Saber Rider and the Star Sheriffs von Kittykate (- eine erfolgreiche Daily Soap -) ================================================================================ Kapitel 8: ----------- Natalie wachte als erste auf. Sie packte sich ihre Klamotten unter den Arm und verließ das Schlafzimmer. Sie schlich zur Couch und betrachtete einen Moment das Bild, welches sich ihr bot. Aneinander gekuschelt und mit einem glückseligen Lächeln verweilten ihre Gäste im Land der Träume. Mit einem Grinsen im Gesicht zog sie sich zurück und nahm den ursprünglichen Weg zum Badezimmer. Dort duschte sie sich, fröhlich pfeifend. Nachdem sie fertig war, sich abgetrocknet und angezogen hatte, verließ sie das Bad. Sie schlich wieder durchs Wohnzimmer in die Küche und bereitete das Frühstück vor. Marianne wachte auf. Ihr entging nicht die Bewegung ihrer Freundin, auch wenn diese sich noch so leise verhielt. Sie schlug langsam ihre Augen auf und sie blickte direkt auf Shinjis Halsbeuge und Schulter. Sie spürte sein Kinn auf ihrem Kopf liegen und verfolgte seine ruhigen Atemzüge. Das Gefühl in diesem Moment war einfach unbeschreiblich und sie wünschte, dass es für den Rest ihres Lebens genauso bleiben würde. Ihre Fingerspitzen wanderten zu ihren Lippen, als sie an den Kuss zurückdachte. Seit gestern Nacht herrschte ein Kampf zwischen Verstand und Herz. Auch wenn ihr Verstand erkannte, dass Shinji in seinen Frauenbekanntschaften die Flucht aus der Einsamkeit gesucht hatte, so erachtete er ihn noch lange nicht als einen Mann an ihrer Seite, wogegen das Herz alle Vernunft über Bord warf und diesem Mann total verfallen war. Sie spürte seinen Arm auf ihrer Taille und versuchte den so sanft wie möglich von ihr zu lösen. Sie wollte ihn nicht unnötig wecken, darum schälte sie sich aus seiner Umarmung und kletterte über die Couch. Leise schlich sie ins Badezimmer um sich dort ein wenig frisch zu machen, ehe sie zu ihrer Freundin in die Küche ging. „Guten Morgen“, grinste Natalie fröhlich. „Ebenso“, lächelte Marianne zurück. Ihr entging keineswegs das breite Grinsen. Die Freundin wollte alles wissen. Dennoch entschied die Blondine sie noch ein wenig zappeln zu lassen. Zu groß war die Gefahr, dass er aufwachte und sie belauschen könnte. „Und?“, hakte auch schon Natalie neugierig nach, während sie die Brötchen in den Ofen schob und die Eier anpiekste um sie in das bereits kochende Wasser zu legen. „Ich hab Kohldampf“, wich die Schauspielerin aus. „Das meine ich nicht. Was lief da gestern Nacht noch?“ „Nichts, ich bin sehr schnell eingeschlafen“, wich sie wieder aus. Sie setzte sich schon an den Esstisch, der bereits liebevoll gedeckt war, und schenkte sich schon mal eine Tasse Kaffee ein, denn dieser stand ebenfalls in einer Kanne schon fertig auf dem Tisch. Die Aussage gefiel Natalie überhaupt nicht. „Gar nichts?“ Eine zaghafte Röte trat Marianne auf die Wange, die sie aber schnell wieder abschüttelte. „Sagte ich doch schon.“ Eindringlich betrachtete sie die Blondine. Ihre Augen strahlten immer aber dieses Mal glänzten sie nahezu. Sie glaubte ihrer Freundin kein Wort. Dafür kannte sie sie schon zu lange. Sie beschloss der Blondine nochmals auf den Zahn zu fühlen. Aufmerksam beobachtete sie die Augen ihrer Freundin. „Shinji ist ein netter Kerl.