Zum Inhalt der Seite

Der Weg zu dir

Kapitel 13: "Ich liebe dich"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Gewonnene Wette

„Hier, das ist die Nummer für die Teleschnecke der Sunny.“ Nami gab mir einen kleinen Zettel. „So, Käpt’n. Jetzt musst nur noch du nach Hause“, sagte sie an Ruffy gewandt. Er grinste nur und nickte. „Ich werde es sowieso nicht lange im langweiligen Windmühlendorf aushalten“, lachte er. „Wir werden uns also bald wiedersehen, Zorro!“ „Etwas anderes habe ich von dir auch nicht erwartet“, antwortete ich.

Die Sunny setzte die Segel. Es war wirklich ein Traumschiff, so wie es Franky wollte. Ich winkte Ruffy und Nami zum Abschied, bis das Schiff im Sonnenuntergang verschwunden war. Es war eine lange Reise. Wir hatten viele Abenteuer erlebt. Einige von uns hatten ihr Ziel erreicht. Nun trennten wir uns für einige Zeit. Jeder war wieder Zuhause oder dort, wo er sein wollte. Bis Ruffy uns wieder zusammenrufen würde. Fast drei Jahre waren vergangen.

Ich drehte mich um, vor mir lag mein Heimatdorf, Shimoshiki. Hier hatte sich nichts verändert. Es war alles so, wie ich es in Erinnerung hatte. Ich durfte nicht auffallen. Niemand würde begeistert davon sein, einen Piraten durch die Straßen laufen zu sehen.

„Das ist wirklich Zorro!“ Plötzlich kamen ein paar Jungs auf mich zu gerannt. Sie trugen Trainingsanzüge des Dojos. Koshiro’s Schüler. „Wow!“, riefen sie erstaunt. Sie freuten sich, einen Piraten zu sehen? Komisches Volk. Die Menschen kamen aus ihren Häusern, die Straßen füllten sich. Mist, würden sie die Marine rufen? Zu meiner Überraschung fingen sie an zu jubeln. „Was zum…?“, fragte ich verwirrt. „Wir haben dich schon erwartet!“ Eine vertraute Stimme. Koshiro kam auf mich zu. „Wir sind alle sehr stolz auf dich“, sagte er lächelnd. Abgesehen von ein paar kleinen Fältchen hatte er sich nicht verändert. „Du hast dein Ziel erreicht und dein Versprechen eingelöst. Wir alle sind froh, dich wohlbehalten zurück zu haben“, fuhr er fort. Ich sah mich um, in die erleichterten Gesichter der Menschen, in die freudestrahlenden Augen der Kinder. „Vielen Dank, Meister!“ Damit hätte ich niemals gerechnet. Ich hatte nie viel mit den Dorfbewohnern zu tun, doch es tat gut, ihre Freude zu sehen. Ich war tatsächlich eine Berühmtheit geworden, allerdings war mein Titel nicht länger „Piratenjäger“.

„Wir würden uns freuen, wenn du uns trainierst, Meister Zorro!“, rief ein Junge begeistert. „Werde sesshaft und bleib hier!“, rief eine aufgeregte Frau. „Ich suche noch einen Schwiegersohn!“, rief ein Mann. Okay, das ging zu weit! Jeder hier war völlig aus dem Häuschen. Eigentlich wollte ich in aller Stille Kuina’s Grab besuchen und kurz im Dojo vorbeischauen, bevor ich mein Versprechen einlösen würde. Alabasta wartete.

