir, weil er in Panik war und ich am Nahesten wohne.“ „Scheiße“, murmelte Saga unruhig und machte ein paar Schritte auf seinen Freund zu, der sich schon kurz darauf zitternd an ihn schmiegte. „Tut mir leid, Shou. Meine Nerven sind momentan auch nicht die besten.“ „Schon gut“, erwiderte Shou leise. „Auch Shin steht unter Strom. Ich sammle jetzt auf jeden Fall Hiroto ein, ihr könnt das auch allein klären.“ Beruhigend strich Saga Shin durch die Haare, nachdem der Kleinere ihm alles erzählt hatte. Gern hätte er seinem Freund eingeredet, dass alles wieder gut werden würde, aber er glaubte sich selbst kaum. Es war zum Durchdrehen. Am Liebsten hätte er Shin an sich gekettet, aber wahrscheinlich würde es nicht viel helfen. „Keine Angst, Kätzchen. Dir passiert nichts“, flüsterte er dem Jüngeren zu. „Du wirst nicht eine Sekunde mehr allein sein. Wenn es nötig ist, kommst du mit mir überall hin. Wir kriegen dieses miese Arschloch früher oder später.“ Er spürte nur ganz sachte, wie sein Freund nickte, aber es beruhigte diesen anscheinend. Er würde dafür sorgen, dass Shin in Sicherheit war. „Shin, versprichst du mir etwas?“, fragte er leise, woraufhin der Angesprochene ihn ansah. „Komm zu mir, wenn du Hilfe brauchst, und fang mit Niemandem etwas Längeres an.“ Kapitel 6: Aru -------------- Es hat auch seine Vorteile, krank zu sein, immerhin kommt jetzt pünktlich Kapitel Nr.6. What to say? Drama, Baby, more drama. Ja, es wird dramatischer als in den vorigen Kapiteln, aber noch ist der Höhepunkt nicht erreicht. Allgemein passiert aber noch nichts, das Shin nicht verkraften könnte. Ob das so bleibt, wer weiß? *hust* Okay, ich weiß es, aber ich verrate es noch nicht. :D Auf jeden Fall wünsche ich euch viel Spaß mit dem Kapitel. Fiction ab! _________________________________________________________________________________ Unzufrieden kuschelte Shin sich in die Bettdecke und schloss die Augen. Saga und Tora würden die Nacht durcharbeiten, und er war bei Jin untergebracht. Der Blonde hatte sich über die Nachricht seiner Gesellschaft gefreut, und Shin war zumindest froh, nicht allein zu sein. Die letzte Botschaft lag erst vier Tage zurück, und in diesen Tagen hatte der Kapitän ihn nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Wenn er darüber nachdachte, war dieser ganze Schutz witzlos. Er konnte nicht für den Rest seines Lebens permanent unter Beobachtung stehen. Vielleicht wäre es klüger, seinen Stalker einfach mit ihm als Köder in eine Falle zu locken, oder zumindest ihn selbst für seinen Schutz verantwortlich zu machen. Aber beides würde Saga nicht zulassen. Es fühlte sich gut an, wie der Ältere sich um ihn sorgte, auch wenn ihn dessen Kontrolle teilweise zur Weißglut trieb. Er wusste, dass es nur zu seinem Besten war, und nur deswegen ließ er es so über sich ergehen. Und weil es sein Freund war, der jeden seiner Schritte überwachte. Aber diese Nacht war anders. Etwas stimmte nicht. Vielleicht lag es daran, dass das Ferienhaus, in dem Jin eigentlich mit Tora lebte, eines der wenigen mit Keller war. Er mochte Keller einfach nicht. Aber das allein konnte es nicht sein. Im Grunde genommen wollte er nur weg aus diesem Haus und zu Saga, sein Instinkt riet ihm dazu, zu diesem zu fliehen, aber er kämpfte dagegen an. Weglaufen hatte noch niemanden weiter gebracht, und außerdem war er ja nicht allein. Jin passte auf ihn auf, schlief extra auf dem Sofa im Wohnbereich, um zu hören, wenn jemand sich an der Tür zu schaffen machte. Es gab also eigentlich nichts, wovor er sich fürchten musste. Wahrscheinlich lag dieses Gefühl der Schutzlosigkeit auch einfach nur daran, dass sein Freund nicht bei ihm war, um auf ihn aufzupassen. Zumindest versuchte er, sich das einzureden, um langsam zur Ruhe zu kommen und Schlaf zu finden, aber es brachte nichts. Also konnte er auch nachdenken, bis die Erschöpfung ihn in den Schlaf zwang. Wie kam Hiroto zum Beispiel darauf, dass er eine Affäre mit Shou hatte? Er hatte ein einziges Mal mit dem Koch geschlafen, und das war im Rahmen seiner… nun ja, Ausbildung gewesen. Nur weil sie sich gut verstanden, schliefen sie doch nicht gleich ständig miteinander. Freundschaft und Sex passten – meistens – nicht zusammen. Und er verstand sich auch mit den anderen gut. Hätte er mit all diesen Männern etwas, würde Saga erstens durchdrehen und er zweitens permanent beschäftigt sein. Warum war Hiroto überhaupt eifersüchtig auf ihn? Danach sah es immerhin aus. Es war allgemein bekannt, dass er mit Saga zusammen war, und wenn stimmte, was Shou ihm erzählt hatte, war schon vor seinem Auftauchen nicht mehr alles okay gewesen. Warum sollte er dann den Sündenbock spielen? Manchmal fragte er sich, was wohl passiert wäre, wenn Tora ihn nicht zum Schutz seines eigenen Lebens mitgenommen hätte. Aber er konnte es sich nicht vorstellen. So schwierig die augenblickliche Lage auch war, im Prinzip war er glücklich, oder zumindest zufrieden. Er hatte Freunde, die sich um ihn kümmerten und seine Familie bestens ersetzten, er hatte ein Zuhause und einen Freund, der alles für ihn tat. Und das Problem mit dem Schreiber der Nachrichten würde sich ganz sicher lösen. Im Großen und Ganzen konnte er sich also nicht beschweren. Nur eine Tatsache quälte ihn noch immer. Wie es seinem Bruder wohl ging? Er selbst hatte immerhin große Schwierigkeiten mit seinem Vater gehabt und war abgehauen, und er wollte wissen, wo Toyo war und was er tat. Ob er es geschafft hatte, sich friedlich zu wehren oder genauso feige wie er selbst einfach davongelaufen war. So sehr Saga auch versuchte, ihm zu helfen, sein kleiner Bruder fehlte ihm. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, vermisste er – seinen Vater ausgenommen – seine ganze Familie. Daran konnten die anderen hier auch nichts ändern. Seufzend rollte er sich auf den Rücken und sah ins Nichts. Ohne seinen Vater hätte sein Leben so ruhig verlaufen können, allein schon etwas geringere Anforderungen hätten den Frieden gehalten. Aber dafür wäre er wahrscheinlich nie auf Saga getroffen. So schade es war, man konnte nicht alles haben, nicht einmal annähernd, und mit seiner Flucht hatte er seine Wahl getroffen. Wenn er überhaupt eine gehabt hatte. Als er aufwachte, war es noch früh. Viel zu früh. Normalerweise wachte man doch erst auf, wenn der Körper sich genug ausgeruht hatte, ebenso wie der Geist, und Shin war sich sicher, dass dem nach maximal vier Stunden nicht so war. In ihm tobte eine seltsame Unruhe, für die er keine Erklärung hatte. Ob wohl mit Saga alles okay war? Wenn nicht, wäre es natürlich eine Erklärung, aber es war schon schwer vorstellbar, dass seinem Freund etwas passiert war. Er war immerhin mit Tora gemeinsam am Arbeiten und Saga konnte sich ganz sicher verteidigen. Genervt seufzte Shin und stand auf, zog sich dann warme Sachen an und ging in den Eingangsbereich. Die Uhr neben dem Thermostat zeigte 6:27 Uhr an, und logischerweise liefen die Heizungen zu diesem Zeitpunkt noch im Nachtmodus. Leise machte er das Licht an und sah sich um. Vielleicht hatte ihn auch eine Uhr oder etwas Ähnliches aufgeweckt. Er konnte nur nichts entdecken, und das beunruhigte ihn irgendwie. Nahezu geräuschlos bewegte er sich in die Richtung des Wohnbereichs und suchte diesen mit den Augen ab. Eigentlich hatte Jin auf dem Sofa schlafen wollen, aber das war leer. Und als Shin ins Bett gegangen war, war die Tür zur Kellertreppe verschlossen gewesen. Aber die logischste Idee ergab überhaupt keinen Sinn. Was sollte Jin um diese Zeit im Keller wollen? Zwei bis drei Stunden später wäre es vielleicht verständlich gewesen, aber jeder normale Mensch, der nicht arbeiten musste, schlief noch. „Jin?“, rief er und wartete, bekam aber keine Antwort. Irgendetwas war nicht richtig. Shin hörte sein Herz panisch in seiner Brust schlagen, während er sich der Tür näherte. Wenn das ein blöder Scherz war, um ihm Angst einzujagen, würde Jin ziemlichen Ärger bekommen, und das eher von Saga als von ihm selbst. „Lass den Scheiß!“, rief er und wirbelte herum, als etwas hinter ihm piepte. Es dauerte einen Moment, bis er das Geräusch dem Thermostat zuordnen konnte, aber ihm war trotzdem nicht wohl bei der Sache. Entschlossen schaltete er die großen Deckenleuchten ein. Sie blendeten ihn, aber das Licht gab ihm etwas Ruhe zurück, und es dauerte auch nicht lange, bis seine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. Mit festen Schritten näherte er sich dem Treppenaufgang und sah hinunter. Erschrocken schlug er sich eine Hand vor den Mund und war schneller die Stufen hinunter gerannt, als er es wirklich mitbekam. „Jin! Mach keinen Scheiß!“ Zittrig legte er seine Finger an den Hals des Blonden und atmete erleichtert auf, als er zumindest einen schwachen Puls fand. Wieso war Jin die Treppe heruntergefallen? Die Tür war verschlossen gewesen, und wäre er wirklich gefallen, hätte er wohl kaum auf dem Rücken gelegen, also… musste eine dritte Person im Haus gewesen sein und ihn gestoßen haben. Shin spürte, wie sich Panik in ihm ausbreitete, obwohl er wusste, dass er nicht durchdrehen durfte. Mühsam beherrscht atmete er durch und strich Jin über die Wange, ignorierte das Blut unter dessen Kopf so gut wie möglich. Jin war verletzt und brauchte logischerweise einen Arzt, aber wo sollte er um diese Zeit… Laut schlug er sich mit der flachen Hand an die Stirn. Einen Arzt aus der Stadt könnten sie eh nicht rufen, und wofür hatten sie denn ihren eigenen? „Ich bin gleich wieder da, ich hole Hilfe!“, versprach er dem Kleineren schnell, auch wenn er sich nicht sicher war, ob dieser ihn hörte, stand auf und lief die Treppe hinauf. Einer spontanen Überlegung folgend schnappte er sich den Schlüsselbund von der Kommode, verschloss schnell die Tür hinter sich und rannte die schmale Straße entlang. Die eisige Luft brannte in seinen Lungen, trotz des dicken Pullovers war es eiskalt und die Straße ähnelte eher einer Rutschbahn, aber er hatte nicht viel Zeit. Er wusste nicht, ob nicht derjenige, der Jin die Treppe hinunter gestoßen hatte, ihm folgte, und nach den beiden Drohungen wollte er auch nicht stehen bleiben oder langsamer werden, um es herauszufinden. Den Weg, den er lief, nahm er kaum wahr. Eigentlich war es ziemlich weit von Tora und Jin zu Nao und Kazuki, aber bevor er es wirklich bemerkte, stand er vor der Tür des Arztes und schlug auf diese ein, in der Hoffnung, laut genug zu sein, um diesen aufzuwecken. Sein Herz schlug wie wild, während er den Arzt auf sich aufmerksam zu machen versuchte, und bei jedem noch so kleinen Geräusch hinter sich sah er sich um, jeden Moment bereit, loszuschreien, wenn es sein musste. „Ja, ist ja gut, verdammt“, öffnete Kazuki ihm grummelnd und musste im nächsten Moment eine schmerzhafte Begegnung mit dem Boden verhindern. „Shin, du weißt, dass du eigentlich schlafen und nicht allein draußen rumlaufen sollst, ja?“, meinte Nao von der Schlafzimmertür aus. Hektisch schüttelte er den Kopf. „Jin wurde die Treppe runtergeschubst und… Ach, scheiße… Da war Blut und er ist bewusstlos und sein Puls ist schwach und ich wollte nicht warten, bis es hell wird, um Hilfe zu holen“, erklärte er atemlos und lehnte sich an Kazuki, der ihm beruhigend über den Rücken rieb. „Okay, okay. Ich gehe mich anziehen und danach gehen wir hin“, meinte Nao entschieden. „Kazu, du holst dann Rui und Keiyuu aus den Federn und schickst sie zu mir, und du holst irgendjemanden aus dem Bett, der eine Weckkette oder wie auch immer man das bezeichnet in Gang setzt. Die anderen sollen das gesamte Gelände abriegeln.“ „Seid vorsichtig“, meinte der Größte, als Nao Shins Hand nahm. „Euch muss nicht auch noch etwas passieren.“ „Ich pass auf uns auf“, erwiderte Nao leise und küsste seinen Freund kurz. „Bis später.“ Eilig schloss Shin die Tür auf und ließ den Arzt hinein, zeigte dann auf die immer noch offen stehende Tür zur Kellertreppe. „Setz dich auf das Sofa und lass die anderen rein, wenn sie kommen“, befahl der Ältere, woraufhin Shin nur nickte, sich dann aber einen Stuhl nahm und sich neben der Haustür sein Lager einrichtete, damit er bequem durch das Fenster sehen konnte, wenn jemand eintraf. Das Problem war nur, dass er es nicht lange aushielt, nur rumzusitzen. Unruhig lief er hin und her und sah immer wieder zu Nao und Jin nach unten. Erschrocken zuckte er zusammen, als es klopfte, machte dann aber sofort auf und ließ Keiyuu und Rui zu Nao. Um nicht ständig die Haustür öffnen und schließen zu müssen, ließ er sie gleich offen stehen und beobachtete, wie Nao und seine beiden Helfer Jin aus dem Keller nach oben trugen und auf dem Boden ablegten. Besorgt musterte Nao ihn. „Nicht weinen, Shin. Das bringt nicht’s. Geht’s dir gut?“ Viel zu schnell nickte er und wischte sich über das Gesicht. Er hatte die Tränen nicht einmal bemerkt. Und ihm war klar, dass er Jin so nicht half, aber… Der Schock war Schuld. „Weckkette ist losgeschickt“, meldete Kazuki und legte Shin eine Hand auf die Schulter. „Wie sieht’s aus, Nao?“ „Schwer zu sagen. Ich vermute Gehirnerschütterung und ein verstauchtes Handgelenk, aber ich kann nichts Genaues sagen, außer dass er sich ziemlich stark gewehrt hat. Seine Arme sind ziemlich zerkratzt und erste dunkle Flecken werden sichtbar, also wurde er wohl ziemlich hart festgehalten. Es wird ihn höchstwahrscheinlich nicht umbringen.“ Erleichtert atmete Shin auf und lehnte sich an die Wand, bemühte sich, seine Nerven wieder zu beruhigen. Natürlich war er froh über die Nachricht, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er geschlafen hatte, als Jin anscheinend mit einer dritten Person gekämpft hatte. Erstens hätte er es hören und Jin beistehen müssen und zweitens hatte er die dumpfe Ahnung, dass der Blonde ihn beschützt hatte und deswegen gestürzt war. Im Grunde war es seine Schuld, und diese Vermutung tat weh. Er wollte doch eigentlich niemanden mit in sein Problem einbeziehen. Er musste selbst die Verantwortung für seinen Schutz übernehmen, auch wenn Saga damit wahrscheinlich nicht einverstanden sein würde, und, ebenfalls ohne das Einverständnis seines Freundes, musste er sich seinem Stalker in den Weg stellen. „Kazu, kümmere dich bitte ein wenig um Shin. Wir sind beschäftigt und er sieht aus, als würde er jeden Moment zusammenbrechen.“ Etwas hilflos zog der Angesprochene ihn nach draußen und strich ihm über die Wange. „Hör bitte auf zu weinen“, meinte der Ältere und drückte ihn an sich. „Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, aber du siehst wirklich nicht gut aus.“ „Ich… Das ist alles meine Schuld!“ Zitternd klammerte er sich an den anderen und versteckte seinen Kopf an dessen Brust. Es war ihm egal, dass er wirklich – und mittlerweile auch bewusst – weinte, er hatte momentan eh nicht die Kraft, es aufzuhalten. „Ist es nicht, das weißt du. Ich weiß, dass ich dir keine große Hilfe bin, von Nao kenne ich solche Gefühlsausbrüche nicht, aber Schuld hat der Dreckskerl, der dich tyrannisiert und der Jin diese gottverdammte Treppe runtergestoßen hat.“ Der Jüngere schluchzte leise. „Aber hätte Jin mich nicht beschützt, wäre das nicht passiert!“ Ohne eine Antwort zu geben hielt Kazuki den anderen an sich gedrückt und strich ihm über den Rücken. Er hätte gern etwas Hilfreiches geantwortet, aber er war mit der Situation überfordert. Nao und Shou konnte mit Shin umgehen, Saga hatte es mittlerweile auch gelernt, und Jin und Zero kamen zumindest mit ihm klar, wenn er so aufgelöst war, aber Kazuki fehlte die Übung, denn meistens kümmerte sich tatsächlich Nao um Sagas kleinen Liebling. Wo steckte Saga eigentlich? Die Nachricht, was passiert war, machte schon die Runde, und eigentlich dauerte es nicht lange, bis alle Bescheid wussten. Und sobald Shin auch nur annähernd verletzt oder in Gefahr war, dauerte es nicht lange, bis der Captain auftauchte, um sein Kätzchen zu beschützen. Und gerade jetzt wäre es von Vorteil, wenn es genauso wäre, denn Kazuki wusste nicht, wie er Shin beruhigen sollte, er hatte nicht einmal eine kleine Idee. „Bitte, Kleiner, beruhige dich. Du kannst doch nichts dafür, wenn jemand solche Scheiße baut und Jin die Treppe runterschubst, aber wahrscheinlich ist es so noch besser, als wenn dieser Typ auf ihn schießt oder mit einem Messer auf ihn los geht.“ Er wusste, dass das Argument schlecht war, aber ihm fiel nichts Besseres ein, und es entsprach der Wahrheit. „Das ist meine Schuld! Der Mistkerl will doch mich!“ Sanft küsste Kazuki den Kleineren aufs Haar und schloss die Augen. Wenn doch wenigstens jemand hier wäre, der ihm helfen könnte. Er hatte keine Gegenargumente, auch wenn er Shin wirklich nicht die Schuld gab, aber Logik schien im Moment zu diesem nicht durchzudringen. „Shin!“ Erleichtert hob Kazuki den Blick und sah Saga an, übergab ihm dann den Jüngsten. „Ich glaube, es ist besser, wenn du dich um deinen Freund kümmerst“, flüsterte er Saga zu. „Er gibt sich die Schuld, und ich komm nicht an ihn heran.“ „Ist gut. Danke, dass du es zumindest versucht hast.“ Vorsichtig hob Saga den Jüngeren hoch und ging mit ihm in den Wohnbereich, setzte ihn auf dem Sofa ab und sich danach neben ihn, hielt dann dessen Hand. „Es ist gut, Shin. Alles wird wieder gut.“ „Aber das ist meine Schuld!“ Liebevoll zog er den Kleineren an sich. „Du weißt, dass das nicht stimmt. Niemand wird dich dafür verantwortlich machen, es sei denn, du hast ihn darunter geschubst, und ich weigere mich zu glauben, dass du das warst.“ „Das war ich auch nicht, aber…“ „Kein ‚aber‘. Jin wollte dich beschützen, obwohl er es nicht hätte tun müssen, also war es seine Verantwortung.“ Ruhig legte er seine Wange an Shins Haar und strich ihm über den Rücken. Er konnte wirklich froh sein, gelernt zu haben, wie er mit seinem Freund in Ausnahmesituationen umgehen musste. Direkt zu Anfang wäre es wahrscheinlich problematischer geworden. Shins Schweigen interpretierte er ganz einfach mal als Zustimmung oder auch ganz simple Argumentationsprobleme, aber es war schon besser als ständiges Widersprechen. Langsam stand Shin auf. „Ich bin gleich wieder da“, murmelte er abwesend. „Saga? Denkst du, du kannst ihn ruhig bekommen?“, fragte Nao ohne ihn anzusehen. „Er wird schon ruhiger. Ich denke, ich schaffe das. Wie sieht’s mit Jin aus?“ „Ich will ihn auf der Station haben und da am Besten im Auge behalten, aber wir kriegen ihn wieder hin, es scheint nichts Schlimmes zu sein.“ Der Arzt sah zu ihm auf. „Weiß Tora, was passiert ist?“ Saga zuckte mit den Schultern. „Ich habe Shou und Reita gesagt, sie sollen es ihm vorsichtig…“ Ein erschrockener Aufschrei unterbrach ihn, woraufhin er sofort aufsprang und hinter Shin ins Bad trat, den Kleinen an sich zog und mit ihm den Raum verließ. „Shht, Shin, ganz ruhig“, flüsterte er diesem zu und ging die Nachricht, die diesen aufwühlte, noch einmal kurz durch. Ein schwacher Versuch, wirklich. Nach seinem Sturz hätte ich dich einfach holen können, mein Hübscher. Warum wehrst du dich gegen das Unvermeidbare? Ich bekomme dich so oder so. Vergiss nicht, ich würde für dich töten. Er sah, wie Tora das Haus betrat und von Rui aufgehalten wurde. Ohne großartige Diskussionen kam der Schwarzhaarige zu ihnen und sah auf Sagas Andeutung ins Bad. „Ich bring diesen dreckigen Wichser um!“, knurrte er, als er zurück kam und Saga ansah, der grimmig nickte. „Du kriegst ihn, wenn ich mit ihm fertig bin. Vorausgesetzt, es ist dann noch etwas über. Könntest du Shin bitte erzählen, wer deiner Ansicht nach Schuld hat?“ „Dieses gottverdammte Arschloch, das Shin entführen will“, erklärte der Größte schlecht gelaunt. „Sein Glück, dass Jin überlebt.“ Langsam machte Shin sich los und ging zur Kochzeile. Abwartend beobachtete Saga, wie der Jüngere einen Kochtopf und ein großes Messer aus den Schränken holte, sich den Topf wie einen Helm aufsetzte und das Messer zur Hand nahm. „Jetzt herrscht Krieg“, erklärte er trocken. „Schatz, lass den Quatsch.“ Lächelnd nahm Saga ihm das Messer aus der Hand und den Helm vom Kopf. „Du erdrückst ihn höchstens mit deiner Niedlichkeit und Naivität, wenn du dich ihm so gegenüber stellst. Wir kümmern uns schon darum.“ Heftig schüttelte Shin den Kopf. „Mein Stalker, mein Problem, meine Aufgabe. Es reicht, dass Jin verletzt wurde. Das ist ab jetzt mein Kampf, und niemand mischt sich ein.“ „Shin!“ „Nein, Saga. Ich habe lange genug dagesessen und mich beschützen lassen, und es wird Zeit, selbst etwas zu tun.“ Entschlossen sah Shin seinem Freund in die Augen. „Kleiner, hör mir jetzt gut zu“, mischte Tora sich ein und legte sowohl ihm als auch Saga eine Hand auf die Schulter. „Du legst dich mit einem Psychopathen an, der bereit ist, Menschen zu töten, um an dich heranzukommen. Seit er Jin da mit reingezogen hat, ist es auch mein Kampf. Und Saga wird sich nicht da raushalten, weil er dich liebt und es so auch sein Kampf ist.“ Shin seufzte und schloss einen Moment die Augen, atmete tief durch und sah die beiden erst dann wieder an. „Richtig, der Typ würde töten, um mich zu bekommen, und genau aus diesem Grund müsst ihr euch raushalten. Er will mich, und tot bringe ich ihm nichts, also wird er mich nicht umbringen. Euch schon. Ich will nicht, dass euch etwas passiert.“ Zart nahm Saga ihn in den Arm und küsste ihn auf die Stirn. „Das ist wirklich süß von dir, aber er will dich von mir wegholen. Allein kannst du dich nicht verteidigen, also muss ich auf dich aufpassen, aus dem gleichen Grund, aus dem du mich schützen willst. Ich will dich nicht verlieren.“ Ergeben seufzte Shin und schmiegte sich an seinen Freund, der ihn fest an sich drückte. Er konnte Saga nicht von einer Beteiligung am Kampf abhalten, und es brachte nichts, mit dem Älteren in diesem Punkt zu diskutieren. „Gemeinsam stehen wir das durch“, flüsterte er und schloss die Augen. Kapitel 7: Saata ---------------- Kapitel 7. Bisher wohl das nervenaufreibendste Kapitel, meiner Meinung nach. Das Kapitel ist eine Sache für sich, das muss ich gleich vorweg sagen. Ohne dieses Kapitel hätte es zu einem der wichtigsten Faktoren dieses zweiten Teils niemals kommen können. Und auch wenn „Onkel Stalker“ euch nervt, alles, was mit ihm zusammenhängt, wird noch erklärt. Wann? Spätestens im dritten Teil. Ihr kennt ja Sagas Eifersucht. Denkt euch, dass es Ausnahmen gibt eben wie Absprachen, auch wenn er die sicherlich nicht alle gut findet. Mit dem zweiten bin ich übrigens fast fertig. Ich steuere auf Kapitel 23 zu, das letzte Lemon, danach folgt noch Kapitel 24 mit etwas mehr Handlung und dann wird Teil 2, denke ich zumindest, zu den Akten gelegt. Aber genug gesagt, lest erst einmal selbst, was dieses Kapitel mit sich bringt. ________________________________________________________________________ Zufrieden sah Shin auf die französische Kleinstadt, deren Hafen ihr Ziel war. Drei Monate waren seit den Nachrichten vergangen, das neue Jahr hatte begonnen. Es war Anfang April und auch der letzte Schnee war verschwunden. Und mit ihm auch nach und nach die Vorsicht. Seit sie wieder auf der Dark Rose waren, war Shin schon durch das Wasser geschützt, und nach der Sache in Irland erholte er sich wieder. Nach Jins ‚Unfall‘ hatte es keine Zwischenfälle mehr gegeben, auch wenn es ihn irgendwie traurig gemacht hatte. Wo er doch gerade dabei gewesen war, selbst die Verantwortung für seinen Schutz zu übernehmen. Und auch, wenn Saga und Tora froh gewesen waren, dass der Terror ein Ende gehabt hatte, waren sie auch enttäuscht von sich selbst gewesen, weil sie den Verantwortlichen nicht erwischt hatten. Sonst war die Zeit eigentlich relativ ereignislos vergangen, es hatte nur eine kleine Absprache zwischen Saga, Zero und ihm gegeben, die nach wie vor galt. Er hatte Zero nach Rens Tod versprochen, ihm zu helfen. Während Shin nur mit Ren befreundet gewesen war, war Zero aber mit diesem zusammen gewesen und hatte niemanden außer Shin, der ihm über diesen Verlust hinweghelfen konnte, nur kam es dabei in einem Punkt zu einem Konflikt. Zero war nun mal ein Mensch und hatte Bedürfnisse, zu denen auch Sex gehörte. Zwar gab es auf dem Schiff genug Männer, aber da Shin selbst seine Rolle als einen Teilersatz für Ren definierte, zählte dies eigentlich zu seinen Aufgaben. Zwar war zwischen ihm und Zero keine Liebe, aber doch eine gewisse Vertrautheit. Das Problem dabei war nur, dass Saga – verständlicherweise – alles andere als begeistert von dem Plan gewesen war. Aus dem Grund war Zero auch bereit gewesen, sich jemand anderen zu suchen, aber letztendlich hatte Shin den Captain doch so weit bekommen, ihn ab und zu zu verleihen. Und dafür, dass es seit über einem Monat so ging, gab es überraschend wenige Probleme. Gut, er wurde von Zero auch nicht wirklich viel gefordert, dafür aber von Saga umso mehr. Mindestens jeden zweiten Abend, und das wurde langsam verdammt anstrengend. So schlank er auch schon vorher gewesen war, in sechs Wochen noch mal fast zehn Kilo abzunehmen, war nicht besonders gut. „Hey, mein Süßer.“ Fest umarmte ihn jemand von hinten. „Worüber denkst du nach?“ „Saga, hör auf, dich immer anzuschleichen, ja?“ Langsam drehte der Ältere ihn um und lächelte ihn an. „Ich schleiche nicht, aber du bist immer so in Gedanken versunken, dass du mich nicht hörst.“ Zufrieden legte Shin seine Arme um den Nacken des Größeren und küsste diesen einfach. „Ich habe darüber nachgedacht, ob du mir nicht eventuell mehr zu essen geben willst beziehungsweise was du mir mit dem Sportprogramm beweisen willst. Und schieb es nicht darauf, dass ich mich letztes Jahr noch beschwert habe, dass es nach Weihnachten immer so ein Kampf ist, wieder abzunehmen, dieses Mal habe ich immerhin gar nicht erst zugenommen.“ Der Ältere lachte leise. „Ich weiß, du hast in letzter Zeit eine Menge abgenommen, aber sieh es als Reviermarkierung. Außerdem hindert dich niemand daran, mehr zu essen.“ „Reviermarkierung? Kann ich ja froh sein, dass wir unter Menschen und nicht unter Hunden sind“, erwiderte Shin skeptisch. „Obwohl die Technik an Hunde erinnert, nur eben mit einem anderen Mittel. Und bei dir ist trotzdem angekommen, dass ich nicht schwanger werden kann?“, grummelte er weiter. War er wirklich mit einem Stück Land, das markiert werden musste, vergleichbar? „Ist es, ja. Schatz, du weißt, wie ich zu der Sache mit Zero stehe, und auch, wenn er dich nicht oft beansprucht, muss ich dir doch zeigen, zu wem du gehörst.“ Genervt seufzte er und legte seine Stirn auf die Schulter des anderen. Revierkämpfe, ha ha. „Saga, das mit Zero ist Sex, und auch nur so lange, bis er jemand anderen gefunden hat. Sonst sind wir Freunde, klar?! Da sind keine Gefühle in Richtung Liebe. Was das betrifft bin ich immer noch nur dein Eigentum. Aber jetzt mal ganz davon abgesehen, es wäre ganz gut, wenn wir unsere… sexuellen Aktivitäten in Sachen Häufigkeit etwas reduzieren könnten, sonst befürchte ich bald Migräneanfälle.“ Liebevoll küsste der Ältere ihn und strich über seine etwas geröteten Wangen. „Du bist süß, weißt du das?“ „Das höre ich öfter, ja.“ Zufrieden kuschelte er sich an den Größeren. Noch etwas, das sich zum Positiven geändert hatte, war, dass der große Kapitän nicht mehr krampfhaft eine Rolle zu erfüllen versuchte. Sicher war er immer noch der Kapitän, aber nicht mehr ganz so bemüht, alle auf Abstand zu halten, was besonders Shin zu spüren bekam. Viel öfter als früher kam der Ältere von sich aus zu ihm, um mehr Zeit mit ihm zu haben und ihn vielleicht einfach nur im Arm zu halten. Shin war sich nicht ganz sicher, inwiefern diese Entwicklung mit seinem Stalker zusammen hing, aber es war ihm auch egal. Sein Freund nahm sich Zeit für ihn, auch wenn es kleine Belanglosigkeiten waren, einfach um dafür zu sorgen, dass er sich nicht vernachlässigt fühlte. Oder auch ein bisschen, damit er sich nicht zu Zero flüchtete. Saga hatte Angst, ihn an den Schwarzhaarigen zu verlieren, das spürte er, auch wenn da wirklich nichts war. Er mochte Zero, und er konnte gut mit diesem über einige Dinge sprechen, die er seinem Freund gegenüber nicht einmal anzudeuten wagte, aber das war nicht der Grund für die Angst des Kapitäns. Der Grund war einfach, dass er, wenn auch nur selten, mit Zero schlief, obwohl das für ihn nicht viel bedeutete. Zero war nicht schlecht, und für eine rein körperliche Beziehung, zumindest auf dieser Ebene, war ihr Verhältnis sogar gut, aber Shin vermisste das, was er bei seinem Freund hatte, und das waren eben die Gefühle, die er instinktiv spürte. „Warum habe ich mich eigentlich überreden lassen, dich mit Shou an Land übernachten zu lassen?“, fragte der Größere flüsternd und strich ihm durch die Haare. „Weil du mir gesagt hattest, dass ich in einem kleinen, hübschen Hotel übernachten darf, wenn ich eine Begleitung vorzuweisen habe, als letzte Vorsichtsmaßnahme, damit mir nichts passiert. Und weil du mir keinen Wunsch abschlagen kannst.“ „Und weil ich das Festland nicht so mag, stimmt.“ Sanft lächelte der Ältere ihn an. „Hiroto wird sich nicht freuen. Du weißt, dass er eifersüchtig auf dich ist. Meiner Meinung nach sogar berechtigt. Du könntest Shou sicherlich bekommen, wenn du es darauf anlegen würdest.“ Nachdenklich schüttelte Shin den Kopf und lächelte leicht, als er antwortete: „Das könnte ich nicht. Shou liebt Hiroto wirklich, und es verletzt ihn, wenn Hiroto ihm das nicht glaubt. Er will auch versuchen, die Beziehung zu retten, aber er weiß nicht, was er tun soll. Auf jeden Fall würde ich nicht an ihn herankommen. Vielleicht wirklich ein oder zwei Mal fürs Bett, aber das wäre alles.“ „Du verbringst viel Zeit mit ihm“, bemerkte Saga. „Aber noch mehr Zeit mit Nao.“ „Und die meiste Zeit mit dir.“ Leise lachte Shin und stahl sich dann wieder einen Kuss. „Könntest du also bitte aufhören, eifersüchtig auf gute Freunde zu sein?“ „Ich kann’s versuchen, aber das mit Zero gefällt mir immer noch nicht.“ „Ich weiß doch… Und gerade deshalb finde ich es bewundernswert, dass du es zulässt.“ Still beobachtete Nao die Szene, lehnte sich dann aber an die Holzwand und schloss die Augen. Langsam erkämpfte die Sonne sich ihren Platz zwischen den Wolken und wärmte sein Gesicht, während sich ein leichtes Lächeln in seine Züge schlich. Er war sich nicht sicher, ob die Gefahr für Shin wirklich vorbei war, seit sie Irland verlassen hatten, aber solange sie auf dem Meer waren, war es zumindest schwer, unbemerkt an ihn heranzukommen. Außerdem war er selten wirklich allein, mindestens hielt sich jemand in Sichtweite auf, aber das war auf einem Schiff, auch auf einem großen Schiff, nicht allzu schwierig. „Hast du Zeit zum Reden?“ Ruhig sah er Shou an und nickte dann, rutschte ein Stück zur Seite und ließ den Koch neben sich Platz nehmen. „Hiroto?“ „Hm. Wir haben uns mal wieder gestritten. Weil ich die Nacht mit Shin auf dem Festland verbringe.“ „Kannst du ihn denn gar nicht verstehen?“, erwiderte Nao leise. „Er ist sowieso schon davon überzeugt, dass zwischen euch etwas läuft. Da wundert es mich nicht, wenn er eifersüchtig ist.“ „Ich verstehe ihn schon, aber zu einer Beziehung gehört auch vertrauen, und wenn ich ihm schwöre, dass da nichts ist, soll er mir das auch glauben.“ Frustriert seufzte der Größere und lehnte sich an ihn. „Ich habe auch das Gefühl, dass das nur ein untergeordneter Grund ist, den er vorschiebt.“ Nachdenklich nickte er und legte einen Arm um den schlanken Körper neben sich. Er hatte keine Ahnung, was Hirotos Problem war, aber Shin war es eigentlich nicht wirklich. Shin konnte es gar nicht sein, immerhin hatten die Probleme zwischen Shou und Hiroto schon vor dessen erscheinen begonnen, aber… „Könnte es sein, dass er dich betrogen hat und sein Gewissen ihm das Leben schwer macht?“ „Weiß ich nicht. Hat er dir etwas erzählt?“ Der Ältere schüttelte den Kopf. „Er nicht, und selbst wenn, dürfte ich es dir nicht sagen. Aber sagen wir, mir wurde ein Gerücht zugetragen.“ „Aber er könnte mit mir darüber reden. Bei einer Affäre über Monate wäre ich sauer, aber so eine einmalige Sache ist doch schnell vergessen.“ Ratlos zuckte Nao mit den Schultern. „Frag ihn. Nur er kann dir etwas darüber erzählen.“ Aufgeregt lief Shin im Raum hin und her und packte scheinbar wahllos Dinge in seine Tasche, was Saga vom Türrahmen aus lächelnd beobachtete. Shins Zimmer war wirklich schön geworden, diente aber eher als Abstellplatz für Shins Besitz, da der Kleinere sich strikt weigerte, den Schlafplatz von Sagas in sein eigenes Bett zu verlagern. „Hast du irgendwas Größeres vor?“, fragte der Ältere amüsiert. Shin verdrehte genervt die Augen. „Mobb mich nicht, weil ich eben ein bisschen zu viel mitnehme. Ich bin eben lieber vorbereitet.“ „Ich würde dich nie mobben“, entgegnete der andere und kam zu ihm, versiegelte sanft ihre Lippen. Zufrieden ließ Shin von seiner Tasche ab und schmiegte sich an den warmen Körper, erwiderte den Kuss. Auch wenn er sich auf die Nacht an Land freute, hätte er es lieber gehabt, wenn sein Freund ihn begleitet hätte. Er brauchte dessen Nähe mittlerweile fast zu sehr, und länger als ein paar Tage würde er niemals freiwillig von dem anderen getrennt sein. Er grummelte unzufrieden, als der Captain den Kuss löste und ihm über die Wange strich. „Ich habe dich viel zu gern, um dich zu mobben.“ „Ja, ja, das sagen sie alle.“ Grinsend legte er seinen Kopf auf die Schulter auf die Schulter des anderen und schloss die Augen. Er wusste, dass sein Freund ihn nur ärgern wollte, und es störte ihn eigentlich auch nicht. Es war nicht böse gemeint, und er hatte eigentlich auch kein Problem damit, auch mal ein wenig aufgezogen zu werden. Manchmal musste es eben sein. „Ich liebe dich wirklich, Shin, und wenn dir etwas passieren sollte, werde ich alles tun, um dir zu helfen“, flüsterte der Größere ihm zu und jagte ihm so einen angenehmen Schauer über den Rücken. Er wusste, dass es kein leeres Versprechen war, sondern er sich darauf verlassen konnte, wenn es tatsächlich so weit kam. „Weiß ich doch“, flüsterte er zurück. „Ich dich auch.“ „Tu mir den Gefallen und fang nichts mit Shou an, auch keinen One-Night-Stand, ja? Es ist schon so ätzend, dich teilen zu müssen.“ „Hoch und heilig versprochen.“ Langsam richtete er sich auf und lächelte den Älteren an, küsste ihn kurz und machte sich dann wieder daran, seine Tasche zu packen, was mit ein paar gut gemeinten Ratschlägen aus dem Hintergrund auch gleich viel besser funktionierte. „Wow.“ Ungläubig betrat Shin das Zimmer und sah durch das Fenster auf den Hafen in der untergehenden Sonne. „Da hinten ist die Rose.“ „Da hat dein Liebster uns eine schöne Bleibe gesucht“, pflichtete Shou ihm lächelnd bei. Während Shin weiter aus dem Fenster sah, erkundete der Koch ihr Zimmer, konnte sich aber ein Lachen nicht verkneifen. „Natürlich getrennte Schlafzimmer. Fühl dich geehrt, Shin, bisher ist Saga noch nie wegen irgendjemandem eifersüchtig gewesen, soweit ich weiß.“ „Er hatte auch lange keine feste Beziehung mehr“, erinnerte Shin ihn. „Du kannst sagen, was du willst, aber er liebt mich.“ Zufrieden brachte er seine Tasche in das hintere der beiden Schlafzimmer. So war es von Saga wahrscheinlich auch gedacht gewesen, um ihn zu schützen, auch wenn die Gefahr größtenteils gebannt war. „Weißt du, Kätzchen, das würde niemand bestreiten, der ihn kennt. Er setzt Himmel und Hölle für dich in Bewegung. Würde es dir schlecht gehen, würde er Tora vorübergehend das Kommando überlassen und sich um dich kümmern, und das permanent.“ „Ich weiß.“ Seufzend ließ Shin sich auf das weiche Bett fallen und schloss zufrieden lächelnd die Augen. „Shou… Wie sieht’s jetzt im Augenblick bei dir und Hiroto aus?“, fragte er kurz darauf vorsichtig nach. „Nicht gut“, gab der Ältere zu und setzte sich neben ihn. „Weißt du etwas davon, dass er mich betrogen haben soll?“ Ratlos schüttelte Shin den Kopf. „Ich habe keine Gerüchte gehört, aber ich kann ja mal ein bisschen herumfragen. Nur… Selbst wenn es dieses Gerücht gibt, so lange er oder derjenige, mit dem er dich betrogen haben soll, das nicht zugeben, gibt es keinen Beweis und du weißt, dass Gerüchte mehr zerstören als retten.“ „Klar, aber… Was würdest du tun, wenn du davor wärst, Saga zu verlieren, weil er dich nicht mehr an sich heranlässt und ihr nur noch streitet?“ Shin zuckte mit den Schultern. Sicher, in so einer Situation klammerte man sich an das letzte bisschen Hoffnung, die Lage doch noch in den Griff zu bekommen. Er konnte nur hoffen, niemals so ein Problem zu haben, besonders, da Saga rasend eifersüchtig werden konnte. Weshalb er dann trotzdem mit Zero schlafen durfte, war ihm ein kleines – oder auch großes – Rätsel. Immerhin schien er mit Shou nicht einmal in einem Raum übernachten zu dürfen, aber das lag wohl überwiegend an Hirotos Behauptung. „Shin?“, sprach der Koch ihn nach einiger Zeit leise an. „Ja?“ „Würdest du mir den Gefallen tun und mich einen Moment einfach nur in deinem Arm liegen lassen?“ Lächelnd nickte Shin und zog den anderen zu sich, strich ihm durch die Haare. Es war offensichtlich, wie sehr Shou unter dem Problem in seiner Beziehung litt, und Shin wollte diesem nur helfen, auch wenn er nicht genau wusste, wie. Es gab nur die Möglichkeit, einmal mit Hiroto zu reden, aber der Blondschopf blockte bei ihm sofort ab. Vielleicht sollte er Nao oder Saga vorschicken, immerhin schien Hiroto mit denen kein Problem zu haben. Schwach spürte er, wie der schlanke Körper neben ihm zuckte und sah den Älteren besorgt an. Erschrocken bemerkte er die einzelnen Tränen. „Hey, Shou… Das wird wieder“, versuchte er den anderen zu beruhigen. „Ich glaube ganz fest daran. Ihr liebt euch doch, sonst hättet ihr euch schon längst getrennt.“ „Süß, Kleiner, aber… Liebe hält nicht ewig und sie kann nicht alles reparieren“, brachte der andere hervor und versuchte, seine Atmung in den Griff zu bekommen. „Shou, Hoffnung ist jetzt wichtig, und ich gebe mir alle Mühe, dir diese zu geben. Könntest du also bitte aufhören, meine Bemühungen nutzlos zu machen?“, meinte Shin und drückte den Größeren an sich. „Du weißt nicht, wie weh es tut, wenn du weißt, dass du den Menschen, den du über alles liebst, auf kurz oder lang verlieren wirst, oder?“, fragte der Angesprochene ihn leise und krallte sich in sein Shirt. „Nein, das weiß ich nicht, aber… So muss es nicht kommen. Kämpf verdammt noch mal um Hiroto! Ihr könnt das schaffen, wenn ihr beide es wollt!“ Der Ältere seufzte. „Ich glaube nicht, dass wir beide unsere Beziehung retten wollen. Mein Kleiner ist nur noch dabei, Streitpunkte zu finden, zumindest fühlt es sich so an.“ „Aber dann könnte er auch einfach Schluss machen, das wäre viel simpler, also bleibt die Schlussfolgerung, dass ihm doch noch etwas an dir und eurer Beziehung liegt.“ Der Koch nickte leicht und schien sich wirklich zu beruhigen, richtete sich dann auf und strich ihm traurig lächelnd über die Wange. „Du bist irrsinnig süß, wirklich. Ich gehe nach drüben, wir können wirklich einmal lange schlafen, das sollten wir unbedingt ausnutzen.“ Shin nickte, auch wenn er noch nicht vorhatte, ins Bett zu gehen. Wahrscheinlich wollte der andere eh nur in Ruhe über ihre kleine Diskussion nachdenken, und dem wollte er nicht im Weg stehen. Und wenn Shou wirklich gleich schlafen ging, war es für seinen kleinen Ausflugsplan auch nicht schlecht. So süß, so ungehorsam und genau vor mir. Du siehst dich ständig um. Dein Instinkt sagt dir, dass ich da bin, nicht? Es war wirklich dumm von dir, allein das Hotel zu verlassen. Du hast dich viel zu sicher gefühlt, nur weil ich mich nach dem von mir selbst verursachten Aufruhr zurückgezogen habe. Nun, ich musste warten, bis die Maßnahmen zu deinem Schutz wieder weniger wurden, und dann nur auf eine günstige Gelegenheit warten. Du machst es mir aber auch zu leicht. Ein bisschen mehr Vorsicht hätte ich schon noch erwartet, aber wie heißt es so schön? Des einen Leid ist des anderen Freud. Du wirst leiden, und ich, mein Süßer, werde Spaß mit dir haben, ob du willst oder nicht. Ja, du wirst schneller. Du bist unruhig, oder? Aber das wird dir auch nicht mehr helfen, du gehörst meinem Captain und mir, bis du stirbst oder es irgendwie schaffst, abzuhauen, aber das ist noch keinem gelungen, auch wenn einer es versucht hat. Wie er bei seiner Bestrafung geschrien hat… Manchmal habe ich das Gefühl, es noch heute zu hören. Es war ein Jammer, dass er kurz darauf tot war. Wie war noch gleich sein Name? Tohya, richtig. Er war wahnsinnig süß, und sein Körper war traumhaft, nahezu perfekt. Es war wirklich schade um ihn, aber… du übertriffst ihn noch. Und auf dich werden wir wohl besser aufpassen. So ein kostbares Sammlerstück erst zu besitzen, ist schon ein Privileg. Wir können es uns nicht erlauben, noch einmal etwas so Kostbares und Seltenes zu verlieren. Für dich einen Ersatz zu finden, würde wahnsinnig schwer werden. So vorsichtig deine Unruhe dich auch macht, du läufst viel zu nah an den Gebäuden, in deren Schatten ich mich bewege. Wenn es hoch kommt, trennen uns noch fünf Meter und ich beschleunige meine Schritte. Gleich gehörst du mir. Nichts und niemand kann dich jetzt noch retten. Kapitel 8: Hachi ---------------- Hui. Spektakulär. Das letzte Kapitel ist natürlich eine starke Andeutung. Sehe ich ein, auch dass die Stelle gemein ist, um aufzuhören. Aber mir bleibt nicht allzu viel übrig, als auch mit Cliffhangern zu arbeiten. Spannung steigern und sowas. ;D Aber es geht ja bei mir meistens ziemlich regelmäßig weiter, demnach müsst ihr ja gar nicht so lange warten. Und hier eben die Fortsetzung. Nein, ihr konntet Shin nicht in Sicherheit bringen, so leid es mir tut. Aber ihr müsst bedenken, dass dieser Teil wieder einiges beinhaltet. Zum Schluss möchte ich euch noch in einer anderen Sache kurz um Hilfe bitten. Ich brauche eure Lieblingspairings, egal, aus welcher Band, oder etwas, das ihr gern lesen würdet und zu dem ihr noch nichts gefunden habt. Es heißt demnächst von mir "Challenge accepted". Mehr dazu gibt es aber später. Und jetzt, Fiction ab! _________________________________________________________________________________ „Saga!“ Ohne wirklich darüber nachzudenken, stürmte Shou an Bord der Dark Rose, blieb erst genau vor dem ihn verwirrt ansehenden Kapitän stehen und holte ein paar Mal zischend Luft, bevor er den Kleineren informierte: „Shin ist weg.“ „Wie ‚Shin ist weg‘?“ Verwirrt sah Saga den Koch an. Das war ein Scherz, oder? „Ja, Shin ist eben weg!“ „Wieso ist er weg?! Du solltest doch auf ihn aufpassen! Wo ist er?!“ „Keine Ahnung, weg eben!“ Erschrocken schnappte der Ältere nach Luft, als Saga ihn mit einem wütenden Funkeln in den Augen am Kragen packte. „Warum hast du nicht auf ihn aufgepasst, du Idiot! Deswegen solltest du doch mit!“ Fest lag seine zweite Hand an dem schlanken Hals und drückte dem Größeren die Luft ab. „Saga, hör auf! Das hilft auch nichts!“ Entschlossen zog Tora ihn von Shou weg, woraufhin der nach Luft schnappte und auf die Knie sank. „Wenn du Shou umbringst, taucht Shin auch nicht wieder auf.“ Ungläubig schüttelte Saga den Kopf. „Shin kann nicht weg sein. Das geht nicht.“ „Es geht“, japste Shou und hielt einen Zettel hoch. „Er hat mir eine Nachricht hinterlassen, dass er spazieren gehen wollte. Ich hatte schon ein ungutes Gefühl, als ich die Nachricht fand und Shin noch nicht zurück war, und dann… kam das mit einem Stein durchs Fenster geflogen.“ Saga kümmerte sich gar nicht großartig um das, was Shou gerade berichtete, sondern las immer und immer wieder die Nachricht. Das durfte nicht wahr sein. Und jetzt gehört der Kleine doch mir. Versager. Er ist viel zu gut für dich. Du kannst froh sein, dass du noch einen Koch hast, ich hätte ihn sonst wahrscheinlich töten müssen, um Shin zu bekommen, aber ich hätte es getan. Zu deinem Liebsten… Es geht ihm gut und er wird nicht sterben, ob es ihm weiterhin gut gehen wird, hängt ganz davon ab, wie viel er körperlich und seelisch aushält, aber das ist für dich uninteressant. Du wirst ihn eh nie wiedersehen… „Nein“, murmelte er fassungslos und schüttelte den Kopf. „Nein“, wiederholte er dann lauter und sah seinen ersten Offizier an. „Shin ist nicht der erste, den sie bekommen haben, und bisher haben wir wegen Renos Rachefeldzug auch nichts unternommen, aber jetzt wird die Sache persönlich. Sie werden es bitter bereuen, Shin ausgewählt zu haben. Wir holen ihn da raus, und wenn ich dabei draufgehe.“ „In Ordnung. Ich gehe zur Hafenwacht.“ Beruhigend legte Tora ihm eine Hand auf die Schulter. „Wir finden ihn. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er auf uns hofft, und wir stehen hinter ihm.“ Einen Moment sah er dem Größeren nach, als dieser sich auf dem Weg machte, und wandte seinen Blick dann zu Shou. „Wir sprechen uns noch erklärte er trocken und verschwand dann aus dem Sichtfeld des am Boden Hockenden. Shou konnte nicht anders, als sein Gesicht hinter seinen Händen zu verstecken. Er wusste, dass Saga ihm nie verzeihen würde, wenn sie Shin nicht fanden, bevor es zu spät war. Aber er hätte wahrscheinlich nicht anders reagiert, wenn es um Hiroto gegangen wäre. „Geht’s?“, hörte er Naos besorgte Stimme an seinem Ohr und schüttelte den Kopf. Würde es gehen, hätte er wahrscheinlich nicht solche Probleme zu atmen. Beruhigend legte der andere ihm eine Hand auf den Rücken. „Wir finden Shin rechtzeitig, das kannst du mir glauben. Und Saga ist zwar jetzt sauer auf dich, aber er wird denjenigen umbringen, der für Shins Verschwinden verantwortlich ist. Das bist nicht du, sondern derjenige, der Shin entführt hat, und mit seinem Nachtspaziergang Shin auch zum Teil selbst. Mach dir keine Vorwürfe, es ist nicht deine Schuld, und das wird Saga auch begreifen.“ „Wenn er mich schon in Stücke gerissen hat…“, erwiderte er und versuchte gar nicht erst, das Zittern seiner Stimme zu kontrollieren. „Er wird dich nicht umbringen, eher wird er dich ignorieren. Er macht sich einfach nur wahnsinnige Sorgen um Shin.“ Verwirrt sah Shou auf, als Hiroto sich dicht neben ihn setzte und ihm beruhigend durch die Haare strich. „Versteh ihn. Er liebt Shin, aber wenn er dich umbringt, ändert das auch nichts. Das weiß er, sonst würdest du wohl kaum noch unter den Lebenden weilen.“ „Saga! Ich weiß, wo er ist!“ Eilig ging Tora dem Braunhaarigen, der ihn fest ansah, entgegen. „Wo?“ „Der Wächter hat weiter draußen trotz der Dämmerung ein schwarzes Schiff ausmachen können“, erklärte er und zog Saga weiter mit in die Richtung ihres Schiffes. „Das herausstechende waren die Segel in einem auffälligen Rot.“ „Die Bloody Night“, bemerkte Saga trocken. „Dann sind da wahrscheinlich auch die anderen. Wenn wir schon dabei sind, können wir auch gleich alle rausholen.“ „Willst du Reno informieren? Ohne seine Erlaubnis…“ „Ich scheiß auf seine Erlaubnis!“, fuhr Saga auf. Wäre diese Regel nicht gewesen, hätte er vielleicht schon früher reagiert, aber… Vorher war es nie so persönlich gewesen. Vor Jahren war das erste Mitglied ihrer Flotte verschwunden, aber Reno hatte die Entscheidung getroffen, das Zurückholen der gestohlenen Schiffe über alles andere zu stellen, also hatten sie nicht weiter nachgeforscht, auch wenn Aoi dafür gewesen war. Zu dem Zeitpunkt hatte Saga nicht verstanden, weshalb der Älteste ihres Kapitänstrios so dafür gekämpft hatte, den Kleinen zurückzuholen, bis irgendwann die Theorie aufgekommen war, dass er und Tohya zusammen gewesen sein könnten. Saga konnte sich noch zu gut daran erinnern, wie heftig sie gestritten hatten. Reno hatte sich weitestgehend rausgehalten, aber er selbst hatte seinem Cousin einiges vorgeworfen, unter anderem auch Unprofessionalität und Egoismus. Seitdem waren nicht viele verschwunden, also war nie die Notwendigkeit einer Reaktion eingetreten. „Saga, bleib ruhig. Ich weiß, dass Shin dir irrsinnig wichtig ist, aber du solltest Reno zumindest wissen lassen, was passiert ist. Er wird verstehen, um was es für dich geht.“ Genervt schnaubte der Jüngere. „Sag du ihm doch Bescheid! Wir müssen jetzt erst der Bloody Night hinterher! Wenn die der Meinung sind, dass ich Shin einfach so hergebe, haben die sich geschnitten!“ Shin sog zittrig die Luft ein und hustete leise, bevor er sich dazu bringen konnte, die Augen zu öffnen. Es war dunkel und feucht, und er lag anscheinend auf einem Holzboden. Er konnte zwar nicht viel sehen, aber die Bewegungen des Untergrunds kamen ihm bekannt vor. Er war auf einem Schiff. Zu allem Überfluss fühlte sein Kopf sich auch noch seltsam an, und er musste sich zusammenreißen, um überhaupt seine Umgebung wahrzunehmen. „Hey, Kleiner.“ Erschrocken fuhr Shin herum und starrte angestrengt in die Dunkelheit, aus der die Stimme gekommen war. Fest kniff er die Augen zusammen, als in der Richtung ein Licht eingeschaltet wurde. „Wir sind also wieder zu viert.“ Geblendet blinzelte Shin und versuchte, den Sprecher zu fixieren. Neben der kleinen Lampe saßen drei Männer, die alle noch nicht besonders alt zu sein schienen. Der scheinbar Älteste von ihnen war blond und mochte vielleicht Anfang bis Mitte dreißig sein. Die anderen hatten braune Haare und waren ungefähr in Sagas Alter. „Wer seid ihr?“, fragte er leise und strich sich nervös durch die Haare. „Keine Angst, wir sind Freunde. Wir sind genauso hier gelandet wie du“, sagte einer der Braunhaarigen, der anscheinend der war, der auch schon vorher mit ihm gesprochen hatte. „Ich bin Wataru, der da“, er zeigte auf den anderen Brünetten, „ist Saki, und der Blonde heißt Riku. Du?“ „Shin“, antwortete er gedankenverloren und spielte mit seinen Haaren. Er spürte, wie sich ein unwohles Gefühl in ihm ausbreitete. Wo war Saga? Und wo war er? Was sollte er hier? Und was erwartete ihn überhaupt? Ein leises Schluchzen entkam ihm und er legte die Hände vor sein Gesicht. Er wollte nicht hier sein, wo auch immer hier war. Er wollte zurück zu seinen Freunden und seinem Freund. Warum war er nur auf diese falsche Sicherheit hereingefallen? Widerstandslos ließ er sich an einen warmen Körper ziehen. „Ich will zu Saga“, wimmerte er leise und schloss die Augen. „Also bist du von der Dark Rose“, stellte Wataru fest und strich ihm über den Kopf. „So leid es mir tut, dir deine Hoffnungen zu nehmen, aber wir kommen hier nicht mehr lebendig raus.“ „Saga holt uns hier raus“, murmelte Shin erstickt. „Er liebt mich.“ Riku drückte sanft seine Hand. „Kleiner, ich kenne die Rose gut genug, und es gibt eine Regel, die verbietet, uns hier rauszuholen. Außerdem… Saga liebt niemanden außer sich selbst.“ Stur schüttelte Shin den Kopf und wischte sich über die Augen, atmete so gut wie möglich durch und sah den Blonden entschlossen an. „Ich weiß nicht, wie lange du hier bist, aber in den letzten Monaten hat sich der Captain mehr als nur ein bisschen verändert. Wir sind seit einem halben Jahr wirklich zusammen und er tut alles für mich. Er wird mich nicht hier lassen.“ Der Älteste schien etwas sagen zu wollen, schwieg dann aber. „Willst du wissen, was dich hier erwartet?“, fragte Saki ruhig und sah ihn an. Langsam setzte Shin sich wieder gerade hin. Wollte er das wirklich wissen? Aber früher oder später würde er es eh herausfinden, und das wäre dann wahrscheinlich nicht so ruhig und schmerzfrei, also nickte er. „Wir sind die meiste Zeit in diesem Raum gefangen“, erklärte Saki, „aber hauptsächlich sind wir ihre Zwangshuren. Kleiner Tipp, der Captain ist ein purer Sadist. Wenn du Schmerzen zeigst, wird er umso mehr Spaß an dir haben, also halte einfach still und beiß die Zähne zusammen, dann ist es schneller vorbei.“ Entschieden schüttelte er den Kopf. „Ganz sicher nicht! So weit kommt es noch! Schon wieder will mich jemand zur Hure machen! Steht mir das Wort auf der Stirn, oder was?!“ Trotzdem schlich sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. Bei seinen Freunden hatte er ursprünglich auch so arbeiten sollen. Letztendlich war es eigentlich gar nicht sein Job gewesen, und das war auch gut so, aber es war seltsam, wie jetzt alles an den Anfang seines Lebens unter Piraten erinnerte. „Nein, nicht, dass ich es sehen könnte“, antwortete Saki und lächelte ihn an. „Es ist nur so, dass wir hier keinen anderen Sinn haben. Allein zu dem Zweck werden wir hergebracht.“ „Und trotzdem werde ich ganz sicher keinen von denen an meinen Arsch lassen.“ Stur sah Shin den anderen an. War ja alles schön und gut, aber nicht jeder hatte einfach so das Recht, ihn anzufassen. Und selbst wenn er es zuließ – von den wahrscheinlichen Übelkeitsanfällen einmal abgesehen –, würde Saga ganz sicher die Krise kriegen, wenn er das mitbekam. „Schätzchen, das Wort ‚Zwang‘ beinhaltet, dass deine Meinung unwesentlich ist“, mischte Riku sich in das Gespräch. „Du bist für die hier… ein Objekt, das weder denken noch handeln noch fühlen darf. Du bist wie ein Haustier, nur, dass du nach Belieben misshandelt werden darfst. So ist der Stand der Dinge, und vertrau mir, wenn ich sage, dass Widerstand es für dich nur schlimmer macht. Wenn du versuchst, abzuhauen…“ „Riku!“, unterbrach Wataru den Ältesten und strich dem sichtlich geschockten Shin über den Rücken. „Wir müssen ihm nicht alles erzählen. Außerdem haben sie gelernt, du weißt, dass wir seitdem nur noch strenger überwacht werden.“ Der Blonde schnaubte. „Er muss hier noch viel mehr ertragen als Wissen. Tohya konnte nicht mehr, deswegen wollte er hier weg. Sie haben seinen Fluchtversuch bemerkt und ihn bekommen. Über Stunden haben sie ihn gequält und immer wieder vergewaltigt. Er hat kapiert, dass es keinen Ausweg gibt und sich deswegen umgebracht. Das war seine einzige Möglichkeit in die Freiheit zurück!“ „Wir kommen hier auch lebend wieder weg!“ Unnachgiebig hielt Shin das Handgelenk des anderen fest. Das bisherige Wissen ignorierte er einfach stur. „Saga holt uns hier raus! Er ist ein guter Captain und der beste Freund, den ich mir wünschen kann. Er lässt uns nicht hier, klar?!“ „Shin, hör mir zu“, bat Wataru leise, woraufhin er diesen ansah. „Ich versuche jetzt einfach, es logisch zu sehen. Wenn er es schafft, uns zu befreien, dann nicht gleich morgen. Das bedeutet, dass du dich wohl oder übel vorerst mit der Situation arrangieren musst. Das Beste ist es tatsächlich, wenn du dich ruhig verhältst.