Gegen den Strom des eigenen Blutes von _Shirley ================================================================================ Kapitel 1: Die Jagd begann… --------------------------- Pairing: Dean/Castiel Staffel: Nach Staffel 5. Sam ist immer noch im Käfig und Dean ist wieder auf der Jagd. Anmerkung: Der Idee zu dieser Story ist mir in einer schlaflosen Nacht gekommen. Den Titel hab ich als Arbeitstitel gewählt und da mir kein besserer eingefallen ist, hab ich ihn so belassen. Wenn im laufe der Geschichte jemand einen besseren findet, bitte als Nachricht an mich schicken! Vielleicht sollte ich noch erwähnen das dies mein erster Versuch einer Supernatural-Story ist. Also wenn jemand was hilfreiches oder kreatives beizusteuern hat, immer gerne! Jeder der einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn auch behalten. Feedback: Ich lebe davon! Da dies meine erste Supernatural-Story ist, würde ich mich besonders über eure Meinungen freuen! Positiv wie negativ, ich nehme alles! Danke! Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an Supernatural gehören Mr. Kripke und CW. Diese Fanfiktion wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu Lebenden, Toten und Lebenden-Toten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors. (Meins!) Kapitel 1. Die Jagd begann… …in einem schäbigen Motelzimmer etwa zwanzig Minuten Fahrtweg vom Bisbee entfernt. Weiße Lichtstrahlen drangen durch die verbogenen Metalljalousien vor dem Fenster und ließen den von der Klimaanlage aufgewirbelten Staub zu einer stummen Melodie tanzen. Obwohl die klappernde Klimaanlage, deren Höchstleistung vielleicht vor zehn Jahren irgendwelchen Standards entsprochen haben mochte, auf der höchsten Stufe lief, schaffte sie nicht mehr als einen Hauch von Kühle in dem stickigen, kleinen Raum zu verteilen. Eben gerade genug kühle Luft um sie nicht erbost abzuschalten und um sich einbilden zu können, das es sicher bald angenehm temperiert im Zimmer war. Obwohl jeder der in Motels wie diesen hier abstieg wusste, das alles nur ein plumper Versuch war sich eine Situation schön zu reden, die man nicht offen als das aussprechen wollte was sie letztendlich war. Gut, der Mann welcher sich auf der alten und unbequemen Matratze räkelte war auch nicht ganz das, was man als normal zu bezeichnen pflegte und somit störte ihn weder die zerschlissene Tapete, der Staub noch die Klimaanlage. Eigentlich störte ihn nie etwas an Motelzimmern. Er mochte sie zwar nicht, denn sie waren im Grunde immer alle gleich. Gleich schäbig, gleich stickig, gleich unbequem und doch gehörten sie zu seinem Leben wie sein geliebter Chevrolet Impala und somit war es egal ob er sie mochte oder nicht. Lauter werdende Stimmen vom Zimmer nebenan zwangen Dean Winchester aus den letzten Fetzen seiner Träume zu tauchen und sich der wachen Welt zu stellen. Mit einem lauten Stöhnen drehte er sich auf den Rücken, rieb sich mit dem Handrücken über die Augen und blieb noch einen Moment schlaftrunken liegen. Er war Gestern erst spät angekommen, hier im südöstlichen Teil von Arizona und hatte gleich die erstbeste Absteige gewählt, um sich noch ein Weilchen aufs Ohr hauen zu können. Die weißen Zahlen des Weckers, welcher schief auf seinen drei noch vorhandenen Beinen auf dem Nachttisch stand, zeigten ihm das es 8:23 Uhr war. Seiner Meinung nach zu früh zum Aufstehen, aber jetzt war an Schlaf auch nicht mehr zu denken. Wie zu Bestätigung wurden die wütenden Stimmen lauter und schriller und da es Dean nicht interessierte warum der Typ namens Ted es geschafft hatte, die Motorkontrollleuchte so lange sträflich zu ignorieren, bis der Wagen schließlich seinen Geist aufgab, stemmte er sich auf die Ellenbogen und stieg aus dem Bett. Als er geduscht und angezogen aus dem Bad kam, drang das regelmäßige Quietschen eines billigen Bettgestells und dumpfes Stöhnen aus dem Nebenzimmer. Dean musste ungewollt Lachen und für einen Moment glaubte er Sam über seinem Laptop am Tisch sitzen vorzufinden, um mit ihm über Versöhnungssex witzeln zu können. Aber da war kein Sam… Seit sein kleiner Bruder Sammy sich für das Wohl der Menschheit geopfert und mit Luzifer und Michael im Schlepptau in den Höllenkäfig gesprungen war, hatte sich Deans Leben grundlegend verändert. Er hatte kaum noch Lust sich in Bars Rumzutreiben, nicht mal die Frauen übten besonderen Reiz auf ihn aus und die Arbeit zog sich wie alter Kaugummi von einem Fall zum anderen. Dean schlief oft lange. Sam war stets der Frühaufsteher gewesen. Hatte oft schon Kaffee und Croissant geholt, während Dean sich noch im Bett gewälzt hatte. Doch der Duft von Kaffee weckte ihn nun schon mehrere Monate lang nicht mehr. Kein Sam der ihn bat doch endlich aufzustehen… Kein Sam… Mit einem schwerlich unterdrücktem Seufzen schob Dean all die trüben Gedanken in ein kleines Verließ ganz hinten in seinen Erinnerungen. Versuchte Sam zu vergessen und die ganze Ungerechtigkeit dieser beschissenen Welt! Daher war es ihm auch mehr als nur recht gewesen, das Bobby ihn schon nach drei Tagen Aufenthalt in dessen Haus mit einem neuen Fall losgeschickt hatte. Wo seine Gedanken gerade bei Bobby und dem Fall waren, meldete sich sein Handy. Dean angelte es ungeschickt aus seiner Tasche, während er das Zimmer hinter sich verschloss. „He Bobby“, grüsste er seinen Ziehvater und ging über den Parkplatz zu seinem Auto. Die Luft außerhalb seines stickigen Zimmers war ebenso trocken wie heiß und flirrte über den Dächern der vereinzelt geparkten Autos. „Hallo Junge, bist du schon in der Stadt?“ fragte der alte Jäger und Dean konnte im Hintergrund das rascheln von umgeblätterten Buchseiten hören. „Fast“, teilte Dean ihm knapp mit. „Hab etwas außerhalb ein Motel genommen und wollte gerade in die Stadt fahren und Frühstücken.“ Als er den Impala erreicht hatte, klemmte Dean sein Handy zwischen Ohr und Schulter und öffnete den Wagen. Mit einem lauten „Wow“, ließ er sich auf den Fahrersitz fallen. „Was ist?“ fragte Bobby am anderen Ende der Leitung. „Nichts“, kam es sogleich von Dean. „Nur ein wenig unerträgliche Hitze“. Bobby quittierte seinen Sarkasmus mit einem unterdrückten Lachen. Dean kurbelte das Fenster runter, ließ den Motor an und fuhr zügig vom Parkplatz in Richtung Bisbee. „Hast du irgendwas neues für mich oder wolltest du einfach mit mir plaudern?“ fragte der junge Jäger und genoss den Fahrtwind welcher durch das Fenster peitschte. „Viel Neues hab ich nicht, also ist ein Vampir bisher noch unsere beste Vermutung. Besorg mehr Informationen, dann kann ich dir weiter helfen. Du weißt ja wie das läuft.“ „Ja, ja“, maulte Dean und legte ohne ein weiteres Wort auf. Das was ihm jetzt bevor stand war der nervigste Teil an seinem Job. Die Rennerei, die Nachforschungen… All das was er sonst immer Sam überlassen hatte. Warum konnte er nicht einfach ankommen, das Monster töten und dann seines Weges gehen? Warum konnte nicht einfach mal etwas einfach sein? Aber was war an fünf jungen, auf unerklärliche weiße getöteten Männern schon einfach? Aber die blutleeren Leichen der Männer waren auch für die Polizei ein absolutes Rätsel. Nein, es konnte einfach niemals einfach sein… Kapitel 2: Auf dem Polizeirevier… --------------------------------- Kapitel 2. Auf dem Polizeirevier… …musste Dean erst einmal warten. Eine dickliche, jedoch sehr nette Sekretärin brachte den trotz der Hitze im schwarzen Anzug gekleideten FBI Agenten einen Kaffee und die gewünschte Akte. Sie deutete mit einem Lächeln auf ein Büro und bat ihn Platz zu nehmen, bis sich der Zuständige hier einfinden würde. So saß Dean in dem angenehm kühlen Büro und nippte an dem heißen Pulverkaffee, dessen Geschmack ihn irgendwie an Spülwasser erinnerte. Aber zumindest pries die Tasse die nette Sekretärin als „Beste Mutter“ an und so konnte der adrette Agent Conner dieser Dame nicht einmal böse sein. Bestimmt hatte sie das Beste aus dem Kaffeepulver herausgeholt, was allein schon ein schlechtes Zeichen für die hiesige Polizeistation war. Der Bericht auf seinem Schoß war jedoch überraschend Gründlich. Auch wenn er alle nennenswerten Details nach dreißig Minuten Wartezeit dem Bericht entnommen hatte, und der Zuständige Beamte immer noch nicht aufgetaucht war. Die Sekretärin hatte ihren Kopf mit der krausen Lockenfrisur mehrmals zur Türe herein gesteckt, sich für die Wartezeit entschuldigt und dem Agent einen weiteren Kaffee angeboten, den Dean jedoch jedes Mal dankend abgelehnt hatte. So wartete Dean und seine Gedanken schweiften unweigerlich ab. Es schien alles eine Ewigkeit her, bestand nur noch aus verschwommenen Bildern und Wortfragmenten. Dabei waren es doch nur ein paar Jahre. Genau, vor einigen Jahren noch war ein Job wie dieser hier ganz alltäglich gewesen. Ein Monster und nicht mehr. Keine Dämonen, keine Engel nur er und Sam. Oh wie wünschte er sich dies alles zurück, die Einfachheit und das normale Leben mit seinem Bruder. Doch egal wie sehr er Sam auch vermisste oder die Ereignisse verfluchte, die ihn letzten Endes genau hier her geführt hatten…gerne würde er behaupten Glücklich zu sein wenn all das nicht geschehen wäre. Aber es stimmte nicht. Da wir diese widerliche, säuselnde Stimme tief in seinem Innersten die stets Castiels Namen flüsterte. Dean konnte es noch so verabscheuen, in diesen Konflikt zwischen Himmel und Hölle hineingezogen worden zu sein, doch keine Sekunde tat es ihm Leid wenn er daran dachte, dass er dadurch Cass begegnet war. Cass der Engel der ihn aus der Hölle gezogen hatte, der ihn beschützte und den er genauso schmerzlich vermisste wie Sam. Cass der nicht hier war… Cass der… „Agent Conner?“ Dean drehte sich, erleichtert seinen eigenen, trüben Gedanken zu entkommen um und erblickte einen im kurzen Polizeihemd bekleideten Mann mit großem Schnurrbart und kleinen Augen. Der kleinere, drahtige Mann streckte ihm eine Hand entgegen. „Tut mir wirklich leid das Sie warten mussten“, meinte er und lächelte breit. „Aber draußen auf den Straßen ist heute die Hölle los! Das ist diese verdammte Hitze, die macht die Leute ganz verrückt!“ schimpfte er und gestikulierte dabei mit den Händen. „Schon gut“, war alles was Dean dazu sagte. Immerhin hatte er die letzte halbe Stunde in angenehmer Umgebung verbracht und allein der Gedanke bald nach draußen in die drückende Hitze zu müssen missfiel ihm. „Warum interessiert sich das FBI für die fünf toten Männer?“ fragte der Polizist nachdem er sich an seinem Schreibtisch niedergelassen hatte. „Nun“, begann Dean und legte die Akte auf den Tisch, „es sterben nicht einfach fünf junge Männer an völligem Blutverlust. Ihre Leute und auch die Angehörigen haben ausgesagt, das kein Tropfen Blut am Tatort gefunden wurde, aber die Autopsieberichte sind sich diesbezüglich einig“, und hier legte Dean eine gewichtige Pause ein, um den Polizisten dabei direkt anzusehen „das alle Opfer verblutet sind.“ Unruhig rutschte der Mann in seinem Stuhl hin und her. „Gut, da ist schon was dran.“ Dean wusste nicht recht ob es dem Herrn ihm Gegenüber nur unangenehm war einen FBI Agenten an seinem Schreibtisch sitzen zu haben oder ob es doch daran lag das er als Chef der Polizeistation den Morden nicht die gleiche Priorität zuwies, wie es offensichtlich das FBI tat. Um jedoch weitere Zeitverschwendung in Vorm von sinnlosen Diskussionen vorzubeugen, erhob sich Dean. „Könnte ich mir die Leichen ansehen?“ fragte er im Befehlston eines Agenten der es gewöhnt war zu bekommen was er wollte. Auch hier wirkte die harsche Stimme und rasch erhob sich der Polizist und geleitete ihn in die Leichenhalle. ******* „Agent Conner, das hier ist Dr. Baltener. Doktor, das ist Agent Conner vom FBI.“ Dean reichte dem älteren Herrn die Hand. Sein ergrautes Haar hing kurz geschoren auf seiner dunklen Haut und die Falten auf seiner Stirn ließen seine Ratlosigkeit erkennen. „Ich wusste ohnehin nicht mehr weiter“, meinte er kurz angebunden und geleitete Dean in den Autopsiebereich. „Es war an keinem der Opfer etwas ungewöhnliches zu erkennen“, berichtete Dr. Baltener während er die Tücher von den Leichen zog. „Sie schienen einfach gestorben zu sein, ganz natürlich“, berichtete er mit resignierter Stimme. „Aber dann das hier“, und dabei deutete er auf den Mund eines der Opfer und reichte Dean eine Lampe. „Sehen Sie sich das an Agent Conner“, bat er und der Angesprochene trat näher. Die Zunge des ersten Leichnams hing wie ein vertrocknetes Stück Fleisch vor einem sehr geschundenen Rachen. Dean schluckte einen Witz über Halsschmerzen hinunter, für den er von Sam an dieser Stelle sicher einen knuff bekommen hätte. Seinen Bruder wieder verdrängend konzentrierte er sich auf seinen Job. „Ist das bei allen fünf gleich?“ Der Arzt nickte. „Gut, sonst noch etwas…ungewöhnliches?“ Ein verneinendes Kopfschütteln. „Als wäre das nicht ungewöhnlich genug, was soll da noch mehr sein?“ fragte Dr. Baltener und hob die Augenbrauen. Sie steile Falte auf seiner Stirn war jetzt noch deutlicher zu sehen. Wohl wissend wie schwer es war mit solch ungewöhnlichen Dingen konfrontiert zu werden, zumindest wenn man ein ganz normaler Mensch war, versuchte Dean ein aufmunterndes Lächeln. „Ihrem Bericht nach zu urteilen war kein Blut mehr in den Leichen.“ „Ja, ja das stimmt. Kein einziger Tropfen, als hätte man sie ausbluten lassen.“ Seine Stimme wurde leiser. „Aber am Tatort wurde kein Blut gefunden und die Leichen wurden auch nicht nachträglich bewegt“. „Ja“, kam es von Dean und er reichte dem Doktor die Hand. „Danke für Ihre Hilfe“, meinte er knapp und bevor er die Leichenhalle verließ drehte er sich noch einmal um. „Machen Sie sich keine Sorgen, ich bin sicher es gibt eine vernünftige Erklärung für all das“. Doch aufmuntern konnte er den niedergeschlagenen Arzt damit nicht. ******* „Ich hab da was für dich“, drang Bobbys Stimme aus dem Handy. Dean hatte ihn gleich nach verlassen des Polizeireviers angerufen und ihn auf den neusten Stand gebracht. Jetzt war es bereits Abend und der jüngere Jäger saß mit Cheeseburgern und Pommes in seinem Motelzimmer. „Ich glaube du jagst eine Churel.“ „Nie gehört“, meinte Dean kauend. Wieder kam leichtes Lachen und das Rascheln von Buchseiten aus dem Lautsprecher. „Wundert mich nicht, die Biester sind echt selten.“ „Woher willst du dann wissen das es ein Chu… wie war das ist?“ „Churel und ich weiß es nicht mit Sicherheit.“ „Toll“, motzte Dean und biss wieder in seinen Burger. „Was hat du denn erwartet, Junge?“ fragte ihn Bobby missmutig. „Das du da mal schnell auftauscht, mir ein paar Brocken an Informationen hinwirfst und ich dir nach nur ein paar Stunden genau sagen kann mit was du es zu tun hat? Wann war es jemals so einfach?“ Darauf antwortete Dean nicht. „Jetzt hör mal zu, laut der Legende taucht eine Churel entweder als dürre Greisin mit verfilzten Haaren auf, oder als schöne junge Frau. Sie saugen mit ihrer langen, schwarzen Zunge den Menschen das Blut aus. Am liebsten tun sie das bei jungen Männern. Das mit der Zunge und den geschundenen Rachen würde zusammenpassen. Weiter heißt es man erkennt eine Churel sofort daran, dass ihre Füße nach hinten zeigen.“ Dean lachte auf und erntete ein abfälliges Schnauben aus der Leitung. „Sei doch mal bitte ernst“, murrte der ältere Jäger. „Churel sind Wiedergängerinen, also sei auf der Hut. Finde heraus warum sie diese fünf Männer getötet hat und ich werde derweil herausfinden wie du die Churel tötest.“ ******* Wieder schlief Dean unruhig. Es lag nicht an dem Surren der Klimaanlage und gerne hätte er der unbequemen Matratze die Schuld dafür gegeben das er sich ständig hin und her wälzte. In einem Zustand zwischen wach und noch gefangen in einem Alptraum vergrub er sein verschwitztes Gesicht im Kissen. Der Geruch von billiger Seife vermischte sich im Traum mit den Bildern seines Bruders. Als Dean gänzlich aus seinem unruhigen Schlaf aufschreckte, war es halb sieben Uhr morgens. Noch im Bett liegend starrte er wie auch gestern zur Decke und versuchte die restlichen Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen. Er hatte ihn gesehen, Sam, seinen Sammy. Gefangen in der Hölle und er hatte ihn beschimpft, ihn angeschrieen und verurteilt… Mit schwitzigen Fingern fuhr sich Dean durch sein schwarzes, kurzes Haar und stand auf. Den Blick nach vorne gerichtet, fokussiert auf das was er zu tun hatte. Er hatte einen Job, er würde Leben retten, das Monster töten. Warum nur fühlte sich das alles ohne Sammy so viel weniger wichtig, so viel weniger sinnvoll an? Vielleicht weil du ihn nicht retten konntest? Weil er in der Hölle ist und du hier Monster jagst? Wie soll irgendwas davon wichtig oder gar sinnvoll sein? Fragte eine leise Stimme in Dean. Nachdem er geduscht hatte, kalt versteht sich, war sein Kopf einigermaßen frei von den schrecklichen Gedanken und als ihn die Hitze vor seiner Zimmertür in Empfang nahm, war jeder Rest Unsicherheit von Dean gewichen und hatte Agent Conners zuversichtlichem Auftreten Platz gemacht. Kapitel 3: Der Besuch bei den Familien der Opfer… ------------------------------------------------- Kapitel 3. Der Besuch bei den Familien der Opfer… …war stets ein Drahtseilakt. Natürlich musste man unangenehme Fragen stellen, man musste Tief graben um an die Oberfläche zu bringen was gut verborgen oder gar unbewusst in den Köpfen der Hinterbliebenen steckte. Man durfte aber auch nicht zu direkt werden und sollte stets im Auge behalten das man mit den trauenden Angehörigen sprach. Die ersten beiden Familien brachten Dean auf seiner Suche nicht nennenswert weiter. Erst die Frau des dritten Opfers offenbarte etwas von Bedeutung. „Das heißt sie kannten all die Opfer?“ fragte Agent Conner höflich aber bestimmt. Die junge Frau nickte und schluchzte wieder. Sie hielt ein zerknülltes Taschentuch in der Hand und tupfte damit immer wieder über ihre Augen. Sie war hübsch, schlank, blond und eigentlich ganz Deans Typ. Andererseits war sie eine trauernde Witwe die nicht mehr als einen Jahrestag mit ihrem Mann hatte verbringen dürfen. Was wohl auch der Grund war, warum Dean keinerlei schmutzige Fantasien durch den Kopf geisterten. Zumindest mochte er diese Ausrede, sie war einfach und klang verständlich. Aber ob sie wirklich zu traf wusste er nicht. „Ja“, kam es dann stocken von ihr. „Ich hab meinen Mann schon im College gekannt und…und…“ wieder schluchzte sie Herz zereisend. Dean wusste nicht recht was er tun sollte, so blieb er einfach ruhig sitzen und ließ ihr Zeit. „Sie waren alle im selben Kurs“, kam es nach einigen Minuten stockend. „Marc und die anderen Opfer meine ich.“ „Sie wissen nicht zufällig welcher Kurs?“ fragte Dean hoffnungsvoll und lächelte das Mädchen aufmunternd an. Zehn Minuten später verließ er das Haus mit einem siegreichen Lächeln auf den Lippen und einem Fotoalbum unter dem Arm. ******* „Ich sag dir doch genau das ist die Gemeinsamkeit“, rief Dean aufgeregt in sein Handy. „Glaub ich dir ja“, beschwichtigte ihn Bobby, „aber ich kann dir leider noch nicht sagen wie du die Churel töten kannst, wenn du sie findest.“ „Bleib bitte einfach dran, ich muss jetzt aufhören. Bin gleich bei Hank Baader und…oh nein!“ Er hörte noch Bobbys „was ist los?“ bevor er auflegte und das Handy in die Jackentasche steckte. Gerade war er in die Straße eingebogen, in der Hank Baader lebte und hatte die Hausnummer 37 sogleich gefunden. Mehrere Streifenwagen standen zu beiden Straßenseiten und so parkte Dean seinen Impala etwas abseits. Den FBI Ausweis griffbereit ging er auf die Polizisten zu, welche bereits eine Absperrung gezogen und schaulustige Nachbarn zu vertreiben suchten. „Darf ich bitte mal“, Dean schob sich durch die Menge. „Agent Conner, FBI“. Er zeigte dem Polizist seinen Ausweis und dieser sah ihn fragend an. „Was will das FBI hier, die Frau ist doch erst vor einer halben Stunde gefunden worden.“ „Frau?“ fragte Dean doch etwas verwirrt und blickte sich in dem Gewirr aus Polizisten und Spurensicherung um. „Ja Sir, Nina Conath. Ihre Nachbarin hat sie gefunden als der Hund nicht aufhören wollte zu bellen. Da hat sie nachgesehen und die Frau erstochen auf dem Fußboden im Wohnzimmer vorgefunden.“ Ein Lachen unterdrückend schüttelte Dean den Kopf. „Sorry, falsche Baustelle. Das ist nicht Haus Nummer 37? Ich such nämlich einen Hank Baader.“ Der Polizist wies auf das Haus gleich nebenan. Dean nickte ihm dankend zu und klopfte mit Erleichterung an die Tür des nächsten möglichen Opfers. Froh seine einzige Spur doch noch nicht verloren zu haben. ******* Mit dem Namen des Mädchens und um eine traurige Geschichte reicher verließ Dean das Haus und stieg wieder in seinen Impala. Jetzt konnte er nichts weiter tun als auf Bobbys Geschick bei den Recherchearbeiten zu vertrauen und zu warten. Ein kurzes Mittagessen später klingelte sein Handy und Bobby erklärte ihm lachend von einer alten Legende. „Wenn man den Volkserzählungen glauben kann, dann wird man eine Churel los, indem man Senfkörner auf ihr Grab streut.“ Darauf hin musste auch Dean lachen. „Alter, Senfkörner?“ fragte er nachdem er sich wieder beruhigt hatte. „Wirklich? Ich meine mag sie eine bestimmte Sorte Senf oder reicht schon der billigste solange es Körner sind?“ „Hmm, keine Ahnung ob eine Churle bestimmte Geschmacksrichtungen für den Tod hat. Ich schätze du solltest es testen und mir das Resultat mitteilen.“ „Aber mal im ernst, wir wissen erst ob es funktioniert hat, wenn dieser miese Typ von Baader morgen noch lebt?“ „Gefällt mir genauso wenig“, murrte Bobby und beendete das Gespräch. ****** Nachdem Dean das Grab des bedauernswerten Mädchens besucht und dabei nicht mit Senfkörnen gespart hatte, fuhr er durch den milden Sommerabend. Angenehm kühle Luft wehte durch das offene Fenster, im Radio eine seiner alten AC/DC Kassetten und eigentlich sollte er besonders nach getaner Arbeit ein wenig gute Laune empfinden. Doch da war nicht, kein einziges Gefühl. Nur bleierne Leere. Auf dem Parkplatz vor dem Motel standen kaum Fahrzeuge. Dean suchte sich einen Platz aus, der Morgen möglichst lange Schatten für den Impala spenden würde und schloss die Tür ab. Wortfetzen und Gelächter drang an sein Ohr und er erblickte eine Gruppe Jugendliche die um einen alten BMW herum standen, jeder ein Bier in der Hand. Eigentlich war der Abend noch jung und normalerweise würde Dean einen so gut wie abgeschlossenen Fall feiern, doch ihm war nicht danach. Kaum war die Zimmertür hinter ihm ins Schloss gefallen, lullte ihn die träge Wärme und das gleichmäßige Surren der Klimaanlage ein und so schloss er erschöpft und gleichzeitig froh der Welt zu entkommen die Augen… …bis ihn ein Geräusch weckte. Es hatte ein wenig gedauert die schwere des Schlafes abzuschütteln und auch bis sein Geist jenes leise Geräusch zu deuten vermochte. Jemand war in seinem Zimmer. Mit einer einzigen, fließenden Bewegung zog er ein Messer unter dem Kopfkissen hervor und sprang auf die Beine! Eine reglose Gestallt schälte sich aus der Dunkelheit, an die sich die Augen des Jägers nur langsam gewöhnten. „Verdammt Cass! Warum musst du dich immer so anschleichen?!“ Der Engel stand ruhig im Zimmer und musterte Dean. trotz der abendlichen Hitze war er bekleidet wie immer und wirkte daher in dem stickigen, kleinen Raum mehr als fehl am Platze. „Ich brauche deine Hilfe Dean“, sagte er mit seiner ruhigen Art und Dean wusste nicht recht warum, aber dieser dunklen, wohlklingenden Stimme lies ein Kribbeln durch seinen gesamten Körper jagen. Kapitel 4: „Wo warst du die ganze Zeit… --------------------------------------- Kapitel 4. „Wo warst du die ganze Zeit… …warum hast du dich nicht einmal bei mir gemeldet? Du bist in den Himmel verschwunden und hast mich einfach allein gelassen? Kannst du dir vorstellen wie…“ Dean hatte geschrieen, seinem Ärger Luft verschafft. Jetzt stoppte er mitten im Satz ohne zu wissen wie er ihn beenden sollte. Was wollte er dem Engel eigentlich sagen? Der stand nur ruhig da, den Kopf leicht in fragender Neige und wartete offensichtlich bis Dean fertig war mit seiner…ja was eigentlich? Sie sahen sich lange nur schweigend an. Eigentlich redete Dean nicht gerne über Gefühle und all die Dinge welche auch nur in diese Richtung gingen. Doch jetzt im Moment wollte er nichts lieber tun als das. Er wollte Cass sagen das er ihn unendlich vermisst hatte! Das er sich so allein und verlassen vorgekommen war! Das er die Welt und das Schicksal verfluchte und außer Kummer nichts zu spüren glaubte. Wollte dem Engel von den Alpträumen erzählen, er wollte… …so vieles, doch er konnte es nicht. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Eigentlich, so dachte Dean, war es besser kein Wort von dem auszusprechen was ihn quälte. Cass würde es doch ohnehin nicht verstehen und er selber verstand es ja auch nicht. Seit wann war er so emotional? Das war nicht er, das war…eher immer der Part seines kleinen Bruders gewesen, der sich Halt suchend an den älteren gewendet hat. Halt, Moment. Langsam, ganz langsam und alles noch einmal durchdenken. Konnte es sein das er Cass als eine art großen Bruder sah? War er in ihrer Beziehung der Jüngere? Gut, das war er ohne Zweifel. Aber Cass war die Person welcher er sich bedenkenlos anvertraute, von dem er sich stets Hilfe und Geborgenheit versprach wie von einem großen Bruder. Zumindest würde das all die seltsamen Gefühle erklären, die er in Cass Nähe verspürte. Den Frieden, die Geborgenheit, die Sicherheit. Vom ersten Moment an, da er dem Engel begegnet war, hatte er eine seltsame Bindung zu ihm verspürt. Er hatte es nie jemandem erzählt, aber wann immer Cass in seiner Nähe war, spürte er ein Kribbeln in seinem Körper das in dem Handabdruck des Engels auf Deans Schulter begann. Wie ein unsichtbares Band welches zwischen ihnen gespannt war, gewoben aus den schimmernden Fäden der Engelsenergie. Dean konnte sie spüren, die Energie, dieses schimmernde, helle weiße Licht das doch kein Licht war. Es war Leben, pure Lebensenergie welche ihn seinerzeit an der Schulter gepackt und der Verdammnis entrissen hatte. Leben das ihm Cass geschenkt hatte und von dem der Abdruck auf seiner Schulter als Beweiß zurückgeblieben war. Stummer Beweiß ihrer Verbundenheit von jenem Moment an bis ans Ende der Zeit selbst. Denn noch immer pulsierte dieses lebende Licht durch Dean, er spürte es mit jedem Atemzug, mit jedem rhythmischen Schlag seines Herzens und es würde nie vergehen, nein es würde ihn über den Tod hinaus begleiten. Dean wusste das mit absoluter Sicherheit, so sicher wie die Tatsachte das heute Mittwoch war, er Spinat hasste und Cass sein Engel war. Wenn man all dies berücksichtigte, dann war es weniger verwunderlich woher und vor allem warum er so starke Gefühle für Cass hegte. Die Vorstellung Cass sei eine Art großer Bruder für ihn passte da ganz gut rein. Zum einen weil er das Cass ganz ohne Probleme würde verständlich machen können und zum anderen weil es eine bequeme und einfache Lösung darstellte. Cass war sein Bruder und Ende. Er hatte eine Erklärung und würde all die nicht dazu passenden Gedanken und Gefühle einfach verdrängen. Noch immer wartete Cass auf eine Reaktion seines Schützlings. Er hatte Deans Wut deutlich gespürt, aber auch Angst gesehen. Jetzt war der Mensch ihm gegenüber einfach nur verunsichert. Da war deutlich Freude über ihr Wiedersehen zu erkennen aber etwas beschäftigte Dean. Irgendein Problem welches in dem vergangenen Jahr jeden Tag ein wenig gewachsen zu sein schien. Cass war als Engel sehr sensibler auf die menschlichen Gefühle eingestellt, aber das würde er Dean sicher nicht mitteilen. Würde der Jäger wissen das Cass seine Gefühle…nun sehen war nicht das richtige Wort - wieder einmal wurde sich der Engel den Grenzen der Sprache bewusst. Wie sollte man etwas in Worte fassen was auf Erden nicht einmal existierte? – aber es war nun mal in der Lage bestimmte Dinge einfach zu…sehen, zu spüren. Nicht das ihm diese Fähigkeit je geholfen hätte Gefühle zu verstehen, nein eher war das Gegenteil der Fall. Wann immer er gemischte Gefühle von Dean empfing oder der Mensch sich in einem Zwiespalt mit seinen reichhaltigen Emotionen befand, verwirrte ihn das. Als Engel empfand man kaum Emotionen. Man war dankbar, falls dies eine echte emotionale Reaktion widerspiegelte. Ansonsten war man gehorsam, denn mehr wurde weder verlangt noch geduldet. Ein Engel der sich Gefühlen menschlicher Natur schuldig machte, musste mit Konsequenzen rechnen die sehr weitreichend sein konnten. Und Cass war sich nur all zu deutlich seinen eigenen, unerwünschten Gefühlen bewusst. „Ich…“, begann Dean um die erdrückend nachdenkliche Stille zu durchbrechen. Seine Hände verrieten Nervosität, denn er wusste nichts mit ihnen anzufangen. Sein Blick huschte von der immer noch im dunklen verweilenden Gestallt des Engels zum Messer in seiner Hand. „Ich“, begann er erneut, unterbrach sich aber sofort wieder. Dean schluckte und versuchte so den Klos in seinem Hals zu lockern. Noch immer viel im nicht ein was genau er Cass sagen wollte. In seinem Hals machte sich ein Brennen bemerkbar und plötzlich fühlte sich Dean unendlich erschöpft. Wie eine Woge überspülte ihn bleischwere Müdigkeit und er ließ sich auf sein Bett fallen. Mit ungelenken Bewegungen schob er das Messer unter sein Kissen zurück und beugte sich zum Nachttisch und knipste die Lampe an. Ihr staubiger, roter Schirm warf schummriges Licht, erhellte jedoch den gesamten Raum. Cass Saphirblaue Augen funkelten und ohne es wirklich zu wissen war es Dean doch klar, das daraus die Gnade des Engels sprach. Das er hier keinem Menschen, sondern einem göttlichen Wesen gegenüber stand. Mysteriös, voller Geheimnisse und wunderschön. So wie sich ein Menschen einen Engel erträumte. Nur das Dean nicht träumte. Bevor der Jäger jedoch erneut einen Satz beginnen konnte, ließ sich Cass zu ihm auf das zerwühlte Laken sinken. Dean hatte gar nicht bemerkt wie der Engel zu ihm getreten war. Jetzt spürte er die Wärme des anderen Körpers neben sich und er betrachtete Cass von der Seite. Dieser musterte den zerschlissenen, braunen Teppichboden. „Es tut mir leid Dean, ich hätte schon früher kommen sollen“, beendete nun Cass endgültig das Schweigen. „Die Zeit war auch für mich nicht leicht, ist sie immer noch nicht um genau zu sein. Im Himmel…nun es ist nicht das was ich mir vorgestellt habe, verstehst du? Alles ist anders aber…“ „Ja“, antwortete Dean mit brüchiger Stimme. Er hasste sich selbst dafür, das seine Stimme nicht entschlossener klang. „Ja das versteh ich. Mein Leben ist auch nicht mehr das selbe seit… Es hat sich einfach alles geändert und ich hätte gedacht…“ „Du wolltest doch zu Lisa warum…“ Cass wurde unterbrochen. „Ich konnte nicht!“ rief Dean fast verzweifelt. „Ich komm doch mit meinem eigenen Leben kaum klar, ich meine sie dich doch um!“ und mit diesen Worten machte er eine ausschweifende Geste durch das Zimmer. „Ich lebe in Motels, schlafe mit einem Messer unter dem Kissen! Das ist mein Leben, ich kenne es nicht anders und es ist ok. Ich rette Leben, ich tue gutes. Aber mal ganz ehrlich, es ist beschissen. Ständig läuft was schief, dauernd stirbt jemand der es nicht verdient hat. Wie könnte ich das jemandem zumuten? Dieses Leben und mich? Mal ehrlich, ich bin weder ein guter Mensch noch ein guter Partner oder Dad!“ „Du glaubst es verdient zu haben allein zu sein?“ Lange sagte Dean nichts, denn jetzt musterte er den Fußboden und zählte die verfilzten Stellen. „Nein so ist es nicht. Ich wollte diese Leben, hab es allein aber nicht ausgehalten und Sammy da mit hinein gezogen. Das war schon nicht fair, aber ich war glücklich, verstehst du? Ich wollte so leben, mit Sam an meiner Seite. Aber ich hab ihm versprochen keine Dummheiten zu machen. Deshalb ist er in der Hölle, schmort im Käfig und ich versuch für uns beide zu leben. So viel Böses zu töten wie möglich um meine Schuldgefühle zu bekämpfen, um zu merken das ich überhaupt noch Lebe.“ Cass schwieg. Das es so schlimm um den älteren Winchester stand, hatte er nicht gedacht. Gut er hatte Dean oft besucht, ohne das dieser etwas davon bemerkt hätte. Es waren ja auch nur Momente gewesen, in denen er sich zu überzeugen wünschte, das Dean wohlauf war. So schwer es dem Engel viel, er hatte diese kurzen Besuche bei seinem Schützling einfach gebraucht. Auch wenn er nur kurz in dessen Nähe sein konnte. „Dean ich…“ „Bitte sag jetzt nichts“, wurde Cass erneut unterbrochen. „Bitte bleib einfach nur hier, ja?“ Der Engel nickte stumm. Dann erhob er sich und holte einen Stuhl aus der kleinen Kochnische. Dean beobachtete wie Cass den Stuhl holte und ihn in der Nähe des Bettes abstellte und sich wortlos darauf nieder ließ. Als die durchdringenden Augen des Engels auf Dean ruhten, spürte er sein Herz schneller schlagen und zugleich überkam ihn eine Ruhe die er seit ewigen Zeiten nicht mehr zu spüren geglaubt hatte. „Leg dich schlafen, Dean. Wir reden morgen weiter, denn es sieht so aus als würde etwas Merkwürdiges in dieser Stadt geschehen.“ „Du meinst die Churel? Um die hab ich mich schon gekümmert“, sagte Dean mit ein wenig Stolz in der Stimme und kroch wieder unter die Decke. „Nein“, kam es noch leise von Cass, als Dean bereits das Licht gelöscht hatte. „Nein eine Wiedergängerin ist nicht der Grund. Hier geschieht etwas großes, etwas das wir um jeden Preis erfahren müssen!“ „Um es zu verhindern?“ Dean konnte nur noch die schemenhaften Umrisse des Engels in der Dunkelheit erkennen. Er saß reglos auf dem Stuhl und starrte an die Wand. „Vielleicht“, sagte er dann ganz leise und Dean musste angestrengt lauschen um seine nächsten Worte zu verstehen: „Vielleicht müssen wir es aufhalten, aber vielleicht auch nicht.“ Kapitel 5: Guten Morgen, Sonnenschein… -------------------------------------- Kapitel 5. Guten Morgen, Sonnenschein… …warum Dean gerade dieser Satz als erstes durch den Kopf spukte, als ihn ein feingliedriger Sonnenstrahl ins Gesicht schien, wusste er nicht. Obwohl ihn der neue Tag mit strahlender Pracht begrüßte, drehte er sich um und versuchte wieder einzuschlafen. Als die Hitze im Zimmer nicht mehr auszuhalten war und sein Shirt ungemütlich an seinem Körper klebte, wich auch der letzte Rest von Müdigkeit aus Dean und er räkelte sich genüsslich. Ob es Cass Anwesenheit zu verdanken war, dass er keinen unruhigen, von Alpträumen geplagten Schlaf gehabt, sondern friedlich durchgeschlafen hatte? Cass… Sein erster, wacher Blick galt der Stelle neben seinem Bett, wo glücklicherweise immer noch ein Stuhl stand. Schön, das bedeutete Cass Erscheinen war kein Traum gewesen. Aber jetzt fehlte von dem Engel jede Spur. So hatte Dean geduscht und musste zerknirscht feststellen, dass er keine saubere Kleidung mehr besaß. Gut, er trennte seine Klamotten ohnehin in zwei Lager – Benutzt aber noch tragbar und Benutzt aber schlimmstenfalls auch noch tragbar – nur bei der Unterwäsche war er etwas wählerischer. Was ihm jetzt aber auch nichts brachte, denn er hatte nichts Sauberes mehr. Seine Gedanken waren in letzter Zeit auch eher im Himmel und mal in der Hölle gewesen und nur selten auf Erden und noch seltener bei den gewöhnlichen, kleinen Dingen des Alltags. Letztlich entschied er sich für die zerknitterte Jeans, die er ganz unten in seiner Tasche gefunden und schon Ewigkeiten nicht mehr getragen hatte und ein T-Shirt das er eigentlich nie hatte leiden können. Warum es immer noch unter seiner Wäsche war, wusste er nicht. Woher er es eigentlich hatte, konnte er auch nicht mehr sagen. Aber als er es das erste Mal getragen hatte, war Sam in lautes Lachen ausgebrochen. „Alter, du siehst aus wie Freddy Krüger!