Daraus wurde nichts. Eine große Feier fand statt. Nur für mich. Es war ein seltsames Gefühl. Ich stand nicht gerne im Mittelpunkt. Und vor allem brauchte ich nicht so viele Menschen um mich herum. Mir war klar, dass sie sich nur freuten, mich zu sehen, weil ich weltberühmt war…

Es war schon tiefe Nacht. Der Mond tauchte die Insel in einen silbernen Schein. Endlich war Ruhe. „Du hast dich in den letzten Jahren sehr verändert.“ Koshiro sah mich nicht an. Er lächelte wie immer vor sich hin und hielt seine Augen geschlossen. „Shimoshiki hat sich verändert“, gab ich knapp zurück. Plötzlich wollten alle mit mir zu tun haben, ja klar… „Als wir hörten, dass du Pirat geworden bist, haben wir jede Neuigkeit über dich verfolgt. Ich bin sehr stolz auf dich. Du bist den Weg des Schwertes weitergegangen“, sagte Koshiro und lächelte mich an. „Das habe ich eurem Training zu verdanken, Meister“, antwortete ich. Wir saßen vor dem Dojo. Hier hatte sich überhaupt nichts verändert. Es war alles so vertraut, heimisch.

„Du brauchst mich nicht mehr Meister zu nennen. Diesen Titel hast du dir verdient“, konterte er gleich. „Dir liegt etwas auf dem Herzen, oder?“ Ich sah Koshiro überrascht an. War ich so leicht zu durchschauen? Nein…er kannte mich zu gut. Ich musste lächeln. „Morgen verschwinde ich wieder“, erklärte ich. „Ich habe noch ein Versprechen einzulösen.“ „Das ist aber ein kurzer Besuch“, sagte er. Er schien etwas gekränkt zu sein. „Welches Versprechen ist es diesmal?“

„Jemand wartet auf mich. Ich vermisse diese Person sehr und kann nicht mehr ohne sie leben. Ich habe sie lange Zeit nicht mehr gesehen“, seufzte ich. Wartete sie wirklich noch auf mich? Liebte sie mich noch? Ich tat es noch immer wie am ersten Tag.

„Es freut mich, das zu hören“, sagte Koshiro vor sich hin lächelnd. Ihm konnte ich vertrauen. Niemandem hatte ich davon erzählt, nicht einmal Ruffy. Hatte Vivi ihrem Vater von unserer Beziehung erzählt? Ich würde es bald herausfinden. Ich zog einen Eternal Port aus meiner Manteltasche. Koshiro sah interessiert auf den Kompass.

„Alabasta?“, fragte er. „Ja, Alabasta. Vivi wartet in ihrem Palast auf mich. Sie war für einige Zeit an Bord unseres Schiffes“, erklärte ich. „Ihr Land hatte damals Probleme mit Sir Crocodile, doch wir haben es behoben.“ „Ah, die Marine hat also nichts damit zu tun gehabt. Dein Käpt’n hat ihn erledigt, oder?“, versicherte er sich. Ich nickte. Die Weltregierung tischte immer wieder solche Lügenmärchen auf, damit sie im guten Licht stand. Wir kannten jetzt die Wahrheit. Robin hatte sie entdeckt, aber mir war es schon immer egal gewesen. Ich hatte nie viel von der Weltregierung gehalten.

„Du hast eine sehr schöne Frau gefunden“, sagte Koshiro lächelnd. „Du solltest dich ausruhen. Die Reise wird hart. In meinem Dojo ist genug Platz und du bist immer willkommen.“ Er stand auf. „Gute Nacht!“ Er verschwand im Dojo.

Ich stand auch auf. Es wurde langsam Zeit, dass ich zu Kuina ging. Ich folgte dem Weg zum Friedhof. Am Wegesrand schliefen die vielen bunten Blumen, die in dieser Jahreszeit am schönsten blühten. Vor mir lagen die langen Reihen von Gräbern. Ich erreichte Kuina’s Grab. In einer Vase stand ein frischer Blumenstrauß auf dem Grabstein. Ich kniete mich davor.