“ Langsam lehnte Shin sich an den Älteren und schloss die Augen. Wataru hatte in dem Punkt recht, ob es ihm gefiel oder nicht. Er konnte wirklich nur auf Saga hoffen. Aber was, wenn Riku richtig lag? Wenn Saga doch nur sich selbst liebte und gar kein Interesse daran hatte, ihn zu befreien? Nach allem, was passiert war, wusste er eigentlich, dass er gar keinen Grund hatte, an seinem Freund zu zweifeln, aber es war einfach zu viel passiert. Insgesamt. Und trotz aller Zweifel wollte er so schnell wie möglich zurück. „Es wird niemals alles wie früher“, meinte Saki leise, „aber es kann trotzdem gut werden. Du musst nur eine Menge ertragen lernen, und du bist nicht allein. Wir helfen dir, so gut wir können, du musst uns nur lassen.“ „Ich habe Angst“, gestand er und sah den anderen an. „Ich weiß. Am Anfang ging es mir und auch den anderen nicht anders. Angst ist ein mehr als menschliches Gefühl. Versuch einfach, ruhig zu bleiben, auch wenn deine Nerven kurz vor dem Versagen sind. Abgesehen von einigen wenigen wird sich eh jeder das von dir nehmen, was er will. Und wenn wir dir Tipps geben, wollen wir dir nichts Schlechtes. Wir sitzen alle im gleichen Boot und wir müssen zusammenhalten.“ „Das Küken ist also wach.“ Erschrocken fuhr Shin zusammen und sah zur Tür, in der ein hellblonder Mann stand und ihn abwertend ansah. „Shaura, lass ihm etwas Zeit, sich zu erholen“, bat Riku und stand auf. „Wenn du Sex willst und schon wieder keinen anderen findest, kannst du mich mitnehmen.“ „Was für ein Held“, erwiderte der Fremde ironisch. „Der Kleine muss eh erst zugeritten werden, und das übernimmt der Kapitän. Aber im Prinzip ist das kein schlechtes Angebot. Du warst schon lange nicht mehr in meinem Bett, also kannst du sehr gern mitkommen.“ Ohne mit der Wimper zu zucken ging Riku zu dem in der Tür Stehenden und verließ mit ihm den Raum. „Zugeritten?!“, zischte Shin und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Ficken lassen kann sich ja wohl jeder! Aber was erwartet Riku jetzt und wer war der Typ?“ „Zugeritten heißt so viel wie, dass du ziemlich hart an deinen neuen Job gewöhnt wirst“, erklärte Wataru. „Der Typ heißt Shaura und ist die rechte Hand des Captains hier und Riku muss jetzt erst mal den Arsch für ihn hinhalten, aber immerhin kann er das besser ab als du.“ „Aber…“ „Shin! Akzeptier es doch einfach als Gefallen.“ Der Angesprochene nickte und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Das war wohl doch nicht schlecht von der Seite zu betrachten. Riku beschützte ihn und gab sich deswegen her. Frustriert seufzte Shin und streckte sich auf dem Boden aus. Hoffentlich musste er nicht lange an diesem gottverdammten Ort bleiben. Warum musste eigentlich immer er sich in solche Situationen bringen? Es war zum Verzweifeln. Die anderen hatten schon recht, wenn sie sagten, dass er ein Talent dafür hatte, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Gedankenverloren spielte er mit dem Anhänger seiner Kette. Er war durch sein eigenes Handeln plötzlich auf sich selbst gestellt. Er hätte früher auf sich selbst aufpassen und die Gefahr erkennen müssen. „Da ist ja der Neuzugang.“ Mit hochgezogener Augenbraue sah Shin wieder zur Tür und blinzelte ein paar Mal, um wegen der Helligkeit überhaupt etwas zu erkennen. Der Mann, der dort stand, sah ihn von oben herab an. Die schwarzen Haare fielen ihm in Strähnen in die Stirn, die dunklen Augen musterten Shin kalt, und allgemein war der Fremde nicht gerade klein. „Was gibt es, Tomo?“, seufzte Wataru und platzierte sich zwischen Shin und dem Schwarzhaarigen. „Ich soll ihn abholen. Der Captain lässt ihn bei sich schlafen und er bekommt eine kleine Einführung in eure Welt. Wärst du also so gut und würdest mich zu ihm lassen?“ Der Braunhaarige schnaubte. „Als ob ich eine Wahl hätte. Weißt du, wer ihn übernehmen wird?“ „Mana wohl kaum“, erwiderte der Größere und ging an Wataru vorbei, packte Shin am Arm und zog ihn auf die Füße. „Ich würde auf Jin tippen, der ist dafür immerhin in der Regel zuständig.“ „Werde ich auch mal gefragt?“, protestierte Shin empört und versuchte, sich zu befreien. „Du kannst mich auch loslassen, ich habe nicht vor wegzulaufen“, meckerte er Tomo an. „Wo sollte ich auch hin?“ „Ein kleiner Rebell, wie niedlich. Das wird der Captain dir schon noch austreiben.“ „Das soll er mal versuchen“, zischte der Kleinere angriffslustig. Er musste stark sein und durchhalten, und wenn er deswegen stark und rebellisch tun musste, würde er das auch tun. Außerdem… Seelische Stärke war das, was ihn durch eine wahrscheinlich verdammt schwere Zeit bringen konnte. Schwäche konnte er nur seinen Mitgefangenen gegenüber zeigen. „Glaub mir, das schafft er. Aber wenn du so scharf darauf bist, es herauszufinden, solltest du jetzt mitkommen. Er wartet nicht gern.“ „Ich auch nicht“, erwiderte Shin und machte einige Schritte zur Tür. „Dann beweg deinen Arsch. Gehen wir.“ „Wie du willst. Dein Name?“ „Kann dir doch egal sein, Mr. Ich-bin-ja-ach-so-cool.“ Beiläufig hörte Shin Sakis Husten und sah aus dem Augenwinkel Watarus Grinsen. „Wie du meinst. Deine Zickereien werden den Captain aber nur noch mehr reizen. Dich zu zähmen wird bestimmt lustig.“ Trocken lachte Shin auf. „Oh ja. Wir alle werden hier ab jetzt ganz viel Spaß haben. Nur, um das klarzustellen: Ich gehöre nur mir.“ Zischend entließ Shin die Luft aus seinen Lungen, als er brutal auf den Boden gestoßen wurde. „Man muss mich nicht werfen“, knurrte er und sah Tomo vorwurfsvoll an, rappelte sich dann aber lieber auf und rieb sich die Handgelenke. „Wer hat dir erlaubt, aufzustehen?“ Entschlossen musterte er den Schwarzhaarigen vor sich. „Ich. Du bist der Kapitän? Wer hat dir denn erlaubt, mich zu entführen?“ „Tomo, geh. Und du verrätst mir jetzt deinen Namen.“ Stur verschränkte Shin die Arme vor der Brust. Der Mann war ihm irgendwie unheimlich, besonders dessen Augen und Haltung. Etwas Düsteres schien ihn zu umgeben. Irgendetwas riet ihm, den Captain nicht zu verärgern, aber er nahm sich vor, diesen Instinkt erst einmal zu unterdrücken. „Mein Name ist meine Sache, klar?!“ „Aber sicher“, erwiderte der Größere ruhig und trat zu ihm, legte eine Hand an seinen Hals und drückte etwas zu. „Aber du bist jetzt ein Teil meiner Sammlung. Du gehörst mir, dein Name also auch.“ Shin spürte, wie sein Herz zu rasen begann. Die Situation war nicht gerade gut für ihn. Die Frage war nur, was er jetzt tun sollte. „In erster Linie gehöre ich mir selbst“, gab er zurück und sah den anderen an. „Hier wird gegen sämtliche Menschenrechte verstoßen, das ist schon klar?“ „Ein Pirat argumentiert mit Menschenrechten? Shaura hatte recht, du bist niedlich. Es war eine gute Idee, dich zu uns zu holen. Aber Spaß beiseite, Kleiner, du bist ein Sklave. Du hast keine Rechte. Deine einzige Pflicht ist Gehorsam, und solltest du diesen verweigern, wirst du mit den Konsequenzen leben müssen.“ „Zum Teufel mit den Konsequenzen“, murmelte Shin kaum hörbar. „Ich werde ganz sicher nichts tun, was ich nicht will“, fügte er lauter an. „Was ich tue, muss ich vor mir selbst rechtfertigen können, und wenn ich mich versklave, gebe ich einen Teil meiner Ehre auf. Nur zur Information, das werde ich ganz sicher nicht tun.“ „Wir werden sehen. Auf die Knie!“ Stur blieb Shin stehen und sah den Älteren direkt an. Er hatte beim besten Willen kein Bedürfnis zu gehorchen. Wenn er wirklich als Sexsklave dienen sollte, würde er sich bis zum Ende wehren, und er musste gleich schon erklären, dass er keine gefühllose Puppe war. „Kleiner, provozier mich nicht. Das könnte böse für dich enden. Denk am Besten auch noch einmal darüber nach, ob du Strafe riskieren willst, weil du deinen Namen verschweigst.“ Unsicher atmete Shin durch und versuchte, das bedrohliche Funkeln in den schwarzen Augen seines Gegenübers zu ignorieren. Er wollte nur weg, oder den Griff an seinem Hals zumindest ausblenden. Erschrocken sah er den Schwarzhaarigen an, als sich der Druck verstärkte und ihm die Luft abschnürte. „Auf die Knie!“, forderte der Größere wieder. Um Atem kämpfend ließ Shin sich auf die Knie fallen und sog hektisch die Luft ein, als der Griff sich lockerte. Wenn das Erziehungsmaßnahmen waren, würde seine Zeit auf diesem Schiff wahrscheinlich mehr als schmerzhaft werden. „Shin“, nannte er leise seinen Namen und schloss die Augen. Besorgt beobachtete Nao Saga. Der Captain schien sich selbst gerade völlig einzumauern. Die Sorge um Shin schien ihn zu lähmen, und Nao hätte nie behauptet, dass er es nicht verstehen konnte. Shin war für ihn ein kleiner Bruder, auf den er aufpassen musste und der bei Problemen immer zu ihm kam. Und Nao wusste, wie sensibel Shin war. Es war nicht schwer, den Jüngeren zu verletzen. Und er hatte das blöde Gefühl, dass Shin eine belastende Zeit vor sich hatte. Die Nachrichten hatten schon auf einiges schließen lassen, aber trotzdem hoffte Nao, dass einige der Androhungen wirklich nur leere Drohungen waren. „Saga, komm mal her“, forderte er den Jüngeren auf und wartete einfach. Problemverdrängung half niemandem, und der Stille auf dem Schiff nach zu urteilen, waren alle mit den Geschehnissen oder ihrer Arbeit beschäftigt. „Was ist denn?“ „Wie geht’s dir?“ Saga seufzte leise und schloss die Augen. „Mein Freund wurde entführt und mir sind die Hände gebunden. Und dann fragst du mich, wie es mir geht? Denk doch nur einmal nach. Ich habe Angst.“ „Ich doch auch. Und glaubst du, wir sind die einzigen? Nehmen wir nur mal Zero. Auch wenn du es nicht gut findest, er steht Shin ziemlich nah, und er hat seinen Freund letztes Jahr verloren. Glaubst du wirklich, er freut sich über Shins Verschwinden? Zwei wichtige Menschen in so kurzer Zeit zu verlieren, ist noch schwieriger.“ Langsam schüttelte Saga den Kopf. Er konnte es sich vorstellen, aber letztendlich war Shin immer noch sein Freund. Und es war auf Umwegen sein eigenes Verschulden. So gern er Shou auch die Schuld geben würde, er wusste, dass das falsch war. Er hätte besser auf Shin aufpassen müssen. Und Shin hätte vorsichtiger sein müssen. „Wir holen ihn zurück. Du weißt, dass wir das schaffen“, versuchte der Arzt ihn zu beruhigen. „Und was, wenn es zu spät ist? Wenn sie ihm sonst was angetan haben? Was, wenn er dann psychisch völlig am Ende ist?“, sprach Saga seine Angst offen aus. „Er ist zerbrechlich, auch wenn er das versteckt.“ „Du unterschätzt ihn. Saga, er liebt dich. Er wird alles tun, um für dich weiterzumachen, weil er weiß, dass du ihn nicht hängen lässt.“ „Du überschätzt ihn, Nao. Ja, er wird durchhalten, aber wie weit werden die Folgen gehen? Ich vermute, dass ein hartes Stück Arbeit auf uns zukommen wird, wenn er wieder hier ist, und er wird wieder eher mit dir als mit mir reden. Er wird sich wieder von mir distanzieren.“ Lächelnd legte Nao dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. „Er wird dich mehr brauchen als mich. Wahrscheinlich wird deine Aufmerksamkeit ihm mehr helfen als alles, das ich aufbieten kann. Du liebst ihn immerhin über alles, und Liebe heilt.“ „Du bist durch und durch ein Romantiker im ursprünglichen Sinne“, murmelte der Größere leise. „Liebe heilt nicht, Zeit auch nicht. Außerdem wird Shin sich seine Schmerzen nicht anmerken lassen, um uns zu schonen. Liebe und Zeit werden ihm nicht helfen, und wir können es nicht, solange er uns nicht lässt.“ „So ungern du es akzeptierst, in dem Moment müssen wir ihn zwingen, sich von uns helfen zu lassen. Ich weiß, dass du dagegen bist, ihn auch nur irgendwie unter Druck zu setzen, aber manchmal muss man Menschen zu ihrem Glück zwingen.“ Ergeben seufzte Saga und legte den Kopf in den Nacken. Das war ja schön und total toll, aber erst musste Shin wieder bei ihnen sein, und allgemein das war schon ein Problem. Das Meer war groß, und auch, wenn sie der Bloody Night gegenüber deutlich im Vorteil waren und den Kurs ungefähr kannten, brauchten sie wohl oder übel einen Plan, immerhin konnten sie schlecht einfach auf ein fremdes Schiff gehen und dieses auf den Kopf stellen. Und einfach versenken konnten sie erwähntes anderes Schiff in diesem Fall nicht. „Ich will Shin zu nichts zwingen. Ich will nur, dass er wieder bei mir ist“, meinte er leise und sah den Kleineren an. „Ich wünsche mir, dass ich aufwache und alles nur ein böser Traum war, aber ich weiß, dass es real ist. Hätte ich vorher gewusst, dass die Gefahr noch so groß ist, hätte ich ihn nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Ich hätte selber für seinen Schutz sorgen müssen und nicht Shou mitgehen lassen sollen.“ Nao seufzte leise. „Das konntest du nicht wissen. Keiner konnte das, und wenn Shou es zumindest geahnt hätte, wäre er wahrscheinlich auch aufmerksamer gewesen. Weißt du, wie schlecht er sich fühlt?“ „Ja, das weiß ich. Wahrscheinlich mindestens genauso schlecht wie ich. Nao, ich bin der Kapitän. Ich bin dafür zuständig, dass ihr in Sicherheit seid. Aber wie soll ich auf eine ganze Crew aufpassen, wenn ich nicht einmal meinen Freund beschützen kann?“ „Saga, verdammt, hör auf, dich fertig zu machen! Niemand könnte deinen Job besser machen als du, und niemand hätte deinen Freund beschützen können. Was passiert ist, ist schlimm, aber nicht deine Schuld.“ Fest sah Nao dem Jüngeren in die Augen. Er wusste, dass es für diesen wirklich schlimm sein musste, aber wenn Saga im Selbstmitleid und in Selbstzweifeln versank, brachte das Shin auch nicht zurück. Nur schien der ehrenwerte Kapitän das nicht so ganz zu verstehen. „Ich kann und will momentan nicht mit dir streiten. Ich will nur noch Shin zurück.“ Der Arzt nickte verständnisvoll. „Wenn du reden willst, kannst du zu mir kommen. Versprich mir nur, nichts Dummes zu tun.“ „Was meinst du?“ „Keine zehn Schlaftabletten klauen oder dich völlig betrinken. So was eben. Wenn du dich selbst so vergiftest, hilft es auch nicht, und wenn du deswegen sterben solltest… Denk einfach daran, dass Shin dich braucht, wenn er zurück ist. Nach allem, was bisher passiert ist und ihm jetzt noch passieren wird, würde er deinen Tod nicht verkraften.“ Saga nickte verstehend. Shin würde mit seinem Tod nicht klarkommen, das war ihm auch klar. Und er kannte dieses Gefühl, denn… umgedreht war es nicht anders. Kennst du das? Du liebst jemanden über alles, und dieser jemand verlässt dich, verletzt dich und bringt dich auf den Boden. Du willst nie mehr so lieben, aber wenn es dann doch passiert, zeigen sich die Wunden. Und wenn du diese Person verlierst, die dich wieder hat lieben lassen? Dann ist es der Anfang vom Ende… Kapitel 9: Ahop --------------- Sanft strich Wataru dem am Boden liegenden und zitternden Shin über den Kopf. Er hatte nichts Konkretes erfahren können, aber auch die körperliche und seelische Verfassung des Größeren ließen auf das Geschehene schließen. Die blutenden Schnitte auf dem Rücken Shins waren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Manas Werk, und er wusste selbst, dass sich der Kapitän nicht mit so einem bisschen Spielerei zufrieden gab, auch wenn er selber noch keinen von ihnen genommen hatte. Mana gab sich mit Zusehen zufrieden, und es reizte diesen verfluchten Sadisten, wenn sie Schmerzen hatten und diese zeigten. Was nach einiger Zeit mit ihnen geschah, konnte Wataru nicht einmal als Vergewaltigung definieren. Wenn sie sich an die Spielregeln gewöhnt hatten, wehrten sie sich nicht mehr. Saki, Riku und er selbst ließen alles einfach still über sich ergehen. Gegenwehr hatte sie nicht weitergebracht, und so sparten sie ihre Kraft. Auch wenn sie es nicht wollten und Sex völlig ohne Vorbereitung nicht besonders angenehm war, unternahmen sie prinzipiell gar nichts mehr und verhielten sich weitestgehend ruhig. Aber Shin schien sich nicht so einfach fügen zu wollen. Den Kratzern auf seinem gesamten Oberkörper und den Fesselspuren an seinen Handgelenken nach zu urteilen hatte er sich heftig gewehrt. Nur ließen die roten Striemen auf seinem Rücken auf eine Bestrafung mit Peitschenhieben schließen. Und dabei war es sicherlich nicht geblieben. Wahrscheinlich hatte Jin einmal mehr das Vergnügen haben dürfen, einen Neuen einzureiten. Und irgendwie hoffte Wataru auch, dass es Jin gewesen war. So sehr Shin auch unter den Folgen litt, Jin versuchte immer, jeden von ihnen zu schonen, ganz im Gegensatz zu fast allen anderen, für die sie Spielzeuge waren, an denen man nach Belieben herumprobieren konnte. „Alles wird gut, Shin“, flüsterte Wataru dem Jüngeren zu und strich vorsichtig über die geschundene Haut. Er hatte Mitleid mit dem Häufchen Elend, das vor ihm lag, und der Zustand des anderen ließ zusätzlich eine ungesunde Portion Wut in ihm hochkochen. Am Liebsten wäre er zu diesem verfluchten Monster, das sich Kapitän dieses Schiffs nannte, gegangen und hätte ihm eine reingehauen, aber es ging einfach nicht. Erstens würde er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht erst so weit kommen und zweitens, angenommen, dass er es doch so weit schaffte, wäre die Bestrafung alles andere als harmlos. Er hörte die Tür und strich Shin noch einmal sanft durch die Haare, bevor er aufstand. Er brauchte gar nicht nachzusehen, um zu wissen, dass der blonde Offizier den Raum betreten hatte. Jin war kein Unmensch, also war es für ihn selbstverständlich, für verursachte Schäden geradezustehen. Leise gesellte er sich zu dem Blonden, der Shin besorgt betrachtete. „Er ist ziemlich fertig“, erklärte Wataru ohne Aufforderung, „aber das wird wieder. Ich kümmere mich um ihn.“ „Hat er mit dir gesprochen?“, fragte Jin leise und sah ihn direkt an, worauf er den Kopf schüttelte. „Er hat noch kein Wort gesagt.“ „Wahrscheinlich ist er noch zu weit weg. Er muss sich ziemlich heftig gewehrt haben, bevor ich dazu kam, sonst wäre er wohl kaum so zerkratzt. Aber als ich dazu kam, war er nicht gefesselt. Sein Verstand hatte sich wahrscheinlich aus Selbstschutz abgeschaltet. Die einzige, wirkliche Gefühlsregung, die er gezeigt hat, waren… Tränen.“ Betroffen wandte der Jüngere den Blick ab. „Das ist garantiert nicht deine Schuld, Jin. Es ist nur so, dass er einen Freund hat und unbedingt zu diesem zurück will“, versuchte er den Größeren zu beruhigen. „Außerdem weißt du genauso wenig wie ich, was genau vorher passiert ist.“ „Denkst du, dass ich ihn vielleicht aus dieser Starre lösen könnte?“, fragte der Blonde leise und sah ihn wieder an. „Ich muss mich bei ihm entschuldigen und ihm irgendwie klar machen, dass ich ihn nie verletzen wollte.“ „Später“, riet der Brünette. „Jin, er ist garantiert nicht besser drauf, wenn er denjenigen, der ihn vergewaltigt hat, so kurz danach wiedersieht. Ich überlege jetzt ganz logisch, dass er wahrscheinlich Angst vor dir haben wird, und ihn so aus diesem Schutz zu holen, wäre nicht besonders gut, wenn es ihn nicht sogar noch weiter in diese Starre treibt. Weshalb entschuldigst du dich eigentlich bei jedem von uns?“ „Weil es aus menschlicher Sicht falsch ist“, beantwortete der Offizier die Frage sofort. „Ich kann Dinge, ohne mich zu entschuldigen, nur tun, wenn ich sie vor mir selber vertreten kann.“ „Aber du ersparst uns schon einiges. Gib Shin ein wenig Zeit, ich werde ihn auf das Treffen vorbereiten und ihm klar machen, dass ihm nichts passiert.“ Der Größere nickte zustimmend. „Juri wird gleich hier sein und sich um seine Verletzungen kümmern. Und ich habe dafür gesorgt, dass du in den nächsten Tagen deine Haarfarbe ändern kannst.“ „Danke. Für beides, Jin, auch wenn der Haarfarbenwechsel momentan ziemlich untergeordnet ist.“ „Denkst du, du kannst ihm helfen?“ Wieder wanderte Jins Blick zu Shin, der sich in der Zwischenzeit zusammengerollt hatte. „Ich weiß es nicht“, gestand Wataru, „aber ich werde alles daran setzen. Er darf nicht an der Last zerbrechen.“ „Er ist anders als Riku, Saki und du“, pflichtete der Jüngere ihm bei. „Shin ist zarter und viel leichter zu verletzen. Ich frage mich, was ihm schon zugestoßen ist. Auf jeden Fall… erinnert er mich sehr an Tohya“, flüsterte der Offizier. „Hoffentlich kommt er lebendig wieder hier weg.“ „Das wird er. Er glaubt daran, dass wir befreit werden. Sein Freund wird uns hier wegholen.“ „Und ihr könnt auf mich zählen.“ Unsicher sah Shin zu dem Silberhaarigen auf, der neben ihm saß und leise mit ihm redete. Der andere hieß, so weit er mitbekommen hatte, Juri und war hier der Arzt. Mehr hatte er aus den beruhigenden Worten nicht herausbekommen können. Sein Verstand arbeitete nur langsam, und das auch nur, wenn er sich anstrengte, wobei seine Wahrnehmung langsam wieder klarer wurde. Nur versuchte er genau das zu vermeiden. Er wollte nicht, dass die Bilder wirklich zu einer grausamen Realität wurden. Sicher, den Anfang seiner ‚Eingewöhnung‘ hatte er noch komplett mitbekommen, aber das allein war schon schlimm genug. Er wollte nicht wissen, weshalb ihm alles wehtat. Eigentlich wollte er nur alles vergessen, was er wusste und so schnell wie möglich weg. „Shin, versuch, mir zuzuhören. Ich will dir nichts tun. Ich will dafür sorgen, dass es dir besser geht. Du musst es mir nur erlauben und mir sagen, wo du Schmerzen hast.“ Vorsichtig nickte Shin, als er den Sinn erfasst hatte, und verzog das Gesicht, als er versuchte, sich etwas anders hinzulegen. „Überall“, murmelte er und schluckte kurz, um seine Stimme unter Kontrolle zu bringen. „Bleib ruhig. So, wie du aussiehst, wundert mich das auch nicht. Um es zu bessern, muss ich dich berühren, ob du willst oder nicht.“ Wieder nickte er, zuckte aber trotzdem zusammen, als der andere vorsichtig seine Haut streifte. „Entspann dich. Du musst keine Angst vor mir haben.“ Der Brünette schloss die Augen und biss sich fest auf die Unterlippe, um das Zittern zu unterdrücken. Er hatte Angst, aber nicht vor Juri. Sein Leben drohte gerade, komplett den Bach runterzugehen. Er musste sich mit der Situation arrangieren, aber leicht war das leider nicht. „Dein Hintern tut ziemlich weh, oder?“ „Ja“, nuschelte er und legte den Kopf auf seine Unterarme. Er wollte gar nicht so genau darüber nachdenken, weshalb es so war. Erschrocken zuckte er zurück, als eine Hand in seine Jeans fuhr. „Ganz ruhig. Salbe wird helfen, aber dafür muss ich dich erst eincremen.“ „Ich weiß. Ich kenne die Prozedur“, erwiderte er gepresst und bemühte sich, sich zu entspannen. Das letzte Mal war zwar etwas her, aber die Ursache musste ungefähr die gleiche gewesen sein. Wobei das ‚etwas her‘ als ein kleines bisschen mehr als ein halbes Jahr zu verstehen war. Damals hatte Saga ihn völlig aufgelöst gefunden und Nao hatte sich um ihn gekümmert. Wenn er genau darüber nachdachte, hatte Juri im Umgang mit ihm das eine oder andere mit dem Älteren gemeinsam. „Kleiner, du musst jetzt still halten“, wies der Silberhaarige ihn an. Er hatte gar nicht bemerkt, dass der Arzt die Salbe schon zur Seite gelegt hatte. „Die Schnitte sehen nicht gefährlich aus, aber desinfizieren sollten wir sie trotzdem. Ich denke übrigens nicht, dass du einen Verband brauchen wirst.“ Desinteressiert zuckte Shin mit den Schultern und sah zu dem anderen auf. Juri konnte nicht viel älter sein als er selbst, vielleicht zwei bis drei Jahre, und größer war er auf gar keinen Fall. Seine Haarfarbe war irgendwas zwischen silber und blond, wobei es nach Lichteinfall schwankte. Ganz allgemein sah der Arzt nicht schlecht aus, auch wenn er definitiv noch zu jung wirkte, um studiert zu haben. Aber Nao hatte sein Studium ja auch nicht beendet, also war es in Ordnung. „Frag ruhig, wenn du etwas wissen willst.“ „So offensichtlich?“ Ein schwacher Rotschimmer legte sich auf seine Wangen. Peinlich. „Ich kenne sehr viele Menschen und kann auch Fremde ganz gut einschätzen. Du bist süß, wenn du verlegen wirst. Also?“ Ruhig musterten ihn die dunkeln Augen, aber er hatte das Gefühl, ein warmes Glitzern in ihnen zu erkennen. „Nichts eigentlich. Du bist nur so… nett.“ „Ich bin in erster Linie Arzt, nicht Pirat. Ich will Schmerzen lindern und sie nicht zufügen.“ Leise zischend entließ Shin die Luft aus seinen Lungen, als das Desinfektionsmittel auf seinen Wunden brannte, und setzte sich etwas auf, bevor er die Augen schloss und die Lippen zusammenpresste. Trotzdem musste er innerlich lächeln. Juri und Nao wäre wahrscheinlich unzertrennlich, wenn sie sich kennen würden. „Ganz ruhig. Es dauert nicht lange.“ „Ich weiß.“ Zittrig ballte Shin die Hände zu Fäusten und versuchte seine Stimme ruhig zu halten. Er kannte den Schmerz, aber es war jedes Mal alles andere als schön. Erleichtert atmete er auf, als das schmerzhafte Brennen verschwand und der andere ihm vorsichtig über den Kopf strich. „Gut, Shin, wirklich. Die Blutungen müssten bald stoppen und dann müssten die Schmerzen auch wieder in Ordnung sein. Ich gebe dir jetzt noch ein Mittel, das stark genug ist, um die Schmerzen für zwei Stunden zu unterdrücken, aber du solltest vorsichtig sein, damit…“ „…die Wunden nicht wieder aufreißen“, vollendete Shin den Satz lächelnd. „Kenne ich alles.“ „Und du bist sicher, dass dein Freund gut zu dir ist? Wenn du öfter zerschnitten bist, solltest du das überdenken.“ „Ich bin nicht öfters zerschnitten“, wandte Shin sich dem anderen zu, „bisher einmal, und damit hatte mein Freund nichts zu tun.“ Misstrauisch wanderte sein Blick zu der Spritze, die der Arzt vorbereitete. „Ich hasse Nadeln“, erklärte er leise und schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken, um die aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken. „Hasst du sie oder hast du Angst vor ihnen? Im Vergleich zu dir scheint Schnee braun gebrannt zu sein.“ „Beides. Jetzt mach, wenn du nicht willst, dass ich kotze.“ Widerwillig verzog er das Gesicht, als der Stich durch seine Haut ging. Auch wenn es meistens nicht lange dauerte, er hasste dieses Gefühl und versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. „Das war’s doch schon. Wie alt bist du eigentlich?“ Verwundert öffnete Shin ein Auge und zuckte mit den Schultern. „23. Interessiert dich das wirklich oder willst du mich nur ablenken?“ „Es interessiert mich. Du wirkst jünger.“ Wieder zuckte Shin mit den Schultern, sah dann aber wieder auf den Boden. Sicher, im direkten Vergleich zu Reno und Ryouga war er nicht nur unerfahren, sondern auch unreif, aber das musste ja nicht schlecht sein. Es sei denn, er war deswegen hier. „Weißt du, dass du mir viel besser gefällst, wenn du lächelst und mich direkt ansiehst? Es ist traurig, dich so verschüchtert zu sehen.“ „Ich will nachhause und… Du erinnerst mich an einen sehr guten Freund. Ich vermisse meine Freunde.“ „Das wird wieder. Ich werde ein bisschen auf dich aufpassen, wenn du es zulässt. Ich würde dich gern heute Nacht zu mir holen, aber nicht, um mit dir Sex zu haben.“ Unsicher sah Shin zu dem Älteren auf. „Und das gibt keinen Ärger? Und überhaupt, was willst du dann von mir?“ Lächelnd strich der Arzt ihm über die Wange. „Mach dir mal keine Sorgen um mich, ich werde hier gebraucht, und außerdem… Sie müssen ja gar nicht erfahren, dass du nur bei mir und nicht mit mir schläfst. Ich will von dir, dass du dich von mir schützen lässt. Du wirst hier noch genug durchhalten müssen, und ich will dir alles leichter machen. Ich erwarte dafür keine Gegenleistung.“ „Danke. Ich weiß nicht, ob dir klar ist, wie viel mir das bedeutet.“ Shin lächelte schwach. Juri schien es wirklich gut mit ihm zu meinen, aber sollte er es wirklich riskieren, dem Arzt zu vertrauen? Vertrauen war das Wertvollste, das er noch zu geben hatte. Es könnte ihm helfen, wenn er unter den Feinden einen Freund hätte, aber es könnte auch wehtun. Er konnte wahrscheinlich eh im Moment nichts anderes tun als abwarten. Unsanft wurde Shin in den kleinen Raum geschoben und die Tür hinter ihm verschlossen. Der Tag war zwischen Juris Besuch und dem Abend langweilig verlaufen. Weiter verwunderlich war das auch nicht, immerhin durften sie ihr Gefängnis nicht verlassen, und diese Regel wurde mit Gewalt durchgesetzt, wenn es sein musste. Er hatte sich einfach etwas mit den anderen unterhalten und sich von Wataru halten lassen, aber so Tage oder Monate zu verbringen, war mehr als nur unvorstellbar. Er konnte und wollte nicht jeden Tag so an sich vorbeiziehen lassen, besonders, da die Langeweile die Verdrängung des Geschehenen nicht einfacher machte. Er wollte sich nicht mit der letzten Nacht befassen, aber die Bilder kamen immer wieder hoch. Immer wieder hörte er die Stimme des Blonden, der ihm helfende Tipps zugeflüstert, ihn aber trotzdem verletzt hatte. Mit aller Willenskraft unterdrückte er diese Erinnerungen, um den Schmerz in einem erträglichen Maße zu halten. Nur wusste er, dass er nicht lange durchhalten würde, wenn er keine Beschäftigung fand. Schwer seufzte er und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Im Vergleich zu Sagas Zimmer war dieses nahezu winzig und spärlich eingerichtet. Ein kleines Doppelbett, eine Kommode und ein Bücherregal waren die einzigen Möbelstücke, und das Holz war dasselbe wie das, aus dem das Schiff bestand. Vor dem Bett lag ein dunkelblauer Teppich, der zu den Vorhängen an dem kleinen Fenster passte. Sehnsüchtig sah Shin aus dem Fenster auf das dunkle Wasser. Das Meer symbolisierte Freiheit. Warum war er dann ein Gefangener? Warum fühlte er sich so eingesperrt wie noch nie zuvor? Weshalb war er so dumm gewesen, sich fangen zu lassen? Langsam strich er über den Anhänger seiner Kette. Licht. Am Ende jeder noch so lang anhaltenden Dunkelheit wartete ein Licht. Es entsprach der Hoffnung, die jeder Mensch hegte. „Alles in Ordnung?“ Langsam drehte er sich zu Juri um und sah den Silberhaarigen an. „Was ist Hoffnung?“, fragte er flüsternd. Der Ältere kam auf ihn zu und wischte ihm etwas Feuchtes von der Wange. „Hoffnung zu definieren ist schwer“, beantwortete der Arzt die Frage leise. „Hoffnung ist die Illusion, die uns Kraft zum Weiterleben gibt. Und auch, wenn sie nur eine Illusion ist, brauchen wir sie. Sie ist gerade alles, das du noch hast.“ Sanft zog der Ältere ihn in eine Umarmung, in die er sich schmiegte. Es hatte etwas Vertrautes. „Alles wird gut. Du schaffst das. Wataru, Riku, Saki und ich sind bei dir. Wenn du reden willst, musst du nur versuchen, mir eine Nachricht zukommen zu lassen. Ich werde eh so oft wie möglich nachsehen, wie es euch geht, und du wirst so oft wie möglich hier schlafen. In Ordnung?“ Schwach nickte Shin und schloss die Augen. Es war seltsam, sich auf einen fast Fremden zu verlassen, aber er hatte keine andere Wahl. Für ihn waren auch seine Mitgefangenen Fremde. Er musste jemandem irgendwie vertrauen. Juri… So sehr er Ärzte auch verabscheute, er mochte Nao, und Juri hielt ihn dieser fast aussichtslosen Situation zu ihm. Vielleicht würde er es doch mit dessen Hilfe schaffen zu fliehen. Aber selbst wenn er wollte, er konnte nicht allein abhauen. Und zu viert waren sie zu auffällig. „Geht’s?“, fragte der Ältere und schob ihn so weit von sich weg, dass sie sich ansehen konnten. „Muss.“ „Dann zieh dich aus.“ Ungläubig legte Shin den Kopf schief und sah den Älteren an. „War nicht ursprünglich die Rede von ‚kein Sex‘?“ Der andere lachte leise. „Sicher, aber das wissen nur wir. Offiziell bist du heute Nacht meine Schlampe. Sollte jemand morgen in aller Frühe oder noch in der Nacht reinkommen und dich komplett angezogen sehen, gibt das für uns beide Ärger.“ „Und… ich darf nichts anbehalten?“ Misstrauisch sah Shin den Kleineren an, der ihm über die Wange strich und den Kopf schüttelte. „Du darfst deine Unterwäsche anbehalten, sonst nichts. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich will dir wirklich nichts tun.“ Unsicher nickte Shin und zog sich dann sein Shirt über den Kopf. So weit klang das logisch, aber trotzdem… Er war Juri nahezu ausgeliefert, wenn er wirklich nur noch seine Unterwäsche tragen durfte. Nur blieb ihm nicht viel anderes übrig. Seufzend zog er sich Jeans und Socken aus und ließ sich von dem Silberhaarigen unter die Bettdecke drücken. Aufmerksam beobachtete er, wie der Arzt sich neben ihn legte und sich zu ihm drehte. „Mach dir keine Sorgen. Du kommst hier wieder weg.“ Spontan rückte Shin dichter an den anderen heran und lehnte sich an diesen. „Ich hoffe einfach darauf.“ Er zuckte leicht zusammen, als er spürte, wie sich die Arme um seinen Körper legten. „Wenn dein Freund dich wirklich liebt, wird er dich wohl kaum einfach hier lassen.“ Shin lächelte schwach, während der andere ihm behutsam durch die Haare strich. „Er liebt mich, ja. Aber er hat seine Pflichten.“ „Er ist Kapitän?“ Bestätigend nickte Shin. „Aber er hat nicht das Befehlsrecht über die Flotte. Auch er hat seine Vorgaben.“ „Wenn er sich lieber an die hält als dich zurückzuholen, ist er ein Idiot“, stellte Juri trocken fest. „Erzähl mir von ihm.“ „Er ist manchmal ein Idiot“, gab Shin leise zu. „Wenn ich mir etwas wünsche, das man kaufen kann, gibt er ein Vermögen aus, um es für mich zu bekommen. Er kümmert sich um mich, so gut er kann, auch wenn er manchmal maßlos überfordert ist. Er… hatte sehr lange keine Beziehung.“ Unauffällig rieb Shin sich über die Augen, schwieg dann aber. Was sollte er noch großartig erzählen? Saga war sein Freund und nebenbei der beste Freund und Kapitän, den er sich vorstellen konnte. „Liebst du ihn wirklich?“, fragte Juri leise, fuhr auf seinen fragenden Blick hin fort: „Du redest von ihm, nicht von eurer Beziehung. Wie ist er im Vergleich zu deinen vorigen Freunden?“ Shin räusperte sich leise. „Ich… hatte vorher noch nie etwas mit einem Mann und allgemein war ich vorher nicht so der Beziehungstyp. Aber das zwischen ihm und mir ist ernst. Ich könnte, auch wenn ich es wollte, nichts dagegen tun, dass ich ihn liebe. Dieses Gefühl ist einfach viel zu stark. Teilweise habe ich Angst, überwältigt zu werden, aber es stört mich nicht wirklich.“ „Die erste Liebe ist meistens die stärkste, die man kennen lernt“, meinte der Ältere und seufzte. „Leider gibt es dafür kein immer gültiges Schema und viele Beziehungen zerbrechen, aber zumindest erinnert man sich immer an diesen Menschen. Es tut nur mehr weh als normal, wenn man weiß, dass man ihn nicht zurückbekommen kann.“ „Du sprichst aus Erfahrung, oder?“ Shin versuchte, seine Neugierde zu zügeln, aber das war nicht ganz so einfach. „Ja. Die Geschichte hat ein tragischeres Ende, als sie es hätte haben müssen, und ich verfluche mein Schicksal dafür. Ich kann es aber nicht ändern.“ „Willst du mir davon erzählen?“ Unruhig biss Shin sich auf die Unterlippe. Irgendwie tat der Kleinere ihm leid, aber er konnte selber nicht genau sagen, warum. Es war ein ungutes Gefühl, das ihn beschlich, und das war einfach da. „Magst du wahre, unglückliche Liebesgeschichten?“ Traurig sah der Arzt ihn an. „Eigentlich nicht so sehr, aber… Du hast eine klare Position, die ich nicht verstehen kann. Ich will wissen, was dir passiert ist.“ Der andere lachte ironisch auf. „Mir ist nichts passiert, und zu dem Zeitpunkt habe ich von leider gesprochen. Mittlerweile… Ich musste lernen, damit umzugehen, und ich habe es geschafft. Die einen ertrinken in einem Meer von Schmerz, die anderen lernen, darin zu schwimmen.“ „Und die dritten halten sich oben, kommen aber nicht von der Stelle, um sich zu retten.“ Unsicher sah er den Silberhaarigen an. „Die Geschichte ist noch gar nicht so alt, und sie beinhaltet Dinge, die dich eigentlich auch nichts angehen. Ich weiß nicht, weshalb ich es dir erzählen sollte, aber… Ach, ich habe auch keine Ahnung!“ „Wenn du es mir nicht erzählen willst, lass es“, gab Shin leise zurück und betrachtete den Älteren abschätzend. „Ich will nicht, dass wegen meiner…“ „Sei einfach still. Ich habe kein Problem damit, es dir zu erzählen, vielleicht kannst du für dich eine Lektion daraus ziehen. Und die Wunden können nicht wieder aufreißen, da sie nicht verheilt sind. Vielleicht verstehst du dann auch, warum ich dich um jeden Preis beschützen will.“ Still nickte er und sah den anderen ernst an. Schön war die Geschichte ganz sicher nicht, und auch nicht lustig, aber wenn sie ihm helfen konnte, sollte es ihm nur recht sein. _________________________________________________________________________________ Nur ein ganz kurzes Nachwort: Ich bin heute Morgen nicht mehr dazu gekommen, die Rechtschreibung zu prüfen. Und heute Nachmittag wird's hier ziemlich durcheinander gehen, weil meine Fahrt nach Köln morgen noch vorbereitet werden will. >_> Und zwischendurch eben Schule, Mittagessen, etc. Ob ich das heute Abend noch durchgehe, weiß ich nicht, aber das werdet ihr sehen. Sonst bin ich erst Sonntagmorgen wieder zuhause, aber noch nicht am Arbeiten, also... gut. Über Kommentare freue ich mich natürlich, aber ich kann immer noch niemanden zu nichts zwingen. ;D Kapitel 10: Pattu ----------------- Ängstlich sah der kleine Schwarzhaarige ihn an, sagte aber kein Wort, und auch er wusste nicht, was er sagen sollte. Deshalb zog er es auch vor, den am Boden Kauernden einfach nur anzusehen. Juri war erst seit ein paar Wochen auf dem Schiff, und er hielt sich aus den meisten Angelegenheiten raus. Als er gehört hatte, dass sie Zuwachs bekommen sollten, hatte er sich aber doch etwas anderes als eine Entführung vorgestellt. Und als man ihn zu dem Neuen geschickt hatte, hatte man ihm nicht gesagt, in welchem Zustand dieser war. Er wusste nicht, was diesem angetan worden war, aber er hatte eine Vorahnung. Es war nicht schwer, aus dem Zustand des anderen etwas zu schließen, und wenn er richtig lag, war es auch nicht weiter verwunderlich, wie verängstigt der war. Langsam setzte Juri sich auf den Boden und lächelte den offenbar Jüngeren leicht an. „Hab keine Angst vor mir“, flüsterte er und streckte eine Hand nach dem Schwarzhaarigen aus. „Ich bin Arzt. Mein Name ist Juri. Verrätst du mir deinen?“ „Tohya“, erwiderte der andere kaum hörbar. „Ein schöner Name.“ Vorsichtig nahm er die Hand des Kleineren, sah diesen aber weiterhin direkt an. „Du kannst mir vertrauen und mit mir reden, Tohya. Ich will dir nichts tun. Wirklich nicht.“ Sanft strich er über die Hand des Jüngeren. „Sag es mir, wenn du etwas nicht möchtest. Solange du mich nicht zurückweist, gehe ich davon aus, dass es in Ordnung für dich ist.“ Verunsichert wich der andere seinem Blick aus, unternahm aber nichts gegen die leichte Berührung ihrer Hände. „Vertrau mir“, bat Juri wieder und legte sanft eine Hand unter das Kinn des Schwarzhaarigen, hob dieses etwas an. „Vertrauen…“ Der Kleinere lächelte traurig. „Ich will nicht hier sein. Ich habe Angst. Wem kann ich denn wirklich Vertrauen schenken?“ „Mir. Wir können Freunde werden. Wenn du es zulässt. Ich würde dich jetzt gern in das Krankenzimmer bringen.“ Der Schwarzhaarige senkte den Blick. „Du kannst mich dazu zwingen. Wieso sollte ich also zustimmen?“ Flüchtig strich Juri dem Jüngeren über die Wange. „Ich werde dich zu nichts zwingen. Außerdem denke ich, dass ich dich nicht großartig untersuchen muss, aber ich biete es dir an. Eine kleine Auszeit.“ Kaum sichtbar nickte der andere. Langsam stand Juri auf und hob den schlanken Körper an. Der Kleinere war leichter als er erwartet hatte, aber für ihn war das nicht schlecht. Lächelnd bemerkte er, wie der andere sich an ihn schmiegte. „Juri, was ist los? Warum nimmst du ihn mit?“, fragte Ray ihn misstrauisch. „Er ist ziemlich geschwächt und klagt über Kopf- und Rückenschmerzen. Ich will ihn durchchecken“, erklärte er ruhig. „Vorsicht ist besser als Nachsicht.“ „Du willst ihn doch wohl nicht zum Weichei machen? Aber bevor er uns zusammenklappt, untersuch ihn eben.“ Juri nickte nur und drückte den schlanken Körper ein wenig enger an sich, brachte ihn dann vorsichtig in den Raum und legte ihn auf der Liege ab. „Du hast gelogen“, flüsterte Tohya und sah ihn an. „Sieht so aus“, gab er lächelnd zurück und kramte in einer Schublade. „Ich denke nicht, dass ich dich sonst hätte mitnehmen dürfen.“ „Aber wenn das rauskommt, sind wir am Arsch.“ Gleichgültig zuckte er mit den Schultern und setzte sich zu dem Kleineren. „Wortwörtlich“, stimmte er zu und strich diesem über die Wange. So sah es nämlich traurigerweise wirklich aus. „Wir müssen also dafür sorgen, dass es nicht rauskommt.“ „Was hast du vor?“ Ehrlich lächelte er den Jüngeren an, der misstrauisch zu ihm aufsah. „Nichts Konkretes. Wie wär’s, wenn du mir erst erzählst, ob dir etwas wehtut und wenn ja, was. Ich bin zwar auch eingeschränkt in meinen Möglichkeiten, dir zu helfen, weil wir nur das Nötigste an Medikamenten hier haben, aber ich will sehen, was ich tun kann.“ Vorsichtig setzte der andere sich auf und zog sich sein Shirt aus, woraufhin sich eine leichte Gänsehaut auf den schlanken Armen bildete. Zart strich Juri über die weiche Haut und betrachtete die unzähligen Verfärbungen. Es war nicht schwer zu erkennen, dass der Kleinere misshandelt worden war, und der Silberhaarige befürchtete wirklich, dass es nicht bei Schlägen geblieben war. Er verstand leider nur zu genau, was passiert sein musste. Nur war er sich nicht sicher, wie viel er für Tohya tun konnte. Kurz entschlossen griff er nach einem Glas, das mit einem weißlichen Gel gefüllt war und verteilte etwas von dem Inhalt auf seinen Handflächen. „Halt still. Das wird ein wenig helfen. Die Schmerzen sollten zumindest erträglich werden, auch bei Berührungen.“ Erschrocken zuckte der schlanke Körper zurück, als er das kühle Gel auf der gereizten Haut verteilte. „Geht’s?“ „Kalt“, hauchte der andere und beobachtete misstrauisch seine Bewegungen. „Hast du auch Tabletten, die meine Erinnerungen auslöschen?“ Ruhig schüttelte Juri den Kopf und setzte sich hinter den Jüngeren, tastete behutsam dessen Schultern ab. „Nein, und selbst wenn wir so etwas hätten, würde ich es dir nicht geben. Entspann dich.“ Langsam strich er über die helle Haut, übte dann mehr Druck auf die verkrampften Muskeln aus und lockerte die Verhärtungen. „Danke“, murmelte der Jüngere und entspannte sich immer deutlicher unter den Berührungen, lehnte sich letztendlich sogar ein wenig an ihn. „Nicht dafür. Ich kann viel zu wenig tun, um dir zu helfen.“ Beruhigend streichelte der Größere die warme Haut und seufzte leise. „Lass es mich wissen, wenn du etwas brauchst.“ „Warum tust du das?“, fragte der Schwarzhaarige ruhig. „Ehrlich? Ich weiß es nicht. Du hast mir leid getan, als du da so gesessen hast.“ „Ich will kein Mitleid“, erwiderte der Kleinere. „Ich will zwar hier weg, aber Mitleid hilft mir nicht. Durchstehen muss ich das alles hier trotzdem.“ Juri nickte und legte sein Gesicht an den Hals des Jüngeren, seine Arme um dessen Oberkörper und strich sanft über dessen Hand. „Musst du wohl, ja, und ich kann es dir nicht abnehmen, aber ich kann zumindest versuchen, dir zu helfen.“ Er spürte, wie sich der zierliche Körper anspannte. Langsam zog er sich zurück. „Entschuldige. Ich wollte dir keine Angst machen.“ Unsicher sah der Schwarzhaarige ihn über die Schulter an. „Schon gut. Du bist… warm.“ „Ich bin ein Mensch“, erwiderte er lächelnd und nahm eine Hand des anderen. „Genau wie du. Menschen brauchen Nähe. Mich… Ich wollte dich einfach nur kurz spüren.“ Der Jüngere nickte und drückte seine Hand, antwortete aber nichts weiter. Stattdessen lehnte Tohya sich an ihn und schloss die Augen. Überrascht legte Juri seine Arme um den schlanken Körper und sah in das friedliche Gesicht. Tohya war hübsch und er schien sich gerade ziemlich wohlzufühlen. „Deine Kette ist schön. Warum trägst du zwei Anhänger?“, fragte er leise und strich dem anderen durch die Haare. Tohya seufzte leise. „Der Sternzeichenanhänger gehört zu mir, so lange ich denken kann. Den anderen habe ich von meinem Freund… Ex-Freund bekommen“, antwortete der Jüngere. „Du siehst nicht so aus, als wärst du darüber hinweg.“ Ruhig lächelte Juri den Schwarzhaarigen an, als der seinen Blick erwiderte. „Na ja… Wir haben uns gestritten und er hat mit mir Schluss gemacht. Aber ich glaube nicht, dass er es wirklich so gemeint hat. Du weißt sicher, wie das ist, im Streit sagt man Dinge, die man nicht so meint. Nachdem er Schluss gemacht hat, bin ich abgehauen und dann… bin ich hier aufgewacht.“ Sanft strich Juri über den nackten Oberkörper des anderen und sagte nichts dazu. Sicher kannte er den Effekt, und so war es nicht nur in Beziehungen, aber es war wirklich schwer vorstellbar, mit Tohya streiten zu können. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als der Jüngere gähnte. „Schlaf ruhig ein paar Stunden. Ich kann im Notfall immer noch sagen, dass ich dir ein Beruhigungsmittel geben musste.“ Der Jüngere nickte müde. „Gern. Schlaf lässt jeden Menschen alles Böse und Schlechte vergessen. Schlaf gibt Kraft.“ „Und du brauchst Schlaf“, beendete Juri den Redeschwall. „Dann hol dir jetzt, was du brauchst.“ Juri wusste nicht, wie viele Tage oder Wochen vergangen waren, seit Tohya auf dem Schiff war, und es spielte eigentlich auch keine Rolle, selbst wenn er wegen dem Schwarzhaarigen seltener arbeitete. Er hielt sich einfach nur gern bei dem Jüngeren auf und mittlerweile hatte sich eine mehr als ehrliche Zuneigung in ihm aufgebaut. So oft wie möglich holte er den anderen über Nacht zu sich und ließ ihn einfach nur schlafen, beobachtete ihn aber dabei. Er genoss es zu sehen, wie Tohya friedlich in seinen Armen lag und sich Kraft für die nächsten Tage holte. Dem Silberhaarigen war klar, dass er in den hübschen Gefangenen verliebt war, und er wollte es diesem eigentlich nicht sagen, aber ein seltsames Gefühl zwang ihn mehr oder weniger zu reagieren. Er wollte den Kleineren nicht verletzen oder ängstigen, und so vertraut sie auch miteinander waren, er wusste nicht, wie Tohya zu seinem Ex-Freund stand. Er wollte zwar ihre Freundschaft nicht gefährden, aber er konnte es nicht mehr lange für sich behalten. Leise seufzte er und legte den Kopf an die Wand, an der er auf der Liege sitzend lehnte. „Scheiße“, murmelte er und schloss die Augen. Der Kapitän würde ihn umbringen, wenn er ganz offiziell zu seinen Gefühlen stand, und an Tohyas Stellung als Stricher konnte er sowieso nichts ändern. „Arbeit, Juri“, riss Jin ihn aus seinen Gedanken. Sofort rutschte er von der Liege und hielt kurz die Luft an, als er Tohya in dem schwachen Menschen, den der Blonde trug, erkannte. „Was ist passiert?“, fragte er dann und versuchte, den Puls des Kleineren zu fühlen. „Er ist einfach umgekippt. Er war zuerst noch ansprechbar, konnte aber nicht aufstehen. Auf dem Weg hierher ist er dann bewusstlos geworden. Juri, was ist mit ihm?“ Der Arzt zuckte mit den Schultern. „Sein Puls ist in Ordnung. Ich würde einen etwas ungewöhnlich ausgefallenen Schwächeanfall vermuten, aber er wird es überleben. Ich kümmere mich um ihn.“ Jin nickte ihm zu und verließ den Raum. Er seufzte leise und strich dem Bewusstlosen über die Wange. „Was machst du nur für Sachen?“ Liebevoll küsste er den Kleineren auf die Stirn und holte eine Decke aus dem Schrank, um den zarten Körper warm zu halten. Schweigend setzte er sich dann neben den anderen und beobachtete ihn. Er konnte nicht sagen, wie lange es dauerte, bis der Schwarzhaarige sich regte, aber es ging ihm viel zu schnell. „Shht… Ganz ruhig, Tohya. Du bist in Sicherheit“, redete er leise auf den Jüngeren ein und wartete, bis dieser ihn kurz darauf verklärt ansah. „Juri… Was ist passiert?“ „Wie viel weißt du noch?“, stellte er die Gegenfrage und strich dem anderen durch die Haare. „Ich bin auf dem Boden gelandet und konnte nicht mehr aufstehen. Meine Arme und Beine haben sich ganz taub angefühlt. Jin wollte mich herbringen und dann ist alles weg.“ Unruhig sah der Kleinere zu ihm auf. „Ich dachte, ich müsste sterben. Was…“ Sanft drückte Juri die Hand des anderen. „Ich weiß nicht genau, was es ist. Um das herauszufinden, müsste ich eine Blutprobe untersuchen. Nur wollte ich das nicht ohne dein Einverständnis tun. Wie geht es dir jetzt?“ Der Jüngere seufzte. „Ich kann mich wieder bewegen, aber… würdest du trotzdem eine Blutuntersuchung machen? Und mich noch ein wenig hierbleiben lassen?“ Lächelnd nickte er und nahm dem Kleineren Blut ab, stellte die Probe dann in das dafür vorgesehene Schränkchen und klebte ein Pflaster über die kleine Einstichstelle. „Jetzt nur noch etwas warten. Tohya, mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich um dich, du bist bald wieder auf den Beinen.“ Der Jüngere seufzte leise und sah die Wand an. „Kann ich dir etwas Wichtiges sagen?“ Verwirrt beobachtete Juri, wie Tohya mit einer Ecke der Decke spielte. „Klar“, antwortete er und setzte sich neben den schlanken Körper. „Du kannst mir alles sagen, weißt du doch.“ Er sah, wie der Jüngere schluckte und dessen Hände zu zittern begangen, die dunklen Augen fixierten ihn erst kurz darauf. „Ich glaube… Ich vermute, ich… habe mich in dich verliebt“, brachte der Jüngere zittrig hervor und wich seinem Blick wieder aus. Ungläubig sah Juri auf den anderen. Das war komisch. In so einer unpraktischen Situation waren doch auch von Tohyas Seite Gefühle entstanden? Obwohl dieser so viel ertragen musste? Sanft nahm er die Hand des anderen und strich über die weiche Haut, war aber immer noch nicht in der Lage, etwas zu sagen. „Juri, sag irgendwas“, bat der andere und sah ihn flehend an. „Was soll ich sagen? Dass ich dir genau das Gleiche beichten wollte?“, erwiderte er und küsste den Jüngeren auf die Stirn. „Du bist mir wirklich sehr wichtig.“ „Das heißt, du würdest trotz meiner Aufgabe…“, begann der Kleinere zweifelnd. „Ich würde mit dir zusammen sein wollen, ja“, bestätigte er und drückte die Hand des anderen, „aber hier müssten wir es strikt geheim halten. Hier wären unsere Chancen begrenzt.“ Schwach lächelte Tohya ihn an. „Es muss ja keiner wissen. Ich… will dich nur bei mir haben, wenn es möglich ist.“ Langsam setzte der Jüngere sich auf. „Ich will, dass du… mir ein wenig den Rücken stärkst, wenn ich es brauche.“ „Immer. Doch sowieso schon.“ Leicht schloss er den zarten Körper in die Arme. Es war ein gutes Gefühl, die fremde Wärme so nah zu spüren. Aber er wollte zu seinen Gefühlen stehen dürfen, und das war leider ein Problem. „Wir müssen hier weg“, flüsterte er dem Schwarzhaarigen zu. „Wir müssen abhauen. Du musst abhauen und ich komme nach.“ „Hast du einen Plan?“, fragte der Kleinere und sah ihn skeptisch an. Zärtlich strich Juri dem anderen über die Wange und hauchte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Nein. Wichtig ist, dass wir dich zuerst wegbekommen. Ich bin frei und kann jederzeit gehen, aber du musst fliehen.“ „Aber wir brauchen einen Plan für meine Flucht“, meinte Tohya. „Und wo, wann und wie wollen wir uns treffen? Wie soll ich dahin kommen? Und…“ „Shh“, brachte Juri den Kleineren zum Schweigen. „Wir lassen uns etwas einfallen. Wir kriegen das hin.“ Angespannt kritzelte Juri auf seinem Zettel herum. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Dämmerung anbrach, und pünktlich mit Einbruch der Dunkelheit würde Tohya versuchen zu entkommen. Er wusste nicht, was passieren würde, wenn der Schwarzhaarige erwischt wurde, und er wollte es auch gar nicht wissen. Im besten Fall würden sie diesen kurz und schmerzlos töten, im schlimmsten… Juri seufzte. Es war nicht weit bis zur Küste einer kleinen Karibikinsel, und dort würde Tohya vorerst bleiben. Und so schnell es ging, würde er selbst sich ebenfalls auf den Weg dorthin machen. Seufzend stand er auf und ließ sich auf die Liege fallen, legte einen Arm über seine Augen und bemühte sich, seine Gedanken unter Kontrolle zu bekommen. Er machte sich nicht direkt Sorgen, aber das Risiko war groß und der Einsatz hoch. Dabei hatten sie seit über einem Jahr an dem Plan gearbeitet. Riku hatte von Anfang an von der Beziehung gewusst, und auch, wenn er nicht plante, mit dem Kleineren zu fliehen, brachte es ihm nichts, diesen zu verraten. Und der allerneuste Zugang wusste von nichts. Wataru war ein gewisses Risiko, wenn er um jeden Preis auch abhauen wollte, und aus dem Grund durfte der Braunhaarige auch keine noch so kleine Kleinigkeit erfahren. Angespannt setzte er sich wieder auf und verließ dann den Raum. Die Sonne ging bereits unter und tauchte den Horizont in verschiedene Rot-, Rosa- und Orangetöne. Es war unheimlich zu wissen, um wie viel es an diesem Abend ging und doch das erste Mal ein ganz natürliches, wundervolles Bild als solches wahrzunehmen. Langsam wurde es Zeit, sich wieder zurückzuziehen, um dem Jüngeren den freien Fluchtweg zu geben. Er durfte nicht zulassen, dass Tohya verschwand, wenn er es mitbekam. Er hatte es zwar mitgeplant, aber er hatte Pflichten zu erfüllen und hing auch noch an seinem Leben. Still setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch und sah auf seine eigentliche Arbeit, für die er noch nicht einen Finger krumm gemacht hatte, weil er sich nicht mehr hatte konzentrieren können. Verwirrt sah er nach ein paar Minuten auf, als Stimmen laut wurden. So war das nicht geplant gewesen. Normalerweise war um diese Zeit draußen nie etwas los. Er spürte wie Panik in ihm aufstieg. Was war nur plötzlich los? Er zuckte zusammen, als er Tohya schreien hörte und verließ eilig den Raum. Er wusste nicht, wie der Fluchtversuch entdeckt worden war, aber an Deck herrschte ein heilloses Durcheinander. „Bringt ihn zum Captain!“, hörte er Shauras Anweisung und versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen. Das durfte eigentlich nur ein Scherz sein, aber er sah leider, dass es real war. Eilig machte er sich auf den Weg, den anderen hinterher. Er wusste nicht, was er tun sollte, aber er musste Tohya beschützen. „Du wolltest abhauen?“, hörte er den Kapitän gefährlich ruhig sagen. „So ein Pech, dass es nicht geklappt hat. Ich bin mir sicher, dass du weißt, was jetzt kommt. Strafe muss sein.“ „Dann bring mich doch um!“, zischte Tohya erstickt zurück. „Nein. Damit würde ich dir nur einen Gefallen tun. Ich weiß etwas Besseres.“ „Willst du auch mal, Juri?“ Ohne Zögern schüttelte er den Kopf und sah auf den zitternden, geprügelten Körper und die Tränen, die Spuren über Tohyas Wangen zogen. Er hatte das Gefühl, den Schmerz und die Angst des Schwarzhaarigen zu spüren, und es machte ihn wütend, ansehen zu müssen, wie dieser immer wieder gedemütigt und vergewaltigt wurde. Verzweifelt atmete er durch, um die Übelkeit zu unterdrücken, und ballte die Hand zur Faust, um nichts Dummes zu tun. Er wollte seinen Freund beschützen, ihm helfen, aber er durfte nichts unternehmen. Vor allem war er allein sowieso nicht stark genug, um sich gegen den Rest der Crew zu stellen. Leise drehte er sich um und verließ den Raum, lehnte sich draußen an die Wand und bemühte sich, die gepeinigten Laute des Jüngeren zu ignorieren. Er musste etwas gegen die Übelkeit unternehmen, aber bei der Ursache fiel ihm kein Mittel ein. „Geht’s dir nicht gut?