“ Nie mehr also ein schwarz, rot gestreiftes Kleidungsstück, hatte er sich dabei gedacht. Heute war das Shirt zwar muffig, aber ohne Flecken und wie allen Gegenständen die Dean besaß, haftete halt auch an diesem eine Erinnerung an Sam. Dem konnte er einfach nicht entfliehen. Immer noch auf Cass Rückkehr wartend, holte Dean den Stuhl neben seinem Bett. Er war Cass dankbar, unendlich dankbar dafür das er ohne zu fragen einfach geblieben war. Er hatte kein Gespräch begonnen oder wollte Klarheit über Deans Gefühle. Nein, er war einfach auf eine Bitte hin geblieben und hatte den Rest der Nacht auf einem unbequemen Holzstuhl mit geflochtener Sitzfläche und einem schwedischen Namen verbracht. Als Dean den Stuhl zu den anderen an den Tisch zurückgestellt hatte, hörte er das typische Geräusch von flatternden Flügeln. Bevor er sich zu dem Engel umdrehte, konnte er nicht verhindern das sich wieder das Bild von Cass mit weißen, fluffigen Flügeln in seinen Geist schlich. Insgeheim wünschte er sich nichts mehr als Cass einmal mit seinen weißen Flügeln in voller Pracht vor sich stehen zu sehn. Am besten ohne Kla… „Guten Morgen, Dean“. Froh drüber seinen eigenen Gedanken zu entkommen, bevor er anfangen konnte drüber nachzudenken, drehte er sich zu Cass um. Und was er da sah, viel ihm zu Glauben schwer. Da stand sein Engel, genau so wie immer aber in einer Hand hielt er einen Becher Kaffee und in der anderen eine Tüte mit dem Logo einer Bäckereifiliale. Dean schluckte und musste sich eingestehen, das er gerührt war. Hätte man ihm in diesem Moment gebeten seine Gefühle zu beschreiben, er hätte es nicht gekonnt. Da war so viel Vertrautheit, so viel längst vergessene Liebe in dieser simplen Geste. Wie oft hatte ihm Sammy Frühstück mitgebracht? Das hatte er schon immer an seinem kleinen Bruder gemocht, dieses Wissen das da jemand war der an einen gedacht hatte, dem man wichtig war… Ob Cass überhaupt verstand was dem jungen Menschen die Tatsache bedeutete, dass er ihm Frühstück mitbrachte? Wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich hatte er das nur irgendwo gesehen und nachgemacht. Es konnte kaum daran liegen, dass er um Deans Gefühle diesbezüglich wusste und es nur für ihn getan hatte. „Ich dachte du benötigst Nahrung“, unterbrach Cass mit seiner üblichen emotionslosen Art diesen magischen Moment. „Der Tag heute könnte für dich anstrengend werden also solltest du etwas Essen“. Damit kam der Engel auf ihn zu und stellte die Tüte und den Kaffee auf den Tisch. Dean schenkte ihm ein Lächeln, „danke Mann“, sagte er und setzte sich. Noch immer tobte ein Glücksgefühl in seinem Bauch. Ein Gefühl das er seit Sammys Tod so schmerzlich vermisst hatte. Cass sah jedoch verlegen zu Boden, als ob er sich nicht wohl in seiner Haut fühlte. „Ich wusste nicht was an Nahrung du bevorzugst und als die Frau im Laden mich fragte wie ich den Kaffee gerne hätte da…“ Cass stockte. Obwohl es der Unsicherheit des Engels keinesfalls half und obwohl Dean doch eigentlich dankbar für dessen Bemühungen war, musste er lachen. Er liebte Cass Naivität und all die Versuche des Engels sich an menschliche Gepflogenheiten anzupassen. Statt zu lachen hätte er ihn lieber bestätigen sollen, aber das hier…das alles es tat ihm so gut. „Cass mach dir keinen Kopf, ich trink alles an Kaffee und beim Essen“, Dean zuckte mit den Achseln und öffnete die Tüte, „da war ich noch nie wählerisch.“ Das schien den Angesprochenen zu beruhigen und als er Dean Essen sah, setzte er sich zu ihm an den Tisch. „Dann erzähl mal“, sprach Dean mit vollem Mund und schob noch einen Bissen nach. Cass hatte ihm ein reichlich belegtes Sandwich und Donats mitgebracht. Nicht ganz das Essen welches Sam zum Frühstücken gekauft hätte, aber schließlich war das hier auch von Cass und somit bedeutete es ihm fast noch mehr. „Gestern wurde in dieser Stadt eine Frau ermordet“, fing der Engel zu erklären an. „Ja“, kam es mampfend von Dean, „ja da hab ich am Rande was mitbekommen, eine gewisse Nina noch was. Ist das die Frau die du meinst?“ Cass nickte, „ja, eben jene Frau meine ich. Es ist mir jedoch unklar wie du davon erfahren hast.“ Dean spülte den Rest seines Sandwichs mit Kaffee hinunter. „War auch mehr ein Zufall. Daher weiß ich nichts Genaueres. Also red weiter.“ „Ich beobachte diese Stadt schon seit längerem. Hier treiben sich ungewöhnlich viele Dämonen herum und ich hab keine Ahnung warum. Trotz meiner Bemühungen das heraus zu finden.“ Cass schwieg einen Moment und musterte ein großes Brandloch in der Beschichtung des weißen Esstisches. „Dann haben Dämonen die Frau getötet und du willst wissen warum?“ „Nein“, war alles was Cass dazu sagte. Noch immer hing sein Blick an dem kleinen, schwarzen, verkrusteten Loch. Nicht verstehend warum der Engel nicht weiter sprach, kaute Dean seinen Donat und wartete gespannt. Cass war bei Dingen die einen Job betrafen nie wortkarg oder musste gar versuchen erst die richtigen Worte zu finden um seinem Gegenüber etwas begreiflich zu machen. Was immer Cass also an Informationen hatte, sie schienen nicht gerade so leicht verdaulich wie Deans Donats. „Es war kein Dämon“, sprach der Engel schließlich weiter und als er seinen Blick endlich von der Tischplatte hob und den Jäger musterte, konnte Dean darin eine gewisse Unsicherheit erkennen. Ähnlich der, die Cass im Bezug auf das Frühstück begleitet hatte. Als ob er mit einer Situation konfrontiert war, in der er sich nicht zu Recht fand. Als wäre etwas geschehen, das er nicht begreifen oder zuordnen konnte. Aber dieses Mal lag es sicher nicht am mangelnden Verständnis für menschliche Verhaltensweisen. „Die Frau wurde von einem Engel getötet.“ Dean schwieg. Den letzten Rest des mit Schokolade glasierten Donats noch in der Hand, starrte er Cass an. Noch immer sah man dem Engel seine Unsicherheit an obwohl er um eine ruhige und gleichgültige Miene bedacht war. Aber all das war ja auch für Cass neu. Vor der Apokalypse war er ein guter Soldat und Befehlsempfänger gewesen. Er hatte nie gezweifelt, nicht an Gott, dem Himmel und seinen Brüdern und Schwestern. Da war einfach der Glaube an einen Weg gewesen. Ein steinerner Weg, zugegeben. Aber einer der Hoffnung versprach, auch irgendwann aus der Dunkelheit hinaus ins helle Licht zu führen. Für Engel und Menschen gleichermaßen. Diese Illusion war jedoch zerbrochen und Cass kam es vor als hätte er sich verirrt. Er glaubte in Dean und Sam einen neuen Weg gefunden zu haben. Den Brüdern dabei zu helfen Michael und Luzifer aufzuhalten schien richtig und der Kampf dafür ehrenhaft. Aber wenn er sein Leben jetzt so betrachtete…sie hatten gewonnen. Warum fühlte sich das dann nicht nach Sieg an? Tief in sich wusste der Engel wie viele Menschen er gerettet hatte. Warum wussten seine Geschwister das nicht? Warum sah keiner die Welt mit seinen Augen? Er lebte wieder im Himmel doch war ihm dieser Ort nie so fremd gewesen. Seine Heimat fühlte sich nicht mehr an wie ein Zuhause und obwohl er unter seinesgleichen war, war er unendlich einsam. Jetzt saß er auf der Erde dem einzigen Lebewesen gegenüber bei dem er sich noch wohl fühlte. Der den letzten Rest Geborgenheit in Cass schürte. Ein Mensch der Bewiesen hatte das man ihm vertrauen konnte, der…obwohl er nicht zur Familie gehörte immer für ihn da war, ihn bestärkt hatte in all den vielen zermürbenden Dingen die der Krieg so mit sich brachte. Natürlich vertraute er Dean Winchester und je länger er mit einer Erklärung wartete, desto mehr würde der Jäger glauben, er habe nicht das volle Vertrauen des Engels. Aber daran lag es nicht. Cass hatte nur so sehr gehofft das alles irgendwie so werden würde wie früher, nein, sogar besser. Schließlich hatte er sich doch so bemüht. Trotzdem saß er jetzt hier, redete mit Dean - obwohl Raphael ihm dies untersagt hatte - und versuchte hinter dem Rücken seiner eigenen Familie herauszufinden warum eine junge Frau von einem Engel ermordet wurde. Obwohl ihn nichts davon etwas anging, es war nicht seine Aufgabe sich einzumischen oder etwas was von Oben in Auftrag gegeben wurde zu hinterfragen. Doch genau das hatte er während der Apokalypse gelernt. Selbständiges Denken und Handel und auch die Einstellung der Menschen hatte auf ihn abgefärbt. Recht und Unrecht sah er jetzt viel deutlicher als früher. Vielleicht war es Unrecht das diese Frau gestorben war, vielleicht auch nicht. Vielleicht gab es von Raphael wirklich einen große Plan – B der er Cass nicht anvertraut hatte… „He, lass den Kopf nicht so hängen. Wir wissen zwar das ein Engel die Frau getötet hat, aber nicht warum. Ich meine vielleicht war sie besessen und wollte Luzifer wieder aus dem Käfig helfen. Alter du machst dir schon wieder viel zu viele Gedanken.“ Dean hatte das Frühstück beendet und war aufgestanden. „Komm! Wir werden herausfinden was in dieser Stadt wirklich vor sich geht und dann…“ „Was dann, Dean?“ fragte der Engel, angesteckt von der Zuversicht seines menschlichen Freundes und erhob sich ebenfalls. Dean lächelte ihn an, ganz offen und scheinbar glücklich. „Dann darfst du mir von heute an jeden Morgen Frühstück mitbringen!“ Kapitel 6: Der Hitze sein dank… ------------------------------- Kapitel 6. Der Hitze sein dank… …denn nur wenige Menschen waren unterwegs. Als sie vor dem Haus der toten, jungen Frau hielten, waren die Gärten verweist. Die sonst so penibel gepflegten Rasenflächen zeigten sich von matter, brauner Farbe und da es aufgrund der Hitzewelle Wasser zu sparen galt, war weder groß noch klein im Garten. Auch die Straße war verlassen, Hitzeschleier waberten über den Asphalt und im Radio warnte der Moderator des Wetterberichts vor den Gefahren der Sonne. So achtete niemand auf die beiden Männer, welche den am Seitenstreifen geparkten, schwarzen Impala verließen und auf das mit gelbem Polizeiband abgesperrte Haus zugingen. Die Tür war dank Deans Geschick sogleich geöffnet, aber als sie hinter ihnen wieder ins Schloss viel, überkam den Jäger ein instinktiv schlechtes Gefühl. Von einem hübschen, hellen Flur empfangen, sahen sich die beiden Eindringlinge um. Fotos hingen an der hellgelben Wand und die sauberen Teppiche zeugten von einer ordentlichen Besitzerin. In die Küche warf Dean nur einen kurzen Blick. Cass war ihm bereits voraus und er fand ihn, nach einem kurzen Blick in Bad und Speisekammer, im großen Wohnraum im Erdgeschoss. Auch Cass hatte die seltsame Atmosphäre sogleich gespürt, die von diesem Haus ausging. Als Dean zu ihm trat, konnte er erkennen, dass dieser obwohl er nur ein Mensch war, das gleiche zu spüren schien wie er. „Das hier wurde zu einem entweihten Ort.“ Der Jäger blickte ihn Fragend an. Ihre beiden Blicke fanden das Blut der toten Frau neben dem so gemütlichen aussehenden Sofa. Ein großer, karmesinroter Fleck der in den weißen Teppich eingesickert war. „Hier wurde unschuldiges Blut vergossen“, sprach Castiel leise und ließ den Teppich nicht aus den Augen. Als würde ihm das Blut allein die tragische Geschichte verraten, die sich in diesen friedlichen Wänden abgespielt hatte. „Der Engel hatte kein Recht…“, sagte Cass dann noch leiser. „Woher willst du das wissen?“ Fragte Dean der seinen Freund jetzt ganz genau betrachtete. Cass wirkte so niedergeschlagen und seine Worte so klar, als wäre er dabei gewesen. Hatte ihm das Blut wirklich mehr verraten als ein gewöhnlicher Mensch zu sehen vermochte? Oder war das dieses seltsame Gefühl welches das Haus selbst zu umgeben schien. Cass sah von dem Blutfleck auf und seine durchdringenden Augen hafteten sich an Dean. „Wenn unschuldiges Blut vergossen wird, dann durchdringt es den Boden und beschmutzt einen Ort. Dieses Haus hier war ein Ort des Friedens, ein Ort der Liebe, Geborgenheit und des Lebens. Diese grausame Tat hat dieses Haus unwiderruflich besudelt und einen Ort des bösen daraus gemacht. Solche Auswirkungen sind spürbar, nicht nur für Engel wie es scheint.“ Dean nickte, „ja es fühlt sich schrecklich an. Als hätten die Wände die Todesschreie der jungen Frau aufgefangen und sie irgendwie konserviert. Als müsse man nur genau hinhören um ihre letzen Atemzüge im Rascheln der Vorhänge zu hören…ich weiß auch nicht wie ich es beschreiben soll, es ist…“ „Grauenhaft. Die Tat eines Engels. Kaum ein anderes Wesen ist in der Lage ein solch grauenhaftes Echo auszulösen. Das ist das Werk eines Engels.“ Schweigen senkte sich über den Raum. Keiner fand passende Worte um den Geschehnissen ihren Schrecken nehmen zu können. Cass hatte ganz Recht, dieser Mord war von einem Engel verübt worden und die Frau war ein unschuldiges Opfer. „Warum also?“ stellte Dean die Frage welche auch Cass bereits durchdachte. Seit er im Himmel von einem geplanten Mordanschlag gehört hatte, den offensichtlich Raphael in Auftrag gegeben hatte, war er unruhig geworden. Warum kümmerte sich Raphael, dessen Bemühungen die himmlische Ordnung wiederherzustellen oberste Priorität hatten, sich um die Belange auf Erden? Warum schickte er einen seiner Untergebenen aus, um diese schuldlose Frau zu töten? Cass der geglaubt und gehofft hatte, Raphael würde vieles anders machen als Michael, war schon kurz nach dessen Machtübernahme eines besseren belehrt worden. Im Nachhinein fragte er sich, wie er nur so leichtgläubig hatte sein können und seinem Bruder – einem weiteren Erzengel – wirklich Änderungen hatte zutrauen können. Nein, Raphaels Befehlsgewalt war genau wie die von Michael allumfassend und allgegenwärtig. Die Regeln waren ebenso streng und straff und ließen keinen Platz zum Atmen. Früher war das Castiel nie so aufgefallen, aber jetzt da er auch ein anderes Leben kannte… Gut, er hatte sich gefügt. Er wollte keinen Streit mit seinen Geschwistern. Besonders nicht mit Raphael, der nicht nur sehr stark war, sondern auch viele Anhänger besaß. Cass war wohl einfach zu froh drüber gewesen wieder nach Hause zu können, um Raphael groß die Stirn bieten zu wollen. Schließlich hatte er das Töten seiner Geschwister immer gehasst und es nur als Notlösung für den Sieg erachtet, wann immer er gezwungen war sein Schwert zu ziehen. Er wollte keinen Krieg, nie wieder. Aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, er wollte auch nicht das Leben welches er jetzt führte, mit Raphael als Herrscher des Himmels. „Ich weiß es nicht“, Cass blickte wieder auf den Blutfleck. „Alles was ich gehört habe war der Auftrag. Warum diese Frau sterben musste ist aber nicht das einzige was sich in letzter Zeit meinem Verständnis entzieht. Raphael hat mit verboten hier her zu kommen.“ „Wirklich? Wundert mich nicht. Ich meine er weiß das du sicher nicht die Füße still hältst, wenn so etwas ungerechtes geschieht. Das er dich nicht am Tatort rumschnüffeln sehen will ist doch verständlich.“ Der Blick des Engels glitt in die Leere, verlor sich irgendwo in der Unendlichkeit. Dean schien es als wäre Castiel nur noch Körperlich anwesend und sein Geist würde umher streifen. Losgelöst von seiner Hülle, mit weißen Flügeln… „Er hat mir auch verboten dich zu sehen“, sagte Cass und mit einem Mal steckte so viel Gefühl in seinem Blick. Dean vermochte diesen blauen Augen nicht lange stand zu halten. „Warum hat mein Bruder mir verboten dich zu sehen?“ Dean wusste nicht ob das eine ernst gemeinte Frage war. Schließlich waren bereits unter Michaels himmlischer Herrschaft die Engel stets unter sich geblieben. Bis Cass ihn aus der Hölle gezogen hatte, war Dean fest davon überzeugt gewesen, dass Engel nicht existierten. Nie hatte ein Jäger auch nur einen gegenteiligen Beweis vorlegen können. Engel wanderten also nicht einfach auf Erden. Zumindest nicht welche von Castiels Rang. Was war also verwunderlich daran, dass Raphael zum Status Q zurückkehrte? Cass hatte von den Menschen auch einige Dinge gelernt, die im Himmel nicht gerne gesehen wurden. Schließlich hatte Dean ihn zur Revolution angestiftet. Ihm den Ungehorsam gelehrt und die Unbeugsamkeit. Die nächsten Worte vielen Dean unglaublich schwer und er musste gegen einen dicken Klos in seinem Hals ankämpfen. Aber er musste sie aussprechen. „Cass, vielleicht hat dein Bruder recht. Vielleicht ist es das Beste für dich wenn du in den Himmel zurückkehrst und dort wieder…na ich weiß auch nicht, einfach so lebst wie früher. Raphael meint es letztendlich wohl gut mit dir. Schließlich ist er dein großer Bruder, ich kann verstehen dass er will das du nach Hause kommst. Ihr seid Familie.“ „Du bist auch meine Familie, Dean.“ Dieser Satz schwebte lange Zeit im Raum. Wieder konnte Dean das undurchdringliche Blau von Cass Augen nicht lange halten und sah verlegen zur Seite. Was dieser kleine Satz jedoch in ihm bewirkte war gigantisch. Eine Flut von Gefühlen stürze gleichzeitig auf ihn ein. Keines der Gefühle vermochte er wirklich zu deuten. Sie waren zu einem Knäuel in seinem Magen verschmolzen und ließen ihn wie in einer Achterbahn von einem Hoch ins nächste Tief stürzen. Glücklich darüber das Cass offenbar bei ihm sein wollte, ihn nicht allein lassen und für immer in den Himmel verschwinden würde und andererseits weil es Cass gegenüber nicht fair war. Klar wünschte er sich den Engel in seiner Nähe, doch genau das steckte der Fehler. Cass war ein Engel. Kein Mensch, sondern ein himmlisches Wesen. Er gehörte nach Hause, zu seinen Geschwistern. Zurück in eine ganz andere Welt. Von Cass zu verlangen auf Erden zu Lebe und vielleicht genau wie Sammy mit ihm von Land zu Land, von Fall zu Fall zu ziehen war…unfair…nicht möglich… Hatte er den Engel nicht schon genug verdorben? Sollte er, wenn er Cass wirklich mochte, nicht darauf bestehen das er ging? Dean wäre am liebst in Tränen ausgebrochen. Da war so vieles was unverarbeitet in seinem Kopf umher schwirrte, so viele widersprüchliche Informationen…so vieles…er konnte einfach nicht mehr! „Was hältst du davon wenn wir das alles einfach mal hinten anstellen? Vergessen wir Raphael und konzentrieren wir uns auf das, als wäre es ein ganz normaler Fall.“ Dean wusste das es feige war einfach so das Thema zu wechseln. Er floh, etwas was er sonst selten tat, aber es war wahr. Er floh. Vor seien Gefühlen als wären sie eine Bestie mit messerscharfen Krallen und einen geifernden, blutigen Maul. Cass fand Deans Rückkehr zu dem Fall weit weniger überraschend. Er hatte zwar bemerkt das sein letzter Satz etwas in dem Menschen bewirkt hatte, war aber weit weniger verstört darüber. Hatte Dean etwa nie vermutet das er ihn als Freund, als Teil seines Lebens und somit als Familie ansah? Oder war es Freude über eben jene Äußerung gewesen die den Menschen so überwältigt zu haben schien? Vielleicht deutete Cass auch nur wieder die menschlichen Gefühlsregungen falsch. Schließlich war er unglaublich gerne in Deans Nähe. Er fühlte sich geborgener als bei seien Geschwistern obwohl eine ganze Welt sie beide trennte. Sie waren so verschieden wie Tag und Nacht und das meinte er nicht im charakterlichen Sinne. Sie waren nicht von derselben Art, lebten Tag für Tag völlig unterschiedliche Leben mit unterschiedlichen Gedanken und Prioritäten. Jäh wurden Cass Gedanken unterbrochen, als Dean sich in Bewegung setzte und erklärte er gehe das Haus absuchen. Wahrscheinlich hatte der Jäger Recht. Fürs erste war es das Beste sich um das vor ihnen liegende Problem zu kümmern. Mit all den verwirrenden Gefühlen und Gedanken konnten sie sich später beschäftigen. Vorzugsweiße dann, wenn sie wussten was sie fühlten oder was sie fühlen sollten. Der Engel suchte jeden Raum mit seinen Sinnen nach Fehlern ab. Nach Dingen die nicht stimmten, die geändert oder korrigiert worden waren. Aber das ganze Haus schwirrte von Engelsenergie und den nachwehen des gewaltsamen Todes. „Cass?“ hörte er die dumpfe Stimme aus dem Nebenzimmer. „Ich konnte nichts entdecken. Kein Hinweis auf…“ „Sieh dir das an!“ wurde er sogleich aufgefordert. „Warum ist mir das nicht schon früher aufgefallen? Da!“ Nicht ganz verstehend was an der Wand so besonders war, wartete Cass mit fragender Mine auf Deans Erklärung. „Da fehlt ein Bild an der Wand. Überall in dieser Wohnung wurden Bilder abgenommen. Man erkennt das an den dunkleren Stellen. Da wo Bilder hingen konnte die Farbe nicht verbleichen. Das ist auch im Erdgeschoss zu sehen. Im Gang hängen zwar viele Bilder, aber im Wohnzimmer steht kein Einziges? Es würde mich doch sehr wundern wenn das schon vorher so war.“ „Du meist also der Engel hat Fotos verschwinden lassen?“ Der Unglaube war deutlich in seiner Stimme zu vernehmen. „Nein, es ging nicht um die Bilder. Sondern um die Person die darauf war und ich wette das war nicht unser Opfer.“ „Damit könntest du recht haben“, gab Cass zu. „Wenn wir also ein Bild finden, dass der Engel übersehen hat, dann kommen wir vielleicht der ganzen Sache ein wenig näher.“ „Wonach suchen wir also?“ „Das wissen wir erst wenn wir es gefunden haben“, sagte Dean schmunzelnd und ließ Cass verwirrt im Raum zurück. Wieder eine dieser menschlichen Äußerungen die weder Sinnvoll noch irgendwie nützlich zu sein schienen. Trotzdem machte sich auch Cass auf die Suche. Kapitel 7: Das Bild im Portmonee… --------------------------------- Kapitel 7. Das Bild im Portmonee… …natürlich! Wieso war ihm das nicht gleich eingefallen? Seit gut einer Stunde kämpften sie sich jetzt auf Händen und Knien durch jedes Regal, Buch, Album… Dean saß gerade vor einem CD Regal und begutachtete einige der selbst gemachten CD’s, deren Hüllen mit reichlich Fotos und Aufklebern verziert waren. Geschenke von Freunden eben, lieb gewonnene Erinnerungen, kombiniert mit den drei Minuten Glücksgefühl eines heiß geliebten Songs. Sentimentalität der Menschen eben. Da kam Dean die Idee. Menschen waren Sentimental, Engel nicht. Menschen verbanden Bilder oft mit anderen Erinnerungen oder Dingen. Oft kombinierte man einen Alltagsgegenstand mit ein wenig Persönlichkeit. Das waren typische Verhaltensweisen von Menschen. Nie würde ein Engel darauf kommen, dass Menschen aus Sentimentalität Bilder in ihrem Portmonee aufbewahrten und nicht nur ihr Geld. Von dieser fixen Idee gepackt, sprang der Jäger auf und stürmte polternd – sein linkes Bein war eingeschlafen - auf den Gang hinaus. Cass welcher im Nebenzimmer jeden Gegenstand begutachtete, hörte die aufgebrachten Schritte. Sah jedoch nicht auf. Für ihn war das ganze hier eigentlich sehr interessant. Was Menschen nicht so alles besaßen, aufhoben und sammelten. Im Bücherregal waren viele Romane mit sehr interessanten Titeln. In einigen der Bücher ging es sogar um Engel. Cass hätte sich gern das ein oder andere Buch mitgenommen und einen Blick auf die fiktive Geschichte geworfen. Rein aus Recherche Gründen versteht sich und nicht aus blanker Neugierde. Was dachten die Menschen wohl über Engel? Wie stellten sie sich einen seiner Art vor? War er ein Engel so wie man ihn erwartete? Wohl kaum, denn Dean hatte ihm nicht auf Anhieb geglaubt. Aber war Dean wirklich eine Messlatte für normales, menschliches Denken? Wohl kaum, dafür hatte er einfach schon zu viel Übernatürliches gesehen. Aber auf anraten des Menschen hatte er nach Einmerkern und Gegenständen zwischen den Buchseiten gesucht – und welche gefunden – was ihn nicht minder verwirrt hatte. Warum lagerte Menschen etwas in Büchern? Das gab doch überhaupt keinen Sinn! Ein Lesezeichen, das hätte er verstanden aber nicht die bunte Vielfalt welche sich ihm beim Suchen bot. In einem Buch lag ein fünf Dollar Schein, in dem anderen steckte eine Einkaufsquittung, dort mal ein Stück Papier mit handschriftlichen Notizen und hier die Visitenkarte eines Damenfriseurs. In wieder einem anderen war ein herausgerissner Artikel über Hautcreme im Test. Tatsächlich war in einem auch ein Foto, jedoch zeigte es etwas, was wohl eine Katze sein sollte, weiß mit Kleidchen und Schliefe. Hinten war ein Geburtstagsgruß und auch der faszinierte den Engel. Zwischen aufgeklebten Herzen waren in schön geschwungener Handschrift liebe Wünsche und Grüße verteilt. Viele Worte schienen Abgekürzt oder gaben gar keinen Sinn. War er hier auf eine art Geheimschrift gestoßen oder verstand ein Mensch wirklich etwas unter dem Begriff hdgdl? Er fand noch ein getrocknetes Kleeblatt mit vier Blättern - eine durchaus seltenere Anomalie - und viele kleine Zettel mit Namen, Nummern und einem immer wieder auftauchendem Phänomen – ein kleines a in einer Art Halbkreis. So forschte Castiel wie ein Kulturanthropologe und erkundete eine Welt die ihm fremder war als gedacht. Oft waren es Äußerungen von Dean gewesen, die ihm gezeigt hatten, wie fern und fremd er dem Denken und Verstehen der menschlichen Kultur doch war und dieses Haus belegte es. Er verstand kaum einen Aspekt vom Leben dieser Frau. Die groben Züge hatte er natürlich erkannt und er wusste um die lebensnotwendigen Dinge. Aber all die Kleinigkeiten hier, das war alles fremd und aufregend! „Cass? Ich glaub mit ist da was eingefallen! Wenn tatsächlich der Engel die Bilder hat verschwinden lassen, dann glaub ich gibt es einen Ort wo er nicht nachgesehen haben könnte!“ Die Handtasche hatte Dean bei seinem ersten Blick in die Küche auf der Arbeitsplatte, neben dem Kühlschrank stehen sehn. Mit Cass auf den Fersen eilte er die Stufen hinunter und in die geräumige, moderne Küche. Eine leere Tüte zeugte vom Ablauf der letzten Momente im Leben dieser jungen Frau. Sie war vom Einkaufen nach Hause gekommen, hatte ihre Tasche abgestellt, die Einkäufe in den Kühlschrank gepackt und war dann ihrem Mörder begegnet… Die längliche, schwarze Brieftasche mit ihrem Markenlogo fühlte sich in den Händen des Jägers nach Sieg an. Cass war neben den Menschen getreten und sah ihm neugierig zu wie er jedes Fach einer kurzen Musterung unterzog. Mit einem triumphierenden Lächeln zog Dean eine kleine Ansammlung Fotos aus dem Portmonee. Alle nicht viel größer als ein Passbild, aber dennoch groß genug um das erste Geheimnis zu enthüllen. Rasch warf er die Börse zurück in die Tasche und sie betrachteten Foto für Foto. „Ein Kind?“ fragte Cass verwirrt. Nicht ganz das, was er erwartet hatte. „Vielleicht eine Verwandte?“ spekulierte er. „Nein“, Dean betrachtete ein Foto genauer, welches Nina mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm zeigte. „Da sind von jedem Lebensabschnitt Fotos. Das hier ist eine kleine Dokumentation des bisherigen Kinderlebens. So etwas würde man wohl nur für sein eigenes Kind anlegen und bedenke, sie hatte diese Fotos immer dabei. Überall wo sie war sollten sie diese Bilder begeleiten. Nein, ich denke es ist ihr eigenes Kind.“ „Aber wenn es wirklich ihr Kind ist, wo ist dann das Kinderzimmer? Nicht mal ein Bettchen für…“ Ein Geräusch unterbrach sie. Es war nicht sonderlich laut, aber in der leblosen Stille des Hauses wirkte es wie ein Getöse. Sie lauschten angestrengt und das Geräusch wiederholte sich. Doch dieses Mal schien es näher gekommen zu sein. Cass sah Dean an, dieser nickte wissend und steckte die Kinderfotos in die Tasche. Jemand oder besser gesagt etwas war im Haus und sie glaubte diesbezüglich nicht an einen Zufall oder etwas Harmloses. Leise um ja kein unbedachtes Geräusch zu machen, schlich Dean voran zur Küchen hinaus auf den hellen Flur. Wäre nicht dieses erdrückende Gefühl gewesen, welches das Haus einnebelte, dann hätte sich Dean in seinen schwachen Momenten hier gut ein Leben vorstellen können. Ein weiteres Geräusch drang aus dem Wohnzimmer und der lange Jahre bestens ausgebildete Jäger in Dean reagierte automatisch. Das Messer welches sie einst von Ruby bekommen hatten glitt wie von selbst in seine Hand und als der Eindringling zum Angriff ansetzte, Konterte Dean sogleich. Sein Angreifer war ein kleiner, jedoch sehr stämmiger Mann in Arbeitsklamotten. Der verdreckte Blaumann, die Stiefel mit Stahlkappen, alles in allem ein einfacher Arbeiter. Da niemand einen Arbeiter an einen Tatort bestellte und kein Polizist jemals solch eine Verkleidung tragen würde, kam nur noch ein besessener - ein Dämon - in Frage. Dean konnte zwar die Augen seines Gegners nicht so recht erkennen, aber als dieser mit unglaublicher Kraft ausholte und ihn durch den Gang und gegen die Haustür schleuderte, hatte er Gewissheit. Cass hatte sich bisher dezent im Hintergrund gehalten. Noch immer stand er in der Küche, verborgen hinter der Wand und als er Dean gegen die Tür schlagen sah, spannte er sich zum Sprung an. Wie eine Katze, ein Raubtier…nur das Castiel als Soldat darauf geschult war und nicht bloßen Instinkten vertrauen musste. Er hatte die dämonische Aura gespürt und da der Mann jetzt an ihm vorbei auf Dean zuging, konnte er die Dunkelheit sehen, welche die Seele des Mannes übernommen hatte. Mit einer fließenden Handbewegung und einer Spur Magie, lag das kurze, silberne Engelsschwert in der Hand des himmlischen Soldaten und ohne ein Geräusch zu verursachen, streckte ein tödlicher Schlag den Dämonen nieder. Sein letzter, röchelnder Schrei, bevor er auf dem Teppich zusammenbrach und sich nicht mehr bewegte, schien von den Wänden wiederzuhallen. Als wären sie in einer Gruft, mit hohen, steinernen Wänden. Es schien als käme dieser entsetzliche letzte Schrei von überall, wie eine Woge die sich aufbäumte, nur um dann zusammen zu brechen und alles unter sich zu begraben. Dean rappelte sich auf. Ihm schwirrte der Kopf und das nicht nur davon, dass er unsanft gegen die Wand geprallt war. Das seltsame Gefühl welches ihm dieses Haus bescherte, wurde immer stärker. Als würde es ihn erdrücken, die Luft zum atmen rauben! Als würden dieses Haus selbst gegen weiteres Blutvergießen rebellieren! Wie ein lebendes, atmendes Bewusstsein, welches endgültig genug von dem Grauen hatte, das Einzug in sein einst friedliches Leben gehalten hatte. Dennoch bemüht auf seinen wackeligen Beinen einen sicheren Stand zu finden, hielt er sich an der Wand fest. Aber er bekam keine Atempause. Oben im Haus ging geräuschvoll ein Fenster kaputt und mehrere schwere Schritte kündigten neue Angreifer an. Cass wirbelte herum, sein Trenchcoat umflatterte ihn als er in die Hocke ging, um einen neuerlichen Angriff auszuweichen. Der Dämon schwang ein Messer, verfehlte den geduckten Engel und dieser schlug mit einem Aufwärtshaken genau in die Magengrube des Gegners. Dämonen nahmen solche Schläge zwar ohne große Schmerzen hin, doch Cass Angriff hatte ihm zeitweilig das Gleichgewicht geraubt. Er strauchelte, versuchte Halt zu finden aber der Engel war schneller. Mit erneut wehendem Beige fuhr er hoch, schlug zu und beförderte den hageren Mann im Anzug auf den Boden. Dort glitt er mit dem Teppich und dem Schwung von Cass Schlag bis zur Treppe. Der nächste Angreifer lief bereits die Stufen hinunter und ihm folgten weitere Schritte und hektisches Getrampel auf den Holzstufen. Dean welcher immer noch um die komplette Kontrolle seines Körpers kämpfte, knickte unter seinem eigenen Körpergewicht immer wieder ein. Er war Cass also keine große Hilfe. Dieser befürchtete eher, der Mensch könnte für ihn in seinem jetzigen Zustand ein Hindernis sein. Er würde niemals zulassen, das Dean etwas geschah. Alles würde er tun nur um den Menschen zu beschützen, der gerade geschwächt auf seine Knie gesunken war. Wussten die Dämonen ebenfalls das Cass sich um den Jäger sorgte? Im Grunde war es nicht schwer zu erkennen, denn er stand genau zwischen den Angreifern und dem Verletzten. Die Feinde waren in der Überzahl und Dean konnte sich gerade nicht selbst verteidigen. Dem Engel war klar, wenn er den Kampf verlieren würde, dann hätten die Dämonen Dean und die Fotos. Wussten die Angreifer um die Sympathie so würden sie alles daran setzen diese Auszunutzen. Vielleicht wussten sie sogar, wie man einen Engel zurück in den Himmel schickte. Cass Sorge wuchs mit jeder verstreichenden Sekunde. Die Dämonen hätten zwar möglicherweise interessante Antworten für sie gehabt, aber das Risiko das Dean dabei etwas zustieß war zu hoch. So drehte sich Castiel um, packte Dean recht unsanft am Arm und zog ihn auf seine Beine. Gestützt auf die Schulter des Engels überbrückten sie die letzen Meter bis zur Haustür. Hinter ihnen wurden wütende Rufe laut, doch Cass drehte sich nicht um. Er zog den Menschen hinter sich her und wenn er sich nicht sicher gewesen wäre das Dean ihn dafür körperliche Schmerzen angedroht hätte, dann hätte er ihn getragen. Als die sengende Mittagshitze sie im Freien willkommen hieß, drehte sich der Engel nun doch zu dem Haus um. In seiner freien Hand konzentrierte er seine Magie, schlug damit die Tür zu und verbarrikadierte sie mit unsichtbarer Gewalt. Das würde die Dämonen nicht gänzlich aufhalten, aber immerhin verlangsamen. „Zum Wagen“, hörte er Deans Stimme. Dieser erholte sich jetzt, da er dieses grässliche Haus endlich hatte verlassen können, recht schnell wieder. Er schob die helfende Hand des Engels von seiner Schulter und eilte zu seinem Auto. „Halt!“ rief Cass und packte ihn erneut unsanft am Arm. Riss ihn zurück nach hinten, so das er mit dem Rücken gegen die Brust des Engels stieß. Bevor Dean auch nur Atem für eine Beschwerde holen konnte, erkannte er die Gestalt welche neben dem Impala stand. Ein Mann mit asiatischen Gesichtszügen und einem perfekt sitzenden, schwarzen Anzug. Viel zu warm für diese Jahreszeit wirkte die Person irgendwie vertraut und trotzdem deplaziert. Oder war es genau das, was ihm so vertraut vorkam? „Noch ein Dämon?“ fragte Dean und blickte über seine Schulter zurück zum Haus. Das Treten und Trommeln von Füßen und Fäusten gegen das Holz der Tür war deutlich zu hören. Lange würden sie hier Draußen nicht mehr zwei zu eins in der Überzahl sein. Dean zückte bereits das Messer. „Nein“, Cass hielt ihn immer noch am Arm fest. „Nein das ist kein Dämon. Das ist etwas Schlimmeres“. „Was?“ kam es verwirrt von Dean. Dessen Aufmerksamkeit richtete sich von der Tür wieder auf den ominösen Mann, welcher nun in großen Schritten auf sie zukam. „Der Mann ist ein Engel!“ Dean spürte wie Cass Griff um seinen Oberarm noch stärker wurde. Das nächste was er empfand war Schwindel und Orientierungslosigkeit. Ein Strudel von ineinander verschwommenen Farben ging in schwärze über. Das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren mischte sich in das flaue Gefühl von Übelkeit. Er glaubte zu fallen und spürte doch den festen Griff von Cass an seinem Arm. Angst Cass könnte ihn los lassen und er wäre allein in diesem schrecklichen Moment gefangen, verschwand der Strudel, entließ ihn in die Wirklichkeit und er viel hart zu Boden. „Dean? Geht es dir gut?“ Mit der flachen Hand drückte er auf seinen flatternden Magen und blinzelte verwirrt den alten, verfilzten Teppichboden an. Das Schwindelgefühl hatte nachgelassen und alles um ihn herum war wieder deutlich zu erkennen. Und die Umgebung hatte sich doch sehr verändert! „Wir sind wieder im Motel?“ Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage, Cass bejahte jedoch trotzdem. „Alter, mach das nie wieder!