„Es tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat. Du wärst bestimmt schneller gewesen. Du hättest Mihawk auf alle Fälle vor mir besiegt.“ Ich war zwei Jahre bei ihm. Schon bei unserem ersten Kampf konnte ich ihn von mir überzeugen. Für Ruffy ließ ich mich von ihm trainieren. „Ich habe ihm von dir erzählt. Er ist auch der Meinung, dass Frauen starke Kämpfer werden können. Achja, und ich habe jemanden getroffen, der dir zum Verwechseln ähnlich sieht! Sie benimmt sich auch wie du. Sie arbeitet für die Marine und hat uns schon oft das Leben zur Hölle gemacht, vor allem in der Neuen Welt.“

Ich schaute auf das Foto, das auf dem Grabstein stand. „Jetzt heißt es Abschied nehmen. Ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass ich die Wette gewonnen habe. Morgen verlasse ich Shimoshiki wieder. Ich habe Vivi versprochen, dass ich zu ihr zurückkehre. Ich werde dann in Alabasta bleiben…“ Ich zündete ein Räucherstäbchen an und stand auf. Für mich zählte nur noch, zu Vivi zu gehen. Mit jeder Minute fehlte sie mir immer mehr. Ich drehte mich zum Gehen, als ein kleiner Windstoß in mein Gesicht peitschte. War das Einbildung? Ich drehte mich um, sah aber niemanden. Ich dachte, ich hätte eine Stimme gehört. Eine vertraute Stimme, die sich bedankte und mir Glück wünschte. Kuina’s Stimme.
 

„Zorro! Wach auf! Lee wartet schon!“

Erschrocken sprang ich auf. Mist, verschlafen! Sowas war mir schon lange nicht mehr passiert. Morgens weckte Ruffy alle an Bord mit seinem Geschrei. Und wenn er es nicht tat, trällerte Brook seine schrägen Lieder. Das endete meist mit einer Prügelei. Nami verteilte gute Kopfnüsse…bei so einem Lärm konnte man nicht schlafen.

Ich zog schnell meinen Mantel an und band meine Schwerter fest. Heute würde ich endlich aufbrechen! Die Aufregung stieg.

„Da ist er ja schon“, sagte Koshiro, der am Eingang mit Lee, einem Fischer, auf mich wartete. „Entschuldigung! Mir fehlt der Wecker…“, murmelte ich. „Macht doch nix!“, lachte Lee in seinen grauen Schnauzer. „Der Wind steht gut, wir werden schnell unterwegs sein.“

„Du willst uns wirklich schon verlassen, Zorro?“, fragte Koshiro betrübt. Ich hätte nicht gedacht, dass ihm der Abschied so schwer fallen würde. „Ja, ich kann nicht länger warten“, antwortete ich. „Weißt du auch, wie du weiterkommst?“, fragte Lee. „In Logue Town wird sich schon ein Schiff finden, das zur Grand Line segelt. Macht euch keine Gedanken!“ Seit wann kümmerte es andere Leute, was ich tat? Ich war schon lange kein kleines Kind mehr. Das nervte.

„Gut, dann wünsche ich dir alles Gute für die Reise. Komm mich doch bitte mal wieder besuchen“, sagte Koshiro lächelnd. Ich nickte. Hm…warum musste er mich jetzt umarmen?! „Du bist wie der Sohn, den ich nie hatte. Kuina wäre sicher sehr stolz auf dich“, sagte er, als er mich endlich losließ. Lee schnäuzte in ein Taschentuch. War ich im falschen Film?

„Vielen Dank für alles, Meister!“ Ich verneigte mich. Natürlich hatte ich großen Respekt vor Koshiro. Ohne seine Ausbildung wäre ich nie so weit gekommen.

Lee und ich gingen zum Hafen. Aus den Häusern kamen alle Dorfbewohner und folgten uns. Konnte ich denn nicht einfach verschwinden? „Du hast ganz schön viele Fans bekommen, Kleiner“, lachte Lee. Er hielt an diesen Spitznamen fest. Früher hatte er mich immer so genannt, als ich Lebensmittel für das Dojo eingekauft hatte. Er gehörte zu den wenigen Leuten im Dorf, die ich mochte.

Endlich waren wir am Hafen angekommen und stiegen auf sein kleines Fischerboot. Die Menschenmasse stand am Ufer, sie jubelten und winkten mir zu. Musste das sein? Nach einem Seufzer winkte ich ihnen und rief: „Bis dann!“

Das Boot legte ab und schon nach kurzer Zeit war Shimoshiki nur noch ein kleiner Fleck auf dem Meer. Endlich!