“ Still sah er Jin an. Die Frage erübrigte sich eigentlich, aber er durfte sich nichts anmerken lassen. „Mir ging’s schon besser“, beantwortete er die Frage ausweichend und sah in den dunklen Himmel. Er log immerhin nicht. „Du siehst nicht gut aus. Vielleicht solltest du dich hinlegen und ausruhen.“ Ein ironisches Lächeln legte sich auf sein Gesicht und er hatte Mühe, ein trockenes Lachen zu unterdrücken. Sein Freund wurde seit Stunden gequält, wie sollte er sich da ausruhen? Auch wenn er wusste, dass es wahrscheinlich besser für ihn wäre, er würde nicht zur Ruhe kommen. Nicht bevor Tohya ruhig bei ihm schlief, und dass würde wohl noch ein Weilchen dauern. „Jeder von uns kommt irgendwann an einen Punkt, an dem er hinterfragt, ob das, was wir tun, richtig ist. Du bist da keine Ausnahme. Aber etwas Verbotenes muss bestraft werden.“ „Unser Handeln ist falsch. Wir quälen und foltern, wir morden und rauben. Das alles ist verboten, also müssten wir bestraft werden, aber nichts passiert. Es mag sein, dass ich keine Ausnahme bin, aber ich sollte vielleicht der Erste sein, der den Arsch in der Hose hat, seine Meinung zu vertreten.“ Entschlossen zog Jin ihn hinter sich her in sein Schlafzimmer und verriegelte die Tür von innen. „Setz dich“, forderte der Blonde ihn auf. „Jin, das ist sinnlos. Du wirst mich nicht davon überzeugen können, dass wir richtig handeln.“ „Das hatte ich auch nicht vor. Ich will ehrlich mit dir reden, ohne irgendwelche Zuhörer, die dich verpfeifen könnten. Es geht dir weniger um Grundsätze als um den Kleinen.“ Ungläubig sah er den Offizier an, ließ sich dann aber auf dessen Bett sinken und spielte mit seinen Fingern. „Hör auf, Müll zu labern“, meinte er etwas verunsichert. Er wusste nicht genau, wie viel Jin wusste oder ahnte, aber er durfte sich nichts anmerken lassen, auch wenn er wusste, dass er meistens ein grottenschlechter Lügner war. „Juri, Klartext. Jetzt. Irgendjemand muss die Tür aufgeschlossen haben. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass du auf Tohya stehst. Du kümmerst dich viel zu gut um ihn, du bemutterst ihn fast. Also gehe ich davon aus, dass du ihm helfen wolltest, von hier zu verschwinden.“ Ertappt biss er sich auf die Unterlippe und stand auf, begann dann, im Raum herumzulaufen. „Stell dir vor, San wäre an Tohyas Stelle. Was würdest du tun? Und komm nicht an, dass es dir egal wäre! Ja, ich wollte ihm helfen, damit er wieder friedlich leben kann! Verdammt, Jin, ich liebe ihn! Wir sind seit fast eineinhalb Jahren zusammen und ich muss zusehen, wie er immer weiter zerbricht! Ist es strafbar, dem Menschen, den man liebt, helfen zu wollen?!“ „Komm runter, Juri.“ Besänftigend legte der andere ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich würde ebenfalls alles daran setzen, ihm zu helfen, wenn ich ihn lieben würde. Es war ein blöder Zufall, dass er entdeckt wurde, aber damit ist die Chance auf Flucht vorbei, zumindest vorerst, das weißt du. Du kannst ihm nicht helfen. Du kannst nur für ihn da sein, und nein, ich habe nicht vor, euch zu verraten.“ Zittrig atmete er durch und schloss die Augen. „Tohya ist am Ende seiner Kraft, ich kann ihm nicht mehr helfen. Ich kann nichts unternehmen, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er stirbt“, erwiderte er tonlos. „Ich kann es nicht ändern, auch wenn ich gern würde. Ich will ihn nicht verlieren, aber ich rechne jeden Tag damit, dass er tot aufgefunden wird. Ich habe Angst davor.“ Langsam ließ er sich wieder auf das Bett sinken und verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Er war sich nicht sicher, ob er den Kloß in seinem Hals wieder loswerden würde, ohne zu heulen, und wenn er es nicht schaffte, musste der andere seine Tränen nicht sehen. „Er wird dich nicht einfach so allein zurücklassen“, meinte der Ältere bestimmt und legte ihm einen Arm um die Schultern. „Er liebt dich und er weiß, dass du ihn liebst, aus dem Grund kämpft er. Du zwingst ihn mehr oder weniger dazu, nicht einfach aufzugeben.“ „Das kann aber keine dauerhafte Lösung sein“, erwiderte er, und leider war es die Wahrheit. Lange würden sie es nicht mehr durchhalten, er konnte nicht immer so für Tohya da sein, wie er es gern würde und der andere es brauchte, und Tohya war nach langer Gefangenschaft am Ende. „Ich bringe ihn nachher zu dir“, meinte der Blonde und stand auf, zog ihn zur Tür. „Bis dahin kannst du nicht wirklich etwas für ihn tun. Ruh dich bitte aus. Er wird dich fit brauchen, nicht völlig angespannt und übermüdet.“ Fest drückte er den schlanken Körper an sich und strich durch die weichen, schwarzen Haare, warf Jin aber trotzdem einen wütenden Blick zu. Ihm war zwar klar, dass der auch nicht wirklich etwas dafür konnte, aber einer musste Schuld an Tohyas Zustand sein. Jin erwiderte aber nichts und verließ einfach den Raum, wofür er auch relativ dankbar war. „Shht… Alles wird gut, Tohya“, flüsterte er dem Jüngeren zu und wiegte diesen beruhigend in seinen Armen. „Ich weiß, wie du gelitten hast. Es tut mir leid.“ Er hörte, wie der andere erstickt schluchzte. Kurz darauf konnte er in die vom Weinen geröteten Augen sehen. „Was tut dir leid?“, brachte der Jüngere hervor. „Dass ich dir nicht helfen konnte. Tohya, glaub mir, ich liebe dich, aber ich konnte dich nicht beschützen. Es tut mir leid. Es tut mir wirklich nur so unendlich leid…“ „Klappe“, erwiderte der Kleinere forsch und wischte sich über die Augen, konnte aber nicht verhindern, dass ihm neue Tränen in die Augen stiegen. „Du hast mir nichts angetan! Du hast mich nicht gedemütigt und geschlagen… Du konntest nichts tun, und hättest du es versucht, hätten sie dich entweder auch so gefoltert oder gleich getötet… Du brauchst dich für nichts entschuldigen!“ Sanft streichelte er den Jüngeren und ließ diesen einfach nur weinen. Er wusste, dass er nichts tun konnte, und er versuchte es auch gar nicht erst. Jeder Versuch hätte die Situation nur noch schlimmer machen können, und er wollte eigentlich nur, dass es seinem Freund besser ging. Er spürte, wie das Zittern nach und nach schwächer wurde und sich der fremde Körper immer weiter entspannte, und er wusste nicht, wie viel Zeit verging, bis der Atem des anderen ruhiger und gleichmäßiger wurde. Zwar liefen immer noch Tränen über das hübsche Gesicht, aber der Jüngere schien ansonsten vor Erschöpfung eingeschlafen zu sein. Vorsichtig brachte er den zierlichen Menschen in sein Schlafzimmer und legte ihn auf dem Bett ab, zog ihn behutsam aus und begutachtete die Verletzungen, bevor er sich an die Versorgung machte. Egal, wie gewissenhaft er sich immer um die Wunden des Kleineren gekümmert hatte, dessen Körper zeigte die Spuren einiger Misshandlungen noch immer in Form von Narben und Brandmalen. Er hatte sich wirklich bemüht, die dauerhaften Schäden so gering wie möglich zu halten, wobei er nur die sichtbaren Wunden versorgen konnte. Die schlimmsten Verletzungen waren tief in Tohyas Seele verborgen, und dort kam auch der beste Arzt nicht heran. Wahrscheinlich würde jeder Psychologe sich nach der Diagnose die Haare raufen und sich fragen, wie ein Mensch in so kurzer Zeit so viel ertragen konnte und wie zerbrechlich die geschundene Seele sein musste. Sorgfältig deckte Juri den Kleineren zu, setzte sich neben diesen und strich ihm über die Wange. Er musste sich an den Gedanken gewöhnen, Tohya früher oder später zu verlieren, wenn er diesen nicht auffangen konnte, und er wusste, dass er es tun musste. Der Jüngere lebte nur noch für ihn, also war es seine Pflicht, diesem zu helfen. „Du kannst dich auf mich verlassen“, flüsterte er dem Schlafenden zu und küsste ihn sanft, bevor er sich auf die freie Bettseite legte und versuchte, doch noch etwas zu schlafen. „Was machst du hier?“ Überrascht sah Juri den Schwarzhaarigen, der die Tür hinter sich schloss, an. „Ich habe dem Vollidioten von Wachposten gesagt, dass du mich zu dir gebeten hast“, erwiderte diese schulterzuckend und setzte sich auf den Schreibtisch, vor dem er saß. „Und was hättest du getan, wenn sie mich gefragt hätten und deine kleine Lüge aufgeflogen wäre?“ Lächelnd erhob er sich und legte seine Arme um den anderen. „Du hättest mich nicht verpfiffen.“ Sanft lächelte er den Jüngeren an und küsste ihn dann. „Wahrscheinlich nicht“, gab er zu und strich dem anderen über die Wange. Es war ein gutes Gefühl, das Lächeln des Jüngeren zu sehen. Seit dem Fluchtversuch waren nur ein paar Wochen vergangen, aber Tohya sah wieder gesünder aus und schien sich ganz allgemein nicht unwohl zu fühlen, auch wenn er immer noch zu leiden hatte. Juri war sich nicht sicher, wie viel von dem starken Verhalten echt und gespielt war, aber er musste dem Kleineren vertrauen. Das gehörte immerhin zu einer Beziehung, und er hatte es über Jahre geschafft, seinem Freund sein ganzes Vertrauen zu schenken. Tohya war immerhin auch alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. „Also, warum bist du heute Nacht hier?“, fragte er, um zum Thema zurückzukommen. „Ich wollte gern bei dir sein und… Sag mal, findest du es nicht seltsam, dass ich mehr mit anderen Typen im Bett bin als mit dir?“ Er lachte leise. „Hm… Prinzipiell… Weißt du, wärst du frei und würdest es aus eigenem Wunsch so halten, wäre es seltsam, aber du bist die Zwangshure einer ganzen Crew, also eigentlich kein allzu großes Wunder.“ Tief sah er in die dunklen Augen. Bildete er sich den traurigen Glanz etwa nur ein? „Es ist deprimierend, und auch deshalb will ich heute Nacht bei dir sein. Vorausgesetzt natürlich, du hast nichts dagegen einzuwenden.“ Juri brauchte eine Weile, um am Morgen wach zu werden, aber es schien keine Arbeit zu geben, also blieb er noch ein wenig liegen und rollte sich auf die andere Seite des Bettes, atmete tief den Duft des Schwarzhaarigen ein, der den Kissen noch immer anhaftete. Natürlich hatte Tohya bereits gehen müssen, aber er kannte es nicht anders. Die Erinnerungen an die letzte Nacht zauberten ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. Es schien dem Jüngeren wieder gut zu gehen, und so war es wirklich schon besser. Sicher würde nichts perfekt werden, aber das Leben konnte weitergehen. Langsam stand er auf und zog sich an, ging dann in seinen Arbeitsraum. Er musste leise lachen, als er den Kaffee neben seiner vom vorigen Abend noch anliegenden Arbeit sah. Das blonde Energiebündel von Koch dachte auch immer wieder an sein Wohl. Verwundert sah er auf das Glas mit den Kapseln, das ebenfalls dort stand. Normalerweise stellte er gerade dieses Glas immer gut weg, aber er hatte am vorigen Abend die genauen Zusammensetzungen gebraucht. Er wusste nicht genau, was an den leicht bläulichen Kapseln so tödlich war, aber genau das wollte er auf jeden Fall herausfinden. Er kannte die Wirkung aus Berichten, aber wieso zwei bis drei Stunden nach der Einnahme nichts passierte und dann ganz plötzlich die Muskeln ihre Arbeit aufgaben, verstand er einfach nicht. Schulterzuckend stellte er das Glas zurück in das Regal und trank einen Schluck Kaffee, sah nebenbei auf seine Notizen. Die Stoffe waren an sich harmlos, also musste es die Kombination und die Konzentration sein. Blöd nur, dass kein Labor vorhanden war. Streng genommen war es aber auch logisch, immerhin war er Arzt und kein Chemiker. Wieso aber hochgiftige Medikamente trotz der Tatsache, dass er alle gesund halten sollte, zum Inventar gehörten, verstand er auch nicht, aber man sollte nicht alles hinterfragen. Er ließ sich mit einem schweren Seufzen auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch fallen und sah an die Wand. Sein Leben lief nicht schlecht, er hatte einen wunderbaren Freund, den er liebte, und auch wenn der ein Gefangener war, konnten sie zumindest ab und an zusammen sein. Besser ging es natürlich immer, und wenn er erst nach Verbesserungsmöglichkeiten suchte, fand er ganz bestimmt noch mehrere Punkte, aber Zufriedenheit war die Grundlage des Glücks. Man musste das, was man hatte, nicht kleiner und unbedeutender machen als es war. Einige Minuten saß er einfach nur dort und versank in seiner kleinen Traumwelt, bis eine Stimmer ihn aus seinen Gedanken riss. „Juri!“ Erschrocken sah er Tomo an, der Tohya schnell auf der Liege ablegte. Besorgt stand er auf und musterte den regungslosen Schwarzhaarigen, versuchte dabei, die aufkeimende Angst zu unterdrücken. „Tu was, Juri! Die anderen meinten, er wäre einfach zusammengebrochen.“ „Raus!“, forderte er Tomo auf und griff in seine Schublade, kramte eine Spritze hervor und füllte sie mit einem stabilisierenden Mittel, injizierte es dem anderen und drückte auf den Brustkorb. „Mach keinen Scheiß!“, zischte er diesem zu und versuchte weiter, das stehengebliebene Herz wieder zum Schlagen zu bewegen. Tohya durfte nicht sterben. Panisch legte er sein Ohr auf dessen Brust, aber dessen Herz schlug immer nicht, und auch sonst war nichts zu hören. „Tohya!“, keuchte er verzweifelt und begann wieder mit einer Herzmassage, konnte aber nichts gegen die Tränen tun. Vor ein paar Minuten war doch noch alles in Ordnung gewesen und jetzt… Jetzt schien Tohya nie wieder aufzuwachen. „Nein“, murmelte er und strich dem anderen über die Wange. Tohya durfte nicht tot sein, aber die Anzeichen waren mehr als eindeutig. „Nein… Tohya, das… kannst du nicht bringen…“ Mit zitternden Händen streichelte er den zarten Körper, ertastete dabei einen Zettel und zog ihn aus der Hosentasche des Kleineren. In der feinen Handschrift des anderen stand dort sein Name. Lieber Juri, ich weiß, dass du es nicht verstehen kannst. Ich habe es wirklich geschafft, dir und mir vorzuspielen, dass ich glücklich bin. Nur… So leicht ist es nicht. Der Tod ist ein Kompromiss für andere, für mich die einzige Lösung. Ich kann nie mehr vergessen, was mir passiert ist, und auch du kannst es nicht ändern. Durch diese Entscheidung verhindere ich, dass sie mich weiter quälen können. Der Preis dafür ist aber, dass ich nie wieder bei dir sein kann. Meine Entscheidung war keine spontane. Ich weiß seit Tagen, dass es keinen anderen Ausweg mehr für mich gibt. Ich habe es einfach für mich entschieden. Es tut mir leid. Ich wollte dich damit nicht verletzen, aber ich kann es nicht ändern. Mach dir nur keine Vorwürfe. Die letzte Nacht habe ich übrigens wirklich genossen. Ich wollte eine schöne, letzte Nacht in meinem Leben haben. Glaub daran, dass wir uns wiedersehen. Und vertrau darauf, dass ich glücklich bin. Ich kann immerhin nie mehr leiden, auch wenn der Preis hoch ist. Es liegt wirklich nicht an dir. Du hast mir mit diesen komischen… Tabletten zwar unbewusst das Mittel gegeben, aber es ist nicht deine Schuld, dass du mich nicht retten konntest. Ich möchte dich bitten, dass du meine Kette an dich nimmst. Ein letztes Geschenk, und leider auch das einzige, das ich dir geben kann. Juri… Ich liebe dich. Das weißt du. Und daran wird sich nie mehr etwas ändern, es kann sich nie mehr etwas daran ändern. Behalte mich nur in deinen Erinnerungen. Tohya Zitternd atmete er durch und küsste den Schwarzhaarigen auf die Stirn, versuchte, den dumpfen Schmerz zu beherrschen. „Verdammt, Tohya… Wie kannst du das nur machen…“ Behutsam nahm er dem Jüngeren die Kette ab und hängte sie sich um, strich dann über die kühle Haut. Zitternd legte er seinen Kopf auf die Brust des anderen und ließ seinem Schmerz freien Lauf. Es würde ihn niemand stören, wenn er sich jetzt von Tohya verabschiedete, weil ja niemand wusste, dass der andere schon nicht mehr zu retten war. Innerhalb von Minuten, vielleicht auch Stunden, war seine Welt zerbrochen und er wusste nicht, ob und wie es weitergehen sollte. „Juri. Warte kurz.“ Still drehte er sich zu Jin um und sah diesen an. Er war immer noch wütend und musste jeden Tag gegen das Bedürfnis, einen Amoklauf zu starten, ankämpfen. „Lässt du mir eine andere Wahl?“, gab er aggressiv zurück. „Nein, nicht wirklich. Können wir in deinem Arbeitszimmer ungestört reden?“ Er zuckte mit den Schultern. Umgehen ließ sich dieses Gespräch auf kurz oder lang wohl eh nicht mehr. Ruhig setzte er seinen Weg fort und ließ sich auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch sinken. „Also?“ „Du ziehst dich zurück. Du weist jeden von dir. Du hasst nur noch. Ehrlich, wie geht’s dir?“ Forschend sah der andere ihn an. Ein ironisches Lachen entkam ihm. „Wie es mir geht? Mit dem Hass hast du recht, aber was erwartest du? Was würdest du mit demjenigen machen wollen, der San in den Tod treibt?“ Gequält schloss er die Augen und legte den Kopf in den Nacken. „Glaub mir, es ist wirklich so, dass du den Verantwortlichen am Liebsten umbringen würdest. Ich weiß nur, dass ich Tohya dadurch auch nicht wiederbekomme.“ „Es tut mir leid für dich, Juri, aber das war Tohyas Entscheidung und…“ „Fick dich“, unterbrach er den anderen trocken. „Du weißt nichts über ihn. Und du weißt nichts über mich.“ Der Ältere seufzte und strich ihm über den Kopf, weshalb er die Augen öffnete und diesen ansah. „Juri, du kannst tun und sagen, was du willst, aber da ist weniger Hass und Wut als du zeigst. Da ist viel mehr Schmerz und Trauer, das ist normal. Hör zu, ich will dich nicht zum Reden zwingen, aber du kannst zu mir kommen.“ Seufzend stand er auf und kramte Tohyas Brief aus einer Schublade, setzte sich dann auf die Liege und legte seinen Kopf auf die angezogenen Knie. „Jin… Ich habe ihn geliebt, und er mich. In der letzten Nacht seines Lebens war er hier. Er war glücklich. Wie soll ich ihm je verzeihen, dass er sich umgebracht hat, als es besser wurde?“ Sanft strich der andere ihm über den Rücken. „Ach, Juri… Ich weiß, dass das nicht einfach ist, aber du musst es akzeptieren. Du kannst Tohya nicht mehr zurückbekommen.“ Still hielt er dem Älteren den Brief hin und versuchte, sein Schluchzen zu unterdrücken, konnte aber die einzelnen Tränen nicht aufhalten. „Er hat dich geliebt“, meinte Jin nach ein paar Minuten und zog ihn an sich. „Wenn du Hilfe brauchst, komm zu mir. Und zu deiner Frage… Derjenige, der San auch nur indirekt umbringt, wird nie wieder glücklich werden. Wenn er das überhaupt überlebt.“ ________________________________________________________________________ Also... Ein ganzes Kapitel weit weg von Shin und Saga, aber tatsächlich wichtig, wenn ihr Juri verstehen wollt. Wer so etwas erlebt, will eine Wiederholung natürlich verhindern. Juri kann einem wirklich Leid tun, Tohya aber erst recht. Und wenn man Tohya mit Shin vergleicht, sind die beiden sich in gewisser Weise schon ähnlich, demnach kann man Juris Sorge um unser Shin-chan ja auch nachvollziehen. Aber ihr werdet sehen, wie es weitergeht, ich weiß es, weil ich fertig bin, aber ich bin brav. Und verrate auch bei Konzerten nicht. Auch hier noch mal: Ihr dürft mich gern ansprechen, wenn ihr mich seht. Das nächste Konzert ist Megaromania in Bochum, da werde ich wohl mit einer Deutschlandflagge rumrennen. Und hey, ich habe türkis/blau-schwarze Haare, das sollte eigentlich genügen. Ich beiße niemanden, der mit mir redet. Das einzige Schlechte wäre, dass mir eventuell die eine oder andere nette Textstelle/Handlung rausrutscht, eventuell sogar die Pläne für den dritten Teil hier. D: Das sollte jetzt aber auch genügen. Ich denke, dass jeder, der mich treffen will, irgendwann die Gelegenheit bekommt. Ich bin zwar meistens in Hamburg, fahre aber eben auch mal nach Bochum oder Köln. Wenn die Bands nicht zu mir kommen... Ach ja, und wegen der Website und dem dortigen Upload: Da ist noch nicht einmal das erste Kapiten online. Das als Schnupperkapitel und die Lemons kommen da noch hoch, das Problem ist bei mir ganz klar die Zeit. Ich meine, hey, ich habe am Montag nach PLUNKLOCK Mathe geschrieben, demnach... Klausurensaison hat begonnen. Yay. -__- Das sollte jetzt aber wirklich reichen und ich verabschiede mich bis nächste Woche. Hikari Kapitel 11: Agiyāra ------------------- Zittrig atmete Shin durch und wischte sich über die Augen. „Ach Gott, scheiße“, murmelte er erstickt. „Wieso musste das so enden?“ „Nicht weinen, Kleiner. Es musste einfach so enden. Schicksal.“ „Ich weine gar nicht!“, protestierte er und schmiegte sich an den warmen Körper. „Ich verstehe aber nicht, wie er dir das antun konnte. Ich… Ich könnte Saga niemals so allein lassen. Ich liebe ihn mehr als alles andere und… Er würde es nicht ertragen, mich tot zu sehen.“ Sanft kraulte der Kleinere ihm den Nacken. „Du bist süß. Aber irgendwann kommt jeder an seine Grenzen. Tohya hat über drei Jahre durchgehalten. Er war einfach sensibel und brauchte einen Halt. Die Nacht, in der er so gefoltert wurde, war nur noch der Todesstoß. Er wollte glücklich sein und er hat versucht, sich dazu zu zwingen. Er musste aufgeben, weil er sich selbst damit noch weiter kaputt gemacht hat. Vielleicht ist es wirklich besser so, auch wenn er mir damit viel Leid zugefügt hat. Für ihn ist es vielleicht die beste Entscheidung, die er treffen konnte.“ Nachdenklich nickte Shin. Er konnte sicherlich Juris Sicht der Dinge verstehen, aber er selbst wäre wahrscheinlich zu egoistisch, um Saga herzugeben. Es musste ja trotzdem schwer sein, einen geliebten Menschen aus dessen Wunsch herzugeben. „Vielleicht“, nuschelte er und lauschte dem ruhigen, gleichmäßigen Herzschlag des Silberhaarigen. „Und was wenn nicht? Und was, wenn du nur an dich denkst?“ „Dann wäre ich wie jeder andere Mensch. Jeder Mensch ist mehr oder weniger egoistisch, das ist etwas völlig Normales. Genauso wie jeder Mensch dazu in der Lage ist, andere zu beneiden. Das sind Dinge, Shin, die in der menschlichen Natur verwurzelt sind. Die Ausprägung ist das einzige, das von der Person abhängt. Mein Egoismus würde mir nur sagen, dass ich Tohya will.“ „Kommst du mit seinem Tod klar?“ Unsicher biss Shin sich auf die Unterlippe. Er war zwar mittlerweile ziemlich müde, aber er wollte weiter mit Juri reden. Er mochte den Arzt langsam wirklich immer mehr. „Ich muss. Ich war dazu gezwungen, seinen Verlust zu verarbeiten, und Jin hat mir geholfen. Das heißt aber nicht, dass ich Tohya nicht mehr liebe oder dass ich ihn nicht gern wieder bei mir hätte.“ Erschöpft gähnte der Jüngere und schloss die Augen. „Wenn ich könnte, würde ich ihn dir zurückholen“, murmelte er, bevor er einschlief. „Aua! Verdammt, Tomo! Du musst mich nicht immer durch die Gegend schmeißen!“, fuhr Shin den Schwarzhaarigen an und rieb sich seine Handgelenke, während er sich wieder ein wenig aufsetzte. „Anordnung vom Chef“, gab dieser schulterzuckend zurück und hockte sich vor ihn, betrachtete ihn genau. „Er hat recht, wenn er sagt, dass du hübsch bist. Zwar nicht ganz mein Typ, aber hübsch.“ „Der Chef sagt also, dass ihr mich misshandeln sollt“, meinte er und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Und zum Ficken scheine ich allemal gut genug zu sein.“ „Ficken hat auch nichts damit zu tun, ob du hübsch bist oder nicht. Die typischen Stricher auf der Straße würden sogar sagen, dass du zu hübsch für ihren Job bist. So ist eigentlich jeder zum Ficken geeignet. Wir sollen dich auch nicht misshandeln, du wirst nur nicht in Watte gepackt. Wir wollen doch lange etwas von dir haben.“ Grummelnd stand Shin auf. „Wenn ich nicht dein Typ bin, dann such dir doch jemand anderen.“ „Shin, es geht bei uns nach Shauras Geschmack“, mischte Wataru sich ein und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Lass dich nicht wieder auf sinnlose, unendlich lange Diskussionen ein. Das Auswahlsystem… Es gibt kein System. Es ist fast Willkür. Du hattest im Grunde genommen Pech.“ „Diskussionen sind unterhaltsamer als rumsitzen“, gab Shin zurück. „Wir haben hier so gut wie gar keine Freiheiten, und nur hier sitzen hat gar keinen Unterhaltungswert.“ Still bedeutete er Tomo zu gehen und drehte sich um. Verwundert zog er eine Augenbraue hoch. „Du… hast blonde Haare“, stellte er skeptisch fest. „Ja. Gefällt’s dir?“ Unschlüssig zuckte Shin mit den Schultern und setzte sich neben Saki. „Warum habt ihr mir Tohyas Geschichte nicht erzählt?“, kam er direkt zum Punkt. „Tohya ist tot“, erwiderte Riku ruhig. „Warum interessiert dich etwas, das so weit zurückliegt, dass es dich nicht betrifft? Außerdem haben wir das meiste nicht direkt mitbekommen.“ Shin lachte trocken auf. „Du hast viel mitbekommen. Gerade du. Du hättest zum Beispiel erwähnen können, dass Tohya mit dem Schiffsarzt liiert war. Ich bin kein kleines Kind mehr! Ich weiß, was Liebe ist! Liebe kennt keine Regeln und Normen, sie passiert einfach! Es ist doch nichts dabei, ehrlich zu mir zu sein! Warum stellt ihr euch so an? Ich bin wie ihr ein Mensch. Nur, weil ich mit einem Kapitän zusammen bin, ändert sich rein gar nichts an der Tatsache! Also, wenn wir friedlich zusammenleben wollen, will ich eure absolute Ehrlichkeit. Solltet ihr mich weiterhin anlügen, schwöre ich, dass ich mir eine andere Lösung wegen einem Aufenthaltsort und Schlafplatz einfallen lasse! Und…“ „Ja, ja, verstanden“, versuchte Saki ihn zu beruhigen. „Ich wusste auch noch nicht, dass Juri Tohyas Freund war, aber das sind eigentlich auch Dinge, die uns nichts angehen. Wenn du uns jetzt noch fünf Stunden eine Predigt hältst, wird das auch nichts bringen. Wir haben deine Forderung zur Kenntnis genommen, und ich kann dir den Wunsch gern erfüllen.“ Unzufrieden pustete Shin sich eine Strähne aus der Stirn. Wenigstens wollte ihm jemand seinen Wunsch erfüllen, und das war ein Anfang. Er hätte zwar gern noch mehr Dampf abgelassen, aber es war doch irgendwie Zeitverschwendung, von der Energieverschwendung ganz abgesehen. „Von mir aus“, sagte Wataru relativ skeptisch, setzte sich dann aber neben ihn. „Shin… Kannst du dich an den Mann erinnern, der in der Nacht bei dem Captain noch dabei war?“ Still sah Shin auf seine Hände. Warum musste dieses Thema jetzt schon wieder angesprochen werden? Seine Erinnerungen waren nicht die deutlichsten, es waren immer wieder Phasen dazwischen, die komplett weg waren, und er war sich noch nicht einmal sicher, ob er diese Phasen zurückholen wollte. „Ach, Kleiner… Es ist so, dass Jin, dieser Mann, mit dir reden will. Er wird dir aber ganz sicher nichts tun. Du kannst ihm beruhigt ein wenig Vertrauen schenken. Er unterstützt uns so gut er kann.“ Shin schluckte und schloss die Augen. „Nein“, flüsterte er und sah Wataru an. „Ich kann das nicht. Ich will das nicht. Wataru, bitte, ich…“ „Shht… Er hat einen Fehler gemacht, weil er dazu gezwungen wurde. Lass ihn dir etwas von seinen Gründen und Gedanken erzählen, bevor du ihn verurteilst. Er ist kein Unmensch, genauso wie du hat er ein Gewissen. Gib ihm eine Chance. Du wirst es nicht bereuen.“ Zittrig atmete Shin durch. „Ich hasse dich dafür, aber… du hast recht. Eine einzige, verfluchte Chance, wenn er die in den Sand setzt, hat er Pech, und du hängst mit drin.“ Er seufzte leise. Warum ließ er sich nur immer wieder zu so etwas überreden? Vielleicht weil er wusste, dass Fehler menschlich waren und jeder zumindest eine zweite Chance verdiente. Er hatte Saga auch schon öfter verziehen, aber es war nie etwas so… Schwieriges gewesen. „Du schaffst das, Shin. Ich weiß, dass du das schaffst. Du bist stärker als du denkst und du bist nicht allein.“ „Schön, dass wenigstens einer von uns das so sieht“, murmelte er kaum hörbar und entfernte sich von den anderen, legte sich auf den Boden und rollte sich auf den Bauch. Dass er nicht allein war, wusste er selber, aber leichter würde es deswegen sicherlich auch nicht werden. Der einzige, der ihm helfen könnte, war Saga, aber der war immerhin nicht bei ihm. Konnte er sich denn an diesen Jin erinnern, wenn er es wollte? Ein wenig, ja, aber es waren nur einzelne Bilder, die er sah. Und er hörte immer wieder die ruhige, tiefe Stimme, die ihm Ratschläge gab, damit er weniger zu leiden hatte. Er erinnerte sich aber auch an die Angst und den Schmerz. Langsam strich er sich durch die Haare. Er wusste nicht, wie schlimm alles wirklich ausgehen würde und wie stark die Erinnerungen auf ihn wirken würden, aber er hatte Angst, es nicht auszuhalten. „Hey.“ Skeptisch öffnete Shin die Augen und sah den Fremden abschätzend an. Den kannte er nicht, an so eine Haarfarbe erinnerte man sich für gewöhnlich. „Ich bin San.“ „Du hast blaue Haare“, meinte er leise, woraufhin der andere fröhlich nickte. „Ich weiß. Und ich weiß, dass Lächeln wahrscheinlich besser zu dir passt als dieser traurige Ausdruck.“ Seufzend setzte Shin sich auf und musterte den Blauhaarigen. Er war schlank, trug relativ enge, schwarze Kleidung und ein wenig Make-Up. Alles in allem schien er ein wenig durchgeknallt zu sein, aber das war ja nichts Ungewöhnliches, und Shin war einiges gewohnt, was das betraf. Ren war nicht angepasst gewesen, und Kazuki passte zumindest von den Denkweisen her betrachtet in kein richtiges Weltbild. Kurzum war er von Menschen umgeben, die von ‚normalen‘ Menschen als Freaks bezeichnet wurden. „Du kannst ruhig mit mir reden. Ich weiß, dass du nicht stumm bist.“ Still fuhr er sich mit der Hand durch die Haare. „Ich kenne dich nicht“, sagte er schließlich leise und sah den anderen an. „Worüber soll ich mit dir reden? Jeder ist sich selbst der Nächste, und ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann.“ „Du kannst mich kennen lernen. Aber zuerst musst du etwas mit meinem Freund klären. Du kannst mir glauben, und ich schwöre dir, er ist kein schlechter Mensch. Er will dir und den anderen helfen, so gut er kann, und wenn ihr die Gelegenheit zur Flucht bekommt, könnt ihr auf uns zählen, aber erst… Er will sich bei dir entschuldigen und hofft, dass du ihm verzeihst, wenn du unsere Vorgaben und die Probleme hier an Deck kennst.“ Ernst sah San ihn an und strich ihm durch die Haare. „Wurde mir schon angekündigt“, gab Shin leise zurück. „Und was, wenn ich das nicht will? Wenn ich Angst habe? Mir kann damit keiner helfen, und auch wenn ich euch verstehe, ändert das doch nicht viel.“ „Leider nicht, aber… Hör dir seine Seite an. Bitte.“ Flehend sah der Blauhaarige ihn an. Er seufzte leise und nickte. „Ich kann es versuchen. Aber was hast du damit zu tun?“ „Er ist mein fester Freund. Kleiner, ich bin seit fünf Jahren mit ihm zusammen. Ich kenne ihn in- und auswendig, und deshalb weiß ich, dass er ein verdammt schlechtes Gewissen hat, weil er diese Scheiße machen muss. Es quält ihn, dass er euch so wehtun muss, das bezieht sich nicht nur auf dich sondern auch auf die anderen. Die anderen drei haben ihm verziehen, und du kannst es auch.“ „San, jetzt kommt zum Punkt“, warf Wataru ein und seufzte genervt. „Du bist eine verdammte Labertasche, aber das wird den Süßen da auch eher traumatisieren als ihm helfen.“ „Ja, ja, ja“, seufzte der Angesprochene und sah Shin an. „Du siehst das Problem. Die sind so ungeduldig. Man kann für deren Partner nur hoffen, dass die sich im Bett etwas mehr Zeit lassen. Aber da heute nicht der letzte Tag unseres Lebens ist, wäre ich jetzt dafür, dass du erst einmal mit Jin redest oder ihn reden lässt, dann wird das schon.“ Unsicher sah er zu der Kleinen Gruppe und musterte den Blonden vorsichtig. Es war schwer, sich bei dem warmen, ruhigen Blick vorzustellen, dass der Mann ein Vergewaltiger sein sollte, noch dazu ein Pirat. Das wirkte so unrealistisch. Zittrig atmete Shin ein. „Können wir… unter vier Augen reden?“, fragte er leise. „Nicht jeder muss das mitbekommen, auch wenn ich mir sicher bin, dass die anderen sich die Details auch denken können.“ „Wenn du willst, gern. Aber du solltest dir wirklich ganz sicher sein, dass du das willst. Du sollst dich zumindest nicht bedroht fühlen“, beantwortete Jin die Frage gelassen. „Fass mich an und ich kratz dir die Augen aus!“, zischte der Braunhaarige und stand auf. „Ich hatte nicht vor, etwas mit dir anzufangen. Ich bin mit San mehr als zufrieden, auch wenn er manchmal wahnsinnig anstrengend ist.“ Ruhig schloss der andere die Hand um sein Handgelenk und ging neben ihm her, führte ihn an die frische Luft. Geblendet kniff er kurz die Augen zusammen. Die Sonne schien viel zu hell, immerhin war er für Tage nur in seinem kleinen dunklen Gefängnis gewesen oder nur abends rausgekommen. „Schön warm, nicht?“, flüsterte Jin ihm zu. „Ich würde dich ja gern länger genießen lassen, aber wir können nicht hier sprechen. Na komm.“ Seufzend folgte er dem Blonden unter Deck und in einen Raum, den er für Jins Schlafzimmer hielt, und setzte sich nach der Aufforderung des anderen auf das Bett. Abwartend sah er diesen an, als dieser sich neben ihn setzte. „Shin, es tut mir leid. Das wollte ich dir schon gestern sagen, aber du warst so fertig.“ Der Ältere seufzte und nahm seine Hand, drückte diese. „Weißt du, es ist leider nicht so, dass ich mich gegen den Kapitän auflehnen könnte. Würde ich mich weigern, für ihn die… Gewöhnungsarbeit zu machen, hätte ich großen Ärger und Shaura würde den Job übernehmen. Der ist leider nicht viel angenehmer als der Kapitän.“ Leise seufzte der andere wieder. „Glaub mir bitte, dass es mir wirklich leid tut. Ich habe schon versucht, dich zu schonen.“ Zitternd zog Shin seine Hand zurück und sah auf den Boden. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Sollte er wirklich dankbar sein? Was erwartete der andere denn von ihm? „Wie großen Ärger hättest du?“, fragte er leise und schloss die Augen. „Ehrlich? Ich habe es noch nie riskiert, meine Hilfe zu verweigern. Ich habe es Mana gegenüber einmal angedeutet, und er meinte, ich würde es bereuen. Als ich ihm gesagt habe, dass ich keine Angst habe, meinte er, was wäre, wenn es um San ginge. Ich würde wohl hauptsächlich meinen Posten verlieren, eventuell mit Schlägen oder Ausgangsverbot bestraft werden, aber ich mache mir Sorgen um San. Was, wenn sie ihm das antun, was ihr ertragen müsst? Bringen sie ihn vielleicht sogar um? Du siehst, dass meine Möglichkeiten begrenzt sind. Ich kann mich erst wehren, wenn San in Sicherheit ist. Er weigert sich aber zu gehen, also… erinnert das System an einen Käfig.“ Nachdenklich nickte Shin. Er konnte es nachvollziehen, aber trotzdem wusste er nicht, was von ihm erwartet wurde. Er sollte Jin verzeihen, das war ihm klar, aber ob er es konnte, war immer noch die Frage. Er konnte auch die einzelne, über seine Wange laufende Träne nicht aufhalten. Die Erinnerungen waren da, die Bilder und Gefühle waren übermächtig und zwangen ihn nieder. „Ist gut, Shin. Du musst jetzt nichts dazu sagen. Die Wunden sind noch zu frisch und tief, und ich habe eigentlich gar nicht das Recht, dich um Verzeihung zu bitten, aber ich hoffe, dass du irgendwann die Kraft findest, mir zu vergeben.“ Sanft strich der Blonde ihm über den Kopf. „Ich weiß nicht, ob ich das kann“, antwortete er erstickt und schluckte. Er zitterte immer stärker, aber er konnte auch dagegen nichts tun. Er hatte keine Angst vor Jin, dazu bestand wohl kein Grund, aber es war komisch, sich vorzustellen, irgendwann ganz friedlich mit diesem zusammen zu leben. „Schon gut. Willst du irgendetwas wissen oder musst du etwas loswerden?“ „Ich will hier weg“, murmelte er und sah den Älteren. „Mir ist egal, wie, aber ich muss zurück, dahin, wo mein Platz ist.“ „Ich weiß, du bist in einer Beziehung und du glaubst, dass er dich hier wegholt. Du musst aber bedenken, dass du hier ziemlich abgeschottet bist. Ich will ehrlich zu dir sein“, der Blonde seufzte. „Die Chancen auf Rettung stehen schlecht bis bestenfalls mittelmäßig. Dein Freund braucht einen Plan, den er uns zukommen lassen muss, damit wir dich von Bord kriegen. Selbst mit Sans und meiner Unterstützung wird das verdammt schwierig. Die anderen dürfen nicht zu früh bemerken, was vor sich geht. Wir sind aber auf dem offenen Meer. Du siehst also die Problematik.“ „Ja, aber… Es gibt sicher Möglichkeiten.“ Hoffnungsvoll sah Shin dem anderen in die Augen. „Wir lassen uns etwas einfallen. Sicher gibt es Wege, nur müssen wir die erst einmal finden. Bis dein Freund uns gefunden hat, haben wir sicherlich einen Weg entdeckt.“ Still lehnte Shin sich an Wataru und lauschte auf das Gespräch der anderen. Ihm selber fehlte die Motivation, dazu etwas zu sagen, aber er fühlte sich wohler, wenn er sich nicht von den anderen absonderte. Es hatte etwas Beruhigendes, Watarus Arm um seinen Körper zu spüren. Er versuchte, nicht über das Gespräch mit Jin nachzudenken, aber doch kehrten seine Gedanken immer wieder zu der Situation zurück. Er konnte die Angst des Blonden um dessen Freund wirklich verstehen, und deswegen konnte er diesem auch keinen wirklichen Vorwurf mehr machen. Nur wuchs sein Hass auf den Captain und den anderen Offizier immer weiter. Ob er Jin vergeben konnte, stand aber trotzdem noch in den Sternen. Zwischen Verzeihung und Verständnis lagen immer noch Welten. Sollten sie tatsächlich eine Gelegenheit zur Flucht bekommen, mussten Jin und San mit ihnen kommen. Auch wenn er Jin nicht verzeihen konnte, zumindest San verdiente ein Leben, wie er es sich wünschte, und prinzipiell war kein Mensch schlecht, also… verdiente jeder Mensch eine zweite oder sogar eine dritte Chance. ________________________________________________________________________________ Bädäm. Kapitel 11. Also, Shin ist nicht hoffnungslos in Tränen ausgebrochen, aber es ist nicht spurenlos an ihm vorbeigegangen, aber andererseits hat Shin auch ganz andere Sorgen. Er will abhauen, hat aber dabei Probleme, dann die Sache mit der Ehrlichkeit seiner Mitbewohner und schließlich Jin. Fazit nach diesem Kapitel, zu dem ihr hoffentlich auch gekommen seid: Jin ist kein prinzipiell schlechter Mensch und eigentlich sogar ein Verbündeter. Aber er kann immer noch sehr rational denken und dabei die Problematik erläutern. Und auch, wenn es den meisten nicht passen wird, logisch überlegt... stimmt das. So, noch einmal kurz: Sollte mich in Bochum irgendjemand unerwarteterweise treffen wollen, kann man mir das gern noch schreiben/sagen. Sollte jemand mich zufällig erkennen, weil Deutschlandflagge und türkis-schwarze Haare, kann man mich ruhig mit Hikari, wahlweise auch Hiki oder Hika ansprechen. Das nächste Kapitel kommt nächste Woche ganz standardmäßig, dann habe ich schon wieder Klausuren hinter mir, aber leider noch genug vor mir und ja... Passt schon. Bis dahin euch eine schöne Woche! ^.^ Kapitel 12: Juuni ----------------- „Hiroto, können wir reden?“ Sanft hielt Shou seinen Freund am Arm fest und sah ihn an. Ihr Verhältnis war seit Shins Verschwinden vor drei Wochen wieder besser geworden, aber was das Problem gewesen war, war nach wie vor ein Thema, das sie beide mieden. Nur spürte Shou, das noch lange nicht alles wieder so gut war wie am Anfang ihrer Beziehung. Etwas stand zwischen ihnen, und es wurde langsam Zeit, dieses Geheimnis zu lüften. „Sicher. Worum geht es?“ Der Jüngere lächelte ihn glücklich an und küsste ihn auf die Wange, brachte ihn so fast von dem Plan ab. Nur wusste er, dass es früher oder später keine andere Lösung gab als ein ernsthaftes Gespräch. „Nicht hier. Komm mit in die Kombüse.“ Sanft küsste er den Blonden auf die Stirn und nahm dessen Hand, führte ihn hinter sich her und drückte ihn in dem Raum auf einen der Hocker vor dem Tresen. Lächelnd füllte er zwei Becher mit Kaffee und stellte diese auf den Tresen, setzte sich dann neben den Kleineren und nahm dessen Hand. „Hiroto, du weißt, dass du ehrlich zu mir sein kannst. Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt. Bist du sicher, dass es dir gut geht? Und sei jetzt bitte nicht sauer, ich mache mir nur Sorgen.“ „Ich bin nicht sauer deswegen.“ Unruhig wich der Blonde seinem Blick aus. „Und ich… Mir geht’s gut. Ich finde es gut, dass du dir Sorgen um mich machst. Und nicht immer nur um Shin, aber… es ist nichts.“ Shou seufzte leise. „Verdammt, Hiroto… Deine Eifersucht Shin gegenüber ist auch so ein Punkt, den ich nicht verstehe.“ Ruhig trank er ein paar Schlucke Kaffee und sah auf das dunkle Holz des Tresens. „Ehrlich, Schatz. Was hast du für ein Problem mit Shin? Du weißt, dass ich dich nicht betrügen würde, ohne mit dir darüber zu reden.“ „Aber… Du verbringst viel Zeit mit ihm, wenn er hier ist. Shou, gerade in einer Beziehungskrise ist man doch anfällig für so was und… keine Ahnung.“ Nachdenklich nickte der Ältere und strich dem anderen durch die Haare. „Sicher, aber die Krise war schon vorher da. Ich will dir nichts vormachen. Es gibt… Gerüchte, dass du etwas mit einem anderen gehabt haben sollst. Ich glaube das eigentlich nicht, immerhin könntest du mit mir darüber reden, wenn es ein One-Night-Stand gewesen wäre, aber ich… Ich weiß auch nicht mehr, was ich noch glauben soll.“ Der Jüngere atmete hörbar durch. „Shou, sei nicht sauer, aber ich… Ich hatte tatsächlich mit einem anderen Sex. Da waren keine Gefühle in dem Sinne im Spiel, nur… Lust.“ Der Angesprochene seufzte wieder. „Okay“, meinte er leise und sah den Blonden an. „Viel kann ich dazu nicht sagen, aber… es ist in Ordnung, auch wenn es irgendwo wehtut.“ Zittrig atmete er durch und sah in seinen Kaffee. Das tat sogar verdammt weh, aber was sollte er schon dagegen unternehmen? Was passiert war, war passiert, und es ließ sich nicht mehr ändern. Er hatte Hiroto fast verloren und er wollte diesen nicht wegen einem Fehltritt verlassen, und auch, dass der andere es ihm verschwiegen hatte, war verzeihlich. Beruhigend drückte Hiroto seine Hand. „Shou, das… das war keine einmalige Sache.“ „Bitte?!“ Schnell machte Shou sich los und stand auf, sah seinen Freund fassungslos an. „Das war nicht nur einmal? Wie oft denn dann?“ „Ich weiß nicht genau, aber das ging… über fünf Monate. Aber, Shou, bitte, du musst mir glauben, das war so nie beabsichtigt gewesen, und es hat nichts bedeutet! Es war nur Sex…“ „Nur Sex? Über fünf Monate?! Das kannst du deiner Oma erzählen, aber nicht mir! Warum überhaupt? Es lief doch alles gut bei uns, warum machst du dann mit einem anderen rum? Mit wem eigentlich?!“ „Es hat mir nichts gefehlt! Es war wirklich rein körperlich, Shou! Das erste Mal ist einfach so passiert und danach… Ich bin da einfach reingerutscht! Ich wollte das doch eigentlich gar nicht!“ „Hat dieser Dreckskerl dich dazu gezwungen, oder was?!“ Wütend funkelte Shou den Jüngeren an und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Nein, das nicht, aber…“ „Dann hat er dich nicht dazu gezwungen und du hast freiwillig mitgemacht! Wer ist dieser Typ denn?! Was bildet der sich eigentlich ein?! Er wird wohl wissen, dass du in einer Beziehung bist!“ „Es spielt doch gar keine Rolle, mit wem ich im Bett war. Außerdem wäre es für dich schlimmer als für ihn, wenn du dich mit ihm anlegst.“ „Hiroto, es ist mir wichtig zu wissen, wer das war! Du wusstest, dass ich mit Shin im Bett war!“ Der Kleinere seufzte gequält. „Ja, gut! Mann, ich hatte die Affäre eben mit Saga, okay?! Aber lass ihn lieber in Ruhe, er ist so schon sauer genug auf dich und er macht sich Sorgen um Shin!“ „Und so schließt sich der Kreis“, bemerkte Shou trocken. „Lass mich in Ruhe, ja? Zumindest die nächsten Tage will ich nichts von dir hören oder sehen.“ Ohne noch einmal zurückzusehen verließ er eilig den Raum. Unruhig legte er den Kopf in den Nacken und sah an die Decke. Er wusste nun schon seit Stunden, dass Hiroto ihn betrogen hatte, aber er war sich nicht sicher, ob er eher wütend oder traurig sein sollte. Er war schon lange genug mit Hiroto zusammen, um nicht alles wegwerfen zu wollen, aber Vertrauen war ihm wichtig. Nur ob er seinem Freund je wieder komplett vertrauen konnte? Seufzend schloss er die Augen. Seine Beziehung war ein Scherbenhaufen, schon seit mehr als einem halben Jahr, und er hatte versucht, sie zu retten, aber er wusste nicht, ob er unter den Umständen noch den Ehrgeiz hatte. Er liebte seinen Freund, aber es tat weh, sich auch nur annähernd vorzustellen, dass dieser ihn mehr als nur einmal mit Saga betrogen hatte. Am liebsten hätte er sich Eiscreme geholt und sich aus Frust damit vollgestopft, aber auch das hätte nichts geändert. Weder essen noch Medikamente würden dagegen helfen, aber so war es eben. Er musste zumindest vorerst damit leben. „Shou? Darf ich?“ Emotionslos sah er Nao an und nickte. Er wollte den Arzt nicht wissen lassen, wie es in ihm aussah, aber der andere hatte es sicherlich eh schon bemerkt. Warum versuchte er überhaupt, dem Älteren etwas vorzumachen? Naos Menschenkenntnis war einmalig. „Hiroto meinte, dass du jemanden zum Reden und ein paar Süßigkeiten brauchen könntest.“ Lächelnd setzte der Kleinere sich neben ihn und hielt ihm eine Tafel Schokolade hin. „Er wollte mir nicht sagen, was vorgefallen ist, aber ich dachte mir, dass er nicht grundlos zu mir kommt.“ „Pff…“ Still nahm Shou die Schokolade und packte sie aus, steckte sich ein Stück in den Mund. „Hiroto hat mich über Monate mit Saga betrogen“, murmelte er und kaute lustlos auf der süßen Masse herum. „Hiroto und Saga?“ Verwundert sah Nao ihn an. „Die beiden passen ja überhaupt nicht zusammen.“ Schweigend zuckte Shou mit den Schultern und lehnte sich an den anderen. Das wusste er auch, aber es war ja ‚nur Sex‘ gewesen. Er wollte nicht weiter mit Nao darüber reden. Er musste erst ein wenig zur Ruhe kommen, noch war der Schmerz einfach zu tief. Er kümmerte sich nicht weiter darum, als Nao einen Arm um ihn legte und ihm durch die Haare zu streichen begann. Er wusste, dass es ihn trösten sollte, aber es änderte auch nichts. Er wünschte sich doch nur, die Zeit zurückdrehen zu können und von einem guten Punkt an noch einmal von vorn zu beginnen. Vielleicht hätte sich alles besser entwickeln können, vielleicht hätte er Hirotos Affäre verhindern können. „Shou, ich weiß, dass das wehtut, aber das geht vorbei. Du liebst ihn doch.“ „Genau das ist ja das Problem“, erwiderte er lustlos. „Ich kann ihn nicht einfach gehen lassen, aber ihn wieder an mich heranzulassen, wird die Hölle. Er hat mich nicht nur verletzt, er hat mein Vertrauen missbraucht und mich enttäuscht, indem er mich angelogen hat. Und das Vertrauen ist weg.“ „Ich weiß.“ Sanft drückte der Kleinere ihn an sich. „Gib ihm eine Chance, dein Vertrauen zurückzugewinnen. Er liebt dich doch auch.“ Zittrig atmete Shou durch und biss sich auf die Unterlippe. Auch das war ihm nicht neu, aber es machte leider nichts besser. Außerdem… Warum hatte Hiroto ihn betrogen, wenn der ihn doch auch liebte? Das passte nicht zusammen, auch wenn Sex und Liebe nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun hatten. „Ach, Großer… Das Leben muss weiter gehen. Es tut zwar jetzt wirklich weh, aber lass dir etwas Zeit, bevor du dich ihm wieder annäherst. Der Schmerz wird erträglicher werden, wenn du dich ihm stellst und nicht davonläufst. Es macht keinen Sinn, dich zu sperren. Ich würde dir gern Schmerzmittel geben, wenn es helfen würde, aber ich weiß genauso gut wie du, dass das nichts bringen wird. So ungern ich das auch zugebe, ich kann dir nicht wirklich helfen.“ Schwach nickte Shou und blinzelte ein paar Mal, um die Tränen wieder wegzubekommen. Er wollte den Schmerz nur loswerden, sich irgendwie betäuben und an nichts mehr denken müssen, wenn auch nur für ein paar Minuten oder Stunden. „Nao… Schlaf mit mir“, bat er leise und atmete unsicher durch. „Shou, nein. Verzweiflungstaten bringen dich nicht weiter.“ Sanft hauchte der Kleinere ihm einen Kuss auf das Haar. „Du würdest es später bereuen. Aus dem Grund hast du auch nicht gleich mit Hiroto Schluss gemacht.“ „Ich will doch nur einen Augenblick glücklich sein“, erwiderte er und schmiegte sich an den warmen Körper, ließ seinen Gefühlen einfach freien Lauf. „Ich will doch nur vergessen, Nao. Bitte.“ „Nein“, antwortete der andere entschieden und legte eine Wange an sein Haar. „Du schaffst das auch so. Du bist stark genug. Vielleicht solltest du einfach ein bisschen schlafen. Wahrscheinlich wäre das für dich das Beste.“ „Lass mich nicht allein.“ Die Bitte kam so leise über seine Lippen, dass er nicht sicher war, ob Nao ihn gehört hatte, aber es war für ihn in Ordnung, solange der Arzt ihn auch wirklich nicht allein ließ. Und solange konnte er vielleicht auch ein wenig schlafen. Tief seufzte Saga und schloss die Augen, breitete die Arme aus. Der Morgen war kühl und noch jung. Er genoss diese frühen Stunden direkt an der Reling dem Meer zugewandt. Es erinnerte ihn an seinen vermissten Freund, und er fühlte sich Shin näher. Es war im Augenblick seine einzige Möglichkeit, dem anderen überhaupt nahe zu kommen, und es war seine einzige Möglichkeit, überhaupt noch Kraft zu finden. Kraft, die er brauchte, um als Kapitän und Shins Freund weiterzumachen und nicht einfach alles hinzuschmeißen. Seit drei Wochen schlief er viel zu wenig und viel zu schlecht. Er fand keine Ruhe, aber er hatte sich bisher auch geweigert, Schlafmittel zu nehmen. Die Sorge um Shin zerrte nicht nur an ihm, sie machte ihn krank. Er aß und schlief bedeutend zu wenig und er trank mit Abstand zu viel Alkohol. Eigentlich sollte Alkohol als Schlafmittel wirksam genug sein, aber es half ihm nicht. Dazu kam auch, dass sein Körper unter den Umständen zu leiden hatte und er sich eben auch körperlich immer schwächer fühlte. Seine unfreiwillige Hungerkur sorgte dafür, dass er abnahm, aber es war ihm egal. Er konnte wieder zunehmen, wenn Shin wieder zurück war. Vorausgesetzt, Shin würde zu ihm zurück können. Es bestand immer noch die Möglichkeit, dass die Flucht misslingen und Shin umgebracht werden würde. Oder dass Shin schon tot war. Er wollte es sich nicht vorstellen, aber die Möglichkeit bestand. Es tat weh, es auch nur in Erwägung zu ziehen, aber er musste mit dem Gedanken, seinen Freund nie mehr zurückzubekommen, umgehen können. „Saga, wir müssen reden.“ Langsam drehte er sich zu Shou um und sah diesen an. Der Koch hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah ihn mit einem bedrohlichen Funkeln in den Augen an. „Müssen wir?“, fragte er den Größeren leise und zog eine Augenbraue hoch. „Irgendwie nicht, aber wenn du willst, rede.“ „Was glaubst du eigentlich, wer du bist?!“, fuhr der andere ihn an. „Für wen hältst du dich?!“ „Für den Kapitän dieses Schiffes?“ Was wollte Shou eigentlich von ihm? Warum wusste er nicht, worauf der andere herauswollte? Worum ging es überhaupt? Sicherlich nicht um seinen Posten. „Das meine ich nicht, und das weißt du!“ Wütend funkelte der andere ihn an. „Sag mir, was du meinst, dann können wir darüber reden, aber ich habe ehrlich keine Ahnung, was du willst.“ Ruhig sah er den Älteren an. „Dann gebe ich dir mal einen Hinweis. Du hast über fünf Monate meinen Freund gefickt. Weißt du jetzt, was mein Problem ist?!“ „Ach das.“ Seufzend zuckte er mit den Schultern. „Was willst du von mir hören? Kurz nach Shins Auftauchen war es vorbei, zeitlich kommen fünf Monate ungefähr hin, vielleicht war es etwas mehr oder weniger. Kein Grund so ein Theater zu machen.“ „Du weißt, dass ich mehr Wert auf Treue lege als andere hier!“, zischte der Koch. „Warum gehst du trotzdem mit ihm ins Bett?! Du wusstest, was ihr mir damit antut!“ „Halt die Klappe, Shou! Es war Sex, ganz ohne Verpflichtungen. Wir hatten ein bisschen Spaß, aber das war alles.“ Fest sah Saga den anderen an und machte einen Schritt auf diesen zu. „Außerdem ist es nicht meine Schuld, wenn ihr in einer Krise steckt und du deinen Kleinen anscheinend langweilst.“ Ungläubig hielt er sich kurz danach die Wange. Shou hatte ihn gerade nicht wirklich geohrfeigt?! „Spinnst du jetzt total?!“, fuhr er den Älteren an. „Was fällt dir ein, so mit mir zu reden?! Außerdem weißt du, dass ihr zu weit gegangen seid!“ „Und ich bin der Sündenbock dafür?! Ich bin dir zu nichts verpflichtet! Hiroto hat mit mir geschlafen, obwohl er mit dir zusammen war! Ja, verdammt, es war falsch, und ich sehe ein, dass es dir wehtut, aber klär das mit deinem Freund! Ich werde nicht für seine Scheiße den Kopf hinhalten!“ „Saga, wir sind Freunde! Man geht nicht mit dem Freund eines Kumpels ins Bett! So viel Anstand solltest du besitzen!“ „Tu nicht so, als wärst du der einzige mit dem Problem! Außerdem ist das hier doch normal! Trotzdem bin ich nicht bereit, dafür geradezustehen, dass Hiroto dich betrogen hat!“ „Du hättest nicht mit ihm schlafen müssen! Du kannst jeden nehmen, die meisten haben nichts dagegen, wenn ihre Partner mal mit einem anderen in der Kiste sind! Warum musstest du Hiroto nehmen?!“ „Glaubst du, ich habe das geplant?! Shou, es ist passiert! Jetzt reg dich gefälligst nicht so auf! Du hast deinen Freund immerhin noch bei dir, Hiroto wurde nicht wegen meiner Unaufmerksamkeit entführt!“ „Wie oft denn noch?! Es tut mir leid! Ich kann Shin nicht einfach zurückholen! Du weißt, dass ich mir auch Sorgen mache, aber das ist gerade in diesem Moment mein geringstes Problem! Meine Beziehung ist kaputt, weil du deine Triebe nicht unter Kontrolle hast und alles fickst, das nicht bei drei auf einem Baum ist!“ „Saga, Shou, Schnauze halten, beide!“ Seufzend rieb Tora sich über die Augen und sah danach zwischen den beiden hin und her. „Ihr schreit das ganze Schiff zusammen. Seid ihr eigentlich bekifft?“ „Nein“, erwiderte Shou giftig, „aber du wusstest auch sicherlich von der Affäre, die dein bester Freund mit meinem Freund hatte!“ „Wusste ich nicht, und es geht mich auch nichts an, aber das ist kein Grund, so abzudrehen. Ihr seid erwachsen, ihr braucht euch nicht anschreien. Außerdem kommt es sicher gut, wenn wir uns in der Lautstärke anschleichen. Das ist auf dem Meer sowieso schon interessant, aber so bemerkt man uns auf 10 Kilometer Entfernung.“ Lächelnd legte Tora einen Arm um Jin, als dieser sich verschlafen an ihn schmiegte. „Bei klarem Wetter und entsprechender Windrichtung 20“, merkte der an und schloss die Augen. „Tora, ist schon gut. Die Sache ist eben einfach ein bisschen eskaliert“, meinte Saga ruhig. „Es war eine dumme Aktion, etwas mit Hiroto anzufangen, aber es ist passiert.“ Misstrauisch sah sein bester Freund ihn an. „Du hast Shin betrogen? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Das wird für dich ja noch lustig…“ „Ich hab Shin nicht betrogen, das war vor seiner Zeit.