“ schimpfte Dean und stand mühsam auf. „Wir mussten fliehen. Das Haus war voller Dämonen und mein Bruder hätte diesen Umstand sicher ausgenützt. Nur deshalb hab ich dich auf diesem Weg hier her gebracht.“ „Danke, aber hast du auch nur eine Sekunde daran gedacht, dass du dort was vergessen hast?“ hielt ihm Dean mit gereizter Stimme vor. Die unterdrückte Wut war deutlich in seinem Gesicht abzulesen. Man sollte dem Engel zugute halte, dass er über diese Frage wirklich und ausführlich nachdachte, bevor er das verneinte. „Wir sind beide hier, die Fotos sind in deiner Tasche, was sollte ich dort vergessen haben?“ „Alter! Mein Auto, verdammt!“ Kapitel 8: Keine Ahnung, aber davon sehr viel… ---------------------------------------------- Kapitel 8. Keine Ahnung, aber davon sehr viel… …Dean war Foto für Foto noch einmal durchgegangen. Jedoch hatte er den Bildern keine weitern Hinweise entnehmen können. Aber irgendetwas musste doch darauf sein, etwas das ihnen sagte wo sie jetzt ansetzen sollten. Sie mussten ja irgendwo weitermachen aber kein noch so kleines Detail war vorhanden. Langsam stieg sein Frustpegel an einer imaginären Leiter immer weiter nach oben. Das ganze gestaltete sich wie ein Puzzle und Dean hasste Puzzles. Besonders diese Art wo man noch nicht einmal eine Vorlage für das Motiv bekommen hatte. Es war ermüdend die ganzen Fragen im Kopf immer und immer wieder zu wälzen, nur um resigniert festzustellen, dass man lauter Fragezeichen vor sich her schob. Es fehlten einfach noch zu viele Teile des Puzzelns um auf das fertige Bild schließen zu können. Dean erhob sich vom Tisch, der Stuhl verursachte beim zurückschieben ein kratzendes Geräusch auf dem unebenen Boden der kleinen Kochnische. Castiel der ebenfalls vor den Fotos saß sah auf und sein Blick folgte der Gestallt des Jägers, welcher zum Kühlschrank ging um sich ein Bier zu holen. Der kleine Kühlschrank hatte auch schon besserte Zeiten gesehen, aber bei der sengenden Hitze draußen wirkte schnell mal etwas kalt. So auch die braune Glasflasche, die mit einem gezielten Hieb an die Tischkante geöffnet wurde. Gierig trank Dean die bernsteinfarbene Flüssigkeit und genoss den herben Geschmack in seinem Mund. „Gut“, sagte er und setzte sich zurück an den Tisch. Die Flasche neben sich stellend beobachtete er Cass, welcher seinen Blick wieder auf die Fotos gerichtet hatte und bemüht war, den Bildern mehr Aufmerksamkeit zu schenken als seinem Gegenüber. Dean hatte eine leichte Veränderung in Cass Verhalten bemerkt, seit sie dem Dämonenangriff und dem beinahe Zusammenstoß mit einem anderen Engel hinter sich gebracht hatten. Seit dem Moment wo sie wieder in der vermeintlichen Sicherheit des Motelzimmers waren, hatte Cass kaum ein Wort gesagt. Sein Gebaren war wieder ganz das eines Soldaten, der auf der Lauer lag weil er einen Angriff erwartete. Auch hatte er Dean nie aus den Augen gelassen, der Blick dieser blauen Augen war ihm stets bei all seinem Tun gefolgt. Irgendwie fand der Jäger das ja schmeichelhaft, aber wenn er sich an die Szene in dem Haus zurück erinnerte, dann war das wohl nicht schmeichelhaft gemeint. Sondern Cass versuchte ihn zu beschützen weil er den Menschen als zu schwach erachtete. Aber Dean konnte sehr wohl selbst auf sich achten! Schließlich war das nicht die erste Begegnung mit Engeln und Dämonen die er überlebte. Doch da war so ein Gefühl, ein seltsames und ganz undefinierbares Gefühl. Cass stete Blicke verstärkten es zusätzlich. Das Gefühl das da was Großes auf sie zukam. Etwas das ihrer beider Welten zu verändern drohte. Nur fand Dean nicht den Mut Cass darauf anzusprechen. Er akzeptierte einfach den Blick des Engels, auch wenn dieser auf seiner Haut brannte wie Feuer und er ignorierte das nagende Gefühl des Unbehagens, welches sich wie eine Bestie an seinen Eingeweiden zu laben schien. Er musste sich jetzt konzentrieren, also zurück an die Arbeit. Wieder erhob sich das ungute Gefühl und mahnte ihn keine Zeit mehr zu verschwänden. Der vor ihnen liegende Fall war zu bedeutend, zu groß zu mächtig und wichtig. „Wir wissen das Dämonen wie Engel nach einem Kind suchen und…“ Dean legte eine kleine Denkpause ein. Griff nach der Flasche und trotz eines erneuten Schlucks Bier viel ihm nichts mehr ein mit dem er den Satz hätte komplettieren können. Cass sah auf „und?“ fragte er und wartete durchaus gespannt auf die weitere Zusammenfassung. Doch Dean zuckte die Schultern. „Sieht so aus als wüssten wir nicht viel. Aber dafür fallen mir dutzende Fragen ein.“ „Wenn du recht hast und dieses Kind…“ Cass hob das Foto von Mutter und Tochter hoch, „wirklich ihres ist, warum war das Haus nicht für ein Kind eingerichtet?“ „Gute Frage, kein Kinderzimmer, keine Spielsachen. Aber das ließe sich überprüfen. Ich meine wenn das ihr Kind ist, dann gibt es Geburtsurkunden und dergleichen. Außerdem weiß vielleicht die Polizei auch auf andere Fragen Rat. Wo das Kind ist oder wo wir den Vater dazu auftreiben.“ Deans sah Cass böse an, „wenn ich mein Auto hätte, dann würde ich das sofort überprüfen.“ Cass spürte Deans Wut sich wie eine Woge aufbäumen. Es war wohl besser die Situation jetzt zu entschärfen „Die Grundidee finde ich nicht schlecht, aber du solltest im Moment auf deinen Wagen verzichten. Er ist zu auffällig.“ „Ich werd sicher nicht zu Fuß gehen und da ich nicht fliegen kann…“ Dean ließ den Rest des Satzes gewollt offen und gestikulierte hilflos mit den Armen. Er war wütend und auch wenn der Engel den Grund dafür wohl nicht nachzuvollziehen vermochte, er sollte es wenigstens spüren! Natürlich verstand der Engel nicht was das Auto für Dean bedeutete. Schließlich hatte er Flügel! Aber wie konnte jemand der zu Fliegen vermochte nicht diese Freiheit mit der eines Autos – des Impalas – gleichsetzen? War das Wort Freiheit für Engel etwa was anderes? Schließlich waren sie Soldaten, geschaffen um zu gehorchen und nicht um frei zu sein. Vielleicht so dachte Dean, verband Cass mit seinen Flügeln eher eine Last auf seinen Schultern denn wahre Freiheit. Wusste ein Vogel etwa wie frei er war? Oder war das wieder nur Sentimentalität von Menschen? Dichteten wir Vögeln die Freiheit an nach der wir uns sehnten? Das Träumen vom Fliegen, nach oben zu steigen in den blauen Himmel und nirgends eine Grenze vor sich zu sehen…ja das war Freiheit. Man konnte überall hin, alles sehen. Wussten die Vögel das wir sie darum beneideten? Wusste Cass das Dean auch zu gerne Flügel besäße. Oder würden sie ob den Gedanken lachen, sie für frei und beneidenswert zu halten? Ja…was war Freiheit eigentlich? Mehr als nur ein Wort? So sagte man zumindest, aber hatten diese beiden hier, der Engel und der Jäger die Freiheit wirklich je erlebt? Oder bestand ihr Leben nur darin Anderen die Freiheit zu erhalten, die den wahren Wert dieses Wortes nicht erst zu hinterfragen brauchten? „Das mit deinem Wagen tut mir leid“, holte ihn die tiefe Stimme des Engels in die Wirklichkeit zurück. Cass hatte seinen Schützling nicht aus den Augen gelassen und erkannt, dass er eine in diesem Ausmaß unerwartet emotionale Reaktion zeigte, als der Wagen ins Gespräch kam. „Schon gut, es ist nur…wie soll ich dir das erklären? Der Impala ist mein eigenes, kleines Stückchen Freiheit. Mehr Freiheit werde ich wohl nie besitzen, also achte ich darauf. Außerdem ist der Wagen…“ …ein Zuhause voller lieb gewonnener Erinnerungen, alles was ihm noch geblieben war, seine Zuflucht, seine Zukunft… all das ging Dean durch den Kopf, aber er sprach es nicht aus. Sollte der Engel doch denken was er wollte! Sicher war das wieder eines dieser Dinge die Cass eh nie begreifen würde. Dafür war ihre Herkunft, ihr ganzes Wesen einfach viel zu verschieden. „Ich befürchte nur, mein Bruder könnte deinen Wagen überwachen. Wenn er dich hat, hat er auch das perfekte Druckmittel gegen mich“, gestand Cass mit immer leiser werdender Stimme. Hatte Dean sich gerade eben verhört? Er suchte in Cass Gesicht nach einer Reaktion, doch der Engel sah mit steinerner Miene zu Boden. Schließlich gestand er sich das nicht gerne ein und es Dean dann auch noch zu offenbaren war ihm nicht leicht gefallen. Aber der Mensch hatte ein Recht darauf das zu erfahren. Schließlich wollte er ihn wirklich nicht gefährden. Dean zu verlieren währe wohl das schlimmste was ihm passieren konnte, denn er war ihm die treuste und wichtigste Person in seinem Leben geworden. Nachdem ihn sein Vater verlassen hatte, seine Geschwister sich gegen ihn gestellt hatten…ab da war sein Leben einzig und allein auf Dean fixiert. Dessen Tod würde seinen wohl unweigerlich nach sich ziehen, denn dann hätte er sicher keine Kraft mehr weiter zu machen. Ganz egal was kam, ohne Dean würde nichts einen Sinn ergeben. „Cass“, hauchte Dean mit verräterisch brüchiger Stimme. Er hasste sich für diesen Anflug von Schwäche und doch konnte er nicht anders. Die Worte des Engels berührten ihn. Nicht wissend wie sehr er sich seid Sams Tod nach dieser Art von Bestätigung sehnte, überkamen ihn die Emotionen einfach und überspülten die Mauer der Unzugänglichkeit, welche doch so sorgsam in vielen Jahren mühevoller Arbeit errichtet worden war. „Bitte mach dir keine Sorgen um mich“, brachte Dean noch hervor. Er schlucke immer wieder und hoffe sein Hals würde sich endlich nicht mehr wie Sandpapier anfühlen. Das kann ich nicht, dachte Castiel, sprach es aber nicht aus. Sein Blick suchte und fand den des Jägers und wieder schien einen art Magie im Raum zu herrschen, die sie beide gefangen hielt. Gefangen, drohten beide im Sumpf ihrer Gefühle den Halt zu verlieren und unwiderruflich darin verloren zu gehen. Aber dafür war die Zeit noch nicht gekommen. Sie wussten es, unterbewusst zwar, aber irgendwo schimmerte dieses Licht der Erkenntnis in ihnen und ja, eines Tages würden sie sich ihren Emotionen stellen. Der Tag würde kommen an dem sie dies alles verstanden und die Konsequenz daraus würde ihnen den Weg in ihre Zukunft weißen…aber noch war dieser Tag ferner als den beiden in diesem magischen Moment bewusst war. Noch waren ihnen ihre eigenen Gefühle nicht geheuer. „Wie…wie geht es jetzt weiter?“ fragte Dean noch immer nicht ganz Herr seiner Stimme. Nur langsam lichtete sich der Nebel seiner eigenen Gefühle und seine Gedanken klarten wieder auf. „Ich möchte das du in diesem Zimmer bleibst.“ Mit dieser Antwort hatte Dean nicht gerechnet. „Und was wirst du derweil tun? Ich meine das Lügen hast du echt nicht drauf. Du kannst nicht einfach in die Polizeistation marschieren und die Unterlagen über den Fall verlangen.“ „Das ist war“, gestand der Engel wieder kurz angebunden. Seine eigenen Gefühle hatten ihn verwirrt. Vielleicht war er in den letzten Jahren wirklich zu menschlich geworden. Raphael hatte ihm genau dies vorgeworfen und das als Grund angeführt, Cass nicht mehr auf die Erde zu lassen. „Du wirst es wieder lernen“, hörte er die Stimme seines Bruders in seinem Kopf nach hallen. „Du wirst wieder lernen was es heißt ein Engel zu sein und solange wirst du unter Deinesgleichen wandeln und die Menschen meiden. Hast du mich verstanden Castiel?“ Ja, er hatte ihn nur zu gut verstanden und gerade gab er seinem Bruder im stillen Recht. Wäre der Mord an dieser jungen Frau nicht gewesen, vielleicht wäre Cass gehorsam im Himmel verblieben. Dann wären mit der Zeit all seine hier erworbenen Eigenheiten von ihm abgefallen und er wäre wieder ein reiner, unbefleckter Engel gewesen. Doch wenn er Dean so ansah, dann wollte er nicht gehorchen, dann wollte er nicht wieder der Engel sein, den sich Raphael wünschte. Nein, wann immer er in Deans Nähe war, dann wollte er einfach nur Cass sein. „Komm schon, lass dir nicht jedes Detail aus der Nase ziehen!“ schimpfte Dean. „Wir sind uns doch einig, dass wir hier nicht weiterkommen. Also was machen wir als nächstes!“ „Du wirst hier bleiben und ich werde uns die nötigen Informationen besorgen“, beschloss Castel mit fester Stimme und erhob sich. Leicht verwirrt sah der Jäger zu ihm auf. „Wie…“ „Ich werde in den Himmel zurückkehren.“ „Was?“ Dean Sprang auf, der Stuhl auf welchem er eben noch gesessen hatte viel geräuschvoll nach hinten. „Nein, das ist zu gefährlich! Dieser andere Engel hat dich gesehen! Der hat Raphael bestimmt schon von deinem Ungehorsam berichtet und so wie ich das verstanden hab, ist dieser Ninja-Turtle-Engel nicht gerade freundlich. Wenn er dir ohnehin schon den Kontakt mit mir verboten hat, dann wird er dich für dein Einmischen erst recht bestrafen!“ Echte Besorgnis war in Dean erwacht und Cass erkannte das. Aber sie hatten jetzt keine Zeit dafür. „Dean, ich bin durchaus in der Lage das Risiko richtig einzuschätzen. Wir brauchen Informationen! Ich weiß du spürst es auch, dieser Fall, das was hier gerade geschieht ist von enormer Bedeutung! Ich kenne das gesamte Ausmaß dieses Falles noch nicht, aber hier geht es um etwas enorm Großes!“ „Du hilfst niemanden wenn Raphael dich fertig macht!“ schimpfte Dean aufgebracht. „Wenn er dich weg sperrt dann sitz ich hier allein in der Scheiße!“ „Sollte ich nicht zurückkehren, dann musst du allein weitermachen.“ „Nein, verdammte Scheiße, nein! Du wirst zurückkommen, hast du mich versanden?“ Deans Wut schwang um in Verzweiflung und Resignation. Er wollte das alles nicht hören! „Dean, das hier ist wichtig“, beschwichtigte ihn Cass mit ruhiger Stimme. „Ich kenne den Himmel, viele kleine Schleichwege und ich kenne auch meine Geschwister. Mit manchen von ihnen kann man reden. Natürlich werde ich Raphael und seine Anhänger meiden. Doch ohne weitere Informationen gibt es kein vorankommen. Im Himmel sind genügend Engel die wissen worum es hier geht. Auch wenn meine Kontaktleute nur bruchstückhafte Informationen besitzen, könnten die uns weiterhelfen. Wir sind doch im Moment völlig Ratlos.“ Dean hatte schweigend zugehört. Ruhelos war er dabei im Zimmer auf und ab geschritten und blieb jetzt dicht vor dem Engel stehen. „Du glaubst du weißt was du tust? Ich zweifle nicht an dir Cass, das würde ich nie, aber ich trau deinen so genannten Geschwistern nicht über den Weg. Sie haben dich einmal hängen lassen, dich verraten und du tust so als wäre das alles nie geschehen! Du willst einfach nach Hause und fragen >he, weiß jemand was Raphael vor hat? Ich will nämlich ungehorsam sein< man alter, das wird dich wieder alles kosten!“ „Nicht alles, Dean. Niemals alles. Dafür sorge ich.“ „Was meinst du denn damit?“ Dean war immer noch wütend und die Angst beflügelte sein Temperament. „Ich werde dafür Sorgen das dir nichts geschieht. Solange es dir gut geht kann ich alles andere verlieren. Denn nur du bist für mich von Bedeutung.“ Sie standen dicht nebeneinander und Dean kämpfte gegen der Drang Cass jetzt einfach zu Umarmen. Solche Worte aus dem Mund seines Engels zu hören war ein unbeschreiblicher Höhenflug seiner Gefühle. Dean war schwindlig vor lauter Glück und jetzt wollte er noch weniger das Cass ging. Genau genommen wollte er jetzt von den starken Armen seines Freundes gehalten werden und für immer in der wohligen Wärme seines Glückes baden. Dieser Augenblick schien doch so perfekt, aber der bevorstehende Abschiedsschmerz trübte rasch die Stimmung. Beide wussten das Cass gehen musste, dass er gehen würde. Dean wusste auch das er ihn vermissen würde, ob es dem Engel ebenso ergehen würde wusste er allerdings nicht. „Cass…“ begann Dean und trat noch näher an den Engel heran. „Pass bitte auf dich auf. Wenn dir etwas zustößt dann…dann…“ er brach ab, schluckte schwer und versuchte das Brennen in Hals und Augen zu verdrängen. „Ich komme wieder, Dean. Du magst dich zwar manchmal alleine fühlen, aber glaub mir, du bist es nicht. Niemals.“ Und bevor sie beide in dieser emotional aufgeladenen Situation etwas tun konnten, was sie im Moment noch überfordert hätte, war Cass verschwunden. Dean blinzelte und als ihm Cass Verschwinden ins Bewusstsein sickerte, spürte er eine Kälte von sich Besitz ergreifen. Schnell fing er sich wieder und bereute den emotionalen Ausbruch dem er eben erlegen war sogleich wieder. Was würde der Engel nur von ihm denken? Wahrscheinlich das er tatsächlich so schwach war, wie es den Anschein hatten. Aber Cass Worte hatten ihn berührt, mehr als er sich eingestehen wollte. Sammys Tod hatte er noch nicht verarbeiten können, das war daran Schuld dass er gerade so Gefühlvoll und nahe am Wasser gebaut wirkte. Wenn er nur daran dachte das er Cass heute vielleicht zum letzten Mal gesehen hatte, das er vielleicht nicht wieder kam… „Cass, hörst du mich du Mistkerl? Du sagst ich würde dir alles bedeuten, du sagst ich wäre deine Familie! Hörst du mich? Wenn das wirklich stimmt was du sagst, dann wag es nicht mich allein zu lassen!“ Dieser letzte Ausbruch von Wut und Verzweiflung verhallte in dem stillen Raum. Überschatten vom rattern der Klimaanlage und gedämpft von der sommerlichen Welt welche durch das Fenster ins Zimmer lächelte. Nicht ahnend das dunkle Wolken vom Horizont her nahten und diese auf den ersten Blick so friedvolle Welt zu verdunkeln drohten… Kapitel 9: Gebt mir Engel, gebt mir Dämonen… -------------------------------------------- Kapitel 9. Gebt mir Engel, gebt mir Dämonen… …alles wäre besser als hier an Langeweile zu sterben! Seit nunmehr zwei Tagen saß Dean in seinem Motelzimmer und hielt sich an Castiels Bitte oder war es doch eher ein Befehl gewesen? Was spielte das jetzt noch für eine Rolle? Cass war weg und er war hier. Frust in Reinform. Das letzte mal als er so gelangweilt in einem Motelzimmer rum gesessen hatte, da war er noch ein Kind gewesen. Er und Sammy waren zurückgeblieben währen ihr Dad eine Azeman, eine weibliche Gestaltwandlerin jagte. Genau, dieser Fall war der letzte gewesen bei dem John seine Söhne geschont und sie im Motel zurückgelassen hatte. Danach war zumindest Dean stets mit auf die Jagt gegangen. Bei diesem Gedanken fühlte er sich zurückerinnert an das traurige Gesicht seines kleinen Bruders. Da John ihn weiterhin aus der Schusslinie haben wollte, blieb dieser ganz allein zurück. Sam hatte ihm damals schon Leid getan, aber was es wirklich bedeutete allein in einem stickigen Motelzimmer zu sitzen und auf die Rückkehr seiner Familie warten zu müssen, erkannte er erst jetzt im vollen Ausmaß. Zu zweit hatte sie wenigstens noch etwas spielen können und wenn es bloß eine Partie Karten war. Sams Genörgel und die vielen anstrengenden Fragen hatten Dean zwar stets genervt aber gerade jetzt würde er alles für einen quengelnden Sam an seiner Seite tun. Am Anfang hatte er das ganze wie Zwangsurlaub betrachtet, hatte Fern gesehen, Bobby ausführlich Bericht erstattet bis dieser ihn als Quasselstrippe bezeichnet hatte und das Gespräch nach 1 Stunde und 32 Minuten von sich aus beendete. Gut, also Bobby stand nicht auf lange, ausführliche Telefonate. Schön, dann halt nicht. Er würde schon was finden das ihn beschäftigte. Da der Impala unerreichbar war, konnte er nicht einmal den Kofferraum plündern um alle Waffen mal wieder ausgiebig zu pflegen. Er wartete sein Arbeitsgerät zwar regelmäßig, aber so eine ausführliche Reinigung hin und wieder tat den Waffen bestimmt nicht schlecht. Und jetzt hätte er die Zeit dazu, lediglich die Möglichkeit fehlte. Der Fernseher langweilte mit seinem Vormittagsprogramm. In einer Show wurden Menschen mit übersinnlichen Talenten gesucht, irgendwo verkaufte eine dickliche, blonde Frau Hundeshampoo und dort jammerte ein Chef darüber das seine Sekretärin – mit der er seine Frau betrog – ihn mit dem schnittigen, jungen Mann aus der Buchhaltung hinterging. War die Welt wirklich so? Lebten die durchschnittlichen, normalen Menschen wirklich mit Tupperware und Wunderputzmittelchen friedlich in den Tag? Wenn ja hatte er nicht viel verpasst. Da lebte er lieber weiterhin sein einsames Leben als Jäger bevor er sich ein Leben mit solchen Prioritäten auftat. Auf dem nächsten Sender lief ein Kulturbericht über Poesie in Amerika und wieder einen Kanal weiter konnte man Sekundenkleber in Vorratspackungen kaufen. Kurz entlockte ihm das ein Schmunzeln und seine Langeweile wurde von den Bildern seines Bruders unterbrochen. Sie hatten sich schon den ganzen Tag Streiche gespielt und das ganze gipfelte in wüsten Beschimpfungen und einer Bierflasche die mit Sekundenkleber bestrichen gewesen war. Da aber die Gedanken an Sam mehr Schmerzen als Ablenkung schenkten, drückte Dean erneut auf die Pfeiltaste seiner Fernbedienung. Der Bibelkanal wurde aus Prinzip übersprungen und so endete Dean vor einer Wiederholung der Wiederholung von letzter Woche. Irgendwann wurden ihm die Lieder schwer und so schlief er über einer neuerlichen Talkshow ein. Was ihn weckte war schwer zu beschreiben. Nur langsam kehrte sein Bewusstsein aus den Nebelfetzen seines Traumes in die Klarheit der Wirklichkeit zurück. Als Dean seine Augen aufschlug, war es stockdunkel. Nur ein kleiner, ganz schwacher Lichtschimmer schien durch das Fester ins Zimmer. Wie lange hatte er geschlafen? Das schwache Licht tanzte über den Boden, ging aus, wieder an, wieder aus und wieder an… Ohne ein Geräusch zog Dean das Messer unter dem Kissen hervor. Jetzt wusste er auch wieder was ihn geweckt hatte. Jemand oder besser gesagt Etwas war in diesem Zimmer! Irgendwo verbarg sich im dunklen Zwielicht des Raumes ein Gegner! Deans Instinkte waren geweckt, der Jäger konzentrierte sich. Doch nirgends hob sich eine Silhouette von der Dunkelheit ab. Wenn das was er suchte so perfekt mit der Dunkelheit verschmolz, dann musste er auf eine Bewegung warten. Lange lag er still da, sein Herz hämmerte und das Blut rauschte in seinen Ohren. Nirgends bewegte sich etwas. Plötzlich fühlte er einen Luftzug. Nicht mehr als ein Hauch der seine linke Wange streifte und kurz über seine Haare strich. Er zuckte zurück, ließ seinen Blick am Bettrand entlang wandern. Doch nichts. Keine Bewegung, keine Veränderung in der ihn umgebenden Finsternis. Der Luftzug wiederholte sich und Deans Herz raste als würde es aus seiner Brust springen wollen. Woher kam der Wind? Es war kein Fenster offen und die Klimaanlage…die Klimaanlage, warum gab sie kein Geräusch von sich? Erst jetzt wurde sich Dean der ungewöhnlichen, alles verschlingenden Stille bewusst. Als könnte hier und jetzt in diesem Raum kein Geräusch existieren. Außer dem hilflosen Pochen seines Herzens. Wieder flackerte das Licht im Fenster und Dean wartete gespannt. Er rechnete mit allem, es könnte ja auch ein Geist sein. Warum war es im Zimmer nicht heiß? Die Klimaanlage lief nicht mehr und draußen herrschte trotz dunkelster Nacht noch große Hitze. Warum war es also nicht heiß hier drin? Wirklich ein Geist? Aber kalt war es ja auch nicht. Erneut fegte ein Windstoß über ihn hinweg, stärker dieses Mal und vielleicht waren es bloß seine überreizten Sinne die ihm einen Streich spielten, doch er hörte etwas. Fern erinnerte es ihn an eine Stimme. Etwas Wimmerndes, Klagendes. Dean lauschte, doch weder der Luftzug noch das Geräusch wiederholten sich. Noch immer flackerte die Lampe, warf tanzende Schatten auf den Teppich. Wieder wurde sich Dean der Stille um sich her bewusst. Kein Autolärm von der Straße, keine Stimmen vom Parkplatz oder aus einem anderen Zimmer. Nichts, nur Stille und Schwärze und… Wieder ein kurzer Lufthauch und wieder war diese Stimme da. Oder waren es Stimmen? Wie von Kindern, vielen Kindern. So hörte es sich an wen der Wind Geräusche von einem Spielplatz mit sich brachte, Lachen und Schreien vereint in einer seltsamen Kakofonie. Der Wind kam und ging, ähnlich wie das flackernde Licht. War es das was ihn letztendlich geweckt hatte? Dieser seltsame, klagende Ton der durch sein Zimmer wehte? Sich einer anderen Anwesenheit bewusst, hatten seine Sinne Alarm geschlagen. Etwas war hier, hier in diesem Raum. Zusammen mit ihm. Wieder huschte sein Blick von einer Seite des Zimmers zur anderen. Nirgends etwas zu sehen. Vielleicht war das was er suchte unter seinem Bett? Wohl kaum, wie kam Wind von unter dem Bett nach oben an sein Gesicht? Der einzige noch verbleibende Ort den er bisher nicht bedacht hatte, war die Denke. Mit einem schrecklichen Gefühl und klammen Fingern, die sich fest um den Griff des Messers schlossen bis seine Fingerknöchel weiß hervorstachen, hob Dean seinen Kopf… …und blickte in ein blasses, kleines Kindergesicht. Erschrocken fuhr er hoch, doch er konnte sich nicht bewegen! Er wollte aus dem Bett springen, flüchten aber es ging nicht! Eine unsichtbare Hand schien ihn ans Bett zu fesseln! Trotz der von ihm immer mehr Besitzergreifenden Panik zwang sich Dean wieder an die Denke zu blicken. Das schneeweiße Kindergesicht musterte ihn emotionslos aus dunklen, fast schwarzen Augen. „Was bist du?“ rief Dean aufgebracht und kämpfte erneut gegen seine unsichtbaren Fesseln. Das Gesicht veränderte sich, Muskeln und Kiefer begannen sich unter der pergamentartigen Haut zu bewegen und die dünnen, blutleeren Lippen öffneten sich. Stumm formte das Kind Wörter, die Deans Ohr nie erreichten. Nur das klagende Geräusch welches den Windhauch begleitete, schien von ihren stummen Lippen zu tropfen. „Was willst du?“ Angst und Verzweiflung fluteten Deans Stimme. Er kämpfte um seine Fassung und wandte sich auf seinem Bett hin und her. Aber was immer ihn gefangen hielt, es war stark. Sehr stark! Es gab kein Entkommen… Wieder sprach das Kind, wieder kam kein Laut über ihre Lippen. Dean spürte seinen hämmernden Herzschlag, seine Brust fühlte sich eng an, als würde ihm etwas die Luft abschnüren. Das Atmen viel ihm immer schwerer, er röchelte, versuchte Luft in seien Lungen zu saugen. Blanke Panik ergriff ihn, das Gesicht über ihm so fratzengleich und ohne Regung beobachtete ihn. Ein letzter, gieriger Atemzug und Dean schrie: „Cass!“ Seine Lungen brannten wie Feuer! Von der Anstrengung ausgezehrt verschwamm das Bild vor seinen Augen und plötzlich… …war alles vorbei. Dean atmet wieder normal. Er griff an seine Brust, spürte das schnelle schlagen des Herzens und das hektisches Heben und Senken seiner Brust. Das Zimmer war noch immer totenstill. Das Licht flackerte und als Dean aufblickte stand ein kleines, etwa neunjähriges Mädchen an seinem Bettende. Entsetzt erkannte er eben jenes Gesicht, welches vor wenigen Sekunden noch mit der Decke verschmolzen schien. Wieder versuchte er zu flüchten, wieder kam er nicht vom Fleck. Das Mädchen war schlaksig, dünn und blass. Wie ein Geist. Dunkles Haar umrahmte ihr fahles, rundliches Gesicht. Sie trug ein helles Kleid mit vielen Rüschen. Im Zwielicht des Zimmer schien das ganze Kind förmlich zu leuchten. „Was bist du? Was willst du von mir?“ verzweifelt zerrte Dean an seinen Fesseln. Das Mädchen stand so nahe, er hätte es berühren können, wenn er seine Hand nach ihr ausgestreckt hätte. Plötzlich legte sich ein Lächeln auf die Lippen des Kindes. Wieder öffnete es seinen Mund, formte Worte und dieses Mal verstand Dean. „Versprich mir etwas“, bat das Mädchen. „Versprich es mir mit Leib uns Seel.“ Ihre Stimme klang hell und wäre wohl als weich und freundlich zu bezeichnen gewesen, wenn nicht ein seltsamer Widerhall ihre Worte zu vervielfachen schien. Ähnlich wie ein Echo oder der Versuch eines Kinderchors synchron zu sprechen. „Was? Was willst du von mir? Wer bist du?“ „Versprich mir etwas und ich werde dich belohnen. Erinnere dich an meine Worte, denn der Tag wird kommen.“ „Wovon zum Teufel sprichst du?“ „Du sollst Versprechen, Dean Winchester“, forderte das Kind mit Nachdruck. „Was soll ich dir versprechen?“ Das Mädchen legte ihren kleinen Kopf leicht schräg und blickte den immer noch gefangen Menschen aus ihren dunklen Augen an. „Versprich mir es zu akzeptieren.“ „Was?“ „Das Schicksal.“ „Was? Wessen Schicksal?“ „Das deine, das der Welt. Versprich es mir.“ „Nein, ich verspreche gar nichts! Was willst du von mir hä? Ein Versprechen das ich mich nicht einmische? Ich werde immer das tun was ich für richtig halte, hörst du? Ich lasse mich von niemandem von meinem Weg abbringen!“ „Das ist gut“, lobte das Mädchen und ließ ihren Kopf auf die andere Seite fallen. Ihre Wange ruhte auf ihrer Schulter und Dean wurde das Gefühl nicht los, dass einem normalen Menschen diese Position unangenehm sein musste. Also definitiv kein Mensch. Aber was war das Kind dann? Ein Dämon so wie Lilith? „Du musst es mir versprechen, nur für dieses eine Mal“, sprach das Mädchen weiter. „Das kann ich nicht, ich weiß nicht wer oder was du bist! Vielleicht verkauf ich dir meine Seele mit diesem Versprechen!“ schrie Dean. Das Kind schien zu überlegen was es als nächstes sagen sollte. Ihr Kopf hob sich von der Schulter und sah Dean wieder gerade an. „Der Tag wird kommen und du wirst zweifeln. Versprich mir nicht zu Handeln und ich werde dich belohnen.“ „Versprechen kannst du mir vieles, ich glaub dir trotzdem nicht! Warum auch, ich meine du tauchst hier mitten in der Nacht auf, fesselst mich ans Bett! Wie soll da eine Vertrauensbasis entstehen?“ „Du musst mir nicht vertrauen, noch nicht. Nicht Heute, nicht hier. Später“. „Schön“, Dean war die Spiele langsam leid. „Schön, sagen wir mal ich würde dir das Versprechen geben. Ich würde mich an diesem einen Tag nicht einmischen. Woher weiß ich wann genau ich mich zurückhalten soll? Verrätst du mir das?“ Seine Geduld war erschöpft, Gereizt und langsam völlig verschwitzt von seinem Kampf gegen die Fesseln wurde Dean Stimme immer lauter. „Ja“, antwortete das Kind schlicht. „Gut“, brüllte er. „Dann lass hören.“ „Mein Name ist Fedra“ „Und weiter?“ „An dem einen Tag, da wird der dem du am meisten vertraust dir diesen Namen nennen. Dann sei ohne Furch, kämpfe nicht weiter sondern akzeptiere es. Wenn du das für mich tust, werde ich dich belohne. Also versprich mir Dean Winchester, versprich es mir mit deinem Leib und deiner Seele.“ Panik überkam Dean, als das Mädchen auf ihn zu schritt. Wieder kämpfte er, wieder war es sinnlos. Erneut schien die Luft aus dem Raum zu entweichen, wieder rang er die aufkommende Todesangst nieder. Die Bilder vor seinen Augen verschwammen. Das weiße Mädchen schien sich zu krümmen, verlief mit einer Träne zu einer seltsamen Form. Dean röchelte, hilflos schien die Schwärze immer Näher zu kommen, drohte in einzuhüllen und in die ewige Dunkelheit hinab zu ziehen. „Versprich es mir“, klang die leise Kinderstimme dicht an seinem linken Ohr. „Bitte versprich es mir.“ „Ich…“ stöhnte Dean. „Ich verspreche es.“ Und dann, dann war alles vorbei. Dunkelheit wich schummrigem Dämmerung, absolute Stille dem rattern der Klimaanlage, dem fernen Rauschen von Autos auf den Straßen der Stadt und Dean erwachte schweißgebadet in zerwühlten, weißen Laken in seinem schäbigen Motelbett. Laut schnappte er nach Luft, versuchte sich zu beruhigen und sah sich panisch um. Doch nichts war ungewöhnlich. Alle so wie es sein sollte, wie es war bevor er eingeschlafen war. Noch immer lief der Fernseher, das Messer lag unter seinem Kopfkissen – davon hatte er sich sogleich überzeugt – und kein Kind weit und breit. Ob das wohl alles nur ein verrückter Traum war? Hatte er sich eingebildet was sich eben noch so real angefühlt hatte? Viel Zeit darüber nachzudenken bekam der Jäger nicht. Denn kaum war sein Puls wieder im Normalbereich da hörte er das bekannte Geräusch von flatternden Flügeln. Einen Wimpernschlag später stand die schlanke Gestallt Castiels im Zimmer. Doch etwas stimmte nicht. Seine ganze Erscheinung war auf den ersten Blick vertraut, so wie immer. Vielleicht waren seine Haare noch ein wenig unordentlicher, die Krawatte saß schiefer und lockerer den je. Dann erkannte Dean was ihn wirklich an Cass Aufmachung störte. Ein roter Fleck der rasch größer wurde und sich über das weiß des Hemdes ausbreitete. „Gott Cass!“ rief er, stürzte aus dem Bett und erreichte den Engel gerade noch rechtseitig, bevor dieser zu Boden ging. Kapitel 10: „Wer hat dir das angetan?“ -------------------------------------- Kapitel 10. „Wer hat dir das angetan?“ rief Dean und zog Cass schlaffen Körper zu sich heran. Er bettete den Kopf des Engels in seinen Schoß und wischte mit dem Handrücken Blut aus Cass Gesicht. Der Engel rührte sich kaum, seine Augenlieder waren geschlossen, die spröden Lippen halb geöffnet. Völlig Kraftlos wie er war, wirkte der sonst so starke Engel so zerbrechlich und hilflos. Was immer Cass widerfahren war, er hatte sein letztes bisschen Kraft verbraucht, um hier her zu kommen. Natürlich wusste Dean das Cass sich regenerieren konnte – und würde – hoffentlich. Sein erster Impuls war trotzdem der, einen Arzt zu rufen oder notfalls den Engel selbst ins Krankenhaus zu schaffen. Im schlimmsten Falle würde er ihn sogar tragen! „Dean?“ kam ein Flüstern so trocken und rau wie Wüstenwind. „Cass schon gut“, beruhigte Dean seinen Freund und drückte den geschundenen Leib des Engels näher an den seinen. „Schon gut, du bist hier und ich pass auf dich auf“, versprach er. „Bitte ich…“ bemühte sich Castiel zu Sprechen. „Bleib ruhig, du musst dich ausruhen. Nicht sprechen. Spar dein letztes bisschen Kraft damit du wieder gesund wirst. Hörst du?“ „Dean…“ „Ich sagte sei ruhig!“ sprach Dean mit Nachdruck. „Ruh, dich aus, wir können Morgen reden.