„Na? Erleichtert?“, fragte Lee lachend. Jetzt wollte ich es wissen. „Ja, aber was ist denn in die Leute gefahren? Ich hatte doch nie etwas mit denen zu tun gehabt.“ „Als du dein erstes Kopfgeld erhalten hast, waren alle nicht sehr gut auf dich zu sprechen. Plötzlich warst du ein gefährlicher Pirat, keine große Ehre für das Dorf“, erklärte er. „Erst letztens kam ein Sinneswandel…“

„Etwa weil ich Mihawk besiegt habe?“, folgerte ich daraus. War ja klar. Hatte ich also richtig gelegen. Berühmtheit war ein wahres Wunder. Auch Brook wurde vorher von allen verstoßen, weil er ein Skelett war, doch als Sänger liebten ihn alle. „Schon klar“, seufzte ich.

„So ist es. Koshiro war der Einzige, der von Anfang an hinter dir stand“, meinte Lee. Koshiro hatte mich als Sohn bezeichnet. Komisches Gefühl. Ich kannte meine Eltern nicht, ich war immer auf mich allein gestellt…aber es freute mich, als Sohn bezeichnet worden zu sein. So war wohl ein Vater. Plötzlich war jemand da, der sich um mich sorgte und mich unterstützte, wie meine Freunde. Genau genommen waren wir eine Familie. Wir unterstützten uns gegenseitig, wir lebten zusammen und ich vermisste sie jetzt schon. Wir waren wohl viel zu lange unterwegs gewesen. Ruffy würde uns aber wahrscheinlich schon bald zusammentrommeln, um wieder auf große Fahrt zu gehen. Diesmal ohne mich. Das war meine Reise. Die würde ich allein unternehmen. Niemand von den Strohhutpiraten wusste von Vivi und mir und so sollte es auch bleiben. Nami würde total ausflippen, und Sanji erst. Dann könnte ich mir sonstwas anhören.

„Bist du immer so ruhig, Kleiner?“ Lee starrte mich an. „Ich bin nicht gesprächig“, brummte ich zurück. „Das ist schade“, sagte Lee und schaute wieder nach vorne auf das Meer. „Du hast dich in den letzten Jahren sehr verändert. Ich weiß noch, als du das Dorf verlassen hast. Jetzt bist du nicht wiederzuerkennen.“ Ich schaute ihn fragend an, doch er drehte sich nicht um. Hatte ich mich so sehr verändert? „Ich meine, man sieht auf jeden Fall, dass du stärker geworden bist! Die ganzen Muskeln…da wird man ja neidisch!“ Er fuchtelte wild mit seinen Armen um sich und hielt sich dann den dicken Bauch, als er anfing zu lachen. Lee drehte sich endlich zu mir um und sah mich todernst an. „Am meisten fällt aber dein linkes Auge auf, was ist geschehen?“, fragte er mich prüfend.

„Training“, antwortete ich knapp. Seine Heiterkeit war so plötzlich verschwunden. Noch so ein Verrückter. Er schaute mich noch eindringlicher an, doch als ich nichts weiter dazu sagte, drehte er sich wieder um. „Soso…“, murmelte er.

Seine Bemerkung vorhin ließ mich nicht los. Hatte ich mich wirklich so sehr verändert? Mir fiel sowas nicht auf. Naja, bei meinen Freunden hatte ich einige Veränderungen erkannt. Ruffy trug eine kreuzförmige Narbe von Aka Inu aus dem großen Krieg, Nami hatte eine lange Mähne, Lysop trug einen Bart, der Kochlöffel hatte sein „mysteriöses“ linke Auge enthüllt und verdeckte nun sein Rechtes. Seine Augenbrauen waren immer noch kraus…Chopper konnte sich in weitere Formen verwandeln, Robin hatte auch längere Haare bekommen. Franky war ein Fall für sich. Ich sah in ihm keinen Menschen mehr. Nur Brook war unverändert. Ging wohl auch nicht anders als Skelett.