“ Genervt verdrehte Saga die Augen und rieb sich dann über das Gesicht. „Ich muss bald mal zu Nao“, murmelte er abwesend. Schlaf würde ihm sicher gut tun und ihn wieder ein wenig umgänglicher werden lassen. Vielleicht zumindest. Bei solchen Teilzeitzicken wie Shou würde das auch nicht helfen. „Solltest du. Die Bloody Night müsste in den nächsten Tagen in Sicht kommen und du solltest noch ein wenig schlafen, um wieder zu Kräften zu kommen. Sollten wir Shin zurückholen können, wird er in der Zeit danach deine volle Aufmerksamkeit brauchen.“ Beruhigend rieb Tora ihm über den Rücken. „Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst, aber Schlaflosigkeit bringt dich auch nicht weiter.“ „Warum durchsucht du wieder meine Schränke?“, fragte Nao ihn amüsiert. „Warum ziehen die Schlaftabletten ständig um?“, fragte Saga ruhig zurück und drehte sich zu dem Älteren um, ließ sich dann auf eine der Liegen fallen und legte den Kopf in den Nacken. „Weil ich aus Platzmangel ständig umräumen muss. Wenn ich dir eine Packung mitgebe, wirst du damit verantwortungsvoll umgehen? Nicht alle auf einmal nehmen?“ „Hatte ich nicht vor“, beantwortete er die letzte der Fragen ruhig. „Ich will schlafen, Nao. Ich kann nur im Moment nicht.“ „Mach dir nicht so viele Sorgen um Shin. Er hält das durch.“ Lächelnd drückte der Arzt ihm eine Schachtel in die Hand und setzte sich neben ihn. „Glaub an ihn.“ Langsam nickte er und spielte mit der Pappschachtel. „Auch wenn ich an ihn glaube, mache ich mir noch Sorgen.“ „Das ist logisch. Du bist mit ihm zusammen. Aber du musst hier deinen Aufgaben nachkommen. Als Kapitän führst du uns an. Du bist für unsere Sicherheit verantwortlich, du bist für unsere Versorgung zuständig. Du musst dafür sorgen, dass wir Geld haben. Eigentlich brauche ich es dir nicht erzählen, aber Saga, ohne dich haben wir keinen Anführer mehr.“ Saga lächelte schwach. Er kannte seine Pflichten und Aufgabenbereiche wirklich selber gut genug, also musste Nao sie ihm nicht immer aufzeigen. Aber… „Ich konnte meinen Freund nicht beschützen. Wie soll ich dann für eure Sicherheit und Versorgung zuständig sein? Wie könnt ihr euch mir anvertrauen?“ „Ob du es glaubst oder nicht, du bist ein guter Kapitän“, antwortete der Arzt lächelnd und strich ihm durch die Haare. „Geh jetzt aber erst einmal ins Bett. Du bist ein noch besserer Captain, wenn du nicht völlig übernächtigt bist.“ Saga lachte leise und knuffte den Älteren in die Seite. „Schon gut, Herr Doktor.“ _________________________________________________________________________________ Kapitel Nr. 12 kurz vor den Ferien. Nur noch eine Woche. *freu* xD Ja, ich weiß, dass das Kapitel nicht sonderlich lang ist, dazu ist es nur ein kurzer Ausflug zurück auf die Dark Rose, aber das war zeitlich absoluter Zufall, besonders, da jetzt ja beim letzten Kapitel nach Saga mehr oder weniger gefragt hat. :D Absoluter Zufall, ich bin mittlerweile komplett fertig, und dieses Kapitel liegt schon um einiges zurück. , wie gesagt, ich habe wenig Zeit. Ich habe jetzt die letzte Woche größtenteils mit schlafen verbracht, nachdem ich am Wochenende 40 Stunden durchgemacht habe. (Scheiß Bahn! -.-) Ich werde versuchen, das noch in Angriff zu nehmen, wenn du mir aber eine kleine ENS schreibst, habe ich da noch konkret für Animexx eine andere Lösung. *hust* Ich weiß, wie dumm diese Sperre ist, ich bin selber noch nicht volljährig. Und habe meine ersten Lemons überhaupt mit 15 geschrieben. ôo Was in diesem Kapitel ja noch einmal thematisiert wird, ist die Sache mit der Eifersucht. Ja, allgemein haben die meisten nichts dagegen, wenn jeder mit jedem rummacht, aber es gibt einige, die nicht allzu begeistert davon sind. Shou und Saga gehören zu denen, die es gar nicht mögen. Was eigentlich noch ganz interessant ist, ist, wie Shin wohl reagieren wird, wenn er von der kleinen Geschichte zwischen Saga und Hiroto erfährt. Eigentlich geht es ihn nichts an, weil das ja noch vor seiner Zeit vorbei war, aber da er ja eher zu den Menschen gehört, die doch relativ... sensibel sind, wird das wirklich noch interessant. Zumindest für euch, ich weiß ja schon alles, aber das ist nunmal der Vorteil der Autorin. Wie dem auch sei, ich wünsche euch eine schöne Woche. ^.^ Hikari Kapitel 13: Samsip ------------------ Still sah Shin auf seine Hände. Seit drei Wochen war er gefangen und lebte fast permanent in Dunkelheit, und irgendwie beeinflusste die Dunkelheit auch seine Laune. Zusätzlich entsprach sein Job als Hure auch nicht seinem Geschmack, aber die Gewohnheit machte es schon fast erträglich. So weh ihm die Vergewaltigungen und Schläge auch taten, er hatte sich daran gewöhnt. Er wusste, dass Juri sich Sorgen um ihn machte, weil er weniger lachte und sich immer weiter zurückzog, aber er konnte es leichter ertragen, wenn er nicht jedem zeigen musste, wie es in ihm aussah. Je weniger er sich mit der Situation auseinandersetzen musste, desto besser fühlte er sich, aber Davonlaufen war keine dauerhafte Lösung. Er wusste, dass auch Wataru, Saki und Riku sich um ihn sorgten, sich aber ihren Teil nur dachten, während Juri – zumindest ihm gegenüber – kein Geheimnis aus seiner Sorge machte. „Hallo? Erde an Shin? Hörst du mir überhaupt zu?“ Verwirrt blinzelte er und sah Riku an. „Was…“, murmelte er verwirrt und schüttelte dann kurz den Kopf. „Entschuldige, ich war… in Gedanken.“ „Das habe ich gemerkt. Also noch einmal extra für dich: Dein Held kommt zwar nicht auf einem weißen Ross sondern auf einem großen Schiff, aber er ist unterwegs. Ich habe gehört, wie Shaura mit Jin darüber gesprochen hat, dass ein großes Schiff uns folgt, allerdings noch so weit auf Abstand ist, dass wir die und die uns nur bei absolut klarer Sicht sehen können. Wenn die nicht gepennt haben, müssten sie uns auch gesehen haben. Mit viel Glück sind wir in ein paar Tagen frei.“ Ungläubig legte Shin den Kopf schief und sah Riku an. So nah war seine Rettung schon? Saga war wirklich kurz davor, ihn zurückzuholen. Aber noch war er nicht wieder frei, und eine Flucht konnte schnell daneben gehen. „Jetzt freu dich schon, Kleiner. Du wolltest doch unbedingt zu ihm zurück. Sag mir nicht, du bist jetzt begeistert von der Idee, hier zu bleiben.“ „Nein“, widersprach er sofort entschieden und schüttelte den Kopf. „Es ist nur… Ach, ist doch egal.“ „Ist es nicht.“ Sanft strich der Blonde ihm über den Kopf. „Jetzt sag schon.“ „Noch sind wir nicht frei und… Wie soll es weitergehen, wenn wir frei sind? Ich bin in einer Beziehung, aber ich kann nicht so tun, als wäre nichts passiert. Ich will aber auch meine Beziehung nicht kaputt machen.“ Seufzend zog er seine Beine an und legte seinen Kopf auf die Knie. „Wie soll ich mein Leben zurückbekommen?“ „Indem du es wieder in die Hand nimmst. Du vertraust deinem Freund, also weißt du, dass er dir nichts tun wird. Ihr werdet das schon schaffen, aber du musst für dich selbst die Verantwortung übernehmen.“ Beruhigend strich der Ältere ihm über den Rücken. Sein Leben wieder in die Hand nehmen klang so leicht. Er wusste, dass es nicht so leicht werden würde. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn das Leben einmal verlief, wie es für ihn am Einfachsten wäre. Das Leben machte es ihm schwer, aber er musste es durchstehen. Und mit Sagas Hilfe würde er es wieder in den Griff bekommen. Solange er seine Beziehung nicht vorher zerstörte. „Aber noch sind wir gefangen. Wer weiß, wie lange wir noch warten müssen.“ „Ein paar Tage, bis Saga das Schiff durchsuchen will, und ein paar Wochen, bis wir wirklich frei sind. Vermute ich. Wir können nur warten. Aber jetzt ein anderes Thema, mein Hübscher. Du solltest aufpassen, dass du nicht zu viel in zu kurzer Zeit abnimmst. Du bist so schon schlank.“ Ironisch lachte Shin auf. „Wie soll ich denn zunehmen, wenn wir nur Brot zu essen und Wasser zu trinken bekommen?“ „Ich weiß, Kleiner. Und ich weiß, dass du körperlich teilweise unterversorgt bist. Du bist zeitweise leichenblass und wirkst krank und zerbrechlich. Tu dir selbst den Gefallen und rede mit Juri. Vielleicht kann er etwas tun, um dir zu helfen.“ Langsam schüttelte er den Kopf. Juri konnte ihm nicht helfen, und er wollte auch gar nicht anders behandelt werden als die anderen. Wataru, Saki und Riku hatten anscheinend gar keine Probleme mit ihrem Speiseplan, aber er selbst spürte nur zu genau, wie sein Körper kämpfte. Er würde sich sicherlich bald daran gewöhnt haben und dann würde es ihm wieder ganz gut gehen. „Shin, es ist besser für dich, wenn du mir Juri redest. Tu dir selbst den Gefallen.“ Leise seufzte er. Es war ja wirklich süß, wie Riku sich um ihn bemühte, aber… Es war seine Entscheidung. Seine Verantwortung, die er übernehmen wollte. Leise seufzte Juri, als die Tür zu seinem Arbeitszimmer wieder einmal geöffnet wurde. An diesem Tag schien eine Seuche oder etwas Ähnliches ausgebrochen zu sein. Es konnte doch unmöglich sein, dass alle auf einmal krank wurden. Er kam dadurch einfach zu nichts. „Juri, Aufmerksamkeit bitte“, sprach Jin ihn an. „Der Kleine ist einfach bewusstlos zusammengebrochen. Wataru, Saki und Riku haben gleich Alarm geschlagen, sonst hätten wir es wahrscheinlich gar nicht bemerkt.“ Seufzend stand er auf und sah auf den scheinbar friedlich Schlafenden, legte dann eine Hand an seinen Hals. „Sein Puls ist zwar ein bisschen zu schnell, aber er lebt. Ich sorge schon dafür, dass er wieder fit wird, und ich finde heraus, weshalb er zusammengebrochen ist.“ Nachdenklich musterte er den Liegenden. „Er nimmt seit einem Monat immer weiter ab und wirkt immer schwächer. Sowohl physisch als auch psychisch. Wir müssen aufpassen, dass er nicht an den Belastungen kaputt geht.“ „Wäre schade um ihn, ja. Juri… Dir liegt viel an ihm, oder?“ Eindringlich sah Jin ihn an. „Ich will ihn beschützen. Er erinnert mich an Tohya, und allein deswegen muss ich für sein Wohl sorgen. Ich will nicht, dass er genauso endet. Ich will seinen Freund und ihn beschützen.“ „Und du bist nicht zufällig in ihn verliebt?“ Misstrauisch sah der Ältere ihn an. „Nein. Und selbst wenn es so wäre, ich könnte ihn nicht haben. Er liebt seinen Freund viel zu sehr, und er will nur zu dem zurück. Jin, für mich gibt es nur Tohya. Nichts und niemand kann ihn ersetzen, auch Shin nicht.“ Traurig seufzte er und schloss einen Moment die Augen, strich dem Jüngsten behutsam durch die weichen, braunen Haare. Etwas brannte verdächtig in ihm, und allein dieses Gefühl raubte ihm die Luft zum Atmen und trieb ihm die Tränen in die Augen. Er hörte, wie der Offizier leise seufzte. „Schon gut. Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du wieder leiden musst.“ Unsicher spürte er die Arme um seinen Körper und schmiegte sich an den anderen, sagte aber nichts. „Juri, du musst Tohya loslassen, so schwer es auch ist. Du kannst ohne ihn wieder glücklich werden, auch wenn es dir unendlich schwer vorkommt. Tu dir selbst nur den Gefallen und verliebe dich nicht in Shin. Der Kleine wird dir nie komplett gehören, selbst wenn er sich auch in dich verliebt.“ „Ich weiß, ich weiß und ich weiß. Aber was soll ich denn tun? Ich liebe Tohya, und das ist nicht einfach weg, weil er tot ist.“ Langsam löste er sich von dem Blonden und wandte seine Aufmerksamkeit dem Patienten zu. „Ich lasse nicht zu, dass Shin stirbt. Ich kann ihn nicht vor allem bewahren, aber ich kann verhindern, dass sein Freund ihn so verlieren muss.“ Mit einem leisen Seufzen verzog Shin das Gesicht und hob schwach den Arm, strich sich durch die Haare. Warum hatte er solche Kopfschmerzen und weshalb fühlte sich sein ganzer Körper so schwer an? „Shht… Bleib ganz ruhig liegen, Shin. Du bist in Sicherheit. Ruh dich ruhig noch ein wenig aus.“ Langsam blinzelte er und sah den Arzt so gut wie möglich an. Wie kam er zu Juri? Was war überhaupt passiert? Wieder seufzte er und zog die Decke etwas höher, zuckte dabei wenig begeistert zusammen, als er das unangenehme Stechen einer Nadel in seinem Arm spürte. „Juri…“, protestierte er leise und räusperte sich. „Alles ist gut, Kleiner. Mach dir keine Sorgen, wir kriegen das wieder hin.“ „Warum habe ich eine Nadel im Arm?“, grummelte er wenig begeistert und schloss die Augen wieder. „Weil ich weiß, dass du leicht unterversorgt bist und der Zusammenbruch davon ausgelöst wurde. Die Verbindung sorgt dafür, dass du wieder fit wirst. Wir müssen auf dich aufpassen, Schätzchen.“ „Wie schlimm sieht’s denn aus?“, fragte er flüsternd. Irgendwie hatte er Angst vor der Antwort. Vielleicht würde er sterben, wenn er nicht aufpasste, und er wollte trotz der Situation doch noch ein Weilchen leben. „Ach, Shin… Es ist nicht so schlimm, wie du wahrscheinlich denkst. Wenn wir das nicht unter Kontrolle bekommen, könntest du öfter zusammenbrechen, aber bevor es wirklich gefährlich wird, kann ich dich immer wieder aufpäppeln. Du wirst ganz sicher nicht daran sterben.“ Erleichtert schlug er die Augen wieder auf und sah den Arzt an. „Danke. Das beruhigt mich wirklich. Weißt du, ich… will meinem Freund meinen Tod nicht zumuten. Meinetwegen soll er nicht leiden. Nicht noch mehr, als er es wahrscheinlich jetzt schon tut.“ „Ist doch selbstverständlich. Dein Freund wird dich zurückholen wollen, er wird weniger leiden als alles daran zu setzen, dich wieder in Sicherheit zu bringen. Ich sorge momentan nur für dich, weil er es nicht kann, und weil ich weiß, dass man den eigenen Freund gern in Sicherheit wissen will.“ Lächelnd beugte der Silberhaarige sich über ihn und küsste ihn auf die Stirn. „Ruh dich noch ein bisschen aus. Wenn es sein muss, verordne ich dir Bettruhe, aber in den nächsten Tagen strengst du dich auf gar keinen Fall an. Besonders heute und morgen.“ „Bettruhe, ja?“ Ironisch zog Shin eine Augenbraue hoch. „Juri, ich schlafe, wenn mich nicht irgendjemand zu sich holt, auf dem Boden. Vielleicht kriege ich eine Decke, aber das war’s dann auch.“ „Ja, ich weiß. Ich kann nicht wirklich etwas dagegen tun, aber ich werde versuchen, in den nächsten Tagen mit dem Kapitän zu reden. Vielleicht können wir zumindest in deiner Ruhephase eine Alternative finden. Schlaf jetzt.“ „Mit der Nadel im Arm?“ Skeptisch sah Shin auf seinen Arm und strich vorsichtig über die gereizte Haut. „Ja, mit der Nadel im Arm. Wenn es dich stört, kann ich höchstens versuchen, die Nadel abzukleben, aber du musst weiterhin versorgt werden. Wenn du wieder aufwachst, fühlst du dich sicher besser.“ „Und was, wenn nicht? Was, wenn ich nicht schlafen will? Wenn ich Angst davor habe, nicht mehr aufzuwachen?“ Verständnisvoll strich Juri ihm über die Wange. „Das wird nicht passieren. Ich bin hier und ich werde das schon mitbekommen, wenn etwas ist. Vertrau mir.“ Seufzend nickte Shin und schloss die Augen. Er konnte dem Arzt prinzipiell vertrauen, dann war es auch möglich, wenn es um sein Leben ging. Er war in Sicherheit, wenn er bei Juri war. Zwar nicht so sicher wie bei Saga, aber vielleicht war er wirklich bald wieder bei seinem Freund. Seufzend streckte Shin sich auf dem Boden aus. Zwei elende Wochen waren wieder verstrichen, er war noch ein weiteres Mal umgekippt, weil er sich nicht an die Schonfrist hatte halten dürfen, und stand seitdem strengstens unter Beobachtung, dazu passte der junge Arzt auf wie ein Luchs, dass er seine Zusatztabletten nahm und nicht noch einmal zusammenbrach. Er hatte keine großartige Kraft mehr, an das, was Riku ihm erzählt hatte, zu glauben. Er liebte Saga und er glaubte an dessen Willen, ihn zu befreien, aber er verlor nach und nach Hoffnung. Er wollte das Gefühl, Saga endlos weit vertrauen zu können, nicht verlieren, aber er konnte nicht mehr zu 100 Prozent daran glauben, dass der andere ihn über alles liebte. Deprimiert drehte er sich auf den Bauch und legte seinen Kopf auf seine Arme, schloss einfach die Augen und biss sich auf die Unterlippe. Es tat weh, allein schon in Erwägung zu ziehen, dass Saga ihn nicht wirklich so sehr liebte, wie er es immer gesagt hatte, aber er musste es akzeptieren. Er musste sich mit seinem Schicksal abfinden. „Geht es dir nicht gut, Shin?“ Er zuckte leicht mit den Schultern, als Saki ihm besorgt über den Kopf strich. Nichts war gut und es ging ihm nicht gut, und manchmal wünschte er seine Mitgefangenen zum Mond. Er wollte seine Ruhe, aber zu viert in einem Raum zu leben erschwerte das natürlich. So sehr er seine Mitbewohner auch mochte, irgendwo hatte alles seine Grenzen. War es denn so schwer, ihn in Ruhe zu lassen? „Ach, Hübscher. Rede mit mir. Ich will dir doch nur helfen. Was ist denn los mit dir?“ „Sag mir, dass Saga mich über alles liebt und wir morgen frei sind. Sag mir, dass ich nie wieder mit irgendjemandem gegen meinen Willen Sex haben muss. Sag mir einfach, dass alles wieder gut wird.“ Sanft wuschelte der Ältere ihm durch die Haare. „Du weißt, dass ich das nicht kann. Ich habe ungefähr genauso viel zu sagen wie du, nämlich gar nichts. Shin, versuch einfach das Beste aus der Situation zu machen. Juri scheint viel Wert auf deine Gesundheit zu legen. Vielleicht kann er dir helfen und dir… die Liebe geben, die du brauchst. Lass ihm einfach die Möglichkeit. Und bevor du protestierst, ja, die Wunden, die Tohyas Tod bei ihm hinterlassen hat, gehen tief und sind noch nicht einmal annähernd verheilt. Ihr beide seid tief verletzt und könnt euch gegenseitig Halt geben.“ Schwach schüttelte Shin den Kopf. Juri war sicherlich ein guter Mensch und sie mochten sich sehr, aber so sehr er den Arzt auch mochte, er konnte Liebe nicht erzwingen. Und auch wenn es ihm wehtat, er liebte Saga und war nicht dazu in der Lage, etwas zu ändern. Außerdem liebte Juri Tohya noch immer und würde sich bestimmt nicht einfach so in ihn verlieben. „Shin, bitte… Ich will dich zu nichts drängen, aber du musst tun, was gut für dich ist. Denk einfach einmal an dich und entscheide zu deinem Wohl. Ich will nicht, dass du so leidest.“ „Saki, du sollst zu Kohta kommen. Jetzt sofort. Shin, Shaura kommt dich gleich abholen.“ Gelassen lehnte Tomo im Türrahmen und sah sie an. „Darling, Kohta wird fünf Minuten warten können, wir haben gerade etwas Wichtiges zu bereden.“ Genervt seufzte Saki und verschränkte die Arme vor der Brust. „Honey, wenn es heißt, dass du sofort irgendwo hinkommen sollst, dann ist damit nicht erst in fünf Stunden gemeint.“ „Je länger du mit mir diskutierst, desto länger muss Kohta warten.“ Ohne Tomo noch eines Blickes zu würdigen stand Saki auf und zog Shin auf die Füße. „Shin, die Situation ist leider ziemlich bescheuert, aber du musst wirklich versuchen, so glücklich wie möglich zu werden. Außerdem musst du besser auf deinen Körper aufpassen. Du hast schon wieder abgenommen.“ Besorgt strich der andere ihm über die Wange, lächelte ihn dann aber an und küsste ihn kurz, bevor er den Raum verließ. „Shin, Shin, Shin… Schön, dass ich dich auch einmal mitnehmen darf.“ Kühl sah Shin den Hellblonden an und entzog diesem seinen Arm. Er hatte keine Angst vor dem Offizier. Im Moment war er einfach nur wütend. Wegen Shaura saß er auf diesem Schiff fest und er wusste, dass es etwas mit Saga zu tun hatte. „Nicht so schüchtern, Schlampe. Was ist plötzlich mit dir los?“ „Was habe ich dir getan?!“, fuhr er den Älteren an. „Was ist los mit dir?! Woher kennst du Saga, und egal, was zwischen euch abläuft, warum hast du mich da mit reingezogen?!“ „Nicht so viel auf einmal. Gar nicht, ich bin nur besitzergreifend, kann dir egal sein und weil du so ein hübsches, geeignetes Druckmittel bist.“ Fast sanft nahm der andere seine Hand und lächelte ihn an. „Saga kann nichts, weiß nichts und ist als Freund für ein hübsches, zartes Geschöpf wie dich völlig ungeeignet. Du brauchst jemanden, der dir den richtigen Weg zeigt und dich führt. So schwer es dir auch fällt, es zu akzeptieren, Saga kann dich auch nicht lieben. Glaubst du nicht, er wäre schon längst hier gewesen, wenn er dich wirklich lieben würde?“ Wieder machte Shin sich los und wich einen Schritt zurück. „Fass mich nicht an und hör auf, so über meinen Freund zu reden!“, zischte er und zuckte bei dem darauffolgenden, festen Griff um seinen Arm zusammen. Er wusste, dass Shaura ihn für sich haben wollte, aber eher würde er sich doch zu Juri flüchten. Er wollte den Offizier möglichst weit von sich weg haben, und daran setzte er alles, zumindest war er dazu bereit. „Ich rede über ihn, wie ich will. Und ich mache mit dir, was ich will, wenn ich es will. Jetzt wirst du mitkommen, weil ich dich in meinem Bett haben will. Klar?“ Ruhig sah Shin in die kalt funkelnden Augen. Er wollte das nicht, aber es wäre schlimmer für ihn, wenn er sich wehrte. Aber er wollte zumindest verstehen, weshalb der Größere ausgerechnet ihn wollte. Saki war auch hübsch und niedlich, und trotzdem wollte der Offizier immer ihn. Dabei konnte es nicht nur um ihn gehen, das war einfach nicht möglich. Außerdem wusste er aus den Nachrichten, dass es auch um Saga gehen musste. „Komm jetzt.“ Er stolperte ein paar Schritte vorwärts, stemmte sich dann aber gegen den Älteren und blieb stehen. „Warum ich?“ „Um das zu begreifen, müsstest du wissen, wie Saga und ich zueinander stehen. Aber wie schon gesagt, das geht dich nichts an und demnach werde ich es dir nicht erzählen. Nebenbei bemerkt bist du auch noch wahnsinnig hübsch und so ein echtes Sammlerstück.“ Desinteressiert zuckte der Blonde mit den Schultern. „Weißt du, ich könnte dir einen Teil deiner Freiheit zurückgeben. Unter der Bedingung, dass du eine Beziehung mit mir eingehst, bist du vom Stricherdienst befreit. Wenn du einer Hochzeit zustimmst, bist du frei, solange wir auf dem Schiff sind. Solltest du die Ehe dann aber lösen wollen, würdest du sämtliche Rechte verlieren. Es ist deine Entscheidung, was du tun willst, aber als mein Freund wärst du natürlich nach wie vor für meine Bedürfnisse zuständig. Entscheide dich aber schnell, wer weiß, wie schnell ich meine Meinung wieder ändere.“ Fassungslos klappte Shin der Mund auf. Das war wohl ein sehr schlechter, geschmackloser Scherz, oder? Er war viel zu perplex, um sich zu wehren, als der andere ihn weiterzerrte. Er sollte heiraten, um einen Teil seiner Freiheit zurückzubekommen, aber gleichzeitig müsste er einen Teil von sich selbst aufgeben und seine Gefühle ignorieren. Er müsste seine neuen Freunde hängen lassen. Er müsste seinen Stolz aufgeben. Und er müsste die Hoffnung aufgeben, dass Saga ihn rettete, denn er dürfte seinen ‚Mann‘ nicht verlassen. „Du hast die Wahl“, wiederholte Shaura und stieß ihn auf das Bett. _________________________________________________________________________________ Ein nettes Angebot, nicht? *Ironie* Tut euch selbst den Gefallen und regt euch nicht zu sehr über Shaura auf. Ist nicht gut für die Nerven. Shin sitzt natürlich in einer ziemlichen Zwickmühle. Wie er da wieder rauskommt, ist eine ganz andere Frage. Shaura wird ihn wohl nicht gut behandeln, wenn er ablehnt, aber eine Zustimmung wäre für das kleine Kätzchen selbst alles andere als gut. Und Sakis Vorschlag, dass Shin sich zu Juri flüchten soll, ist vielleicht nicht der Schlechteste, aber auch das würde ja gewisse Prinzipien einfach umschmeißen. Die Situation im Allgemeinen ist also ziemlich schwierig. Aber vielleicht ist die Rettung ja wirklich schon näher als so mancher denkt. Ich habe jetzt Ferien und muss mein Zimmer ausräumen(!). Meine Begeisterung hält sich natürlich in Grenzen, aber ich kriege das hin. Und Kommentare wären sicherlich nicht schlecht, aber ich kann immer noch niemanden zum Schreiben zwingen. û.u Das nächste Kapitel kommt nächste Woche, auch wenn Ostern ist (bzw. Karfreitag), aber ich kann dieses Jahr den 1. April als Uploadtag übergehen. *freu* Nach dem was letztes Jahr war... *Mexx böse anstarr* (Vorsicht, nicht ganz ernst gemeint. ;D) Bis dahin, Hikari Kapitel 14: Patinanku --------------------- „Ich glaub’s nicht!“ Lachend strich Wataru ihm durch die Haare. „Du hast ihn wirklich geohrfeigt? Das ist zu geil!“ „Was ist daran geil? Allein schon in Erwägung zu ziehen, dass ich ihn heirate, grenzt an eine Straftat“, bemerkte Shin trocken. „Das stimmt ja auch, aber noch niemand hat so eine Aktion gebracht. Ich hätte sein Gesicht so gern gesehen! Der Blick muss Gold wert gewesen sein! Er hat garantiert nicht mit so einer Reaktion gerechnet.“ Shin zuckte mit den Schultern und murmelte leise: „Ich doch auch nicht.“ Er war selbst überrascht gewesen, als er realisiert hatte, dass er dem Blonden tatsächlich eine gescheuert hatte, aber… Er konnte nicht anders, als sich selbst dafür zu loben. „Es wurde dringend Zeit, dass mal jemand so reagiert“, mischte Riku sich ein. „Er muss irgendwie begreifen, dass er sich nicht alles erlauben kann.“ „Vielleicht, aber… das war es nicht wert.“ Still sah Shin auf seine Arme und strich über die Blutergüsse. Er konnte sich kaum bewegen, weil ihm alles wehtat, aber er hatte sich immerhin verteidigt. Er hatte auch versucht, sich gegen den Hellblonden zu wehren, aber es hatte ihm nicht viel geholfen. Seine Bestrafung war nur schlimmer geworden, er hatte einfach nicht die körperliche Kraft, um sich gegen Shaura zu wehren. „Mach dir nichts draus.“ Sanft legte der Älteste ihm einen Arm um die Schultern. „Ich kann mir vorstellen, dass du Schmerzen hast, aber sieh es positiv. Du hast dir deinen Stolz und deinen größten Schatz bewahrt.“ „Und was ist mein größter Schatz? Was ist Stolz, wenn der Körper schwer verletzt wird, wert? Ich will nur noch hier weg, um mich selbst wiederzufinden.“ Traurig strich er über den Anhänger seiner Kette und seufzte. „Dein größter Schatz sind deine Gefühle für Saga. Es ist sicherlich für niemanden leicht, sie dir zu nehmen, aber würdest du Shaura heiraten, würdest du dich selbst verraten, von Saga ganz zu schweigen. Shin, wir kommen hier weg. Und wenn einer von uns sterben muss, damit wir hier wegkommen, gehe ich freiwillig.“ Behutsam strich Riku ihm einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Wir müssen dich beschützen“, warf Saki ein. „Wenn ich dich eigenhändig über Bord schmeißen muss, um dich hier runter zu bekommen, werde ich das machen. Wir halten zusammen. Wir schaffen schon irgendwie alles.“ „Ich unterbreche eure Kuschelstunde ungern, aber ich tue es trotzdem. Aufstehen.“ Unruhig sah Shin den in der Tür stehenden Kapitän an, leistete dem Befehl aber Folge. Er spürte, wie Wataru beruhigend seine Hand drückte. „Was ist los?“ „Ein Schiff ist mit blauer Flagge hinter uns her. Vorübergehend müsst ihr euren Aufenthaltsort wechseln.“ „Blaue Flagge?“, wiederholte Shin langsam und sah hilfesuchend zwischen den anderen hin und her. „Gott, Kleiner, du lebst unter Piraten und hast keine Ahnung von nichts. Normalerweise ist an dem Mast, um den es geht, eine schwarze Flagge. Wird diese durch eine blaue ersetzt, wenn ein Schiff ein zweites verfolgt, bedeutet das beim Folgenden die Forderung einer Schiffsdurchsuchung.“ Gespielt verzweifelt rollte Saki mit den Augen. Möglichst ruhig nickte Shin, auch wenn sein Herz vor Aufregung schneller schlug. Ein Schiff folgte ihnen, und das andere Schiff verlangte eine Durchsuchung. Saga suchte ihn und sie waren nicht mehr weit voneinander entfernt. Wahrscheinlich liebte Saga ihn trotz seiner Zweifel doch. Hoffen durfte er noch. „Richtig, aber genau deshalb werdet ihr in einen geheimen Raum ziehen. Man darf euch hier nicht finden. Wir wollen doch nicht, dass ihr befreit werdet.“ „Natürlich nicht, wer würde das denn wollen?“, erwiderte Wataru sarkastisch. „Wie lange sollen wir uns denn verstecken? Wäre es nicht unauffälliger, wenn wir uns unter die Crew mischen würden?“ „Wataru, tu dir selbst nur einmal den Gefallen und hör auf, meine Pläne in Frage zu stellen“, erwiderte der Schwarzhaarige gefährlich ruhig. „Ich weiß, was ich tue und du hast nichts dazu zu sagen. Du spielst mit deinem Leben. Aber kommt jetzt, ihr müsst doch euer vorübergehendes Zuhause beziehen.“ „Zu viert in einem Raum, der eher einer Putzkammer gleich kommt“, murrte Saki und lehnte sich an die Wand. „Und wir dürfen nicht einmal mehr raus, um unseren Dienst zu leisten. Wären wir Pferde, wäre das Tierquälerei.“ „Jetzt hör auf zu meckern!“, wies Riku den Braunhaarigen zurecht. „Sei doch froh, dass diese Trottel dich nicht mehr anfassen dürfen!“ „Aber ich will raus in die Sonne! Ich habe keine Lust, tagelang hier drin zu hocken! In dem anderen Raum können wir uns ja wenigstens noch bewegen!“ „Beruhigt euch, Jungs“, meinte Shin beschwichtigend. „Ich habe auch keine Lust, hier zu bleiben, aber wenn ihr euch nur streitet, vergeht die Zeit auch nicht schneller. Machen wir das Beste aus der Situation.“ „Shin, Saga wird uns hier nicht finden. So kommen wir hier nie weg. Wir können ihn nicht kontaktieren. Wir können nur hier sitzen und warten.“ Traurig sah Saki an die Decke. „Und ich dachte, wir hätten endlich eine Chance zu fliehen.“ „Noch ist nicht alles verloren. Nur weil wir Saga nicht kontaktieren können, bedeutet das nicht, dass wir keine Möglichkeit haben“, meldete Wataru sich zu Wort und strich Shin über den Kopf. „Jin steht hinter uns, er kann Saga mit Sicherheit eine Nachricht übermitteln. Ihr hört viel zu schnell auf zu hoffen. Wir haben Möglichkeiten, die wir nur finden müssen.“ „Und ich habe einen Fluchtplan“, gab Shin leise zu. „Allerdings müssen Jin und San uns dann begleiten.“ „Und warum hast du uns bisher nicht von deinem Plan erzählt?“, maulte Saki weiter. „Küken, wir leben zusammen.“ „Ja, und das reicht. Du musst nicht alles über mich wissen. Niemand weiß alles über mich.“ Seufzend rollte Shin sich auf dem Boden zusammen und schloss die Augen. Er wollte nicht schlafen, aber so zu tun als ob war besser als mit Saki zu streiten. Ein paar Tage mussten sie es auf engstem Raum miteinander aushalten. Sicher war er manchmal genervt, aber durch Streit musste das nicht noch schlimmer werden. Sie teilten das gleiche Schicksal, trotz der Tatsache, dass sie von Grund auf verschieden waren. Außerdem mochte er vielleicht gerade diese Differenzen. Es war ja gerade das, was dafür sorgte, dass ihr Zusammenleben nicht langweilig wurde. Behutsam streichelte Wataru den Jüngsten. Es war fast völlig still in dem Raum, das Holz knarrte nur manchmal und ihr Atem war zu hören. Es hatte nicht lange gedauert, bis Shin eingeschlafen war. Leise seufzte er. Er wollte dem Kleinen doch nur ein wenig Sicherheit vermitteln, ebenso Ruhe und Vertrautheit, aber war es gut? Sollte er Shin wirklich immer wieder Hoffnung machen, wenn er selbst sie schon lange verloren hatte? Sie waren Gefangene, daran ließ sich nichts schön reden. Und so, wie es jetzt aussah, würde Saga sie nicht finden. Mana würde sie immer wieder verstecken. „Wataru… Lass ihn in Ruhe schlafen.“ Seufzend sah er zu Jin und ließ seine Hand auf Shins Seite ruhen. „Er schläft doch ganz ruhig. Wie ein kleiner Engel.“ Ein sanftes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er wieder zu Shin sah und diesem über die Wange strich. „Er wollte mit mir reden. Weißt du, worum es geht?“ Leise schloss der Blonde die Tür hinter sich und setzte sich neben ihn. „Er meinte, er hätte einen Plan, damit wir hier wegkommen. Die Rose verlangt nach der Durchsuchung, richtig?“ „Sicher. Sie sind schon seit über zwei Wochen hinter uns her.“ Der Offizier lächelte schwach und sah Wataru an. „Ihr kommt hier weg. Es besteht wieder Hoffnung für euch. Saga scheint Shin wirklich mehr zu lieben als sein Leben. Er wird alles tun, um euch hier rauszuholen.“ Wieder seufzte Angesprochener leise. „Es geht ihm um Shin, nicht um uns andere. Wir müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Opfer bringen. Ich habe das Gefühl, dass einer von uns sterben muss.“ „Meine Fresse, Wataru“, seufzte Riku genervt, „du übertreibst jetzt aber wirklich. Du bist kein Hellseher, und wenn einer von uns abkratzen muss, dann ist es so. Was ist eigentlich dein Problem? Ich sterbe lieber bei einem Fluchtversuch als immer nur tatenlos hier herumzusitzen und alles über mich ergehen zu lassen.“ „Ach ja? Und was bringt dir Freiheit, wenn du tot bist?“, fuhr er den Ältesten an. „Wo sind deine Prioritäten gesetzt?“ „Lieber frei sterben als gefangen leben“, erwiderte Riku ruhig. „Ich bin kein Sklave und ich werde niemals einer sein. Wenn ich Freiheit mit meinem Leben bezahlen muss, ist der Preis hoch, aber ich würde ihn bezahlen.“ „Hm?“ Verschlafen blinzelte Shin und sah zu Jin und Wataru auf. „Was tust du hier, Jin?“ „Wir wollten dich nicht wecken, tut mir leid.“ Sanft küsste Jin den Jüngsten auf die Stirn. „Du wolltest mit mir reden, deswegen bin ich hier, aber wenn du weiterschlafen willst, kann ich auch später wiederkommen.“ Langsam setzte Shin sich auf und lehnte sich an Wataru. Stimmte ja, er hatte Jin in einer unbeobachteten Sekunde um ein Gespräch gebeten. Seufzend öffnete er den Verschluss seiner Kette und drückte den Anhänger einen Moment an seine Brust, gab sie dann dem Offizier. „Sag Saga, dass ich in Ordnung bin und er sich keine allzu großen Sorgen machen muss. Zeig ihm die Kette, sonst wird er dir wohl kaum glauben, dass ich dich als Boten geschickt habe. Ich will die Kette danach aber so schnell wie möglich zurück haben. Du musst ihm auch von dem Plan erzählen. Hör zu…“ Nervös sah Saga auf das Deck des fremden Schiffes und beobachtete, wie die Übergangsplanken verlegt wurden. Sein Herz klopfte unruhig, während er einfach nur zusah. Es dauerte einen Moment, bis er sich dazu durchringen konnte, die Bloody Night zu betreten. Normalerweise wäre er dazu verpflichtet gewesen, das Schiff zu versenken oder einzufordern, aber das war ihm gerade völlig egal. Es ging um Shin, nicht um ein bescheuertes Schiff. „Ich hätte nie gedacht, Saga, das wir uns einmal persönlich treffen“, sprach der andere Kapitän ihn gütig lächelnd an. „Ich schon, nur nicht so schnell“, erwiderte er knapp. „Ihr habt etwas, das mir gehört und das ich zurück will.“ „Bist du sicher? Ihr könnt euch gern umsehen. Wenn ihr es findet, möchte ich aber informiert werden.“ Knapp nickte er und sah Tora an, der gleich den entsprechenden Befehl gab. Scheinbar ziellos machte er sich ebenfalls daran, das Schiff zu erkunden. Sollten sie es zurückerobern wollen, könnte es nur von Vorteil sein, sich ein wenig auszukennen. Und vielleicht führte sein Instinkt ihn zu Shin zurück. Shin musste auf diesem Schiff sein. Es gab gar keine andere Möglichkeit. Er hatte das Gefühl, die Anwesenheit seines Freundes zu spüren, er musste nur lange genug suchen und Shin wäre wieder bei ihm. Vorsichtig betrat er einen dunklen, leeren Raum. Der Raum war nicht besonders groß, und es schien unwahrscheinlich zu sein, dass Menschen hier lebten, nur… der Raum roch bewohnt. Langsam drehte er sich um, als die Tür sich hinter ihm schloss. Der Blonde hatte hinter dem Kapitän gestanden, schien also irgendwie mit dem zusammenzuarbeiten. „Ich lasse mir nicht von dir drohen, klar?“, sprach er den anderen sofort forsch an. „Ach, Quatsch!“, wies Jin den Vorwurf leise ab. „Ich will mit dir reden. Shin schickt mich. Hier.“ Schnell zog er Shins Kettchen aus seiner Tasche und gab es dem Älteren. „Wo ist er? Ich muss ihn hier rausholen.“ Sanft strich Saga über das kühle Metall und sah den Blonden an. „Wie geht es ihm?“ „Bleib ruhig, ja? Er ist mit den anderen in einem Versteck und es geht ihm soweit gut. Du sollst dir keine Sorgen um ihn machen. Er ist zwar zweimal zusammengebrochen, aber unser Schiffsarzt kümmert sich um ihn und informiert euren noch.“ Unruhig atmete Jin durch. Wie sollte er Saga nur klar machen, dass er Shin noch nicht mitnehmen konnte? „Pass auf… Wenn du ihn heute direkt mitnimmst, wird es enormen Ärger geben, weil einer von uns dir den Weg gezeigt haben muss. Außerdem hat dein Hübscher einen wirklich raffinierten Plan. Wenn wir uns an seinen Plan halten, musst du meinen Freund und mich vielleicht aufnehmen, aber du hast ihn in ein paar Tagen wieder. Du musst nur noch ein wenig Geduld haben. Beschwörend sah Jin den Älteren an, nur schien der sich noch nicht ganz sicher zu sein. „Wie lautet sein Plan?“, meinte Saga schließlich leise. Schweigend standen Juri und Nao sich gegenüber. Die Stille war bedrückend, aber Nao wollte sich nicht dazu bewegen lassen, als Erster etwas zu sagen. Er wollte sich dem Jüngeren nicht einmal indirekt unterstellen und er konnte einfach nicht herausfinden, welche Absichten dieser verbarg. Auch wenn sie allein waren, wollte er nicht direkt über Shin sprechen. „Ich weiß, weshalb du hier bist“, begann Juri schließlich ruhig. „Dir sämtliche Details über Shins Zustand zu erzählen, würde zu lange dauern.“ Still hielt der Jüngere ihm einen Zettel hin, den er sich gleich einsteckte. „Hat es einen bestimmten Grund, dass du mir diese Nachricht zukommen lässt?“, fragte er ruhig und setzte sich auf die Liege, sah den anderen forschend an. Er verstand den jüngeren Arzt einfach nicht. „Jin hat es mir befohlen. Wobei, nein, er hat mich darum gebeten. Ich weiß nicht, was sie vorhaben, aber sie planen etwas. Ich mache gerade nur meinen Job. Übrigens steht da auch alles drauf, das ich unternommen habe, um ihn fit zu halten.“ „Wie steht es um die anderen?“ Unruhig wich der Silberhaarige seinem Blick aus. „Körperlich sind Wataru, Riku und Saki in bester Ordnung, psychisch… Die Gefangenschaft hat ihnen die Hoffnung zum Teil genommen, aber sie sind relativ ausgeglichen.“ „Das ist gut, aber das sind nur drei. Mit Shin vier. Ich bin schon lange Zeit dabei, ich habe viel mitbekommen. Was ist mit Tohya?“ Seufzend drehte Juri sich um und sah aus dem Fenster. „Ich will eigentlich nicht darüber reden, aber ich weiß, dass ihr ein Recht auf die Wahrheit habt.“ Misstrauisch beobachtete Nao die schlanke Person. Irgendetwas stimmte überhaupt nicht, aber der Silberhaarige schien zu leiden. „Tohya hat versucht zu fliehen, ist gescheitert, wurde hart bestraft und hat sich umgebracht“, meinte Juri leise und drehte sich zu ihm um. „Er hat eine Art Gifttabletten genommen. Als er umgekippt war, war er schon tot und ich konnte nichts mehr tun, um ihn zu retten.“ „Wie standst du zu ihm?“, fragte Nao vorsichtig. Es war offensichtlich, dass er sich auf dünnem Eis bewegte und das Thema dem Kleineren nicht egal war. „Das spielt keine Rolle“, wich der andere aus. „Das denke ich schon. Ich kenne jemanden, dem sein Schicksal auch nicht egal ist, und dieser jemand hat ein Recht, alles über Tohyas Tod und die Jahre seiner Gefangenschaft zu erfahren.“ „Na schön. Ich habe ihn geliebt“, erwiderte Juri ruhig. „Wir waren zusammen und in der Nacht vor seinem Tod war er bei mir.“ Verstehend nickte Nao und sah auf den Boden. Das erklärte, wieso der Jüngere ungern über das Thema sprach. „Anfängerfehler, wärst du im öffentlichen Dienst. Patienten sterben, du darfst also keine zu enge Bindung aufbauen. Aber da du nicht im öffentlichen Dienst bist, ist es egal.“ „Nao.“ Ruhig sah er Saga und den Offizier an und nickte. Er wusste, was er wissen musste, vorerst hatten sie auf diesem Schiff nichts mehr zu tun. Er sah Saga zwar an, wie ungern er Shin auf dem fremden Schiff ließ, aber der Kapitän war immerhin vernünftig. „Juri?“ Verwundert sah er zu Shin auf. Normalerweise dürfte es für den Jüngeren nicht so leicht sein, zu ihm zu kommen. Zwar waren Saki, Riku, Wataru und Shin wieder in ihr eigentliches ‚Zimmer‘ zurückgekehrt, aber die Ausgangssperre war vorher schon aktiv gewesen, und eigentlich galt sie auch nach wie vor. Wenn er sich den Braunhaarigen aber genauer ansah, war es egal, wie dieser zu ihm gekommen war. Er machte den Eindruck als bräuchte er dringend Hilfe. „Setz dich, Shin.“ Seufzend klappte Juri den Ordner zu und setzte sich neben dem Jüngeren auf die Liege, strich ihm vorsichtig ein paar Haarsträhnen aus der Stirn. „Was ist los?“ „Ich… Ich habe Angst“, gestand Shin und schloss die Augen. „Wenn wir erwischt werden… Ich will nicht so bestraft werden. Und was passiert mit dir und Jin und San? Und wenn wir hier wegkommen, wie soll es weitergehen? Ich weiß nichts mehr.“ Hilfesuchend sah er den Kleineren an. „Juri, mit einer Einschätzung hatte Shaura recht. Ich will geliebt werden, aber… Ich glaube nicht, dass Saga und ich einfach da weitermachen können, wo wir aufgehört haben. Sex… Jetzt bezogen auf hier habe ich genug von Gewalt. Wenn ich mich schon nicht wehre, muss man mich dann auch noch quälen? Ich will doch nur ein wenig Ruhe und vielleicht auch Zuneigung.“ Verständnisvoll strich der Schwarzhaarige ihm über die Wange, wartete aber weiterhin ab. „Juri, ich brauche Nähe und…“ Seufzend schüttelte Shin den Kopf über sich selbst. „Ich würde heute Nacht gern bei dir bleiben und… mit dir schlafen.“ „Äh, was?“ Überrascht zog der andere eine Augenbraue hoch. „Spinnst du jetzt irgendwie? Nein.“ „Bitte, Juri. Mir geht es großartig, aber ich brauche das. Bitte.“ Flehend sah er den Silberhaarigen an. Er konnte gut sehen, wie der Ältere mit sich kämpfte, aber er brauchte es wirklich. Er konnte nicht auf Juri Rücksicht nehmen, dieses eine Mal nicht. Langsam strich er über den Oberschenkel des anderen und ließ seine Hand unter dessen Shirt verschwinden, streichelte die weiche Haut. „Shin, nein. Du willst das ganz sicher nicht. Du liebst Saga, und ein paar Tage hältst du noch durch.“ Sanft strich der andere ihm über die Wange. „Das hat mit Saga nichts zu tun, auch nicht mit Liebe, sondern einfach… mit meinen Wünschen.“ Vorsichtig lehnte Shin sich zu dem anderen und sah ihn ruhig an. „Shin… Du weißt, dass das falsch ist.“ Beschwörend sah Juri ihn an, wirkte aber schon weniger entschlossen. „Falsch ist, was sich falsch anfühlt, wenn man es tut. Im Nachhinein kann alles falsch sein.“ Sanft küsste Shin den Arzt und sah ihn dann wieder an. „Du wirst nicht aufgeben, oder?“ Lächelnd strich der Kleinere ihm über die Wange. „Na gut. Unter der Bedingung, dass dein Freund mich nicht umbringt.“ „Wird er schon nicht.“ Shin war sich dabei zwar nicht so sicher, aber er wusste, was er wollte, und er wollte das auch bekommen. Auch wenn er Sagas Eifersuchtsanfälle kannte und wusste, dass er alles, das sie teilten, aufs Spiel setzte. _________________________________________________________________________________ Und kurz vor der Rettung wird Shin doch noch schwach. *seufz* Also, wie ihr euch vielleicht denken könnt, ist das nächste Kapitel nur für die Volljährigen oder die, die meine Hilfe hatten, lesbar. Folglich kommt Kapitel 15 nächste Woche Montag oder Dienstag, kommt darauf an, wie schnell die Freischalter und ich sind. Was soll ich groß zu diesem Kapitel sagen? Shin zweifelt an Saga, nach wie vor. Schon eine blöde Situation. Und trotzdem hat Shin die kleine Möglichkeit seiner Schonung deutlich abgelehnt. Noch ist Shins Plan ein riesiges Geheimnis, aber das wird sich noch auflösen, wenn es dann zur Flucht kommt. Ich wollte eben nur nichts vorweg nehmen. Schon wieder viel zu viel bla bla. Ich wünsche euch eine schöne halbe Woche (dieses Mal), schöne Ostertage und mehr Ruhe als ich habe. Renovierungsarbeiten sind nervig. >.< Hikari Kapitel 15: Pandara ------------------- Langsam ließ Shin sich auf das Bett drücken und seufzte zufrieden. Es war wirklich zu gut, um falsch zu sein, und er hatte es so gewollt. Er genoss es, als die kühlen Hände über seine Haut strichen. Im Vergleich zu den anderen auf diesem Schiff war der Silberhaarige viel angenehmer, dessen Haut und Lippen waren viel weicher, und sowieso… Er wollte das, was passierte. Er wollte mit Juri schlafen. Bestätigend nickte er und lächelte den Älteren an, als dieser den Kuss löste und sein Shirt etwas hoch schob. Zufrieden ließ er sich das Stoffstück über den Kopf ziehen und legte sich wieder hin. „Du bist wirklich schön.“ Shin lächelte leicht. Was sollte er dazu sagen? Lieber ließ er seine Hand unter das Shirt des Älteren wandern und schob den Stoff hoch. Er beobachtete, wie Juri sich ebenfalls des lästigen Stoffs entledigte und betrachtete den schlanken Körper. Ruhig legte er die Arme um dessen Nacken und sah ihm in die Augen. Genießend schloss er die Augen, als er die weichen Lippen wieder auf seinen spürte. Der Kuss war nur flüchtig, aber er wartete einfach einen Moment. Willig ließ er den Kopf zur Seite fallen, um dem Silberhaarigen mehr Spielraum zu lassen, als er die fremden Lippen an seinem Hals spürte. Er genoss die sanften Küsse auf seiner Haut und wollte einfach nur mehr davon. Es war schon viel zu gut, die zarten Berührungen wahrzunehmen, wie würde es dann erst sein, den anderen ganz zu spüren? Liebevoll strich er dem Kleineren durch die Haare, als der sich bis zu seiner Brust hinabgeküsst hatte. Er keuchte leise auf, als der Ältere über seine Brustwarze leckte und vorsichtig daran saugte. Ein warmes Kribbeln breitete sich in seinem Körper aus. „Juri“, murmelte er schwer atmend und drückte sich dem Kleineren etwas entgegen. „Schon gut. Gedulde dich.“ Lächelnd strich der andere über seine Brust und hauchte ihm einen Kuss auf den flachen Bauch. „Genieß einfach, was ich mit dir anstelle.“ Erschrocken sog er die Luft ein, als die fremde Zunge in seinen Bauchnabel tauchte und ihn so erzittern ließ. Er hatte jetzt schon das dumpfe Gefühl, dass Juri nur zu genau wusste, wie er seinen Spielgefährten in den Wahnsinn treiben konnte. Keuchend legte Shin den Kopf in den Nacken und konzentrierte sich auf die zärtlichen, fast zögerlichen Berührungen. Er spürte, wie der Druck seines Gürtels nachließ und seine Jeans geöffnet wurde. Ein erwartungsvolles Kribbeln breitete sich in seinem Körper aus. Entspannt strich Shin dem Silberhaarigen über den Kopf, als er seine Jeans losgeworden war. „Juri, bitte…“, seufzte er und lächelte leicht. Kurz darauf erschien der Arzt wieder über ihm und küsste ihn sanft. „Keine Angst, mein Hübscher. Ich weiß, weshalb du bei mir bist, aber dann richtest du dich auch ein wenig nach mir.“ „Und was willst du?“ Fest sah er den Kleineren an und verlor sich fast in den dunklen, glänzenden Augen. „Ich will dich an den Rand des Wahnsinns treiben und dich einfach nur genießen lassen. Es wird Zeit, dass du wieder einmal ein wenig Spaß an deinem Körper hast“, flüsterte der andere gegen seine Lippen und küsste ihn, leckte danach provozierend über seine Unterlippe. Ohne weiter darüber nachzudenken ließ er sich auf das leidenschaftliche Spiel ein. Trotzdem keuchte er unterdrückt auf, als er eine warme Hand in seinen Shorts spürte. Die Berührungen waren fast flüchtig, aber er hatte das Gefühl, seinen Körper nicht mehr beherrschen zu können. Außerdem spürte er die Gänsehaut, die sich auf seinem Körper ausbreitete. Leise stöhnend löste er den Kuss und legte den Kopf in den Nacken, ließ seine Arme aber um Juris Schultern ruhen und strich über die weiche Haut. Er hörte, wie der andere leise lachte und er spürte die kleinen Küsse, die auf seinen Hals gehaucht wurden. Es war nicht schwer, die Berührungen zu genießen und sich fallen zu lassen. Es fühlte sich einfach zu gut an. Wie gern hätte er es Juri gesagt, aber es gab manchmal keine Worte, um Gefühle zu beschreiben. Langsam leckte er über seine Lippen und keuchte tonlos auf. Ein enttäuschtes Seufzen verließ seine Lippen, als sich die warme Hand zurückzog. Kurz hauchte der Arzt ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ich glaube, jetzt solltest du auch einmal etwas tun. Du sollst gewisse Dinge sehr gut beherrschen.“ Eilig nickte Shin und richtete sich auf, beobachtete, wie Juri sich hinsetzte. Sofort krabbelte er neben den Arzt und küsste ihn vorsichtig, strich forschend mit seiner Zunge über die weiche Unterlippe des anderen und tastete sich langsam vor, als er den Einlass gewährt bekommen hatte. Zeitgleich machte er sich daran, die Hose des Kleineren zu öffnen und ihm den Stoff von den Hüften zu streifen, was dank dessen Unterstützung auch ganz gut klappte. Zärtlich strich er über den nackten Oberkörper und betrachtete die entblößte Haut, nachdem er dem Silberhaarigen auch noch die Shorts ausgezogen hatte. Sinnlich langsam küsste er sich den Hals hinab und stoppte erst an den Schlüsselbeinen, knabberte vorsichtig an der dünnen Haut, bevor er seine Lippen weiter abwärts streichen ließ und zart die empfindlichen Knospen reizte. Langsam strich er mit einer Hand über die warme Haut abwärts. Er spürte, wie der Ältere die Luft einsog, als er über dessen Erregung strich. Es wunderte ihn, wie empfindlich der andere reagierte, aber das machte es ihm nur leichter, diesen an den Rand der Selbstbeherrschung zu treiben. Lächelnd rutschte er zurück und legte seine Hand um die volle Länge, bevor er langsam über die Haut leckte. Er hörte Juris unterdrücktes Stöhnen und spürte, wie dieser ihm durch die Haare strich. Der Ältere schien nahezu ausgehungert zu sein. Ohne Zögern legte er seine Lippen um die Spitze und nahm das Glied in seinen Mund auf. Aus halb geöffneten Augen sah er den Silberhaarigen an und ließ sich von dessen Hand in seinen Haaren führen. Es war interessant, das Minenspiel des anderen zu beobachten und dessen Keuchen zu hören, und wenn Shin ehrlich war, war er unwahrscheinlich neugierig. Er wollte unbedingt wissen, wie der Ältere sich anfühlte. Behutsam zog Juri ihn hoch und drückte ihn flach auf das Laken, küsste ihn dann wieder liebevoll. „Genug, Süßer. Ich denke, es wird Zeit, zur Sache zu kommen.“ Zustimmend nickte Shin und schloss die Augen, während der andere ihm den letzten, schützenden Stoff auszog. Ausgiebig musterte der Kleinere ihn und küsste ihn dann wieder sanft. „Wunderschön.“ Zufrieden öffnete Shin die Augen einen Spalt und beobachtete, wie der andere eine Tube Gleitgel aus einer Schublade holte und diese öffnete, etwas von dem kühlen Gel auf seinen Fingern verteilte. Kurz verzog der Jüngere das Gesicht, als er die Fremdkörper mit dem kalten Mittel an seinem Muskel spürte, aber ihn störte daran eigentlich nur die Kälte. Es war doch ganz angenehm, wie der andere ihn massierte und streichelte, auch wenn es nicht Saga war, der ihn so berührte. Leise keuchte er auf, als sich ein schlanker Finger in ihn schob. Er war nicht bei Saga und gerade jetzt war er auch an diesem Ort ganz zufrieden. Er wollte und konnte Juri gar nicht mit seinem Freund vergleichen. Also hatte es auch keinen Sinn darüber nachzudenken, weshalb er die Gedanken mit einem genießenden Seufzen beiseiteschob. Leicht griff er nach dem Arzt und nickte, als dieser seine Hand nahm und ihm einen Kuss auf den Bauch hauchte. Er stöhnte unterdrückt auf, als sich ein weiterer Fremdkörper in ihn drängte. Aus purem Instinkt bewegte er sich gegen die Berührungen. Die Bewegungen der schmalen Finger fühlten sich einfach zu gut an, um falsch zu sein. Erschrocken keuchte er auf, als die Finger über den empfindlichen Punkt in ihm strichen und ihn so einen Moment ins Hohlkreuz gehen ließen. Provozierend rieb der Silberhaarige über seine Prostata und trieb ihn so fast in den Wahnsinn. Laut stöhnte er auf und spannte sich ein wenig an, spürte erst dann, wie Juris Berührungen nachließen. Zitternd sank er auf das Bett zurück und strich sich durch die Haare. „Oh Gott…“ „Geht’s?“ Beruhigend strich der Ältere über seinen Handrücken. „Alles gut. Jetzt mach, verdammt!“ Ungeduldig bewegte er sich gegen die Fremdkörper und keuchte leise auf. Fest schob sich ein dritter Finger in ihn, was ihn erschrocken den Kopf in den Nacken legen und aufstöhnen ließ. Trotzdem hörte er nicht auf, sich gegen die schlanken Finger zu bewegen. Unzufrieden keuchte er auf, als sich die Fremdkörper plötzlich komplett aus ihm zurückzogen und eine unangenehme Leere hinterließen. „Na komm, Schätzchen.“ Langsam ließ er sich von dem anderen hochziehen und drückte seine Lippen auf dessen, forderte ihn zu einem kleinen Wettkampf heraus. Es war angenehm zu spüren, wie der andere sein Reich erforschte und mit ihm spielte, aber sein Körper verlangte nach mehr. Willig ließ er sich von dem Arzt auf alle viere dirigieren und schob sich diesem entgegen. „Entspann dich. Ich sorge schon dafür, dass du Spaß hast.“ Vorsichtig spürte er den Druck auf seinen Muskel, bevor Juri in ihm versank. Ein erregtes Stöhnen verließ seine Lippen, woraufhin er sich dem Kleineren entgegendrückte. Während Juri langsam in ihn zu stoßen begann, sog er zischend die Luft ein und entließ sie wieder aus seinen Lungen. Fest spürte er die warmen Hände an seinen Hüftknochen, die ihn von seinen Gegenbewegungen abhielten. Shin presste seine Lippen zusammen und ließ den Kopf etwas hängen, während die Stöße schneller und rhythmischer wurden. Juris Nähe war ungewohnt, aber der andere war ein großartiger Liebhaber, und wäre er nicht in einer Beziehung gewesen, hätte Shin vielleicht in Erwägung gezogen, dauerhaft etwas mit dem Arzt anzufangen, aber so… Er genoss gerade einfach nur das Gefühl, begehrt zu werden und einem Menschen ohne Gewalt nah zu sein, auch wenn es nur körperliche Nähe war. Unterdrückt stöhnte er auf und stemmte sich gegen den Kleineren, der ihm über den Rücken kratzte und endlich zuließ, dass er sich mitbewegte. Es tat einfach zu gut. Zischend entließ er die Luft aus seinen Lungen und warf den Kopf in den Nacken, als wieder sein Lustpunkt getroffen wurde. Verlangend sah er den Älteren über die Schulter an und leckte sich über die Lippen. Er spürte, wie der Silberhaarige daraufhin härter in ihn stieß, und stöhnte leise auf, bevor er sich etwas hochstemmte. Unzufrieden murrte Shin, als der Ältere sich aus ihm zurückzog, ließ sich aber umdrehen und auf das Laken drücken. Sanft spürte er die weichen Lippen auf seinen und erwiderte den Kuss. Ein leises Stöhnen verließ seine Lippen, als der Kleinere wieder in ihn drang. Schwer atmend drehte er den Kopf zur Seite und stöhnte, als der andere hart in ihn stieß. „Juri, verdammt“, brachte er atemlos hervor und schob sich gegen den Arzt. Die Hitze in ihm wurde langsam aber sicher unerträglich. Er wollte endlich erlöst werden, und er war sich fast todsicher, dass der Kleinere das auch bemerkte. Erschrocken krallte er sich in das Laken, als er die warme Hand an seinem Glied spürte und der andere ihn zu massieren begann. Zitternd fuhren seine Hände über den Stoff, auf dem er ruhte, um Halt zu finden, und gruben sich immer wieder in das weiche Material. Er wusste, dass er sich nicht mehr lange zurückhalten konnte. „Komm, wenn du willst“, raunte der andere ihm zu und leckte über seine Lippen. Sein ganzer Körper spannte sich kurz darauf an und seine ganze Lust entlud sich in der Hand des anderen. Er hörte das fremde Stöhnen vermischt mit seinem eigenen, nur konnte er sich nicht auf den Arzt konzentrieren, er war viel zu sehr mit seinem eigenen Körper beschäftigt. Er spürte kurz danach, wie der Kleinere zitternd auf ihn sank. Der übereilte, warme Atem traf auf die Haut an seinem Hals, aber es war nicht schlimm. Genauso wenig wie es schlimm war, die warme Flüssigkeit in sich zu spüren. Sanft strich er dem Älteren über den Rücken und wartete einfach ab. Es dauerte zwar ein paar Minuten, bis sich ihre Körper beruhigt hatten, aber er genoss die Zeit, bis der andere sich ein wenig hochstemmte und ihn erschöpft anlächelte, ihn sanft küsste und sich langsam zurückzog. „Du bist der Hammer“, flüsterte der Silberhaarige ihm zu und lachte leise, bevor dieser sich neben ihn sinken ließ. „Gott, klingt das dämlich. Aber es stimmt. Dein Freund kann sich wirklich glücklich schätzen.