“ Doch obwohl Cass Körper sich anfühlte, als wäre jeder Knochen in seinem Leib zerschmettert und der Schmerz alles war, was er zu fühlen vermochte, sammelte er Kraft. Er öffnete die Augen, sie tränten und die Lieder fühlten sich schwer an, als hingen Gewichte an ihnen. Immer wieder schlossen sich seine Augen, scheinbar von selbst und ohne das er es wollte. Sein Körper brauchte Ruhe, er musste Regenerieren. Tief in sich spürte er seine Gnade pulsieren, die regenerative Trance zerrte an seinem Geist, suchte in einzulullen und endlich niederzuringen. Alles was er zu tun hatte war diesem Drängen in sich nachzugeben, der Trance Zeit zu lassen und sich von dem sanften Dämmerzustand heilen zu lassen. „Bitte“, versuchte Cass es erneut. Sein Körper zitterte und Deans Stimme gepaart mit Sorge und Furcht schien so unendlich weit weg. Nur die Wärme vom Körper des Menschen zeigte ihm, dass sie sich in diesem Moment eigentlich sehr nahe waren. Wärme, so angenehme Wärme… „Dean, ich friere so“, brachte er schwach über seine Lippen. Wieder kostete es ihm alles an Kraft, seine Augen zu öffnen und in das Gesicht des Jägers zu blicken. Das Bild vor seien Augen war verzerrt und wirkte auf seltsame Weiße unecht. Cass konnte spüren, wie Dean ihm mit seiner warmen Hand über das Gesicht streichelte. Nur eine kurze Berührung zwar, aber intensiver als er es sich je hätte vorstellen können. Wie sehr sehnte er sich nach einer weiteren derartigen Berührung. Sie ließ die Kälte in ihm schmelzen, schien ihm neue Kraft zu schenken und war so beruhigend, so warm. Dann vielen ihm wieder die Augen zu. Seine regenerative Trance meldete sich erneut. Bat ihn endlich loszulassen und sich ihr zu ergeben. Das nächste was Cass fühlte, war eine Bewegung. Sein Körper wurde näher an den von Dean gedrückt und er konnte die starken Arme fühlen, die ihn umschlossen. Dean trug ihn?! War er so bemitleidenswert? Obwohl der Soldat in ihm gegen solch ein Verhalten rebellierte, genoss ein anderer Teil in ihm dieses Gefühl der Geborgenheit. Dean vermittelte ihm Sicherheit, ein Gefühl dass mit dem Verschwinden seines Vaters gänzlich für ihn verloren gegangen war. Jetzt hatte er es wieder gefunden und zwar in Dean. Schon lange herrschte ein Zwiespalt in dem Engel. Der eine Teil war ganz Soldat, ganz der Engel wie Raphael ihn sich vorstellte. Eben so, wie er einst erzogen worden war. Aber der andere Teil war ganz und gar wie…Cass. Ein klein wenig zu menschlich, schwächer als ein Engel es sein sollte, aber dafür Glücklicher, Freier als je ein Engel vor ihm war. Was wenn irgendwann der Tag kam, an dem er sich für eine der beiden Welten, für eine seiner zwei Hälften würde entscheiden müssen? Könnte er wieder nur ein Engel sein? Nein, ein klares nein. Es gab kein zurück mehr, er würde nie wieder dieser Engel sein, der er früher einmal war. Doch Cass konnte er auch nicht sein, nicht für immer. Er würde als Mensch leiden, das wusste er. Abgeschnitten von seinen himmlischen Fähigkeiten würde er in Resignation versinken. Nein, nur Cass zu sein war ihm auch nicht möglich. Wie konnte er überhaupt eines von beiden wählen? Was geschah mit der anderen Hälfte, wenn er nur eine Seite seines Selbst auslebte? Schließlich war er Cass und ein Engel. Wenn eines davon verloren ging, hieß das nicht im Umkehrschluss das auch er, so wie er jetzt war für immer verschwinden würde? Da waren so viele Fragen, so vieles was ihm durch den Kopf ging. Er wollte mit Dean darüber reden, dessen Meinung hören. Aber er war zu schwach. Plötzlich fühlte er etwas Weiches unter sich und etwas Warmes umschloss ihn. Dean hatte den Engel in das Bett gelegt und deckte ihn zu. Sein ganzer Körper zittert, ob von der erwähnten Kälte oder der Überanstrengung vermochte Dean nicht zu sagen. Was auch immer mit Cass geschehen war, jetzt würde der Engel erst einmal ruhen. Dafür würde Dean sorgen. Wenn die Regeneration abgeschlossen war, dann würden sie reden. Dann war es an der Zeit das Dean all die brennenden Fragen stellte, die ihn jetzt gerade quälten. Aber nicht mehr heute. ******* Wärme, sie war überall. Hüllte ihn ein, schenkte ihm Trost, spendete ihm Energie. Als Cass seine Augen probeweise öffnete, blinzelte er gegen morgendliches Licht. Die Fenster waren am Abend zuvor zwar mit Rollläden verdunkelt worden aber die Sonne stand schon so hoch und schien mit solcher Intensität darauf, dass die verbogenen Metallstreben letzten Endes keine Chance hatten. Wie spät war es? Wie lange hatte er geschlafen? Sich seiner Umgebung jetzt voll bewusst, Regestreite Cass das Bett in welchem er Lag. Eine Decke war über ihn ausgebreitet worden und unter der Decke, quer über seine Brust, lag ein Arm. Nicht seiner, sondern von der Person zu seiner Rechten. Dean schlief noch, aber als Cass seinen Kopf drehte, um seine lebende Wärmflasche zu mustern, flatterten Deans Augenlieder und langsam begann er zu erwachen. Cass fühlte sich wohl. Ein sehr seltenes Vergnügen und nach dem was er im Himmel erlebt hatte, ein unerwartetes zugleich. Irgendwo in einem kleinen Winkel seines Verstandes dachte Cass, dass das Erwachen nebeneinander wirklich etwas Besonderes war. Kein Wunder also, das Menschen – Paare – korrigierte er sich, es bis zum Ende ihrer Tage nicht würden missen wollen. Wenn es nach ihm ging oder zumindest nach einem kleinen Teil seiner selbst, dann würde er das hier jeden Morgen genießen wollen. In Deans entspanntes Gesicht zu sehen, während sich seine Augenlieder hoben und die verschlafenen, grünen Augen preisgaben. Augen die von Offenheit und Gefühlen glänzten, ihn anblinzelten und langsam Bild für Bild die Situation zu erfassen schienen. Als Dean erwachte, brauchte sein müder Geist ein wenig um sich zu Recht zu finden. Er lag im Bett, in seinem Motelzimmer und alles war ganz normal. Bis auf die zweite Person die jetzt neben ihm lag. Richtig, Cass war verwundet zurückgekommen und Dean hatte über den schlafenden Engel gewacht. Der Engelsdolch lag auf dem Nachttisch, aus Angst es könnte ein weiterer, himmlischer Besucher hier auftauchen um dem geschwächten Cass wer weiß was anzutun. Deshalb war er aufgeblieben, hatte Wache gehalten. Allzeit bereit sich einem Feind entgegenzustellen, gegen den er realistisch betrachtet kaum eine Chance gehabt hätte. Aber er hätte es getan. Für Cass. Er hätte ihn beschützt. Irgendwann, als Cass Körper nicht zu Zittern aufgehört hatte, war er zu ihm unter die Decke gekrochen, um ihm zusätzlich Wärme zu spenden. Schließlich hatte ihn die Wärme eingelullt und er war eingeschlafen. Und eben jener Cass lag jetzt neben ihm, wach wohlgemerkt. War es ihm peinlich hier im Bett neben Dean zu liegen? Nein, der Jäger schüttelte innerlich bei diesem Gedanken den Kopf. Cass war selten etwas peinlich. Er verstand die wirklich peinlichen Momente ohnehin nicht, denn sonst würde er sie nicht so häufig herbeiführen. Was dem Engel wohl durch den Kopf ging? Warum sagte er nichts? War er etwa noch nicht völlig genesen? Irgendwo in Dean regte sich eine kleine Stimme. Sie übertünchte die Angst um Cass Wohl und säuselte mit süßlicher Stimme vor sich hin. Wie schön es doch war hier neben Cass zu liegen, seine Wärme zu spüren, in seinen blauen Augen zu versinken…Gott, wie er diesen Kitsch hasste! Dean schluckte schwer, aber es waren wirklich Cass Augen die seinen Mund ganz trocken werden ließen. Diese Augen…sie gehörten wirklich keinem Menschen. Sie waren die Augen eines Engels. Der Moment zwischen ihnen zog sich in die Länge. Keiner sprach, da keiner etwas zu sagen wusste. Insgeheim genossen sie diesen stillen Augenblick, wohl wissend das er in dieser Form nicht so schnell wiederkommen würde. Obwohl sie beide das gerne ändern würden. Aber lag das in ihrer Macht? Nein, sie konnten nicht jeden Tag nebeneinander erwachen. Cass würde ganz egal was kam, niemals den Rest seiner Tage mit Dean verbringen können. Natürlich könnte er versuchen, den Rest von Deans Tagen mit ihm zu verbringen, doch sein Leben würde nicht enden. Keine Altersschwäche oder Krankheit. Irgendwann würde Dean sterben und er wäre endgültig allein. Beide wussten das und deshalb würde immer eine Distanz zwischen ihnen herrschen. Aber das war jetzt nicht von Bedeutung. Sie hatten wichtigeres zu tun. So räusperte sich Dean, setzte sich auf und stieg aus dem Bett. Cass schob die Bettdecke beiseite und erhob sich ebenfalls. Mit einem kurzen Blick an seinem Körper hinab erkannte er, dass seine Kleidung die Flucht aus dem Himmel nicht unbeschadet überstanden hatte. Kein Problem für ihn. Ein leichter Windhauch umwehte ihn, zog an seinen Klamotten und als er die Magie wieder zurück in seinen Körper rief, stand er perfekt gekleidet wie eh und je im Zimmer. „Was ist passiert?“ Deans Stimme klang vorwurfsvoll. Ein >hab ich dir nicht gesagt das der Plan scheiße ist< klang in seinen Worten mit. Cass ignorierte das. Er hatte es nicht nötig sich zu rechtfertigen. „Mein Plan ist nicht ganz perfekt verlaufen…“ begann er zu erzählen, wurde jedoch sogleich unterbrochen. „Nicht ganz perfekt? Du warst halb tot, verdammt!“ „Du übertreibst, Dean“, Cass schritt auf den Jäger zu, der mit verschränkten Armen im Raum stand. „Ich habe erreicht was ich erreichen wollte. Bevor ich den Himmel jedoch verlassen konnte, hielt Raphael mich auf.“ „Und?“ Cass legte seinen Kopf leicht schräg und sah Dean an. „Bezieht sich deine Frage auf meine Nachforschungen oder auf die Begegnung mit meinem Bruder?“ „Letzteres, dann Ersteres“, bestimmte Dean. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Raphael hat mich bestraft. Er sagte ich würde nicht verstehen. Das gesamte Ausmaß meiner Einmischung wäre mir nicht bewusst. Und er hat Recht. Ich hab einiges erfahren, aber ich bin noch weit davon entfernt es zu verstehen.“ Dean wusste nicht, ob er jetzt besorgter oder doch irgendwie erleichtert sein sollte. Immerhin war Cass seinem Bruder entkommen und was einmal gelungen war, könnte ja wieder gelingen. Aber irgendetwas sagte ihm, dass sie vielleicht doch besser die Finger von diesem Fall lassen sollten. Die Nachwehen des Traumes strömten noch durch seinen Geist. Bevor er diese wirklich verstörende Nacht jedoch ansprechen konnte, fuhr Cass fort. „Raphael hat mich nach der Bestrafung eingesperrt. Das sollte mich effektiv an weiteren Einmischungen hindern. Mein Bruder traut meinem Wort allein nicht. Auch wenn ich unter der Strafe geschworen hätte, mich aus allem herauszuhalten, er hätte es mir nicht geglaubt.“ Cass sah betreten zu Boden, als wäre die Tatsache das sein Bruder ihn für einen Lügner hielt etwas Verwerfliches. Wahrscheinlich war es das für einen Engel ja auch. Schließlich log Castiel grundsätzlich nicht und wenn er es doch tat, dann war seine Vorstellung grottenschlecht. „Wie bist du entkommen?“ Cass sah vom Boden auf und sein Blick fixierte Dean. „Einer meiner Mitstreiter. Nicht jeder ist mit Raphaels Herrschaft zufrieden. Ich habe durchaus Freunde im Himmel, Dean. Sie wissen zwar auch nicht alles über Raphaels Plan, jedoch wissen sie genug. Raphael war für die Apokalypse und was immer er jetzt Plant, viele glauben es wäre erneut nichts Gutes.“ Dean schnaufte abfällig, „das wunderte mich jetzt nicht. Aber besteht nicht erhebliche Gefahr für dich? Ich meine wenn der selbsternannte Big Boss im Himmel merkt, dass du nicht in deiner Zelle bist, wird er doch nach dir suchen lassen.“ „Ja, das wird er mit Sicherheit.“ „Also sind wir in Gefahr?“ „Ich sorge dafür das du sicher bist, Dean.“ „Hör schon auf damit!“ schimpfte dieser. „Ich bin kein kleines Kind! Du musst mich nicht beschützen! Und jetzt erzähl mir was du raus gefunden hast. Wenn der Fall hier endlich weiter geht bin ich mehr als nur erleichtert. Glaub mir, hier drin viel mir schön langsam die Decke auf den Kopf!“ Verwirrt blickte Castiel nach oben zur Decke. „Mir scheint kein Mangel an der Deckenkonstruktion vorzuliegen“. Dean war aber gerade nicht nach Lachen zumute und so übersprang er den Kommentar und holte sich stattdessen ein Bier. Cass sah ihm nach und schob, da keine weitere Erklärung zu folgen schien, diesen Kommentar unter die Rubrik >typisch Menschlich< und wartete bis Dean ihm wieder seinen Aufmerksamkeit schenkte. „Einer meiner Brüder ist aus dem Himmel verschwunden.“ Erst wusste Dean mit dieser Aussage nichts anzufangen. Was sollte daran verwunderlich sein? „Sind während des Ausnahmezustands im Himmel nicht einige Engel ihres Weges gegangen?“ „Du hast Recht, viele meiner Geschwister verschwanden unter merkwürdigen Umständen. Jedoch ist dieser Fall anders. Cyriac arbeitete früher für Gabriel und war auch nach dessen Verschwinden dem Himmel stets treu geblieben.“ „Cyriac?“ fragte Dean und nahm einen großen Schluck Bier. „Ja, der Name bedeutet: dem Herrn gehörend“, erklärte Cass geduldig. „Gut und schön, aber mich hat der Name und seine Bedeutung eigentlich nicht interessiert. Ich wollte damit nur fragen: was hat es mit ihm auf sich?“ Mit erneut leicht schräg gelegtem Kopf versuchte Cass sich diese Floskel einzuprägen. „Mein Bruder diente unter Gabriel und sein Auftrag war klar, das Suchen und Finden von Nephilim.“ Fragend hob der Mensch eine Augenbraue, gönnte sich einen Schluck Bier bevor er weiter sprach. „Was ist ein Nephilim?“ Wieder wirkte Castiel ein wenig verlegen. Vielleicht suchte er auch nur nach passenden Wörtern um Dean eine Erklärung zu präsentieren, die dieser auch verstand. „Nephilim sind Engelskinder“, sprach er betont langsam und sah seien Gegenüber dann wieder an. Dean war verwirrt. Gut, klar warum sollten Engel keine Kinder bekommen? Bevor er jedoch seine Frage äußern konnte, sprach Cass erneut. „Es sind Kinder von Engeln und Menschen.“ Jetzt verstand auch der Jäger. „Gott hat damals Gabriel entsannt um alle Nephilim zu beseitigen. Diese Engelskinder waren höchst ungeliebte Geschöpfe und Gabriels Schwadron machte erbittert Jagt auf sie.“ „Das kann ich verstehen. Ich meine das der Himmel keine Halbengel duldete, das man sie einfach abmetzeln musste, das wieder weniger.“ „Sie hatten gegen vollwertige Engel keine Chance. Ein Nephilim besitzt durchaus Kräfte mit denen er sich im normalen Leben zu behaupten vermag…“ Cass beendete den Satz nicht. Wozu auch? Dean verstand auch so. Wieder einmal hatte der Himmel etwas verbockt und Unschuldige mussten darunter leiden. „Als Gabriel und seine Soldaten in den Himmel zurückkehrten, gab es keine Nephilim mehr auf Erden. Die unreinen Engel wurden verbannt und bis heute erzählt man sich, wäre kein neuer Nephilim mehr geboren worden. Dafür hatte Gabriel einst Sorge tragen wollen. Cyriac war einer seiner Engel der seit damals dieser Aufgabe treu geblieben und weiterhin darüber gewacht hat.“ „Das ist ja alles sehr interessant, aber wie kommt es eigentlich zwischen Menschen und Engel…na du weißt schon…können Engel wirklich Gefühle für Menschen entwickeln…also so richtig?“ Dean war sehr gespannt auf diese Antwort. „Ein Nephilim kann nur von einem ganz bestimmten Menschen empfangen werden. Diese Frauen sind in der heutigen Zeit immer seltener geworden. Daher war Cyriac der einzige verbleibende Engel, der die bestimmten Frauen beobachtete.“ Das beantwortete Deans Frage leider nur sehr unzureichend. Aber er wagte es auch nicht bei so einem heiklen Thema nachzubohren. „Eigentlich hatte sich mein Bruder voll und ganz auf diese Aufgabe konzentriert. Sie war der Grund seiner Existenz. Daher verwunderten mich meine Nachforschungen zunehmend. Denn es sieht so aus als hätte mein Bruder seine früher so wichtige Aufgabe nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt ausgeführt oder noch schlimmer.“ „Noch schlimmer?“ Dean ahnte worauf das hinaus lief. „Oder er brach seine eigenen Regeln und eines der höchsten Gesetzt des Himmels und wurde selbst Vater eines Nephilim.“ Kapitel 11: Das Suchen und Finden… ---------------------------------- Kapitel 11. Das Suchen und Finden… …waren generell zwei verschiedene Dinge, die ohne das jeweilige Gegenstück reichlich viel Sinn einbüssten. Wer suchte schon gerne wenn keine Aussicht auf das Finden bestand, andersherum war das Finden ohne dem Suchen nur halb so aufregend oder lohnend. Natürlich gab es aber auch die Menschen, denen gerne alles in den Schoß fallen durfte. Die meisten hofften ihr Leben lang darauf einfach zu Finden ohne sich groß Gedanken über das Suchen zu machen. Klang einfach und generell waren die meisten Menschen so gestrickt. Man wählte für sein Leben einfach den Weg des wenigsten Widerstandes. Dean Winchester war da anders oder besser gesagt, sein Leben war anders. Er hatte es einfach anders gelernt. Sein Leben war voller Widerstände und Widrigkeiten die es zu meistern galt. Ein einfaches Leben, das Mitschwimmen im Strom der Menge, als das hatte es für ihn nie wirklich gegeben. Dean hatte nie normal gelebt. Er spielte nicht, er wurde ausgebildet, er lernte nicht er wurde geschult, er vergnügte sich nicht, sondern wurde trainiert. Sein ganzes Leben war einer Aufgabe gewidmet, einer vom Vater auserkoren Bestimmung. Wie ein Krieger zog er von einem Kreuzzug zum nächsten. Wie ein ausgebildeter Soldat war Befehle zu Befolgen stets eine Selbstverständlichkeit. Die Taktik, die Waffen, das Wissen über den Feind, all das steckte tief in ihm. All das war er. Nicht normal, niemals normal aber als Definition seines Lebens reichte es. Er war Jäger und die Leute auf die es ankam wussten was das bedeutete. Er wusste es. Das war sein Leben, früher, jetzt, immer. Denn er hatte nie eine Wahl besessen. Erst mit den Jahren, den Verlusten und Erfahrungen, all die Erlebnisse die ihn prägten, mit der Zeit kam das Sehnen. Die Sehnsucht nach etwas anderem, etwas das vielleicht nicht besser war, größer möglicherweise, anders mit Sicherheit, aber besser? Zumindest war der Wunsch nach Veränderungen in ihm erwacht. Aber auch mit Veränderungen war es so eine Sache. Die meisten Menschen mieden sie gern, denn Veränderungen hatten oft einen sehr schlechten Nachgeschmack. Meist bekam man etwas nur dann, wenn man etwas anderes dafür aufgab. Oft genau das, wovon man sich nicht zu trennen wünschte. Trotzdem war die Sehnsucht da. Wie Freund und Feind zugleich begleitete sie Dean durch sein Leben. Seit damals als Sam das Haus verlassen und zur Uni gegangen war. Sam hatte ihm ein Leben gezeigt, einen anderen Weg als den des Vaters. Ein schwieriger Weg, das ohne Frage aber Sammy hatte ihn als lohnend angesehen. Da war er gekommen, der Wunsch es dem kleinen Bruder gleich zu tun. Einfach alles aufzugeben und genau so zu sein wie all die Anderen. Doch er hatte es nicht gekonnt. Über das Sehnen nach Normalität war er nie hinaus gekommen. Das bewies besonders das letzte Versprechen welches er Sam gegeben hatte. >Fahr zu Lisa und Ben, Lebe ein Normales Leben< er hatte es nicht gekonnt. Eine Familie, ja danach sehnte er sich, was nicht bedeutete das er eine haben konnte. Genau das war ihm damals klar geworden. Nie hätte er aus dem Fahrwasser seines früheren Lebens ausbrechen können. Die Vorstellung noch einmal neu anzufangen hatte ihm missfallen. Schließlich müsste er Normalität erst lernen, selbst dann wenn er sie nur vorzuspielen gedachte. Also hatte er aufgegeben. Hatte das Leben welches er besaß akzeptiert und mit der Sehnsucht darin Leben gelernt. War er mit diesem Resümee seines Daseins wirklich allein? Ob Glücklich oder nicht blieb dahingestellt, aber klang die Geschichte seiner Existenz nicht genau oder zumindest ähnlich wie die eines Engels? Glichen sich nicht die Wege welche ihn hier her geführt hatten mit denen Castiels? Das bedingungslose Vertrauen in den Vater als Grundstein, dessen Verschwinden als Saat der ersten Zweifel und der Verlust eben jener hoch gelobten Figur als Bruch eines sicher geglaubten Fundaments. Jetzt waren sie hier, allein. Lediglich von den Bruchstücken einer Familie umgeben jedoch ohne wirklichen Halt. Allein hatten sie rebelliert, gekämpft, gewonnen wie verloren. Immer mit dem Sehnen vor Augen das Leben würde sich ändern. Ihnen gerecht werden und sie mit dem Belohnen was sie sich wünschten, suchten…aber doch niemals fanden. Hatte Cyriac es gefunden? War er dem Käfig entkommen der sein Leben darstellte? Vom Soldat zum liebenden Mann, vom Kämpfer zum guten Vater? Eine große Gradwanderung. War sie ihm wirklich geglückt oder deuteten sie die Muster falsch? Lag unter der Oberfläche mehr verborgen als auf den ersten Blick erkennbar war? Zumindest wollte Castiel seinem Bruder genau diese Fragen stellen. Er war neugierig, mehr als nur neugierig. Ein Gefühl welches er bisher nie gekannt hatte. Es verlangte ihm geradezu nach Antworten. Aber dafür müsste er seinen Bruder erst einmal finden. „Wir sind immer noch bei dem gleichen Problem.“ Cass saß mit Dean wieder am kleinen Esstisch in der Kochnische und auch nach der zweiten Flasche Bier wollten die Ideen einfach nicht kommen. „Schön und Gut das wir wenigstens Wissen wohin dieser Fall sich bewegt, aber wirklich weiter gekommen sind wir mit deinen Informationen auch nicht“, tadelte Dean und trank sein Bier. Cass wurde zunehmend gereizter. Schließlich hatte er im Himmel viel riskiert. War verwundet worden und hatte sich nur mühsam zurückschleppen und bei Dean im Motel landen können. Und die Informationen die er mitgebracht hatte waren wichtig. Sie zeigten die Umrisse des vor ihnen liegenden Problems. Gut, was für ein Bild sich aus den einzelnen Dingen ergeben würde, wussten sie immer noch nicht. Aber immerhin war ihr Weg zum Ziel an einigen Stellen erhellt worden und sie tappten nicht mehr durch das vollkommene Dunkel. Wahrscheinlich war Dean einfach nur schlecht gelaunt und deshalb meckerte er an allem herum, dachte sich der Engel. Dean war so was von schlecht gelaunt! Erst die Sorge um Castiel die er Tag für Tag hatte durchstehen müssen. Dann die Langeweile, diese entsetzlich, zermürbende Langeweile, die hatte ihm den Rest gegeben. Als Cass dann endlich wieder zurück war, kam er verwundet hier an und die Sorgen gewannen wieder die Oberhand. Jetzt saßen sie hier, schmiedeten gegen die eindeutigen Befehle Raphaels einen Plan, wie sie einen abtrünnigen Engel und dessen Kind zu finden vermochten. Das allein war schon ein dämlicher Plan. Warum hörten sie nicht einfach an dieser Stelle auf? Ihr Leben würde normal weiter gehen, Raphael würde dann vielleicht nicht ihren raschen Tod befehlen müssen und alles wäre wieder…ja, normal. „Wir müssen meinen Bruder finden“, stellte Castiel klar. Der Ton seiner Stimme duldete keinen Widerspruch und so seufzte Dean tief. „Okay, wir werden also deinen Bruder suchen. Obwohl ich immer noch der Meinung bin, das es besser wäre wenn wir uns dieses eine mal aus allem raushalten. Ich denke, dass uns das Ganze nichts als Probleme einbringen wird. Natürlich tut es mir Leid um deinen Bruder, auch um die Frau und das Kind. Aber wenn wir unsere Nasen noch tiefer da rein stecken, dann sind wir die Nächsten auf der Abschussliste.“ „Du hast Recht, Dean. Aber ich glaube wir sehen noch nicht das große Ganze.“ Nach einem neuerlichen Schluck Bier sah Dean seinen Gegenüber prüfend an. „Du glaubst wirklich hier geht es um mehr als um Raphaels Macht Demonstration?“ „Ja das glaube ich“, Cass hielt dem Blick des Jägers stand. „Ich denke der Nephilim ist Raphael zwar ein Dorn im Auge, aber das ganze ist viel zu Groß für einen einzigen ungewollten Engelsnachkommen. Das was ich im Himmel gesehen habe, sah nach einer groß angelegten Suchaktion aus und nicht nur das. Raphael stellt seine Truppen zusammen. Was könnte ein Gefallener und ein Kleinkind an Gewaltpotential besitzen das man eine Arme bereitstellt?“ Dieses Argument gab Dean zu denken. „Du solltest auch nicht vergessen das wir bereits ein Treffen mit Dämonen hinter uns haben. Sie waren in der Stadt, in demselben Haus. Dean, es ist doch offensichtlich das sie dasselbe suchen wie wir. Was immer es mit dem Kind auf sich hat, die Dämonen wissen etwas darüber. Entweder wollen sie dem Himmel zuvorkommen oder einen himmlischen Plan vereiteln. Was immer es ist, auf welcher Seite es sich letzten Endes zu stehen lohnt oder ob wir keine der beiden zu wählen gedenken. Das alles sind Fragen auf die uns nur Cyriac Antworten liefern kann.“ „Wenn das wirklich wahr ist, dann sollten wir deinen Bruder schleunigst finden. Wenn Raphael etwas Gewaltiges Plant, dann bestimmt nichts Gutes. Weder für deinen gefallenen Bruder, den Nephilim, dich, mich oder die Menschheit. Was genauso für die Dämonen gilt. Gott, ich hasse es wenn die Seiten so verschwimmen! Wenn Gut und Böse nicht schwarz und weiß sind, sondern sich alles in irgendwelchen Grautönen verliert!“ „Du glaubst mir also und willst helfen?“ Das war mehr eine Feststellung als eine Frage und so überging Dean diese Aussage einfach. Er würde sich für seine Skepsis bestimmt nicht entschuldigen. Nicht einmal bei Castiel. Denn schließlich war eine gute Portion Vorsicht nie verkehrt, wenn man es mit Engeln zutun bekam. Dämonen einzuschätzen war da leichter. Die wollten immer nur das Beste für sich, selbst Crowley hatte nur geholfen um sich selbst zu helfen. Ja, Engel waren einfach viel schwerer einzuschätzen. Selbst der, der Dean gerade gegenüber saß. „Wie wollen wir deinen Bruder finden?“ stellte Dean die alles entscheidende Frage. Castiel rückte auf seinem Stuhl weiter nach Vorne und stützte sich mit den Elenbogen auf der Tischplatte ab. Es schien als hätte er über das was er Dean jetzt offenbaren wollte, schon lange nachgedacht. „Du weißt doch das Engel untereinander kommunizieren können. Wir sind gewissermaßen verbunden.“ „Also eine art internes Engelstelefon mit unendlicher Leitung?“ unterbrach Dean. „Ich hab lange darüber nachgedacht, aber mir will einfach keine bessere Lösung einfallen.“ Das verschlug Dean natürlich den letzten Rest gute Laune. „Das heißt was immer du planst es ist gefährlich?“ „Ja, Dean. Wenn es schief geht werden meine Brüder mich finden und ich denke nicht das Raphael mir noch einmal eine Chance gibt. Er ist kein großer Freund des Vergebens und ein weiteres Mal wird mir auch nicht die Flucht aus seinen Fängen gelingen, dafür wird er Sorge tragen.“ „Dann lassen wir uns was anderes einfallen!“ kam das Argument mit lauter Stimme. Skeptisch sah Cass über den Tisch hinweg, in das besorgte Gesicht des Jägers. Beide wussten das ihnen die Optionen nicht gerade in Hülle und Fülle zu Verfügung standen. So sprach Cass weiter als hätte Dean nie einen Einwand erhoben. „Selbst als gefallener Engel bleibt ein Teil dieser Verbindung erhalten. Nicht alles geht mit der Gnade verloren. Cyriac wird mich hören, wenn ich speziell nach ihm rufe. Da ich aber all meine Kraft brauchen werden um zu verhindern, dass meine Geschwister ihn ebenfalls hören, besteht die Gefahr eines Angriffes.“ „Warte mal, deine ganze Kraft geht dabei drauf? Du hast dich doch gerade erst wieder aufgeladen und jetzt willst du all die wieder gewonnene Kraft in einen Versuch stecken, der ebenso gut einem Selbstmord gleichkommen kann?“ Der Engel nickte lediglich. Dean war so aufgebracht das jedes Argument vergeudet gewesen wäre und so ließ er den Menschen erst einmal Luft schnappen. „Das ist schon wieder so ein dämlicher Plan! Der kann doch nur katastrophal enden! Ich meine selbst wenn du deinen Bruder erreichst und es tatsächlich schaffen solltest, all deine anderen Geschwister aus der Leitung zu kicken, dann wirst du immer noch kraftlos zusammenbrechen und darauf warten das sie auftauchen und dich einkassieren? Du wirst dich ja nicht mehr wehren können und gegen eine Engelsarme bin ich machtlos! Was soll das Ganze also bringen?“ „Bitte hör mir einfach mal in ruhe zu“, bat Castel. Seine Arme ruhten verschränkt auf der verkratzten Tischplatte und er saß mit seiner üblichen gelassenen Art da. „Ich werde in den Äther abtauchen, mich in der geistigen Welt der Engel bewegen. Dazu brauche ich lediglich einen ruhigen Raum um mich völlig auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Am besten wäre dafür eine alte Lagerhalle oder ein anderes verlassenes Gebäude geeignet.“ „Äther?“ fragte Dean unverblümt dazwischen. Obwohl ihn Cass gebeten hatte zu schweigen und einfach mal zuzuhören konnte er nicht anders. „Der Äther ist die Seele der Welt, ein wolkenloser Ort der den Himmel widerspiegelt und der den Geist der Engel enthält. Man sagt, ein verstorbener Engel würde für immer als Abbild seiner selbst, seines Geistes, in der Weltenseele des Äthers weiter existieren. Das ist der Ort an dem alle Engel eins sind. Dort sind wir verbunden, leben als ganzes, obwohl wir alle allein sind. An diesem Ort werde ich nach Cyriac rufen, ihm meine guten Absichten vermitteln und wenn er meine Botschaft empfängt, meine Hilfsbereitschaft akzeptiert, dann werde ich erfahren wo er sich aufhält. Normalerweise kostet das eintreten in den Äther keinerlei Kraft. Jeder Engel ist selbst schwer verwundet noch dazu in der Lage. Jedoch wird es mich all meine Energie kosten, meine Geschwister von diesem Gespräch abzuschirmen. Ich werde mich an einen passenden Ort begeben der weit genug von diesem Motel entfernt ist. Wenn mein Plan scheitert, komme ich wieder hier her und dann sollten wir bereit sein zu verschwinden. Wenn ich jedoch erfolgreich bin, werde ich allein zu meinem Bruder fliegen. Dann brauche ich dich als Köder.“ „Was?“ Dean verschluckte sich fast an seinem Bier. Hustend stellte er die Flasche recht schwungvoll auf den Tisch und bescherte der verkratzten Platte eine weitere Schramme. „Ich soll den Köder spielen?“ „Das mag im ersten Moment beunruhigend klingen, das gebe ich zu. Aber alles was du zu tun hast ist in deinen Impala zu steigen und in eine beliebige Richtung zu fahren. Sie werden dich überwachen, denn ich bin sicher Raphael hat eigens für deinen Wagen einen Engel abgestellt. Wenn du losfährst, werden sie dir folgen, denn dich zu überwachen ist leichter als die Spur durch das Äther zu suchen, welche ich nehmen werde. Du siehst also, es besteht für dich keine Gefahr.“ Davon war der Jäger jedoch nicht überzeugt. Man erkannte es an seinem Blick und Cass spürte die Sorge in ihm. „Das sollte kein Problem sein, aber wie finden wir uns wieder?“ „Das lass ruhig meine Sorge sein. Ich denke sogar das ist der einfachere Teil.“ Als Cass keine Anstallten machte weiter zu sprechen sondern wieder einmal die Tischplatte musterte, sprach Dean erneut. „Soll also heißen das ich jetzt Packen muss?“ Er erhob sich und schlenderte zum Bett. Zog eine große, olivgrüne Tasche darunter hervor und schnappte sich ein paar herumliegende Kleidungsstücke. Wut war in jeder seiner Bewegung zu spüren und es war eine ziemliche Kraft dahinter, als eine Hose zu den anderen Klamotten gestopft wurde. Ja, Dean war mit dem neuen Plan wenig zufrieden. „Ich wollte hier ja ohnehin raus. Mein Baby hab ich seit Tagen nicht gesehen und wehe jemand hat auch nur einen Kratzer in den Lack gemacht!“ Mit diesen Worten wurde das letzte T-Shirt unsanft zu den anderen Sachen befördert. „Dann werd ich einfach durch die Gegend fahren, ohne bestimmtes Ziel. Wollte ohnehin mal wieder in einen Waschsalon. Mir dann irgendwo ein Zimmer suchen und mal wieder auf dich warten! Ich hab ja nichts Besseres zu tun. Schließlich bin ich ja nur ein Jäger und was ist schon ein Job. Die paar Leben die ich damit rette“, Dean machte eine wegwerfende Handbewegung und verschwand im Bad. „Das ist nicht fair, Dean“. Sagte Cass kaum war der Jäger mit seinen Sachen aus dem Bad zurückgekehrt. „Du weißt ich schätze deinen Job, dein Können und deinen Mut. Glaub mir, du wirst das alles auch noch brauchen, doch fürs erste musst du mir vertrauen und geduldig sein. Dean hatte das wütende Packen beendet, zog den Reißverschluss der Tasche zu und ließ sie auf dem Bett liegen. Er drehte sich zu Cass, welcher immer noch ruhig und ohne jegliche Regung am Tisch saß. Genau genommen wusste der Mensch nicht einmal woher seine Wut kam. War sie das Resultat von Cass neuen, hirnrissigen Plan oder wurzelte sie aus der Angst um seinen Engel? Dean seufzte, wahrscheinlich wollte er das gar nicht so genau wissen. „Wenn ein Engel den Impala im Auge hat, dann wird er mir doch folgen egal wohin ich gehe. Wenn er erst mal mein neues Motel kennt, dann wird er dort doch auf dich warten können“, warf Dean erneute Zweifel ein. „Deshalb wirst du nicht in ein Motel fahren.“ Cass sah ihn an und die fehlende Reaktion des Engels machte Dean noch wütender. „Du wirst in eine Bar gehen oder ein Restaurant. Sobald ich das Gespräch mit meinem Bruder beendet habe, werde ich eine falsche Spur legen. Glaub mir, ich kenne meine Geschwister, sie werden ihr folgen.“ „Was dann?“ „Dann rufe ich dich an und du kannst in ein Motel. Von dort aus gibst du mir bescheid und ich werde zu dir kommen.“ „Klingt einfach. Warum nur glaube ich das du dir das ganze zu leicht machst?“ „Es wird klappen, Dean. Vertrau mir.“ Darauf wusste Dean nichts zu erwidern. Der ruhige, sanfte und doch energische Blick des Engels ruhte auf ihm und er gab klein bei. Natürlich vertraute er Cass, natürlich hoffte er das alles nach Plan verlief. Auch wenn er daran zweifelte, die Hoffnung mochte zwar naiv sein, aber er lebte von ihr. „Gut, dann lass uns deinen Bruder finden!“ ******* „Hey Baby, hast du mich vermisst?“ fragte Dean und strich mit der Hand über die Motorhaube. Ein alter Mann mit verlebt wirkendem Gesicht hatte ihn vom Motel Parkplatz aus mitgenommen und bei dem Impala aussteigen lassen. Froh darüber, denn in dem schäbigen, alten Ford roch es nach Katzefutter und wegen der Zugluft hielt der Alte die Fenster trotz sengender Hitze geschlossen. Als Dean ausstieg, bedankte er sich höflich und sein Blick glitt kurz über die Umgebung. Niemand war auf der Straße, keine Gestallt lungerte im Schatten, nichts Verdächtiges. Endlich saß Dean wieder in seinem Auto. Wie hatte er das vermisst! Mit einem letzten Seitenblick auf das Haus, das sie nur wenige Tage vorher mit einer Horde Dämonen auf den Kopf gestellt hatten, steckte er den Schlüssel ins Zündschloss. Der Motor heulte auf, schnurrte auf seine so vertraute Art und Weiße. Das Fenster war gleich runter gekurbelt und als Dean mit dem Impala die Parklücke verließ, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Jetzt würde das Spiel beginnen! ******* Cass sah sich zufrieden um. Die Halle war groß und weit von Deans letztem Standort entfernt. Das war perfekt. Scherben knirschten unter seinen Schuhen, während er die alte Lagerhalle durchschritt. Wind und Wetter waren nicht gerade pfleglich mit dem Gebäude umgegangen. Die Fenster waren zerbrochen und hatten ihre kläglichen Überreste verteilt. Das Dach war an vielen Stellen aufgerissen und undicht. Pfützen sammelten sich in kleinen Unebenheiten des Bodens und ein kleiner Rinnsal floss zu seinen Füßen über herabgefallene Holzbalken. Muffige, feuchte Luft hing drückend über der großen Halle und verstärkte die düstere Stimmung dieses halb verfallenen Gebäudes. In der Mitte lagen leere Kisten und aufgeweichte Kartons. Cass ging darauf zu, zog sich eine Holzkiste heran und prüfte kurz ihre Stabilität. Zufrieden mit dem Ergebnis lies er sich auf dem Holz nieder und erhielt ein knirschen als Warnung. Er würde ohnehin nicht lange bleiben. Mit geschlossenen Augen lauschte der Engel dem steten Tropfen von Wasser. Irgendwo fielen kleine Tropfen in eine Pfütze und er horchte tief in dieses Geräusch hinein, bis die Welt die in umgab zu bröckeln begann. Umfangen von unendlichem Blau stand Cass seine Flügel weit ausgebreitet in einer Welt die so anders war. Dort gab es kein Licht im eigentlichen Sinne, aber auch niemals Schatten. Es wehte kein Wind und doch war die Luft frisch und rein. Kein Unten und kein Oben schränkte die Engel hier ein und mit Flügeln vermochte man von ihr aus überall hin zu kommen und doch nirgendwo. Castiel spürte die Anwesenheit seiner Geschwister, eines jeden einzelnen von ihnen. Auch sie wussten von seiner Anwesenheit. Darum konzentrierte er sich, bündelte seine Magie, seine ganze Kraft und rief ohne Worte dafür zu brauchen den Namen seines Bruders. Kapitel 12: Das Tosen der Stimmen… ---------------------------------- Kapitel 12. Das Tosen der Stimmen… …in seinem Kopf wurde leiser. Das strahlende Blau verschwand und zurück blieb eine eigenartige Leere die ihn gefangen zu halten schien. Sein Körper fühlte sich seltsam fremd an, reagierte nur mit äußerster Konzentration auf eine gewünschte Bewegung. Noch immer hallte das Durcheinander von tausenden Stimmen in seinem Kopf nach, quälte ihn, machte ihn fast verrückt! Schwindel erfasste ihn, die Welt um ihn herum gewann an Konturen doch sie alle wirkten verzerrt. Plötzlich schien Oben Unten zu sein und mit dem Schwindelgefühl schien sich der Boden unter seinen Füßen aufzutun. Er fiel! Sein Körper schlug hart auf unebenen Beton. Lange Zeit lag er still da und erst als die Kälte in seine Glieder kroch, jeden Zentimeter von ihm zu durchdringen schien, holte ihn das gänzlich zurück in die Realität. Cass lag schwer atmend auf dem feuchten Boden der alten Lagerhalle. War er bewusstlos gewesen? Wenn ja, für wie lange? Eine brennende Frage, denn je länger er untätig an diesem Ort verblieb, desto höher waren die Chancen für seine Brüder ihn doch noch aufzuspüren. Viel zu viel Kraft hatte er aufwenden müssen, um seine Geschwister von sich fern zu halten. Doch er hatte es geschafft! Die Spur im Äther würde sich in alle Richtungen erstrecken und keine würde Raphael nützlich sein. Nein, nur er wusste wo Cyriac sich aufhielt. Jedoch war dieses Wissen gefährlich! Nur mit Mühe konnte Cass seine Arme bewegen, stützte sich auf dem kalten Boden auf und versuchte sich hoch zu stemmen. Dabei übersah er einige Glassplitter, die sich tief in das Fleisch seiner rechten Handfläche gruben. Für den Schmerz hatte er jedoch keine Zeit. Er musste hier verschwinden! Seine Beine knickten ein, als er sie mit seinem ganzen Körpergewicht zu belasten versuchte. Zusammengesunken kauerte er auf dem rissigen Beton und sammelte den verbleibenden Rest seiner Kraft, konzentrierte sie. Der Plan hatte eigentlich anders ausgesehen. Überzeugt es würde ihm doch leichter fallen seine Geschwister am Lauschen zu hindern hatte er für keinerlei Rückendeckung gesorgt. Ein fataler Fehler, wie er befürchtete. Wahrscheinlich hatte Dean recht gehabt und der Plan war…vornehmer ausgedrückt nicht ganz durchdacht gewesen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er sich selbst überschätzt hatte. Seine Kraft gleich nach einer Regenerationspause wieder derart zu beanspruchen war vielleicht doch nicht eine seiner besten Ideen gewesen. Geschwächter als gedacht versuchte er erneut auf die Beine zu kommen. „Du bist schwach“, hörte er eine vertraute, sehr arrogante Stimme und wandte den Kopf. Nicht weit von ihm stand ein schlanker, groß gewachsener Mann. Seine Haut war sonnengebräunt und zeigte bereits einige Falten. Dunkles, kurz geschorenes Haar bedeckte seinen runden Kopf. Der Körper war muskulös, aber von langer, harter Arbeit geprägt. „Aber wenn ich es recht bedenke, warst du schon immer schwach“, sprach die Stimme erneut und sie triefte förmlich vor Verachtung. Wäre der Sprecher nicht in einem teuren, schwarzen Anzug gekleidet gewesen, dann hätte man ihn für einen Arbeiter halten können, der hier war, um die letzten Kisten aus dieser Lagerhalle abzutransportieren. Langsam kamen die knirschenden Schritte über den mit Glassplitter besprenkelten Boden näher. „Hallo Sophus“, grüßte Cass. Ein Husten folgte und sein trockener Hals kratzte unangenehm. „Hallo Bruder“, erwiderte Sophus den Gruß. Doch er klang weder freundlich noch wirklich erfreut. Nein, eher siegreich. „Hättest nicht gedacht das ich dich so schnell finden kann, nicht war?