Hatte sich Vivi in den letzten Jahren verändert? Es fiel mir auch schon so schwer, Leute wiederzuerkennen, die ich lange Zeit nicht gesehen hatte.

„Ah, die Zeitung!“, rief Lee. News Q landete vor ihm. Er warf eine Münze in die Geldbox und nahm eine Zeitung. Die Möwe hob wieder ab und verschwand im Himmel. „Na super!“, fluchte Lee, als er die Zeitung las. „In Logue Town gibt es Ärger mit Piraten. Ich werde nicht viel verkaufen können.“ Er seufzte.

In Logue Town würden viele Marinesoldaten unterwegs sein. Das konnte großen Ärger bedeuten. Das hieß aber auch, dass sich einige dämliche Piraten finden lassen würden, die zur Grand Line segelten. Ich musste sie nur vor der Marine finden…

Geheimes Treffen

Wir erreichten Logue Town. Lee gab mir einen Kapuzenumhang, damit ich nicht erkannt wurde. „Hier trennen sich also unsere Wege“, sagte er betrübt. „Sei vorsichtig, die Marine lauert überall. Naja, du bist ja kein Kind mehr. Viel Glück auf der Weiterreise!“ Er schnäuzte in ein Taschentuch. „Danke für das Herbringen“, sagte ich. „Pass auf, dass du nicht von irgendwelchen Piraten angegriffen wirst. Mach’s gut!“

Ich warf die Kapuze über den Kopf und verschwand so schnell es ging in einer Seitenstraße. Jetzt musste ich nur noch ein paar Piraten finden. Das konnte ja nicht allzu schwer sein. Ich folgte der kleinen engen Straße, die zu einer Hauptstraße führte.

„Sie sind dort entlang!“ Ein paar Marinesoldaten liefen vorbei. Ich versteckte mich hinter einem Stapel Kisten. Die waren beschäftigt. Gut, ich musste nur ein paar dämliche Piraten vor der Marine finden, sonst war hier Endstation. Als die Luft rein war, schlich ich in die nächste Seitenstraße direkt gegenüber. Irgendwo mussten sie sich ja verstecken.

Über mir waren Wäscheleinen gespannt. Die Häuser sahen heruntergekommen aus. Außerhalb der Hauptstraßen scherte sich scheinbar niemand um das Aussehen der Stadt. Ich spürte eine starke Aura. Waren hier doch nicht nur schwache Piraten? Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Ich konnte auch ohne Ruffy in Ärger geraten und das war überhaupt nicht gut. Meine Hand ruhte auf einem Schwertgriff. Sollte der Feind doch kommen.

Jemand näherte sich von hinten. Ich drehte mich blitzschnell um und zog mein Schwert, doch der Hieb wurde pariert. „Was…?!“, brachte ich erschrocken hervor. „Nicht schlecht“, sagte ein Mann mit schwarzem Umhang und grinste dabei. „Gar nicht mal so übel.“ Er zog sein Schwert zurück. Ich musterte ihn misstrauisch. Rote Haare, Narben am Auge, ein Arm. Das konnte nur der Rote Shanks sein. Ich schob mein Schwert zurück in die Scheide.

„Schau nicht so böse drein. Komm mit, ich will mich mit dir unterhalten“, sagte Shanks und grinste sich wieder einen ab. Von ihm hatte sich Ruffy wohl das Dauergrinsen abgeguckt. Toll, zwei von der Sorte.

Shanks ging zu einem der heruntergekommenen Häuser und betrat es. Ich folgte ihm. Er war ein Freund von Ruffy, also würde er mir nichts tun. Das hoffte ich zumindest. Und er hatte mich viel zu schnell entdeckt. Eigentlich war es auch nicht anders zu erwarten von einem der Vier Kaiser. Mihawk hatte mir erzählt, dass er den Titel nicht umsonst trug. Seine Stärke war fast gleich mit Mihawks. Wenn ich an den entscheidenden Kampf zurückdachte, erinnerte er mich nur an Schmerzen und meiner körperlichen Grenze. Wir hatten stundenlang gekämpft, mein Körper war übersät von Verletzungen. Nur eine Minute länger und ich hätte verloren. So einen harten Kampf wollte ich vorerst nicht wiederholen.