“ Und tatsächlich konnte sie beobachten, wie die Augen ihrer Freundin anfingen zu leuchten, als der Name ihres Kollegen fiel. „Das hab ich ja nie bestritten“, behauptete Marianne verwirrt. Sie verstand nicht worauf ihre Freundin hinaus wollte. „Ich würde mich freuen, wenn…“ Mit einem gutgelaunten „Guten Morgen“ betrat Bert die Küche. Er setzte sich zu Marianne an den Tisch und schenkte sich ebenfalls schon einen Kaffee ein. „Mmh, das riecht gut“, lobte er seine Freundin und gab ihr einen sanften Klaps auf den Po. Der Ofen piepste, die Brötchen waren fertig und in dem Moment klingelte auch die Eieruhr. Während Natalie die Eier abschreckte und in jeden Eierbehälter ein Ei legte, betrat auch der letzte die Küche. Es war Shinji, dessen Haare noch wirrer fielen, als sie sowieso schon waren. Er lächelte fröhlich in die Runde, wobei seine Augen auf Marianne hängen blieben. Er konnte immer noch nicht ganz glauben was zwischen ihnen passiert ist. „Guten Morgen, Shinji, setz dich“, begrüßte Natalie ihn fröhlich und sah sich in ihrem Verdacht bestätigt, dass dieses Nichts, wie Marianne beschrieben hatte, ein bedeutender Vorfall gewesen sein musste. Sie ließ die beiden den ganzen Morgen nicht mehr aus den Augen und fand schnell heraus, dass immer wieder einer zum anderen guckte, wenn er sich unbeobachtet fühlte. Als sie in ihr Marmeladenbrötchen biss, kam ihr nur ein Gedanke: Verliebt bis über beide Ohren. Nach dem gemeinsamen Frühstück, verabschiedeten sich die beiden bei ihren Gastgebern und Shinji brachte Marianne mit dem Auto nach Hause. Sie schwiegen die gesamte Fahrt über, wussten sie beide nicht, wo sie die letzte Nacht einzuordnen hatten. Vor ihrem Wohnblock parkte Shinji, schnallte sich ab und drehte sich ihr zu. „M.“, fasste er allen Mut zusammen. „wegen gestern Abend. Ich bereue das nicht“, gestand er. Sie blickte ihn erleichtert an. Es war ein Kuss, ein Kuss der ihre Gefühlswelt auf den Kopf gestellt hatte, aber es gab in ihren Augen nichts zu bereuen. „Ist schon okay“, lächelte sie. „Wir sehen uns morgen in der Arbeit.“ Sie hielt kurz inne, ihre Augen ruhten für den Bruchteil einer Sekunde auf seinen Lippen, doch dann suchte sie seine Augen. „Vielen Dank fürs mitnehmen.“ Im nächsten Moment war sie abgeschnallt und aus dem Auto verschwunden. Shinji blieb verwirrt zurück. So einen Abschied hatte er sich dann auch nicht vorgestellt. Aber vielleicht war es besser so. Sie waren immerhin Kollegen. Er setzte sich wieder ordentlich auf seinen Sitz, gurtete sich an und startete den Motor. Wenig später düste er die Straße hinunter. Bill war an diesem Morgen beim Bäcker und hatte frische Brötchen geholt und ein paar Croissants. Nun saß er mit Richard am Esstisch in der Küche, die der zentrale Mittelpunkt ihrer Wohngemeinschaft war und frühstückte. Seine Augen glitten über Richards Buntschillerndes Gesicht. Inzwischen haben die Schwellungen eine Farbmischpalette von blau über lila hin zu grün bis gelb angenommen. „Die Mädels morgen in der Maske werden ihre wahre Freude mit dir haben“, bemerkte er. Irgendwie fand er es immer noch komisch, dass ausgerechnet Mister Vornehm sich zu einer Prügelei hat verleiten lassen. „Tonnenweise Make-up kann das schon verdecken“, winkte Richard ab. Dass der Lockenkopf auch immer so übertreiben musste. Er hatte sein Spiegelbild an diesem Morgen selbst gesehen und wenn alles gut ging, würde es in den nächsten Tagen besser werden. „Wo bleibt denn jetzt eigentlich unser Sportsfreund?“ „Weiß auch nicht, scheint einen mächtig tiefen Schlaf zu haben“, erwiderte der Braunhaarige, der die Tür zum Kameraden im Auge behielt. Er hatte schon mehrmals geklopft, aber der Jungspund reagierte nicht. Er war zu neugierig, aber in ihrer Mitbewohnervereinbarung stand Privatsphäre an oberster Stelle. Sie hatten sich darauf geeinigt kein Reich des Kollegen zu betreten, ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis. Nachdem der Japaner keinen Mucks von sich gab, durfte Bill auch nicht ins Zimmer gehen. Cindy betrat die Küche. Sie hatte den gesamten Morgen das Bad eingenommen und nun trat sie frisch erholt, fertig angezogen und wach in die Küche und setzte sich mit an den Tisch. „Ui, Frühstück“, grinste sie und bediente sich ohne überhaupt zu fragen, ob sie denn mit eingeplant gewesen sei. „Na, haben wir heute mal Kleidung an?