“ fragte die arrogante, tiefe Stimme. Die Wände verstärkten den Klang und verliehen der Engelsstimme eine hallende und unheimliche Wirkung. Warum unter all seinen Brüdern musste ihn ausgerechnet Sophus stellen? Warum? Cass erhob sich unsicher. Immer noch schwach spürte er das drängen seiner regenerativen Trance. Sie wollte ihn hinab in die Dunkelheit ziehen, wollte das er ruhte und sich erholte. Aber sollte das geschehen, dann würde er in einer Zelle erwachen. Gefangen für den Rest seiner Tage oder bis Raphael seiner überdrüssig wurde und ihm den Tod gewährte. Mühevoll hatte sich Cass aufgerappelt und sah zu seinem Bruder. Ein bösartiges Lächeln lag auf den Lippen Sophus als er eine schnelle Bewegung machte, mit einem Satz neben Castiel stand und ihn mit einem kräftigen Schlag in die Magengrube durch die Halle beförderte. Hart landete Cass auf dem Beton. Der Schmerz war dumpf, er spürte ihn kaum doch wieder tanzte die Welt vor seinen Augen. Er blinzelte, versuchte die Augen offen zu halten und gegen den Drang anzukämpfen einfach liegen zu bleiben und zu schlafen, sich zu regenerieren. „Ich weiß was du dir denkst, Bruder“, hörte er Sophus Stimme wie aus weiter Ferne hallend zu ihm dringen. „Warum ausgerechnet Ich? Nicht war? Du fragst dich wieso ausgerechnet ich dich sofort durchschauen konnte.“ Tatsächlich, das fragte er sich wirklich. Nur das er Sophus nicht die Genugtuung einer Antwort gönnte. „Ich werde dir sagen warum“, versprach der Engel und plötzlich war seine Stimme ganz nach. Er bückte sich, griff nach Cass Trenchcoat und zog ihn daran auf Augehöhe. Das leichte glimmen der Gnade war deutlich in den dunkelbraunen Augen zu lesen. „Mein Name kommt nicht von ungefähr. Ich bin wirklich der Kluge. Dich zu durchschauen war aber auch nicht sonderlich schwer. Schade eigentlich, ich dachte du währst mir ein würdiger Gegner.“ Enttäuscht warf er Cass schwachen Körper wieder zurück auf den Boden. „Sag mir Bruder, hast du etwas von Cyriac erfahren? Und bitte leugne es erst gar nicht, ich werde dir sonst nur weiterhin Schmerz bereiten. Also lass uns vernünftig Reden. Raphael möchte wissen wo sich unser lieber Bruder versteckt hält. Wir werden ihn auch nicht töten, nur das Balg, das muss sterben. Wenn du kooperierst wird auch dein Tod sinnlos und Raphael wird dich zusammen mit Cyriac weg sperren. So lange bis ihr wieder gelernt habt was es bedeutet ein Engel zu sein.“ Cass räusperte sich, versuchte seine Stimme wieder unter Kontrolle zu bringen. „Ich…ich bin kein Narr.“ Ein lautes Lachen kam als Antwort. „Es war zu befürchten das einer von euch hier eintreffen würde bevor ich fliehen konnte. Ich war darauf vorbereitet.“ „Sag, Bruder, was hat dir deine weiße Voraussicht denn gebracht? Ich bin hier, ich bin stark und ich habe meine Befehle.“ „Das weiß ich. Ich weiß auch wie skrupellos du bist“, spuckte Cass die Wörter aus. Verachtung war ganz deutlich darin zu hören und auch sein Gesicht spiegelte wieder was er von Sophus hielt. Dieser war in einer schnellen und einzigen Bewegung wieder neben dem knienden Körper und trat mit aller Gewalt nach Cass. Dieser wurde von der Wucht des Schlages hoch gehoben und landete erneut schmerzlich auf dem harten Boden. Der bleierne Geschmack von Blut sickerte in seinen Mund und ließ ihn würgen. „Du bist nicht nur schwach, sondern auch dumm!“ schrie ihn Sophus an. „Da irrst du, Bruder.“ „Ach ja? Wo ist die Armee mit der du mich vom Gegenteil überzeugen willst? Du hast nicht einmal für Rückendeckung gesorgt!“ Belustigt von der scheinbaren Dummheit wurde Sophus leichtsinnig. Er hatte die konzentrierte Energie nicht bemerkt. Cass hatte es nun endlich geschafft, all seine verbliebene Energie zu sammeln. Wäre Sophus nicht so schnell dazwischen gekommen, dann wäre er schon längst aus dieser Halle verschwunden. Vielleicht war er auch nur zu lange bewusstlos gewesen. Aber jetzt hatte er es geschafft, jetzt würde er fliehen. Nur ein letztes, kleines Ablenkungsmanöver. „Nur weil dein Name dich als klug preist, heißt das nichts. Ich weiß natürlich warum gerade du hinter mir her geschickt wurdest. Aber soll ich dir etwas sagen Bruder? Währen meiner Zeit bei den Menschen habe ich eine Menge von ihnen gelernt.“ Cass hatte sich an der Hallenwand hoch gezogen und stand nun schräg gegen die verfallene Wand gelehnt da und musterte seinen Bruder. „Zum Beispiel habe ich gelernt das man auch einen schwächeren Gegner niemals unterschätzen sollte aber vor allem wie wichtig ein gutes Ablenkungsmanöver sein kann!“ Mit diesen Worten schlug Cass mit aller Kraft gegen die Wand, brachte das Gebäude so zum schwanken. Die Deckenkonstruktion war instabil genug, um sich unter diesem letzten Hieb komplett zu lösen und nach unten zu stürzen. Das erstaunte Gesicht seines Bruders vor Augen, konzentrierte Cass seine gehortete Magie und verschwand mit einem Flügelschlag dessen Geräusch vom in sich zusammenstürzenden Gebäude verschluckt wurde. ******* Cass fiel, er verlor die Orientierung und stürzte. Seine Kraft war verbraucht, müde und ausgelaugt blieb er liegen. War er am richtigen Ort? Das vermochte er nicht wirklich zu erkennen. Cyriac hatte ihn gerufen und er war gekommen. Zumindest hatte er sein Bestes gegeben um hier her zu gelangen. Sollte er die richtige Stelle wirklich nicht getroffen haben? Oder war das ganze eine Falle seines Bruders der ihm die hilfsbereite Art nicht geglaubt hatte? Warteten Raphaels Schergen nur darauf ihn gefangen zu nehmen? Cass wartete, lauschte. Die Zeit verstrich und nichts rührte sich. Wieder spürte er den Drang sich der Trance zu ergeben und sich zu regenerieren. Noch war das aber zu gefährlich. Erst müsste er mit Cyriac in Verbindung treten und dann zusammen mit seinem Bruder einen sicheren Ort aufsuchen. Sie würden hier nicht bleiben können, zumindest nicht unbegrenzt. Wieder kroch Kälte heran, umfing ihn mit ihren feuchten Armen und ließ ihn zittern. Deans angenehme Wärme kam ihm in den Sinn und er wünschte sich zurück zu ihm. „Bruder?“ eine leise, gebrochene Stimme drang an sein Ohr. Nicht die von Sophus, das war schon mal beruhigend. Wieder versuchte Cass sich zu erheben. Seine rechte Handfläche schmerzte, denn noch immer steckte ein Glassplitter tief in der Haut. Überhaupt vermochte er jetzt das ganze Ausmaß der Schmerzen zu spüren, die seinen Körper peinigten. „Bist du das Castiel?“ hörte er die zittrige Stimme erneut. Es kostete ihn Kraft sich seiner Umgebung bewusst zu werden. Den Kopf in alle Richtungen drehend erkannte er einen steinernen Raum. Die Wände waren grob behauener Fels, von dem das Wasser in kleinen Bächen herab rann. Die Luft war feucht und kalt, roch aber angenehm nach Moos und Waldboden. Nur wenig Licht drang an diesen Ort, wo immer er sich befinden mochte. Und ganz in der Ecke auf einen Haufen alter Blätter bewegte sich etwas. Eine Gestallt saß dort in sich zusammengesunken an die Wand gelehnt. „Cyriac?“ frage Cass röchelnd. „Ja“, kam die leise Antwort. „Du bist verwundet? Ich hab es befürchtet. Als ich dich nach mir rufen hörte da dachte ich bereits das dieses Wagnis bestimmt seinen Preis besäße. Aber du bist hier.“ „Ja…ja ich bin hier.“ „Warum? Ich meine ich kenne dich, Castiel. Jeder Engel weiß was du getan hast. Dein Ungehorsam, deine Rebellion, dein stetes Einmischen, das beschützen der Winchesters…“ die Stimme erstarb in einem Husten. „Du bist ebenfalls verwundet?“ Cass erhob sich, es kostete ihm wirklich alles aber er musste zu Cyriac. Wenn es schlecht um seinen Bruder stand dann musste er dringend an die benötigten Informationen. So schleppte er sich unter seinen wackeligen Beinen in die Richtung seines Bruders. Auf dem feuchten Laub ließ er sich nieder, lehnte den Kopf gegen die kalte Wand und atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen. „Sieh uns nur an, Bruder“, bat Cyriac. „Was hat uns unser Ungehorsam eingebracht? Nichts als einen kurzen Blick auf die Freiheit die doch unerreichbar für uns ist. Und natürlich den Tod.“ „Noch sind wir am Leben“, warf Cass ein. „Ja, aber das wird nicht von langer Dauer sein.“ „Du klingst überzeugt“. „Ich habe auch allen Grund dazu.“ Cass öffnete seine Augen, blickte seinen Bruder zum ersten Mal direkt an. Seine Hülle war gezeichnet von Leid und Schmerz. Der einst athletische Körper war schwach und ausgelaugt. Das blonde Haar klebte in Strähnen an seinem Kopf und die grauen Augen waren ausdruckslos und leer. Ja, dieser Engel stand wirklich kurz vor seinem Ende. Aber Moment, seine Augen waren leer!? Da war nicht das leichte glimmen der Gnade, kein noch so kleiner Funke davon. „Du erkennst was ich getan habe?“ fragte Cyriac wehmütig. „Deine Gnade…“ „Ja, ich hab sie entfernt.“ Dabei zog der ehemalige Engel den Reißverschluss seiner dunkelbraunen Jacke auf und gab den Blick auf sein blut verkrustetes Hemd frei. „Ich musste sie mir aus dem Körper schneiden. Jetzt bin ich ein sterblicher aber dafür können mich unsere Brüder nicht finden. Es sei denn ich will es so. Dir hab ich vertraut, denn ich war mir sicher du würdest verstehen.“ „Wo ist deine Gnade? Was soll das alles hier? Ich verstehe es nicht!“ Frustration war in Castiels Stimme zu hören. Er war schwach, wollte Schlafen und sich erholen. Das Kämpfen darum wach zu bleiben trug nicht gerade positiv zu seiner Stimmung bei. Mit einem Kraftakt hob Cyriac seine Hand und steckte sie in die Innentasche seiner Jacke. Daraus zog er eine kleine Glasphiole hervor in der ein weißes, blendendes Schimmern waberte. Die Gnade eines Engels, lebendes Licht! „Ich hab sie bewahrt, denn wir werden sie noch brauchen.“ „Wozu?“ fragte Castiel. Sein Bruder schwieg lange. Er atmete flach und unregelmäßig. Die Zeit drängte also. „Bitte Bruder, ich muss es verstehen!“ flehte Cass und rüttelte den geschwächten Menschlichen Körper seines Bruders. „Du wirst…verstehen. Alles zu seiner Zeit. Als erstes brauche ich deine Hilfe.“ „Wobei?“ Wieder hob Cyriac seine Arme und griff nach einem Bündel Tücher, welche auf seinem Schoß ruhten. Er nahm die Tücher mit solcher Sorgfalt hoch und übergab sie Cass behutsam. Dieser spürte das unerwartete Gewicht des Bündels und drückte es an seine Brust. Als er die ersten Tücher beiseite schob, erkannte er das Gesicht eines Kleinkindes. Das Mädchen konnte nicht viel älter als ein Jahre alt sein, vielleicht eineinhalb. Ihre Augen waren groß und von so ungewöhnlich heller Farbe das sie fast weiß wirkten. „Meine Tochter“, verkündete der stolze Vater. Das kleine Wesen bewegte sich leicht und gab ein unverständliches Gemurmel von sich. „Sie ist ebenfalls sehr geschwächt. Die wenige Nahrung und die schreckliche Kälte haben sie gefährlich mitgenommen.“ Cass sah von dem wimmernden Mädchen zurück zu seinem Bruder. „Du willst meine Hilfe? Dann musst du es mir erklären!“ forderte er. „Du sollst alles erfahren, doch wo fange ich an? Die Geschichte ist lang, aber wenn sie einer verstehen kann, dann du Castiel.“ „Wie wäre es wenn du damit beginnst, wie dein Auftrag der doch alles für dich war so scheitern konnte.“ Cyriac versuchte ein Lachen und verschluckte sich daran. Hustend griff er sich gegen die Brust und versuchte den Schmerz zu vertreiben. Wäre Cass im besitz seiner Kräfte gewesen, dann hätte er sie mit Cyriac geteilt. Ja, hätte er gerade überhaupt irgendwelche Kräfte besessen, dann wäre alles viel einfacher gewesen. „Gescheitert sagst du. Also gut, ich werde von Vorne beginnen und dir von ihr erzählen. Von der Frau die mein Leben veränderte und die ich mit jeder Faser meines Körpers liebe. Ja, Castiel, ich liebe sie! Bis zu dem Moment wo ich meinen letzten Atemzug nehme werde ich sie lieben.“ Einen Augenblick herrschte schweigen. „Ich werde nichts auslasen und wenn du die ganze Geschichte gehört hast, dann musst du mir etwas versprechen.“ „Was?“ „Du musst meine Tochter beschützen! Sie ist wichtig…so wichtig.“ Wieder unterbrach ihn ein Husten. „Aber bevor ich dir die Wahrheit über das Kind erzähle, sollst du erfahren warum ich meinen Eid brach und genau wie du zu einem ausgestoßenen wurde.“ ******* Das ganze bekam langsam einen zähen Beigeschmack. Natürlich freute sich Dean wieder am Steuer seines Wagens zu sitzen. Besonders da er die letzten Tage in einem miefigen, kleinen Raum verbracht hatte, war die Aussicht wieder durchs Land zu brausen eine willkommene Abwechslung. Eine Led Zeppelin Kassette lief und dem fetzigen Song Traveling Riverside Blues folgte die ruhige Melodie von Stairway To Heaven. Der Titel ließ Dean schlucken und unwillkürlich an Cass denken. Ob es dem Engel gut ging oder ob sein Plan gescheitert war und er bereits wieder in einem himmlischen Gefängnis saß? Bestimmt war ein himmlisches Gefängnis weit weniger himmlisch als es sich anhörte. Aber egal was er auch versuchte, seine Gedanken waren trüb vor lauter Sorge. Die Stunden zogen sich, die Landstraße vor ihm ebenfalls. Die Hitze war noch unerträglicher geworden und die Landschaft draußen immer karger. Jetzt zogen dürre Felder und endloses Brachland an dem geöffneten Fenster vorbei und heiße Luft wirbelte über den Asphalt. Langsam wurde Dean langweilig. Gut, er war schon oft lange Zeit in seinem Auto unterwegs gewesen und das durchaus auch allein. Natürlich war das seltener der Fall gewesen, denn als er dann ohne Dad jagen gegangen war, hatte er sich schon bald Sammy ins Bot, bzw. ins Auto geholt. Wenn es nicht Sam war der neben ihm saß, dann doch hin und wieder Cass. Wenn mal wirklich keiner mit ihm unterwegs war, dann hatte er aber immerhin ein Ziel vor Augen gehabt. Jetzt hatte er nicht einmal das. Er würde einfach der Straße folgen und wenn die endete eine andere nehmen. Ankommen würde er nirgends. Wie lang es wohl dauerte bis Cass sich meldete? Was wenn es dunkel wurde, sollte er einfach weiter fahren? Schließlich wollten sie sich in einem Kaffe oder so treffen und nicht in einem Motel das die Engel bereits im Vorfeld kannten. Sollte er also wirklich die Nacht durchfahren? Wäre nicht das erste mal und ein wirkliches Problem war es ja auch nicht. Wenn da nicht diese nagende Ungewissheit wäre! Dean trat das Gaspedal durch und der Impala jagte die schmale Landstraße entlang. Er wollte jetzt nicht mehr denken, er wollte sich keine Sorgen machen…verdammt! Am liebsten hätte er sein Leben vor der Apokalypse zurück! In einer abgelegenen Tankstelle besorgte sich Dean zusätzlich zum Sprit auch noch Energiedrinks und Süßigkeiten, zwei verpackte Sandwichs aus der Kühlabteilung und wahrscheinlich auch noch ein paar Bakterien des heftig niesenden Angestellten. Die gab es hier wohl gratis. Kaum hatte er die Glasstüre der Tankstelle hinter sich geschlossen, spürte er einen stechenden Blick auf sich ruhen. Die ganze Zeit schon fühlte er sich beobachtet, egal was er tat. Aber hier auf diesem völlig freien und übersichtlichen Gelände war das Gefühl besonders stark. Cass hatte also Recht behalten und ein Engel war ihm auf den Fersen. Da sich dieser bisher noch nicht gezeigt hatte war zu hoffen, dass er ihn bloß im Auge behalten sollte. Trotzdem wurde Dean den Gedanken nicht los, plötzlich könnte jemand neben ihm im Auto erscheinen. So wie es Castiel immer gern tat, nur das dieser Besucher gleichwohl ein Engel, aber nicht sein Engel sein würde. Dean schlug die Autotür hinter sich zu, verstaute die Tüte mit dem Proviant auf dem Beifahrersitz und als er aufblickte sah er ihn! Der gleiche Mann der damals neben dem Impala auf Cass und ihn gewartet hatte! Doch kaum hatte Dean auch nur einmal geblinzelt, da war die Gestallt schon wieder verschwunden. Natürlich wusste der Jäger aus Erfahrung das er sich das keineswegs nur eingebildet hatte. Ein Engel verfolgte ihn…man sollte meinen das dies kein Grund für schlechte Lauen wäre. Bestimmt wären viele Menschen über dieses Wissen erfreut gewesen. Ja, normale Menschen, mit normalen Problemen und ihrem Glauben an normale Engel. Die mit den flauschigen Flügeln und den langen, weißen Gewändern die einen beschützten. Ob Cass auch flauschige Flügel hatte? Trug er im Himmel auch seinen Trenchcoat und würde er ihn wie versprochen beschützen? Verdammt, wann war sein Leben so dermaßen aus den Fugen geraten? Verlor er jetzt das letzte bisschen Normalität in dem er sich nach einem Engel sehnte? So ganz allein auf weiter Straße gefangen mit seinen Gedanken musste Dean sich eingestehen, dass er sich nicht so sehr nach dem Engel sehnte, sondern nach Cass als Person. Es war nicht die Kraft die Cass als Engel besaß, obwohl sie sich öfters als nützlich erwiesen hatte. Nein, er würde Cass auch vermissen wenn dieser kein Engel mehr wäre. Cass gehörte einfach zur Familie, es war klar das er ihn vermisste, aber warum glaubte er dass das nur eine Ausrede war? Wenn er ganz ehrlich zu sich war, dann vermisste er Cass wirklich auf eine ganz andere Art als seinen Bruder. Ja, er wollte Cass nahe bei sich haben, wollte jeden Morgen neben ihm aufwachen, mit ihm zusammen Frühstücken…er vermisste Cass, einen Engel, einen Mann…Gott, gab es überhaupt noch etwas Normales in seinem Leben? Eine Parkbucht in einem kleinen Waldstück hatte sich als verlockende Abwechslung ergeben. Jetzt saß Dean auf der Motorhaube, versuchte das Gefühl des beobachtet Werdens zu unterdrücken und riss die Plastikverpackung seines Sandwichs auf und nahm das erste heraus. Hungrig biss er in das lappige Brot und sogleich verging ihm der Hunger. Das Brot war klebrig, die Scheibe Käse war geschmacklos und der Schinken trocken. Einzig die Gurkenscheibe und die Tomate hatten das Vakuumgefängnis geschmacklich einwandfrei überlebt. Das zweite Sandwich probierte Dean gar nicht erst, sondern gönnte sich einen Schokoriegel der ihm einen angenehmen Geschmack in den Mund zauberte. Das flattern von Flügeln war zu hören und Dean zuckte merklich zusammen. Jedoch war kein Engel aus dem Nichts erschienen, sondern eine Taube die zu seinen Füßen nach Krümeln pickte. Wütend verscheute er das Tier. Hatte es ihn doch wieder zurück zu seinen Grüblereien, zurück zum Thema Cass gebracht. Aber er wollte darüber nicht nachdenken! Wollte sich nicht eingestehen was sich langsam in sein brüderliches Verhältnis zu dem Engel eingeschlichen hatte und vor allem wollte er sich nicht den daraus resultierenden Folgen stellen. So saß Dean noch eine Zeit auf der Motorhaube, blickte in den blauen Himmel und fragte sich erneut wo Cass wohl gerade steckte. So entging ihm das neuerliche Rascheln von Flügeln und die zweite Gestallt die sich unsichtbar für das menschliche Auge zu der ersten gesellte. Beide Männer trugen schwarze Anzüge und standen dicht neben dem Impala. „Hallo Sophus, offenbar ist dir Castiel entwischt“, stellte der kleiner der beiden Männer fest. Er trug einen perfekt sitzenden Anzug der seinen dicklichen Körperbau gut kaschierte. Das braune Haar war kraus und kurz. „Rede nicht als ob du ihn dafür bewundern würdest, Timotheus!“ herrschte Sophus. Der Angesprochene lachte, „ich bewundere unseren Bruder tatsächlich. Er ist nicht besonders stark und trotzdem wehrt er sich erfolgreich gegen alles was sich ihm seiner Meinung nach in den Weg stellt. Das ist bewundernswert.“ „Er ist und bleibt ein kleiner Niemand!“ herrschte Sophus. „Das hat nichts mit Können zu tun, er hat nur Glück. Der Zufall ist ihm gewogen, aber ich werde ihm lehren sich seinen großen Brüdern zu widersetzen!“ „Raphael hat deutlich gemacht was mit Castiel geschehen wird wenn er nicht einlenkt.“ „Ja und unser Bruder wird nicht einlenken. Er wird diesem Affen“, und er deutete auf Dean der verträumt gen Himmel blickte, „beschützen und ihm treu bleiben. Das heißt er wird niemals mit Raphaels Plan einverstanden sein.“ „Das denke ich auch, er wird wieder rebellieren“. „Ja das wird er ganz sicher.“ Sophus ging auf Dean zu und blieb vor dem Menschen stehen. Lange betrachtete er den sterblichen mit seiner üblichen Arroganz. Timotheus befürchtete schon er würde etwas Unüberlegtes tun nur um Castiel damit Schmerz zuzufügen und sich dafür zu rechen das dieser es gewagt hatte ihn in einer Schlacht zu besiegen. Aber Sophus betrachtete den Menschen nur. „Ja, er wird Rebellieren! Wenn er das tut wird Raphael seinen Tod befehlen, seinen und den seines Haustierchens hier. Und es wird mir ein Ehre sein diesen Befehl auszuführen!“ Kapitel 13: „Ich hab nie gezweifelt, Castiel… --------------------------------------------- Kapitel 13. „Ich hab nie gezweifelt, Castiel… …niemals. Ich unterstand Gabriel und Gabriel war ein Erzengel. Man gehorchte ihnen einfach denn so lernten wir es von klein auf. Sie gaben Befehle und wir folgten, blind und gehorsam. Ihre Worte waren schließlich Befehle unseres Vaters. Daher glaubten wir ihnen vorbehaltlos, unseren großen Brüdern. Dachten sie sprächen als einziger die Sprache Gottes, dachten immer nur sie würden verstehen. Den großen Plan, was genau hinter all dem steckt und ja, ich dachte wirklich sie kannten den Weg in die Zukunft. Dann verschwand Gabriel und ich verzweifelte an der Welt. Er war mein Führer, mein Vorbild…er war alles für mich. Doch er verschwand, einfach so und ohne ein Wort. Dann folgte ich Michael, wie es sich für einen Soldaten gehört führte ich seine Befehle ebenso treu aus wie einst die Gabriels. Niemals habe ich gezweifelt, nein ich nicht. Michael sagte mir, unser Bruder wäre schwach geworden und verschwunden. Hätte sich davongestohlen und uns im Stich gelassen. Nie hab ich das geglaubt, es war für mich nur Geschwätz. Als Michael mir meinen alten Posten überließ war ich sehr glücklich. Ich wollte nie etwas anders tun, das war meine Berufung, dafür hat mich Gabriel ausgebildet. Ich dachte wenn ich Gabriel schon nicht mehr treu sein kann, dann immer noch der mir überantworteten Aufgabe. Irgendwann jedoch verstand ich. Sie haben nie die Worte unseres Vaters an uns weitergeleite. Früher vielleicht einmal, doch das war wirklich schon lange her. Nein, sie gaben ihre eigenen, stumpfsinnigen Befehle und wir ahnten es nicht einmal. Noch immer glauben die meisten unserer Geschwister bedingungslos an die Erzengel und an einen Vater der ihnen seine Worte in den Mund legt. Doch ich weiß es jetzt besser. Sie kennen den Weg in die Zukunft genau so wenig wie ich. Sie sagen in allem was sie tun läge der Wille Gottes und unser Weg wäre von ihm geebnet worden. Wenn das so war, dann haben wir das Ende dieser geebneten Straße längst erreicht. Sie glaubten nur in die richtige Richtung weiter zu gehen aber da irrten sie, sie alle. In Wahrheit gibt es keinen richtigen Weg. Hat ein wenig gedauert bis ich das begriffen hatte. Bei dir sicher auch? Doch damals, ich zweifelte zwar am System, an dem was unsere Brüder taten aber niemals, Castiel, niemals zweifelte ich an meiner Aufgabe!“ Ein Hustenanfall folgte diesem energischen Geständnis. Cass der immer noch das kleine Kind in Armen hielt wusste nur zu gut wie sein Bruder sich gerade fühlte. Auch er war bitter enttäuscht worden, auch er hatte lange gebraucht um die Welt mit eigenen Augen zu sehen, so wie sie wirklich war. Ja, die Wahrheit war hässlich! Hässlich und unangenehm. Das Leben hinter dieser großen, den ganzen Himmel umfassenden Lüge war viel leichter gewesen. Dennoch hatte ihn die Wahrheit befreit. Obwohl letzten Endes Cyriac mit seiner düsteren Prognose wohl Recht behalten würde. Sie hatten die Freiheit nur kurz gekostet, den Geschmack zwar durchaus genossen, hatten ihn aber nicht einordnen können. Es schmeckte gut, wie eine Symphonie auf ihrer Zunge, doch keine der Zutaten war ihnen vertraut. Wie sollte man einen Geschmack definieren für den man keine Worte kannte? Das allein war schon schwierig, aber ohne die genauen Zutaten zu kennen den Geschmack erneut zu kosten war ein Ding der Unmöglichkeit. Dafür sorgte jetzt Raphael und wenn nicht er, dann würde es jemand anders tun. Freiheit auf Dauer war keine Option, also was dann? Folgte jetzt wirklich ihr Ende? Der Tod, einfach so? Bezahlten sie ihre Andersartigkeit wirklich mit dem Leben? „Wir waren ungehorsam, weil wir gezweifelt haben. Sag mir Castiel, wer hat in dir die ersten Zweifel geschürt?“ Cass sah seinen Bruder lange an. „Dean Winchester“, antwortete er dann wahrheitsgemäß. „Vielleicht wirst du mich noch besser verstehen als ich ohnehin schon dachte.“ Diese Aussage verstand Castiel nicht. Er war auch viel zu Müde um sich jetzt groß Gedanken zu machen was hinter diesem Satz möglicherweise verborgen lag. „Wenn dieser Dean dich zum zweifeln gebracht hat, dann nur weil da bereits ein Band zwischen euch bestand. Glaub mir Bruder, kein Mensch kann auch nur ein Wort aussprechen, das einen Engel zum zweifeln bringt. Das ist nicht möglich, diese Macht besitzen sie nicht und ihre Sprache ebenso wenig. Ihr Geist ist klein, wie ihr Wortschatz. Nein, niemals würde einer von ihnen genügend Einfluss auf einen Engel ausüben können um uns vom rechten Weg, von unserem Glauben abzubringen. Dafür sind wir zu mächtig. Gott hat dafür gesorgt. Er wollte nicht das wir wie die Menschen sind, wir sollten dieser seiner Schöpfung nicht ähneln. Wir sollten niemals Zweifeln oder irgendwie fehlerhaft sein. Nein, wir sind perfekt. Perfekte Soldaten, perfekte, brave, kleine Soldaten. Mehr nicht. Also sag mir, wie kann ein Mensch trotzdem Zweifel in uns wecken? Wie?“ Nach diesen Worten schwieg Cass eine Weile. Er dachte angestrengt nach und kam doch zu keinem rechten Ergebnis. „Ich hab Dean aus der Hölle gerettet, ihn von meinem Licht, von meiner Gnade gegeben. Ich bin ein Engel, ich bin reines Licht, Leben in seiner höchsten und reinsten Vorm. Als ich einen winzigen Teil meiner Selbst auf ihn übertrug, schuf ich einen Art Verbindung. Ich kann sie spüren, dieses Band das mich an ihn Bindet, ihn zu etwas besonderen macht. Meinst du das, Bruder? Die Tatsache das Dean auf ewig und unauslöschbar einen Teil von mir in seiner Seele trägt?“ „Genau, das meine ich. Du kennst dieses Gefühl also. Es ist da, immer. Ganz egal was du tust, du kannste es nicht abstellen, nicht unterdrücken! Mit jedem weiteren Tag wird es schlimmer und du weißt irgendwann macht es dich verrückt! Man möchte raus aus seinem Körper, man möchte es nicht mehr spüren!“ Cyriac stoppte und blickte Cass durchdringend an. Auch wenn er jetzt nicht mehr auf die Engelsfähigkeiten zurückgreifen konnte war es Castiel so, als sehe sein Bruder ihm direkt in die Seele. „Ich habe recht, nicht war? Du fühlst ebenso?“ Langsam nickte Cass, sein Kopf rutschte an der steinernen Wand entlang und seine Wange brannte dabei. Sprechen konnte er nicht, seine Kehle war nach diesen Worten ausgetrocknet und rau. Nie hätte er es für möglich gehalten das einer seiner Brüder wusste was in ihm vorging und es dann auch noch so perfekt in Worte zu fassen vermochte. „Es gibt einen Weg, ich bin ihn gegangen“, flüsterte Cyriac und hustete erneut. Sein Körper schüttelte sich unter den heftigen Krämpfen. „Bitte“, flehte Castiel, „Bitte Bruder erzähl es mir! Wenn du dieses Leid kennst dann sag mir wie ich es kurieren kann!“ Das flehen in der müden Stimme war deutlich zu hören und Cyriac hatte direkt Mitleid mit seinem Bruder. „Zurück zu meiner Geschichte, wie versprochen. Hinterher wirst du verstehen und vielleicht wird es dir dann leichter fallen deinen eigenen Weg zu wählen.“ Cass setzte sich so bequem wie möglich hin, drückte den Körper des Kindes an seine warme Brust und legte schützend einem Arm um das kleine Wesen. Seinen Bruder nicht aus den Augen lassend wartete er auf den Beginn seiner Erzählungen. Cyriac starrte ins Leere aber die Bilder liefen wie in einem Film vor seinen Augen ab. „Es ist schon viele Jahre her und doch scheint es mir als wäre kaum ein Tag verstrichen. Ich hab die Menschen beobachtet, diejenigen markiert welche es zu überwachen galt. Als ich allein, als letzter Engel auf meinem Posten verblieb, war das so einfacher. Ich wusste immer wo sich die Menschen aufhielten deren Seele besonders genug war um einen Nephilim zu gebären. So reine Menschen sind seltener geworden und ich glaubte dies wäre ein gutes Zeichen. Wie sich heraus stellte war das einzig die Zeit die sich geändert hatte. Die Menschen verloren ihren Glauben, ihre Lebensfreude ging in der Hektik des Alltags unter, wurde begraben von Massenmedien und Nichtigkeiten. Sie wurden immer gewaltbereiter und die Gewalt immer präsenter. Misstrauen wurde in ihren Herzen geboren, Angst und Wut übernahmen langsam auch den letzten Rest gutes in ihren Seelen. So gibt es sie kaum mehr, die Menschen mit so reinem Gewissen das sie eine Verbindung zu uns Engeln herstellen können. Nina war etwas besonderes, in jeder Hinsicht. Der Zufall wollte es so, das ich gerade in ihrer Nähe war. Regelmäßig flog ich zwischen den betreffenden Menschen von Kontinent zu Kontinent und überwachte sie. Nina war gerade einkaufen gewesen, als sich ihr ein Dämon näherte. Keine Ahnung was er eigentlich wollte, ich ließ ihm nicht genügend Zeit sich zu erklären. Als ich ihr zum ersten Mal sichtbar gegenüber stand war das schon seltsam. Noch nie hatte ich mich einem Menschen gezeigt. Ich wusste sie würde meine Andersartigkeit spüren, meine wahre Gestallt unter der Hülle erkennen. So wie ich ihre reine Seele zu spüren vermochte, wusste sie doch instinktiv das vor ihr kein gewöhnlicher Mann stand.“ „Hast du ihr verraten was du bist?“ fragte Castiel verwundert. Er konnte sich das nicht recht vorstellen. Gut, er war nie ein Schutzengel gewesen und auch auf der Erde war er nie zum Schutz eines oder mehrerer Individuen abgestellt worden – Dean natürlich ausgeschlossen – daher war ihm diese Situation nicht vertraut. Die Regeln jedoch erlaubten es unter keinen Umständen sich einem Menschen als Engel zu offenbaren. Dean gegenüber war es allerdings nötig gewesen und auch Teil seines damaligen Befehles. Als Jäger hatte dieser natürlich mit den Information auch anders umzugehen gewusst. Schließlich hatten sie Dean gebraucht und nur aus diesem einen Grund war überhaupt der Befehl geboren worden, den jungen Jäger aus der Hölle zu holen. Innerlich doch neugierig wie ein normaler Mensch wohl auf einen Engel reagieren würde, vielen Castiel die vielen Romane über die Engel wieder ein. Als reiner Mensch musste Nina sich bestimmt gefreut haben ein himmlisches Wesen kennen zu lernen. „Nein, wo denkst du hin, Bruder?! Alles was ich ihr erzählte war bedeutungslos. Geschwätz zur Ablenkung. Sie war mir dankbar, lud mich ein. Ich lehnte ab, doch sie bestand darauf. So ging ich mit ihr, bekam einen Tee und Kuchen vorgesetzt und wir begannen uns zu unterhalten. Nie hätte ich geglaubt mit einem Menschen ein anregendes Gespräch führen zu können. Nina war einfach anders, sie war intelligent und vor allem gutmütig. Als wir uns voneinander verabschiedeten empfand ich Freude über das Schicksal, welches mir diese angenehme Erfahrung zugedacht hatte. Wenig später kehrte ich zu meinem regulären Report in den Himmel zurück. Wie immer berichtete ich Michael und er lobte mich. Zufrieden mit meiner Arbeit erlaubte er mir einige Zeit im Himmel zu verbringen, bevor ich auf meinen Posten würde zurückkehren müssen. Wieder unter meinen Geschwistern fühlte sich das Leben so unbeschwert an. Du kennst Ratje? Er ist Ratgeber und mein bevorzugter Gesprächspartner. Mit ihm zu diskutieren war mir stets ein Vergnügen. Und während die Tage im Himmel verstrichen, kam mir oft der Gedanke was wohl Nina zu manch einem Themen zu sagen gehabt hätte. Mein Interesse an ihrer Meinung wuchs und als ich auf die Erde zurückkehrte, besuchte ich sie erneut. Wir sprachen die ganze Nacht, unterhielten uns und diskutierten die unterschiedlichsten Themen. Ich war von ihr fasziniert. Von ihren Gedanken, ihrer primitiven und doch herzlichen Art ihre Welt zu sehen. Je öfters wir uns trafen desto schwerer viel es mir Abschied von ihr zunehmen. Wann immer ich in den Himmel zurückkehrte, blieben meine Gedanken stets bei ihr. Ich vermisste sie, auch wenn mir das zu diesem Zeitpunkt noch nicht völlig klar war. Erst als ich begriff, dass ich ebenso gerne auf Erden bei Nina war wie Zuhause im Himmel bemerkte ich welch große Veränderung in mir begonnen hatte. Jeder Engel weiß das Gefühle nicht gestattet werden. Zu behaupten das ich panisch wurde als ich mir meiner Verfehlung bewusst wurde, wäre untertrieben gewesen. Ich befürchtete meine Geschwister könnten mir die Unreinheit direkt ansehen und sobald ich zurück zitiert werden würde, hätten sie es bemerkt. Aber ich irrte mich! Man hat uns damit nur Angst eingejagt. Es war nichts weiter als eine Gruselgeschichte für uns Kinder. Wir sollten erst gar nicht daran denken und dies glaubten die Erzengel mit Furcht erreichen zu können. Niemand bemerkte die Veränderung in mir und das erschien mir seltsam. Ich hätte es nicht Hinterfragen sollen, tat es aber trotzdem. Anstatt mich zu freuen das mein schändliches Verhalten unbemerkt geblieben war, stellte ich Fragen. Auf keine davon erhielt ich eine akzeptable Antwort und da wurde es mir klar. Niemand hatte je diese Fragen gestellt, deshalb gab es keine Antworten! Wirklich keiner unserer Geschwister wusste etwas darüber! Als ich dann zu ihr zurückkam, fühlte ich mich sicher. Keiner hatte mich verdächtigt oder sich über mich gewundert. Die Zeit war also gekommen Nina die ganze Wahrheit über mich zu erzählen. Sie glaubte mir, was im Nachhinein ein wirkliches Wunder war. Da war weder angst noch Unverständnis in ihren großen Augen, die mit jedem meiner Worte größer und leuchtender zu werden schienen. Anfangs befürchtete ich ja, sie könnte sich von mir abwenden. Wenn sie mir beispielsweise nicht geglaubt hätte, wäre ich ihn ihren Augen doch nur irgendein Verrückter gewesen. Möglicherweise sogar gefährlich und sie wäre vor mir geflüchtet. Aber keine von meinen Befürchtungen trat ein. Sie schien sogar erfreut, ja irgendwie glücklich zu sein. Meine Gegenwart genoss sie nach meinem Geständnis sogar noch mehr.