Das Haus stand kurz vor dem Einsturz. Tiefe Risse zogen sich an den Wänden entlang. Auch das Mobiliar hatte seine besten Zeiten hinter sich gebracht. Shanks ließ sich auf dem durchlöcherten Sofa nieder, ich zog die Kapuze vom Kopf. Ein Kerl mit Pferdeschwanz und einer Narbe im Gesicht, ein Fettwanst und, dem Aussehen nach zu urteilen, Lysop’s Vater stellten sich um das Sofa auf. Konnte ich ihnen wirklich trauen? Ich spürte eine immer größer werdende Spannung zwischen mir und den Männern mir gegenüber. Einen Kampf gegen sie würde ich nicht gewinnen, so viel stand fest.

„Darf ich vorstellen? Das ist mein Vize, Ben Beckman.“ Der Kerl mit Pferdeschwanz nickte. „Das ist Lucky Lou.“ „Sehr erfreut!“, sagte der Fettwanst und biss in eine Fleischkeule. Kein Wunder, dass er so aussah…“Und das ist Yasopp, der Vater eures Kanoniers.“ „Hallo!“, sagte Lysop’s Vater.

„Mich wundert es sehr, dass du allein unterwegs bist. Hast du Ruffy verloren?“, fragte Shanks gespielt besorgt, doch das Lachen konnte er sich kaum verkneifen. Er kannte wohl Ruffy’s Orientierungssinn. „Nein, Ruffy ist in seinem Heimatdorf. Ich bin in eigener Sache unterwegs“, antwortete ich ruhig. Mehr musste er auch nicht wissen. „Ich dachte, du wärst in der Neuen Welt?“

„Ach, als ich von Ruffy’s Krönung zum Piratenkönig gehört hatte, wusste ich, dass er erstmal zurück ins Windmühlendorf fahren würde. Ich will ich dort besuchen“, sagte Shanks, mal wieder grinsend.

„Und was willst du dann von mir?“, fragte ich. Ich hatte schließlich Besseres zu tun, als mich von dem Kerl voll labern zu lassen. „Ich wollte nur einen kleinen Plausch halten“, kam als Antwort. Super, noch so eine Leuchte. Ich fühlte mich langsam von der ganzen Welt verarscht!

„Mir ist zu Ohren gekommen, dass du Mihawk besiegt hast! Nicht schlecht, wollen wir kämpfen?“, fragte Shanks siegessicher grinsend. Ich musterte ihn und antwortete: „Nein, danke.“ „Ach, komm schon! Du klingst ja fast wie Mihawk!“, meckerte er entsetzt. Was für ein Kindergarten…

„Käpt’n! Ein Kampf würde nicht unentdeckt bleiben. Denk mal nach, hier wimmelt es nur so von der Marine“, ermahnte Ben Beckman ihn. „Jaja, das war doch nur ein Spaß!“, meinte Shanks und verdrehte die Augen. Einige Parallelen erkannte ich zu unserer Crew. Ruffy hatte sich wirklich den falschen zum Vorbild genommen, hatte ich das Gefühl.

„Hör zu, Zorro! Ihr seid alle ziemlich stark geworden, aber ihr dürft euch nicht auf euren Lorbeeren ausruhen. Es gibt immer jemanden, der stärker ist als du. Hör niemals mit dem Training auf. Gerade als Schwertkampfmeister musst du ständig mit Herausforderungen rechnen!“, platzte es aus Shanks heraus. Was sollte die Predigt? Hielten mich alle für ein kleines Kind, das nicht nachdachte?

„Das musst du mir nicht erzählen“, seufzte ich. „Ruffy benötigt diese Lektion. Er hat viel zu oft sein Leben aufs Spiel gesetzt, um uns zu beschützen.“ „Ich habe gehört, dass seine Kampftechniken gefährlich für ihn sind“, sagte Shanks mit ernster Miene. Sein Blick ließ mich kampfbereit werden.