“ „Das tut er ganz bestimmt. Bei ihm ist noch mehr wichtig als die Tatsache, dass ich ganz hübsch und ein guter Bettgefährte bin. Aber lass uns lieber nicht darüber reden.“ Seufzend kuschelte Shin sich an den Arzt und schloss die Augen. „Er hat mich bald zurück, aber jetzt gerade, bin ich… ganz und gar bei dir.“ Lächelnd strich Juri ihm über die Wange. „Wenn ich dir sage, dass ich dich lieb habe, setzt du das nicht mit einem Liebesgeständnis gleich, oder?“ Zufrieden schüttelte Shin den Kopf und lächelte den Silberhaarigen an. „Den Unterschied zwischen ‚Hab dich lieb‘ und ‚Ich liebe dich‘ kenne ich.“ „Gut. Ich hab dich lieb, Shin. Hoffentlich funktioniert dein Plan. Und du wirst glücklich.“ Zart küsste der Ältere ihn auf die Stirn. „Du kannst ruhig schlafen, wenn du möchtest. Ich halte dich fest, bis du los musst.“ _________________________________________________________________________________ Tut mir leid, dass das Kapitel so spät ist. Ich hab's auch nicht noch einmal überarbeitet, weil ich heute viel um die Ohren hatte. Japanischunterricht und Organisationskram, weil meine Oma nach drei Jahren Krankheit gestorben ist, demnach ging heute alles etwas durcheinander. >.< Ich hoffe, es gefällt trotzdem, das reguläre Kapitel kommt Freitag früher als dieses jetzt. Hikari Kapitel 16: Juuroku ------------------- Shin seufzte leise. Jemand strich ihm durch die Haare, und er bemerkte durchaus den warmen Körper, an dem er ruhte. Er wusste, dass er neben Juri lag, und es war auch kein schlechtes Gefühl. Viel schlimmer war sein schlechtes Gewissen. Er hatte in einer spontanen Aktion freiwillig mit Juri geschlafen. Er hatte Saga betrogen, obwohl er es nicht hätte tun müssen. Wie sollte er Saga das jemals beichten oder sich sogar vor diesem rechtfertigen? Es würde sowieso nicht ganz leicht sein, einfach so wieder mit diesem zusammen zu sein, und dann hatte er sich auch noch auf einen anderen eingelassen. Natürlich war er ein Mensch wie jeder andere und wurde von seinen Bedürfnissen gesteuert, seine Gefühle spielten ebenfalls eine bedeutende Rolle, und manchmal wurde der Verstand von Gefühlen und Bedürfnissen überlagert. Es hatte sich nicht falsch angefühlt, von Juri berührt zu werden und diesen zu spüren, es war also auch nicht falsch gewesen, aber es war seinem Freund gegenüber einfach nicht fair gewesen. Er wusste, dass er bereuen sollte, was passiert war, aber trotz seinem schlechten Gewissen wollte sich die Reue nicht einstellen. Er konnte es um Juris Willen nicht bereuen, auch wenn er es wegen Saga tun sollte. „Shin, ich weiß, dass du wach bist.“ Er hörte das Lächeln in der Stimme des Kleineren förmlich, aber was sollte er dazu sagen? Sich weiter schlafend zu stellen war sinnlos. Also blinzelte er müde und sah verschlafen zu dem Arzt auf. „Was ist?“ „Das würde ich dich gern fragen. Wie fühlst du dich?“ Liebevoll strich der andere ihm über die Wange. „Müde“, antwortete er prompt und schloss die Augen wieder. „Das sehe ich dir an, aber du bist so… ruhig. Es geht um letzte Nacht, richtig?“ Seufzend nickte Shin, sah den anderen aber nicht an. Juri als Kissen zu missbrauchen war viel gemütlicher. „Bereust du es?“ „Nein“, beantwortete er die Frage wahrheitsgemäß und wartete einen Moment, bis er hinzufügte: „Du würdest es wissen, wenn ich es bereuen würde.“ „Was ist dann los?“, hakte der Kleinere weiter nach. Ergeben seufzte Shin. „Meine Vernunft sagt mir, dass es falsch war, aber ich kann es nicht bereuen. Um jetzt mal Klartext zu reden, wir hatten Sex, meiner Meinung nach sogar guten, und es hat sich nicht falsch angefühlt. Ich hatte dieses Bedürfnis nach Liebe und Zärtlichkeit und du hast es erfüllt. Ich wollte es, also muss ich damit leben“, meinte er leise. „Ich muss mit dem Wissen leben, meinen Freund betrogen zu haben. Das ist das, was mir leid tut. Ich will ihm nicht wehtun, das wollte ich nie, aber ich kann auch nicht immer nur nach ihm gehen. Ich habe auch Bedürfnisse. Nur ändert das nichts daran, dass ich ihn liebe. Ich hoffe, dass er das weiß und im Kopf behält, wenn ich mit ihm rede.“ „Wenn er dich zu schätzen weiß, wird er dir verzeihen.“ Sanft küsste Juri ihn auf die Stirn und kraulte ihm den Nacken. „Besonders, wenn er deine Liebe zu schätzen weiß. Du hast lange durchgehalten und du hast Shaura in seine Schranken verwiesen.“ Seufzend setzte Shin sich auf und strich sich durch die Haare, wischte sich über die Augen. „Saga kann ziemlich eifersüchtig sein. Und ich befürchte, dass ich ein großes Problem bekomme.“ „Oh Gott… Jeden Moment geht es los.“ Nervös pustete Saki sich drei Tage später eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Stimmt“, meinte Jin und steckte den Schlüssel in seine Tasche. „Ihr müsst warten, bis ihr uns hört, dann müsst ihr nur zusehen, dass ihr von Bord kommt. Werdet ihr bemerkt, folgen San und ich euch einfach. Bleibt auf jeden Fall ganz ruhig, egal, was passiert. Dreht euch nicht nach uns um. Es wird schon alles gut gehen.“ „Ich wünschte ich könnte so optimistisch sein“, seufzte Shin und legte den Kopf in den Nacken. „Es ist mein Plan, und meine Pläne sind noch nie aufgegangen.“ Beruhigend nahm Wataru ihn in den Arm und strich ihm über den Kopf. Es tat gut, zur Ruhe zu kommen, aber die Angst konnte der Blonde nicht vertreiben. Wenn sie tatsächlich nicht entkommen könnten, wäre es eine Katastrophe. „Kopf hoch, Shin. Das klappt schon.“ Freundschaftlich klopfte Jin ihm auf die Schulter und verließ den Raum. „Na komm.“ Langsam führte Wataru ihn zur Tür, ließ aber einen Arm um seinen Körper liegen. „Weißt du, Shin, selbst wenn dein Plan nicht aufgeht, schlimmer kann es nicht mehr werden. Selbst wenn wir hier nicht wegkommen, wir haben es dann wenigstens versucht. Und du hast Saga immer geliebt. Du konntest ihm zwar nicht treu sein, aber du hast ihn nie freiwillig betrogen.“ Traurig seufzte Shin und sah den Blonden an. „Dazu muss ich etwas gestehen. Ich…“, begann er leise und brach dann kurz ab. „Ich habe vor vier Tagen doch die Nacht nicht hier verbracht, weil es mir nicht so gut ging. Ich war bei… Ich habe mit Juri geschlafen“, gab er leise zu. „Du hast was?!“, entkam es Saki geschockt. „Ich hatte Sex mit Juri“, wiederholte er lauter und sah den erstaunten Braunhaarigen an. „Freiwillig? Oder hat der dich dazu gezwungen?“, fragte Riku scharf. „Freiwillig“, beantwortete Shin die Frage ruhig. „Und ich habe es genossen. Es war wirklich schön und ich habe es in dem Moment so gebraucht.“ „Und deswegen betrügst du deinen Freund?!“, meinte Saki gereizt. „Halt die Klappe!“, wies Wataru diesen zurecht und strich Shin sanft über den Rücken. „Ich glaube, Shin hat so schon ein schlechtes Gewissen. Du musst ihm nicht auch noch Vorwürfe machen. Außerdem bist du nicht in der Position, Shin auch nur irgendetwas vorwerfen zu können. Du bist nicht sein Freund.“ „Könnt ihr das bitte irgendwann anders ausdiskutieren?“, unterbrach Riku sie und seufzte genervt. „Wir hauen gleich ab und ihr meint jetzt wirklich, streiten zu wollen? Das ist doch bescheuert!“ Unruhig nickte Shin und lauschte auf die Geschehnisse. Er hörte Jin und San, die vor der Tür die Wache übernommen hatten, leise miteinander reden. Auch für sie ging es um eine ganze Menge, es durfte einfach nichts schief gehen. Die Schritte der beiden entfernten sich und kurz darauf hörte er Jins Stimme: „Von Süden nähert sich ein fremdes Schiff!“ Nervös atmete Shin durch und lauschte auf die Schritte und den entstehenden Lärm, den die Crew verursachte. Vorsichtig öffnete er die Tür ein Stück und sah durch den Spalt. Es war nur zu hören, wie scheinbar alle an der besagten Schiffseite waren. „Also los“, flüsterte er den anderen zu und schlich durch den Spalt. Niemand sah zu ihnen, nur Jin und San zogen sich langsam zurück. „Schnell jetzt!“, murmelte Wataru und schob ihn vorwärts. Sein Herz raste wie verrückt, während er sich an der Wand entlang zur Reling bewegte. Auf der entgegengesetzten Seite mussten sie von Bord, sie würden so gut wie möglich um das Schiff herumschwimmen, während Saga auf die Bloody Night schießen ließ und diese so in die Flucht jagte. Es war nicht mehr weit. Sie würden es schaffen, und… „Hey! Die hauen ab!“ Erschrocken zuckte Shin zusammen und sah in die Richtung, aus der der Ruf kam. „Lauf!“, fuhr Wataru ihn an und schubste ihn vorwärts, stürmte dann aber schon mit Riku und Saki los. Wie in Trance folgte er den anderen und blieb auf der Reling stehen, drehte sich panisch um. „Jin! San!“ „Ja, wir sind ja da!“ Ohne Vorwarnung schubste San ihn von der Reling in das Wasser. Er hörte Schüsse aus Gewehren, denen der laute Knall von Kanonen weiter entfernt folgte. Das Wasser war ziemlich kalt und er begann zu zittern, als er wieder auftauchte. Hektisch sah er sich um. Wataru, Saki und Riku waren schon dabei, um das Schiff zu schwimmen, San und Jin schienen aber noch anderweitig beschäftigt zu sein. Schnell schwamm er zu ihnen und sah Jin an. „Was ist los?“ „San wurde angeschossen“, erklärte der Blonde und ließ zu, dass sein Freund sich auf ihm abstützte. Ohne weiter nachzudenken schwamm Shin an Sans andere Seite und legte einen Arm um ihn, zwang den Blauhaarigen so, sich zusätzlich noch auf ihn zu stützen. Schnell nickte er Jin zu und bewegte sich langsam vorwärts, immer noch mit dem Offizier die menschliche Last tragend. Er hörte, wie Mana den Befehl gab: „Lasst sie! Wir müssen hier weg!“ Er sah, wie Wataru und die anderen auf sie warteten, und umso mehr strengte er sich an, zu diesen zu kommen. „Alles okay?“, fragte Riku ruhig. „San wurde angeschossen, aber sie geben auf“, erwiderte Jin und versuchte, seinen Freund ein wenig höher zu halten, um die Wunde an der Schulter nicht zu sehr mit dem Salzwasser in Berührung kommen zu lassen. „Ich würde sagen, wir schwimmen der Rose entgegen“, meinte Saki. „Wenn es geht zumindest.“ San nickte stur. „Das wird gehen. Denke ich.“ Jin seufzte und zog San halb über sich. „Dann los. Ich hoffe, euer Arzt ist gut.“ „Ist er“, lachte Shin und schwamm einfach los. Er fühlte sich auf einmal so leicht. Alles war gut ausgegangen, jetzt mussten sie nur noch an Bord der Dark Rose kommen und er war wieder bei seiner Familie. Bei seinen Freunden. Und bei seinem Freund. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie das große Schiff erreichten, aber er wusste, dass es nur ein paar Minuten gewesen sein konnten. Er hielt die Strickleiter fest gespannt, während Saki, Wataru und Riku an Bord kletterten. Nur wurde es jetzt schwieriger. „Erst muss San hoch, dann du, Jin“, beschloss Shin. „Du kannst ihn besser stützen als ich. Ich komme dann nach.“ Er seufzte erleichtert, als Jin nickte und San etwas hochschob. Natürlich war das ein Grund, aber trotz der Vorfreude brauchte er noch einen Augenblick Zeit. Wie sollte er sich gegenüber Saga verhalten? Das Beste war wahrscheinlich, einfach so weiterzumachen wie vorher und zu warten. Seine Probleme würden sich schon lösen, wenn die Zeit gekommen war. Es würde sich schon alles fügen, wenn er nur lange genug wartete. Seufzend beobachtete er, wie Jin San über die Reling half und selber hinüber kletterte. Jetzt war er dran und er konnte und wollte es nicht mehr hinauszögern. Das Wasser war langsam wirklich kalt und er wollte auch wieder ins Trockene. Langsam zog er sich an der Leiter ein Stück hoch, bis seine Füße auf die Querstriemen kamen, kletterte dann höher. Seine Kleidung fühlte sich ungewöhnlich schwer an, der Wind sorgte dafür, dass er zu zittern begann und einen Moment innehielt, bevor er weiterkletterte. Er hatte das Gefühl, seine Muskeln gäben jeden Moment auf und er würde zurückfallen, aber er zwang sich weiter zu klettern, bis er die Reling erreichte. Er spürte, wie Tora und Kazuki ihn an Bord zogen und dafür sorgten, dass er nicht zu hart auf das Holz fiel. Zitternd zog er seine Beine an, um sich etwas warm zu halten. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als jemand ihm erst ein Handtuch und dann eine Wolldecke um die Schultern legte, ihn dann noch an den warmen Körper zog. „Saga…“ Vorsichtig sah er zu dem Älteren auf und schmiegte sich an den anderen. Es fühlte sich immer noch wahnsinnig gut an, den Körper des Größeren nah und wärmend an seinem zu spüren. „Ist gut, Kätzchen. Ich bin bei dir. Es tut mir leid. Ich hätte besser aufpassen müssen. Ich…“ „Saga?“ „Ja?“ „Halt die Klappe.“ „Okay.“ Liebevoll strich der Kapitän ihm durch die Haare und hielt ihn fest. Langsam wurde ihm auch wieder wärmer, aber er hatte das Gefühl, er sollte seine nasse Kleidung gegen trockene austauschen. Er wollte nicht unbedingt krank werden. „Ich liebe dich, Shin.“ „Ich dich auch“, flüsterte er zurück und schloss die Augen. Es war sogar die Wahrheit, an seinen Gefühlen hatte sich nichts geändert. Auch wenn er mit Juri Sex gehabt hatte, er liebte Saga, nicht Juri oder jemand anderen. Sanft streichelte Saga seinen Freund und legte seine Wange an dessen nasses Haar. Endlich hatte er Shin wieder bei sich, was kümmerte es ihn, wenn er nass wurde? Sicher wusste er noch nicht, wie weit Shins Gefangenschaft diesen gezeichnet hatte, aber jetzt war der Jüngere wieder in Sicherheit. „Ich habe dich vermisst“, flüsterte er und schloss die Augen. Es war einfach schön, Shin wieder bei sich zu haben, und der Kleinere lebte noch, schien körperlich sogar relativ unversehrt zu sein. Er hatte Shin nicht nur vermisst, seine Sorge war immer größer geworden. Jetzt konnte Shin nichts mehr passieren. Verwundert beobachtete Riku Saga und Shin und zog die Decke etwas fester um seine Schultern, während Nao sich um San kümmerte und Tora mit Jin sprach. Im Augenblick schien niemand so recht zu wissen, was er tun sollte, aber jeder wollte etwas tun. Nur Saga kümmerte sich anscheinend um alles außer Shin einen Scheißdreck. „Tora“, unterbrach er dessen Gespräch mit dem blonden ehemaligen Offizier, „was ist mit Saga passiert?“ Lächelnd zuckte der Schwarzhaarige mit den Schultern. „Was soll passiert sein? Er kennt Shin nicht einmal ein Jahr, aber er liebt den Kleinen über alles. Die beiden haben auch schon das eine oder andere zusammen durchgestanden. Das verbindet.“ „Aber Saga wollte keine Beziehung, soweit ich weiß.“ „Riku… Ja, er wollte keine Beziehung, aber er hat sämtliche Gegenwehr eingestellt, als er bemerkt hat, dass er schon verloren hatte. Shin ist für ihn zum Zentrum seines Lebens geworden, er tut alles, um Shin glücklich zu machen“, erklärte Tora. „Shin war da und Sagas Leben stand Kopf. Dass er sich verliebt hatte, wussten eigentlich alle, bevor er es zugegeben hat. Ob er es schon wusste, ist fraglich.“ „Wie konntet ihr das vor ihm wissen?“ Zweifelnd zog Riku eine Augenbraue hoch. „Weil Saga sich so extrem verändert hatte und fast explodiert ist, wenn jemand Shin an die Wäsche wollte. Außerdem wollte Saga es sich lange Zeit nicht eingestehen. Du kennst ihn doch auch gut genug.“ „Eben deswegen habe ich Shin nicht geglaubt, als er erzählt hat, dass er mit Saga zusammen ist und Saga ihn über alles liebt“, begründete er seine Frage. „Aber ich glaube, wenn ich die beiden so sehe… Saga liebt Shin wirklich.“ Vorsichtig hob Saga Shin hoch und brachte ihn in eines der Bäder. Der Jüngere musste wieder auftauen, und am Besten wäre es, wenn er erst einmal duschte und sich danach mit trockener Kleidung in eine Wolldecke kuschelte, sich vielleicht noch zusätzlich unter eine Bettdecke legte. „Du kannst dich schon ausziehen, ich hole dir frische Kleidung.“ Sanft strich er dem Jüngeren über die Wange und küsste ihn auf die Stirn. Danach ging er schnell in Shins Zimmer, nachdem der Kleinere zustimmend genickt hatte, und suchte in dessen Kleiderschrank nach etwas Anziehbarem. Es war draußen nicht kalt, zumindest nicht, wenn man nicht pitschnass war. Also sollte die Kleidung nicht zu dick sein. Seufzend griff er nach einer Jeans und einem dünnen Pullover. Falsch machen konnte er damit schon mal nichts. Frische Unterwäsche und Socken würden Shin sicherlich auch gut gefallen. Mit den Sachen auf dem Arm machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Freund. Natürlich fragte er sich, was Shin passiert war und wie es ihm ergangen war, aber er vertraute darauf, dass sein Freund sich ihm anvertrauen würde. Er vertraute Shin und Shin vertraute ihm, warum sollte der Jüngere also nicht mit ihm reden? Skeptisch sah er Shin an, als er das Bad wieder betrat. Der Kleinere trug einen schwarzen, seidenen Bademantel, den er locker zugebunden hatte. Darunter schien er nichts mehr zu tragen. Aber seit wann trug Shin vor dem Duschen einen Mantel, besonders, wenn niemand außer ihm, Saga, den Raum betreten würde? Das war eigentlich lächerlich. Er hatte den Jüngeren schon oft genug nackt gesehen, ihn berührt und an seine Grenzen getrieben. Es gab einfach keinen Grund, aus dem der Kleinere sich schämen musste. Ruhig legte Saga den Kleiderstapel auf einem Hocker ab und ging auf seinen Freund zu, zog diesen vorsichtig an sich und strich ihm über den Rücken. „Was ist los?“, flüsterte er dem anderen zu und schloss die Augen. „Du musst mir nichts erzählen, wenn du nicht willst. Ich will dich zu nichts zwingen, aber ich kann dir nicht helfen, wenn du mir keinen Einblick in deine Welt gewährst.“ „Du weißt nicht, wie es war. Du weißt nicht, wie ich mich gefühlt habe. Du hast keine Ahnung, was für eine emotionale Achterbahnfahrt das war. Und ich kann nichts davon erklären, weil ich es nicht in Worte fassen kann.“ Zittrig befreite der Kleinere sich aus der Umarmung und wandte ihm den Rücken zu, ließ den weichen, schwarzen Stoff von seinen Schultern gleiten. Auch wenn Saga nur einen Teil des schlanken Körpers sehen konnte, musste er schlucken. Vorsichtig strich er über die aufgerissene Haut und betrachtete die Striemen, zog den Stoff, den der andere mit den Armen oben hielt, noch etwas tiefer und sah sich den nackten Rücken an. „Oh mein Gott“, murmelte er fassungslos. „Das sind… Kratzspuren, Peitschenstriemen und… Schnitte, Blutergüsse und… Scheiße, Shin… Was ist mit dir passiert?“ Langsam drehte Shin sich um. Saga konnte das gefährliche Glitzern in den dunklen Augen des anderen sehen. Es tat ihm weh, seinen Freund in so einer Verfassung zu sehen. „Prügel, Folter… und noch mehr. Ich kann dir nicht erklären, was genau passiert ist, aber du würdest es auch nicht verstehen. Das ist etwas, das du nie begreifen wirst.“ „Shin, es… Das alles ist meine Schuld. Ich hätte dich beschützen müssen. Ich hätte es vorhersehen und dich in Sicherheit bringen müssen. Es tut mir so unendlich leid.“ „Die Gefangenschaft war nicht das Schlimmste. Viel schlimmer war das Gefühl…“ Traurig sah Shin ihn an und versuchte durchzuatmen. „Viel schlimmer war das Gefühl, dir egal zu sein. Weil du so lange keine Anstalten gemacht hast, mich zu befreien.“ Beruhigend strich Saga dem Jüngeren über den Rücken und legte seine Stirn an dessen. „Du weißt, dass du mir nicht egal bist. Jeder andere, aber nicht du. Ich habe Renos Anweisungen ignoriert, um dir zu helfen. Shin, wenn ich die Wahl zwischen deinem Glück und meinem Leben hätte, würde ich sterben, weil… Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Wenn ich dich verliere, verliere ich alles.“ Schwach zuckte Shin mit den Schultern. „Der Verstand kann den Gefühlen nicht standhalten. Die Zweifel… waren einfach zu stark. Weißt du, wie schlimm das war? Und ich konnte nichts tun, ich…“ Erschrocken brach er ab und ließ den Satz im Raum stehen. „Du? Was hast du getan?“ Sanft strich Saga ihm einige Haarsträhnen aus der Stirn, sah ihn aber fest an. „Ich habe mich gerettet, indem ich mir das geholt habe, was ich gebraucht habe“, gestand Shin leise. „Ich hatte mich mit dem Schiffsarzt angefreundet und letztendlich habe ich mit ihm geschlafen.“ Still strich Saga dem anderen durch die Haare. Was sollte er zu dem Geständnis sagen? Natürlich freute er sich nicht darüber, dass sein Freund ihm fremdgegangen war. Natürlich schmerzte es. Aber er hatte nicht das Recht, Shin etwas vorzuwerfen. Er war selber Schuld, und hätte er Shin durch die Entführung verloren, hätte er zwar alles daran gesetzt, diesen zurückzubekommen, aber er hätte die Verantwortung bei sich suchen müssen. „Saga, es… tut mir leid. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich habe… Nähe und Zuwendung gebraucht.“ Unsicher sah Shin ihn an. „Bist du sehr sauer?“ Ohne etwas zu sagen beobachtete Saga die einzelne Träne, die dem Jüngeren über die Wange lief und wischte diese weg. „Ich werde keine Party schmeißen, weil ich mich so freue, aber es ändert für mich nichts. Ich liebe dich, Shin, und das hört nicht einfach so auf. In der Zeit, in der du nicht hier warst, ist es sogar noch stärker geworden. Du bist mir einfach zu wichtig als dass ich dich aufgeben könnte.“ Fest hielt er den schlanken Körper an sich gedrückt und atmete den angenehmen Duft des anderen ein. Er hatte seine über alles geliebte Droge endlich wieder. Shin seufzte leise und zog die Bettdecke höher. Das Gespräch mit Saga hatte ihn aufgewühlt, und umso glücklicher war er, erst einmal allein sein zu können. Er musste irgendeine Entscheidung für sich selbst treffen. Es konnte nie wieder alles so werden, wie es gewesen war. Konnte er aber nach all dem überhaupt noch eine Beziehung führen? Gab es eine Möglichkeit, irgendwann alles wieder normal anzugehen? Früher oder später würde er wieder mit Saga schlafen wollen und auch müssen, wenn er seinen Freund nicht verlieren wollte. Er musste Saga absolut vertrauen, auch wenn es nicht einfach wäre. Neugierig sah er zur Tür, als es klopfte. Er wusste, dass der Kapitän die Anweisung gegeben hatte, ihn vorerst in Ruhe zu lassen, weil er sich ausruhen sollte. Also gab es nicht allzu viele Möglichkeiten, wer ihn besuchen wollte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als Nao schnell den Raum betrat und auf ihn zukam, ihn fast sofort in den Arm nahm. „Schön, dass du wieder hier bist“, flüsterte der Ältere ihm zu und sah ihn aufmerksam an. „Wie fühlst du dich?“ „Ganz gut, danke“, erwiderte er leise und ließ sich auf das Bett drücken. „Wie geht es den anderen?“ „Abgesehen von San sind sie alle unverletzt und San… Er ist zwar eingeschränkt, weil er seinen Arm und seine Schulter schonen muss, aber es geht ihm ganz gut. Er ruht sich gerade aus.“ Behutsam strich der Arzt über seine Hand. „Kätzchen, ich will wissen, wie es dir geht. Nicht körperlich. Dein Körper hält mehr aus als deine Seele, also… Ich mache mir weniger Sorgen um deinen Körper als um deine psychische Gesundheit. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du das nicht einfach so wegsteckst.“ Unruhig kaute Shin auf seiner Unterlippe herum und wich dem ruhigen, wachsamen Blick aus. Er wollte nichts dazu sagen, weil er wusste, dass Nao nicht locker lassen würde. Weil dieser genau wusste, dass er richtig lag. „Shin, ich will dich nicht zum Reden zwingen, aber du weißt, dass ich dir helfen kann. Ich kann nicht mehr tun, als dir meine Hilfe anzubieten. Ich bin zwar kein Psychologe, aber ein wenig Ahnung habe ich schon. Außerdem… Ich kann mir gut vorstellen, dass du über einige Dinge nur ungern mit Saga reden möchtest.“ Shin seufzte gequält und schloss die Augen. „Es gibt Dinge, über die ich gar nicht reden kann“, brachte er leise hervor. „Es spielt keine Rolle, mit wem ich reden soll, es tut einfach zu weh. Ich will nur vergessen.“ „Du hast schon eine Vergewaltigung mit Sagas Hilfe verarbeitet. Du weißt doch genau, dass Verdrängung auf Dauer keinen Sinn hat“, gab Nao zu bedenken und legte sich neben ihn, nahm ihn tröstend in den Arm. „So schlimm kann es nicht sein. Du wirst es wieder irgendwie mit Sagas Unterstützung hinbekommen. Er wird alles tun, um dir zu helfen, und du hast auch so ziemlich alle anderen hinter dir stehen.“ „Du hast keine Ahnung!“, fuhr Shin auf und schluchzte leise. „Es war schlimmer als die eine Sache mit Akito! Niemand kann mich verstehen, höchstens Riku, Wataru und Saki könnten es versuchen, aber die haben sich so brav gefügt, dass sie keine Ahnung haben, wie es einen quält!“ Beruhigend hielt Nao ihn fest und drückte seine Hand, wartete einfach, bis er sich ein wenig beruhigt hatte. „Shin, ich weiß nicht, was dir passiert ist, aber ich werde es nie wissen, wenn du mir keine Chance gibst. Außerdem weißt du genau, dass du nicht so allein bist, wie du denkst. Du fühlst dich einsam und unverstanden, aber das bist du nicht.“ Liebevoll strich der andere ihm durch die Haare. „Nein, Nao. Ich bin zwar nicht allein, aber niemand kann mich verstehen. Genau das ist ja das Hauptproblem. Und… Ich kann mich niemandem verständlich machen. Ich…“ „Ist schon gut. Du weißt, ich bin immer für dich da, wenn du reden willst. Aber jetzt sind wir beide still und freuen uns, dass dein Albtraum vorbei ist.“ Shin nickte leicht und schloss die Augen, schmiegte sich an den warmen Körper und genoss die Nähe. Er hatte zu Nao schon immer ein gutes Verhältnis gehabt, besonders, da der Arzt sich von Anfang an immer gut um ihn gekümmert hatte. Er war dem anderen sehr dankbar und er wusste, dass er diesem viel schuldete. Würde Nao ein Interesse daran haben, ihn zum Reden zu zwingen, musste er es nur einfordern und Shin würde reden, auch wenn es ihn fast umbringen würde. Würde Saga ihn dazu zwingen wollen, würde er ebenfalls reden. Er wollte nicht, dass Saga ihm irgendwann Vorwürfe machte oder ihn bemitleidete, ohne wirklich zu wissen, was passiert war. „Nao?“ Erwartungsvoll sah Saga den Älteren an, seufzte aber, als dieser den Kopf schüttelte. „Es geht ihm nicht besonders gut, aber er schweigt“, erklärte der Arzt und setzte sich neben ihn. „Aber warum? Er weiß doch, dass wir ihm nur helfen wollen.“ Deprimiert legte er den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Shin redete eigentlich über alles mit Nao, aber wenn der nichts mehr rausbekam, kam niemand mehr an Shin heran. „Er fühlt sich unverstanden“, meinte der Arzt und nahm freundschaftlich seine Hand. „Niemand von uns weiß, was er durchmachen musste. Dadurch fühlt er sich mit seinen Problemen allein gelassen. Er ist mit seinen Gefühlen und Gedanken völlig überfordert. Aber ich kann dich beruhigen, er ist nicht sauer auf dich. Er braucht dich jetzt auch viel zu sehr.“ „Aber wie soll ich ihm zur Seite stehen, wenn ich ihn nicht trösten und auffangen kann? Er muss mit mir reden, damit ich ihm helfen kann.“ „Nicht unbedingt.“ Nachdenklich sah Nao in die Ferne. Er wollte Shin nicht in den Rücken fallen, aber er wollte dem Jüngeren nichts Böses. Und der Zweck heiligte bekanntlich die Mittel. „Wie meinst du das? Wie willst du aus ihm rausbekommen, was ihm angetan wurde?“ Zweifelnd sah der Kapitän den anderen an und legte den Kopf schief. „Wenn er nicht mit uns redet, warum fragen wir nicht jemand anderen?“ Geheimnisvoll lächelte Nao ihn an. „Wataru, Saki und Riku haben über die zwei Monate mit Shin zusammengelebt, sie müssten uns etwas über das alltägliche Leben und Shins Entwicklung erzählen können. Und Jin kennt die Seite der Besatzung und weiß wahrscheinlich teilweise sehr detailliert, was mit Shin passiert ist.“ „Du willst Shin übergehen?“ Überrascht fixierte Saga den Arzt. Er war sich nicht sicher, ob er sich über den Vorschlag freuen oder deswegen ausrasten sollte. Er wollte seinen Freund nicht hintergehen, aber vielleicht könnte er diesem so besser helfen. „Saga, wir beschützen ihn so, und du weißt dann, was los ist und wie du ihm am Besten helfen kannst. Was du tust, ist deine Sache, aber ich muss so oder so mit Wataru, Saki und Riku reden, um herauszufinden, wie es um ihre psychische Verfassung steht.“ „Ich… will mit Wataru reden“, seufzte Saga schwer und stand auf. „Hoffen wir, dass es etwas bringt.“ _________________________________________________________________________________ Shin ist wieder zuhause. *pfeif* Und wie ihr vielleicht von diesem Kapitel aus erahnen könnt, gehen die Probleme erst richtig los. Auch wenn wir schon bei Nr. 16 sind. Die ganze Beziehung wird ja logischerweise nicht leichter. Ich muss sagen, dass ich ein kleines Problem habe. Ich hatte in den Ferien jetzt wenig Zeit, und ich hatte nur bis zu diesem Kapitel fertig abgetippt. Nach ewig langen Renovierungsarbeiten, dem wöchentlichen Lübeck-Ausflug und der netten Nachricht, dass meine Oma über Ostern verstorben ist, war natürlich wegen viel Arbeit nicht viel Zeit abzutippen. Ich sitze im Moment an Kapitel 17, kann aber eben nicht sagen, wie lange ich brauche. Vielleicht schaffe ich es mit viel Eile und Strecken und Zerren ja, den wöchentlichen Rhythmus beizubehalten, es könnte aber auch sein, dass ich ein oder zwei Wochen aussetzen muss. Ich hoffe, ihr könnt dann darüber hinwegsehen, aber ich habe gerade eben eine Menge anderer Dinge um die Ohren. *seufz* Aber ich will euch nicht die Ohren volljammern. Das ist nur meine Befürchtung mit Erklärung, weil ich es scheiße finden würde nur zu sagen, dass es sich verzögern kann. Wirkt dann so, als hätte ich keinen Bock mehr. >.< Wie dem auch sei, ich werde in der Beschreibung etwas ankündigen, wenn ich's nicht gebacken bekomme. Danke, wirklich. Ich schaffe das schon irgendwie, aber es ist eben ein bisschen viel Arbeit und Organisation auf einmal. *seufz* Die Folge siehst du ja. Bis zum nächsten Kapitel! Hikari Kapitel 17: Sip ch'il --------------------- Ächz... Gott, bin ich eingerostet. Also, ihr Lieben, ich habe es dann doch noch mal geschafft. Ich bin zwar noch immer nicht fertig mit abtippen, aber ich habe Ferien und bin dran. Und da ich um 00:51 eh noch wach bin und Freitag ist, dachte ich mir, ich kann das Kapitel auch gleich hochladen. Ich wünsche euch und mir jetzt viel Spaß, auch wenn ich im Moment an nichts kreativ weiterschreiben kann. Abtippen ist okay. ;D Hikari (P.S. Rechtschreib- bzw. Tippfehler dürfen behalten werden. Ich hab jetzt keine Lust, nochmal alles zu überarbeiten. xD) - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Abwartend saß Wataru ihm gegenüber und hielt die mit Tee gefüllte Tasse in seinen Händen. Seit ein paar Minuten saßen sie einfach schweigend am Tisch. Das Problem war, dass Saga nicht wusste, was er sagen sollte. Wataru sollte nichts von seinen Problemen mit Shin erfahren, aber der Blonde war leider der einzige, der ihm helfen konnte. Na ja, nicht ganz, aber mit den anderen zu reden, wäre auch nicht leichter. Wenn er doch nur erst einen Anfang hätte… Warum machte der Ältere es ihm denn auch so schwer? „Wataru“, begann er leise und senkte den Blick. „Was weißt du über Shin und mich?“, fragte er dann erst weiter. Wahrscheinlich wäre es ganz gut zu wissen, wie weit der Kleinere informiert war. „Ihr seid zusammen und er liebt dich über alles. Er wäre fast zerbrochen, weil du so lange nichts für ihn getan hast. Aber das willst du doch eigentlich gar nicht von mir wissen.“ Ein schwaches Lächeln schlich sich auf das Gesicht des anderen. „Nein. Ich brauche dringend deine Hilfe.“ Seufzend schloss Saga die Augen und legte die Finger an seine Schläfen. „Shin braucht meine Hilfe, aber… er lässt sich nicht von mir helfen. Er gibt mir gar keine Chance.“ „Und du meinst, wenn ich mit ihm rede, lässt er dich wieder an sich heran?“ Skeptisch sah der Blonde ihn an. Saga lehnte sich mit einem Seufzen zurück und erwiderte den Blick. „Du sollst auf gar keinen Fall mit ihm reden. Das Problem ist, dass er mir nicht erzählt, was er aushalten musste. Er ist der Meinung, dass wirklich niemand ihn versteht, auch du und die anderen beiden nicht, aber…“ Unruhig holte er Luft. „Ich muss wissen, was mit ihm passiert ist, damit ich ihn beschützen kann. Damit ich ihm beistehen kann.“ „Hast du schon so weit überlegt, einfach abzuwarten?“, fragte Wataru ruhig und schmunzelte leicht. „Vielleicht braucht er nur etwas Zeit, um darüber reden zu können. Ich kann mir vorstellen, dass die Wunden einfach zu tief gehen und er noch zu sehr darunter leidet.“ „Wahrscheinlich, aber ich kann nicht einfach tatenlos herumsitzen. Ich muss wissen, was genau zu seinen Verletzungen geführt hat.“ Bittend sah er den Älteren an. „Ein sadistischer Kapitän“, erklärte der Blonde knapp. „Mana liebt es, andere leiden zu sehen, besonders beim Sex. Ich weiß nicht, wie oft er Shin zu sich zitiert hat, aber…“ „Von Anfang an“, bat Saga und trank einen Schluck Kaffee. „Ich weiß, dass er sich irgendwann auf den Schiffsarzt eingelassen hat, aber das ist alles.“ „Okay.“ Seufzend begann Wataru von dem Morgen zu erzählen, an dem Shin bei ihnen aufgewacht war und ging die Zeit Stück für Stück durch. Außerdem versuchte er noch seine Einschätzung von Shins Zustand mit einzubringen, den anderen somit alles wissen zu lassen, das er wusste. „Ich kann leider nicht sagen, wie oft er vergewaltigt und geschlagen wurde, aber es war definitiv zu oft, als dass er es einfach so hinter sich gelassen haben könnte. Besonders schlimm war es für ihn aber trotzdem anfangs. Er hat sich daran gewöhnt.“ Schweigend sah Saga in die Ferne. Seine schlimmsten Ideen reichten nicht an das heran, was sein Freund wohl hatte durchstehen müssen. Wie konnte jemand Shin so etwas antun? Gerade Shin, der Unschuld, Naivität und Niedlichkeit in Person? „Shin ist tapfer und er liebt dich wirklich. Er hat sich geweigert, Shaura, den anderen Offizier, zu heiraten, weil er seine Liebe zu dir nicht aufgeben wollte. Dafür wurde er wieder gequält, schlimmer als sonst, also… Ich hoffe, du weißt, was du an ihm hast.“ Lächelnd drückte der Kleinere seine Hand. „Ich weiß, was er mir bedeutet. Ich gebe ihn für kein Geld der Welt her“, erwiderte er trocken und schluckte. „Wie soll ich ihm nur helfen? Ich kann nicht einfach seine Erinnerungen löschen. Ich kann ihm nicht den Schmerz nehmen und die Wunden verschließen. Nicht einfach so. Was soll ich tun?“ „Das musst du wissen. Du kennst ihn wesentlich besser als ich. Aber wenn du an meinem Rat interessiert bist, sollst du ihn bekommen. Lass Shin einfach Zeit. Wenn er so weit ist, wird er sich bei dir alles von der Seele reden. Bis dahin kannst du nichts tun, außer ihm zu zeigen, dass du ihn trotz allem liebst und ihn in den Arm zu nehmen. Er braucht dich gerade jetzt mehr als alles andere.“ Nachdenklich nickte Saga, legte dann aber den Kopf auf den Tisch. „Ich brauche ihn doch auch so sehr“, flüsterte er und biss sich fest auf die Unterlippe. „Ich glaube dir das sofort.“ Ruhig setzte der Ältere sich neben ihn und strich ihm tröstend durch die Haare. „Und Shin weiß das ganz bestimmt auch. Er wird sich dir anvertrauen, wenn er so weit ist. Er will mit dir glücklich sein, das ist alles. Und du wirst ihm diesen Wunsch sicher früher oder später erfüllen können. Du bist alles, das er braucht, um zu leben.“ „Nein. Er braucht noch viel mehr Halt. Er braucht seinen kleinen Bruder, aber er will von ihm sicher nicht so gesehen werden. Und trotzdem braucht er seinen Bruder.“ Leise seufzte er, rührte sich aber sonst nicht. „Ich werde alles tun, um ihm zu helfen und ihn wieder aufzubauen, bis er seinen Bruder wieder bei sich hat.“ Leise klopfte Shin an die Wand und lehnte sich an den Tresen, als Shou sich zu ihm umdrehte. Er hatte das Bedürfnis gehabt, den Koch zu sehen und mit ihm zu sprechen, er musste Shou von diesen Schuldgefühlen befreien. Er hatte die Verantwortung für seine Entführung selbst zu tragen. „Hey, Shin.“ Unsicher lächelte der Ältere ihn an und strich ihm über die Wange. „Hey.“ Beruhigend nahm er die Hand des anderen. Er wusste nicht so wirklich, was er sagen sollte, stattdessen erwiderte er das Lächeln einfach schüchtern. Langsam kam Shou um die Theke herum zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Darf ich?“, fragte der Größere ihn leise, was er mit einem Nicken beantwortete. Ruhig schloss er die Augen und schmiegte sich in die wärmende Umarmung. „Es tut mir leid“, flüsterte der Koch ihm zu und strich ihm über den Rücken. „Das alles hätte so nicht passieren dürfen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du mich jetzt, wo du wieder da bist, so schnell wiedersehen willst.“ „Shou, das war nicht deine Schuld. Ich war zu naiv. Ich dachte, alles wäre in Ordnung. Ich bin selber Schuld.“ Mit einem leichten Lächeln versteckte Shin sein Gesicht an Shous Hals. Die Nähe des anderen war ihm vertraut, auch wenn ihr Verhältnis distanzierter war als seine Beziehung zu Saga oder die Freundschaft zu Nao. Er verstand zwar immer noch nicht, wie Hiroto auf die Idee gekommen war, sie hätten eine Affäre. Ihre Freundschaft war eng genug, aber sie hockten ja nicht ständig aufeinander. „Einigen wir uns darauf, wir beide sind Idioten und es ist alles wieder in Ordnung.“ Zufrieden nickte er und ließ sich gegen den Größeren fallen. Er wusste, dass Shou ihn ohne Schwierigkeiten halten konnte, warum sollte er sich nicht einfach entspannen? Trotzdem löste er sich kurze Zeit später ein wenig von dem Älteren, um diesen anzusehen. „Hat sich die Sache zwischen dir und Hiroto eigentlich geklärt?“ Der andere seufzte leise und schloss die Augen. „Ich weiß, was los war, aber ich glaube nicht, dass ich mit dir darüber reden sollte. Das ist Sagas Aufgabe. Auf jeden Fall weiß ich nicht, ob ich noch mit Hiroto zusammen sein kann, auch wenn ich ihn liebe.“ „Was soll Saga mir am Besten erklären? Was hat er damit zu tun?“ Verwirrt zog Shin die Augenbrauen hoch. „Frag ihn.“ Sanft strich der andere ihm über die Wange und küsste ihn auf die Stirn. „Ich will dir nicht wehtun müssen. Du hast genug mitgemacht. Und bevor du Saga fragst, solltest du dir sicher sein, dass du das wirklich wissen willst.“ Shin schluckte leicht, fragte aber vorerst nicht weiter nach. Shou wollte ihn schonen, aber es machte ihm Angst, wie der Koch über das Thema sprach. „Aber wenn du ihn liebst, wieso bist du dann nicht sicher, ob du noch mit ihm zusammen sein kannst?“ „Shin, er hat mein Vertrauen missbraucht und mich so tief verletzt. Ich müsste ihm verzeihen, aber ich weiß nicht…“ „Du kannst das sehr gut“, widersprach der Kleinere sofort entschlossen. „Shou, jeder kann alles verzeihen. Ob du es willst, ist eine ganz andere Geschichte, und die entscheidet verdammt oft. Es ist deine Entscheidung, aber denk daran, dass jeder eine zweite Chance verdient. Fehler sind immerhin menschlich.“ „Ich weiß, aber es gibt Dinge, zu denen ich meine Meinung habe. Das, was er sich geleistet hat, gehört eben dazu, das wusste er auch vorher. Ich bin mir sicher, du wärst auch nicht begeistert, wenn Saga sich das erlauben würde.“ „Shou…“, quengelte Shin und sah den Älteren flehend an. Irgendwie musste doch etwas aus dem Koch herauszubekommen sein. Und wenn er um die gewünschten Informationen betteln musste. „Nein, Süßer. Das klärst du mit Saga. Du bist sein Freund, nicht meiner. Auch wenn du wahrscheinlich besser wärst als Hiroto.“ Seufzend nickte Shin. Shou musste wirklich von dem Blonden verletzt worden sein, wenn er nicht darüber sprechen wollte. Aber trotzdem, was hatte sein eigener Freund damit zu tun? Nicht, dass er nicht so schon genug Sorgen und Probleme hatte, jetzt war auch noch irgendetwas in seiner Beziehung nicht in Ordnung. Er musste dringend mit dem Kapitän sprechen und die Situation aufklären. Aber was würde er tun, wenn Saga ihn verließ oder er etwas erfuhr, mit dem er absolut nicht umgehen konnte? Wenn er dadurch seinen Halt verlor? Ein sanftes Lächeln legte sich auf Sagas Gesicht, als er die schlanke Gestalt an der Reling stehen sah. Shin schien völlig in seiner Gedankenwelt versunken zu sein. Eigentlich hatte es ihn nie wirklich gestört, dass der Jüngere viel nachdachte, weil er wusste, dass er früher oder später von den Ergebnissen der Überlegungen erfuhr, aber gerade jetzt sollte Shin gleich mit ihm reden. Es war nicht gut für den anderen, wenn man ihn in so einer Situation zu viel nachdenken ließ. Ihm war durchaus bewusst, dass Shin viel zu verarbeiten hatte, aber er wollte verhindern, dass der Kleinere sich mit seinem Schmerz vollkommen allein gelassen fühlte und sich zurückzog. Leise näherte er sich seinem Freund und legte seine Arme von hinten um dessen Körper, schmiegte sich an dessen Rücken. Das ängstliche Zittern überraschte ihn im ersten Moment, aber andererseits wusste er, dass er damit hätte rechnen müssen. „Ist schon gut“, flüsterte er dem Jüngeren zu und hauchte ihm einen Kuss auf den Hals. „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben.“ „Ich weiß“, flüsterte Shin zurück und atmete tief durch. Er vertraute Saga, er wusste, dass der ihm niemals etwas tun würde, aber er konnte das Zittern seines Körpers nicht kontrollieren. „Könntest du… mich loslassen?“, fragte er unsicher und sah weiterhin auf das Wasser. Ein leises, erleichtertes Seufzen verließ seine Lippen, als der Griff sich lockerte. Vorsichtig drehte Saga seinen Freund herum und strich ihm über die Wange. Er wollte den anderen eigentlich nicht loslassen, aber bis es Shin besser ging, würde er dessen Wünsche respektieren und auf Distanz gehen, um ihn nicht zu verschrecken, wenn er es wünschte. „Alles in Ordnung, Kätzchen?“ Liebevoll hauchte er dem Jüngeren einen Kuss auf die Stirn, trat dann aber ein Stück zurück. „Nichts ist in Ordnung, aber das wird wieder.“ Ausweichend sah Shin auf den Boden, wandte seinen Blick dann aber wieder dem Älteren zu. „Was war zwischen Shou und Hiroto das Problem?“, fragte er direkt und sah seinen Freund an. „Wieso fragst du mich?“ Verwundert zog Saga eine Augenbraue hoch. „Wäre es nicht logischer, Shou zu fragen, wenn ihr doch eh ständig zusammenhängt? Außerdem solltest du auf jeden Fall bald mit ihm reden, er dreht sonst noch durch, weil er sich Vorwürfe macht.“ „Ich habe schon mit ihm gesprochen und er meinte, du solltest mir erklären, was los war. Saga, bitte, ich drehe durch, wenn niemand mit mir redet.“ Flehend sah er den Kapitän an. Irgendetwas musste doch herauszubekommen sein. Innerlich überlegte Saga schon, wie er Shou für die Aktion am Besten foltern könnte. Sicher wusste er, dass Shin wieder zu Shou gehen würde, wenn er sich weigerte, mit seinem Freund zu reden, und dann würde der Koch alles Vorgefallene berichten. Die Folge wäre, dass Shin nur wütender auf ihn wäre. Obwohl es diesen eigentlich weder betraf noch etwas anging. Zu dem Zeitpunkt waren sie noch nicht zusammen gewesen, also musste der Kleinere sich eigentlich auch nicht darüber aufregen. Vielleicht war seine Unruhe wegen dessen Reaktion völlig unbegründet und Shin blieb ganz ruhig und gefasst. „Also gut. Hör mir bitte gut zu und lass mich ausreden“, seufzte er und nahm eine Hand des anderen. So viel körperliche Nähe konnte Shin eigentlich keine Angst einjagen. „Hiroto und ich… Shou ist sauer, weil Hiroto ihn mit mir betrogen hat“, gab er widerwillig zu. „Aber bevor du etwas sagst, das war vor deiner Zeit. Und auch vor deiner Zeit noch vorbei. Seitdem wir zusammen sind, bin ich zu 100 Prozent treu. Das musst du mir glauben.“ „Du hattest eine Affäre mit Hiroto?!“ Entgeistert sah Shin den Größeren an. Für einen Moment schien sein Denken völlig auszusetzen und nur das Bild von Hiroto und Saga gemeinsam im Bett erschien in seinem Kopf. „Spinnst du total?! Wolltest du mir das denn irgendwann erzählen?!“ „Wieso sollte ich? Es betrifft dich doch gar nicht. Warum sollte ich dich gerade jetzt, wo du sowieso schon genug andere Probleme hast, damit auch noch belasten?“ Ruhig hielt er die Hand des Jüngeren fest, als dieser versuchte, sich ihm zu entziehen. „Du hättest es mir erzählen sollen, weil wir zusammen sind und du verdammt nochmal ehrlich zu mir sein sollst! Außerdem wusstest du doch ganz genau, was ihr Shou damit antut!“, fuhr er den Größeren an. Er glaubte Saga, wenn der ihm sagte, dass dieses kleine Abenteuer noch vor seiner Zeit vorbei gewesen war, aber er hätte es wissen gewollt, am Besten direkt zu Anfang ihrer Beziehung. „Genau deswegen wollte ich es dir nicht erzählen. Ich wusste, dass du ausrasten würdest, obwohl du dazu eigentlich gar keinen Grund hast“, gab der Kapitän ruhig zurück. „Ich wusste, dass du die Beziehung der beiden auch als Argument in unserem Kampf nehmen würdest. Shin, diese Sache zwischen Hiroto und mir war Sex, ganz einfach und rein körperlich. Ja, Shou ist sauer auf mich und wir haben deswegen schon gestritten, aber ich wollte ihm sein Blondchen niemals wegnehmen. Ich hatte doch gar nicht geplant, etwas mit Hiroto anzufangen. Du forderst, dass ich dir treu bin, das ist auch kein Problem, aber darf ich dich daran erinnern, dass du mit diesem anderen Schiffsarzt im Bett warst? Soll ich jetzt deswegen auch ausrasten?“ Mit einem Ruck befreite sich der Kleinere aus dem festen Griff. „Das war eine absolute Ausnahmesituation und ich habe dir davon erzählt! Weißt du, dass es unfair ist, mir jetzt mit dem Argument zu kommen?! Ich weiß doch, dass das eine blöde Aktion war!“ Zittrig atmete Shin durch. Irgendetwas zog sich in ihm schmerzhaft zusammen. Er wollte doch eigentlich nicht mit Saga streiten und er wollte auch nicht, dass seine Augen feucht wurden. „Hey, Shin, ich…“ Seufzend fuhr Saga sich mit einer Hand durch die Haare. „Ich hätte das nicht sagen sollen. Es tut mir leid. Ich hätte wahrscheinlich wirklich mit dir über die Sache mit Hiroto reden sollen, aber es tut nichts zur Sache. Er hat mir nichts bedeutet und ich liebe ihn nicht. Shin, du weißt, dass ich dich liebe.“ Zögernd streckte er eine Hand nach dem Jüngeren aus und legte sie ihm auf die Schulter. „Du musst mir vertrauen. Ich will dir helfen. Du bist alles, das ich habe.“ Unruhig wich Shin zur Seite aus, schüttelte so Sagas Hand ab. „Wie soll ich dir vertrauen? Denk mal über Ehrlichkeit nach. Ich muss zu Shou.“ „Shou, Schokolade!“, forderte Shin und ließ sich auf einen Stuhl vor dem Tresen fallen, legte seinen Kopf auf seine Arme. Irgendwie musste dieser Schmerz zumindest zu betäuben sein. „Was hältst du von einem ‚Bitte‘?“, gab der Koch schnippisch zurück, seufzte aber im nächsten Moment. „Was ist denn mit dir passiert? Du siehst nicht besonders glücklich aus.“ „Ich habe mit Saga gesprochen“, antwortete er wahrheitsgemäß und schloss die Augen. „Ich verstehe nicht, warum. Ich verstehe nicht, warum es mich so enttäuscht.“ „Er hat es dir einfach so erzählt?“ Der Kleinere nickte knapp. Er spürte, wie der Ältere ihm über den Kopf strich, aber es tröstete ihn nicht. Shou war zwar viel schlimmer dran als er, aber auch das Wissen half nicht. „Ich habe ihn gefragt, er hat es mir erzählt, wir haben uns gestritten. Warum hat er mir das nicht schon vor Monaten erzählt? Warum muss er mir das gerade jetzt erzählen?“ Er hörte den anderen um den Tresen gehen. Ein schwaches Zittern lief durch seinen Körper, als der Größere ihn in die Arme schloss. Er spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte und sein Atem ebenfalls schneller und flacher wurde, aber er konnte nichts dagegen tun. „Shou, ich…“ „Ist gut. Ganz ruhig.“ Langsam ließ der Koch ihn los und musterte ihn lächelnd. „Du weißt, dass ich dir nichts tun will. Du musst keine Angst haben.“ „Ich kann das nicht kontrollieren“, gab Shin leise zu und grub seine Finger in den Stoff seines Pullovers. „Ich weiß nicht, woher das kommt oder was ich tun kann.“ Unsicher sah er zu dem Größeren. „Shin, das wird normal sein“, erwiderte dieser leise und wuschelte ihm sanft durch die Haare. „Dein Körper zeigt die Spuren, während du sie versteckst. Das ist nichts, wofür du dich entschuldigen musst.“ „Shou… Nicht einmal Saga kann mich noch in den Arm nehmen“, flüsterte er und sah den Koch hilfesuchend an. „Er ist doch mein Freund.“ Unruhig atmete er durch und versuchte, das Zittern zu unterdrücken. „Er wird es verstehen. Er liebt dich und er sieht das, was dir geschehen ist, als seine Schuld an. Er wird der Letzte sein, der dir etwas vorwirft.“ Beruhigend drückte der Koch seine Hand. „Wenn du mir nicht glaubst, rede mit Nao. Er weiß bestimmt, wie er dir helfen kann. Panikattacken gehören auch zu seinem Gebiet.“ Schwach nickte Shin und legte den Kopf wieder auf den Tresen. Niemand hatte behauptet, dass es leicht werden würde, alles zu verarbeiten, aber er musste es versuchen. „Manchmal wünschte ich, sie hätten mich getötet“, flüsterte er schwach und ließ die Tränen einfach zu. „Sag das nicht. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass das Leben ein Geschenk ist. Schmeiß deines nicht einfach weg, weil du Schlechtes erlebt hast. Denk daran, dass du auch Schönes erlebt hast. Saga schenkt dir viel. Sieh seine Zuwendung als Zeichen seiner Hilfe.“ „Aber er hat mich immer noch angelogen, das Problem ist nicht einfach weg.“ Zittrig atmete Shin durch. „Alles Gute wird dadurch schlecht und quält nur noch mehr.“ Unruhig klopfte Shou an die Tür zu Naos Arbeitszimmer und öffnete sie einen Spalt. Der Arzt sah ihn fragend an, nickte aber. „Nao, ich… Ich mache mir Sorgen um Shin“, begann er leise, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Du kennst dich doch mit Psychologie und solchem Kram aus. Ich befürchte er hat… leicht depressive Anwandlungen.“ Aufmerksam sah Nao den Koch an. Es war vor Shins Rettung eher seine Aufgabe gewesen, sich um Shous Sorgen zu kümmern, obwohl er sich überlegt hatte, wie er Shin helfen könnte und wie es überhaupt um den Jüngeren stehen würde, wenn dieser zurück war. Trotzdem hielt sich seine Sorge um Shin in den letzten Stunden in Grenzen. Er traute dem Brünetten zu, den Mund aufzumachen, wenn er Hilfe wollte und brauchte. Außerdem kümmerte Saga sich um ihn. Shous Sorge um Shin interessierte ihn dann aber doch. „Bleib ruhig und sag mir, was genau passiert ist und was mit ihm los ist, oder was du zumindest glaubst, in sein Verhalten hineininterpretieren zu können.“ „Saga hat ihm von dem kleinen… Abenteuer mit Hiroto erzählt. Auch wenn das eigentlich nichts mit ihrer Beziehung zu tun hat, ist er ziemlich aufgewühlt“, brachte der Größere ihn auf den neuesten Stand. „Er versteht nicht, weshalb Saga nicht schon früher mit ihm gesprochen hat. Gleichzeitig ist da jetzt ja noch die Entführung und alles, was er dort durchmachen musste. Ich wollte ihn trösten und habe ihn in den Arm genommen, aber… er ist panisch geworden, und das liegt nicht nur an mir.“ Seufzend ließ Shou sich auf einen Hocker fallen. Überlegend legte Nao den Kopf schief. „Panikattacken, ja, aber Depressionen? Die Sache mit Saga und Hiroto wird schnell an Bedeutung verlieren, auch wenn es ihm jetzt noch zusetzt. Er mag ja traurig und verletzt sein, aber das geht vorbei.“ „Klar, aber…“ Shou atmete tief durch und sah ihn an. „Er meinte, dass er sich manchmal wünscht, dass diese Wichser ihn umgebracht hätten.“ Nao nickte skeptisch. Irgendwie kam das nicht allzu unerwartet. Er verstand die Sorge des Größeren, aber er wusste auch, dass das nichts bedeuten musste. Jeder erreichte einmal einen Punkt, an dem er nicht weiterwusste. „Ich glaube trotzdem nicht, dass wir uns allzu große Sorgen machen müssen. Bevor du mich jetzt fragst, Bevor du mich jetzt fragst, ob ich spinne, sei ehrlich zu dir selbst und denk darüber nach, ob und wann du ebenfalls einmal überlegt hast, ob es nicht besser wäre, tot zu sein. Es ist menschlich, so zu denken, wenn du an deine Grenzen kommst.“ „Du verstehst mich nicht“, gab der Jüngere zurück. „Er kann an allem, was Saga ihm gibt und gegeben hat, nur noch den Schmerz sehen. Er vergisst das Gute. Und wenn man nichts Positives mehr sehen kann, kann man nicht mehr glücklich sein.“ Der Arzt seufzte leise. So langsam begann Shou doch, ihn zu nerven. „Das heißt ja noch lange nicht, dass es dauerhaft so sein wird. Wann hat er von Sagas kleinem Abenteuer erfahren?“ „Vor meinem Gespräch mit ihm“, antwortete Shou überrascht. „Wieso fragst du?“ „Weil es mich dann erst recht nicht wundert“, seufzte Nao und schüttelte den Kopf. „Er muss das doch erst begreifen, um richtig damit umgehen zu können.“ „Ja, schon, aber… Nao, es geht ihm nicht gut. Das weißt du doch auch. Könntest du nicht versuchen, mit ihm zu reden?“ Wieder seufzte er. Natürlich wusste er, dass es Shin schon öfter wesentlich besser gegangen war. Es gehörte nicht besonders viel dazu, darauf zu kommen. „Er blockt ab, wenn man mit ihm reden will. Noch tut es ihm zu weh, und es ist besser zu warten als ihn zu etwas zu zwingen. Ich vertraue ihm, er wird sich bemerkbar machen, wenn er Hilfe braucht. Außerdem ist Saga auch noch da. Selbst wenn er Shin wehgetan hat, ist er immer noch sein engster Vertrauter. Und das Kätzchen wird nicht lange brauchen, um ihm zu verzeihen.“ Still lag Shin auf seinem Bett und starrte die Wand an. Er konnte nicht sagen, wie lange er schon dort lag, aber er brauchte Zeit. Zeit für sich. Ja, er liebte Saga noch immer mehr als sein Leben. Eigentlich war es gar nicht so schlimm, dass der Ältere nicht mit ihm darüber gesprochen hatte. Natürlich tat es ein wenig – oder auch mehr – weh, dass Saga ihm anscheinend so wenig vertraute, aber es war vor seiner Zeit gewesen. Es war nicht so schlimm, dass er den Kapitän nicht mehr an seiner Seite haben wollte und dessen Nähe nicht mehr brauchte. Er liebte Saga nicht nur, der Ältere war auch sein bester Freund, sein Halt und seine Kraftquelle. Ohne diesen Antrieb würde er diese Zeit nicht überstehen. Er war froh, den anderen trotz allem an seiner Seite zu wissen. Er wusste genau, dass, selbst wenn sie stritten, er immer auf seinen Freund zählen konnte. „Shin?