“ „Was hat das zu bedeuten? Jeder Engel weiß das man sich von den besonderen Menschen fern halten sollte. Warum hast du ihre Gegenwart gesucht obwohl du all das wusstest?“ „Ich konnte nicht mehr zurück. Ohne sie fühlte ich mich einsam, unverstanden. Meinen Geschwistern konnte ich schlecht mein Herz ausschütten, wenn niemand da ist der einen versteht, dann ist das wie du wohl weißt sehr schwierig. Nina gehörte zu den besonderen Menschen, sie konnte meine wahre Stimme hören, ja sie konnte sogar mein Wahres ich erkennen. Das war überwältigend!“ Cass gab einen seltsamen Laut von sich und Cyriac blickte ihn fragend an. „Mir kam gerade meine erste Begegnung mit Dean wieder in den Sinn. Ich hab ihn an der Schulter gepackt und aus der Verdammnis gezogen. Wenn dieser Mensch also so wichtig ist, dann dachte ich er wäre einer von diesen auserwählten Menschen die die wahre Gestallt der Engel zu erkennen vermögen. Doch er war kein besonderer Mensch, ich hatte mich geirrt. Es war nur sein Blut, mehr nicht. Nur deshalb musste es Dean Winchester sein. Genau genommen ist es wie ein Fluch der auf seiner Familie lastet und sich mit dem Blut Adams durch die Zeit zieht. Eigentlich war er völlig unschuldig, er konnte nie etwas dafür.“ „Das klingt nach viel Mitgefühlt, Bruder.“ „Mitgefühl? Warum, ich kann doch ohnehin nichts für ihn tun. Dieses Kreuz wurde nicht von mir auf seine Schultern gelegt. Ich helfe ihm nur es zu tragen. Aber sag mir Cyriac, wie konnte es bei dir zu einer Verbindung kommen? Du sagst du Leidest wann immer du nicht bei ihr bist, du vermisst sie und dieses Gefühl ist stark. Wunderbar und Quälend zugleich macht es dich verrückt. Ja, auch ich leide, ich empfinde ebenfalls so. Doch bei mir kommt dieses Gefühl aus der Verbindung zu Dean. Unser Band formte sich in den Tiefen der Hölle und auch wenn der Abdruck meiner Hand als körperliches Symbol dieser Verbundenheit zurückgeblieben ist, so ist doch der Bund mit seiner gepeinigten Seele um ein vielfaches stärker. Wenn auch unsichtbar, aber so stark das selbst andere Engel es fühlen können. Sag mir, wie hast du und Nina dieses Band geschlossen?“ „Das war völlig unnötig.“ Cyriac sah auf das schlafende Kind. „Sie war in der Lage mein wahres Ich zu sehen und deshalb stand sie unter meiner Bewachung. Sie und alle anderen Menschen die diese Fähigkeit besitzen. Was glaubst du warum man Engel zur Überwachung solcher Menschen eingesetzt hat? Damit keiner von uns seinen Schwächen erliegen und sich mit solch einem Menschen verbinden konnte. Aber da ich als einziger noch übrig war, gab es niemanden der mich überwachte. Keiner der verurteilte was ich tat. Ich brach meinen Schwur, trotzte meinen Befehlen weil sie es mir wert war. Weil meine Zweifel überwogen und sie mir die Geborgenheit und die Sicherheit schenkte, die ich im Himmel verloren hatte!“ Cass schwieg. Die Worte seines Bruders brachten ihn erneut dazu einige Dinge zu überdenken. Ihm war es ja genauso ergangen. Enttäuscht und verraten hatte er sich gefühlt als er die Wahrheit zum ersten Mal gehört hatte. Cyriac war es sicher nicht besser ergangen als er feststellten musste das die Erzengel nicht mit Vaters Stimme sprachen. Verständlich war es also auch, das sein Bruder sich die Geborgenheit und Sicherheit die er verloren hatte wo anders suchte. Genau das hatte er auch getan. Er war zu Dean gegangen, hatte von ihm viel gelernt und auch erkannt wie stark er als Stütze für seine gebrochene Seele war. Nach der Apokalypse als er wieder in den Himmel zurückgekehrt war, da war es auch ihm bewusst geworden. Die Zeit bei den Menschen hatte ihn verändert. Ein Effekt der auch seinen Geschwistern nicht entgangen war und ihn irgendwie zu einem Außenseiter machte. Seine Geschwister spürten einfach das er jetzt anders war und anders wurde zwar Toleriert aber nicht Akzeptiert. So vermisste er sein altes Leben, er vermisste Dean und sehnte sich zurück. Nur deshalb war er so oft bei ihm gewesen, unsichtbar hatte er von weitem das Leben des Jägers beobachtet. Mit dem Verbot sich einzumischen hatte er sich nur schwer abfinden können. Tja, letzten Endes hatte er wieder einen Befehl missachtet und alle Regeln gebrochen. Er war zurück zu Dean, rebellierte gegen Raphaels Herrschaft und ja, jetzt war er hier. Womöglich am Ende seiner Reise, gar seines Lebens. „Ich verstehe dich“, flüsterte Castiel und sah seinen Bruder wieder durchdringend an. Dessen Blick haftete noch immer auf dem schlafenden Kind. „Liebe, Castiel. Weißt du was dieses Gefühl bedeutet? Ich meine wirklich, nicht die Definition davon. Weißt du was ich glaube, ich glaube du liebst genau so sehr wie ich. Nur das du es dir noch nicht eingestanden hast. Am Anfang unseres Gespräches sagtest du mir wie sehr du unter deinen Gefühlen leidest, die du zu definieren nicht in der Lage bist. Genau das ist Liebe. Du wolltest wissen wie man dieses Leiden kurieren kann, das dich Tag für Tag begleitet? Gib ihm nach, das ist die einzige Chance die du hast. Dann und nur dann wird es verschwinden und dir als Gegenleistung mehr Glück bescheren das du dir je zu erträumt gewagt hast. Machst du das nicht, so wird es dich auf Ewig quälen. Glaub mir, es wird niemals vorbei sein. Nicht mal nach Deans Tod wird sich für dich etwas ändern. Erst mit deinem Ende der Existenz wird der Schmerz vergehen. Nina und ich formten unsere Bindung in einer wundervollen Nacht. Von da an wich ich nicht mehr von ihrer Seite und lebte still und heimlich mein Leben mit ihr. Niemand hätte es je bemerkt, alles wäre gut gegangen wenn nicht dieser alte Mann gewesen wäre.“ „Welcher alte Mann?“ fragte Cass, verwundert welche Richtung diese Geschichte jetzt wohl nehmen würde. „Zum Glück war ich gerade im Himmel, ich bekam also alles mit. Wohl wissend dass auch bald die ersten Dämonen auftauchen würden, musste ich meine Familie beschützen. Ich kehrte ein letztes Mal als Engel zu ihr zurück. Schweren Herzens erklärte ich ihr was geschehen war und was noch kommen würde. Mit all meiner Macht verbarg ich meine Anwesenheit in Ninas Leben. Ich entfernte alle Bilder von mir, von uns und unserer Tochter. Alles was Aufmerksamkeit erregen könnte und irgendeinen Hinweis zu liefern vermochte. Sogar das Kinderzimmer versiegelte ich und verbarg die Tür auf das sie keiner unsere Feinde je würde finden können. Offenbar war ich nicht so gründlich wie ich gehofft hatte. Du fandest mich und ich weiß auch dass Timotheus Nina gefunden hat. Obwohl ich ihre Erinnerungen löschte und sie keine Hilfe war um mich zu finden hat es ihr letzten Endes doch nicht das Leben gerettet.“ Die letzten Worte waren Cyriac hörbar schwer gefallen und wahrscheinlich lag es an seinem geschwächten Zustand das ihm tatsächlich Tränen die Wangen hinab liefen. Aber ein Moment gnadenloser Ehrlichkeit und Cass wurde sich bewusst das es ihn wohl auch mit voller Wucht treffen würde, wenn Deans sterben würde. Im Gegensatz zu Cyriac war Cass aber immer noch ein Engel und Engel konnten nicht weinen. Dies war eine Gabe die nur die Menschen besaßen. „Glaub mir Bruder, ich kann mir vorstellen wie schwer es für dich ist. Dean zu verlieren wäre…es wäre mein Ende“, gestand Castiel offenherzig. „Du hattest von Anfang an Recht, ich verstehe dich. Vielleicht wirklich als einziger unter all den vielen Engeln. Ich leide, auch mit dir. Dein Rat mag gut gemeint sein aber um ihn zu befolgen müsste auch ich fallen. Selbst wenn mein Schmerz aus der Liebe zu Dean entwächst, wie sollte ich mir seiner Gefühle sicher sein? Würde er mich je lieben können, ob als Engel oder als Mensch? Selbst wenn ich es wüsste kann ich es nicht, ich könnte als Gefallener nicht existieren. Schwach und kränklich, jeglicher Fähigkeiten beraubt. Vielleicht sehe ich das eines Tages anders, vielleicht verändert jeder weitere Tag den Dean auf sein unausweichliches Ende hin durchschreitet meine Meinung. Bis dahin kann ich jedoch nicht warten! Es gibt im Moment noch so viel anderes was ich von dir wissen muss. Welcher alte Mann? Wie kamen die Dämonen auf eure Spur und warum? Was hat Raphael vor, für was hast du deine Gnade aufgespart und…“ „Langsam“ bat Cyriac und hustete erneut. „Das gibt es erst noch etwas anderes. Etwas wichtigeres das keinen weiteren Aufschub mehr duldet. Je länger wir hier beisammen sitzen, desto näher kommen uns unsere Brüder. Ich weiß nicht mit welchem von Raphaels Schlägern du eine Konfrontation hattest, aber Timotheus tötet meine geliebte Nina und Sophus wird als Liebling unseres Anführers ebenfalls nach uns suchen.“ „Ich weiß, Sophus und ich hatten bereits ein Gespräch miteinander. Er wird wütend sein und ja, er sucht nach uns. Doch wir werden von hier verschwunden sein ehe er…“ „Dein Mut in allen Ehren aber du überschätzt dich. Das kann gefährlich werden, ich bin der Beweis dafür. Sophus ist treu, er ist stark und erbarmungslos! Bitte fordere ihn nicht heraus!“ „Warum? Weil er mich sonst tötet? Raphael hat den Befehl für meine Vernichtung sicher bereits gegeben. Vielleicht hast du auch damit Recht und wir zögern das unausweichliche nur hinaus. Möglicherweise steht unser Ende kurz bevor. Doch ich werde nicht einlenken, hörst du? Ich werde kämpfen!“ „Ich mache mir nicht um deinetwillen sorgen. Sophus wird dich töten, aber zu erst wird er Dean Winchester leiden lassen. Bitte vergiss das nie, Dean ist nur ein Mensch und er ist deine größte Schwachstelle. Du kannst nicht Planen ohne ihn mit einzubeziehen und das ist etwas was wir Soldaten nie gelernt haben. Kollateralschäden sind zwar nicht erwünscht aber durchaus akzeptabel. Vergiss das bitte nie!“ Cass schluckte. Die Warnung seines Bruders hatte gesessen und ließ ihn wieder ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurückkommen. Er war immer noch geschwächt und zu dritt von hier zu fliehen würde wohl den Rest seiner Kraft verzehren. Doch er war optimistisch, denn er hatte eine Aufgabe, etwas wofür es sich zu kämpfen lohnte! „Du hast natürlich Recht und ich danke dir für deinen Rat. Aber jetzt zurück zum Thema, was ist es das du von mir willst, bevor du mir all meine Fragen beantwortest?“ „Ein Versprechen, du musst mir ein Versprechen geben!“ Nicht nur Trauer sondern auch eine Spur von Unsicherheit war in diesem letzten Satz zu hören. „Was immer du willst“, versprach Cass deshalb sofort. „Du musst meine Tochter beschützten Castiel, mit allen dir zu Verfügung stehenden Mitteln! Hörst du?“ Cass sah das Kind an, es schlief unruhig und wirkte sehr schwach und zerbrechlich. Als er das kleine Wesen aufhob und ihm seine Hand auf die Brust legte da lächelte Cyriac glücklich. Das Kind erwachte von einem unglaublichen Schmerz der durch den geschwächten Körper jagte. Laut schreiend quittierte es den Schmerz den ihr der Engel bereitete. Denn ihre Rippen Brannten wie Feuer das sie zu verzehren suchte. „Jetzt wird keiner unserer Geschwister sie mehr finden. Sie ist sicher und natürlich verspreche ich dir auf sie auf zu passen. Ich werde sie beschützen!“ „Ich danke dir, von ganzem Herzen. Wohl wissend das du alles tun wirst um dieses Versprechen zu halten. Auch wenn es nicht einfach werden wird. Sie werden euch jagen…sie alle!“ „Warum?“ frage Cass erneut und über das Schreine des Kindes hinweg. Das kleine Mädchen zappelte in seinen Armen und schrie unablässig. Nicht wissend wie er darauf reagieren sollte hob er das Kind hoch um es dem Vater zu übergeben. Der würde sicher wissen wie man ein Kind zu Ruhe brachte, schließlich war es ja das seine. Cyriac machte jedoch keine Anstallten seinem überforderten Bruder das schreiende Kleinkind abzunehmen. Sein Kopf ruhte auf seiner linken Schulter und sein geschundener Körper war in sich zusammen gesackt. Ein Lächeln war auf seinen Lippen zu einer Grimasse ewigen Glückseeligkeit gefroren. Cass musste nicht einmal seine Engelskräfte benutzen um zu wissen das sein Bruder tot war. Kapitel 14: Die Definition des Verlierens… ------------------------------------------ Kapitel 14. Die Definition des Verlierens… …obgleich es nur eine einzelne Schlacht war, änderte die Einstellung eines jeden Soldaten zum eigentlichen Krieg. Cyriacs Leben war beendet und kürte die andere Seite als Sieger. Castiel hatte schon viele Schlachten geschlagen, darunter gingen auch viele an den Feind. Unzählige Auseinandersetzungen waren im Laufe der Jahrtausende verloren worden, doch immer hatte sich danach ein Erzengel erhoben und verkündet, dass mit einer verlorenen Schlacht der Krieg noch nicht beendet sei! Letzten Endes konnte man immer noch als Sieger das Schlachtfeld verlassen, wenn man nur nicht an dem einen Verlust festhalten und stattdessen eher nach vorne Blicken würde. Heute waren erneut die Erzengel die Sieger, und würden ihre Truppen mit eben jenem Gewinn im Rücken bestärken. Diese Schlacht hatten sie eindeutig gewonnen und obwohl nur ein kleiner Sieg demoralisierte es die Verlierer. Das auch noch in mehrerer Hinsicht, denn die andere Seite, der Feind, das war in diesem Falle die eigene Familie. Cass bemühte sich dennoch redlich optimistisch zu bleiben. Schließlich war er noch hier, das Kind lebte – eine hörbare Tatsache – und Dean würde ihm… ihnen helfen, ganz egal was da kam. Mit Dean an seiner Seite hatte er bereits einen Krieg gewonnen! Hatten einzelne Schlachten verloren aber letzten Endes doch den endgültigen Sieg errungen. Damals wie Heute hatte das Opfer gefordert. Viele waren gestorben, gute Menschen deren Verlust von ihren Freunden bedauert und gerächt worden war. Heute hatte ein weiterer Krieg ein neues Opfer gefordert. Warum Cass dieser Tod selbst besonders nahe ging, schob er auf die kurze doch intensive Zeit mit Cyriac. Sie hatten sich nicht wirklich gekannt, aber dafür etwas geteilt was in ihrer Welt so selten und einmalig ist, das es unweigerlich Gefühle des Verlustes mit sich brachte. So trauerte Castiel. Zwar hatte er nie den Tod eines seiner Geschwister mit Gleichgültigkeit bedacht. Immer war ein kurzer, aber stechender Schmerz mit dem Sterben einhergegangen. Dieses Mal war jedoch vieles anders. Wenn er glaubte das ganze wäre mit dem entgegenstellen und dem kämpfen gegen Raphaels nächste Intrige getan gewesen, so hatte er diese Hoffnung nun endgültig eingebüßt. Das hier war keine von Raphaels üblichen, kleinen Boshaftigkeiten. Nein, das war ernst, das war groß, das war Krieg! Er war wieder im Krieg! Ein Blick auf Cyriacs toten Körper und diese Gedanken wurden traurige Gewissheit. Da er wieder nicht alle nötigen Informationen bekommen hatte, war es schwer voraus zu sehen was ihnen bevorstand. Was daher jetzt oberste Priorität besaß, war zurück zu Dean zu kommen und Pläne für die Zukunft zu schmieden. Cass nahm das Kind und bettete es in seine Arme. Streichelte ihm über den Kopf und strich eine widerspenstige Strähne schwarzen Haares zurück. „Sei ruhig, weine nicht mehr“, sprach er behutsam und hätte er mehr Kraft zur Verfügung gehabt, er hätte dem Kind die Schmerzen abgenommen. Doch was ihm an bloßer Kraft fehlte, glich er mit den angeborenen Fähigkeiten eines Engels wieder aus. Seine warmen Hände beruhigten das Kind, seine angenehme Stimme klang malerisch, als er in der alten Sprache seines Volkes eine traurige Weise anstimmte. Seine Gnade, ob wohl sehr geschwächte hüllte sie beide in ein glimmendes, weißes Licht und eh sich Cass versah, war das Mädchen wieder eingeschlafen. Langsam und gequält erhob sich Cass. Das alte Laub und die Feuchtigkeit der Höhle hatten seinem angeschlagenen Zustand nicht verbessert. Der mittlerweile vor Dreck strotzende Trenchcoat war durchnässt und auch seine Hose hatte das viele Wasser am Boden wie ein Schwamm aufgesaugt. Die Schmerzen welche ihm Sophus bei ihrer letzen Begegnung beigebracht hatte, meldeten sich und machten ihm das Gehen schwer. Kaum das er sich gerade halten konnte, drückte er das Kind wieder behutsam an seine warme Brust. Als er sich in der Höhle – war es eine Höhle? – umsah, erkannte er keinen Ausgang. Nur eine schmale Öffnung in der Decke spendete das spärliche Licht in welchem Cass jetzt stand. Also würde er seine Engelsmagie gebrauchen müssen, um von ihr zu verschwinden. Sein Blick löste sich von der Deckenöffnung und glitt zurück zu dem leblosen Körper auf dem Bett aus totem Laub. Er konnte Cyriac nicht einfach hier liegen lassen. Es war ihm irgendwie zuwider jetzt einfach zu gehen. Obwohl man einen Engel nicht bestattete, denn sie starben ja auf ganz andere Weise als es die Menschen taten. Zurück blieb lediglich die tote Hülle, das Leben darin, der Engel verschwand einfach. Löste sich auf, zerstob in tausende Funken und verschwand in der Ewigkeit des Äthers. Cyriac aber war nicht als Engel gestorben und so blieb ein Körper zurück der nicht in die Hände ihrer Geschwister oder gar in die der Dämonen fallen dürfte. Nein, keine der beiden Seiten sollte etwas vom Tod Cyriacs erfahren. Es würde ihnen nur zusätzliche Informationen liefern mit denen sie ohne Zweifel zu arbeiten verstehen würden. Das wollte ihnen Cass nicht zugestehen. Er musste sich ja selbst dis dato die wenigen Informationen die er besaß mühsam zusammenglauben, das sollten ruhig auch die anderen tun. Was bedeutete er würde mit Cyriac und dem Kind von hier verschwinden müssen. Genügend Kraft um die Grotte hier abzuschirmen besaß er momentan nicht. Auch würde der Weg durch das Äther früher oder Später einen Engel direkt hier her führen. So wie es ihm mit der Hilfe seines Bruders gelungen war. Schließlich standen Raphael für die Suche die ganzen himmlischen Armeen zur Verfügung und Zeit spielte für Engel ohnehin keine Rolle. Also weg von hier und zwar sie alle. Castiel sammelte erneut den dürftigen Rest seiner Magie. Ballte ihn in seinem Körper zu einem kleinen Ball und setzte sich dann neben seinen Bruder. Das Kind geschützt auf seinem Arm griff er nach der Schulter seines Bruders. Cass schloss die Augen, konzentrierte sich auf die geformte Magie und ließ sie wieder strömen. Die Höhle verschwand um sie herum, bog sich in alle Richtungen, verzerrte sich. Cass versuchte den vor ihm liegenden Weg in den vorbeihuschenden Schemen nicht zu verlieren, versuchte wach und bei Sinnen zu bleiben, als ihm auch das letzte bisschen Kraft verließ. Erschöpft viel er mit seinen beiden Passagieren zu Boden. Er wollte sich noch aufrichten, sehen wo sie sich befanden, doch er konnte es nicht mehr. Völlig ausgelaugt fielen ihm die Augen zu. Zog ihn die Regeneration tief in die Dunkelheit seines Bewusstseins. Kurz glaubte er noch eine Stimme zu hören, wollte sie sich einprägen, sich des Sprechers bewusst werden…Schwärze… Er spürte eine Hand auf seiner Wange ruhen. Schmale Fingerchen strichen behutsam über seine warme Haut. Die Trance war noch nicht vollendet, seine Kräfte nicht vollständig wiederhergestellt doch erneut vernahm er eine Stimme. Wieder war sie ihm bekannt, unheimlich bekannt. Sie erinnerte ihn an jemanden, aber er vermochte beim besten Willen nicht zu sagen an wen. Sein Geist trieb noch immer in der wohligen Stille der Regeneration und eine innere Stimme drängte er solle weiter schlafen, sich erst ganz erholen. Da vernahm Cass erneut die Stimme und dieses Mal war es ein Lachen. Kein freundliches oder gar ein gutmütiges. Nein, dieser Laut war herablassend und arrogant. Eine tiefe männliche Stimme, lachte sie über ihn? In Cass regte sich ein Instinkt der ihn vor drohender Gefahr warnte. Auf die mahnende Stimme hörend kämpfte er den nebligen Rest seiner Trance zurück und schlug unter gewaltiger Anstrengung die Augen auf. Neben ihm lag das kleine Mädchen und kuschelte sich an seine Brust. Sie hatte offenbar seine Wärme gesucht und schmiegte sich an ihn. Ihre kleine Hand fuhr die Konturen seines Gesichtes nach und offenbar beobachteten die kleinen, dunklen Augen jede seiner Regungen. „Ausgeschlaft? Fragte das Kind in einem so rührend unschuldigen Ton das Cass Herz unweigerlich warm wurde. Die lachende Stimme aus seinem Traum war verschwunden, aber kaum angekommen in der Wirklichkeit konnte er sie zuordnen. Es war Sophus gewesen, den er gehört hatte. Vielleicht nicht real, sondern ein Widerhall aus dem Äther. Wenn Sophus etwas zu lachen hatte, dann war das ein verdammt schlechtes Zeichen. Deshalb hatte ihn wohl sein Instinkt geweckt. Warnend vor einer Gefahr die näher kam, der es zu entrinnen galt. Auch als ausgestoßener Engel – zu was ihm Raphael mit Sicherheit inzwischen gemacht hatte – besaß er noch genügend Engelskräfte um ein guter Soldat in diesem Krieg zu sein. Sich wieder auf das besinnend, was getan werden musste erhob sich Cass. Prüfte ob sein Körper schon jede Bewegung mitmachen würde. Das Kind sah ihm zu, noch immer halb eingewickelt in die feuchten Tücher aus der Höhle. Cyriacs Körper lag im spärlichen Gras. Erst bei Tageslicht schien das ganze Übel seines Bruders offensichtlich. Er war unnatürlich dünn, als hätte er sich die letzten Tage seines Lebens von nichts ernähren können. Ausgezehrt und ohne seiner Kräfte wirkte der zerbrechliche, menschliche Körper so gar nicht nach etwas dem einst ein Engel innewohnte. Geronnenes Blut klebte überall auf seiner Kleidung und erinnerte Cass an das kleine Glasfläschchen. Er bückte sich zu seinem leblosen Bruder und entnahm den kalten Händen die Phiole mit der Gnade. Sachte drehte er sie zwischen seinen Fingern und betrachtete sie lange. Sein Blick war versunken in dem Wirbel aus weißer Energie. Alles was von Cyriac noch übrig geblieben war, alles Leben was Gott ihm einst geschenkt hatte, die Essenz eines Engels, all das hielt er jetzt hier in seiner Hand. Wofür hatte Cyriac sie wohl aufbewahren wollen? Bedauern über den Tod seines Bruders mischte sich mit der Wut darüber, wieder kaum eine seiner Fragen beantwortet bekommen zu haben. Als Cass sich aus der Hocke erhob, schob er die kleine Phiole in seine Innentasche. Dort würde sie sicher sein, bis er wusste was mit ihr zu tun war. Erst jetzt wurde er sich seiner Umgebung bewusst. Nicht ganz da wo er eigentlich hin gewollt hatte, aber immerhin weit genug von der Höhle entfernt um nicht leichte Beute zu sein. Sie waren auf dem Kamm einer Bergkette deren Gipfel noch die letzten Reste von Schnee zierten. Ein nahe gelegener Wasserfall rauschte und stürzte sich tosend den Abhang hinunter. Den Hang hinab kam weiter unten ein Stück Wald, dass am Horizont in Felder und Ackerland überging. Ein kleines Tal schloss an den Fluss, der sein Bett durch Wald und Wiesen grub. Aus dem Talkessel wehte der frische Wind den leichte klang einer Kirchturmglocke den Berg hinauf. Cass war sich nicht sicher wo auf der Erde sich dieses malerische Fleckchen befand, doch schien es ihm als letzte Ruhestätte für seinen Bruder als angemessen. Obgleich dieser Gedanke ihm lächerlich vorkam, aber wenn sein Bruder schon wie ein Mensch gestorben war, dann sollte er auch wie einer begraben werden. Obwohl hier oben wenig Erde für diesen Zweck zu finden war. Die wenigen Büschel Gras, welches aus dem steinigen Untergrund wuchsen, waren dürr und völlig ungeeignet. Also nahm er das Kind und ging Prüfend den Berg ein Stück hinab. Tatsächlich fand er schon bald eine Stelle, die sich als geeignet entpuppte. Halbwegs Regeneriert nutzte er Magie um das Grab auszuheben. Es lag unter einem großen Lindenbaum in dem eine Unmenge Vögel ihre Lieder sangen. Das Leben hier an diesem Ort war zahlreich und stand in einem schönen Kontrast zu dem Toten, den er hier zu Ruhe bettete. Umgeben von der Schönheit und Ruhe, die ihr Vater einst geschaffen. Das Kind saß am Stamm des großen Baumes und wühlte mit zunehmender Begeisterung in der aufgehäuften Erde. Natürlich entzog sich ihrem kindlichen Verständnis der Grund ihrer Anwesenheit und so genoss sie die frische Luft und die ungewohnte Umgebung. Castiel hob den Körper seines Bruders hoch und trug ihn zu Grabe. Zwar hatte der Engel Bücherwissen über menschliche Begräbnisse, aber trotzdem viel es ihm schwer dem ganzen die entsprechende Note zu verleihen. Als er den Toten so in der kalten Erde liegen sah, wünschte er sich wirklich er hätte Blumen. Auch wenn die keinen nennenswerten Sinn erfüllten, schmückten sie doch dies einsame Bild und überschatteten die Kälte und auch die Einsamkeit. Jetzt verstand der Engel zum ersten Mal was Sterben für die Menschen wirklich bedeutete. Eines Tages würde er Dean vielleicht auf dieselbe Art Lebewohl sagen. Dann läge der Körper des Jägers in seinem dunklen Grab und Cass wäre dann für immer allein. Ja, das bedeutete Sterben. Bisher hatte er diesen Gedanken nie bewusst zu Ende gedacht. Aber hier musste er all das an sich heran lassen. Ein weiterer Preis den er würde zahlen müssen, sollte er wirklich für immer an Deans Seite bleiben wollen. Wie um seine beklemmenden Gedanken los zu werden, schüttelte Cass seinen Kopf. Ein freudiger Aufschrei ließ ihn zu dem kleinen Mädchen blicken. Es hatte in der Erde einen Regenwurm entdeckt und begutachtete das sich kringelnde Ding mit kindlicher Faszination. Ihre Hände waren schmutzig und die Erde klebte überall auf der Kleidung, in Gesicht und Haaren. Castiel ging zu ihr, hob das kleine Geschöpf auf seinen Arm und ging zurück zu dem offenen Grab. Das Kind sah hinab auf die friedliche Gestallt, die mit auf der Brust gekreuzten Armen aussah, als würde sie nur schlafen. Bestimmt würde das Kind nichts von alle dem verstehen, trotzdem fühlte sich Cass verpflichtet etwas zu sagen. Das gehörte zu Beerdigungen dazu, zumindest hatte er das gelesen. „Dein Vater hat dich wirklich sehr geliebt. Wahrscheinlich wirst du dich wenn du älter bist nicht einmal an ihn erinnern können. Aber ich verspreche dir, ich werde dir von ihm erzählen. Heute jedoch nehmen wir erst einmal Abschied von ihm, denn wir werden ihn nie wieder sehen. Er ist endgültig von uns gegangen. Unser Vater sagte uns einst, alles was Lebt würde eines Tages vergehen und darüber sollten wir nicht trauern. Wir sollten uns viel eher darüber freuen das es einst war, als zu bedauern das es jetzt nicht mehr ist. Früher glaubte ich diese Worte zu verstehen, doch was genau sie bedeuten wird mir auch erst Heute klar. Dein Vater hat mir vieles gegeben worüber ich nachdenken muss. Er war stark und er war mutig und wollte stets das Beste für euch. Ich hab ihm versprochen dich zu beschützen und dieses Versprechen werde ich einhalten. Leb wohl Cyriac, in unseren Erinnerungen wirst du für immer weiter leben.“ Das Mädchen hatte die unangenehme Stimmung gespürt, die um sie herrschte. Trauer war ihr fremd, und Verlust etwas das sie nicht begreifen konnte. Sie wusste nur das ihr Papa da unten lag und das missfiel ihr. Er sollte hier oben sein, bei ihr und sie in den Arm nehmen so wie er das immer tat. Denn er war warm und an seiner Brust fühlte sie sich sicher und geborgen. Der fremde Mann der sie hielt war ihm zwar ähnlich, doch er roch anders, seine Stimme klang tiefer…er war einfach nicht ihr Papa. Aber warum lag ihr Papa da unten, schlief er? Wann würde er aufwachen und zu ihr kommen? Vielleicht könnte sie ihn ja wecken? Wenn sie nur zu ihm gelangen könnte. Cass wollte bereits die aufgehäufte Erde ins Grab zurück schieben, als er das kleine Mädchen quengeln hörte. Sie streckte ihre kleine, Dreck verkrustete Hand aus und machte in der Luft eine Bewegung als wollte sie etwas greifen. „Daddy“ rief sie mit lauter Stimme. „Daddy auf wacht!“ forderte sie. Mit einem mulmigen Gefühl beobachtete Cass die Szene. Dann griff er nach der Hand des Kindes und das kleine Gesicht wandte sich ihm zu. Große, dunkle Augen musterten ihn und machten diesen Augenblick noch schwerer für ihn. „Dein Daddy wird nicht aufwachen. Er schläft hier und zwar für immer.“ „Nachhause?“ „Nein, wir können nicht nach Hause. Dein Zuhause existiert nicht mehr.“ „Daddy?“ sie blickte wieder in das Grab. Castiel verstand nur zu gut wie es dem Mädchen gerade zumute war. Gut, er hatte die Hintergründe verstanden, aber auch er hatte seinen über alles geliebten Vater verloren. Das zu hören, es zu begreifen war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. Nur langsam war die Nachricht damals in seinen Verstand gesickert und doch hatte er sich lange Zeit geweigert es auch wirklich zu glauben. Weil er es schlicht und einfach nicht hatte glauben wollen. Denn es hatte bedeutet, dass alles was er immer geglaubt hatte eine Lüge gewesen war. Sein Vater liebte ihn doch, ihn und all seine anderen Kinder. Er hatte sie erschaffen, geschaffen um ihm und seiner Herrlichkeit zu diene und Castiel hatte diesen Lebenszweck genauso geliebt wie jeder andere Engel der Schöpfung. Gott zu dienen war ein Privileg und ihm war es zuteil geworden. Wie jedes Kind hatte Castiel nie an der Liebe seines Vaters gezweifelt und hatte stets in seinem Namen gehandelt. Immer wartend gelobt zu werden und mit dem Bestreben den Wünschen und Vorstellungen des perfekten Sohnes zu entsprechen. All dies war mit dem Verschwinden seines Vaters verloren gegangen. Gott hatte aufgehört sich um ihn zu kümmern, war verschwunden und hatte ihn in der Dunkelheit allein gelassen. Verängstigt und verletzt hatte sich Castiel einer Zukunft stellen müssen, die Leblos und ohne jede Hoffnung wirkte. Sein Vater war immer Innhalt seines Lebens gewesen und die bloße Vorstellung ohne ihn weiter machen zu müssen war schrecklich gewesen. Doch es war ihm mit Deans Hilfe gelungen. „Es ist schwer“, sagte er und musterte ebenfalls die Leiche im Grab. „Aber du wirst darüber hinweg kommen. Da ist jemand der dir dabei helfen wird. Er hat auch mir geholfen.“ Dann bewegte er mit einer schiebenden Geste die ganze Erde in das offene Grab. Ein leises Wimmern entrang sich der Kehle des Kindes, als ihr Vater unter der Decke aus Erdreich verschwand. „Lebwohl“ flüsterte Castiel gegen den leichten Wind und dann drehte er sich um und ging. Das Kind schaute über seine Schulter, reckte ihr Händchen zurück und begann zu weinen. Sie wollte nicht weg, nicht ohne ihren Vater. „Daddy“ rief sie zwischen den Schluchzern doch der böse Mann der sie immer noch fest im Arm hielt blieb einfach nicht stehen! So verschwand die Stelle aus ihrem Blickfeld, an dem ihr Vater schlief. Was wenn er sie nicht finden würde sobald er erwachte? Dann wäre sie doch allein! Immer mehr Tränen bahnten sich ihren Weg, je weiter man sie von hier fort brachte. ******* Dean wartete gespannt. Cass hatte sich am Telefon sehr kurz angebunden gezeigt. Den letzten Rest seines Weges hatte er mit unerträglicher Spannung hinter sich gebracht. Gewissenhaft darauf achtend, ob ihm wirklich niemand gefolgt war, spürte er den stechenden Blick des Engels nicht mehr auf sich ruhen. Ob das aber wirkliche Sicherheit bedeutete, vermocht er nur zu hoffen. Jetzt bog er mit seinem Impala auf einen mit Kopfsteinen gepflasterten Parkplatz. Mittlerweile war es früher Morgen und die Sonne würde bald am Horizont zu sehen sein. Das erste leichte Glimmen der warmen Strahlen war bereits zu erkennen und durchbrach die sonst pechschwarze Nacht. Die Luft war warm, als Dean aus dem Auto stieg. Gras und Löwenzähne sprossen zischen dem Kopfsteinpflaster und weckten einen ungepflegten Eindruck. Als Cass angerufen hatte, da war Dean gerade auf einem leeren Highway unterwegs gewesen. Die nächste Ausfahrt hatte er ignoriert, ebenso die übernächste. Dann als eine staubige Ausfahrt auf eine Stadt verwiesen hatte, war er abgebogen. Das Motel lag in einem ruhigen Gewerbegebiet am Stadtrand. Neonreklame wies auf 24 Stunden Check in hin und freie Zimmer. So ging Dean gespannt, müde aber gut gelaunt auf ein blau gestrichenes Häuschen zu, dessen Putz bereits bröckelte und an manchen Stellen schon abgefallen war. Auf der schweren Holztüre stand Rezeption also drückte er sie auf und wurde von dem metallenen Piepen einer Türklingel begrüßt. Dir Rezeption selbst war ein kleiner, düsterer Raum in dem es nach Zigarettenrauch und billigen Duftbäumchen roch. Ein dicker Mann im Metallica T-Shirt und langen, schwarzen Haaren erhob sich von einem seufzenden Bürostuhl, legte ein Magazin in dem er geblättert hatte beiseite und musterte seinen späten Gast. „Hey, ein Zimmer bitte“, grüßte Dean und angelte seinen Geldbeutel aus der Hosentasche. Der Mann hinter dem Tresen grunzte nur, gab ihm ein Klemmbrett und einen Kugelschreiber während er den PC aus seinem Bildschirmschonmodus holte. „Wie lange wollen sie bleiben Mr.…?“ der Mann Zog das Klemmbrett heran, das Dean gerade ausgefüllt hatte und blickte auf den Namen. „Mr. Asada?“ Dean hob und senkte die Schultern. „Mal sehen, ein, zwei Tage bestimmt.“ Wieder erhielt er ein Grunzen als Antwort und der Mann gab die Daten in den Computer ein. Dann fasste er unter die Theke und holte einen Schlüssel aus der Schublade. „Nummer 1“ verkündete er und blickte seinen Gast das erste Mal seit dieser zur Tür hereingekommen war, richtig an. „Haben Sie noch Fragen?“ Dean verneinte. „Gut, sollte was sein können sie jederzeit zu uns kommen. Es ist rund um die Uhr jemand für sie da. Ich bin Andy, also fragen sie ruhig nach mir.“ Das klang wenig ernst gemeint und eher routiniert als aufrichtig. Dean schenkte dem offensichtlich schlecht bezahlten Angestellten trotzdem ein Lächeln. „Danke, schönen Tag noch Andy.“ Wieder an der frischen Luft fühlte sich Dean richtig glücklich. Müde, aber glücklich. Cass würde bald wieder an seiner Seite sein und bestimmt viele Informationen mitbringen. Das Warten auf eine Nachricht seines Engels hatte ihn wirklich sehr gebeutelt. Jetzt wusste er immerhin das Cass wohlauf war. Die Tür von Nummer 1 war ebenso blau wie das Häuschen der Rezeption. Als Dean die Tür aufschloss und das Licht anmachte, verschlug es ihm glatt die Sprache. Die Ausstattung dieses Zimmers war in sämtlichen Blautönen gehalten, die er je gesehen hatte - und ein paar mehr. Die Farbe wirkte in dem kleinen Raum so erdrückend, dass er am liebsten gleich wieder kehrt gemacht hätte. Aber was spielte es letzten Endes für eine Rolle? Kein Motelzimmer gehörte zu den Räumen die man gerne bewohnte. Schließlich hatte er im laufe seines Jägerlebens schon viele solcher Zimmer gesehen. Manche waren nett, andere sogar gemütlich aber die meisten waren renovierungsbedürftig oder schlicht daneben. Wie das hier. Man hatte sich zwar an ein Motto beim einrichten gehalten, aber Blau war einfach kein Argument, auch wenn sie konsequent dabei gewesen waren. Wieder mit den Schultern zuckend warf Dean seine Tasche auf die blaue Couch und schaltete die lackierte, dunkelblaue Klimaanlage ein. Die ging überraschend gut und als nächstes stellte er Bier in dem schrecklich hellblauen Kühlschrank kalt. Eigentlich hatte er ja aufbleiben wollen, aber kaum hatte er sich in die türkisen Laken des alten Bettes gelegt, war er auch schon eingeschlafen. Der Müdigkeit ihren Tribut zollend, erwachte Dean erst als er das bekannte Geräusch von flatternden Flügeln vernahm. Aus alter Gewohnheit zog der sein Messer und überrascht das es bereits Tag hell war, blinzelte er gegen das grelle Licht. Seine Augen tränten und doch erkannte er die vertraute Gestallt. Cass stand – wieder in sauberen Klamotten – im Zimmer. In einer Hand hielt er eine braune Tüte von der aus ein verführerischer Duft von glasierten Süßkram und Kaffee ausging und auf dem anderen Arme hielt er ein Kind. Dean wischte sich die Feuchtigkeit aus den Augen aber als er erneut hin sah, war da immer noch ein Kind auf den Armen seines Engels. Das kleine Mädchen von den Fotos sah ihn aus verweinten, dunklen Augen an. Castiel streckte dem Menscheln die Tüte entgegen. „Guten Morgen Dean, hier ist dein Frühstück.