Wir mussten Ruffy oft aus der Klemme helfen. In Enies Lobby konnte er sich nach dem Kampf nicht mehr bewegen. Auf der Thriller Bark hatte er nur das kleinere Übel besiegt und war danach kampfunfähig. Wir waren alle angeschlagen…ich wäre für ihn, nein, für meine Crew gestorben.

„Ruffy ist sehr stark geworden. Nach dem Tod seines Bruders habt ihr ihm Kraft gegeben“, sagte Shanks lächelnd. „Ohne euch hätte er es niemals bis zum Piratenkönig geschafft.“ Er sah mich an. „Du bist nicht sehr gesprächig“, bemerkte er und schüttelte den Kopf. „Mit Ruffy kam er bestimmt nie zu Wort!“, lachte Lucky Lou. „Ja, das wird es sein!“, lachte Shanks mit, Yasopp stimmte mit ein.

Ich beobachtete das Schauspiel. Eins war klar: Die Welt war verrückt geworden. War das alles ein Traum? Ich hoffte es…

„Als Vize hat man es nicht leicht, stimmt‘s?“, sagte Ben Beckman ruhig. Ich nickte. Ich hatte mich selbst nie als Vize bezeichnet, aber alle anderen sahen diese Aufgabe für mich wie geschaffen. Offiziell war Lysop unser Vize, doch nach dem, was in Water Seven geschehen war, hatte er es sich gründlich versaut.

„Jetzt tu mal nicht so!“, beschwerte sich Shanks. „Es ist doch leicht, oder, Zorro?“ „Schön wär’s“, antwortete ich und musste schmunzeln. „Dann verrate mir mal, was so schwer daran sein soll! Der Posten des Kapitäns ist schließlich am schwersten!“, sagte Shanks eingeschnappt. Ruffy war immer so unbeschwert und viel zu gutgläubig. Das war das Problem.

„Jemand muss dem Käpt’n sagen, was er falsch macht“, antwortete ich. „Und im Notfall für ihn einspringen…“ Ich senkte meinen Blick. Bartholomäus Bär…noch immer krampfte sich mein Körper zusammen, als ich an die Thriller Bark dachte. Wenn ich das damals nicht getan hätte, wäre Ruffy tot gewesen. Sein Traum wäre dahin.

„Ruffy hat dir wohl viel Ärger gemacht“, bemerkte Shanks. Er klang besorgt. „So ist Ruffy eben“, spielte ich es herunter. Ich wurde langsam ungeduldig. Ich wollte endlich zur Grand Line aufbrechen. Es war schon Nachmittag!

„So, es ist langsam Zeit“, durchbrach Ben Beckman die Stille. „Stimmt“, sagte Shanks nickend. „Tja, wir verabschieden uns dann mal.“ Dämliches Grinsen. „Achja, lass dich nicht von der Marine schnappen, sie scheinen es besonders auf dich abgesehen zu haben. Wenn sie etwas wollen, werden sie alles tun, um es zu kriegen, sei vorsichtig, Zorro.“ „Jaja, ich passe schon auf“, meinte ich genervt. „Tu mir bitte einen Gefallen. Sag Ruffy nicht, dass ich allein unterwegs bin.“ Die Männer starrten mich verwirrt an. „Dieses Treffen hat nie stattgefunden!“, sagte ich noch ernster.

„Ah, du willst mal ohne deinen Käpt’n die Sau rauslassen! Ich versteh schon“, lachte Shanks. Ja, so ähnlich, Blödmann. „Gut, ich sage ihm nichts, aber er wird es sowieso irgendwann rauskriegen.“ „Danke“, sagte ich. „Es ist besser, wenn er vorerst nichts davon erfährt.“ „Wie du meinst“, lachte Shanks. „Ich hoffe, sie ist hübsch.“ Schon wieder grinste er wie blöd. Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Wie hatte er mich durchschaut?