“, zog Bill die Kollegin auf. „Für was hältst du mich eigentlich?“, fauchte Cindy genervt zurück. Bill zog seine Augenbrauen in die Höhe: „Das kannst du dir nicht denken?“ „Hört auf, ich hab genug von euren Streitereien“, mischte sich Richard ein. In diesem Moment hörten sie einen Schlüsselbund scheppern, wenig später ging die Türe auf und Shinji betrat die Küche. Überrascht, dass sie alle schon wach am Küchentisch saßen und frühstückten, blickte er sie an. „Ich glaub mich laust der Affe“, grinste Bill breit. „Wo kommst du denn her?“ Das anzügliche Grinsen verschwand gar nicht mehr aus seinem Gesicht. „Ich war… ehm… ich wollte…“, stammelte der Japaner überrascht. Auch Richard entging nicht die Verlegenheit des Kollegen. „Sag mal, kann es sein, dass dein Kinobesuch gestern etwas länger gedauert hat?“ Shinji atmete tief durch. Sie konnten von ihm denken was sie wollten, er würde sich zu keiner Aussage verleiten lassen. Er straffte die Schulter und ging zu seinem Zimmer: „Guten Morgen.“ Bevor er in sein Zimmer verschwinden konnte, hielt ihn Bill zurück. So schnell würde den Nachtschwärmer nicht davon kommen. „Na, los, Kumpel, erzähl schon. Wie war es denn im Kino mit deinen Freunden?!“, provozierte der Lockenkopf freudig. Dem Schauspieler entging nicht, wie sein Partner das Wort Freunde betonte. Der Spürsinn des Kollegen hatte schnell erraten, dass es sich wirklich um eine Frau gehandelt hatte, mit der er unterwegs war. Dass er erst jetzt nach Hause kam, unterstrich die Vermutung, dass er die Nacht mit ihr verbracht hatte. Hier lag er allerdings falsch. Der Japaner hüllte sich in Schweigen. „Muss wohl ein ganz heißer Feger sein, wenn du sogar die Nacht mit ihr verbringst“, stellte Bill unbekümmert fest. Er würde schon noch erfahren, was er wissen wollte. „Ist es die gleiche, mit der du am Vorabend unterwegs warst?“ Wenn er erst einmal herausfand, dass es sich um ihre gemeinsame Kollegin handelte, hätte er nichts mehr zu lachen. Bill war in dieser Hinsicht unberechenbar und er würde seine Scherze auf ihrer beiden Kosten machen. „Ich sagte doch schon, ich war mit Freunden unterwegs“, erwiderte der Japaner bestimmt. „Ja, klar, du glaubst doch nicht im Ernst, was du da erzählst. Welchen Film habt ihr euch denn angesehen?“, hakte er interessiert nach. Hier stand er nun. Er wusste nicht einmal was für Filme im Kino überhaupt liefen. „Wir waren nicht im Kino. Sind zu Hause geblieben und haben einen DVD Abend gemacht. Nach ein paar Cocktails wollte ich nicht mehr fahren. So bin ich über Nacht geblieben“, gestand Shinji letztendlich doch. „Und wer ist diese Unbekannte bei der du geblieben bist?“, bohrte Bill unnachgiebig weiter. „Freunde. Ich habe bei Freunden übernachtet, nicht bei einer Frau. Bill, es waren Freunde“, wiederholte er beharrlich. „Das glaub ich kaum“, neckte der Lockenkopf. Er hatte sich bereits eine Meinung gebildet, da konnte der Jungspund behaupten was er wollte. „Lass es gut sein“, mischte sich Richard ein. Was seinen Kollegen entgangen war, ihm aber keinesfalls, das war der Gesichtsausdruck von ihrer Mitbewohnerin, die gleichzeitig auch Shinjis Exfreundin war. So schnell ersetzt zu werden wünschte sich keiner. Der Japaner verzog sich schnell in sein Zimmer, ehe Bill wieder seine Spielchen trieb und Bill wandte sich genüsslich seinem Frühstück zu. Nicht aber ohne sich fest vorzunehmen, dass er den Kleinen im Auge behielt. Cindy blieb verstummt am Tisch sitzen, blickte weder Richard noch Bill an und kaute wütend auf ihrem Honigbrötchen. In ihr kam ein Verdacht auf und sollte sich dieser wirklich bestätigen, würde sie dieses blonde Gift zur Rechenschaft ziehen. Karl kam am Nachmittag mit Lory vorbei um seine restlichen Sachen zu holen. Während er noch in seinem Zimmer einpackte, stand Lory in der Küche und unterhielt sich angeregt mit Richard über die neue gemeinsame Wohnung. „Ich freu mich so endlich mit Karl zusammen zu ziehen“, erzählte sie ihm bestimmt schon zum vierten Mal. Lory war eine hübsche, junge Frau, die in einer Bank arbeitete. Ihre Augen strahlten vor Begeisterung über diesen neuen Lebensabschnitt. Von dem wilden Geplapper in der Küche, zog es auch Shinji wieder aus seinen vier Wänden hervor. Als er den Besuch erkannte, trat er freudig auf sie zu. „Hallo Lory, schön dich zu sehen.