“ Kapitel 15: „Warum?“… --------------------- Kapitel 15. „Warum?“… Cass legte seinen Kopf leicht schräg und musterte den ziemlich zerzaust wirkenden Dean. Dieser schüttelte den Kopf, legte das Messer auf dem Nachtkästchen ab und wuschelte sich dann mit beiden Händen durch seine kurzen Haare. „Warum was, Dean?“ fragte Cass da dieser keine Anstallten machte sich zu erklären. Dean blickte auf, sah Cass durchdringend an und ließ seinen Blick dann zu dem Kind schweifen. „Du hast das Kind gefunden?“ „Ja das hab ich und…“ Dean unterbrach ihn barsch. „Du hast das Kind gefunden und bist dann einfach noch schnell in einer Bäckerei vorbei geflogen um mir Frühstück zu bringen?“ Jetzt wirkte Cass leicht verwirrt. Was sollte er darauf denn bitte sagen? Natürlich war ein Ja die korrekte Antwort, aber das konnte Dean doch selbst erkennen. Also warum dann überhaupt diese Frage? Bestimmt steckte da noch etwas anderes dahinter, irgendwas das wieder nur Menschen verstanden. Daher entschied er sich dafür die Situation zu entschärfen. Zwar hatte er geglaubt dem Menschen schon beim letzten Mal mit dem Frühstück eine Freude gemacht zu haben, aber er könnte sich ja auch geirrt haben, oder? Nein, er hatte deutlich Deans Gefühlsausbruch gespürt, vielleicht lag sein Fehler darin diese emotionale Regung mit der Geste des Frühstück mitbringen zu verbinden. „Sagtest du nicht ich solle dir von jetzt an jeden Morgen Frühstück mitbringen? Laut der Definition des Wortes ist jetzt Morgen, weil du gerade aufgewacht bist.“ Die Naivität dieser Aussage ließ Dean lachen. Hatte Cass das wirklich ernst genommen? Natürlich war Dean glücklich, er bekam von seinem Engel Frühstück. Cass hatte wirklich all ihre Probleme hinten angestellt und hatte ihm was zu Essen mitgebracht. Als zählten in diesem Moment keine sie jagenden Engel, noch die verschlagenen Dämonen die auf ihre Gelegenheit warteten. Was jetzt und hier zählte war einfach nur diese Geste. Einerseits weil Dean es sich so gewünscht hatte und andererseits weil Cass wusste, das er Dean damit glücklich machen konnte und sei es nur für einen kurzen Augenblick. Das reichte ihm schon, dieses kurze aufflammen von Zufriedenheit in Deans Aura machte auch ihn glücklich. Was also sollte daran verkehrt sein? Nichts. Nichts war verkehrt, alles war in diesem einen, stillen Augenblick absolut perfekt. Zumindest bis zu der Minute in der das kleine Mädchen zu weinen begann. Zwei Augenpaare richteten sich auf das Kind. Es wischte sich die Tränen mit ihren kleinen, zu Fäusten geballten Händen aus den Augenwinkeln. Dean und Cass sahen sich an. In ihrer beider Blicke lag Verwirrung und ein Hauch von Ahnungslosigkeit. Zum Glück für alle Beteiligten erklärte sich das Mädchen mit einer Geste. Sie reckte eine Hand und versuchte die Tüte mit dem Frühstück zu erreichen. Cass hatte das Mädchen zwar vollständig geheilt, bevor er mit ihr zu Dean gekommen war, aber einen knurrenden Magen vermochte auch Engelsmagie nicht zu kurieren. Dean erhob sich vom Bett und nahm Cass die Tüte aus der Hand. Große, dunkel Augen musterten ihn und jede seiner Bewegungen. Als befürchte das Kind er könnte das ganze Frühstück alleine aufessen, ohne ihr etwas abzugeben. Da Cass aber ohnehin kein Einschätzungsvermögen für den menschlichen Appetit besaß, war genügend Essen in der Tüte um sie beide satt werden zu lassen. „Dann wollen wir mal Frühstücken“, verkündete er bestens gelaunt und ging zum Tisch. Er breitete die Leckereien auf dem Plastiktischtuch aus, dessen dunkelblauer Grundton mit hellblauen Blümchen verziert war. Mit einem Messer schnitt er alles klein und ließ sich dann auf dem Stuhl nieder. Auffordernd streckte er Cass seine Arme entgegen und dieser übergab ihm das Kind. Kaum saß es auf dem Schoß des Jägers, griff es auch schon nach einem Stück des Schmalzkringels und steckte ihn sich in den Mund. Dean der das kleine Mädchen herz allerliebste fand – eine Tatsache die er öffentlich stets abstreiten würde – schob den Rest in Reichweite der Kinderhände und begann ebenfalls zu essen. Cass fand diese Szene sehr interessant. Er hatte sich viele von Deans Reaktionen vorgestellt, aber diese hier war keines seiner Szenarien gewesen. Realistisch betrachtet war sie ja auch unwahrscheinlich gewesen, aber dafür auch besser als alles was der Engel zu hoffen gewagt hatte. So setzte er sich neben die Beiden und beobachtete sie aufmerksam. Das kleine Mädchen schien offenbar nichts gegen Dean zu haben. Vielleicht war aber auch das Essen interessanter als der Typ, welcher es mit ihr Teilte. „Halt, nicht so viel auf einmal“ kommentierte Dean den Versuch des Kindes, zwei Stück auf einmal in den Mund zu schieben. Er hielt das kleine Händchen fest, sah das Mädchen an und befahl, „erst runterschlucken.“ Das Kind tat wie ihm geheißen und schon war der nächste Bissen in ihrem Mund. „Schling nichts so, du musst das ordentlich kauen“, ermahnte Dean das Kind erneut. Auch wenn die Engel und Dämonen gerade überhaupt nicht in die Szene passen wollten, so wusste Cass das dieses kleine Idyll nicht von langer Dauer sein konnte. So räusperte er sich und als er Deans Aufmerksamkeit bekam, - nicht die volle Aufmerksamkeit, denn mit einem Auge schien der Jäger weiterhin über das Essverhalten des Kindes zu wachen – erzählte er ihm was seit ihrer Trennung im Bisbee alles geschehen war. Auch das Treffen mit Sophus im Lagerhaus erwähnte er, ließ aber die Machtdemonstration seines Bruders außen vor und erzählte nur das wichtigste und keine der gefährlichen Einzelheiten. Deans Stimmung schlug immer rasend schnell um, wenn es um eine Gefahr ging, die der Engel seiner Meinung nach auf die leichte Schulter nahm. Das er sich mit seinem letzten Plan wieder ein wenig überschätzt hatte, wollte er daher nicht erwähnen. Sophus hatte ihn ja schon darauf aufmerksam gemacht. Noch einmal würde er sich solche eine Leichtsinnigkeit daher nicht erlauben. „Wie hast du eigentlich den Engel abgehängt, der an meinem Hintern klebte“, fragte Dean mit vollem Mund. „Das war leicht, ich hab nur eine falsche Spur gelegt von der ich wusste, dass er ihr folgen würde. Für ihn muss es wie ein Fehler meinerseits gewirkt haben, der meinen Aufenthaltsort preisgab. Natürlich bestand die Möglichkeit einer List, aber ich kenne meine Geschwister und ich kenne die Befehle des Himmels. Der Engel hatte gar keine andere Wahl als darauf zu reagieren.“ „Hm“, noch immer kauend betrachtete Dean eines der hellblauen Blümchen auf der Tischdecke, über das die Kirschfüllung des Krapfens getropft war. „Irgendwie bezweifle ich das wir damit aus dem Schneider sind.“ Wahrscheinlich hatte Dean Recht, musste der Engel denken. Timotheus würde ihre Fährte schon bald wieder aufgenommen haben. Vielleicht sollte er einen Schutzzauber über den Impala legen? Jetzt war er ja wieder bei Kräften und schaden würde es sicher nicht. Es war zwar nur eine Übergangslösung, aber solange sie nicht genau wussten, wie ihr weiteres Vorgehen aussah, war es einen Versuch wert. „Also zusammengefasst haben wir einen toten Engel, der aber nicht als Engels in diesem Sinne gestorben ist, weil er seine Gnade entfernt und dir übergeben hat.“ Cass nickte zustimmend. „Des weiteren haben wir jetzt das Weißenkind und wir wissen das er Himmel es tot sehen will.“ „Auch das ist korrekt.“ „Und?“ „Und was, Dean?“ wieder verstand der Engel nicht was er jetzt erwidern sollte. Was erwartete Dean auf solch eine Frage? „Ich meine die ganzen ungeklärten Fragen, hat dir dein Bruder keine davon beantwortet? Du sagtest doch ihr hättet euch unterhalten. Worüber denn?“ Auch darauf wusste Cass nichts zu sagen. Er wollte Cyriacs Geschichte nicht weitererzählen, vor allem nicht Dean. Er brauchte selbst erst noch ein wenig Zeit um mit sich ins reine zu kommen. Würde er Dean jetzt alles erzählen, würde das bedeuten sich machen Dingen stellen zu müssen. Was wenn ihm Dean eine Frage stellen würde, die er nicht beantworten konnte, oder wollte? Ja das würde mit Sicherheit noch mal ein unangenehmes Gespräch geben. Dafür war er noch nicht bereit und dafür war jetzt auch nicht die Zeit. „Ich sagte dir doch mein Bruder war sehr geschwächt. Wir finden schon noch heraus was wir wissen müssen, die Zeit wird uns gewogen sein. Nur sollten wir fürs erste von der Bildfläche verschwinden. Wir müssen immerhin Himmel und Hölle aus dem Weg gehen und…“ Das Klingeln von Deans Handy unterbrach sie. Als er gerade aufstehen und es vom Nachttisch holen wollte, machte Cass eine Handbewegung und im nächsten Augenblick lag das Gerät vor Dean auf dem Tisch. Der schenkte dem Engel ein verschmitztes Lächeln. Es gefiel im wenn Cass seine Magie für solchen Kleinkram benutzte. Denn würde er über Cass Fähigkeiten verfügen, dann würde er auch nie wieder für etwas aufstehen. Auf dem Display stand in großen Buchstaben BOBBY. „Hey“ grüßte er daher freundlich und hoffte die Freundlichkeit würde von der anderen Seite aus erwidert. Da hatte er sich allerdings getäuscht. „Was macht ihr zwei Idioten eigentlich?“ schimpfte der ältere Jäger aufgebracht. Lärm war im Hintergrund zu hören und Dean wusste nicht so recht, ob er wissen wollte woher Bobbys schlechte Laune kam. „Ach weißt du was, sag es mir lieber nicht. Ich will es gar nicht wissen. Sonst kaust du mir vielleicht wieder ein Ohr ab und damit du es weißt, mehr als die Kurzversion eines neuen Jobs will ich nie wieder von dir hören. Zumindest nicht am Telefon!“ „Ja“, kam es gedehnt von Dean. „Rufst du an um mir das zu sagen?“ „Nein, natürlich nicht“, blaffte Bobby zurück. „Ich ruf an weil ich gerade Besuch bekommen hab.“ „Besuch?“ „Ja, unangemeldeter Besuch! Ein verfluchter Dämon hat bei mir vorbei geschaut! Würdest du mir bitte erklären warum?“ Cass konnte in der Veränderung von Deans Mimik erkennen, dass sein Gespräch eine ernste Wendung genommen hatte. „Ein Dämon? Hat er dir was getan, ich meine geht’s dir gut?“ Die Besorgnis in Deans Stimme rührte Bobby und ließ seine schlechte Laune ein wenig verfliegen. „Ja mir geht’s gut“, versicherte er seinem Jungen. „Was wollte er?“ fragte Dean und konnte hören wie Bobby im Hintergrund eine Flasche Bier öffnete. „So direkt hab ich ihn das nicht gefragt. Er suchte nach Cass und Dir.“ Dean sah zu Cass hinüber und hielt das Telefon ein wenig zur Seite. „Ein Dämon ist bei Bobby aufgetaucht der nach uns sucht“, berichtete er aufgebracht. „Vielleicht einer mit denen wir eine Begegnung in Ninas Haus hatten. Für sie verlor sich die Spur des Kindes dort, ihnen muss klar gewesen sein das wir etwas gefunden haben.“ „Zumindest hofften sie es und das reichte ihnen offensichtlich als Anhaltspunkt um Bobby auf die Nerven zu gehen.“ Dean näherte sich wieder dem Lautsprecher. „Hat der Dämon wirklich nur nach uns gefragt? Ich meine ist den kein noch so kleines Detail darüber gefallen warum er uns sucht? Wir verstehen das ganze auch noch nicht so recht, weißt du.“ „Was du nicht sagst!“ kommentierte Bobby jetzt wieder in Angriffslaune. „Wieso kommt ihr beiden Genies nicht einfach hier her und fragt den Dämon selber?“ Jetzt war Dean baff. Cass konnte erneut die Veränderung im Mienenspiel seines Gegenübers erkennen. Besorgnis wich eindeutig Verwirrung und für einen Moment musste der Jäger nach den passenden, nächsten Worten suchen. „Du…der Dämon ist immer noch bei dir?“ „Ja, er sitzt mit mir auf der Couch und trinkt ein Bier! Verdammt Junge, ich hab ihn erledigt und gefesselt. Er hängt hier in einer Teufelsfalle also wenn ihr Fragen habt, vielleicht bekommt ihr was aus ihm heraus.“ Erneut spiegelten sich Emotionen im Gesicht des jungen Jägers und wieder dauerte es eine Weile bis er antwortete. „Bobby?“ „Hm?“ „Du bist großartig!“ Wieder verrauchte Bobbys Wut und wenn er ehrlich war, er schimpfte zwar ab und an mit Dean, aber Böse war er dem Jungen eigentlich nie. Er würde Dean zwar nicht sagen, das seine Wut nur aus Sorge resultierte und auch meistens gespielt ernst war. Wenn es das brauchte um den Jungen wach zu rütteln und ihn hin und wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte, oder ihm damit eine ganz und gar blöde Idee austrieb, dann war das doch ein Erfolg. Er schimpfte ja nicht gerne, aber damit konnte er wenigstens seine Sorge um Dean kundtun. Besonders nach Sams Tod war das sehr wichtig gewesen. Das hatte sie beide getroffen, mehr als sie sich je eingestehen würden. Dean brauchte eine helfende Hand und auch eine starke Schulter die ihm Sicherheit und Schutz versprach. Auch wenn er sich dessen selbst nicht bewusst war. Daher hatte Dean der Tod seines Vaters damals auch dementsprechend getroffen. Seit diesem Tag war Bobby an seiner Seite und das würde er bis zu seinem eigenen Tod auch bleiben. Er liebte Dean, der Junge war aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken. Ja, wäre er nicht der Mann der er war, dann würde er Dean das auch sagen. Aber Jäger waren einfach keine sehr gefühlvollen Menschen. Schließlich hatte jeder so ein traumatisches Erlebnis in seinen tiefsten Erinnerungen versteckt, das einen einst normalen Menschen in den Beruf eines Jägers trieb. Man ließ danach Gefühle einfach nicht mehr so an sich heran. Auch anderen Menschen gegenüber benahm man sich ab diesem Zeitpunkt anders. Meist aus dem Wunsch heraus sie zu beschützen. Wenn man erst einmal wusste was es alles an Bösem auf der Welt gab, das hinter jedem Busch, in jedem Schatten etwas lauerte, dann veränderte einen das. Machte notgedrungen Hart und Herzlos, denn vieles was man in dem Job als Jäger vorgesetzt bekam, war traumatisch und sonst nicht machbar. Bobby hörte wie Dean sich am anderen Ende mit Castiel unterhielt. Offenbar war der Fall den der Engel zusammen mit Dean bearbeitete nicht gerade ein Zuckerschlecken. Er war zwar nicht auf dem neusten Stand, aber das letzte was Dean ihm erzählt hatte war, das Cass einen seiner Brüder suchte, der aus dem Himmel verschwunden war. Warum ein Engel aus dem Himmel verschwand, das wusste Bobby nicht. Er konnte sich ein paar Gründe denken, aber sich in das Leben und Denken eines Engels hineinzuversetzen das konnte er beim besten Willen nicht. Vielleicht hatten sie den Abtrünnigen gefunden. Bobby blickte, noch immer das Telefon am Ohr, hinüber zu dem fest verschnürten Dämon in der Teufelsfalle. Er hatte ihn an einen Küchenstuhl gefesselt und dabei alle Register gezogen. Das zusammen mit der Falle würde keiner dieser schwarzäugigen Hurensöhne überwinden können. Die Anwesenheit eines Dämons der nach Dean und Cass suchte, das bedeutete zweifelsohne dass die Beiden da in was Großes und Gefährliches rein getreten waren. „Also gut, Bobby. Cass wird gleich bei dir vorbeikommen und sich um den Dämon kümmern.“ Konnte er Deans Stimme aus dem Telefon vernehmen. „Haltet mich auf dem Laufenden!“ hörte er Dean noch rufen. Da war schon das bekannte Flattern und Bobby drehte sich herum und blickte in die blauen Augen des Engels. Dean jammerte immer noch am anderen Ende der Leitung, man möge ihn auf dem Laufenden halten. Bobby knallte ihm nur noch ein kurzes „ja, ja“ hin, dann legte er auf. „Hallo Bobby“, grüßte der Engel. Sein Blick war jedoch bereits auf den gefesselten Dämon gerichtet und so konnte er das Augenrollen seines Gastgebers nicht sehen. Der Engel würde wohl nie alle Höflichkeitsfloskeln erlernen können, die ihm helfen würden um sich etwas menschlicher zu geben. Wahrscheinlich legte er auch keinen Wert darauf, weder auf die für ihn sinnlosen Floskeln noch die Menschlichkeit. „Hast du Weihwasser da?“ fragte der Engel der sich jetzt neben den Dämon stellte. „Was für eine Frage!“ empörte sich Bobby und reichte ihm einen Plastikkanister. „Würde es dir was ausmachen mich auf den neusten Stand zu bringen? Worin seid ihr jetzt wieder hinein geraten? Schon wieder so eine Himmel-Hölle-Streit Nummer?“ Cass löste seinen Blick von dem Gefangenen und sah wieder zu Bobby der mit verschränkten Armen außerhalb des Pentagramms stand und offenbar nicht glücklich mit der aktuellen Situation wirkte. Ob es der Dämon war der ihm die schlechte Stimmung beschert hatte oder war es doch die Sorge um Dean? Der Engel wusste natürlich wie viel dem griesgrämigen, alten Jäger der jüngere bedeutete. So was konnten Menschen vor einem Engel einfach nicht verbärgen. „Die Dämonen suchen ein Kind.“ „Ein Kind?“ Bobby ahnte böses. „Einen Nephilim. Er ist im Moment bei Dean.“ Bobby hob verblüfft eine Augenbraue und wartete darauf, dass der Engel weiter sprach. Der umrundete den Dämon und öffnete dann den Kanister. „Himmel und Hölle suchen nach dem Mädchen. Warum Raphael ihren Tod befohlen hat ist mir klar, doch was sich die Dämonen davon versprechen, das werden wir hoffentlich jetzt erfahren.“ Mit diesen Worten schüttete Cass einen Schwall Wasser über den bewusstlosen Gefangenen. Der erwachte mit einem lauten Schrei und begann gegen seine Fesseln zu kämpfen. ******* „Warum hab ich bloß Bier im Kühlschrank? Das wirft irgendwie doch ein falsches Licht auf mich!“ verteidigte sich Dean. Obwohl es dem kleinen Mädchen, das hinter ihm am Boden saß, sicher völlig egal war. Das Mädchen war ziemlich ruhig, fast schüchtern ihm gegenüber. Wahrscheinlich war sie mit der neuen Umgebung und den ganzen neuen Gesichtern ein wenig überfordert. Erst Cass, jetzt Dean und nirgends ein Zeichen von ihren Eltern. So was traumatisierte kleine Kinder durchaus. Dean hatte nichts bei sich, das auch nur irgendwie Kindgerecht war. Da Cass versprochen hatte auf das Kind aufzupassen, würde er in dieser Hinsicht etwas ändern müssen. So durchstöberte er das Angebot an bereitgestellten Getränken im Kühlschrank, holte eine Dose irgendeines namelosen Softdrinks heraus und las die Inhaltsangabe. Über den Zuckergehalt machte er sich jetzt nicht die größten Gedanken, aber zumindest sollte kein Koffein drin sein. Somit wurde dieser Cola-Verschnitt kategorisch abgelehnt, das nächste war Dosenkaffee und das übernächste Grapefruitsaft. Wenn man den mit Wasser mischte, war er vielleicht nicht zu bitter für die Geschmacksnerven der Kleinen. Leider hatte er hier in diesem kleinen Zimmer nicht mal ein Glas. Aber der noch unbenützte und separat verpackte Zahnputzbecher würde den gleichen Zweck erfüllen. Dean ging ins Bad und der Blick des Mädchens folgte ihm. Er sollte sie dringend mal nach ihrem Namen fragen, Cass hatte dieses winzige Detail nämlich nicht erwähn. Kaum das Dean im Bad war, hörte er das Geräusch von Flügeln. Cass war also schon zurück? Im gleichen Augenblick fing das Kind draußen an zu weinen und das schien ihm ein schlechtes Zeichen. Völlig unbewaffnet und ohne groß nachzudenken stürmte Dean wieder in den Raum. Vor ihm stand ein Mann den er sofort wieder erkannte. Es war der Engel der neben seinem Impala auf Cass und ihn gewartet hatte und den er auch an der Tankstelle gesehen hatte. In Lauerstellung standen sich beide gegenüber. In der Mitte saß das Mädchen, noch immer weinend. „Wer bist du?“ fragte Dean und versuchte nicht so verloren zu wirken wie er sich fühlte. „Ich bin nicht dein Feind“, versprach der Engel und ein weiters mal an diesem Tag konnte man Dean seine Überraschung deutlich ansehen. Ob er wohl glauben konnte, was dieser Engel ihm gerade versprach? Kapitel 16: „Exorcizamus te,… ----------------------------- Kapitel 16. „Exorcizamus te,… …omnis immunde spiritus, omnis santanica potestas“, rezitierte Castiel und ein schmerzhafter, monströser Schrei begleitete seine Worte. Könnten Wände reden, dann würde das Haus von Bobby Singer vieles zu erzählen wissen. Meist trauriges, oder schreckliches aber auch viele Geschichten von Hoffnung und Vertrauen wären tief eingebrannt, bis in die Grundmauern. Tapeten verziert mit seltsamen Symbolen, in den dunkelsten Ecken versteckte Hexenbeutel, Talismane und Zauber waren in dem alten Haus verteilt, verwoben mit der Substanz an sich, machten sie es zu einem sicheren Hafen für jeden Sturm. Wäre den Hausbewohnern klar, wie vieles von dem was sie in ihrem täglichen Leben taten, Abdrücke in ihren 4 Wänden hinterließ, dann wären sie mit dem was sie sagten und taten wohl umsichtiger gewesen. Wie oft war in diesem Raum schon ein Exorzismus ausgesprochen worden? Mit weißer Farbe ein großes Pentagramm auf den dunklen Holzboden gemalt worden? Hier in diesem Raum stapelten sich Bücher, viele davon älter als das Haus und seine Bewohner zusammen. Geschrieben in Sprachen längst vergangener Zeiten, von Menschen die ihm Mahlstrom der Geschichte längst verschwunden waren. Bücher nicht nur angefüllt mit Wissen, sondern auch mit Macht. Macht gebannt auf Papyrus gleiches Blatt und gebunden in schweres, altes Leder. Erdacht vor Jahrhunderten, verdammt und verehrt von jeder kommenden Generation, weiter gereicht von Jäger zu Jäger, von Sammler zu Sammler. Begehrt von jedem der Wissen suchte, sich Macht erhoffte und den seine Träume über den Rand der wirklichen Welt hinaus zu tragen imstande waren. Inmitten dieser jahrhunderte alter Macht, umgeben von den Geheimnissen jahrtausende alter Meister stand im 21. Jahrhundert ein alter Jäger und ein Engel gemeinsam um einen gefangenen Dämon herum. Ein starker menschlicher Körper, beschmutzt mit einem unreinen Geist. Schwarze Augen blickten unter den langen Strähnen des braunen Haares zu seinen Peinigern auf, während er zischend und stöhnend Luft in seine Lungen zog. Die schmerzen des Exorzismus nagten an der alten, der Hölle zugedachten Seele. Castiel konnte es deutlich sehen, wie das schwarz der teuflischen Seele waberte, versuchte sich in dem lebenden, atmenden Körper eines Unschuldigen fest zu krallen. Jedes weitere Wort ließ den Dämon erzittern, schmerze ihn und rang ihm alles an Kraft ab, das er besaß. Lange würde er sich nicht mehr halten könne, dann würde ihn die Worte Gottes aus dem Leib des unschuldigen Spülen und er würde zurückgeschickt in die Tiefen der Hölle. „Omis incursio infernalis adversarii, omnis legio…“ Wieder zerriss ein gellender Schrei die Luft. Die gefesselte Gestallt krümmte sich unter den Schmerzen. Zufrieden mit seiner Arbeit blieb der Engel dicht neben dem Stuhl stehen. Er sagte nichts, beobachtete seinen Gefangenen nur von oben herab und ließ ihn die Macht spüren, die ihm gegenüber stand. Das er sich mit einem Engel anlegen müsste, damit hatte dieser billige Diener der Hölle sicher nicht gerechnet. Er war schwach, nicht mehr als ein Laufbursche. Für Bobby Singer daher ein Leichtes Spiel. Schließlich war der Jäger erfahren genug und ob es sich Castiel eingestehen wollte oder nicht, Bobby überraschte ihn durch aus öfters mit Wissen, welches er keinem Menschen zugetraut hätte. So abgekämpft und müde der alte Mann auch manches Mal wirken mochte, er trug des Wissen und die Macht der Jahrhunderte mit sich. Das machte ihn zu einem starken Verbündeten und einen wahrlich gefährlichen Gegner, den man lieber nicht unterschätzen sollte. Cass hob seine Hand, griff nach dem Kinn des Dämonen und drehte dessen Gesicht zu sich. „Sprich!“ forderte er seinen Gefangenen auf. „Verrate mir was ich wissen will und ich lasse dich laufen.“ „Du wirst mich in die Hölle zurück schicken“, kam es zwischen zusammengebissenen Zähnen als Antwort. „Besser die Hölle als das endgültige Beenden deiner Existenz oder siehst du das anders?“ „Wenn ich zurückkehre, dann wird mein Boss mich töten. Er wird wissen das ich euch und eurer Folter nachgegeben habe.“ Auf Cass Lippen erschien ein leichtes aber böses Lächeln. „Glaubst du ich werde dir deinen Tod schenken, Dämon? Ich bin ein Engel, ich habe eine menge Ideen auch wenn man uns diese Kreativität nicht zutraut.“ Der Dämon biss sich auf die Lippen. Er glaubte dem Engel, und war als Diner der Hölle der Gnade eines Engels ausgeliefert zu sein nicht gefährlicher als das, was Crowley mit ihm machen würde? Egal was da kam, sein Ende war ohnehin besiegelt. Jetzt ging es nur darum so schmerzfrei wie möglich aus der Sache raus zu kommen. „Wenn ich rede, dir deine Fragen alle beantworte…“ „Dann werde ich dich im Gegenzug schnell und schmerzfrei hinrichten“, beendete der Engel diesen Satz. „Ganz im Gegensatz zu deinen Kollegen da unten, die erst noch ihren Spaß mit dir haben werden. Darin besteht der Unterschied zwischen euch und uns. Wir haben hieran keinen Spaß, wir tun das weil es notwendig ist. Also, bist du mit der Bedingung einverstanden?“ Der Dämon schluckte, sein Blick suchte den Raum ab, traf auf Bobby und wusste sogleich, dass er von dem Jäger keinerlei Mitgefühl erhalten würde. Die Ränder der Teufelsfalle besah er sich gründlich, doch auch hier war kein entkommen. Als sein Blick wieder auf dem amüsierten Gesicht des Engels haftete, wusste er was zu tun war. Keiner in diesem Raum hatte etwas zu verlieren und am wenigsten dieser Engel… „Was möchtest du wissen?“ Cass ließ sich den Sieg nicht anmerken, der Hauch des Lächelnd der eben noch seine Mundwinkel umspiel hatte, war weg und sein Pokervase wieder perfekt. Er legte die Hände verschränkt auf seinem Rücken ab und umrundete den Gefangenen in unheilvollem Schweigen. „Wer hat dich geschickt?“ „Crowley“ „Was genau war deine Aufgabe?“ „Ich sollte den Aufenthaltsort von Dean Winchester herausfinden.“ „Richte deinem Boss aus, er kann mich mal!“ schimpfte Bobby dazwischen. Die schwarzen Augen des Dämons wanderten zu dem Menschen. Der stand immer noch außerhalb des Pentagramms und wirkte so verärgert wie neugierig. „Du würdest dich wundern“, lachte der Dämon und bleckte seine Zähne zu einem gackernden Laut. „Mein Boss mag dich, er hat befohlen dir nichts zu tun. Also ich meine nichts tödliches, ein wenig Foltern für die nötigen Infos wäre schon drin gewesen.“ Bobby schien sichtlich überrascht von dieser Offenbarung, Castiel weniger. Er kannte Bobbys potenzial, die Macht des Wissens über die er waltete. Außerdem mochte der Dämon Bobbys Art, Einstellung und Denkweise. Solange Crowley den Menschen interessant fand und glaubte ihn noch gebrauchen zu können, solange würde der neue Boss der Hölle Bobbys Leben nicht einfach beenden. Aber das gehörte nicht zu den Informationen die sich Castiel wünschte. „Warum sucht ihr nach Dean? Was will Crowley von ihm?“ Die Aufmerksamkeit des Dämon kehrte mit dem strengen Blick aus den schwarzen Augen wieder zu Cass zurück. „Er ist uns egal, wir wollten nur seine Informationen oder die deinen, das war meinem Boss egal. Er will das Kind, um jeden Preis.“ Jetzt wurde das ganze Interessant. „Warum?“ Wieder gab der Dämon einen gackernden Laut von sich, „du weißt das wirklich nicht?“ frage er über die Unwissenheit des Engels belustigt. „Dabei hat der Himmel es doch auch gehört! Warum hat man dich nicht eingeweiht? Bist du vielleicht auch nur ein dummer, kleiner Handlanger der keine Ahnung vom großen Plan seines Bosses hat?“ „Omnis congregatio et secta diabolica…“ sprach Cass weiter. Äußerlich ungerührt von den Worten des Dämonen, aber innerlich angegriffen und verwundert. Sein Gespür war bestätigt worden, alles was er von Anfang an befürchtet hatte…da steckte also doch was Größeres dahinter. Der Himmel sammelte nicht seien Truppen nur um ein Kleinkind zu bekämpfen. Die Schreie ignorierend, die sein Gefangener machte, fragte er weiter. „Was will Crowley von dem Kind?“ „Vielleicht will er es töten, nach dem was der alte Mann prophezeit hat. Ich weiß es nicht!“, spuckte der Dämon die Wörter aus und versuchte die Kontrolle über seinen Wirt zurück zu bekommen. Er versuchte vergebens zu verbergen, dass er mehr wusste als er preisgab. Alter Mann? …alles wäre gut gegangen wenn nicht dieser alte Mann gewesen wäre… Die Worte seines Bruders kamen Cass wieder in den Sinn. War es möglich das sich beide auf denselben alten Mann bezogen? Hatte Cyriac im Himmel etwas mitbekommen dessen Auswirkungen bis hinab in die Hölle geklungen hatten? „Ja dieser alte Mann aus Jerusalem.“ „Sprich weiter!“ befahl Cass. Innerlich kochend und sich doch zu Ruhe mahnend, lauschte er etwas, das sein Leben für immer verändern sollte. „Ein blinder Mann, bettelarm sitzt er auf der Straße und hofft auf die Gnade der Menschen und der Gottes. Wir hatten ihn schon länger im Blick, er sprach über die Apokalypse und er irrte sich nie. All seine Prophezeiungen gingen in Erfüllung und jetzt steht zu befürchten, dass auch seine neue Verkündung sich bewahrheitet.“ „Was hat der Mann vorhergesagt?“ fragte Bobby, der jetzt auch Feuer und Flamme wirkte. „Er sprach von der neuen Welt, eine Welt die sich erheben wird, jetzt da die Apokalypse verhindert wurde. Nennen wir es einfach Gottes Plan B. Offenbar war das scheitern der Apokalypse nicht direkt geplant, aber für Gott auch nichts all zu neues. Vielleicht hatte er sogar damit gerechnet. Wer weiß, die Bibel hat sich geirrt, das heißt nicht das Gott das auch getan hat.“ „Was genau hat der Mann vorhergesagt?“ fragte Cass erneut und dieses Mal in einem strengeren Ton. Ihm war jetzt ganz egal was die Anwesenden von seiner mangelnden Geduld hielten Er wollte jetzt endlich die ganze Geschichte hören! „Der Mann erzählte von einem Kind das geboren wurde. Ein Kind zweier Welten, genauer gesagt einen Nephilim. Doch dieses Kind wäre nicht wie die anderen vor ihm. Nein, er prophezeite das dieses Kind zu einem Engel würde, doch einem der auf Erden heranwächst. Das würde ihn prägen und aus diesem Kind würde der stärkste Engel der Schöpfung hervorgehen.“ Diesen Worten folgte von allen Seiten ein langes, nachdenkliches Schweigen. „Das heißt Crowley macht sich Sorgen um seinen Arsch, weil irgendwann ein super Engel auftauchen und ihm in den Allerwertesten treten könnte?“ fragte Bobby mit zweifelnd gehobener Augenbraue. „Man sagt dieses Kind würde eine neue Ära des Friedens einleiten. Es vermag der Erde und dem Himmel gleichermaßen den ersehnten Frieden zu bringen. Klingt nicht ganz nach unserem Geschmack, meinst du nicht?“ kam es fragend von dem Dämon. Bobby nickte, „ja aber warum macht ihr euch die Hände schmutzig? Offenbar will der Himmel das Kind auch tot sehen, also warum nicht einfach warten bis die Engel euch die Arbeit abgenommen haben?“ „Idiot“ spie der Dämon aus. „Keiner sagt das wir das Kind töten wollen.“ „Das glaub ich auch“, meldete sich Cass wieder zu Wort. Er spürte das der Dämon jetzt wirklich die ganze Wahrheit sprach. „Ein so mächtiges Kind wäre ein guter Verbündeter gegen den Himmel. Schließlich ist es ein künftiger Engel, ihn von Dämonen unterweisen und somit als Waffe gegen den Himmel auszubilden wäre sicher in Crowleys Interesse.“ Der Engel und der Jäger musterten sich. Sie glaubten den Worten des Dämons, aber wo würde sie das hinführen? Gab es wirklich eine Ära des Friedens für alle? War sie etwa gar ein Geschenk Gottes, der sich froh darüber zeigte, dass die Welt von seinen Kindern nicht zu Grunde gerichtet worden war? Was auch immer die Zukunft bringen würde, das Kind hatte jetzt schon mächtige Feinde. Schweigen herrschte im Haus von Bobby Singer, als der Engel Castiel zu dem Gefangen schritt, seine Hand auf dessen Stirn legte und ihm seine Gnade in den Körper fließen ließ. Das helle, reine weiß erhellte auch die dunkelste Stelle der Seele. Reinigte das schwarz und treib das Böse aus. Der Dämon schrie, als sich seine Seele im Licht der Erlösung verlor und für immer auseinander stob um in Nichts der Unendlichkeit verloren zu gehen. ******* „Du bist also nicht mein Feind? Freut mich das zu hören. Würde es dir dann was ausmachen, wenn ich dich bitte zu gehen?“ fragte Dean und tastete vorsichtig nach dem Fläschchen mit der Gnade. Cass hatte es ihm gegeben und es steckte in seiner hinteren Hosentasche. Vielleicht hatte dieser Engel es ja gerade auf die Gnade seines toten Bruders abgesehen? „Ich werde gehen, jedoch mit dem Kind.“ „So läuft das nicht, Freundchen“, konterte Dean. Er hoffte das man ihm seine Unsicherheit nicht all zu sehr ansah. Vielleicht halfen ja die flapsigen Sprüche es zu überdecken? „Warum willst du so einem süßen, kleinen Ding überhaupt etwas antun? Es kann doch nicht gefährlich sein, es ist ja nur ein Kind. Gut, es ist ein Nephilim und ihr wollt sicher verhindern, dass noch mehr Engel auf die Idee kommen, ihre Gene mit den Menschen zu vermischen. Daher müsst ihr wohl so hart vorgehen, aber könnt ihr nicht einmal eine Ausnahme machen?“ Hoffnungsvoll blickte Dean den Engel an. „Du verstehst das nicht, ich möchte dieses Kind nicht töten.“ „Ehrlich?“ seine Überraschung darüber konnte Dean nicht unterdrücken. „Dann ist das nur ein Höflichkeitsbesuch um deiner kleinen Nichte mal Hallo zu sagen?“ „Du begreifst wirklich nicht. Ich möchte das Kind nicht töten, aber es ist nun mal mein Befehl. Ich bin ein guter Sohn, ich gehorche. Immer.“ Dean verdrehte die Augen. Diese ganze >guter Sohn< Nummer ging ihm langsam auf die Nerven. „Weißt du, ich…“ „Spar dir dein Gerede. Auf mich hast du keinen solchen Einfluss wie auf Castiel.“ Erneut verblüfft von einer Aussage des Engels blieben Dean seine nächsten Worte im Hals stecken. Warum sollte er Einfluss auf Cass haben? Er hatte ihm doch stets nur die Wahrheit gesagt, zwar nackt und ungeschminkt aber auch nicht mehr, oder? „Mein Bruder und du, ihr seid verbunden. Du hast das ausgenutzt und Zweifel in ihm geschürt. Das wird dir bei mir nicht gelingen. Ich habe meine Befehle und ich führe sie aus. Sei dankbar.“ „Wofür?“ rief Dean wütend. Der Engel hatte ihm zwar viel Stoff zum nachdenken gegeben, jetzt hieß es aber erst einmal sich auf das Geschehen hier zu konzentrieren. „Raphael hat mich dazu auserkoren das Kind zu suchen und zu töten. Den Engel den er hinter dem Verräter Castiel hergeschickt hat, ist weit gefährlicher als ich es je sein werde. Sophus kennt kein Erbarmen und er hätte dich bereits in dem Moment getötet, in dem du den Raum betreten hattest. Er würde seine Zeit nicht mit einem Gespräch verschwenden, also sei dankbar.“ Dean schluckte. Das waren wahrlich keine guten Aussichten, ob Cass auf sich acht gab? „Jetzt geh und überlass mir das Kind!