“ Beim Klang von Sagas Stimme schlich sich ein trauriges Lächeln auf sein Gesicht. Einerseits wollte er, dass der andere ging und ihn einfach in seinem Selbstmitleid versinken ließ. Er wusste aber andererseits, dass das auf Dauer keine Lösung war. Selbstmitleid war kein Weg, mit seinen Problemen fertig zu werden. Er spürte, wie die Matratze leicht nachgab und sich kurz darauf eine Hand vorsichtig auf seine Schulter legte. „Ich glaube, wir sollten reden. Oder zumindest muss ich das eine oder andere wissen. Bitte.“ Der Jüngere seufzte leise, ließ sich dann aber auf den Rücken drehen und sah seinen Freund direkt an. Am Liebsten hätte er noch versucht, wütend oder wirklich traurig zu sein, weil er genau wusste, was er Saga damit antun konnte, aber er konnte im Augenblick weder wirkliche Wut noch Trauer fühlen. „Es war nicht in Ordnung, dass ich dir nicht von der Geschichte mit Hiroto erzählt habe. Das tut mir leid. Allgemein weiß ich, dass es ein Fehler war, spätestens seit Shou so ausgetickt ist. Ich kann ihn ja verstehen. Wenn du mich über Monate betrügen würdest, würde ich auch durchdrehen. Ich hoffe auf jeden Fall, dass du mir verzeihst. Wenn du wegen mir leidest, ist das etwas anderes als wenn Shou leidet, weil ich einmal Mist gebaut habe. Und dann will ich, dass…“ Saga atmete einmal kurz durch, „du das mit Zero beendest. Es hat mir ja noch nie gefallen, dass du mit ihm ins Bett gehst, aber jetzt geht es nicht um mich.“ Einen Moment zog Shin die Stirn in Falten. Er hatte völlig vergessen, dass er ab und zu mit Zero geschlafen hatte. Es war vielleicht wirklich besser, wenn er es aufgab, Rens Platz auch in dieser Hinsicht einnehmen zu wollen. Er brauchte Zeit, bis er sich wieder jemandem anvertrauen konnte. „Okay“, meinte er leise und nahm die Hand des Älteren. „Weißt du… Ich will doch nur Ehrlichkeit. Deswegen hatte ich Riku, Saki und Wataru schon die Meinung gesagt, aber du solltest mich kennen. Diese Unaufrichtigkeit tut weh. Dass du mit Hiroto geschlafen hast, ist zwar nicht schön, aber ich kann damit eher Leben. Außerdem war das doch vor meiner Zeit, hast du zumindest gesagt.“ Sanft lächelnd nickte der Größere und lehnte sich über ihn, küsste ihn auf die Stirn. „In Ordnung. Ich wollte dich auch noch fragen, ob du heute Nacht bei mir schlafen würdest. Du hast heute viel hinter dich gebracht und ich will nur auf dich aufpassen. Auch ohne dich wirklich zu halten.“ Unsicher drehte Shin seinen Kopf zur Wand. Es wurde ihm fast schon zu viel, wie viel Rücksicht sein Freund auf ihn nahm. Seine Panikattacken überforderten ihn, und es schien sich auf dem Schiff bereits herumgesprochen zu haben. Aber er wollte diese Panik unterdrücken, zumindest Saga gegenüber. „Kleiner, du weißt, dass du mir vertrauen kannst. Wenn du Kummer hast und reden willst, bin ich für dich da. Immer. Ich hoffe jetzt einfach, dass du irgendwann wieder über alles mit mir redest. Ich hoffe, dass du irgendwann wieder normal wirst.“ Ironisch lachte Shin auf. Da zeigte sich einmal mehr, wie wenig Saga verstand, was gerade in ihm vorging. „Saga, ich… Ich werde nie wieder so sein wie früher. Menschen ändern sich, weil ihre Umwelt sie beeinflusst. Glaubst du nicht, dass mich diese… zwei Monate beeinflusst haben? Hör auf zu glauben, dass mein Leben wieder normal wird.“ „Menschen ändern sich, ja, und sicherlich wird die Zeit Spuren hinterlassen haben, aber ich will ja auch gar nicht, dass du wieder so wirst wie früher. Ich will doch nur, dass du ein verhältnismäßig normales Leben führen kannst. Dazu gehört nun mal, eine Beziehung führen zu können und auch, dass du bei Fremden nicht so empfindlich auf Berührungen reagierst. Gerade der Glaube daran, dass alles wieder halbwegs normal werden kann, ist das, was das auch möglich machen wird. Du darfst nicht aufhören, daran zu glauben. Wenn du das nicht für dich tun willst, versuch es für mich.“ Vorsichtig strich Saga seinem Freund über die Wange. Es war immerhin schon ein Anfang, dass Shin ihn auch nur ein Stück hinter die Fassade blicken ließ, aber selbst ohne diesen kleinen Fortschritt hätte er geahnt, was der Kleinere ihn jetzt sehen ließ. Es war nicht verwunderlich, dass der andere litt, auch nicht, dass dieser misstrauisch war, aber er wusste nicht wirklich, wie er mit Shin umgehen sollte. Ruhig ließ er seine Hand auf der Wange des anderen ruhen und strich mit dem Daumen über die weiche Haut. „Es ist schon spät, also… Es wird Zeit für eine Entscheidung.“ „Saga, ich will… Ich werde versuchen, für dich daran zu glauben, okay, aber… ich kann dir nichts versprechen. Ich will heute Nacht… einerseits nachdenken, andererseits aber auf keinen Fall allein sein. Ich…“ Traurig schloss er die Augen und biss sich auf die Unterlippe. Vielleicht war es Zeit, seinem Freund wirklich zu erzählen, weshalb er nicht gern allein sein wollte. „Ich habe Angst. Was, wenn ich einschlafe und diese Bilder wieder da sind? Ich will dann nicht allein sein. Wem kann ich denn vertrauen, wenn nicht dir?“ „Du weißt, dass auch Nao immer für dich da ist. Aber es ist schön zu hören, dass du mir vertraust.“ Vorsichtig strich Saga dem Jüngeren durch die Haare. „Bleiben wir heute Nacht hier oder gehen wir zu mir?“ Es war offensichtlich, dass Shin lieber mit ihm zusammen sein wollte, also war nur noch eine Frage, wo. „Ich will mich nicht mehr bewegen. Ich will nur noch vergessen und zur Ruhe kommen.“ Panisch zerrte Shin an den Handschellen, die ihn wehrlos machten. Es war ihm egal, dass das Metall schmerzhaft in seine Haut schnitt. Er wusste nur, dass er Angst vor Shaura hatte. Sein Körper war völlig ungeschützt und er wusste, dass es keinen Sinn hatte, nach Hilfe zu schreien. Trotzdem jagte ihm die scharfe Klinge des Messers, das der Offizier in der Hand hielt, Angst ein. Erschrocken kniff er die Augen zusammen, als das kalte Metall auf seine Haut traf. Er wusste, dass es ihm nur Angst einjagen sollte, wenn die flache Seite der Klinge gegen seinen Körper gedrückt wurde, aber das Schlimmste war, dass es funktionierte. Krampfhaft presste er die Lippen zusammen, als das scharf geschliffene Metall seine Haut teilte. Er konnte nicht verhindern, dass ihm Tränen in die zusammengekniffenen Augen traten, aber er unterdrückte jeden Laut. Erschrocken fuhr Shin hoch und sah Saga an, der hellwach neben ihm saß und ihn besorgt musterte, beruhigend seine Hand nahm. „Alles ist gut, ich tu dir nichts.“ Zitternd zog Shin die Beine an und schloss die Augen. Er fühlte sich klitschnass, er hatte einfach nur Angst. Das war doch genau das, wovor er Angst gehabt hatte. Normalerweise hätte er sich an seinen Freund gelehnt, in der Gewissheit, dort Trost und Schutz zu finden, aber er konnte nicht. Er hatte das Gefühl, dass es ihm im Moment auch nicht helfen würde, wenn er die Nähe des anderen suchte. Sein Körper reagierte ja doch eigen. „Ganz ruhig.“ Behutsam strich der Ältere über seinen Rücken. Er wusste, dass er seinem Freund eine Erklärung schuldete, aber er konnte nicht davon erzählen. „Wenn du willst, kannst du mit mir reden. Das weißt du. Und wenn du mir nicht sagen kannst, was los ist, sag mir wenigstens, wie ich dir helfen kann.“ „Du kannst mir nicht helfen“, flüsterte Shin zurück und sah den Größeren traurig an. Er konnte nur hoffen, dass Saga so viel Verständnis für ihn hatte und dass sich seine Probleme zumindest teilweise in Luft auflösten. Kapitel 18: Patiṉeṭṭu --------------------- Und Kapitel Nummer 18. Es ist fünf vor zwölf mittags und ich bin müde. Was eventuell daran liegen könnte, dass ich gerade erst aufgestanden und noch nicht richtig wach bin. Also~~ vezeiht mir jegliche Rechtschreib- und Formatierungsfehler. Gnade. Ich wünsche euch trotzdem viel Spaß beim Lesen, und hey, ein bisschen Drama musste sein. ^.~ Hikari Notiz: In der Beschreibung ist ein Link zu einer neuen Umfrage, die mit FFs allgemein zu tun hat. Ich würde mich über Beteiligung freuen. (Und auch, wenn ihr eure Freunde/Bekannten darauf aufmerksam machen würdet, ;D) ________________________________________________________ Still saß Shin auf einer Liege in Naos Arbeitszimmer. Drei Wochen. Solange war er wieder Zuhause, aber es ging ihm immer noch schrecklich. Er wachte nachts immer noch auf, und eben aus diesem Grund hatte er sich dagegen entschieden, weiterhin neben seinem Freund zu schlafen. Aber es lag nicht nur daran. Er ertrug die Nähe des Älteren kaum noch. Er baute eine Mauer zwischen ihnen auf, sein Verhältnis zu seinem Freund wurde immer distanzierter, auch wenn er das gar nicht hatte erreichen wollen. Mit seinem anhaltenden Schweigen zerstörte er das, was seit mittlerweile neun Monaten zwischen ihnen war. Er tat sich selbst weh, aber noch schlimmer war, dass Saga litt und sich trotzdem noch um ihn kümmerte. Es war zum Durchdrehen, weil ihn das ebenso verletzte, aber er konnte seinen Freund und Kapitän weder körperlich noch emotional an sich heranlassen. „Shin, du weißt, was ich dir seit Wochen sage. Saga wird alles tun, um dir zu helfen, wenn du ihn nur lässt. Du weißt auch, weshalb du mindestens alle zwei Tage zu mir kommen sollst, aber wenn ich ehrlich bin… Ich kann dir nicht mehr helfen“, seufzte der Arzt und legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Ich habe getan, was ich konnte, aber ich komme nicht weiter.“ Desinteressiert zuckte Shin mit den Schultern. So weit war er auch schon gewesen. Es wunderte ihn aber auch nicht wirklich, immerhin hatte er auch nicht mit dem anderen gesprochen. „Und jetzt?“, fragte er trotzdem. Immerhin ging es um ihn. „Saga und ich haben uns eine Weile beraten. Wir werden den nächsten Hafen anlaufen und der Captain wird dich auf die Suche nach einem Psychologen mitnehmen. Bevor du protestierst, denk darüber nach. Du hast viel durchgemacht, und glaub nicht, dass ich die Schnitte nicht bemerkt habe. Du bist an einem Punkt angekommen, an dem dir nur noch ein Profi helfen kann.“ Schuldbewusst biss Shin sich auf die Unterlippe und grub seine Finger in den dünnen Stoff der Ärmel seines Pullovers. Es war schon überraschend genug, dass Saga ihn nicht darauf angesprochen hatte, aber es hatte ihn gefreut. Er wusste noch, dass in der Nacht, in der der erste Schnitt entstanden war, Angst und Verzweiflung ihn einfach überwältigt hatten, er hatte kaum noch atmen können. Er hatte nicht mehr weiter gewusst und den Schmerz auf seinen Körper übertragen. Es war für ihn keine Bestrafung, wieso sollte er sich auch selbst bestrafen? Er hatte nichts getan. Eher hatte der körperliche Schmerz für ihn ein Ventil gebildet, das den Schmerz in ihm erträglicher machte. „Nein“, widersprach er trotzdem entschlossen und sah Nao an. „Ich komme allein klar. Ich brauche keine Hilfe, weder deine noch die eines anderen. Und die Schnitte sind meine Sache, das ist mein Körper. Ich bin alt genug, um zu wissen, was ich tue, und ihr habt mir nichts zu sagen.“ Abwehrend hob Nao die Hände. „Ich habe eh nur eine beratende Position, und ich habe Saga gesagt, dass du meiner Meinung nach Hilfe brauchst. Würdest du allein damit klarkommen, würdest du dich nicht selbst verletzen und dich so zurückziehen. Aber ich will nicht mit dir darüber streiten. Das klärst du am Besten mit Saga.“ „Da gibt es nichts zu klären“, zischte er angriffslustig und verschränkte die Arme vor der Brust. Es war immer noch seine Entscheidung, und wenn er ‚Nein‘ sagte, blieb es dabei. Er hatte andere oft genug über sein Leben entscheiden lassen, aber seit er jetzt wieder bei seinen Freunden war, entschied er selbst. Und wenn er sich dafür gegen Saga stellen müsste, hätte er immer noch weniger zu befürchten als die anderen Mitglieder der Crew. „Auch, wenn du das so siehst, ich glaube, Saga ist anderer Meinung.“ „Es ist mein Leben, verdammt!“, fuhr er den Arzt an. „Er kann mich nicht einfach übergehen!“ „Er kann, siehst du doch.“ Besänftigend legte der Ältere ihm die Hände auf die Schultern. „Shin, in eurer Beziehung seid ihr gleichberechtigt, aber wenn du dich weigerst, vernünftig zu sein, wird er nicht als dein Freund mit dir reden sondern als dein Kapitän. Du weißt, dass du dich ihm dann nicht entgegenstellen kannst. Wenn du meinen Rat dazu hören willst, hör auf, so stolz zu sein und werde einfach vernünftig.“ „Und was, wenn ich nicht vernünftig sein will?“ Langsam ließ er sich wieder auf die Liege sinken, ließ die Arme aber vor der Brust verschränkt. „Was, wenn mein Stolz alles ist, das mir geblieben ist?“ Skeptisch sah Nao den Jüngeren an. Er wusste nicht genau, was in Shin vorging, aber dessen Verhalten sorgte nicht unbedingt dafür, dass er diesem noch vertraute. Er wurde aus Shin nicht mehr schlau, und er verstand auch den Sinn der letzten Aussage nicht wirklich. „Das Leben ist dir geblieben“, erwiderte er letztendlich leise. „Deine Freunde und immerhin auch Saga. Du hast Menschen, die sich um dich kümmern. Das ist viel mehr wert als Stolz.“ „Saga, wir müssen etwas besprechen.“ Entschlossen trat Shin neben seinen Freund und sah diesen an. Er war fest entschlossen, den Älteren von dem Plan abzubringen, und er hatte sogar mehrere Pläne, wie er sein Ziel erreichen konnte. Er kannte den Größeren inzwischen immerhin gut genug. „Worum geht’s?“ Leicht lächelnd strich der andere ihm ein paar Haarsträhnen aus der Stirn. „Meinetwegen müssen wir keinen Hafen anlaufen“, kam er ohne Umschweife zur Sache. „Ich werde zu keinem Psychologen gehen. Mir geht’s gut. Warum redest du überhaupt mit Nao über mich? Wir beide wissen doch, dass ich alt genug bin.“ Saga seufzte leise. Es war vorhersehbar gewesen, dass Nao mit Shin reden würde, und er hätte wohl damit rechnen sollen, dass Shin sich nicht einfach fügte. Trotzdem würde er das mit seinem Freund jetzt liebend gern klären. So war es immerhin besser, als deswegen ewig zu schweigen. „Dir geht’s gut?“ Skeptisch sah er den Kleineren an und schüttelte dann den Kopf. „Das kann nicht sein. Du richtest dich zugrunde. Du zerstörst nicht nur deinen Körper, du machst auch noch deine Seele kaputt. Und du machst alles kaputt, das wir uns aufgebaut haben.“ Genervt verdrehte Shin die Augen. Er musste sich jetzt schon zusammenreißen, um keinen Tobsuchtsanfall zu bekommen. „Willst du mir jetzt vorwerfen, dass ich an allem Schuld bin? Und selbst wenn es mir nicht gut geht, ist das meine Sache! Nenn es doch einfach beim Namen! Ich ritze, ja, weil es mir gut tut, und ich bin ein schwacher Versager, aber ich kann auch ganz anders. Mir geht es im Moment so gut, wie es mir gehen kann.“ „Ich habe nie gesagt, dass du ein schwacher Versager bist! Es kann dir nicht gut gehen, wenn du ritzt! Hör verdammt nochmal auf mit dem Scheiß!“, forderte der Größere schon deutlich energischer. „Ich werfe dir auch nichts vor, ich stelle fest. Das ist alles. Ich will, dass du etwas verstehst, das sonst anscheinend nicht in deinen Kopf geht! Ich liebe dich und ich will dir helfen und bei dir bleiben, aber du lässt mich nicht an dich heran! Ich kann so nicht weitermachen, Shin. Wenn du nicht bereit bist, dir helfen zu lassen, kann ich dir nicht mehr hinterherrennen.“ „Was soll das heißen?!“, fragte Shin zischend und sah seinen Freund aus zu Schlitzen verengten Augen an. „Das soll heißen, dass wir nicht mehr zusammen sein können, wenn du nichts änderst. Ich kann mich nicht nur um dich kümmern, Tora übernimmt im Moment schon den größten Teil meiner Aufgaben, damit ich für dich sorgen kann. Ich kann mich eh auf nichts konzentrieren, weil ich nie sagen kann, wann du mich brauchst.“ Fassungslos sah Shin seinen Freund an. Die Ansage konnte man nicht missverstehen, aber das kam völlig überraschend. Der Ältere zwang ihn praktisch in eine Richtung, und wenn er nicht mitzog, wäre seine Beziehung beendet. So die Pistole auf die Brust gesetzt zu bekommen, war für ihn komplett neu, allein schon, weil Saga eigentlich alles für ihn tat. „Wenn du mich nicht mehr liebst, sag es einfach…“, verlangte er leise und machte einen Schritt zurück. „Das hat damit gar nichts zu tun“, antwortete der Größere ruhig. „Würde ich dich nicht mehr lieben, würde ich es dir auch so sagen, aber es ist tatsächlich so, dass ich einfach nicht mehr kann. Wenn du nicht zu einem Psychologen willst, lass dir von Nao oder mir helfen. Aber hör bitte sofort mit dem Ritzen auf.“ „Und was, wenn nicht?“, fauchte er. „Was, wenn ich nicht will? Was, wenn es mir völlig egal ist, ob du bei mir bleibst oder gehst? Das ist mein Körper, meine eigene verdammte Verantwortung! Ich weiß, was ich tue.“ Gequält seufzte Saga und strich sich durch die Haare. „Shin, hör mir doch einmal zu. Ich mache mir einfach nur Sorgen um dich. Ich will das Beste für dich, weil ich dich liebe.“ „Schön. Wirklich schön. Und jetzt? Soll ich dich bemitleiden? Ich weiß, was gut für mich ist, und es wäre wesentlich besser, würdest du mich einfach meinen Weg gehen lassen!“ „Weißt du, wie weh das gerade tut?“, fuhr Saga den Jüngeren plötzlich an. „Du sagst, du brauchst mich nicht. Dann geh doch! Tu, was du nicht lassen kannst, aber komm nachher ja nicht bei mir an, wenn du nicht mehr weiter weißt! Dann geh deinen Weg, mach dich kaputt, bitte, aber erwarte nicht, dass ich dabei zusehe! Das kannst du vergessen!“ „Prima!“ „Ganz prima!“ Gereizt sah Saga Shin nach. Er konnte nichts dagegen tun, dass seine Wut wieder verrauchte und ihm der Streit leid tat. Er liebte den Jüngeren doch nur und wollte diesem helfen. Warum war der andere nur so stur? Sicher war ihm einiges rausgerutscht, das er nicht so gesagt hätte, wenn sie normal miteinander gesprochen hätten. So war es im Streit. Er wollte Shin wirklich nicht an der Last zerbrechen sehen, aber er konnte es nicht verhindern, wenn dieser sich nicht helfen ließ. Seufzend drehte er sich um und ging in sein Schlafzimmer. Wenn er etwas nicht wollte, war es auf sein aktuelles Problem angesprochen zu werden, und an Deck würde früher oder später irgendjemand zu ihm kommen. Langsam zog Shin die Beine an und legte den Kopf an die Wand in seinem Rücken. Er hatte sich nicht in sein Zimmer zurückziehen wollen, deswegen war er immer weiter in den Gängen im Inneren des Schiffes herumgewandert, bis er letztendlich in einem kleinen Raum gelandet war, in dem anscheinend leere Fässer und Kisten lagerten. Die Luft roch abgestanden, als würde nicht oft jemand herkommen. Ein Ort, wie er ihn gerade sehr gut gebrauchen konnte. Was hatte er eigentlich für einen Mist gesagt, um gegen Saga zu rebellieren? Natürlich brauchte er Saga, und würde der ihn verlassen, wäre er völlig am Ende. Rettungslos verloren. Er wusste, dass sowohl der Kapitän als auch der Arzt recht hatten, aber er wollte nicht zu einem Psychologen. Er wollte nicht noch einmal alles durchmachen müssen, auch nicht nur in Gedanken und in Begleitung. Er wollte eigentlich auch nicht, dass jemand seine Schwäche sah, aber er konnte es nicht verstecken. Anscheinend war sein Problem zu offensichtlich. Die Schnitte zeigten es nur zu klar. Er sah ohne Murren ein, dass Selbstverletzung keine Lösung war und er seinen Freund damit auch noch verletzte, aber was sollte er schon tun? Würde er, wie Saga forderte, aufhören, wo sollte er mit sich und seinen Gedanken und Gefühlen hin? Er konnte sich Saga und Nao nicht anvertrauen, ein völlig Fremder würde ihm demnach wohl auch nicht helfen. Vielleicht wäre es für Saga und ihn wirklich das Beste, würde er den Kapitän ziehen lassen und im nächsten Hafen das Schiff verlassen, um sich wie ein wildes Tier zum Sterben zurückzuziehen. Aber Saga würde ihn nicht einfach gehen lassen, also musste er sich entweder heimlich verziehen oder den Größeren so sehr verletzen, dass dieser ihn zumindest nicht mehr aufhalten würde. Langsam schloss er die Augen. Er wollte noch nicht sterben, und er wollte Saga weder wehtun noch gehen lassen. Aber er lebte auch nicht mehr richtig, Mana und Shaura hatten ihn schon fast umgebracht, ohne die schweren Verletzungen überhaupt bemerkt zu haben. Sein Körper war das einzige, das noch unversehrt war, zumindest mehr oder weniger, und solange das so war, würde er nicht natürlich sterben. „Saga…“, kam es leise wimmernd über seine Lippen und instinktiv drückte er sich näher an die Wand. Saga war der Grund, weshalb er überhaupt solange gekämpft hatte. Mittlerweile konnte er Tohyas Selbstmord sogar mehr als gut verstehen. Tohyas Halt war Juri gewesen, aber irgendwann war der Drang, frei zu sein, einfach größer geworden als die Liebe. Und wenn es bei ihm jetzt ähnlich war, musste er seinen Freund ebenfalls so vor die Wahrheit stellen. Andererseits wusste Shin aber, dass er das nicht könnte. Er hatte gesehen, wie der Verlust Tohyas Juri gezeichnet hatte. Er wäre niemals dazu in der Lage, Saga so etwas anzutun. Er spürte, wie sein Körper wieder heftiger zu zittern begann, aber er ließ es einfach zu und zog still das kleine, schwarze Taschenmesser aus seiner Tasche. Selbst wenn er versuchen würde, es zu kontrollieren, er würde scheitern. Also ließ er es einfach zu. Skeptisch sah Shou zu der geöffneten Tür des alten Lagerraums. Normalerweise ging niemand außer ihm dorthin, und er auch nur, weil er entweder leere Kisten dort abstellte oder welche holte, um sie aufzufüllen. Vorsichtig sah er durch den Spalt. Nur eine kleine Lampe spendete Licht, aber es genügte, damit er die schlanke Gestalt am Boden sah. Die leisen Schluchzer und die sanften, geschmeidigen Bewegungen zeigten ihm, dass es Shin war. Der Jüngere murmelte immer wieder den Namen des Kapitäns und machte allgemein den Eindruck, als wäre er völlig durch den Wind. Unschlüssig blieb der Koch in der Tür stehen und dachte einen Moment nach. Was sollte er tun? Vielleicht wollte Shin gar nicht, dass sich jemand um ihn kümmerte, aber der Kleinere schien in einem so jämmerlichen Zustand zu sein, dass es verantwortungslos gewesen wäre, nichts zu tun. Er selbst traute sich seit Wochen nicht mehr an Shin heran, weil dieser auf jeden ängstlich oder erschrocken reagierte. Also konnte er entweder Nao oder Saga holen. Eigentlich wäre es schon fast zu klar gewesen, dass er Saga holen musste, besonders, da Shin sich dessen Anwesenheit zu wünschen schien, aber nach dem Streit wusste er nicht, ob das so schlau wäre. Jeder hatte inzwischen davon gehört, und wenn er den Wortlaut richtig gedeutet hatte, war die Beziehung im Streit beendet worden. Mal ganz davon abgesehen, dass die beiden sich mit ihren Äußerungen nicht zurückgehalten hatten. Seufzend machte er sich schnellen Schrittes zurück auf den Weg an Deck. Vermutlich wäre es trotzdem das Beste, Saga zu holen. Es gab einiges zu klären. Erschrocken zuckte er zusammen, als er den mühsam auch nur teils unterdrückten Schmerzensschrei hörte. Automatisch beschleunigte er seine Schritte. Der Kleinere brauchte gerade wohl wirklich Hilfe, also war es seine Aufgabe, diese schnellstens zu holen. Ohne zu klopfen betrat er Sagas Zimmer und sah den auf dem Bett liegenden Captain an. „Kannst du nicht anklopfen?“, maulte dieser schlecht gelaunt und schien ihn mit Blicken aufspießen zu wollen, aber Shou störte sich nicht daran, mittlerweile war er es gewohnt. In den zwei Monaten, in denen Shin nicht bei ihnen gewesen war, hatte er gelernt, damit umzugehen. „Anscheinend nicht“, erwiderte er ruhig. Wenn Saga nicht mehr mit Shin zusammen war, würde es den Kapitän bestimmt nicht mehr so sehr interessieren. „Was gibt es? Ich hoffe für dich, dass es wichtig ist“, knurrte der Jüngere weiter. „Bist du noch mit dem Kätzchen zusammen?“, fragte der Koch nach. So groß seine Sorge um Shin im Moment auch war, vielleicht wäre es doch besser, Nao zu diesem zu schicken. Der Kleinere lachte trocken auf. „Keine Ahnung“, antwortete er denn gleichgültig. „Wieso fragst du?“ „Wenn ihr noch zusammen seid: Dein Freund bricht gerade im alten Lagerraum mehr oder weniger zusammen, ich denke, du würdest ihm gut tun.“ Erschrocken wich er einen Schritt zurück, als der andere förmlich aufsprang. „Und das sagst du mir erst jetzt?!“ Bevor er etwas erwidern konnte, war der Kapitän jedoch schon zur Tür heraus. Kopfschüttelnd raste Saga an dem Koch vorbei und joggte eilig durch die schwach beleuchteten Gänge. War doch egal, ob sie noch zusammen waren oder nicht, er musste Shin helfen, und wenn nur als Kapitän. Er wollte nicht, dass es dem Kleineren schlecht ging, aber er konnte es nicht ändern. Nicht allein. Er hoffte zwar, dass der andere ihn irgendwann wieder an sich heranließ, aber wirklich daran zu glauben, wagte er nicht mehr. Eilig stürzte er in den Lagerraum und trat das Taschenmesser zur Seite, hockte sich neben den anderen und zog den zitternden Körper in seine Arme. Er spürte, wie der Jüngere sich verkrampfte, aber er wollte diesen vorerst nicht wieder loslassen. Er hörte den anderen weinen, und gerade darum wollte er das schlanke Geschöpf in seinen Armen beschützen. Automatisch drückte er den Jüngeren fester an sich, als der sich in seinem Shirt festkrallte. Wenn er Shin nur so helfen konnte, sollte es kein Problem sein, aber vielleicht hatte der andere ja endlich etwas Wichtiges eingesehen und akzeptiert. Kapitel 19: Ōgaṇīsamuṁ ---------------------- Schutzsuchend drückte Shin sich an den warmen Körper und schloss die Augen. Er wusste, dass Saga bei ihm bleiben würde und ihm gleichzeitig die Meinung sagen würde, wenn es notwendig war. „Saga…“, flüsterte er erstickt und genoss für kurze Zeit die Nähe des anderen. Trotzdem war noch nicht alles wieder in Ordnung. „Es tut mir Leid.“ „Schon gut. Tu dir selbst nur den Gefallen und lass dir von jemandem helfen. Ich will doch nur, dass es dir wieder gut geht. Versteh bitte einfach, dass ich dir nichts Böses will. Niemand hier will dir wehtun.“ Langsam nickte Shin. Wenn er Saga so beruhigen könnte, wäre es kein Problem. Und so, wie es jetzt war, war es wirklich kein Problem, einzusehen, dass er Hilfe brauchte. „Wir gehen an Land und suchen dir Hilfe. Wir suchen uns Hilfe“, flüsterte der Ältere ihm zu und strich ihm durch die Haare. „Wenn wir im Hafen bleiben müssen, ist es okay. Hauptsache ist, dass es mit dir wieder aufwärts geht.“ Wieder nickte er, wenn auch etwas widerwillig. „Ich will aber mit niemandem darüber reden.“ „Du musst. Du musst lernen, damit umzugehen, wenn du wieder ein halbwegs normales Leben führen willst. Und bis dahin versuche ich, alles von dir fernzuhalten, aber du musst mir vertrauen.“ Still drückte Shin sich an den Älteren. Er wusste, worauf der andere anspielte, aber er konnte nichts gegen die Reaktion seines Körpers tun. Unsicher öffnete er die Augen und rutschte wieder von dem anderen weg, bis dieser ihn losließ und nur noch beruhigend seine Hand hielt. „Schaffen wir das?“ Unsicher wischte er sich über die Augen und sah den anderen an. „Ja“, erwiderte Saga und strich ihm lächelnd durch die Haare. „Nicht allein, aber wir haben keine großartige Wahl.“ „Und du hältst zu mir?“ Shin seufzte leise. Es klang zwar so, als würde er Saga weiter bei sich haben, aber er hatte dem Kapitän einiges an den Kopf geworfen. „Ich überleg’s mir.“ Immer noch sanft lächelnd strich Saga dem Jüngeren über die Wange und küsste ihn zart auf die Stirn. „Die Chancen stehen im Moment ganz gut.“ Langsam stand Shin auf und drückte die Hand auf die dünnen Schnitte auf seinem Arm. Er blutete mittlerweile nicht mehr, aber die Wunden brannten langsam, und außerdem fror er. „Ich hole einen Verband und Desinfektionsmittel von Nao und kümmere mich darum.“ Behutsam strich der Ältere ihm über den Rücken. „Ich würde mich übrigens freuen, wenn du wieder bei mir bleiben würdest. Nachts.“ „Mal gucken.“ Ohne Widerstand zu leisten ließ Shin sich aus dem Raum schieben und ging dann ruhig neben Saga her. Still griff er nach dessen Hand. Gerade hatte er das unbeschreiblich gute Gefühl, dass alles wieder gut werden würde. Früher oder später. Auch wenn es sich wahrscheinlich eher auf später verlagern würde. Lächelnd legte Shin den Kopf in den Nacken und hielt die Augen geschlossen, genoss die Wärme auf seiner Haut. Es war ein schöner, sonniger Tag, und seit er so am Boden gewesen war, unterstützte Saga ihn nur noch mehr als vorher schon. Es war nicht mehr nur ein Gefühl, dass alles wieder in Ordnung kommen würde, es war Gewissheit. Zumindest, wenn er auch noch jemanden bei sich hatte, der ihn professionell betreuen würde, könnte es klappen. „Können wir?“ Zufrieden sah er Saga an und nahm dessen Hand. Es war schön, dass der andere zu ihm stand und sich mit ihm auf die Suche nach einem Helfer machte. Am Liebsten wäre es ihm, könnte er trotzdem auf dem Schiff bleiben, aber einen Psychologen zu finden, der dazu bereit wäre, würde wahrscheinlich nicht ganz leicht werden. „Alles in Ordnung?“ Zart strich der Größere ihm einige Haarsträhnen aus der Stirn und strich über seine Hand. Er reagierte zwar noch immer schreckhaft auf zu viel Nähe, aber er hatte Hoffnung, dass sich auch das wieder legen würde. Er genoss die Anwesenheit seines Freundes, so nah er diesen auch kommen ließ. Er wagte es momentan nicht einmal, an Sex zu denken, aber das würde seine Beziehung nur geringfügig belasten, wenn es ihm erst einmal besser ging. „Ja, alles gut. Ich bin nur ein wenig… nervös“, antwortete er und drückte die Hand seines Freundes, zog diesen ein kleines Stück weiter Richtung Festland. „Bringen wir es hinter uns“, flüsterte er und zuckte leicht zusammen, als dieser einen Arm um seine Schultern legte. „Wir finden schon jemanden. Und wenn wir ein Weilchen bleiben müssen, ist es auch okay. Wir haben Geld, also kann ich uns ein hübsches Hotelzimmer mieten und mich ganz um dich kümmern, wenn es sein muss. Und wenn wir ein paar Monate bleiben müssen, schicke ich die anderen unter Toras Kommando weiter und lasse uns in ein paar Monaten wieder abholen. Ich will ganz und gar für dich da sein.“ Zustimmend nickte Shin und ließ sich von Saga führen. Sie beide kannten sich zwar in Sydney nicht aus, aber sie würden sicher irgendwo eine Praxis finden. Das erste Mal bemerkte Shin wirklich, wie weit ihn die Flucht der Bloody Night gebracht hatte. Seit Tagen schon hatte er Australien sehen können, aber es war schon seltsam, nach Jahren seinem Heimatland wieder so nah zu sein. Zwar waren sie noch ein wenig zu weit südlich, aber er hatte das Gefühl, bald wieder ein wenig auf vertrautem Boden wandeln zu können. Gefrustet seufzte Shin und trank einen Schluck Wasser. Sie waren schon seit Stunden unterwegs, aber bisher hatte er sich bei keinem der Psychologen wirklich wohl gefühlt. Er hatte mittlerweile darauf bestanden, eine Pause zu machen und sich irgendwo hinzusetzen, weshalb er jetzt auch auf einer niedrigen Mauer hockte. „Bleib ganz ruhig, wir haben Zeit.“ Sanft küsste Saga ihn auf die Stirn. „Es ist nur wichtig, dass du dich bei dem Psychologen, der dich betreuen soll, wohlfühlst, damit der dir helfen kann. Aber uns wurde doch jemand empfohlen.“ Seufzend nickte Shin und legte den Kopf auf die Handflächen. „Ich hab Kopfschmerzen, keine Lust mehr und meine Füße tun weh“, grummelte er leise und verzog nur widerwillig das Gesicht, als er das Lachen seines Freundes hörte. „Komm schon. Noch ein Versuch. Wenn der auch daneben geht, trage ich dich zum Schiff zurück und gebe dir unterwegs noch ein Eis aus.“ Shin brummte unwillig, nickte aber doch. Protest hatte ja doch keinen Sinn, und er hatte keine Lust, wieder stundenlang zum Schiff zurückzulaufen. Also blieb ihm nicht sonderlich viel übrig. „Na dann komm. Auf ein Letztes.“ Neugierig sah Shin sich in dem Büro um. Es wirkte nicht nur moderner als die der vorher besuchten Psychologen, sondern auch gleichzeitig gemütlicher. Außerdem hatte der Mann hinter dem Schreibtisch schon einen Pluspunkt, da er einer von seinen Landsleuten war. „Wie genau kann ich Ihnen denn helfen?“, fragte der Schwarzhaarige ruhig und lehnte sich in dem gemütlich aussehenden Schreibtischstuhl zurück. Shin kannte die Prozedur nur zu gut. Während Saga die Situation kurz erklärte, sah er sich um oder spielte mit dem Saum seines T-Shirts herum. Er wollte die Worte seines Freundes nicht hören, aber völlig ausblenden konnte er es auch nicht. „Keine leichte Situation“, räumte Doktor Kawauchi schließlich ein. „Ich kann hier nicht weg, so gern ich Ihnen auch helfen würde, und es ist leichter, so etwas in einer vertrauten Umgebung zu verarbeiten.“ „Ich kann Ihnen so viel bezahlen, wie sie wollen“, erwiderte Saga ruhig und sah kurz zu Shin, der bestätigend nickte. Das bedeutete auf jeden Fall, dass es für den Jüngeren in Ordnung war. „Ich will dafür nur, dass Sie Ihren Job machen. Wenn es Shin besser geht, können Sie das Schiff in jedem Hafen verlassen.“ Der Psychologe lachte. „Ich bin zu alt für solche Abenteuer“, winkte dieser dann ab. „Aber ich hätte da eine andere Lösung vorzuschlagen. Mein Sohn hat eine Weile Psychologie studiert und bei mir eine ganze Menge gelernt. Er ist noch jung und hat Träume. Er will die Welt sehen, aber der Job, zu dem er sich entschieden hat, lässt es nicht zu. Ich sehe ihn manchmal am Hafen stehen und auf das Wasser sehen. Vielleicht könnte er an meiner Stelle mitkommen.“ Unschlüssig zuckte Saga mit den Schultern und sah zu Shin, der sich ebenfalls nicht ganz sicher war. „Wenn wir ihn vorher treffen können, können wir uns eher entscheiden“, antwortete der Ältere dann und strich über Shins Hand. „Dinge wie Budget können wir danach auch noch klären.“ „Wenn ich meinen Sohn anrufe, kann er sicherlich herkommen. Ich werde sofort mit ihm telefonieren, aber ich muss Sie bitten, den Raum zu verlassen. Die nächsten Patienten kommen bald und Termine muss auch ich wahrnehmen.“ „Natürlich.“ Verstehend nickte Saga und verabschiedete sich kurz, verließ dann mit Shin den Raum und setzte sich auf einen freien Stuhl im Wartezimmer, zog den Jüngeren dann auf seinen Schoß. Seine Arme ließ er jedoch ruhig auf den Lehnen des Stuhls liegen. „Was denkst du?“, fragte er leise und legte seine Stirn an Shins Schulter. „Wenn sein Sohn nach ihm kommt, ist das mit Abstand die bestmögliche Wahl“, erwiderte der Kleinere. „Ich weiß nicht, er strahlt eine große Ruhe und Neutralität aus. Es macht für ihn anscheinend keinen Unterschied, dass ich mit einem Mann zusammen bin und mir irgendwelche Schweine das angetan haben. Obwohl ich eigentlich als Mann stark genug sein sollte. Das finde ich gut. Es beruhigt irgendwie, nicht für das verurteilt zu werden, wer ich bin.“ Verständnisvoll nickte der Kapitän und strich ihm durch die Haare. „Mal gucken, wie sein Sohn ist. Einen Schiffspsychologen zu haben, hätte bestimmt auch Vorteile.“ Still nickte Shin. Mit einem Schiffspsychologen würde Nao entlastet werden, aber ob das ihr Leben wirklich erleichtern würde, war eine andere Diskussion. Aber das würde sich alles zeigen. Vorher sollte es ihm besser gehen, auch der Ältere war der Meinung, dass sein Wohl mittlerweile über alles ging. „Sind Sie diejenigen, die eventuell einen Job für mich haben?“ Erschrocken sah Shin den Blonden an, stand dann aber auf und verbeugte sich leicht. Der andere konnte nicht größer sein als er selbst, aber er machte einen ganz sympathischen Eindruck. „Ja. Du kannst uns aber trotzdem ruhig duzen. Ich bin Saga und das ist Shin.“ Sanft lächelnd strich Saga seinem Freund über die Wange, wandte sich dann aber wieder dem Blonden zu. „Okay. Ich bin Yumehito. Also, worum geht es und warum übernimmt mein Vater nicht?“ „Weil wir auf einem Schiff leben und dein Vater nicht vom Fernweh geplagt wird“, beantwortete Saga die Frage geheimnisvoll lächelnd. „Lass dir die Situation am Besten von deinem Vater erklären. Wenn du dann noch interessiert bist, komm morgen früh zum Hafen. Unser Schiff fällt auf.“ Verwirrt sah Yumehito zwischen ihnen hin und her, schien aber nicht ganz abgeneigt zu sein und nickte schließlich. Ein leichtes Lächeln legte sich auf Shins Gesicht. Wie viele Mitglieder der Crew wohl schon aus Neugierde, Fernweh und Abenteuerlust bei ihnen gelandet waren? Es musste auf jeden Fall die Mehrheit sein. Seufzend kniff Shin die Augen zusammen und zog sich die Decke über den Kopf. Die Stille verriet ihm, dass Saga schon nicht mehr neben ihm lag. Im Moment musste er auch zugeben, ganz froh darüber zu sein. Der vorige Tag war ruhig und schön zu Ende gegangen, aber leider waren diese Tage, an denen es ihm gut ging und er sich völlig wohl fühlte, viel zu selten. Der vergangene Tag zählte sogar zu den sehr guten, aber auf jeden Tag folgte ein schlechter, und momentan fehlte ihm sogar die Motivation, aufzustehen. Was hatte es denn für einen Sinn? Den ganzen Tag irgendwo sitzen oder liegen brachte ihm genauso viel wie im Bett zu liegen, und sein Bett war bequem. Beziehungsweise Sagas Bett war bequem und warm. Er konnte hier in Ruhe schlecht gelaunt sein. Das war besser als irgendwo herumzulaufen und nichts zu tun zu haben. Wahrscheinlich sollte er sich mit etwas anderem beschäftigen, um von den dunklen Gedankenwolken wegzukommen, aber das war gar nicht so leicht. Alle Probleme, die ihn betrafen, wurden ja konsequent von ihm ferngehalten. Sicher war er normalerweise dankbar für die Entlastung, er hatte weder Zeit noch Nerven, sich zusätzlich zu seinen eigenen Problemen auch noch mit denen herumzuärgern, die er mit seinem Verhalten herbeiführte. Gefrustet drehte er sich um und starrte an die Decke. Er musste früher oder später aufstehen, immerhin sollte Yumehito heute ankommen, und er wollte dem Blonden nicht gleich zeigen, wie fertig er mit der Welt war. Sein junger Therapeut würde schon früh genug verzweifeln und ihn ausfragen. Yumehito war irgendwie… zu niedlich, um wirklich als Psychologe zu zählen. Irgendwie hatte Shin eher das Gefühl als Testobjekt zu dienen, und das war eigentlich nicht der Sinn der Sache. Aber wenigstens war Yumehito ihm nicht unsympathisch. Langsam setzte er sich auf und strich sich durch die Haare. Es wurde langweilig nur herumzuliegen, und vielleicht war es zumindest möglich, sich mit essen zu beschäftigen, selbst wenn ihm dazu die Lust fehlte. Vielleicht würde der Start in den neuen Tag ja alles wieder erträglicher machen und seine Motivationskurve anheben. Misstrauisch beobachtete Nao den Blonden vor dem Schiff. Sicher wusste er, dass Saga an diesem Morgen jemanden erwartete, aber dieser Mann kam ihm einfach viel zu jung vor. „Saga!“, rief er den Kapitän ruhig zu sich, sah aber weiterhin auf die schlanke Gestalt. „Ja?“ Ruhig folgte der Größere seinem Blick und nickte. „Ja, das ist Yumehito. Anscheinend will er den Job doch ganz gern haben.“ Schnellen Schrittes machte Saga sich auf den Weg zu dem jungen Blonden. Der Arzt seufzte leise. Ob dieser Yumehito wohl wusste, was auf ihm zukommen würde, würde er an Bord kommen? Wohl kaum, und sein Vater wohl ebenso wenig. „Zerbrichst du dir schon wieder über Dinge den Kopf, die dich nichts angehen?“, flüsterte Kazuki ihm zu und legte die Arme um ihn, schmiegte sich dabei an seinen Rücken. So viel sich auch verändert hatte, zwischen ihnen war alles gleich geblieben. Zumindest in den Grundzügen. Ihre Beziehung war ruhig, aber sie beide konnten sich nicht beklagen. „Das geht mich sehr wohl etwas an“, widersprach Nao lächelnd und drückte sich an den Jüngeren. „Ich soll mit dem Kleinen zusammenarbeiten und Shin seiner Obhut überlassen. Du weißt, dass Shin für mich wie mein kleiner Bruder ist.“ Leise lachend schüttelte der Größere den Kopf und küsste ihn auf die Wange. „Du sollst mit dem Blondchen zusammenarbeiten, ja, aber Saga und Shin haben sich so entschieden. Die beiden wissen schon, was sie tun. Außerdem muss der Captain in der Hinsicht seinen Freund doch auch einem Fremden überlassen.“ Widerwillig grummelte Nao. Sein Freund hatte ja Recht, aber das einfach so stehen zu lassen, entsprach nicht seiner Art. Nur wusste er nicht, was er darauf erwidern sollte. „Aber der wirkt viel zu jung“, protestierte er schließlich doch und ließ sich gegen Kazuki fallen. „Was machen wir, wenn er mit Shin überfordert ist? Dann bleibt doch wieder alles an Saga hängen.“ „Und immer dieses Wort ‚wenn‘“, seufzte Kazuki und drehte seinen Freund zu sich um. „Sicher, du sprichst von Möglichkeiten, aber du weißt es nicht genau. Du kennst den nicht, also weißt du auch nichts über ihn. Gib ihm doch einfach eine Chance. Wir werden sehen, ob er damit zurecht kommt. Freu dich doch bis dahin erst einmal, dass du nur noch einen Job hast, nämlich den als Arzt. Deswegen bist du doch hier.“ „Weißt du, das ist das einzige, was mich an unserer Beziehung stört“, seufzte Nao und machte sich los. „Du verstehst mich nicht. Du hast nicht annähernd so viel Erfahrung wie ich, du nimmst alles zu leicht und mich und meine Sorgen nicht ernst.“ Das war dann wohl doch eine der wenigen Situationen, in denen sich der Altersunterschied bei ihnen bemerkbar machte. „Natürlich nehme ich dich ernst, aber ich will dich nicht belasten und dich vor dir selbst beschützen.“ Vorsichtig strich der Jüngere ihm durch die Haare. „Es geht hier auch nicht um Erfahrung. Es mag sein, dass du Menschen kanntest, die ihm ähnlich sahen, aber du musst ihn kennen, um seine Persönlichkeit beurteilen zu können. Beurteile ein Buch niemals nach seinem Umschlag.“ Zart zog Kazuki den Kleineren wieder an sich. „Außerdem, weißt du, wie alt er ist? Vielleicht ist er älter als ich und hat schon eine Menge Berufserfahrung. Und selbst wenn nicht, wenn Shin ihm vertraut, ist es doch gut.“ Kurz küsste Nao seinen Freund und schmiegte sich an diesen. „Vielleicht“, räumte er ein. „Das heißt aber nicht, dass ich dir recht gebe! Vielleicht sollte ich einfach mal Yoga machen oder sowas. Und vielleicht sollte ich allgemein einmal weniger arbeiten.“ „Und mir mehr Aufmerksamkeit schenken“, seufzte der Jüngere theatralisch. „Du hast auch eine Beziehung und einen Freund, der dich braucht, oder sich sonst nach Ersatz umsehen muss." Ungläubig starrte Yumehito auf das Schiff vor sich. Auffällig war eine dezente Umschreibung, aber der große Holzbau gefiel ihm verdammt gut. Er fühlte sich nur so klein, wenn er so nach oben sah, aber das Schiff hatte etwas Ungewöhnliches an sich. „Schön, dass du da bist.“ Erschrocken zuckte er zusammen, als Saga hinter ihm stand und ihn ansprach. Zügig drehte er sich wieder um, als er sich wieder gefasst hatte, und stolperte fast über seine Tasche. „Finde ich auch“, gestand er und sah dann wieder kurz zum Schiff. „Das ist dein Schiff?“ „Ja, die Dark Rose ist mein ganzer Stolz. Shin ausgenommen. Mein Freund ist mir doch noch mehr wert.“ Verstehend nickte er und sah den Braunhaarigen an. „Mein Vater hat mir erzählt, was er über Shin wusste, und einiges erklärt. Ich hatte schon mit Entführungsopfern zu tun, auch mit Vergewaltigungsopfern, aber noch nie mit so einer Kombination. Gestern hat Shin fast so gewirkt, als bräuchte er nur dich, aber ihr wärt wohl kaum auf der Suche nach einem Psychologen gewesen, wenn es wirklich so wäre.“ Seufzend fuhr er sich mit der Hand durch die Haare. „Lange Rede, kurzer Sinn. Ich will euch helfen, wahrscheinlich wirklich eher Shin als dir. Von mir aus können wir gleich los, ich habe meine wichtigsten Sachen hier.“ „Sehr gut, aber du solltest wissen, dass wir Piraten sind“, meinte der Größere leise. „Und als Neuling wirst du es nicht leicht haben. Darüber solltest du dir im Klaren sein.“ Unsicher nickte Yumehito. Bei dem Schiff war nichts anderes zu erwarten gewesen, aber es war auch nicht so, dass er wirklich ein Problem damit hatte. „Diejenigen, die Shin das angetan haben, waren dann wohl auch Piraten?“ „Ja, aber ich denke nicht, dass das wichtig ist.“ Ruhig sah der Größere ihn an, schien dabei aber eher in seine Seele zu blicken, weshalb sich ihm die Nackenhaare aufstellten. „Na ja…“ Unsicher rieb er sich über seine Unterarme und wich dem durchdringenden Blick aus. „Könnte man die Verantwortlichen belangen, könnte er vielleicht eher damit abschließen. Das Problem ist, dass bei euch kein Strafrecht greift. Also muss es irgendwie auch so gehen.“ Zögernd hob er den Blick wieder und sah den Kapitän an. „Es gibt ein Rechtssystem, das greift“, erwiderte der Ältere. „Das Piratenrecht zählt sogar nur für uns, und es schreibt Regeln vor, aber keine Strafen. Nur müssen wir die dafür erst bekommen, und noch will ich Shin das nicht antun. Außerdem geht es dann in erster Linie um etwas anderes, nicht mehr um Shin und mich.“ „Ich komme aus zwei Gründen mit euch“, beendete Yumehito das vorige Thema. „Ich will einmal die Welt sehen und zum anderen Shin helfen, so gut ich kann. Ich mag ihn irgendwie und deswegen ist es mir wichtig, aber ihr haltet mich aus Überfällen, Morden und so weiter raus. Ich will nicht kriminell werden, weil mein Job mich zu euch treibt.“ Der Braunhaarige lachte leise. „Du machst dich strafbar, sobald du das Schiff betrittst. Wegen Förderung der Piraterie. Was du daraus machst, ist deine Sache.“ „Das weiß ich. Ich bin kein Kind mehr“, erwiderte Yumehito ernst. „Ich will nur nicht in den Knast, aber das sollte sich auf einem Schiff vermeiden lassen.“ „Auch ein Schiff kann zum Gefängnis werden.“ Nachdenklich sah Saga ihn an, schüttelte dann aber den Kopf. „Sieh dich um. Ich hoffe, du hast kein Problem damit, dir mit anderen einen Schlafraum zu teilen.“ „Morgen.“ Ohne wirklich auf die anderen zu achten, ließ Shin sich auf einen der Hocker in der Kombüse fallen. Sollte Shou doch merken, dass er scheiße drauf war. Wenigstens würde man ihn so nicht mit Fragen bombardieren. „Kaffee oder Kakao?“ Ein leises Seufzen entkam ihm, bevor er „Kakao“ zurück nuschelte. Es war falsch, seine schlechte Laune an einem völlig Unbeteiligten auszulassen, aber er wollte niemandem etwas vorspielen, wenn ihn doch eh alle durchschauten und dann nur auszuquetschen versuchten. Duschen hatte seine Laune auch nicht gebessert, und auch frühstücken kam ihm nur noch sinnlos vor. Warum setzte er dieser Existenz nicht einfach ein Ende? Weil er es nicht konnte. Wegen Saga. Und streng genommen wusste er, dass er gar nicht sterben wollte, er wollte kämpfen. Aber er konnte es auf Dauer nicht. Er hörte, wie die Tür geöffnet wurde, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Es lebten so viele Menschen auf der Rose, dass ständig irgendwo irgendjemand einem über den Weg lief. „Guten Morgen!“ Skeptisch zog er eine Augenbraue hoch, drehte dann aber doch den Kopf und lächelte den Blonden leicht an. Yumehito war zu ihnen gekommen und machte nicht den Eindruck, bald wieder gehen zu wollen. „Ach Shin, du machst ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter. Geht es dir heute wirklich so schlecht?“ Still zuckte der Angesprochene mit den Schultern. Manchmal war es einfach angebrachter, gar nichts anstatt der Wahrheit zu sagen. „Was heißt, er will nicht darüber reden“, mischte Shou sich ein und musterte den Blonden einen Moment, lächelte diesen dann an. „Seit er wieder bei uns ist, ist er nicht der Gesprächigste.“ „Ja, aber mit mir muss und wird er reden“, erklärte Yumehito überzeugt und setzte sich neben Shin, strich ihm über den Rücken. „Ich habe meine Tricks.“ „Ja? Wer bist du überhaupt, Blondie?“ „Ich bin der neue Schiffsarzt. Arzt eher für die Dinge, die man nicht sehen kann.“ Herausfordernd sah Yumehito den Größeren an. Der Koch sah nicht schlecht aus und wollte scheinbar mit ihm spielen. Auch wenn er nicht deswegen hier war, Spaß konnte neben der Arbeit nicht schaden. „Shins neuer Psychologe? Ein bisschen zu jung und zu hübsch, denkst du nicht auch?“ Ruhig zuckte er mit den Schultern und strich sich durch die Haare. „Nicht nur Shins Psychologe. So schnell werdet ihr mich nicht mehr los. Übrigens mag ich die Bezeichnung Arzt lieber. Oder Yume.“ „Yume? Kann es sein, dass du sehr von dir überzeugt bist?“ „Nein, nicht wirklich so sehr, aber meine Eltern waren es. Yume als Abkürzung für Yumehito. Wie du siehst, ich habe keine Schuld an meinem Namen.“ Abwesend seufzte Shin und sah auf den Tresen vor sich. Es war ja schön und gut, dass Shou und Yumehito sich nicht nur gut zu verstehen schienen sondern gleich munter drauflos flirteten, aber mussten die das tun, während er daneben saß? Demnächst würden sie noch vor seinen Augen übereinander herfallen. „Entschuldige.“ Vorsichtig strich Yumehito über seine Hand. „Sag mir Bescheid, wenn ich etwas für dich tun kann. Ich denke, dass wir mit der eigentlichen Arbeit erst in ein paar Tagen beginnen sollten. Wir müssen uns nur erst einmal aneinander gewöhnen, das heißt aber nicht, dass ich mich einfach vergnügen will. Saga bringt mich um, wenn ich dich vernachlässige.“ „Shou, können wir nachher noch kurz reden?“ Fragend sah Shin den Älteren an, ignorierte Yumehito somit völlig. Bevor die beiden tatsächlich noch übereinander herfielen, musste er den Koch an eine andere Kleinigkeit erinnern. „Klar, weißt du doch.“ Sanft wuschelte der Ältere ihm durch die Haare. „Aber erst wirst du jetzt frühstücken.“ Kapitel 20: Niijuu ------------------ Ruhig sah Nao seinen jungen Kollegen an. Über eine kurze Vorstellung waren sie bisher nicht hinausgekommen, zwischen ihnen herrschte eine fast schon eisige Stille. Er wusste nicht, wie er den Jüngeren einschätzen sollte, und er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Fremder Shin helfen sollte. „Was ist los? Im Prinzip sind wir Kollegen, nur für unterschiedliche Bereiche“, brach Yumehito die unangenehme Stille. „Kein Grund, mich feindselig zu behandeln.“ „Nicht feindselig, vorsichtig. Wissen ist Macht und du weißt schon zu viel über uns. Wenn du das Schiff verlässt, reicht ein Wort, um uns ans Messer zu liefern.“ Langsam setzte Nao sich auf seinen Schreibtisch und drehte einen Stift zwischen seinen Fingern. Er hatte ja wirklich nichts gegen den anderen, aber Misstrauen hatte noch niemanden umgebracht. „Ich will euch nicht ans Messer liefern, ich will Shin helfen. Und ich bleibe zumindest vorerst bei euch.“ Skeptisch sah Nao den Blonden an. „Wie alt bist du und wie viel Erfahrung bringst du mit?“ „26 und wenig, aber ich bin noch im Studium gewesen. Ich habe das ziemlich locker gesehen und von meinem Vater viel gelernt, das die Professoren gar nicht hören wollten. Glaub mir, ich werde mein Bestes geben. Ich krieg das hin.“ „Shin ist kein Experiment“, erwiderte Nao scharf. „Ich kenne ihn lange genug. Er braucht Hilfe, ja, aber fähige. Deine Motivation und deine gute Seele in allen Ehren, aber das wird nicht reichen. Ich bin zwar kein ausgebildeter Psychologe, aber ich habe mich damit beschäftigt. Ihm geht es so schon schlecht genug, bei falscher Behandlung kann es nur noch viel schlimmer werden.“ „Das ist mir klar und es wäre nett, wenn du mich unterstützen würdest. Er kennt dich und er vertraut dir. Ich brauche deine Hilfe, um an ihn heranzukommen.“ Seufzend strich Nao sich mit der Hand durch die Haare. Was würde wohl passieren, wenn er Yumehito seine Hilfe verweigern würde? Aber er würde dem Blonden weniger schaden als Shin. „Meinetwegen“, murmelte er, hob aber mahnend den Zeigefinger. „Wenn du scheiße baust, gibt’s Ärger. Weniger von mir als vom Kapitän.“ Abwartend sah Shin Yumehito an. Der Blonde hatte ihn am Nachmittag zum Gespräch gebeten, und er hatte gar nicht weiter protestiert. Er war schon neugierig, was der Ältere mit ihm besprechen wollte, auch wenn es nur bedingt wichtig sein konnte. „Was genau soll ich für dich tun?“, fragte der andere schließlich leise. „Du sollst mir helfen“, gab er ebenso leise zurück und sah den Älteren verständnislos an Was sonst sollte er erwarten? „Du musst dir darüber im Klaren sein, dass ich diese Bilder nicht löschen kann. Die Erinnerungen werden bleiben und immer etwas sein, das sich geprägt hat. Ich kann dir nur helfen, damit umzugehen und den Bildern und Szenen den Schrecken zu nehmen. Du musst dir das so vorstellen wie…“, einen Moment dachte Yumehito nach, „wie wenn ein kleines Kind auf eine heiße Herdplatte fasst. Die Erinnerung existiert und hat Erfahrungswert, aber es ist nicht schlimm.“ Shin nickte schwach. Er war zwar manchmal ein wenig leichtgläubig, aber das war ihm schon klar gewesen. Kein Psychologe konnte derartige Wunder vollbringen. „Das reicht mir ja schon“, meinte er leise. „Ich muss nur damit leben können, ohne Angst zu haben.“ „Wovor genau hast du Angst?“ Behutsam strich Yumehito ihm durch die Haare und legte eine Hand auf seine Schulter. „Davor, das alles noch einmal durchmachen zu müssen. Und… vor jedem“, flüsterte er und schloss die Augen, stützte den Kopf auf seine Handflächen. „Genau das ist das Schlimmste.“ „Wir kriegen das schon wieder hin. Vielleicht solltest du dich ins Bett legen und dich noch ausruhen. Auf uns kommt harte Arbeit zu.“ „Yume, ich weiß nicht, warum, aber ich kann nicht daran glauben, dass alles wieder gut wird. Du kannst mir vielleicht helfen, aber du kannst das alles nicht rückgängig machen.“ Leise seufzte Shin und schloss die Augen. Er wollte sich ja helfen lassen, aber ohne Hoffnung war das wohl kaum machbar, ebenso wenig wie ohne Kraft. „Ich kann niemanden an mich heranlassen. Ich hasse es, allein zu sein, aber ich kann nicht lange an Deck oder allgemein in der Nähe vieler Menschen sein, das zweite zumindest nicht an ganz schlechten Tagen.“ „Hast du schon einmal an eine Schocktherapie gedacht?“ Vorsichtig streichelte Yumehito seine Hand. „Es ist gut, dass du mir davon erzählst, das macht es leichter, die Situation einzuschätzen. Aber bei dem Problem wird es dir helfen, dich selbst dazu zu zwingen, die Nähe eines anderen anzunehmen.“ „Ich kann mich nicht einmal von Saga in den Arm nehmen lassen“, bemerkte er mit hochgezogener Augenbraue. Wie sollte der Plan der bitte aufgehen, wenn er nicht einmal den vertrautesten Menschen an sich heranlassen konnte? „Ich habe ja auch nicht von jetzt sofort gesprochen“, versuchte der Ältere ihn zu beruhigen. „Warte, bis du dich an einem Tag ganz wohl fühlst. Lieber langsam und sicher als zu übereilt und mit nur kurzfristiger Wirkung. Und danach langsam Schritt für Schritt.“ Still betrachtete Shin am nächsten Vormittag die langsam vorbeiziehenden Bäume der Promenade und die dahinter liegenden Gebäude. Es war fast normal, Orte hinter sich zu lassen, aber er hatte selten etwas Melancholisches an sich. Aus Sydney hatte er aber etwas Wichtiges mitgenommen. Er hatte Hilfe angenommen und Yumehito als Helfer akzeptiert. Er hatte das gute Gefühl, dass es ihm auf kurz oder lang besser gehen würde. „Hey.