“ „Shinji“, freudig begrüßte sie ihn auch. „Wie geht’s dir?“ „Bestens“, antwortete der Japaner lächelnd, als Bill sich einmischte, der unbemerkt näher trat. „Natürlich mit einer neuen Freundin geht es einem immer bestens“, stichelte der Kollege. „Schön dich zu sehen, Lory“, begrüßte er nebenbei Karls Freundin. „Kannst du damit mal aufhören?“, fuhr der Japaner den Lockenkopf an. „Nein, erst wenn du mir verrätst wer dieses heiße Teil ist und was da alles läuft“, bemerkte der Größere beharrlich. „Es läuft nichts zwischen uns!“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, wurde ihm das Ausmaß klar. Grinsend zog Bill seine Augenbrauen hoch und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Aha!“ Er hatte also richtig vermutet. „Jetzt haben wir zumindest mal die Bestätigung, dass da eine Frau mit drin steckt.“ „Ich hab dir gesagt Freunde. Freunde beinhaltet Frauen, wie Männer.“ „Ja, ja“, winkte der Größere ab. „Also, wer ist sie, wie sieht sie aus? Wie ist ihr Name?“ „Alles Dinge, die dich nichts angehen, Kumpel“, grummelte der Jüngere. Richard mischte sich genervt ein. „Geht das schon wieder los? Könnt ihr euch nicht einmal jeder um seine eigenen Probleme kümmern?“ „Ich halt mich bei ihm raus, aber er mischt sich ständig in meine Angelegenheiten ein“, wies der Japaner die Schuld von sich. „Ist ja mal wieder klar, dass ich der Schuldige bin“, grummelte Bill finster. Ein glockenhelles Lachen durchbrach den Streit. Lory mochte die drei Jungs und wie sie sich gegenseitig ärgerten fand sie zum Schießen. Eigentlich schade, dass Karl und sie in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Sie könnte sich durchaus vorstellen mit diesen drei Chaoten und ihrem Schatz zusammen zu wohnen. Nur bisher war kein Zimmer frei und für ihre weitere Zukunftsplanung würde es schwer werden einen gemeinsamen Nenner zu finden. Besonders wenn dann wirklich irgendwann Kinder kommen sollten. Sie errötete bei ihren eigenen Gedanken. Um sich wieder abzulenken grinste sie die drei an. „Ihr seid einmalig!“ Karl kam aus seinem Zimmer heraus, angelockt von der geselligen Unterhaltung. Er ging zu Bill und Shinji und legte jeweils einen Arm um die Mitbewohner. „Lory ist meine Freundin, Jungs!“, stellte er noch einmal mit ernster Mimik klar, ehe der Schalk in seinen Augen aufblitzte. Als er alles gepackt hatte, halfen ihm seine Mitbewohner und Lory alles ins Auto zu verstauen. Für Richard war dies eine gute Ablenkung, für Shinji eine Fluchtmöglichkeit und Bill half, weil alle mit anpackten. Marianne saß in ihrem Zimmer und ließ ihre Lieblingsmusik laufen. Sie saß auf ihrem Bett, hing ihren Gedanken nach und wippte unbewusst mit der Musik mit. Sie musste an so vieles denken. Da war zum einen ihr Vater, der sie und ihre Schwester alleine groß ziehen musste und für sich selbst nie wieder eine Frau gesucht hatte. Zum anderen musste sie an Shinjis Worte denken. Seine Meinung über eine Aussprache war ehrlich und überzeugend gewesen. Immerhin war sie ihre Mutter, auch wenn sie für Marianne nie da gewesen war. Tja, und dann musste sie an Shinji selbst denken. An seine Worte, seine Familie, seinen Kuss… Ihr Herz pochte wieder ganz aufgeregt in ihrer Brust. Seine Lippen waren so warm und weich. Als sie sich berührten spürte sie die Zärtlichkeit. Die ganze Situation trat ihr wieder vor Augen und eine sanfte