“ forderte der Engel und kam einen Schritt näher. In seiner Verzweiflung griff Dean an. Der Engel hatte nicht damit gerechnet und so schaffte es der Jäger, den Angreifer aus dem Gleichgewicht zu bringen. Aber dieser kleine Sieg brachte Dean nichts, er wollte zwar das Kind hohlen, mit ihm fliehen doch der Engel war schneller. Er packte ihn am Kragen und hob ihn mühelos hoch. Das nächste was Dean spürte war Schmerz der ihn durchzuckte. Der Engel hatte ihn gegen die Wand geworfen und kaum das Dean wieder klar sah, war der Angreifer auch schon wieder vor ihm. Packte erneut nach dem Kragen und der Stoff des Shirts gab ein ächzendes Geräusch von sich. Erneut in die Luft gehoben drückte ihn der Engel jetzt mit voller Kraft gegen die Wand. Sein Kopf schlug hart auf und der Sauerstoffmangel ließ ihn Sternchen sehen. „Du bist wirklich undankbar“, hörte er die Stimme des Engels dicht an seinem Ohr. „Eigentlich wollte ich dich nicht töten. Ich hätte dir und Castiel noch ein wenig Zeit zusammen geschenkt. Solange bis Sophus euch gefunden und es beendet hätte. Doch du musstest dich währen.“ Bei Dean gingen langsam die Lichter aus. Sein Körper wurde schwer und plötzlich bemerkte er es! Das Pulsieren der Gnade in seiner Tasche. Mit tauben Fingern tastete er danach und trotz der zittrigen Finger bekam er die Phiole frei. Der Engel bemerkte zu spät was im Begriff war zu geschehen. Dean gelang es mit dem letzten Rest an Kraft den Verschluss zu öffnen und einer inneren Stimme folgend, warf er das kleine Fläschchen in die Richtung des Kindes. Dieses saß noch immer weinend neben der Tür zum Badezimmer. Die Phiole landete vor den Füßen des Kindes und als ob es die Lebensenergie ihres Vaters darin spüren könnte, griff es danach. Jetzt hatte auch der Engel die Situation ganz begriffen, er ließ Dean los, der hart zu Boden viel. Ein lautes „Nein!“ drang an seine Ohren und verzweifelt mühte er sich seine Augen offen und auf das geschehen fixiert zu halten. Timotheus hatte nie etwas gegen Castiel oder Cyriac gehabt. Das alles war nichts persönliches, nur Befehle. Er hätte diesem Menschen und seinem Bruder gerne noch etwas Zeit gelassen, sie war ohnehin begrenzt. Er wollte auch das Kind nicht töten, auch hier war einzig ein Befehl der Urheber seiner Anwesenheit. Jetzt sah er jedoch all seine Befehle in sich zusammenbrechen, wie ein Kartenhaus nach einem Windstoß. Der Mensch hatte die Gnade von Cyriac besessen und sie dem Kind zugeworfen. So konnte Timotheus nur noch hilflos mit ansehen, wie das Kind danach griff und wie sich das weiße Licht in den kleinen Körper drängte. Das hatte er nicht gewollt, das würde alles nur noch komplizierte machen! Das würde Raphaels Zorn erst richtig entfachen und nur die Hölle wusste, was das wirklich bedeutete! Hatte die Prophezeiung Recht? Was brachte ihnen die Zukunft das Raphael es so zu fürchten schien? Jegliche weitere Gedanken gingen verloren, denn in diesem Moment erstrahlte das volle Potenzial der Gnade im Körper des Mädchens und Timotheus spürte, wie ihn die Macht die einst Cyriac inne wohnte, von hier vertrieb. Dean konnte nur schwach erkenne, was geschah. Erst als sich das Licht ausbreitete, begriff er was passierte. Das letzte was er bewusst tat, war seine Augen zu verschließen, die Hand darüber zu legen um nicht geblendet zu werden. Er konnte sich nur zu gut an Annas zweite Engelsgeburt erinnern und so wusste er was geschehen würde. Das Licht war blendend, doch nicht unangenehm. Es war warm und friedlich und erinnerte ihn irgendwie an Cass. Sein letzter wacher Gedanke war bei seinem Engel. Ob es ihm gut ging oder hatte dieser fiese Engel namens Sophus ihn bereits gefunden? Nicht wissend, dass er hier und heute die Weichen für ihr aller Schicksal gestellt hatte, verlor Dean das Bewusstsein. Kapitel 17: Blendend hell… -------------------------- Kapitel 17. Blendend hell… …strahlte das Licht eines Engels viel weiter, als die Menschen es vermutlich je geglaubt hätte. Es drang mit seiner Intensität in jeden noch so kleinen Winkel der Erde und flutete den Himmel ebenso wie die Hölle. Auch wenn die Dämonen das Licht nicht deuten konnten, jeder Engel der Schöpfung aber spürte die Erschütterung des Äthers, als sich ein neues Leben von Gott geschaffen, formte. Das Kind war zwar nicht mit dieser Gnade zu einem Lebewesen geformt worden, auch bestand ihr Körpern nicht aus der puren Energie wie das bei Engeln der Fall war, dennoch richtete die Aufnahme der Gnade einiges in ihr an. Plötzlich war Wissen in ihrem Kopf, viel Wissen und Macht. Pure Macht aber auch etwas anderes, etwas Warmes und tröstendes. Alles was von ihrem Vater geblieben war, lebte nunmehr in seiner Gnade und damit in ihr weiter. Das Gefühl die Hand des Vaters auf ihrer Schulter ruhen zu spüren, würde sie von jetzt an begleiten. Ein gutes Gefühl, eines das ihr Sicherheit versprach. Das warme Licht waberte noch immer unruhig in ihr, strömte in ihr Blut und durch jede Zelle des Körpers. Eigentlich war das eine Belastung, die für einen menschlichen Körper übermäßig war und zu dessen Zerstörung führen würde, aber sie war auch zur Hälfte ein Engel. So rebellierte ihr Körper, doch er blieb intakt. Verband sich unwiderruflich mit der Gnade Gottes und schenkte einem unsicheren, noch sehr, sehr jungen Mädchen ein neues Leben. Nur ganz langsam verblasste das Licht um sie, zog sich ganz in ihr Innerstes zurück. Dann war alles wieder normal. Der schöne, warme Sommertag lächelte zum Fenster herein. Das Zimmer war ruhig, ein wenig unordentlich aufgrund des Kampfes und der Geburt des neuen Engels. Der Mann mit dem sie vor kurzen noch gefrühstückt hatte, lag am Boden und rührte sich nicht. Aber er lebte, das konnte man deutlich spüren. Seine Lebensenergie floss stet durch ihn hindurch, seine Aura war aufgebracht und beunruhigt von der Bewusstlosigkeit überrascht worden. Der Mann kämpfte, selbst jetzt. Sie war beeindruckt. Kein Wunder also das Castiel potenzial in dem Jäger sah. Castiel, man konnte deutlich sein Kommen spüren. Sie erhob sich, während das Geräusch der Flügel die Ankunft des anderen Engels verriet. „Hallo“ grüßte sie mit ihrem kindlichen Stimmchen. Lange betrachteten sie die blauen Augen des Ankömmlings still. Dann kam er auf sie zu, beugte sich zu ihr herab und legte prüfend eine Hand auf ihre Stirn. „Die Gnade war von Anfang an für dich bestimmt“, stellte er fest. „Sie hat sich auf eine Weise mit dir verbunden wie ich es noch nie gesehen oder gar vermutet hätte. Sag mir, hast du die Erinnerungen an die Prophezeiung?“ Ein Nicken kam als Antwort. Castiel erhob sich wieder, drehte sich um und schritt zu Dean. Sank neben dem zusammengebrochenen Körper auf die Knie und drehte ihn herum. Da! Da war etwas! Es schien seltsam und in seiner Intensität überraschend aber sie konnte es mir den Augen eines Engels jetzt deutlich erkennen. Da herrschte eine Verbindung zwischen diesen Seelen. Die Seele des Engels hatte den Menschen berührt, ihn zu einem Teil von sich werden lassen. Zwischen den Beiden konnte sie ein Band erkennen, viel stärker als es je hätte werden dürfen. Es ging über das normale Maß, welches die Engel kannten und akzeptierten, weit hinaus. Es bestand nicht nur aufgrund eines Auftrages, nein, ihr Band war mit Emotionen verstärkt und zu einem starken Vertrauensverhältnis verwoben. Wahrscheinlich war es das Wissen ihres Vaters das hier zu ihr sprach, aber mit einem Mal wusste sie, dass eben so ein Band einst auch ihre Eltern verbunden hatte. Cass erkannte zu seiner Erleichterung das Dean nicht schwer verletzt war. Doch als er das Gesicht des Menschen so betrachtete, die Sorge erkannte die er um Deans Gesundheit stets in sich spürte…da wurde ihm zum ersten Mal bewusst wie recht Cyriac mit vielen Dingen gehabt hatte. Das was ihn mit Dean verband, das war so viel mehr! Es war Leid und Schmerz aber auch Hoffnung und Geborgenheit…es war Liebe. Jetzt saß er hier, irgendwo in einem Motelzimmer auf einem billigen Teppich und Deans Kopf ruhte auf seinen Knien. Am liebsten würde er für immer hier bleiben, auch wenn es nur ein billiges Motel nach dem anderen wäre, was ihnen die Zukunft brachte. Egal das der Himmel auf ihn wartete, was spielte das Leben dort schon für eine Rolle solange Dean nicht bei ihm war? Keine. Er wollte nicht weg und doch war es jetzt seine einzige Option. Die Macht welche dem Mädchen bereits jetzt, kurz nach der Vereinigung inne wohnte war überwältigend und erschreckend zugleich. Jetzt wussten sie zwar warum die Dämonen das Kind suchten, aber die Bewehgründe des Himmels lagen immer noch im Dunkeln. Zunächst würden sie sich verstecken müssen…für eine sehr, sehr lange Zeit. Der Kopf auf Cass Schoß bewegte sich und mit einem Ruck richtete sich Dean auf! Sprang ungeschickt auf die Beine, als erwarte er sogleich wieder angegriffen zu werden. Cass erhob sich, stützte den unsicheren Jäger und hinderte ihn daran, wieder zu Boden zu gehen. „Dean, ganz ruhig. Es ist alles okay.“ Ein wenig Zeit brauchte der Jäger noch, bis sein Geist wieder ganz ins Geschehen gefunden hatte. Er suchte mit wirrem Blick das ganze Zimmer ab, der dann auf dem Mädchen ruhen blieb. Wieder einige denkwürdige Minuten später begriff Dean, dass Cass ihn immer noch in einer stützenden Umarmung hielt. Obwohl mittlerweile keine Gefahr mehr bestand, er würde wieder das Bewusststein verlieren, hatte ihn der Engel noch nicht losgelassen. Die Wärme der Engelshände drang durch den Stoff seines Shirts und brachte die Haut darunter zum kribbeln. Erst jetzt richtete er seinen Blick auf das Gesicht von Castiel, das seinem gefährlich nahe war. Er wusste das er den Engel zurechtweisen sollte, dessen Hände von seinem Körper schieben und ihn wieder einmal an die Abstandsregel zu erinnern, die sie ganz zu Beginn ihrer Freundschaft aufgestellt hatten. Aber im Moment ging es Dean gar nicht so sehr um den persönlichen Freiraum. Deshalb ließ er Cass wo er war und fragte stattdessen: „Was ist passiert?“ Cass erfreute sich an der Tatsache, dass Dean ihn nicht von sich stieß. Eine seiner Hände ruhte immer noch auf Deans Rücken, die andere lag lose um dessen Hüften. Der Jäger war ihm dadurch sehr nah, er konnte dessen unverwechselbaren Duft riechen. So viele Detail strömten auf ihn ein, als hätte das eingestehen seiner tiefsten Gefühle eine Schleuse geöffnet und das Wasser all seiner Empfindungen überflutete ihn jetzt. Fast hätte er sich in seiner Sinnflut an neuen und ungewohnten Empfindungen verloren, doch Deans fragender Gesichtsausdruck erinnerte ihn an etwas. Richtig, er sollte antworten. „Einer meiner Brüder hat euch angegriffen.“ „Das weiß ich selbst“ kam es mit sarkastischem Unterton von Dean. „Ich meine, was jetzt? Was hast du herausgefunden?“ Sich der kleinen Zuhörerin im Raum gar nicht mehr bewusst, spitzte diese jetzt besonders ihre Ohren. Sie wollte ebenfalls hören was Castiel herausgefunden hatte. Auch war die Frage wie es weitergehen sollte, eine berechtigte. „Die Dämonen suchen nach dem Kind, Crowley hat ebenfalls von der Prophezeiung gehört.“ „Halt, ganz langsam!“ befahl Dean. „Welche Prophezeiung?“ So berichtete Cass, von dem Dämon, von Crowleys Plänen und der Frage warum der Himmel nicht gewillt war, den jungen Engel als einen der ihren zu akzeptieren. Als er geendet hatte, befreite sich Dean nun doch aus Cass Armen und ließ sich auf dem Bett nieder. Putz war während des Kampfes von der Wand gebröckelt, wahrscheinlich als der Engel Dean dagegen geworfen hatte. Die kleinen, weiß-blauen Bröckchen waren überall auf der Bettdecke verteilt. Doch Dean interessierte das alles gerade überhaupt nicht. Währe schließlich nicht das erste Zimmer, für dessen Renovierung er würde aufkommen müssen. Der Engel betrachtet den schweigenden Jäger. Blieb unbeweglich vor dem Bett stehen und schenkte dem Menschen etwas Zeit, all die Informationen zu verarbeiten. „Was jetzt?“ Dean hatte diese Frage gestellt, ohne Cass anzusehen. Viel mehr haftete sein Blick auf einem großen Brocken Putz zu seinen Füßen. Als Cass nicht sofort antwortete, sah er aber dann doch auf. Ihre Blicke trafen sich, hielten sich für einen Moment lang fest, ehe Dean zu dem Mädchen sah, das ebenso stumm auf die Antwort wartete. „Ich werde mein Versprechen halten. Es war Cyriacs letzter Wunsch und solange ich nicht verstehe warum Raphael so reagiert wie er es tut, sollten wir von hier fort gehen.“ „Verstehe“, murmelte Dean. „Hab ohnehin nicht ausgepackt.“ „Du verstehest nicht, Dean. Du kannst nicht mit uns kommen.“ Die Stimme des Engels war ruhig, doch innerlich bebte er. Schließlich war er sich bewusst, was eine lange, räumliche Trennung von Dean für ihn bedeuten würde. Diesen Schmerz kannte er ja nur zu gut. Cyriacs Worten nach war genau das Liebe. Das Leid das ihn peinigte, wann immer er alleine war. Geheilt konnte es nur von Dean werden, dieser ewige Schmerz würde nur dann verschwinden, wenn er sich dem Menschen aus tiefstem Herzen hingab. So wie Cyriac bei Nina. „Was soll das heißen, hä? Willst du mich zurücklassen damit ich dir kein Klotz am Bein sein kann?“ Deans Stimme war voller Wut, gepaart mit Verzweiflung. Cass sollte nicht gehen! Er durfte nicht! Sie hatten sich doch gerade erst wieder zusammen gerauft und jetzt wollte der Engel wieder verschwinden? Dabei wünschte sich Dean nichts mehr als das sie für immer hätten so weitermachen können. Morgens gemeinsam erwachen, Frühstücken, einen kleinen Job erledigen…warum ging das denn nicht? War dieser einfache Wunsch schon zu viel verlangt? „Nein Dean, ich will dich nicht zurücklassen!“ Cass setzte sich neben ihn. „Du bist kein Klotz am Bein, das müsstest du inzwischen wissen. Auch das ich dich nicht verlassen möchte, aber uns bleibt keine andere Wahl. Das Kind zu verbärgen hat jetzt oberste Priorität.“ „Das versteh ich“, gestand Dean ein. „Aber für wie lange wirst du weg sein?“ „So lange bis sie reif genug ist ihrer Bestimmung zu folgen.“ „Klingt nach einer Ewigkeit…“ flüsterte Dean. „Warum kann ich nicht mit?“ Was Cass jetzt sagte, viel ihm sehr schwer. Besonders da Dean unter der Trennungsvorstellung ebenso zu leiden schien. „Hier gibt es keinen sicheren Ort für uns. Ich kann dir nicht sagen wohin wir gehen, das wäre zu gefährlich, denn sie werden kommen, Dean. Dämonen wie Engel. Sie werden dich Ausfragen, in deinen Träumen nach mir suchen, im schlimmsten Falle dich sogar bedrohen. Aber merken sie erst das ich dir nichts gesagt haben, dann wirst du dein Leben in ruhe weiterleben können. „Allein?“ „Bobby wird immer für dich da sein.“ „Ich weiß, aber das meinte ich nicht.“ Dean drehte den Kopf und spürte dabei einen sengenden Schmerz in seinem Genick. Der Angreifer war wirklich nicht zimperlich gewesen, die Schmerzen würden ihn bestimmt noch einige Tage lang quälen. „Ich will nicht das du gehst, ich will nicht wieder allein sein! In meinen Träumen sehe ich Sam, wie er in der Hölle schmort und mich dafür verantwortlich macht! Weißt du, damals als ich in der Hölle gelandet bin, ich hab nach Sam gerufen! Ich wollte das er mich hört, mir hilft…obwohl ich es ihm selbst verboten hatte seine Seele für meine Freiheit zu opfern. Und jetzt…jetzt sitzt er da unten fest. Es wäre sein gutes Recht mir deshalb Vorwürfe zu machen, verstehst du?“ Dean schluckte schwer, kämpfte die aufkommenden Gefühle nieder. „Du bist daran nicht Schuld gewesen. Schuldgefühle sind normal, aber du musst dich nicht derart quälen. Das würde Sam bestimmt nicht wollen. Er wollte das du lebst, genau wie du es ihn damals versprechen ließest. Und ich will auch das du lebst, Dean. Du hast so hart dafür gearbeitet, so viele Schlachten geschlagen. Das hier allerdings ist meine Schlacht. Was immer meine Geschwister vor mir verbärgen, du wurdest da nur meinetwegen mit hinein gezogen. Ruh dich aus, genieße dein Leben solange wie du kannst. Eines Tages sehen wir uns wieder.“ „Eines Tages? Und was dann?“ Cass griff nach Deans Hand, die sich in die Bettdecke gegraben hatte. „Dann werde ich bei dir bleiben, bis zum Ende“, versprach der Engel. Dean spürte wie sich die warmen Finger um seine Faust schlossen. Wieder kämpfte er gegen seine Gefühle, versuchte seine Stimme fest, und entschlossen klingen zu lassen. „Du meist bis zu meinem Tod?“ „Ja“ „Sehen wir uns im Jenseits wieder?“ Cass seufzte, „ich kann dich besuchen, aber ich darf mich nicht in dein Paradies einmischen. Was immer du sehen wirst, ich kann es nur insgeheim mit dir teilen, mehr ist mir nicht gestattet.“ „Dann heißt es jetzt Abschied nehmen?“ Verdammt, seine Stimme zitterte doch! „Ja, das heißt es wohl.“ Cass erhob sich. Dean mied seinen Blick, denn gerade wollte und konnte er ihn nicht ansehen. Wie er diese aussagekräftigen, blauen Augen vermissen würde, in denen das leichte glimmen der Gnade so wunderbar leuchtete. Natürlich verstand er das ganze, wusste was auf dem Spiel stand und warum Cass so handelte wie er es tat. Es wäre nicht fair gewesen zu behaupten, Cass wäre an der jetzigen Situation schuld. Einzig und allein der Himmel war verantwortlich zu machen! Raphael, dieser Mistkerl nahm ihm seinen Engel. Glückwunsch, er hatte es tatsächlich geschafft…und dann trennten sie sich auch noch ohne Kampf und im vollen Einverständnis. Im Himmel würde sich Raphael jetzt bestimmt königlich darüber Amüsieren. „Dean, ich…“ begann Castiel und stoppte dann wieder. „Ich bin nicht gut in so etwas. Abschied zu nehmen, das musste ich noch nie. Aber wie versprochen, wir werden uns wieder sehen.“ Wieder kam eine Pause zustande und Cass dachte angestrengt nach, wie er sich jetzt am besten zu verhalten hatte. Dean sah ihn immer noch nicht an. Er konnte doch jetzt nicht einfach gehen. Zwar wäre das sein üblicheres Vorgehen gewesen, einfach zu verschwinden, aber das fühlte sich so falsch an. Dean hatte sich schon mehr als einmal darüber beschwert. „Ich bin mir nicht sicher wie Abschiede funktionieren. Sagt man einfach nur Leb wohl oder verbindet ihr Menschen diesen Moment mit einer Geste?“ Dean sprang förmlich vom Bett auf, packte Cass am losen Kragen des Trenchcoats und zog ihn zu sich. Schlang seine Arme um den steifen und verwirrten Engel und drückte ihn fest an sich. Nach anfänglichem Zögern, legte auch Cass seine Arme um den Körper des Menschen. Diese Geste gefiel ihm, auch wenn sie zum Leb wohl sagen gehörte. Obwohl, gehörte sie nicht auch zur Begrüßung? Wenn er Dean wieder sah, dann würden sie diese Geste wiederholen, dann wäre er ihm wieder so nahe wie jetzt! Darauf freute sich Castiel jetzt schon. Die Minuten zogen sich zu einer Ewigkeit. Dean wollte Cass nicht mehr loslassen. Alles was er ihm sagen wollte und doch nicht konnte, das versuchte er hier in diese unbeholfene Geste zu stecken. Hoffend das sein Engel verstand. Dieser löste sich aber viel zu schnell wieder von ihm. „Wir müssen jetzt wirklich gehen, je länger wir bleiben, desto kleiner wird der Vorsprung vor unseren Verfolgern.“ Cass ging zu dem Mädchen, hob es hoch und konzentrierte sich. Das war er vor hatte war kein einfacher Transport von einem Ort zum andern. Nein, dorthin wo sie jetzt gehen würden, das war so weit weg und das nicht nur im räumlichen Sinne. Dean zögerte, wollte gerade seinen Mund öffnen und noch etwas sagen. Etwas wichtiges, dessen Sinn sich in seinem Geist aber nicht zu Worten formen lassen wollte. Er sah Cass mit dem Rücken zu sich stehen, streckte ihm die Hand entgegen und kaum hatte er auch nur einmal geblinzelt, war er allein. ******* „Hey Bobby“, grüßte Dean und schob sich durch die Haustür. Der versuchte gar nicht erst den Jungen aufzuhalten, sondern warf mit einem unterdrückten Seufzer die Tür zu. Wenn Dean in so gereizter Stimmung war, dann ließ man ihn besser in Ruhe. Das Telefonat hatte ohnehin schon seine Befürchtungen bestätigt. Dean hatte mit Details gegeizt, was er ihm nicht übel nehmen konnte. Schließlich hatte er ihn das letzte Mal genau dafür angeschnauzt. Er folgte Dean ins Haus und fand ihn in der Küche. Ein Glas in der rechten und eine Flasche Bourbon in der linken. „So schlimm?“ fragte er den Jungen und setzte sich an den Küchentisch. Dean machte keine Anstallten sich zu ihm zu setzen. Bobby drängte ihn nicht, er ließ ihm alle Zeit der Welt, irgendwann würde er schon von sich aus antworten. „Er ist weg“, kam es tatsächlich nach Minuten des Schweigens und drei weiteren Schluck Whisky. Bobby wusste nicht so recht von wem er jetzt redete. „Wer?“ fragte er deshalb. „Die Langversion nicht mehr am Telefon, das heißt nicht das ich gar keine Informationen von dir brauche. Setzt dich, erzähl mir alles genau und dann reden wir darüber.“ Überraschenderweise gehorchte Dean, zog sich einen Stuhl heran, ließ sich schwer darauf fallen und goss sich einen kräftigen Schluck der goldenen Flüssigkeit ins Glas. Langsam begann er zu erzählen, sogar über seine Alpträume sprach er. Das erste Auftauchen von Cass nach so langer Zeit, wie sie überhaupt auf die Spur des Kindes gekommen waren und was es mit den Engeln auf sich hatte. Als die ganze Geschichte erzählt war, hatte sich die angebrochene Flasche bereits zwei Finger breit bis zum Boden geleert. Bobby schwieg lange, nicht nur die Geschichte brauchte verdauen, sondern auch das kümmerliche Etwas das hier neben ihm saß. „Ich weiß dass dich das ganze mitnimmt. Cass und du, ihr habt eine ganze Menge zusammen durchgemacht, weiß Gott, der Engel ist Familie.“ „Er konnte nicht anders, verstehst du?“ „Verstehen ja“, brummte Bobby, „aber deshalb muss ich es nicht für gut befinden.“ Wieder seufzte er, laut dieses mal und klopfte Dean auf die Schulter. „Vielleicht seht ihr das Beide zu schwarz. Wer weiß, vielleicht steht er schon in einem Monat wieder auf der Matte. Die Welt verändert sich dauernd, der Himmel schmiedet seine Pläne und wir kennen Crowley, auch der wird nicht untätig bleiben. Der jetzt so großartig aussehende Plan mag morgen schon nicht mehr ideal wirken. Kopf hoch Junge, die Hoffnung solltest du heute noch nicht begraben.“ Kaum eine Stunde später war die Flasche komplett leer und Dean auf dem Sofa eingeschlafen. Bobby musterte ihn besorgt und beschloss bei dem traurigen Anblick feierlich, in nächster Zeit keinen Alkohol einzukaufen. Er wollte den Jungen ja nicht zu etwas dummen verführen und ihm selbst würde eine Trockenperiode auch nicht schaden. Bobby stieß sich vom Türrahmen ab, holte eine Decke und breitete sie über Dean. Der Junge tat ihm leid. Erst Sam, jetzt Castiel…doch bei dem Verlust des Engels steckte noch etwas anderes dahinter. Etwas das sich Dean bestimmt noch nicht eingestanden hatte und dessen Existenz auch für Bobby ein harter Brocken gewesen war. Aber er hatte ihn geschluckt und im Nachhinein war es gar nicht so schlimm gekommen wie befürchtet. Sie waren Jäger, ihr Leben konnte nicht normal verlaufen. Die Sehnsucht darin war Teil des Jobs. Glück für all diejenigen, die ihr Leben mit einem anderen Jäger teilen konnte. Warum nicht auch mit einem Engel? Was war so falsch daran sich in einen zu verlieben? Liebe war nie einfach, mit einem Engel vielleicht noch ein wenig schwieriger, aber das spielte keine Rolle. Er verstand den Jungen, den Wunsch tief ihn ihm geliebt und gehalten zu werden. All das hätte ihm der Engel vielleicht sogar bieten können, doch jetzt war das vorbei. Ihre Wege hatten sich getrennt und wer wusste schon wann sie einander wieder finden würden. Ja, Liebesschmerz war bitter und es würde lange dauern bis sich Dean damit arrangieren würde. Vielleicht kam er auch niemals darüber hinweg… Besorgt musterte Bobby den Schlafenden, bevor er die leere Flasche verräumte und zu Bett ging. Sein Entschluss Dean aus diesem Jammertal zu erretten war natürlich gefasst. Jetzt hieß es für sie beide erst einmal Kraft in einer erholsamen Nacht zu tanken. Der morgige Tag würde zermürbend und anstrengend werde. ******* Castiel schief nicht, Engel brauchten keinen Schlaf. Er lag einfach nur da, die Augen geschlossen und dachte an Dean. Seit einem Monat erst waren sie hier und er vermisste den Jäger bereits schmerzhaft. Erschwerend kam hinzu, dass das Leben hier nicht gerade leicht für ihn war. Er hatte ein abgelegenes, kleines Dorf gefunden. Politisch unwichtig und weit ab von Kirche und Engeln. Der Winter stand vor der Tür, was das für russische Verhältnisse bedeutete, wusste Cass nicht. Nur das die Dörfler fleißig waren und versuchten sich auf diese raue Jahreszeit vorzubereiten. Zumindest mit all dem, was im 12. Jahrhundert nach Christi Geburt in dieser Hinsicht möglich war. Daher lag er auf seinem Bett, in einer Hütte die er mit seiner eigenen Hände arbeit erbaut hatte. Kein bisschen Magie hatte er zu Hilfe genommen. Zu groß war das Risiko sich zu verraten, nicht nur vor den Menschen, sondern auch vor seinen Geschwistern. Die suchten bestimmt überall nach ihm und so ein sicheres Versteck war die Vergangenheit dann auch wieder nicht. Sie würden die Zeiten öfters wechseln müssen, würden kreuz und quer durch die Geschichte gehen und jeden Ort suchen, der sie vor den Engeln würde eine Weile verbergen können. Jetzt waren sie hier erst einmal sicher. Neben ihm ruhte das Mädchen, auch sie schlief nicht. Aber sie sollte es lernen. Zumindest den Schein zu waren gehörte dazu. Daher ging er mit gutem Beispiel voran. Die Ausbildung der Engelskräfte war nur ein kleiner Teil. Wie hatte doch die Prophezeiung so schön gesagt: Ein Engel der auf Erden heranwächst, das würde ihn prägen und zu dem stärksten Engel der Schöpfung machen. Nur so konnte sie Frieden für Himmel und Erde bringen. Deshalb warne sie hier, in einem kleinen Dorf in dem sie unter Menschen lebten, jeden Tag. Sie arbeiteten, sie aßen, sie schliefen. Unter einem menschlichen Leben würde sich Dean sicher etwas anderes vorstellen. Cass schmunzelte bei dem Gedanken, was der Jäger dem Mädchen zum Thema Mensch sein wohl beigebracht hätte. Würde er es eines Tages erfahren? Neben ihm bewegte sich das Kind. Es spürte die Unruhe und auch die Trauer in ihrem Ausbilder. Er würde sie erziehen, hatte er versprochen. In der Öffentlichkeit nannte sie ihn Vater, vielleicht würde das mit der Zeit auch aus ihm werden? Der menschliche Teil in ihr hoffte das. Sie vermisste ihre Eltern, würde sie immer vermissen. Aber jetzt hatte sie Castiel und sie wollte für immer an seiner Seite bleiben, das wusste sie. Castiel dessen Trauer jeden Tag aufs Neue wuchs. Er vermisste den Menschen, Dean. Das zumindest hatte sie erkannt, als sich die beiden von einander verabschiedeten. Dem Jäger würde es ebenso ergehen. Auch er würde leiden…jeden Tag den die beiden von einander getrennt waren. All das war ihre Schuld. Wäre sie nicht gewesen, dann wären die Beiden wahrscheinlich noch glücklich zusammen. Diese Vorstellung schmerzte, sie wollte Castiel keinen Kummer bereiten und doch tat sie es. Alles was sie als Wiedergutmachung leisten konnte war, fleißig zu lernen und dem Engel zu gehorchen. Je schneller ihre Ausbildung beendet war, desto schneller konnte er zurück zu Dean. Und so schliefen zwei Menschen und zwei Engel, getrennt von Raum und Zeit, jeder mit Kummer belastet und hadernd mit dem Schicksal. Wartend auf den nächsten Morgen, der trotz der Kälte in ihnen, Wärme versprach. Verbrachten Tag um Tag mit Leben, das mehr dem sturen Überleben, als dem Leben im eigentlichen Sinne glich. Jeder Schritt den sie taten, führte sie auf ihrem Weg gen Zukunft. Noch war die kurvenreiche Straße vor ihnen kaum zu überblicken. Alles was ihnen blieb war die Hoffnung. Hoffnung darauf, dass ihre Wege wirklich eins Tages wieder zusammen führen würden und betend das dieser heiß ersehnte Tag nicht all zu weit entfernt sein möge. Kapitel 18: Bonuskapitel 1 - Hammer und Nägel --------------------------------------------- Bonuskapitel 1 - Hammer und Nägel „Du hältst das Ding als hättest du noch nie einen Hammer in der Hand gehabt“, erklärte Iwan mit einem breiten Grinsen. Er hatte diesen Satz so laut gesprochen, dass sich alle Umstehenden zu ihnen umdrehten. Cass spürte ihre Blicke in seinem Nacken, wie sie ihn alle beobachteten. Gespannt und in der Hoffnung gleich von seinen Künsten bestens unterhalten zu werden. Dabei sollte das hier alles andere als Volksbelustigung sein. Das hier war ein ernst gemeinter Versuch, für sich und >seine Tochter< ein erstes, richtiges Zuhause zu schaffen. „Ich hab das wirklich noch nie gemacht“, gestand Cass ein wenig verlegen. Iwan schnaubte, lachte jedoch nicht. „Wie kommt das? Ich meine du musst doch irgendwas gelernt haben? Hat dir dein Vater gar nichts beigebracht?“ Cass schüttelte niedergeschlagen den Kopf. „Du bist doch kein Kind mehr“, mischte sich Pjotr ein. Dieser stand an einen Bretterstapel gelehnt da und seine wilde, ungezähmte Haarmähne trotze dem leichten Wind in beachtlicher Weise. „Als Mann musst du so was einfach können!“ „Wie denn, wenn er es nie gelernt hat“, warf Fjodor ein und klopfte Cass aufmunternd auf die Schulter. „Pha“, kam es wieder von Pjotr. „Jeder Mann lernt solche Dinge. Selbst wenn er es nicht von seinem eigenen Vater lernen konnte, irgendjemand wird dich doch großgezogen haben. In jedem Dorf schnappt man doch so was auf. Also erzähl mir nichts!“ „Ich komme aus keinen Dorf“, mischte Cass sich jetzt wieder ein. Zwar wusste er nicht, was er genau als Verteidigung anbringen wollte, denn was konnte er jetzt schon sagen? Alle Antworten die ihm spontan einfielen, würden ihn verraten und alles andere wäre Lügen und er konnte nicht lügen. „Sag mal, bist du etwa das Kind von einem reichen Schnösel, das noch nie einen Finger krumm gemacht hat?“ fragte Iwan und klang eben so neugierig wie angewidert. Als wäre ihm so ein Menschenschlag aus tiefstem Herzen zuwider. Wenn man die Zeit bedachte, in der sie lebten, wunderte so eine Einstellung aber auch nicht wirklich. „Ich hatte mal ein Zuhause, einen Vater und viele Geschwister. Mein Leben war leicht und unbeschwert. Dann hab ich all das verloren und jetzt bin ich hier und muss erkennen, dass ich nie etwas gelebt habe…dass ich gar nichts kann. Ohne die Unterstützung und den Halt meine Familie musste ich nie etwas alleine erreichen, ohne sie bin ich ein Niemand.“ Betretenes Schweigen Folgte diesen Worten. Fjodor reagierte als erstes, indem er Cass ein weiteres Mal auf die Schulter klopfte. „Nicht so schlimm“, versicherte er dem unsicheren und während der Rede immer mehr in sich zusammengesunkenen Mann. Cass fühlte sich elend. Obwohl er mit keinem Wort gelogen hatte, machte ihm das Leben als Mensch doch mehr zu schaffen als vermutet. Vieles war ihm einfach fremd. Die normalsten Gewohnheiten riefen bei ihm Unverständnis hervor und jede täglich routinierte Arbeit war ihm unbekannt. Alles fühlte sich so anders an, so fremd. Als müsste er sich wirklich verstellen, nur um ein wenig Akzeptanz zu finden. „Siehst du“, Fjodor machte eine ausschweifende Geste die das gesamte Dorf einzuschließen schien, „jetzt lebst du auf einem Dorf und ein Dorf ist wie eine große Familie. So wie deine damals. Man hilft sich und man verlässt sich aufeinander. Was der eine nicht kann, kann der Andere. Du und deine Tochter, ihr seit jetzt Teil dieser Familie. Ganz egal was früher war, jetzt ist jetzt und hier.“ Pjotr und Iwan nickten bekräftigend und unterstrichen dir kurze Rede mit kleinen „hört, hört!“ rufen. ******* Der Himmel war von schweren, grauen Wolken bedeckt, die vom leichten, jedoch kühlen Wind getrieben über das Land zogen. Es waren die ersten Schneewolken, die auch den letzen, milden Sonnenstrahl verbargen, den der Herbst noch zu bieten hatte. Es wurde mit jedem verstreichenden Tag kälter und der Winter würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der Wind zupfte an den letzten Blättern, die noch vereinzelt an den kahlen Bäumen hingen. Schwarz und tot wirken die sonst so majestätischen Bäume des Waldes, in dieser trüben, grauen Welt. Der Geruch von Schnee lag schwer in der Luft. Eine Zeit in der man eigentlich die Gemütlichkeit und Wärme des eigenen Zuhauses wieder zu schätzen lernte und sich dick eingemummelt in warmen Fällen vor den Ofen setzte. Doch nicht heute. Heute war das ganze Dorf auf den Beinen. Das Geräusch von Sägen und das Hämmern auf blankem Holz klang im kühlen Wind getragen wie ein verspätetes Willkommen. Alle waren hier, Männer, Frauen und Kinder. Holzbretter wurden von den Kindern gebracht, von den Männern verarbeitet und die Frauen fertigten mit eifrigem Geschnatter Bettzeug für die neuen Dörfler an. Mitten drin stand Castiel, ein paar Nägel im Mund kniete er auf der kalten Erden und hämmerte Brett für Brett an das Grundgerüst seiner Hütte. Er lernte schnell und darüber freute er sich. Er konnte tatsächlich etwas, das weit über das himmlische Wissen hinausging. Er saß hier im Dreck, arbeitete wie ein Mensch und doch störte es ihn nicht im Geringsten, denn er schuf etwas. Erschuf mit seinen eigenen Händen ein Haus, ein Zuhause. Um ihn herum herrschte reges Treiben, alle Menschen hier halfen. Schufen mit ihm eine Bleibe und hießen ihn mit dieser Geste auf eine so tief gehende Art Willkommen, dass Cass richtig warm ums Herz wurde. Vielleicht hatte er sich auch zu viele Sorgen gemacht, vielleicht würden ihn die Menschen wirklich so akzeptieren wie er war. Mit all seinen Schwächen und den vielen Wissenslücken. Vielleicht war das Leben als Mensch doch nicht so schlimm oder gar so schwer wie er befürchtet hatte. Gerade im Moment machte es ihm Spaß, gerade war er wirklich gerne Kiril. Wenn Dean ihn doch jetzt nur sehen könnte… ******* „Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll…“ „Sei von jetzt an einfach Teil der Familie“, meinte Fjodor und lächelte. „Du trägst deinen Beitrag indem du das machst, was du am besten kannst.“ „Ich kann gar nichts am besten. Zumindest nichts was hilfreich für das Dorf wäre.“ „Aber, aber Kiril, red dir das nicht ein. Du wirst sehen was du alles hier lernen wirst. Bald denkst du ganz anders über dich.“ „Manchmal könnte man meinen, du seihst kein Mensch“, lachte Iwan. „Ja, das würde erklären wie er ohne irgendwelches Wissen oder Geschick überhaupt so alt werden konnte!“ blökte Pjotr. „Lasst ihn in ruhe!“ mahnte Fjodor und schob Cass Richtung Tür. „Lass sie reden, sie haben sonst nichts Besseres zu tun. Genieße die erste Nacht in deinem Zuhause.“ Und zum ersten Mal öffnete Castiel bewusst die Eingangstür und trat in die kleine Holzhütte. Sie bestand aus nicht mehr als einem großen Raum, doch das hier war sein Heim. Er hatte es mit Hilfe der Menschen gebaut und er würde hier unter ihnen wohnen. Dieser Moment war auf seltsame weise sehr ergreifend für ihn. Als eine kleine, warme Hand nach der seinen griff und mit ihm zusammen das Werk betrachtete, war er stolz auf sich. Ja er freute sich sogar irgendwie auf die Zukunft, auf den morgigen Tag, auf die Herausforderungen des Lebens. Hätte er dies alles mit Dean teilen können, wäre sein Leben ab diesem Moment perfekt gewesen. Aber das war ein Wunsch fern ab der Machbarkeit. Dennoch schlug sein Herz voller Freude und obwohl so Menschlich, fühlte er sich gerade mehr wie ein Engel als früher. Als wäre ein Teil seines Glaubens zu ihm zurückgekehrt, nur reiner und ehrlicher. Vielleicht, dachte Castiel, als er die Tür hinter ihnen schloss, vielleicht war es nicht wichtig ob Gott sich im Himmelreich aufhielt oder nicht. Vielleicht reichte es auch einfach zu wissen, dass er in den Herzen der Menschen hier lebte. „Willkommen Zuhause.“ Hosted by Animexx e.V. 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