“ Sanft küsste Saga ihn auf die Wange und strich ihm einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Australien gefällt dir, nicht?“ „Schon, aber mir gefallen viele Orte“, wich er aus und sah abwesend auf das Wasser. „Mir ist egal, wo wir sind, aber ich will, dass du bei mir bist.“ „Das weißt du. Und bald hast du noch mehr Unterstützung. Du musst mir nur vertrauen und dich auf Yumehito einlassen, zumindest was das betrifft. Er wird dir helfen, deswegen haben wir ihn hergeholt.“ Shin nickte nur schweigend. Er wollte darüber nicht mit Saga diskutieren, besonders, da es keinen Sinn hatte. Dass die Theorie leichter war als die Praxis wusste der Größere wahrscheinlich selbst. „Ist schon in Ordnung. Ich will dich nicht unter Druck setzen. Ich will nur, dass es dir bald besser geht.“ Langsam nickte Shin wieder. Er musste an Yumehitos Rat denken, aber er wusste nicht, ob er sich jetzt schon auf diese Schocktherapie einlassen konnte. Gleichzeitig war es aber unerträglich, wie sehr der andere Rücksicht auf ihn nahm und sich um ihn kümmerte. „Hör verdammt nochmal auf, dich ständig um mich zu sorgen!“, zischte er und funkelte seinen Freund an, trat einen Schritt zurück. „Damit setzt du mich mehr unter Druck als mit sämtlichen anderen Worten! Sei doch einmal egoistisch und zwing mich zu irgendwas!“ „Shin, verdammt! Wenn es dir schlecht geht, kann ich dich nicht aufs Bett schmeißen und durchnehmen! Vielleicht brauchst du diesen Arschtritt einfach, auch wenn er nur indirekt ist, aber würdest du dir sonst helfen lassen?! Außerdem können wir dir die Hilfe nur anbieten, was du daraus machst, ist deine Sache! Aber denk daran, dass du nicht nur für dich sondern auch für mich entscheidest!“ „Was betreffen dich meine Entscheidungen?! Wir sind zusammen, aber immer noch zwei Menschen!“ Gereizt sah er den Älteren an, der kurz die Augen schloss und durchatmete, dann abwehrend die Hände hob. „Ganz ruhig. Es tut mir leid, okay? Ich will nicht mit dir streiten, aber ich will dich auch nicht verlieren. Ich will nicht, dass du unsere Beziehung aus Spiel setzt, und nein, das ist kein Vorwurf.“ Einen Moment schloss Shin die Augen und legte die Hände vor sein Gesicht. Das konnte doch nicht wahr sein. Er wollte seine Beziehung retten, aber sobald seine Gefühle mit ihm durchgingen, passierte das Gegenteil. „Mir tut es leid“, nuschelte er und ging schnell die wenigen notwendigen Schritte, um sich an Saga zu schmiegen und das Gesicht an dessen Hals zu verstecken. Er spürte, wie sein Körper augenblicklich reagierte, aber wenn er nur so seine Beziehung retten konnte, würde er das Zittern ertragen. „Du musst das nicht tun, Shin“, flüsterte der Größere ihm zu und legte locker die Arme um ihn, strich ihm durch die Haare. „Das ist schon okay“, flüsterte er mit zitternder Stimme zurück. „Halt mich nur fest und warte ab. Bitte.“ Leise keuchte er auf, als der Kapitän ihn fest an sich drückte und ihm über den Rücken strich. Es war ungewohnt, den anderen Körper so nah an seinem zu spüren, und auch wenn sein Körper zitterte, zwang er sich, sich nicht wieder zurückzuziehen. Er wollte sich wieder an die Nähe anderer Menschen gewöhnen, und er bemerkte auch, wie Yumehitos Vorschlag das gewünschte Ergebnis zeigte. Sein gehetzter Atem beruhigte sich zwar langsam, aber doch stetig, sein Herz klopfte nicht mehr panisch und das Zittern wurde schwächer. Wenn er nur lange genug wartete, würde sein Körper wieder komplett ruhig werden. „Ich tu dir nicht weh“, flüsterte der Ältere ihm zu und strich ihm durch die Haare. „Ich weiß, dass ich es dir in den letzten Tagen und Wochen viel zu selten gesagt habe, aber ich liebe dich.“ Ein leichtes Lächeln schlich sich auf Shins Gesicht. Er genoss diese Worte jedes Mal, besonders, wenn Saga sie ihm zuflüsterte. „Ich dich auch“, nuschelte er, hob langsam den Kopf und lächelte den Älteren unsicher an. Es war komisch, praktisch wieder von vorn anzufangen, aber vielleicht war das das Beste für sie. „Es ist nicht viel, aber ein Anfang“, meinte er leise. „Mach dir keinen Kopf. Du weißt, dass ich dir Zeit lasse. Bleib einfach ganz ruhig.“ Lächelnd küsste Saga ihn auf die Stirn und rieb ihm über den Rücken. „Ich will nur nicht ständig mit dir streiten. Ich weiß ja, dass du es nicht magst, wenn ich mich zu sehr um dich kümmere, aber ich kann nicht anders.“ „Schon gut“, erwiderte er und kuschelte sich an seinen Freund. Auch wenn er immer noch nicht alles hinter sich hatte, nicht einmal annähernd, war doch immerhin eine Hürde schon einmal bewältigt. Vielleicht würde mit Yumehitos Hilfe und Sagas Unterstützung sein Leben doch wieder irgendwie… normal werden. Ein sanftes, zufriedenes Lächeln schlich sich auf Yumehitos Gesicht, während er Shin und Saga beobachtete. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Jüngere so reagieren würde, aber es schien Shin selbst überrascht zu haben. Wenigstens machte der Kleine Fortschritte. „Shin und Saga nähern sich also wieder an.“ Erschrocken fuhr er herum und sah Shou an, der ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. „Ich wollte dich nicht erschrecken, aber vielleicht kannst du ein wenig Zeit für mich erübrigen.“ Fragend legte der Blonde den Kopf schief. Natürlich hatte er Zeit, aber es ging darum, was der Koch von ihm wollte. Wenn er das Gespräch in der Küche in Shins Beisein richtig deutete, war der andere an ihm interessiert. Nun gut, wieso sollte er das auch nicht ausnutzen? Der Ältere war attraktiv genug, um zumindest für einen One-Night-Stand zu taugen. „In deinem Bett?“, fragte er amüsiert und stemmte die Hände in die Hüften. Zu leichte Beute wollte er auch nicht sein, also sah er wieder zu Shin. „Ich weiß nicht, vielleicht braucht Shin mich in nächster Zeit dringend, wenn ich dann nicht da bin…“ „Yume, hör auf, mit den Ausreden.“ Langsam beugte der Größere sich zu ihm hinunter. „Ich krieg dich in mein Bett, ob jetzt oder in zehn Minuten macht keinen Unterschied“, flüsterte der andere ihm zu und pustete ihn sanft an. „Außerdem kommt Shin im Moment ganz gut ohne dich klar.“ „Ich denke, dann habe ich ein paar Minuten über“, antwortete leise und ließ sich von Shou, nachdem dieser seine Hand genommen hatte, mitziehen. Es war für ihn alles andere als neu, mit einem anderen Mann ins Bett zu gehen, auch wenn das letzte Mal schon ein wenig zurücklag. Er hatte sich noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, ob er schwul oder bisexuell war, weil es keine Rolle spielte. Nicht, solange sich gut anfühlte, was er tat. Kurz sah er sich neugierig in Shous Schlafzimmer um, setzte sich dann aber direkt auf das Bett und wartete darauf, dass der andere zu ihm kam. Ob er wollte oder nicht, Shin hatte sich von Saga lösen müssen, immerhin musste der andere auch noch Pflichten erfüllen, die mit ihm nichts zu tun hatten. Wahrscheinlich war es auch nicht die schlechteste Idee, wenn er sich ein wenig Zeit zum Nachdenken nahm. Es war nicht geplant gewesen, dass er sich praktisch sofort an Saga drückte, aber es war passiert. Selbst wenn er sich anfangs unwohl gefühlt hatte, es war, nachdem er seine Panik überwunden hatte, sogar angenehm gewesen. Er musste sich nur wieder an das alles gewöhnen. „Können wir reden, Shin?“ Lächelnd drehte er sich um und sah Zero an. Er hatte schon lange nicht mehr mit dem Schwarzhaarigen gesprochen, eigentlich hatte Saga alles Wichtige geklärt, aber er hatte nichts dagegen einzuwenden mit dem Älteren zu sprechen. Wieso sollte er auch? „Klar, warum nicht?“ Langsam setzte er sich auf eine Kiste und sah zu dem anderen auf. „Weil Saga mich tötet, wenn er das mitbekommt“, erwiderte der Schwarzhaarige trocken. „Er will nicht, dass wir uns sehen, weil er dich beschützen will. Meiner Meinung nach absoluter Blödsinn, aber ich kann ihn verstehen. „Moment, stopp mal bitte kurz.“ Fassungslos sah er den Älteren an. Er wusste zwar, dass Saga ihn beschützen wollte, aber von dieser Maßnahme wusste er nichts. „Saga hat dir verboten, mit mir zu reden? Na, der kann was erleben!“ Gute Absichten hin oder her, das ging zu weit! „Zu mir meinte er nur, dass wir nicht mehr miteinander ins Bett gehen sollten, dem habe ich zugestimmt, aber was glaubt der Typ, wer er ist?! Ich bin ja wohl alt genug!“ „Bleib ruhig, Shin. Ja, du bist alt genug, aber er ist dein Freund und Kapitän. Lass ihn auf dich aufpassen. Außerdem müssen wir uns ja nicht an das Verbot halten, was mache ich denn sonst gerade?“ Verschwörerisch zwinkerte der Ältere ihm zu. „Wäre ja noch schöner“, grummelte Shin und schloss kurz die Augen. „Also, was gibt’s?“, fragte er dann lächelnd. „Nichts Besonderes. Ich wollte nur wissen, wie es dir geht und ein wenig mit dir plaudern. Ich habe mich lange mit Riku unterhalten.“ „Wenn ich sagen würde, dass es mir gut geht, würdest du mir wahrscheinlich nicht glauben und es wäre auch gelogen.“ Leise seufzte er, lächelte den Schwarzhaarigen dann aber wieder schief an. „Es wird besser, immerhin bin ich nicht allein. Ich habe mich mit Saga versöhnt und konnte Shou ausreden, dass er Schuld ist. Nao kümmert sich um mich, Kazuki beschützt mich und Yumehito gibt mir Ratschläge und will mit mir das alles aufarbeiten. Außerdem… Es kann nur besser werden. Und wie geht’s dir?“ Sanft strich der andere ihm über den Rücken, während er über seine Antwort nachzudenken schien. „Ren fehlt mir noch immer“, meinte der Ältere nach einer Weile leise, „aber es ist in Ordnung. Es muss in Ordnung sein, weil ich es nicht ändern kann. Ich habe einfach noch niemanden gefunden, in den ich mich hätte verlieben können. Aber vielleicht finde ich ja doch noch irgendwann jemanden.“ „Man soll die Hoffnung nie aufgeben“, erwiderte Shin ruhig. „Und was ist zwischen dir und Riku? Könnte nicht vielleicht aus euch etwas werden?“ „Riku und ich? Ein Paar? Niemals.“ Grinsend schüttelte Zero den Kopf. „Wir kennen uns schon ewig, und genauso lang sind wir befreundet. So gut wir uns auch verstehen, aus uns wird in diesem Leben kein Paar mehr.“ Nachdenklich nickte Shin. Schade war das eigentlich schon, aber es war Zeros Entscheidung, und Liebe ließ sich nicht erzwingen. „Du findest trotzdem noch jemanden, aber niemand kann Ren ganz ersetzen. Ich vermisse ihn auch rein freundschaftlich, aber vielleicht geht es ihm gut, wo er jetzt ist.“ „Wahrscheinlich. Unser Leben ist eine Herausforderung, nicht nur spannend, sondern auch gefährlich. Angst vor Angriffen gehört dazu, ebenso wie Angst vor dem nächsten Tag. Wenn die See ruhig ist, haben wir gute Chancen, aber ein Sturm kann alles zerstören und uns in ein Land bringen, in dem wir dem Recht ausgeliefert werden.“ „Wo wir schon bei Land sind… Wir fahren wirklich nach Japan, oder?“ Er wollte zu einem weniger pikanten Thema wechseln als Rens Tod es war. So sehr er diesen auch gemocht hatte, er dachte nicht allzu gern an die gemeinsame Zeit. Seit er zurück war. Er hatte einfach genug zu tun, um sein eigenes Leben ohne Leid weiterzuführen, dabei war die Trauer um Ren nicht wirklich angebracht gewesen. „Wenn ich richtig informiert bin, ja. Allerdings kann sich das auch schon wieder geändert haben. Saga war sich teilweise nicht ganz sicher, ob es gut für dich wäre, deswegen hat er sich auch schon öfter umentschieden.“ Verwirrt zog Shin die Augenbrauen hoch. „Was hat unser Ziel mit mir zu tun? Das ergibt überhaupt keinen Sinn.“ Im nächsten Moment hängte er eher für sich selbst als für Zero an: „Obwohl, das ist im Moment öfter der Fall.“ „Seine Entscheidungen sind sinnvoll, wenn du sie von seinem Standpunkt aus betrachtest. Ich vermute, er hat etwas vor, aber auch da weiß ich nichts Genaues. Frag ihn doch einfach.“ „Lieber nicht. Nachher wird er nur wieder schlecht gelaunt und wir streiten wieder. Das will ich nicht, und ich habe doch sowieso noch etwas mit ihm zu klären. Glaub nicht, dass unser Kontaktverbot vom Tisch ist, nur, weil es dich nicht stört.“ „Aber seid leise. Wir anderen wollen vielleicht schlafen oder sowas.“ „Beruhige dich, Shin, okay? Ich will nicht schon wieder mit dir streiten.“ Leise seufzte Saga und streckte eine Hand nach seinem Freund aus. „Glaubst du, dass ich mit dir streiten will? Ich will nur, dass du dieses stumpfe Verbot aufhebst und mir vorher erklärst, warum überhaupt. Warum willst du nicht, dass ich mit Zero rede? Du hättest das mit mir absprechen müssen. Darum geht es mir, und ich will das ein für allemal mit dir klären.“ „Ich will dich beschützen.“ Vorsichtig zog Saga seinen Freund in seine Arme und strich ihm über den Kopf. „Ich wollte verhindern, dass du dich wieder an gewisse Dinge erinnerst. Du hattest genug mit dir selbst zu tun.“ „Aber ich bin fast 24 Jahre alt. Ich will über solche Maßnahmen zumindest informiert werden.“ Seufzend lehnte Shin sich an seinen Freund und legte die Arme um dessen Körper. Er war zwar immer noch ein wenig sauer, aber seit er diese Nähe wieder zulassen konnte, genoss er Sagas Anwesenheit mehr als jemals zuvor. Vorsichtig legte er seinen Kopf auf die Schulter des anderen und hauchte einen Kuss auf dessen Hals. „Ich muss mein Leben leben dürfen, an deiner Seite, mit dir und mit deiner Unterstützung, aber mit der Freiheit, eigene Entscheidungen treffen zu dürfen. Du benimmst dich teilweise eher wie mein Vormund als wie mein Freund.“ „Ich weiß. Es tut mir leid. Aber ich kann manchmal nicht anders. Ich muss meinen Geliebten doch beschützen. Ich muss auf dich aufpassen und für dich da sein. Aber wenn du möchtest, versuche ich, mich zurückzunehmen. Deal?“ Langsam nickte Shin. Natürlich wusste er, dass sein Freund es gut meinte und dass ein Änderungsversuch nicht viel ändern würde, aber er wollte jetzt nicht mit Saga diskutieren. Er war müde und wollte Frieden halten, friedlich neben Saga schlafen. Nach einer Weile löste er sich aus der Umarmung. „Lass uns ins Bett gehen“, schlug er leise vor und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Der Tag war auch lang genug gewesen. Shou konnte nicht anders, als leise zu lachen, als er spät am Abend wieder in sein Schlafzimmer kam. Nach dem doch sehr guten Sex am Nachmittag hatte er ja wohl oder übel noch wieder arbeiten müssen, aber er hatte Yumehito angeboten, noch im Bett liegen zu bleiben und sich auszuruhen. Natürlich hatte er zu dem Zeitpunkt nicht damit gerechnet, dass der Blonde zur Zeit seines Feierabends immer noch schlafen würde, aber es störte ihn nicht im Geringsten. Eilig zog er sich bis auf die Unterwäsche aus und setzte sich auf die Bettkante, strich vorsichtig über die nackte Schulter des Blonden. Auch wenn er nur dessen Rücken sehen konnte, machte Yumehito einen friedlichen Eindruck. Leise lehnte er sich weiter über den Jüngeren und küsste ihn auf die Wange. Yumehito war vielleicht ein geeigneter Nachfolger für Hiroto, aber Shou musste zugeben, dass er keine genaue Ahnung hatte, wie es weitergehen sollte. Und wie die anderen beiden es sahen. Aber irgendwie würde sich schon alles fügen. „Shou?“ Verschlafen blinzelte der Blonde zu ihm auf und lächelte ihn schwach an. „Leg dich hin. Will kuscheln“, murmelte Yumehito und zauberte so ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. Er konnte hören, wie müde der Blonde war, aber gerade das machte ihn so süß. Leise legte Shou sich unter die Decke und seufzte, als der Jüngere sich an ihn schmiegte. Sachte schloss er den zierlichen Körper in die Arme. Am Liebsten hätte er die ganze Nacht wachgelegen und den Kleineren beobachtet, aber das Leben auf See war nicht ohne. „Shou? Ich mag dich“, murmelte Yumehito schlaftrunken und ließ ihn so kurz erschaudern. Er hatte in diesem Moment nicht damit gerechnet, es gesagt zu bekommen, aber das bedeutete nicht, dass es völlig unerwartet war. Immerhin hatten sie verdammt guten Sex gehabt, und man stieg für gewöhnlich nicht mit jemandem ins Bett, den man hasste. Sanft strich er durch die blonden Haare und küsste den anderen auf die Stirn. „Ich dich auch“, flüsterte er, obwohl der Kleinere schon wieder zu schlafen schien. Irgendwann musste er noch mit dem anderen sprechen, wenn der nicht schlief, aber bis dahin genügte die Wärme und Ruhe. Zart strich Saga über den Arm seines Freundes und betrachtete diesen lächelnd. Shin war schnell eingeschlafen, aber vorher hatten sie noch ein wenig gesprochen und gekuschelt. Es tat ihm gut, Shin wieder im Arm halten zu dürfen. Vorsichtig schmiegte er sich an den nackten Rücken des Jüngeren und schloss diesen in die Arme. Im Vergleich zu vergangenen Nächten schlief der andere sogar tief und ruhig. Es beruhigte Saga, wie sein Freund sich wieder veränderte. Allein Yumehitos Anwesenheit und das Wissen, dass er Unterstützung bekam und auch weiterhin bekommen würde, schienen Shin wieder auf die Beine zu bringen. Nein, es würde nie wieder alles so sein wie vor der Entführung, dessen war er sich trotz des momentanen Verhaltens seines Freundes bewusst, aber vielleicht hatte der Kleinere auch eine wichtige Lektion erteilt bekommen, was Vertrauen und Selbstschutz betraf. Vielleicht würde Shin seine Naivität ablegen. Natürlich machte diese Seite den Kleineren irgendwie niedlich, aber es wäre besser für alle, wenn Shin ein wenig auf sich selbst aufpassen könnte. Saga musste unweigerlich lächeln, als er an seinen Plan dachte. Es konnten maximal noch ein paar Wochen sein, bis er in der Lage war, Shin etwas Wichtiges zurückzugeben. Natürlich freute er sich darauf, Shin wieder einmal zu überraschen, aber diese Überraschung war einfach unbezahlbar. Immerhin würde eine große Last von Shins Schultern verschwinden. _____________________________________________________ Samstag. Wird unser neuer Uploadtag. Ich leide unter akutem Zeitmangel freitags. Ich fahre morgens um 7 aus dem Haus und bin abends nach 19 Uhr wieder da. >.> Mal so ganz nebenbei: Was ist im Moment wieder los? Sind so viele nicht da? Oder seid ihr einfach nur aus irgendwelchen Gründen sauer, vielleicht wegen unregelmäßiger Uploads? Na ja, egal. xD Bis zum nächsten Kapitel. ^^ Kapitel 21: Isip il ------------------- Also wirklich. Erwartet ihr wirklich, dass ich gar kein Drama mehr einbaue? XD Ohne wäre doch echt langweilig. Außerdem solltet ihr mich mittlerweile gut genug kennen. :D Aber da das Ganze nur bis Kapitel 24 geht, hier noch mal ein schöner Wendepunkt. ;D Bis zum nächsten Kapitel! ^__^ ___________________________________________________________ Es waren nur wenige Tage vergangen, aber Shin bemerkte, wie Yumehitos Therapiemethoden anschlugen. Er fühlte sich gut, auch wenn es immer noch Momente gab, in denen er wieder am Boden war. Saga baute ihn dann wieder auf und Yumehito redete ihm Dummheiten aus. Er wusste nicht, wie er sich bei seinem Psychologen jemals bedanken sollte, aber gleichzeitig wusste er, dass das, was seit Yumehitos Ankunft auf dem Schiff vor sich ging, nicht gut war. Shou und Hiroto hatten Probleme gehabt, das war bekannt gewesen, aber seit ein paar Tagen wurde Hiroto immer stiller, zog sich immer weiter zurück und sprach mit so gut wie niemandem. Im Gegenzug hingen Shou und Yumehito ständig zusammen, hatten Spaß und wirkten ziemlich zufrieden mit sich und der Welt. Nachdenklich kaute Shin auf seiner Unterlippe herum und legte den Kopf in den Nacken, genoss die Sonne auf seinem Gesicht. Er wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas ganz und gar schief lief und er das nicht so schnell wieder einrenken konnte, aber es ging ihn doch auch nichts an. Es war nicht seine Sache. Erschrocken zuckte er zusammen, als jemand die Arme um ihn legte und ihn an den warmen Körper drückte. Allein sein Gefühl sagte ihm schon, dass es nicht Saga war, aber er konnte es mittlerweile zumindest akzeptieren. „Geht’s dir gut?“, flüsterte der andere ihm zu und strich ihm durch die Haare. Langsam öffnete er die Augen und kuschelte sich an den fremden Körper. „Ja, sehr gut sogar“, murmelte er leise und seufzte. „Du musst dir nicht immer so große Sorgen machen, Nao. Nicht mehr.“ „Du hast zu viel durchgemacht. Als dein großer Bruder, wenn auch nicht biologisch, muss ich doch zu dir halten.“ Leise lachend drückte der Ältere seine Hand, wurde dann aber wieder ernst. „Dich bedrückt doch etwas. Wenn du mit Yume und Saga nicht reden willst, vertrau dich doch bitte mir an. Ich will nicht, dass du wieder in alte Muster zurückfällst. Nicht jetzt, wo es dir gerade wieder besser geht.“ Seufzend sah Shin in die Ferne und schüttelte den Kopf. Mit Yumehito konnte er auf gar keinen Fall darüber reden, der würde ihm wahrscheinlich eh nicht die Wahrheit sagen oder ihm erklären, dass es ihn nichts anging. Was ja leider auch den Tatsachen entsprach. Und Saga würde ihm sagen, dass er sich auf sich selbst konzentrieren sollte, weil alles noch nicht völlig in Ordnung war. Natürlich sah er auch ein, dass es wahr wäre, aber trotzdem… „Es geht um Shou, Yumehito und Hiroto“, antwortete er ruhig und seufzte leise. „Ich mache mir Sorgen, hauptsächlich um Hiroto, aber auch um Yume. Und was ist mir Shou? Ich weiß nicht, was zwischen Yume und Shou abläuft, aber was, wenn die beiden sich damit nur gegenseitig verletzen? Und Hiroto hängt als Shous offizieller Noch-Freund mit drin.“ „Das ist kompliziert, ja. Aber ehrlich, Shin, die drei sind genauso erwachsen wie du und sie werden schon wissen, was sie tun. Du willst doch auch, dass wir dich deine Entscheidungen treffen lassen und dir vertrauen. Dasselbe können andere von dir verlangen. Vertraue ihnen erstmal.“ Still nickte Shin. So betrachtet hatte Nao vollkommen recht, aber bei seinen Entscheidungen mischten sich auch immer alle ein, weil sie sich Sorgen machten. „Und was, wenn die ganze Sache sichtbar aus dem Ruder läuft?“, fragte er trotzdem leise. Er war immerhin mit Shou und Yumehito befreundet, und prinzipiell hatte er auch nichts gegen Hiroto, auch wenn dieser sich ihm gegenüber falsch verhalten hatte. „Dann können wir immer noch eingreifen, aber noch halten wir beide uns da raus. Mir wäre es lieber, wenn du dich ganz darauf konzentrieren würdest, wieder gesund zu werden, und Saga würde es genauso sehen.“ „Ich weiß, deswegen kann ich ja auch nicht mit ihm reden.“ Leise seufzend schloss er die Augen wieder und legte den Kopf an Naos Schulter. Er wollte nicht lange mit dem Arzt diskutieren, sie beide hatten ihren festen Standpunkt, von dem sie auch nicht abweichen würden. So war es fast immer, auch wenn sie sich gegenseitig verstehen konnten. Skeptisch zog Shin eine Augenbraue hoch, als er die Küche betrat, um sich etwas zu trinken zu holen. Es überraschte ihn so gut wie gar nicht, Yumehito und Shou wieder einmal zusammen zu sehen, eher die Tatsache, dass die beiden sich küssten und ihn gar nicht zu bemerken schienen, überraschte und schockierte ihn gleichermaßen. Okay, es war nicht selten knutschende Crewmitglieder zu sehen, aber das gerade war doch etwas anderes. Shou war immerhin nach wie vor in einer Beziehung mit Hiroto, und der wäre sicherlich alles andere als begeistert. Shin räusperte sich gut hörbar, um die Aufmerksamkeit der beiden auf sich zu ziehen. Erschrocken fuhren diese auseinander und sahen ihn an. Yumehito biss sich ertappt auf die Unterlippe, schien die Situation sonst aber für halb so schlimm zu befinden. Ganz im Gegensatz zu Shou, der ihn aus weit aufgerissenen Augen ansah. „Shin, es… Es ist nicht so, wie es aussieht“, stotterte der Koch verwirrt. „Nicht?“ Amüsiert sah er zwischen Shou und dem Blonden, der diesen fragend ansah, hin und her. „Weißt du, das hast du mir nicht zu erklären, aber Hiroto hat ein Recht auf die Wahrheit. Und Yume sieht nicht besonders glücklich darüber aus, dass du ihn verleugnest.“ Ruhig lief er um den Tresen und holte sich ein Paket Milch aus dem Kühlschrank, trank dann einen Schluck. „Was hat Hiroto damit zu tun, wenn zwischen Shou und mir etwas läuft?“ Misstrauisch sah Yumehito ihn an und zog eine Augenbraue hoch. „Wenn es so ist, ja, ich erkläre es dir gern, wenn der ehrenwerte Herr nicht will.“ Entspannt lehnte er sich an den Tresen und warf Shou einen auffordernden Blick zu. Dem Ältesten musste doch wohl klar sein, dass Yumehito und Hiroto ein Recht auf Ehrlichkeit hatten. Auch wenn er sich wieder in Dinge einmischte, die ihn nichts angingen, weder Yumehito noch Hiroto hatten es verdient, verarscht zu werden. „Shin, halt dich da raus“, meinte Shou bittend und hob besänftigend die Arme. „Ich kläre schon alles, wenn es an der Zeit dafür ist.“ „Nein, Shou. Du hast jetzt die Möglichkeit, aber du machst, wenn du es so lässt, nichts anderes als das, was Hiroto letztes Jahr mit Saga gemacht hat. Nur weiß er jetzt davon und es geht ihm schlecht“, erklärte Shin fast schon gelangweilt. Selbst wenn Hiroto nicht am Ende gewesen wäre, das erste Argument würde ihn eh weiter bringen. „Auch wenn er damals Mist gebaut habe, er fühlt immer noch wie ein Mensch.“ „Kann mir mal jemand sagen, was hier gespielt wird?“, fuhr der Blonde dazwischen und sah Shin fragend an. „Shou ist seit was-weiß-ich-nicht-wie-vielen Jahren mit Hiroto zusammen“, erklärte dieser die Situation und seufzte leise. „Letztes Jahr, noch bevor ich hergekommen bin, hatten Saga und Hiroto eine Affäre. Das Ganze hat zu einer kleinen Beziehungskrise geführt, weil das Blondchen sich komisch benommen hat. Nach meinem Verschwinden wurde es besser, aber dann kam die Geschichte raus und seitdem ist Shou sich nicht mehr sicher, ob er noch mit Hiroto zusammen sein kann, obwohl der ihn schon unzählige Male um Verzeihung gebeten hat.“ Überrascht stand Yumehito einen Moment wie erstarrt da. Die Information musste er erst einmal verdauen. Es war so, dass er den Koch sehr mochte, auch deutlich mehr als freundschaftlich normal war, aber er würde es verkraften, nachgeben zu müssen. „Yume, das… Das stimmt zwar, aber das heißt nicht, dass du mir egal bist“, versuchte Shou sofort, ihn zu beruhigen, ging dabei einen Schritt auf ihn zu und griff nach seinem Arm. Ohne zu überlegen entzog er sich dem anderen sofort und wich einen Schritt zurück. „Das glaube ich auch nicht, aber bevor du mich noch einmal anfasst, klären wir das. Endgültig. Das heißt, dass wir mit Hiroto darüber reden und eine für alle annehmbare Lösung finden. Aber eines muss dir klar sein: Ich bin niemand, der sich auf Dauer damit zufrieden gibt, ein Bettspielzeug zu sein. Entweder nimmt man mich ganz oder gar nicht.“ Shin lächelte zufrieden und trank wieder einen Schluck Milch. Yumehito konnte nicht nur anderen helfen, er war eben ein ruhiger Mensch. Und Vollprofi, also war es kein Wunder, dass er sachlich ruhig bleiben konnte. Aber Shin hatte das seltsame Gefühl, dass es den Blonden mehr verletzte, als dieser zugab. Immerhin waren auch seine Gefühle betroffen. „Danke, Shin“, meinte der andere und lächelte ihn schwach an. „Es war wichtig, dass die Wahrheit rauskommt, aber ab jetzt übernehmen wir alleine. Das ist und bleibt unser Problem. Ich kümmere mich darum, und ich kümmere mich um dich. Vertrau mir.“ „Shin-chan, was hast du jetzt wieder angestellt?“ Unschuldig lächelnd drehte Angesprochener sich um und sah seinen Freund an. War ja klar gewesen, dass alle mehr oder weniger schnell von seiner kleinen Hilfsaktion erfahren würden, und es war ebenso klar gewesen, dass Saga nicht begeistert sein würde. „Ich habe Shou einen kleinen Schubser in die richtige Richtung gegeben, das ist alles“, meinte er kleinlaut und sah den Größeren aus großen Augen an. „Das habe ich gehört. Kleiner, was mischst du dich da ein? Du hast doch selber genug Probleme.“ „Weiß ich doch. Aber ich habe dich auch bei mir. Das reicht schon, um mich fit und gesund zu halten.“ Leicht lächelnd schmiegte er sich an den anderen und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. „Ich liebe dich“, flüsterte er gegen die Lippen des anderen und lehnte seine Stirn dann an dessen Schulter. Auch wenn er manchmal mit Nao kuschelte, nichts war mit dem Gefühl von Sagas Körper an seinem zu vergleichen, und so sehr er den anderen auch vertraute, bei seinem Freund konnte er sich wirklich fallen lassen. „Ich dich auch. Das weißt du“, flüsterte der andere leise und drückte ihn fester an den warmen Körper. „Du bist nur ein viel zu gutherziger Mensch. Das macht dich angreifbar. Und das sorgt eben dafür, dass du dir jetzt gerade viel zu viele Sorgen um andere machst. Jetzt, wo wir wieder fast in Japan sind, gehört die Zeit nur uns. Wir können tun, was wir wollen. Wenn du möchtest auch nur wir zwei.“ Leise lachend nickte er und sah seinen Freund an. „Das heißt, wir können auch viel Zeit zusammen im Bett verbringen?“, meinte er dann leise und biss sich auf die Unterlippe. Verdammt, warum war es so schwer, seine Gedanken auszusprechen? „Saga, wenn du vorsichtig bist und nichts dagegen hast, will ich dir wieder näher kommen. Wir haben schon so viel hinter uns und ich kann entscheiden, was ich will.“ „Du glaubst doch nicht, dass ich nicht mit dir schlafen will, oder?“ Behutsam strich ihm der Kapitän eine Strähne aus dem Gesicht und sah ihn ruhig an. „Wenn du noch warten willst, warten wir noch. Fühle dich zu nichts gedrängt. Ich bleibe so oder so bei dir.“ „Ich weiß, dass du noch warten würdest, aber ich will es.“ Ermutigend lächelte Shin seinen Freund an und küsste diesen dann, bevor er sich dann wieder an den warmen Körper kuschelte. Er war tatsächlich auf dem besten Weg, wieder glücklich zu werden, warum sollte er plötzlich stehenbleiben? Angst war Saga gegenüber völlig unnötig. Es bestand einfach kein Grund dazu, länger zu warten, und es konnte ihn eigentlich nur weiter bringen. „Okay. Wir haben Zeit, das weißt du trotzdem. Außerdem habe ich noch etwas anderes mit dir vor.“ Fragend zog Shin eine Augenbraue hoch, obwohl der Ältere das nicht sehen konnte. Es machte auch keinen Unterschied, wenn Saga ihn überraschen wollte, schwieg dieser wie ein Grab. Und der Kapitän schien einen Landgang zu planen, was auf eine unerklärliche Art und Weise schon extrem komisch war. Zufrieden sah Shin sich um, als er japanischen Boden unter den Füßen hatte. Ein Stück Heimat. Er war viel zu lange nicht mehr in seinem Heimatland gewesen. Er hatte einfach nie Zeit und Geld gehabt. Wie es um ihre Finanzen stand, wusste er nicht, aber er jetzt hatte er die Zeit, um sich in Ruhe umzusehen. Und zu seinem Glück musste er nicht allein losziehen, Saga, Tora und Zero würden ihn begleiten. Jede Straße seiner Heimat verbarg Erinnerungen vor denen er geflohen war. Wobei die Erinnerungen nicht so schlimm waren wie die Ereignisse, die in diesen enthalten waren. Vielleicht würde er Menschen aus seinem alten Leben begegnen, die er nie mehr hatte wiedersehen wollen, im schlimmsten Fall seinem Vater. Aber er müsste sich diesem nicht allein stellen so wie früher immer. Nichts würde jemals wieder so sein wie in der Zeit, die er trotz der schlimmen Ereignisse an Bord der Bloody Night immer noch als die schrecklichste Zeit seines Lebens bezeichnen würde. Er hatte sich verändert, war stärker und reifer geworden und er fand Rückhalt, wenn er danach suchte. Es gab eigentlich keinen, weshalb er sich noch vor seinem Vater fürchten sollte. Aber was damals passiert war, konnte er nicht vergessen. Er würde sich nie ganz davon lösen können. „Bereit?“ Erschrocken zuckte er zusammen, als sich Sagas Arme um seinen Körper legten und er die warme vertraute Stimme so nah an seinem Ohr hörte. Er mochte es einfach nicht, erschreckt zu werden. Trotzdem beantwortete er die Frage mit einem nervösen Nicken. Er konnte den Sturm der Erinnerungen nur herauszögern, auf kurz oder lang würde er eh damit leben müssen. „Hab keine Angst“, flüsterte der andere ihm zu und drückte seine Hand. „Egal, was passiert, ich bin in deiner Nähe und passe auf. Wenn du dich an irgendeinem Ort nicht wohl fühlst, sag es mir einfach.“ Verwirrt zog der Jüngere eine Augenbraue hoch, nickte aber wieder. Das klang als hätte sein Freund vor, ihn zu foltern, wenn auch nur seelisch. Gleichzeitig wollte Saga ihm aber zur Seite stehen. Was sollte dieses Verhalten ihm bitte sagen? Mit dem Kopf schüttelnd nahm er Sagas Hand und ließ sich von dem Älteren führen, sah sich dabei aber neugierig um. Viel hatte sich geändert, das Leben stand nun einmal nirgendwo still. Aber trotzdem kam ihm das alles irgendwie bekannt vor. Wahrscheinlich sahen die Handelsstraßen aber eh überall gleich aus. „Oh nein!“ Fassungslos sah Shin auf das Haus und den kleinen Vorgarten und wehrte sich dabei gegen Sagas Griff. Das konnte der Kapitän nicht ernst meinen, nie und nimmer. Das konnte nur ein blöder Scherz sein. „Das kannst du vergessen!“, setzte er trotzdem hinzu und machte einen Schritt zurück, zuckte zusammen, als er gegen Zero prallte. „Hör mir zu, Shin. Bitte. Du kannst mich danach immer noch hassen, von mir aus kannst du mir auch eine Ohrfeige geben, aber tu dir selbst den Gefallen und komm mit.“ Der Jüngere hörte die Worte, aber seine Gedanken waren viel zu weit weg. Er hatte seine Kindheit in diesem Haus verbracht, er hatte selten, aber immerhin manchmal, mit seinen Geschwistern in dem Vorgarten gespielt. Er hatte sich oft genug wegen schlechter Noten kaum nachhause getraut. Und jetzt sollte er sich einfach so der Vergangenheit stellen. Er sollte seine Mutter wiedersehen, vielleicht auch seine Geschwister. Und er sollte völlig unvorbereitet seinem Vater gegenübertreten. „Es geht hier nicht um uns. Saga, ich kann nicht… Mein Vater… Du kennst die Geschichte.“ „Dein Vater ist aber im Moment nicht hier.“ Lächelnd strich der Kapitän ihm über die Wange. „Ich habe ein bisschen recherchiert und Kontakt zu deiner Mutter gehalten. Nur, weil sie mir die Arbeitszeiten deines Vaters gegeben hat, habe ich dich überhaupt hergebracht. Und du bist nicht allein.“ Unsicher biss Shin sich auf die Unterlippe. Er spürte Zeros Wärme an seinem Rücken, also war Flucht ausgeschlossen. Selbst wenn er hätte fliehen können, er hätte es wahrscheinlich nicht getan. Er konnte nicht immer nur weglaufen. Und… Da war immer noch die Möglichkeit, Toyo zu sehen. Allein das war es eigentlich wert, das Risiko einzugehen. „Shin, bitte. Tora und Zero sind auch dabei. Dir kann nichts passieren. Ich will dir nur helfen, mit deiner Vergangenheit abzuschließen und in die Zukunft sehen zu können. Und ich will, dass du Kontakt zu deinem Bruder hast. Ich sehe doch jeden Tag, dass Toyo dir fehlt und du dir Vorwürfe machst, weil du ihn allein gelassen hast.“ Still nahm Shin die Hand seines Freundes und küsste ihn leicht auf die Wange. „Das ist süß von dir. Und es ist in Ordnung. Aber nur, wenn du bei mir bleibst. Hoffen wir dann, dass das alles gut geht.“ Unsicher sah er zu dem Haus und bemerkte, wie der Größere beruhigend mit seinem Daumen über seinen Handrücken strich. Unruhig atmete er durch und machte dann seufzend einen Schritt auf sein Elternhaus zu. So schlimm war es eigentlich nicht und es konnte nicht schlimm sein, mit seiner Mutter zu reden. Bevor er es eigentlich bemerkte, stand er schon vor der Haustür und atmete tief durch, bevor er die Klingel betätigte und wartete, Saga kurz einen nervösen Blick zuwarf und sich förmlich an dessen Hand festhielt. Unbewusst hielt er die Luft an, als die Tür sich öffnete und er sich seiner Mutter gegenüber sah. Unsicher ließ er die Hand seines Freundes. Wie sollte er nur reagieren? Es war ein komisches Gefühl, seine Mutter nach so langer Zeit wiederzusehen. „Shin… Mein Gott. Was ist aus meinem kleinen Sohn geworden?“, meinte seine Mutter verlegen lächelnd. „Kommt doch alle erst mal rein und geht in die Küche.“ Langsam betrat Shin den Flur und sah seiner Mutter nach, während diese in die Küche ging. Eilig zog er sich die Schuhe aus und folgte der schlanken Frau, blieb jedoch im Türrahmen zur Küche stehen. „Dein kleiner Sohn ist erwachsen geworden“, beantwortete er die Frage, um keine unangenehme Stille aufkommen zu lassen. Langsam trat er zu der schwarzhaarigen Frau und lächelte sie leicht an, legte eine Hand auf ihre Schulter. „Es ist komisch, wieder hier zu sein.“ Überrascht zog er eine Augenbraue hoch, als seine Mutter ihn einfach schweigend umarmte. Einen Moment reagierte er gar nicht, erwiderte die Umarmung dann aber und schloss die Augen. „Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Es ist auch seltsam, den eigenen Sohn nach Jahren völlig verändert nachhause kommen zu sehen. Egal, was passiert, Shin, du bist und bleibst mein ältester Sohn.“ Zufrieden entließ er seine Mutter aus der Umarmung und lehnte sich an die Küchentheke. Er sah die anderen im Türrahmen stehen und winkte sie einfach herein. „Mama, von Saga hast du ja schon gehört, immerhin hat er mich hergebracht und dich kontaktiert. Die anderen beiden sind Zero und Tora, zwei gute Freunde.“ „Das dachte ich mir. Ich wusste nicht, ob du überhaupt herkommen würdest, aber ich dachte mir auch, dass dein Freund dich herbekommen wird. Nur über den Zeitpunkt wusste ich nichts Genaues.“ Verwirrt legte Shin den Kopf schief und sah zu Saga, dann zurück zu seiner Mutter. Was bitte hatte der Kapitän ihr erzählt? „Du weißt Bescheid?“, hakte er deshalb leise nach und sah wieder zu dem Älteren, der aber nur ratlos mit den Schultern zuckte. „Nein, er hat es mir nicht erzählt. Nicht direkt. Aber die Art, wie er von dir gesprochen hat, hat einiges durchscheinen lassen. Vergiss nie, dass Frauen, und besonders Mütter, von so etwas Ahnung haben.“ „Und es ist für dich kein Problem, dass ich mit einem Mann zusammen bin?“, fragte er vorsichtig und sah dabei aus dem Fenster. „Wieso sollte es? Überrascht sah seine Mutter ihn an, schüttelte dann aber nachsichtig lächelnd den Kopf. „Ich kenne es nicht anders und ich war darauf eingestellt, dass du zumindest nicht nur an Mädchen interessiert bist. Du hattest hier so gut wie keine Freunde, erst recht keine Freundinnen.“ „Was heißt, du kennst es nicht anders?“ Wieder sah Shin seine Mutter perplex an. Er hatte in den letzten Jahren definitiv einiges verpasst. Vielleicht sollte er zukünftig viel mehr Kontakt zu seiner Familie halten. „Das solltest du Toyo selbst fragen. Ich weiß aber ehrlich gesagt nicht, wie er darauf reagieren wird, dich nach der langen Zeit zu sehen.“ Langsam nickte Shin, konnte aber nicht verhindern, dass sich ein schwaches Lächeln auf sein Gesicht schlich. Immerhin lebte sein Bruder, das war schon gar keine schlechte Entwicklung. „Was hast du in den letzten Jahren gemacht, Shin? Ausbildung, Studium, Nebenjob? Ich bin nur neugierig. Was tust du jetzt?“ „Dies und das“, antwortete er ausweichend und lächelte seine Mutter verlegen an. „Ich habe eine Ausbildung in der Gastronomie gemacht, konnte eine Weiterbildung dann aber nicht abschließen, weil ich bei Saga auf dem Schiff gelandet bin. Privat hatte ich zwar in den Niederlanden die eine oder andere Freundin, aber das hat nie lange gehalten. Und im Moment habe ich eigentlich keine andere Aufgabe, als mich um meinen Freund zu kümmern. Alles in allem ziemlich unspektakulär.“ „Ihr lebt auf einem Schiff, aber keiner von euch sagt, wie ihr Geld verdient.“ Aufmerksam sah die ältere Frau ihn an. „Ich will eine ehrliche Antwort von dir. Seid ihr Piraten?“ Unsicher schluckte Shin und sah auf seine Hände. Er wollte niemanden mit in die kleinen oder großen kriminellen Geschäfte ziehen, aber er konnte seine Mutter nicht anlügen. Machte es denn einen Unterschied, wenn er eine Lüge mehr erzählte? „Ja, sind wir“, mischte Saga sich ruhig ein und stellte sich neben seinen Freund, legte einen Arm um dessen Körper. „Ich bin nicht nur Shins Freund sondern auch sein Kapitän. Das Schiff untersteht meinem Befehl.“ Anerkennend nickte Shins Mutter. „Ich glaube, Shin, du hast deinen Platz in dieser Welt gefunden. Du siehst glücklich aus und ich gönne dir dieses Glück. Jetzt wäre es nur gut, wenn es deinem Bruder genauso gehen würde. Er ist hier genauso unglücklich wie du es warst. Ich würde mich freuen, wenn ihr einen Platz für ihn hättet. Wenn er hier weg will.“ Still sah Shin seinen Freund an. Er wusste nicht, ob es eine gute Idee wäre, seinen kleinen Bruder mitzunehmen. Das Leben auf See war alles andere als ungefährlich, das hatte er selbst zu spüren bekommen, und er konnte Toyo nicht beschützen. Er konnte ja nicht einmal sich selbst beschützen, das übernahm Saga, wenn auch sehr gern. Eigentlich konnte das kein guter Plan sein. „Uns gehen zwar die Betten aus“, antwortete Saga für ihn, „aber ich denke, dass Toyo hier raus muss, wenn er genauso behandelt wird, wie es bei Shin der Fall war. Toyo ist Shins Bruder und gehört dadurch zur Familie. Ich denke, wir werden noch einen Platz für ihn finden, wenn er es möchte.“ Leicht zuckte Shin zusammen, als die Haustür zugeknallt wurde. Er konnte nicht verhindern, dass er zu zittern begann. Was, wenn sein Vater früher von der Arbeit zurückgekommen war? Unruhig schloss er die Augen und atmete durch. Er war verdammt nochmal kein Kind mehr, sein Vater hatte nichts mehr über sein Leben zu entscheiden. Und er war nicht allein, es konnte ihm nichts passieren, solange Saga bei ihm war. „Mama?“ Fragend sah der Neuzugang in die Rune und betrat die Küche ganz. „Was ist hier los?“ Langsam öffnete Shin die Augen und sah den Jüngeren an. Er spürte, wie das Zittern wieder abnahm, sein Herz aber auf einmal deutlich schneller und aufgeregter schlug. Toyo konnte nicht viel kleiner oder größer sein als er selbst, aber das Haar des Jüngeren wirkte heller als seines. „Wir haben Besuch, wie du siehst.“ Shin lächelte leicht, als der Blick seines Bruders an ihm hängen blieb. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Toyo ihm um den Hals fallen würde, aber irgendwie hatte er es sich gewünscht. „Hey, Brüderchen“, begrüßte er den Kleineren leise und löste sich aus Sagas schwachem Griff, ging unsicher auf seinen Bruder zu und blieb vor diesem stehen. „Shin? Was zum…?“, entkam es dem anderen, der ihn immer noch ansah als wäre er ein Geist. Im nächsten Moment warf sich der andere förmlich gegen ihn und verbarg das Gesicht an seiner Schulter. Zart legte er seine Arme um den schlanken Körper und strich seinem Bruder über den Rücken. Es dauerte nur einen Moment, bis der Jüngere den Kopf wieder anhob und ihn sanft anlächelte. „Bruderherz… Mein Gott, Shin, wo warst du die ganze Zeit über?“ „In Europa und auf den Meeren“, beantwortete er die Frage wahrheitsgemäß und strich dem anderen vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich hab dich vermisst“, gestand er leise und konnte nicht anders, als ebenso leise zu lachen. „Du bist stärker als ich. Immerhin bist du noch nicht abgehauen.“ Auch Toyo musste leise lachen. „Glaub nicht, dass ich es leichter habe als du. Vor zwei Jahren war hier die Hölle los, als Papa mich mit meinem damaligen Freund im Bett erwischt hat. Aber im Gegensatz zu dir war ich zu feige, einfach meine Sachen zu packen und abzuhauen.“ „Willst du denn überhaupt von hier weg?“, fragte Shin leise und löste sich von seinem kleinen Bruder, sah diesem aufmerksam in die Augen. „Das meinte Mama also damit, dass sie es nicht anders kennt, als ihren Sohn in einer Beziehung mit einem Mann zu sehen.“ „Meinte sie das?“ Frech grinste Toyo ihre Mutter an und küsste Shin auf die Wange. „Ja, natürlich will ich hier weg. Aber ohne Geld, Ausbildung und nur mit wenigen Sachen abzuhauen, ohne wirklich zu wissen, ob meine Zukunft dann besser aussieht… Was ist, wenn dann alles nur schlimmer wird? Ich will nicht anschaffen gehen müssen, um zu überleben. Dagegen ist es selbst mit unserem Vater unter einem Dach angenehmer.“ Schweren Herzens biss Shin sich auf die Unterlippe und seufzte. „Na ja… Toyo…Mittlerweile lebe ich unter Piraten und Saga… ist der Captain des Schiffes…“ Einen Moment sah er den Älteren schweigend über seine Schulter hinweg an. „Und er ist mein Freund. Im Sinne von… wir sind zusammen. Er meinte, du könntest mit uns kommen.“ Wieder seufzte er leise und kaute auf seiner Unterlippe herum. „Ist jemand hier?“ Erschrocken sah Shin zu dem Durchgang zum Flur und wich ganz automatisch in die gegenüberliegende Ecke zurück. Warum? Zitternd krallte er sich an der Holztheke fest. Er musste sich irgendwie wieder in den Griff bekommen, sein Atem ging plötzlich viel zu schnell und flach, so dass das Atmen schon fast schmerzte. Er spürte Sagas besorgten Blick auf sich, aber er konnte nichts tun. Wo war die Sicherheit, die sein Freund ihm eigentlich immer gab? Gerade jetzt, wo er es doch so sehr brauchte, beruhigte Sagas Anwesenheit ihn überhaupt nicht mehr. Einen Moment hielt er die Luft an, als sein Vater im Türrahmen erschien und ihn direkt mit finsterem Blick ansah. Das Zittern seines Körpers wurde stärker, seine Beine fühlten sich an, als wollten sie nachgeben und er hatte das Gefühl, ihm würde jeden Moment schwarz vor Augen werden. „Ach, das undankbare Gör kommt auch einmal wieder her. Was willst du, Shin? Du hast dein Leben ruiniert, verschwinde und sieh zu, wie du klarkommst!“ Shin konnte nicht verhindern, dass ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Trotzdem atmete er durch und schüttelte den Kopf. „Ich will kein Geld und keine Unterstützung, ich will Frieden“, widersprach er seinem Vater, konnte aber das Zittern seiner Stimme nicht überspielen. „Außerdem… Ich habe mein Leben nicht ruiniert. Zu gehen war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Ich habe Liebe, meine Freunde und ein Zuhause.“ Unruhig beobachtete er seinen Vater, der nach wenigen Schritten vor ihm stand und ihn wütend anfunkelte. „Verschwinde und komm nie wieder her!“, fuhr der Ältere ihn an und hob die Hand, um auszuholen. Hätte er gekonnt, wäre Shin weiter zurückgewichen, aber er spürte das unnachgiebige Holz in seinem Rücken. Fest kniff er die Augen zusammen und drehte den Kopf zur Seite. Er kannte seinen Vater lange genug, um zu wissen, wie er den Schmerz möglichst gering halten konnte. Aber der erwartete Schmerz blieb aus. „Niemand hat das Recht, Shin anzurühren“, erklärte Saga ruhig und hielt den Arm des anderen fest. Zittrig atmete Shin durch und sah Saga an, der seinen Vater förmlich mit Blicken zu töten schien. Er wollte nur noch weg von hier, nach Hause. Auf die Dark Rose. „Wir werden gehen, ja, aber nicht allein. Toyo wird zu seinem eigenen Wohl mit uns kommen.“ Langsam ließ der Kapitän den älteren Mann los, stellte sich aber zwischen Vater und Sohn. „Wer sind Sie, dass Sie glauben, das entscheiden zu können?!“ Ein bedrohliches Lächeln legte sich auf Sagas Gesicht. „Ich bin Shins Chef, sein Freund und Ihr schlimmster Albtraum, wenn Sie ihm auch nur einen Schritt zu nahe kommen.“ „Sein Freund?!“ Aufgebracht versuchte der ältere Mann, sich an Saga vorbei zu drängen, um doch noch an seinen ältesten Sohn heranzukommen, gab aber schon nach kurzer Zeit auf. „Beide Söhne sind dreckige Schwuchteln! Womit habe ich das verdient?! Dass Shin eine Schande für uns ist, ist eine Sache, aber musste das unbedingt auf Toyo abfärben?! Und Toyo wird hierbleiben!“ Energisch ging Shins Vater auf seinen jüngeren Sohn zu, wurde aber von Zero aufgehalten. Der Schwarzhaarige hatte Toyo entschieden hinter sich gezogen und machte genauso wenig wie Saga den Eindruck, aus dem Weg gehen zu wollen. „Toyo, geh packen. In spätestens zehn Minuten gehen wir.“ Ruhig zog Saga Shin neben sich und legte einen Arm um den schlanken, zitternden Körper. Ohne groß darüber nachzudenken schmiegte Shin sich an seinen Freund und schloss die Augen. Es tat weh, was sein Vater über ihn gesagt hatte, aber die Nähe und der Schutz des Kapitäns gaben ihm Geborgenheit und Sicherheit. Gerade jetzt, wo er es so sehr brauchte. „Alles ist gut. Ich bin bei dir“, flüsterte der Größere ihm zu und rieb ihm über den Rücken. „Er kommt nicht an dich heran. Und bald bist du wieder außerhalb seiner Reichweite.“ Shin nickte leicht und lehnte seinen Kopf an die Schulter des Größeren. Trotz der Angst und dem plötzlichen Ende wusste er die Antworten auf die wichtigsten Fragen. Toyo lebte und war zwar bei ihrer beider Eltern nicht glücklich, aber es schien ihm so weit ganz gut zu gehen. Und sein kleiner Bruder würde mit ihm auf die Rose kommen, war somit zwar anderen, aber bekannten Gefahren ausgesetzt. „Wir können meinetwegen los.“ Still stellte Toyo seine Tasche ab und ging zu ihrer Mutter, die still alles beobachtet hatte. „Es tut mir Leid, Mama, aber es wird das Beste für alle sein.“ Kurz umarmte er sie und gesellte sich dann zu Zero, der seine Tasche wieder aufgehoben und sich entspannt über die Schulter gelegt hatte. „Ist schon gut. Im Gegensatz zu eurem Vater hätte ich gern ab und zu eine Nachricht, wo ihr seid und wie es euch geht, aber, Toyo, es kann für dich nur besser werden. Shin, bleib auf deinem Weg, solange er dich glücklich macht und pass auf deinen Bruder auf.“ Mit skeptischem, auf seinen Vater gerichteten Blick löste Shin sich von Saga und zog seine Mutter leicht an sich. „Ich werde mich um ihn kümmern“, versprach er leise und löste sich von der Frau, ging zu Saga und nahm dessen Hand. „Auf geht’s“, meinte er dann leise und drückte Sagas Hand. Unsicher ließ Shin sich auf einer kleinen Mauer nieder und sah auf seine Hände. Ihm war schwindlig und sein Magen rebellierte ein wenig. Warum hatte er sich nur von seinem Freund überreden lassen, das Haus zu betreten? Es war doch wohl vorhersehbar gewesen, dass es eine Katastrophe geben würde. Und jetzt? Sein Vater hatte in einem entscheidenden Punkt recht. Er war eine Schande für ihre Familie. Er war zu klein und zu schwach, er lief vor Problemen davon anstatt sich ihnen zu stellen. Er war ein schrecklicher Bruder. Dazu kam, dass Saga etwas Besseres als ihn verdient hatte. Der Kapitän nahm so viel Rücksicht auf ihn, gab ihm alles, was er wollte und kümmerte sich rührend um ihn. Und er konnte nichts davon zurückgeben. Es wäre doch für alle das Beste, wenn er einfach sterben würde. Ihn brauchte niemand, stattdessen klammerte er sich aber an die Menschen in seiner Umgebung. Er zuckte leicht zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte, aber er brauchte nicht aufzusehen, um zu wissen, wer das war. Es war klar, dass sein Freund ihn nicht allein ließ, auch wenn es für die Beteiligten vielleicht das Beste wäre. „Es ist gut, Shin. Du bist in Sicherheit. Du musst ihn nie wieder sehen.“ Sanft strich der Ältere ihm durch die Haare, kniete sich dann vor ihn und sah ihn aufmerksam an, woraufhin er dem Blick aber nur auswich. „Worüber denkst du nach?“, fragte der andere leise. Schweigend schüttelte er den Kopf und verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Er wollte nicht darüber reden, was er dachte und wie er fühlte. Saga würde alles daran setzen, ihm diese Erkenntnisse auszureden, und sollte das nicht funktionieren, wäre er schneller bei Yumehito, als er sich Antworten auf mögliche Fragen zurechtlegen konnte. Und selbst wenn er es nicht wollte, Yumehito bekam die Informationen aus ihm heraus. Dagegen war es vielleicht doch angenehmer, gleich mit Saga zu reden. Aber trotzdem wollte er nicht, dass der Kapitän sich noch mehr um ihn sorgte als sowieso schon. „Shin, bitte rede mit mir. Wenn du willst, steht das Angebot noch. Hau mir eine rein, wenn es dir dann besser geht. Aber lass mich dir helfen.“ Unsicher sah er den Größeren an. Nein, Saga würde nicht aufgeben, also konnte er sich auch gleich ergeben. Zart strich er dem Älteren über die Wange, biss sich dabei aber kurz schmerzhaft auf die Unterlippe. „Später“, stimmte er widerwillig zu und stand langsam auf. Ihm war immer noch schwindlig und ihm wurde fast schwarz vor Augen. Fest biss er sich wieder auf die Unterlippe, um vielleicht etwas gegen das Schwanken der Welt zu unternehmen. Er spürte, wie Saga ihm einen Arm um die Hüfte legte und ihn so stützte. „Geht’s?“, fragte der Ältere ihn leise und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich kann dich auch tragen.“ „Nicht nötig“, gab er leise zurück. „Geht schon wieder. Ich will jetzt nur noch zurück zu den anderen. Und dann schlafen.“ „Und was ist mit mir?“ Aufmuntern lächelte Toyo ihn an und piekte ihm in die Rippen. „Ich brauche jemanden, der sich um mich kümmert. Immerhin war ich bisher noch nie auf einem Schiff.“ Leicht lächelte Shin seinen Bruder an und schüttelte den Kopf. Man merkte dann doch, wer von ihnen der Jüngere war, egal, wie kindisch er sich benahm. „Vielleicht ist Zero ja so nett und zeigt dir alles. Ich meine, er trägt freiwillig deine Tasche.“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Man muss Kleinere und Schwächere nicht nur beschützen sondern auch ihnen helfen“, gab er einfach zurück. Kapitel 22: Irupatti iraṇṭu --------------------------- Still sah Saga auf seinen schlafenden Freund, neben dem Nao auf der Bettkante saß und sanft durch die braunen Haare strich. Er hatte Nao selber gebeten, sich ein wenig um Shin zu kümmern, weil dieser einfach nicht ruhiger wurde und trotz der ruhenden Position Schwindelanfälle gehabt hatte. Wenigstens schien der Jüngere ruhig genug geworden zu sein, um zu schlafen, aber das ganz sicher nicht nur durch Gespräche. „Was hast du ihm gegeben?“, fragte er den Arzt leise und stieß sich von der Wand ab, setzte sich ebenfalls neben Shin. „Nichts, das seinen Körper zu sehr aus dem Gleichgewicht bringt. Nur ein schwaches Beruhigungsmittel“, beantwortete der Ältere die Frage ruhig und sah ihn an. „Das Treffen mit seinem Vater hat ihn an seine Grenzen gebracht. Saga, wir müssen vorsichtig sein. Im schlimmsten Fall könnte er in die alten Verhaltensmuster zurückfallen und die Arbeit der letzten Wochen wäre umsonst.“ „Sein Vater war nicht gerade nett zu ihm“, bestätigte der Captain. „Shin ist so unheimlich sensibel, dass er sich das sofort zu Herzen nimmt. Aber ich glaube nicht, dass er rückfällig wird. Ich überzeuge ihn schon davon, dass sein Vater falsch liegt.“ Leise beugte er sich über Shin und küsste ihn auf die Stirn, bevor er sich wieder an den Arzt wandte. „Es wäre gut, wenn du Yumehito vorwarnen könntest. Nur für den Fall der Fälle.“ „Natürlich.“ Lächelnd erhob der Kleinere sich. „Wobei mir die Sache zwischen Yume und Shou mittlerweile auch Sorgen macht. Aber gut. Wir sehen uns später.