Röte zeichnete sich auf ihren Wangen ab. Sie hatten sich wirklich geküsst. Und wie ihr Körper auf diese Berührung reagierte, machte ihr Angst. So hatte er nicht einmal auf Karls oder auch die Berührung anderer Männer reagiert. Konnte es wirklich sein, dass sie sich in ihren Kollegen verliebt hatte? Sie versuchte die Antwort in ihrem Inneren zu finden, doch sie bekam keine klaren Gedanken darüber. Er war immerhin ihr Kollege. Und er war ein Frauenaufreißer. Würde er sie wie eine von vielen behandeln? Sofort stieg Zweifel auf. Sie schüttelte ihren Kopf. Sie wollte keine von vielen werden. Was am Abend zuvor geschehen war, bereute sie nicht, aber sie durfte es auch nicht wieder passieren lassen. Es klopfte zaghaft an ihre Zimmertüre. Schon betrat Marie das Zimmer. „Hey, Marianne“, begrüßte sie zurückhaltend. „Marie, schon wieder zurück?“ Ihre Augen streiften die Uhr und sie stellte mit Entsetzen fest, dass es bereits früher Nachmittag war. Sie hatte den ganzen Vormittag bis jetzt gegrübelt. „Ja“, antwortete Marie, schloss hinter sich die Türe und deutete aufs Bett. „Darf ich?“ Marianne setzte sich in den Schneidersitz und blickte ihre Schwester mit großen Augen an. Was konnte Marie nur wollen? Sie hatten immer ein gutes, schwesterliches Verhältnis gehabt. Marie war so was wie ihre Ersatzmutter gewesen. Und Marianne wusste, wenn ihre Schwester sie so manches Mal in ihre Schranken verwies oder sie tadelte, meinte sie das nur zu Mariannes Besten. „Hör zu... Unsere Ma… Ihr geht es nicht sonderlich gut“, begann Marie zögernd. Sie kannte die Reaktion ihrer Schwester zu gut, wenn sie auf die Mutter zu sprechen kamen. „Und was geht mich das an?“ Marianne bockte wieder einmal. „Na, ja, ich finde, du solltest wissen, dass sie krank ist und ich bin der Meinung, dass du sie besuchen solltest um dich mit ihr auszusprechen.“ Nun blickte die Jüngere aufmerksam ihre Schwester an. Marie meinte Besorgnis in den blauen Augen zu erkennen. „Ja, sie ist krank“, antwortete sie auf die nicht gestellte Frage. „Weißt du sie hat Krebs im Endstadium. Dieser ist leider viel zu spät entdeckt worden.“ „Was?“, Marianne konnte das kaum glauben. Ihre Mutter, die sie kaum kannte, war so schwer krank? Sie blickte betroffen ihre große Schwester an. Wieder gingen Gedanken durch den Kopf. Sie dachte an Shinjis Worte, die besagten, dass sie sich mit ihrer Mutter aussprechen solle. „Weiß Daddy es schon?“ „Ja, ich habe es ihm vorhin gesagt“, antwortete Marie traurig. Sie dachte an ihren Vater, dem mit einem Mal alle Farbe aus dem Gesicht gewichen war. Als er meinte, dass Marie das Wohnzimmer verlassen hätte, ging er zur Minibar um sich einen Scotch einzuschenken. Marie war zu diesem Zeitpunkt noch einmal besorgt in der Tür stehen geblieben, dann allerdings ließ sie ihren Vater alleine im Wohnzimmer zurück. Ihre Schwester musste diese Nachricht auch noch erfahren. Sie blickte Marianne flehend an. „Unsere Mutter will dich noch einmal sehen, bevor…“, sie wagte es nicht auszusprechen. „Nein“, erwiderte Marianne störrisch. „Sie hat sich nie um mich geschert, ich war ihr vollkommen egal. Und jetzt plötzlich, kurz bevor sie stirbt“, sie schluckte kräftig. Die Worte klangen so bitter. Sie schüttelte ihren Kopf. „Nein, das könnt ihr nicht von mir verlangen!“ Die Blondine zog ihre Knie, umfasste diese mit ihren Armen und legte ihren Kopf darauf. Das konnte wirklich niemand von ihr verlangen. Marie stand auf. Sie sah ein, dass es in diesem Moment keinen Sinn mehr hatte mit ihrer Schwester vernünftig zu reden. Nach einem letzten Blick, verließ sie Mariannes Zimmer. Marianne starrte vor sich hin. Sie war hin und her gerissen und wusste nicht mehr wie sie sich richtig verhalten sollte. Eine einzelne Träne kullerte ihr über die Wange. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)