“ Lächelnd pustete Toyo sich eine Haarsträhne aus der Stirn und stützte sich auf die Reling. Das war also sein neues Zuhause. Die Rose war groß genug, aber jeder hatte seinen Job und seinen Platz. Was sollte er denn den ganzen Tag über machen? So verlockend erschien der Job als Stricher ihm nicht. „Geraten wir oft in Stürme?“, fragte er Zero ruhig und drehte sich zu dem Schwarzhaarigen um. Nicht, dass er ein Problem damit hätte, auch nachts zu arbeiten, aber wirklich helfen konnte er nicht, wenn es um körperliche Kraft ging. Nur gab es leider Wetterlagen, bei denen er stur in einem geschlossenen Raum blieb. „Kommt darauf an. Wirklich heftige Stürme, bei denen jeder gebraucht wird, sind selten. Starke Regefälle, lauter und starker Wind und auch Gewitter kommen schon öfter vor. Kommt dabei natürlich auch auf die Region und die Jahreszeit an. Wieso fragst du?“ Lässig lehnte der andere sich neben ihm an das Holz und beobachtete ihn. „Na ja…“ Verlegen biss Toyo sich auf die Unterlippe und sah auf das Wasser. „Einmal weiß ich nicht, wie schnell ich seekrank werde, und zweitens… Ich weiß, dass das in meinem Alter lächerlich ist, aber ich mag Gewitter nicht besonders.“ Schwach lächelte Toyo, als er den anderen leise lachen hörte. Er hatte mit der Reaktion gerechnet, wieso sollte jemand auch anders reagieren, wenn er davon erzählte, mit fast 20 Jahren noch Angst vor Gewitter zu haben? „Man merkt, dass du Shins Bruder bist.“ Verspielt wuschelte Zero ihm durch die Haare. „Wenn es gewittert und du Angst hast, kannst du gern mit unter meine Bettdecke kommen. Ich passe doch gern auf dich auf.“ „Was hat Angst vor Gewitter mit Shin zu tun?“ Fragend legte Toyo den Kopf schief und sah den anderen an. „Hattest du eigentlich schon Sex mit meinem Bruder?“ „Ja, nicht nur einmal. Aber Saga wusste davon.“ Nachdenklich stützte der Schwarzhaarige sich ebenfalls auf die Reling und sah in das Wasser. „Auch mich hat das Leben gezeichnet, und dadurch ist es zu der Sache zwischen Shin und mir gekommen. Das endete dann aber auch von einem Tag auf den anderen. In dieser Zeit hat er auch meistens bei mir geschlafen, nachdem wir Sex hatten. War schon ganz putzig, wenn er sich wegen einem Blitz schon automatisch an mich gekuschelt hat. Aber sein Herz gehörte immer Saga.“ „Wieso war alles plötzlich vorbei?“, hakte der Braunhaarige vorsichtig nach und beobachtete Zero aus dem Augenwinkel. Irgendetwas Schlimmes musste seinem Gesprächspartner passiert sein, und er könnte es verstehen, würde Zero nicht mit ihm darüber reden wollen. „Wolltest du meinen Bruder denn jemals für dich?“ „Nein“, winkte Zero ab und schüttelte den Kopf. „Das zwischen uns war rein körperlich. Ich habe Shin als treuen Freund und Seelsorger gern, aber nicht mehr. Und die andere Frage richtest du am Besten an Saga oder Shin selbst. Beide können es dir besser erklären, aber Shin könnte empfindlich reagieren.“ Langsam öffnete Shin die Augen und sah sich verschlafen um. Der Raum war in orangefarbenes Licht getaucht, und er konnte unmöglich so lange geschlafen haben, dass der eine Tag vorbei war und der nächste schon anbrach, also musste es der Sonnenuntergang sein, der den Raum in dieses melancholische Licht tauchte. Schwer versuchte der Brünette Luft zu holen. Das Atmen wurde ihm durch irgendetwas erschwert, und ein Blick zeigte ihm auch, was – oder eher wer – dafür verantwortlich war. Saga hatte einen Arm um seinen Körper und den Kopf auf seine Brust gelegt und schlief entspannt. Ein schwaches Lächeln legte sich auf sein Gesicht, als er dem Älteren durch die Haare strich. Es war selten, dass Saga sich an ihn kuschelte. Normalerweise suchte er die Nähe des Größeren und kuschelte gern, was Saga ihm auch nie verwehrte, aber die Initiativen waren nur selten so verteilt. Eigentlich hatte der Kapitän doch so viel mehr verdient. Mehr als Shin ihm geben konnte, davon war der Jüngere selbst überzeugt. Er verstand nicht, warum der andere unbedingt ihn wollte, aber es wäre dumm gewesen, hätte er dieses Geschenk abgelehnt. Etwas in ihm sagte ihm aber, dass er Saga gehen lassen musste, damit dieser glücklich werden konnte. Er war einfach nicht der richtige Partner für den Älteren. Das Problem an dem Plan war, dass er viel zu sehr an Saga hing und zu egoistisch war, um zu tun, was gut für seinen Freund war. Ohne Saga wäre er verloren, dessen war er sich bewusst. „Du bist ja wieder wach“, murmelte Saga verschlafen und sah zu ihm auf, streckte sich dann zufrieden. Einen Augenblick blieb der Ältere ruhig liegen, rutschte dann aber weiter hoch und legte sich dicht neben Shin. „Und du siehst schon wieder so bedrückt aus. Jetzt sag schon, was ist los mit dir?“ Sanft zog der Ältere ihn an sich und strich ihm durch die Haare, sah ihn aber aufmerksam an. So gut er sich auch in der Nähe des anderen fühlte, so unwohl fühlte er sich unter diesem Blick. Auf Dauer konnte er dem Gespräch eh nicht ausweichen. „Im Wesentlichen hat mein Vater recht“, bemerkte er leise. „Ich bin eine Schande. Ich bin nichts wert. Am Besten wäre es, die Welt einfach für immer zu verlassen. Ich…“ „Sei still!“ Liebevoll strich Saga ihm über die Wange und küsste ihn kurz. „Du bist weder eine Schande noch wertlos. Und komm ja nicht auf die Idee, dich umbringen zu wollen! Aber jetzt einmal Hand aufs Herz, Kätzchen. Wir hatten sein Selbstbewusstsein schon so weit angehoben, und jetzt lässt du dir wieder alles von deinem Vater zerstören?“ „Du verstehst mich nicht.“ Seufzend drehte Shin sich auf die Seite und schmiegte sich an seinen Freund, versteckte sein Gesicht an dessen Brust. „Glaubst du wirklich, dass nur mein Vater Schuld hat? Es ist so verdammt viel passiert… Nicht nur in den letzten Wochen und Monaten. Du weißt genauso gut wie ich, dass ich nicht gut genug für dich bin, das war ich noch nie. Ich begreife nicht, wieso du mich willst. Wieso sollte mich auch irgendjemand wollen? Ich bin klein, schwach, nicht besonders hübsch und auch nicht intelligent und erst recht nicht reich. Ich bin absolut durchschnittlich, nur ein Mensch von vielen auf dieser Welt.“ „Für die Welt bist du nur ein kleiner, unscheinbarer Mensch, aber für einen Menschen bist du die Welt. Shin, glaubst du, ich kann dir erklären, was mich dazu gebracht hat, mich in dich zu verlieben? Es ist passiert. Vielleicht gerade weil du so normal bist.“ Sanft rieb er Shin über den Rücken und drückte den schlanken Körper fest an seinen eigenen. „Ich weiß, dass dein Vater nur den letzten Anstoß gegeben hat. Ich weiß, dass dein Selbstbewusstsein am Stärksten unter der Gefangenschaft gelitten hat. Jeder konnte es sehen. Du kamst zurück und warst ein kleines Häufchen Elend. Aber ich dachte, dass es dir besser geht. Lass dir jetzt nicht alles von einem Wort eines Menschen, der dich dein Leben lang wie Dreck behandelt hat, wieder zerstören.“ „Und was, wenn er recht hat? Wenn ich es verdiene, so behandelt zu werden? Immerhin scheinen alle außer dir so zu denken.“ Still biss Shin sich auf die Unterlippe und grub seine Finger in den weichen Stoff, der die Haut des Größeren verdeckte. Warum tat das nur so verdammt weh? Hatte er das wirklich verdient? Anscheinend schon. Nichts geschah ohne Grund. „Hör auf, Shin! Hör auf, dich kleiner zu machen, als du bist. Du kannst dich immer noch nicht besonders gut einschätzen. Shin, du weißt, wie wichtig du mir bist. Ich liebe dich. Akzeptier das doch einfach. Nimm es an. Ich schenke dir, was du willst, du musst nur einen Wunsch äußern. Mal ganz davon abgesehen, glaubst du, dass Toyo auch der Meinung ist, dass du wertlos bist? Du bist sein großer Bruder und er ist bestimmt froh, dich wieder zu haben. Außerdem hast du deiner Mutter versprochen, auf ihn aufzupassen.“ Wieder seufzte Shin leise. Ja, das hatte er versprochen, und Toyo würde ihn niemals als wertlos bezeichnen. Sein Bruder liebte ihn und er liebte seinen Bruder. So leicht war das erklärt. Er wollte Toyo nicht wieder im Stich lassen, er war früher doch schon einmal abgehauen. Er wollte nicht wieder so feige sein. „Schon gut. Hast ja recht“, brummte er traurig und hob den Blick, sah in die warmen, braunen Augen. „Aber trotzdem verdienst du etwas Besseres als mich. Ich meine… Ich bin dreckig und absolut unscheinbar. Ich kann dir nichts geben, und deshalb ist es auch nicht besser, wenn du mich mit Geschenken überhäufst.“ Zart küsste der Größere ihn auf die Stirn. „Du liebst mich. Glaubst du nicht, dass liebe auch ein Geschenk ist? Sogar größer und wertvoller als alles Käufliche.“ „Schon gut.“ Seufzend rollte Shin sich auf den Rücken und sah an die Decke. „Du weißt selbst, dass ich mich noch nie besonders hübsch fand. Du weißt auch, dass ich mir gewisse Dinge immer vorwerfen werde. Es war bisher für uns doch nie leicht.“ „Und trotzdem sind wir noch zusammen, wenn auch in einer schwierigen Phase. Komm schon, mein Kleiner, wir kriegen auch das wieder hin.“ Sanft legte Saga einen Arm um ihn und verwuschelte verspielt seine Haare. Nachdenklich schloss Shin die Augen. Er konnte diese Hoffnung erweckenden Wort nicht mehr hören. Er hatte sie seit seiner Rückkehr einfach zu oft gehört. Es gab keine Möglichkeit, in der Zeit zurück zu springen. Er wollte nicht hoffen. So sehr er Saga auch liebte, er hasste es, wenn der andere ihm einredete, dass alles gut werden würde. Sicher würden sie die Situation wieder unter Kontrolle bekommen, aber jedes Ereignis hinterließ Spuren, die nie ganz verschwanden. Er trug die Zeichen seiner Gefangenschaft noch in sich und anstatt diese erst schwächer werden zu lassen, warf das Leben ihm neue Hindernisse entgegen. Still kuschelte er sich an seinen Freund und schloss die Augen. Nachdenken half ihm nicht weiter und wenigstens im Schlaf blieb er so weit von schwierigen Themen verschont. Er hätte sicherlich noch genug zu tun, wenn Saga wieder Yumehito auf ihn losließ. Auf kurz oder lang würde Saga alles daran setzen, ihm seine Ängste zu nehmen. Es war stockfinster in dem Raum, als Toyo die Augen öffnete. Sicherlich war es komisch, mit vier anderen in einem Raum zu schlafen, weshalb ihn auch jedes noch so kleine Geräusch zusammenschrecken ließ. Er war es nicht gewohnt, dass andere Geräusche verursachten, während er schlief. Aber das Geräusch kam von keinem Menschen. Regen traf draußen laut auf das Holz, ein regelmäßiges Prasseln, gemischt mit dem lauten Zischen des Windes. Das Schiff schwankte auf den unbezähmbaren Wellen als wollte es ihn in den Schlaf wiegen. Trotzdem setzte Toyo sich auf und versuchte, irgendetwas zu erkennen. Er konnte nur wenige Umrisse ausmachen, demnach musste es wirklich mitten in der Nacht sein. Und es war kalt geworden. Still zog er die Decke enger um sich und versuchte, sich möglichst warm zu halten. Seufzend rieb er sich über die Augen. Wenn ihn schon die Geräusche seiner Zimmergenossen wach hielten, hatte er bei dem Wetter keine wirklich realistische Chance auf Schlaf. Er wollte sich gerade wieder hinlegen und versuchen zu schlafen, als es laut knallte. Zitternd schlang er die Arme um seine Knie und sah sich wieder um. Die erste Nacht auf See begann direkt mit einem Gewitter, nah wunderbar. Seufzend schüttelte der Brünette den Kopf. Zero hatte ihm zwar erlaubt, sich zu ihm ins Bett zu kuscheln, wenn es gewitterte und er sich nicht sicher fühlte, aber er wollte nicht gleich als Feigling gelten oder Zero auf die Nerven gehen. Still ließ er sich auf das Kissen zurücksinken, kuschelte sich in die Decke und rollte sich zusammen. Ein leises Wimmern entkam ihm, als es wieder laut krachte. „Hey Toyo… Willst du nicht zu mir kommen?“ Zeros leise Stimme ließ ihn zusammenzucken, aber trotzdem richtete er sich auf und versuchte, die Gestalt des Älteren auszumachen. Er konnte zwar immer noch so gut wie nichts erkennen, aber einen Versuch war es wert gewesen. „Na komm schon. Ich weiß, dass du wach bist. Ich höre die Bewegungen in diesem Zimmer.“ Seufzend schwang Toyo die Beine aus dem Bett und zuckte leicht zusammen, als seine nackten Füße den kalten Boden berührten, tapste aber trotzdem leise und vorsichtig durch die Finsternis. Er keuchte erschrocken auf, als sich eine Hand an seine Hüfte und die andere um sein Handgelenk legte. „Keine Angst, lass dich einfach von mir führen“, sagte der Ältere leise und zog ihn vorsichtig in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Unsicher gehorchte Toyo, bis er gegen das Bett stieß und sich auf den Rand der Matratze setzte. Wieder fuhr er zusammen, als es donnerte. „Alles ist gut. Keine Panik.“ Zart zog der andere ihn auf das Bett und drückte ihn in eine liegende Position, zog dann die Decke über sie beide. Ein leises Seufzen verließ Toyos Lippen, als er die angenehme Wärme spürte. Den Älteren schien das Wetter überhaupt nicht zu beeindrucken. Langsam drehte Toyo sich auf die Seite und lächelte, als der andere einen Arm um seine Hüfte legte. Müde legte er seinen Kopf auf Zeros Arm und schloss die Augen. Der Sturm und der Donner drangen noch immer viel zu deutlich zu ihm durch, aber er war erschöpft. „Besser?“ Vorsichtig strich der Schwarzhaarige ihm über die Wange. Zustimmend brummte Toyo und rutschte näher zu dem Älteren. Er fühlte sich schon viel besser aufgehoben, vielleicht konnte er jetzt endlich schlafen. „Dann solltest du jetzt ruhen. Im Moment können wir im Bett bleiben, solange wir wollen, aber das ist Urlaub. Normalerweise ist alles anstrengender.“ Verstehend nickte der Brünette und kuschelte sich enger an seinen Beschützer. Es war ihm eigentlich egal, immerhin hatte er keinen wirklich anstrengenden Job. Genau genommen hatte er noch gar keinen Job, und erst einmal war er müde genug. Langsam drehte Shin sich in Sagas Umarmung und betrachtete die entspannten Gesichtszüge seines Freundes. Es war noch früh, aber trotzdem wäre Saga schon wach, wenn sie in ihrem Alltag leben würden. Der Kapitän stand immer früh auf und ging spät schlafen, um seinen Aufgaben gerecht zu werden. Umso schöner war die Zeit, die sie hatten. Zart strich er dem Größeren über die Wange und schloss die Augen wieder. Schlafen konnte er wohl nicht mehr, nachdem er am Vortag und in der Nacht so viel geschlafen hatte. Aber die Ruhe hatte ihm geholfen, wieder halbwegs klar denken zu können. Der Streit mit seinem Vater hatte ihn aufgewühlt und an seinem ganzen Leben zweifeln lassen. Dabei wusste er doch, dass er Saga vertrauen konnte. Der Größere würde ihn nicht anlügen. Toyo brauchte ihn nach den ganzen Jahren jetzt in der neuen Umgebung als Bezugsperson. Für Zero war er nach Rens Tod zu einem wichtigen Gefährten geworden. Für Nao war er selbst der kleine Bruder. Seine Rolle in Sagas Leben stand fest. Und schließlich war da auch noch die Sache mit Shou und seinen Beziehungen. Auf der Dark Rose war er ein wichtiger Teil der Crew geworden, und die Crew war zu einem Ersatz für seine Familie geworden. Nein, sie war seine Familie. Er liebte sein neues Leben und würde für kein Geld der Welt wieder sein altes zurücknehmen, auch wenn es manchmal ganz angenehm gewesen war, dass sich nicht alle in seine Probleme einmischten. Wäre er ein besserer Schauspieler, hätte er dieses Problem ja auch jetzt nicht. Aber andererseits war es auch ganz schön, umsorgt und behütet zu werden. Alles hatte seine Kehrseite, welche überwog war, was das gute oder schlechte Gefühl auslöste. „Du bist vor mir wach? Das ist mal ein Wunder.“ Langsam öffnete er die Augen und sah den Älteren an. Das war, was er am meisten liebte. Neben Saga aufzuwachen und noch Zeit zu haben. Sie hatten es nicht eilig, es war ihr Urlaub und noch wirklich früh. „Anscheinend, oder?“, beantwortete er die Frage und zwang den Größeren mehr oder weniger, sich auf den Rücken zu drehen, bevor er sich rittlings auf dessen Hüfte setzte und sich zu dem anderen hinunter lehnte. „Aber zuerst heißt es doch eigentlich ‚Guten Morgen‘, oder nicht?“ „Natürlich.“ Federleicht legten sich die Hände des Älteren auf seine Oberschenkel, während ein eindeutiger Blick über seinen Körper wanderte. „Ich wünsche dir einen sehr schönen Morgen, würde aber gern wissen, was du jetzt vorhast. Immerhin sieht diese… Position nicht allzu jugendfrei aus.“ Langsam strich Shin über die nackte Brust seines Freundes. Wann hatte Saga sich wohl bis auf die Unterwäsche ausgezogen? Shin hätte schwören können, dass der Kapitän nicht noch einmal aufgestanden war, aber anscheinend hätte er damit falsch gelegen. „Dann denken wir an dasselbe“, flüsterte er und küsste den Größeren, leckte provozierend über dessen Unterlippe und ließ seine Hand durch dessen weiche, braune Haare streichen, bevor er sich wieder aufsetzte. „Ich bin nicht mehr müde, im Gegenteil, ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen. Das einzige, das mir fehlt, bist du. Körperlich. Ich will dir nah sein, auch wenn du nicht zu schnell sein solltest. Wir haben jetzt genug Zeit, wir können die Tür abschließen und niemand wird uns stören. Wann haben wir auf See denn schon diese Ruhe?“ Sanft strich der Ältere über seinen nackten Oberschenkel und nickte lächelnd. „Dann schließ die Tür ab. Aber nur, wenn du das wirklich willst, Shin. Ich will und werde dich zu nichts zwingen.“ Lächelnd erhob Shin sich und tapste über den Holzfußboden zur Tür, griff nach dem daneben hängenden Schlüssel und verschloss sie sorgfältig. Er spürte Sagas Blick in seinem Rücken fast, aber es war nicht unangenehm. Eher kribbelte seine Haut angenehm. Ohne weiter zu überlegen näherte er sich eilig wieder dem Bett und ließ sich neben Saga, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte, nieder. Der andere strich ihm zart über die Wange und versiegelte dann seine Lippen mit den eigenen. ________________________________________________________________ Tschuldigung, ich bin spät, ich weiß. Ich hab da gestern einfach nicht mehr dran gedacht, ich musste noch auf eine Willkommensparty unserer japanischen Austauschschülerin. >.< Blubb. Nächstes Kapitel wird adult und so~~ xD Ich hab im Moment wirklich viel zu tun, deswegen hier jetzt auch nicht viel. >.< Bis dann. ^^ Kapitel 23: Vīsa traṇa ---------------------- Ja, ich bin wieder spät, ich weiß. D| Sorry, ich hab mit der Austauschschülerin im Moment so viel um die Ohren. >.< 23. VORLETZTES! Ja. xD Hikari ______________________________________________________ Zart strich Shins Hand über den nackten Oberkörper seines Freundes in dessen Nacken und spielte mit ein paar Haarsträhnen. Es fühlte sich so gut an, die fremden Lippen weich auf seinen zu spüren. Ein nervöses Kribbeln breitete sich in seinem Bauch aus, als sich die Lippen seines Freundes vorsichtig gegen seine bewegten. Zufrieden seufzte er in den Kuss, als er die warmen Hände auf seiner Haut spürte. Ohne überhaupt darum gebeten worden zu sein, teilte er seine Lippen und empfing die fremde Zunge spielerisch mit seiner eigenen. Der Kuss war so anders als die anderen der letzten Zeit. Leidenschaftlicher, verlangender, herausfordernder, aber nicht drängend. Sein Freund beruhigte ihn, machte ihn aber im selben Moment nervös. Er verstand nur nicht, warum. Er war so aufgeregt wie vor seinem ersten Mal, aber er hatte doch schon öfter mit Saga geschlafen, hatte sich freiwillig auf andere Männer eingelassen und war auch von mehreren gegen seinen Willen genommen worden. Vielleicht lag es an der Zärtlichkeit und Ruhe, die Saga ihm gab. Er liebte den Größeren so wie dieser ihn. Langsam löste der andere sich von seinen Lippen und verteilte kleine Küsse auf seinem Hals. Das war so viel besser als die Berührungen, die Juri ihm hatte zukommen lassen, die Küsse schmeckten besser und ließen eine Horde Schmetterlinge in seinem Bauch herumfliegen. Zumindest kribbelte es so. Die Haut, die der Kapitän mit Küssen übersäte, fühlte sich unwahrscheinlich heiß an und jede der sanften Berührungen ließ scheinbar einen kleinen Blitz durch seinen Körper fahren. Shin seufzte zufrieden und ließ sich zurück auf das Laken sinken. Sagas Hände schienen überall zu sein und ihn verrückt machen zu wollen. Er spürte den wärmenden Körper neben sich und den heißen Atem an seinem Hals. „Saga…“ flüsterte er leise und Griff nach dem Arm des Älteren, um sich so ein wenig Halt zu verschaffen, während die warmen Hände über seinen Oberkörper fuhren. Ein leises Keuchen verließ seine Lippen, als der andere sanft über seine Brustwarze rieb. Er wusste nicht, wieso er plötzlich so empfindlich reagierte, aber allein die Berührung löste eine wohlige Wärme in ihm aus. Ohne es wirklich kontrollieren zu können, spannte er sich an und drückte sich gegen den Reiz. Er hörte Sagas leises Lachen. „Ist doch gut, mein Kleiner. Lass dich einfach fallen. Lass dich von mir verwöhnen“, raunte der Ältere ihm zu und küsste ihn im nächsten Moment wieder, erstickte so das überraschte Stöhnen, als Sagas Hand sich in seinen Schritt verirrt hatte und ihn durch den Stoff zu streicheln begann. Schwer atmend löste er den Kuss, legte den Kopf in den Nacken und schnappte nach Luft. Das Gefühl war einfach einzigartig. „Oh, verdammt, Saga…“, brachte er zwischen einigen viel zu schnellen Atemzügen heraus und krallte sich förmlich an den anderen. Ohne zu zögern hob er sein Becken an, als der Kapitän an dem Bund seiner Shorts zupfte. Er wollte die Nähe des anderen spüren, und allein der Gedanke an das, was Saga mit ihm anstellen konnte, sorgte dafür, dass ihm noch viel heißer wurde. Ungeduldig befreite er sich von dem Stoff und sah seinen Freund an, bevor dieser sich wieder aufsetzte und ihn an sich zog, sodass er mit dem Rücken an der Brust des Älteren lehnte. Ein genießendes Seufzen schlich sich über seine Lippen, als er eine warme Hand wieder in seinem Schritt spürte, während die andere über seine Brust zu streichen begann. Das war so anders, als es früher immer gewesen war, aber er hatte nichts dagegen einzuwenden, sich nur gegen den Älteren fallen zu lassen und sich auf dieses prickelnde Gefühl in seinem Unterleib zu konzentrieren. Ein leises Keuchen entkam ihm, als Saga mit den Fingerspitzen über sein Glied strich. Es schien fast so, als hätte sein Freund Angst, ihn zu zerbrechen, aber er genoss diese kleinen Zärtlichkeiten. Genüsslich strich er über den Arm seines Freundes und leckte sich über die Lippen, hob sein Becken an und drückte sich gegen die Berührung, um noch ein wenig mehr zu spüren. Warm legte sich die Hand um seinen Schaft und massierte ihn, strich aufwärts und rieb vorsichtig über seine Eichel, was ihn unterdrückt aufstöhnen ließ. Fest biss er sich auf die Unterlippe, um nicht zu laut zu werden. Trotzdem musste Saga klar sein, wie gut ihm diese Berührung tat, er zitterte unter den sanften Streicheleinheiten. Aber er hatte keine Angst, sein Körper wollte nur langsam weitergehen. Hilflos kaute Shin auf seiner Unterlippe. Er hörte sein Herz schlagen, hart und viel zu schnell, er konnte förmlich spüren, wie das Blut durch seinen Körper gejagt wurde, während die Hand seines Freunde in seinem Schritt ihre Arbeit wieder aufnahm und ihn schier in den Wahnsinn trieb. „Entspann dich, Schatz. Wenn du kommen willst, komm.“ Sanft strich der Größere ihm mit der freien Hand durch die Haare. Eilig nickte er und drehte den Kopf zur Seite, sodass er die weichen Lippen des anderen fand und diesen zu einem leidenschaftlichen Kampf herausforderte. Er wusste, dass er den Kuss nicht lange halten konnte, wenn er nicht ersticken wollte. Schwer atmend löste er die Verbindung ihrer Lippen und sah den Älteren verlangend an, schloss im nächsten Moment aber die Augen und biss sich auf die Unterlippe. Er genoss den Druck, der sich immer weiter in ihm aufbaute. Lange konnte er dem Reiz nicht mehr standhalten, das war ihm schon klar, aber er wollte diese Zuwendung solange wie möglich genießen. Zittrig krallte er sich in den Arm seines Freundes und verschaffte sich so etwas mehr Halt. Krampfhaft versuchte Shin, sich von der Hitze in seinem Körper abzulenken und drehte den Kopf auf die andere Seite. Es half ein wenig, die Wärme des fremden Körpers auszublenden, allerdings nicht lange. Schon kurz darauf leckte der andere sanft über seinen Hals und strich mit seinen Lippen über die feuchte, empfindliche Haut. Einen Moment hielt Shin die Luft an und keuchte hilflos, als sein ganzer Körper sich anspannte. Heiser stöhnte er auf und klammerte sich fester an Sagas Arm, während die warme Lust aus seinem Körper gepumpt wurde. Er spürte, wie der Größere ihn immer noch sanft reizte, die Berührungen aber nach und nach immer zärtlicher und langsamer wurden, bis der Reiz in einem leichten Streicheln endete und der andere ihm die Hand entzog. Keuchend ruhte Shin an dem warmen Körper seines Partners und hielt die Augen entspannt geschlossen. Es war nicht so, dass er schon müde war, nein, er wollte seinem rasenden Herzen nur die Chance geben, sich wieder zu beruhigen. Immerhin war die Art von Befriedigung nicht die gewesen, die er sich gewünscht hatte. Sicherlich hatte er ein wenig Angst gehabt, sich wieder seinem Freund hinzugeben, er war sich nicht einmal sicher gewesen, wie sein Körper reagieren würde. Aber jetzt? Er vertraute Saga blind, und der hatte gerade bewiesen, dass er dieses Vertrauen verdiente. „Du wirst doch wohl nicht schon wieder müde sein?“, flüsterte der andere ihm neckend zu. „Du bist doch gerade erst aufgestanden.“ Blinzelnd öffnete er die Augen und lächelte den Größeren an, der seine Hand anscheinend schon wieder gesäubert hatte, an. „Ich bin nicht müde. Außerdem… Ich kann dich doch in dem Zustand nicht zurückweisen“, antwortete er frech grinsend und rieb seinen Rücken leicht an der deutlich spürbaren Ausbeulung in der Hose des anderen, der einen Moment die Augen schloss und ein zufriedenes Seufzen hören ließ. „Ich will dich“, flüsterte er gegen Sagas Lippen und stahl sich einen Kuss, bevor er von dem Kapitän abrückte und erst einmal seinen Bauch reinigte. Eilig kramte er danach eine Tube Gleitgel aus einer Schublade hervor und ließ diese neben seinen Geliebten fallen, zog an dessen Shorts und sorgte so dafür, dass sie weiter vorankamen. Lächelnd hockte er sich vor Saga und stützte sich auf beiden Seiten an der Wand, an der Saga lehnte, ab, bevor er seine Lippen auf die des Größeren legte. Er seufzte leise in den Kuss, als er Sagas Hand wieder an seiner Körpermitte spürte, gleichzeitig näher an den warmen Körper gezogen wurde und die zweite Hand des Kapitäns seinen Weg zu seinem Muskel gefunden hatte. Einen Moment verzog er das Gesicht. Gleitgel war immer so kalt, das war der einzige Nachteil. Aber es machte so Vieles wesentlich angenehmer und schmerzfreier. Widerwillig löste er sich von den weichen Lippen des Älteren und ließ den Kopf in den Nacken kippen, um dem anderen mehr Spielraum zu lassen. Es war ein wunderbares Gefühl, wie der Ältere begann, Schmetterlingsküsse auf seinem Hals, seiner Brust und seinen Schultern zu verteilen. Ein leises Keuchen entkam ihm, als der andere mit einem Finger langsam in ihn drang. Es war noch immer kein schlechtes Gefühl, es kam nur so plötzlich. Ein schwaches Zittern lief durch seinen Körper, als sich einige Szenen wieder in seinem Kopf abspielten, aber er war hier mit Saga, der ihn liebte und ihm keine Schmerzen zufügen würde. Zögernd bewegte er sich gegen den schlanken Fremdkörper, um dem Älteren zu zeigen, dass es in Ordnung war, auch wenn er selbst noch nicht ganz sicher war, ob sein Körper mitspielen würde. Er wusste, wie er sich beruhigen konnte, und Saga kannte seinen Körper gut genug, um die Kontrolle über ihn zu gewinnen. Und allein jetzt schon lenkten die sanften Streicheleinheiten an seinem Glied ihn mehr als nur gut von seinen Erinnerungen ab. Er spürte, wie das Blut wieder in seine Lendengegend strömte, sofern es überhaupt von dort weggekommen war. Leise stöhnte er auf, als der schmale Finger über seine Prostata strich. Einen Moment wurde ihm schwindelig, aber dieses prickelnde Gefühl war es auf jeden Fall wert, besonders in Verbindung mit den zarten Streicheleinheiten. Zischend entließ Shin die Luft aus seiner Lunge und biss sich fest auf die Unterlippe, als ein weiterer Finger in ihn eindrang. Ohne dass er es wollte, spannte sich sein Körper an und verhinderte jegliche Bewegungen. Unsicher atmete er durch, als sich Sagas Hand aus seinem Schritt zurückzog und beruhigend über seinen Oberkörper strich. „Alles ist gut, Shin“, raunte der Ältere ihm besänftigend zu und hauchte ihm einen sanften Kuss über das Schlüsselbein. „Du weißt, wenn du das hier willst, musst du dich entspannen.“ Still nickte Shin und sah seinen Freund an, zog diesen in einen Kuss und konzentrierte sich auf die beruhigenden Berührungen. Tatsächlich schaffte er es so, sich langsam zu entspannen. Leise keuchte er in den Kuss, als Saga begann, vorsichtig mit den Fingern in ihn zu stoßen. Es war eigentlich ganz angenehm, wie sich die Fremdkörper in ihm bewegten und immer wieder wie zufällig über seinen Lustpunkt strichen. Aber trotzdem kamen Bilder in seine Gedanken zurück, die er eigentlich nie wieder hatte sehen wollen. Schnell schob er diese Bilder wieder beiseite und konzentrierte sich auf das Verlangen, das der Größere in ihm auslöste. Auch als sich ein dritter Finger in ihn schob, hielt er sich zurück und gab keinen Ton von sich, auch wenn er zusammenzuckte. Die sanften Küsse, die er sich immer wieder stahl, gaben ihm eine große Ruhe und Sicherheit. Die Breite der Fremdkörper verursachte zwar ein leichtes Ziehen, besonders, wenn der Größere sie auseinander drückte, um ihn weiter vorzubereiten, aber es war in Ordnung, alles im erträglichen Bereich. Still legte er seine Arme um den Nacken seines Freundes, öffnete die Augen und nickte ihm unsicher lächelnd zu. Still beobachtete er seinen Partner, als dieser das kühle Gel auf seinem harten Glied verteilte. Still kaute Shin auf seiner Unterlippe herum, als sich die Finger aus ihm zurückzogen und Saga mit ihm von der Wand wegrutschte. Leicht legte der Ältere ihm einen Arm um die Hüfte und zog ihn in Position. Shin keuchte unterdrückt auf, als er die Spitze gegen seinen Muskel drücken spürte. Er wusste, dass Saga ihm die Entscheidung ließ, was er tun wollte, auch, wie schnell es vorwärts ging, aber sein Körper wollte endlich die Nähe des anderen spüren. Still legte er seine Arme wieder um Sagas Nacken und schloss die Augen, ließ sich dann vorsichtig auf den Älteren sinken. Einen Moment wollte er inne halten, als er die Spitze in sich spürte, zwang sich aber weiter, bis er seinen Freund komplett in sich aufgenommen hatte. „Oh Gott…“ Zitternd biss er sich auf die Unterlippe und hielt die Augen geschlossen. Sein Körper kämpfte gegen dieses Gefühl, und im Moment konnte er nichts dagegen unternehmen. Behutsam strich Saga ihm über die Wange und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Lass dir Zeit“, flüsterte der Größere ihm zu und streichelte ihn beruhigend. Ruhig legte Shin seine Lippen auf die des anderen und leckte über dessen Unterlippe, worauf der Kapitän auch gern einzugehen schien. Langsam stemmte der Kleinere sich ein wenig hoch und ließ sich dann zurücksinken. Ein leises Keuchen entkam ihm, welches in dem Kuss jedoch unterging. Sein Herz klopfte wie verrückt und ihm war schon wieder so warm. Das konnte doch gar nicht sein. Wie viel Macht hatte der andere denn bitte über seinen Körper? Das erregte Zucken seines Glieds zeigte ihm deutlich, dass es zu viel war, aber so lange sein Verlangen dabei nicht zu kurz kam, war es ihm egal. Keuchend löste er den Kuss und ließ sich weiter in reitenden Bewegungen von den warmen Händen des Älteren an seiner Hüfte führen. Es zog teilweise ein wenig, aber nicht so stark, dass er gewollt hätte, dass es aufhörte. Der schwache Schmerz war zu süß und die Nähe zu berauschend, als dass er alles hätte abbrechen können. Auch, als sich der Griff des anderen lockerte, hielt Shin nicht einen Augenblick inne. Heiser stöhnte er auf, als er den anderen unbeabsichtigt gegen seinen Lustpunkt leitete. Haltsuchend gruben sich seine Finger in Sagas Schultern und kratzten über die heiße, leicht feuchte Haut. Sein Körper hatte sich wieder an diese warme Verbindung gewöhnt und ließ ihn das Gefühl der Lust genießen, was ihm immer wieder die süßesten Laute entlockte. Je länger er sich dem Gefühl hingab, desto besser schien es zu werden, besonders, da sich Sagas leises Stöhnen mit seinem vermischte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er leise seinen Namen hörte und sein Freund ihm über den Rücken strich, ihn kurz darauf aber zwang, die Bewegungen aufzugeben. Hektisch zog Saga ihn in einen unkoordinierten Kuss und kratzte über seinen Rücken. Ohne es wirklich zu wollen, ließ Shin seine Hüfte kreisen und schloss genüsslich stöhnend die Augen, bevor Saga sich mit ihm umdrehte und ihn, ohne die Verbindung zu lösen, auf das Laken pinnte. „Ich denke, es ist Zeit, dass du dich einfach fallen lässt“, flüsterte der Ältere ihm zu und begann im nächsten Moment, sich wieder in ihn zu treiben. Tonlos schnappte Shin nach Luft, als der Ältere wieder diesen süßen Punkt in ihm traf und bunte Sternchen vor seinen Augen tanzen ließ. Ein leises, enttäuschtes Seufzen verließ seine Lippen, als der andere sich aufsetzte und ihm einen Teil der Körperwärme entzog. Fest grub er seine Finger in das Laken und drängte sich gegen den Reiz, drehte den Kopf unruhig von einer Seite auf die andere, während der andere ihn fast in den Wahnsinn trieb. Die Hitze in seinem Körper war bereits so stark, dass er das Gefühl hatte, kaum noch atmen zu können. Er wollte endlich wieder zur Ruhe kommen, und die harten, immer weniger kontrollierten Stöße machten es in Verbindung mit den erregten Lauten des anderen nicht besser. „Saga“, keuchte er hilflos und spannte seinen Körper an, um dem anderen zu zeigen, was er wollte. Trotzdem zuckte er leicht zusammen, als sich Sagas Hand um sein Glied legte und ihn massierte. Stöhnend bäumte er sich kurz darauf auf und versuchte, das Zucken seines Körpers unter Kontrolle zu bekommen, während die Wellen seines Höhepunkts ihn unter sich begruben. Er erschauderte leicht, als sich der warme Samen des Größeren in ihm verteilte. Das alles kam ihm plötzlich so neu vor, aber es war so verdammt gut. Wie hatte er so lange auf Saga verzichten können? Ruhig blieb er liegen und lächelte selig vor sich hin, während der Ältere sich aus ihm zurückzog, sie beide von den Spuren des morgendlichen Treibens befreite und sich neben ihn sinken ließ. So sollte am besten jeder Tag beginnen. Kapitel 24: Niijuuyon --------------------- Zufrieden lächelnd kuschelte Shin sich an seinen Freund und zeichnete träge kleine Kreise auf die erhitzte Haut. Sein Körper vibrierte immer noch leicht, die Nachwirkungen des kleinen Schäferstündchens würden so schnell nicht verschwinden. Vielleicht würde eine kalte Dusche helfen, aber im Augenblick hatte er keine Lust, aufzustehen. Er wollte einfach nur die Wärme des anderen Körpers genießen. Ein leises Seufzen entkam ihm. Endlich. Endlich fühlte er sich wieder einmal gut. Er hatte seine Beziehung wieder unter Kontrolle, er konnte sich bei seinem Freund fallen lassen, ohne hart aufzuschlagen. Saga war sein vertrauen wert, da konnte er sich sicher sein. Es war angenehm, wie der Größere ihm durch die Haare und über den Rücken strich und ihm einfach seine Zeit ließ. Das alles, was hier geschah, war nicht erzwungen und nur einfacher Sex. Er musste nicht einfach akzeptieren, dass etwas mit seinem Körper passierte, das er eigentlich gar nicht wollte. Wieder seufzte er und sah seinen Freund an, begegnete dabei sofort den dunklen Auge, aufmerksamen Augen. Ein schwaches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Die Bilder, die immer wieder auftauchten, waren Vergangenheit. Und irgendwie verloren sie ihren Schrecken, wenn er so neben seinem Freund lag und die zärtlichen Berührungen auf seiner Haut spürte. Unter diesen Umständen würde ihm so etwas nie wieder passieren. Er war auf der Dark Rose bei seinen Freunden, die ihm das niemals antun würden. Sein Albtraum war vorbei und es wurde Zeit, dass er über die Vergangenheit hinweg kam. Lächelnd stemmte er sich ein wenig hoch und streckte sich, um den Größeren wieder sanft zu küssen. Er genoss diese zarten Kontakte plötzlich auf eine ganz andere Art. Es war eine kleine Geste, die ihm zeigte, was wirklich zwischen Saga und ihm war, keine einfache, beruhigende Berührung, die ihn nur von seinen Ängsten ablenken sollte. Wieso hatte er das während seiner Gefangenschaft nur fast vergessen? Still strich er dem Kapitän über die Wange und stahl sich wieder einen kleinen Kuss, legte dann seine Stirn an die des anderen und schloss die Augen. „Ich liebe dich“, flüsterte er und genoss einen Moment die herrschende Stille. „Shin… Du weißt, dass ich dich auch liebe.“ Sanft strich der andere ihm über den Rücken. Natürlich wusste Shin, dass er dem Größeren über alles ging, aber das bedeutete nicht, dass er es nicht gern immer wieder hörte. „Was hältst du davon, wenn wir es uns in der Badewanne gemütlich machen?“, schlug der Ältere schließlich vor. „Nach Frühsport können wir eine kleine Katzenwäsche bestimmt gut vertragen, bevor wir uns in den Tag stürzen.“ „Aber es ist noch immer viel zu früh“, protestierte Shin leise mit einem Blick aus dem Fenster, seufzte dann aber ergeben. „Na schön. Badewanne ja. Wirklich aufstehen bin ich ja ganz schwer gegen.“ „Sag mir nicht, dass du schon wieder müde bist. Du hast doch schon so viel geschlafen.“ Frech zwickte der Ältere ihm in die Seite und setzte sich mit ihm auf, strich ihm dann durch die Haare. „Na komm. Wir sollten uns zumindest für den Weg noch eine Kleinigkeit überziehen.“ Seufzend fuhr Shin sich mit einer Hand durch die feuchten Haare und sah in den fröhlich strahlenden, blauen Himmel. Die Sonne hatte zwar noch nicht ihren höchsten Stand erreicht, aber es war schon ziemlich warm. Schon fast unangenehm warm. Aber eben nur fast. Ihm war schrecklich langweilig, das war in erster Linie das Problem, und am Liebsten hätte er die Zeit mit seinem Bruder verbracht, aber Toyo war früher nie ein Frühaufsteher gewesen, und so sehr konnte sein Brüderchen sich eigentlich gar nicht verändert haben. Trotzdem beschloss er aus purer Langeweile einfach nachzusehen. So gering die Wahrscheinlichkeit auch war, sie bestand. Leise bewegte er sich durch die Gänge und grüßte jeden, der ihm entgegen kam. Allerdings waren es nur die wenigen, die meistens schon vor Sonnenaufgang auf den Beinen waren, wenn sie auf dem offenen Meer unterwegs waren. Darunter auch Byou, welcher wohl einer von Toyos neuen Zimmergenossen war. Zwar war Shin sich nicht ganz sicher, ob es überhaupt eine gute Idee war, seinen Bruder inmitten von sexbesessenen Piraten leben zu lassen, aber er hoffte einfach, dass die anderen genug Anstand besaßen. „Byou, hast du mein Brüderchen heute schon gesehen?“, fragte er den Blonden ruhig. „Ja, in Zeros Bett. Keine Sorge, es schien ihm ganz gut zu gehen, die beiden lagen zwar ziemlich dicht aneinander gekuschelt da, aber waren noch angezogen. Ziemlich niedlicher Anblick.“ Skeptisch zog Shin eine Augenbraue hoch, bedankte sich aber trotzdem für die Information. Nachdenklich lehnte er sich an die Wand und kaute auf seiner Unterlippe herum. Sein Verstand wollte ihn schon dazu zwingen, seinen Bruder in sein eigentliches Zimmer zu sperren und ihn gehörig zurechtzuweisen, immerhin hatte er seiner Mutter versprochen, auf Toyo aufzupassen. Aber Toyo war alt und besonders reif genug, um selber zu entscheiden. Und noch war gar nichts passiert, solange sein Bruder nur mit Zero in einem Bett schlief. Seufzend schüttelte Shin den Kopf. Toyo war mehr oder weniger auf sich allein gestellt, er selbst konnte nur schützend eine Hand über den Jüngeren halten. Außerdem gab es wesentlich schlimmere Männer an Bord als Zero. Der Schwarzhaarige war zwar immer noch von Rens Tod gezeichnet, aber gerade deswegen hatte der andere doch ein wenig Glück verdient. Warum sollte Toyo nicht auch ein wenig davon abbekommen? Still stieß Shin sich von der Wand ab und schlenderte den Weg, den er gekommen war, zurück. Vielleicht sollte er wirklich nur einmal mit jedem der beiden allein reden, aber das würde schon vollkommen ausreichen. Aber eines stand fest: Sollte Toyo wegen Zero leiden, hätte der Ältere sowohl bei Shin als auch bei Saga verspielt. Schwer pustete Yumehito sich eine der hellblonden Haarsträhnen aus dem Gesicht und ließ seinen Blick über das Deck gleiten. Er war mitgefahren, weil er Shin hatte helfen wollen und weil ihn das Fernweh geplagt hatte. Es gab tatsächlich das eine oder andere, das er an seinem neuen Arbeitsplatz liebte. Er konnte die Welt sehen und musste sich niemals Sorgen um seine finanzielle und medizinische Versorgung machen. Er konnte seiner Berufung nachgehen und helfen, wenn es gefordert war. Und totarbeiten würde er sich ganz sicher nicht. Aber gleichzeitig zwang ihn diese Situation auch in die Knie. Er war verliebt, was prinzipiell nicht schlimm war, aber er war in einer verdammt ausweglosen Situation. Er hatte keine Lust auf einen Streit mit Hiroto, aber er wollte auch nicht einfach so aufgeben. Dafür lag ihm schon jetzt zu viel an Shou, und wenn er an Bord bleiben sollte, würde er es nicht ertragen, würde er Shou nicht bekommen und diesen trotzdem jeden Tag sehen müssen. Zeitgleich wollte er Hiroto aber auch nicht einfach den Freund ausspannen. Es gab eigentlich keine Möglichkeit, unbeschadet aus dieser Situation herauszukommen, besonders da der Koch bei jeder Gelegenheit schwor, dass er ihn liebte. Es war zum Verrücktwerden, und Yumehito war sich nicht einmal sicher, wie lange er dieses Spiel noch mitspielen könnte. „Hey.“ Erschrocken fuhr er zusammen, als Shin ihm förmlich in den Rücken sprang und ihm vergnügt in die Rippen piekste. Shin ging es schon deutlich besser, das war mehr als offensichtlich, wegen dem Brünetten musste er also nicht mehr zwangsläufig an Bord bleiben. Wenn er also wollte, könnte er gehen, sein Auftrag war erfüllt. Schwach lächelte er den strahlenden, jungen Mann an. Irgendetwas war an diesem heute komplett anders als sonst, aber nicht negativ. „Was hast du heute Morgen angestellt?“, fragte er deshalb leise nach und musste leise lachen, als der Jüngere beschämt den Blick senkte und sich verlegen auf die Unterlippe biss. Die Frage war wohl eindeutig beantwortet. „Du musst dich nicht schämen, weil du Sex hattest. Außer, du hast Saga betrogen, aber das ist hier ja sowieso Gang und Gebe“, meinte er leicht amüsiert und wuschelte dem anderen durch die Haare. „Nein, ich habe Saga nicht betrogen. Aber es muss ja nicht gleich jeder sehen, dass ich ihn wieder so nah an mich heranlassen kann“, seufzte der Jüngere und lächelte ihn an. „Ich schulde dir viel. Ohne dich hätte ich das nie geschafft. Was hast du jetzt vor?“ Still zuckte der Blonde mit den Schultern. Das war keine schlechte Frage. Es stand ihm frei, zu bleiben oder zu gehen. „Ich denke, dass ich vorerst bleiben werde. Falls du wieder rückfällig werden solltest, will ich da sein, und eigentlich gefällt es mir hier.“ „Aber?“ Ermutigend strich Shin ihm durch die Haare. „Du weißt, wo das Problem liegt.“ Seufzend schloss er die Augen. Natürlich kannte Shin das Problem, das er hatte. Der Jüngere hatte ja durch die Weitergabe von Infos auch eine gewisse Mitschuld. „Ich würde es gern mit Shou probieren, aber dann ist da noch immer Hiroto. Ich glaube nicht, dass Shou weiß, was er uns damit antut.“ „Dann reden wir mit ihm. Große Gesprächsrunde. Das kriegen wir schon irgendwie wieder hin. Aber weshalb ich eigentlich zu dir gekommen bin… Ich wollte dich bitten, ein wenig auf Toyo zu achten.“ Langsam nickte Yumehito, legte aber fragend den Kopf schief. „Kein Problem, aber warum? Ich habe ihn mit Zero gesehen und er schien gut mit dem klarzukommen. Oder ist gerade das deine große Sorge?“ „Ich will nicht, dass er verletzt wird. Ren ist nicht einmal ein Jahr tot, und ich glaube nicht, dass Zero das völlig verkraftet hat. Toyo soll nicht einfach benutzt werden.“ „Moment, warte. Wer ist Ren?“ Obwohl er den Namen schon einmal gehört hatte, wusste Yumehito nicht, wer dieser Ren überhaupt war. Er hatte nicht weiter nachgefragt, weil es für ihn nicht so wichtig gewesen war, aber vielleicht wäre es doch hilfreich, noch mehr zu erfahren. „Ren ist Zeros Exfreund. Er wurde letztes Jahr von der Marine gefasst und hingerichtet. Sein Tod ging vielen nah, aber Zero eben besonders. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er meinen Bruder nach so kurzer Zeit wirklich als einen anderen Menschen als Ren sehen kann.“ Still pustete Shin sich eine Strähne aus der Stirn. „Ich rede mit beiden und ich achte ein bisschen auf deinen Bruder. Aber dir sollte klar sein, dass er auf niemanden hören wird, wenn er verliebt ist. Er ist eigentlich auch alt genug, um eigene Erfahrungen zu machen. Aus seinen Fehlern kann er nur lernen.“ „Ich weiß, aber er ist einfach mein kleiner Bruder.“ Yumehito lachte leise. Natürlich kannte er den Effekt nur zu gut. Jeder wollte die Menschen, die einem wichtig waren, beschützen, das war menschlich. Zum Problem wurde es nur, wenn man es übertrieb. Sanft wuschelte er dem anderen wieder durch die braunen Haare. „Ist schon gut, aber du solltest trotzdem selbst mit ihm über deine Sorgen reden. Er wird dich verstehen.“ „Komisch. Das Gleiche könnte ich dir über Shou sagen“, erwiderte Shin nachdenklich, um den anderen wieder auf dessen eigenes Problem aufmerksam zu machen. „Er muss einfach begreifen, dass er entweder Hiroto oder dich haben kann, nicht euch beide. Ich glaube einfach, dass er eine klare Ansage braucht, um zu verstehen, dass ihr euch wehrt.“ „Aber…“, wollte der Ältere protestieren, kam jedoch nicht weiter, da Shin seine kleine Predigt einfach fortsetzte: „Ich weiß, dass du Hiroto nicht wehtun und Shou zu nichts zwingen willst, aber wenn du anderen immer nur hilfst, bleibst du selbst dabei auf der Strecke. Frag Nao, wenn du mir nicht glaubst. Er kennt das Problem nur zu gut und weiß, dass er schon lange wieder Single wäre, würde Kazuki nicht so viel Verständnis für ihn zeigen. Manchmal muss man eben auch egoistisch sein.“ „Ich weiß.“ Seufzend sah Yumehito auf den Boden. Das klang in der Theorie so leicht, nur leider konnte er nicht egoistisch sein. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Menschen zu helfen, er konnte niemanden für sich beanspruchen. Er konnte es einfach nicht. „Ich glaube nicht, dass Shou und ich auf Dauer eine Chance haben, aber er muss sich entscheiden. Oder ich mache es für ihn. Er ist schon so lange mit Hiroto zusammen, das wirft man nicht einfach weg.“ „Unterschätze ihn nicht. Hiroto hat ihn verletzt, das hat er nach wie vor weder verwunden noch verziehen, also stehen deine Chancen gar nicht schlecht. Lass den Kopf nicht hängen“, versuchte Shin den Älteren aufzumuntern. Schlechte Laune brachte auch nichts, und er hatte wirklich den Eindruck, dass Shou den blonden Neuzugang zumindest ein bisschen liebte. Still hatte Shin sich mit seinem Frühstück in eine sonnige Ecke an Deck verzogen, um in Shous Gegenwart nichts Unüberlegtes zu sagen oder zu tun. Außerdem war das Wetter schon schön genug. Vielleicht würde er auch so die Gelegenheit bekommen, allein und in Ruhe mit seinem jüngeren Bruder zu sprechen. Oder sich einmal wieder mit Riku, Wataru und Saki zusammenzusetzen und sich zu unterhalten wie früher. Er hatte sich viel zu wenig mit den anderen beschäftigt, seit er wieder bei seinen Freunden gewesen war. Dass er mit sich selbst beschäftigt gewesen war, war zwar eine Begründung, aber keine Entschuldigung. Und jetzt? Er hatte immer noch genug zu tun, aber jetzt eher mit seinem Bruder und den Problemen anderer. „Guten Morgen. Was sitzt du so wie ein Hamster in dieser Ecke?“ Grinsend ließ Toyo sich neben ihn fallen und legte den Kopf auf seine Schulter. Sanft strich Shin seinem kleinen Bruder über den Arm und legte seine Wange an dessen Haar. „Ich bin ein Hamster, ja? Du dann aber auch, Süßer. Hast du gut geschlafen?“ Die Frage versuchte Shin völlig beiläufig klingen zu lassen, aber es interessierte ihn brennend, ob Toyo ihm wohl erzählen würde, weshalb zur Hölle er in Zeros Bett gelandet war. „Zuerst nicht wirklich. Es ist ungewohnt, mit den anderen in einem Raum zu schlafen. Und dann noch ein Gewitter… Nicht wirklich schön. Aber es ging dann doch irgendwie“, seufzte sein Bruder leise. „Sag mal… Was denkst du über Zero?“, fragte der andere dann scheinbar desinteressiert. „Zero ist kein schlechter Mensch, ein guter Liebhaber und ziemlich vertrauenswürdig. Ich mag ihn, aber er ist vorbelastet und meiner Meinung nach nicht einmal annähernd über Ren hinweg“, erklärte er langsam. Er wollte seinem Bruder nicht gleich erzählen, wie viel er wusste, aber es musste thematisiert werden. „Ren hat ihn verlassen?“ Langsam setzte der Jüngere sich auf und sah ihn fragend an. „Warum?“ „Ren ist zwar sein Exfreund, aber er hat Zero nicht verlassen. Es ist nicht meine Aufgabe, dir zu erzählen, worum es geht, aber sei vorsichtig, wenn du mit Zero darüber redest. Er wird kein Geheimnis daraus machen, wenn du ihn fragst.“ Sanft strich er seinem Bruder über die Wange und lächelte ihn schwach an. „Was ist zwischen dir und ihm?“ „Nichts. Noch nichts. Was soll schon sein?“, wich der Kleinere beiläufig aus. „Er ist… nett.“ „Weißt du, ich kenne die anderen aus deinem Zimmer. Und wenn wir uns sehen, unterhalten wir uns auch manchmal. Ich will dich zu nichts zwingen, wenn du nicht mit mir reden willst, aber ich habe meine Quellen.“ Toyo konnte nicht anders, als zu lachen. „Das klingt als wärst du vom Geheimdienst. Ja, ich habe mit bei Zero im Bett geschlafen und wir haben vielleicht ein bisschen gekuschelt. Und? Willst du jetzt den großen Bruder raushängen lassen?“ „Nein. Ich will dass du auf dich aufpasst. Und dass du es akzeptierst, dass ich ein Auge auf dich habe.“ Still schnappte Shin sich den Apfel, den er noch vor sich liegen gehabt hatte. Er wollte seinem Bruder nicht schaden, und er verstand dessen Freiheitswunsch, immerhin hatte Toyo vorher nie einen richtigen, großen Bruder gehabt. „Das ist doch kein Problem. Und noch gar nicht relevant. Lass uns doch erst einmal abwarten, wie das zwischen Zero und mir weiterläuft. Nur nichts überstürzen.“ Seufzend stand Toyo auf. „Ich hole mir etwas zu essen und soll mich dann bei Nao melden. Er meinte irgendwas wegen einem Gesundheitscheck.“ Verständnisvoll nickte Shin, sagte aber nichts weiter dazu. Der Kleinere hatte ja recht, noch stand gar nichts fest, und es war unnötig, sich wirklich Sorgen zu machen, immerhin kannte er Zero. Und vorerst waren ihm eh die Hänge gebunden. Genießend lag Shin auf zwei Kisten und ließ den leichten Wind mit seinen Haaren spielen. Noch war er im Urlaub, aber auch sonst hatte er nie viel zu tun. Andere mochten denken, dass er schlief, aber er wartete einfach darauf, dass die Zeit verging. Der Wind kühlte die Luft ein wenig ab, was den Aufenthalt in der Nachmittagssonne angenehm machte. Er wusste, dass noch andere die Ruhe genossen, aber es störte ihn nicht wirklich, ganz im Gegenteil zu der Tatsache, dass sein kleiner Bruder mit Byou und Kazuki verschwunden war. Aber ehrlich, Toyo war erwachsen genug, und was sprach dagegen, wenn er sich mit den anderen beiden vergnügte? Es war auf dem Schiff doch normal, und der Jüngere war eh an niemanden gebunden. Leicht zuckte Shin zusammen, als er spürte, wie jemand ihm über die Wange strich und ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen hauchte. Es war schon fast zu offensichtlich, dass nur Saga sich zu ihm gesellt haben konnte, aber auch würde kaum jemand anders ihn ganz öffentlich küssen. Träge öffnete er die Augen und lächelte den Älteren an, griff nach dessen Hand. „Du darfst dich gern zu mir legen.“ Ruhig setzte er sich ein wenig auf und zog den anderen auf die Kisten, legte sich dann wieder hin, den Kopf auf dem Schoß des Größeren liegend. „Ist dir eigentlich schon aufgefallen, wie besitzergreifend du geworden bist?“, fragte der andere leise, und Shin hatte das Gefühl, das Lächeln des Kapitäns förmlich zu hören. „Ja, ist es. Aber das hat schon seinen Grund“, erwiderte Shin leise und strich über den Arm seines Freundes. Die darauf herrschende Stille war nicht unangenehm. Er wusste nicht, über was der Ältere nachdachte, aber Shin wollte nicht nachdenken und konnte es auch ganz gut unterdrücken. Die Zeit mit seinem Freund war kostbar genug. Es war einfach angenehm, wie der Ältere ihm durch die Haare strich und ihn nicht permanent zutextete. „Shin?“, sprach der Kapitän ihn nach einer Weile an, woraufhin er ein zustimmendes, leises Grummeln von sich gab. „Bist du glücklich?“, fragte der Ältere leise weiter. Verwirrt schlug Shin die Augen auf und sah seinen Freund an. War er glücklich? Dazu gehörte mehr als pure Zufriedenheit. Trotzdem schlich sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. „Manchmal mehr, manchmal weniger. Aber ganz allgemein mittlerweile wieder, ja.“ _________________________________________________________________________________ Das letzte Kapitel. Oh Gott. An dieser Stelle wieder vielen Dank an alle Kommentatoren und Favonehmer. Ihr seid einfach super. :* Alle namentlich zu nennen, würde wieder viel zu lange dauern, deswegen mache ich das heute auch noch nicht. Was euch sicherlich interessiert, ist die Frage, ob es auch einen dritten Teil geben wird. Ehrlich? Ich kann es selber nicht genau sagen. Im Moment habe ich das Problem, dass ich mit meinen FFs über J-Rock-Bands einfach nicht weiter komme. Akute Schreibblockade. Auch wenn ich noch das eine oder andere angefangene hier herumfliegen habe. Demnach kann ich auch nicht Genaues zum Zeitpunkt sagen, wenn es eine Fortsetzung geben wird. Sollte es einen dritten Teil geben, wird da noch einiges geklärt werden müssen, aber das sollte, wenn ich erstmal diese Blockade los bin, das kleinere Übel werden. Faktisch lasse ich die FFs jetzt erstmal FFs sein, schreibe Zwischendurch immer mal wieder an den One-Shot-Sammlungen weiter und werde einfach mal sehen, wie sich das, entwickelt. Hoffen wir einfach mal, dass diese Blockade nicht mehr lange anhält. ^__^ Bis zur nächsten Fanfic, Hikari Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)