„Gute Reise, Zorro“, sagte er und verließ mit seinen Leuten das Haus. Die Spannung löste sich. Ich fühlte mich erleichtert und ließ mich in das Sofa sinken. Ich hätte mir vorher überlegen sollen, wie ich nach Alabasta kam. Mal wieder alles so planlos. Und wer wusste schon, ob Vivi noch immer auf mich wartete. Was meinte Shanks überhaupt mit der Marine? Sie wären besonders hinter mir her…da musste es einen Haken geben.

Zurück in der Seitenstraße, die Kapuze wieder über den Kopf gezogen, schlich ich weiter. Keine Menschenseele weit und breit. Da kam schon wieder einer von hinten. Heute war echt mein Glückstag…

„Hände hoch!“, schrie mich jemand an. Seufzend drehte ich mich zum Angreifer um. Ein etwas schwachwirkender bärtiger Mann mit roten Haaren hielt mir einen Säbel vor die Nase. „Das ist kein Spielzeug“, bemerkte ich. „Ich sagte: Hände hoch!“, schrie er wieder. Oje, was für ein Anfänger. Naja, man sollte nehmen, was man bekam.

„Sag mal, bist du Pirat?“, fragte ich ihn unbeeindruckt. „Ja, und?“, antwortete er und ließ seinen Säbel etwas sinken. „Dann willst du bestimmt zur Grand Line“, stellte ich fest. „Ja, willst du etwa mitfahren?“, fragte er mürrisch. „Das wird nicht ganz billig und vor allem lasse ich nur starke Leute auf mein Schiff!“ Ein Grinsen zog sich über sein Gesicht. Noch so ein Geizhals. Ich zog meinen Umhang etwas zurück und ließ einen Blick auf meine Schwerter zu, die nun zum Vorschein kamen.

Der Mann riss die Augen weit auf, seine Kinnlade klappte herunter. Interessanter Gesichtsausdruck. „Andererseits ist es mir eine große Ehre, dich auf meinem Schiff begrüßen zu dürfen!“, sagte er nun ängstlich. Klasse! Nun hieß es: Auf zur Grand Line!
 

Der Kahn war ziemlich groß. Eine Galeere. Der Pirat hatte sich als Rotbart vorgestellt. Sehr einfallsreich. Vor uns erstreckte sich die Red Line. Ich erkannte den Leuchtturm, der uns vor fast drei Jahren den Weg zur Grand Line zeigte. Die Sonne ging am Horizont unter. Die Piraten wussten scheinbar ganz genau, was zu tun war. Sie erkannten sofort den Eingang zum größten Meer der Welt. Mit hoher Geschwindigkeit raste das Schiff den River’s Mountain hinauf.

Mist! Brook war am Kap der Zwillinge! Er wollte unbedingt bei La Boum bleiben. Er durfte mich nicht entdecken…das Schiff fuhr mit einem Affentempo den Berg hinab. Ein Lied wurde immer lauter. Bink’s Sake, Brook’s Lieblingslied. Wo konnte ich mich verstecken?

„Da ist ein Riesenwal!“, schrie einer der Piraten. Das Schiff war nun am Kap angekommen. „Ein Skelett!“, schrie Rotbart entsetzt und musste mich unbedingt vorschicken. Er schubste mich zur Reling und ich sah in die leeren Augenhöhlen meines Nakama. Dämlicher Angsthase! „Yohohoho! Zorro, was tust du denn hier?“, begrüßte mich Brook. Ich wurde entdeckt, blöd gelaufen.

Unerwarteter Sieg

Über Nacht blieben wir am Kap der Zwillinge. Krokus erklärte den Piraten, wie es auf der Grand Line abging. Ich saß an der Klippe zum Meer. Der Mond spiegelte sich im Wasser. Das Spiegelbild verschwamm, als La Boum freudig vor mir auftauchte.

„Hast du dich wieder verlaufen?“ Brook’s besorgte Stimme erklang hinter mir. „Nein, habe ich nicht!“, antwortete ich genervt. Er setzte sich neben mich. „Was tust du dann hier?“, hakte er nach. Ich hatte wohl keine andere Wahl, als ihm zu erzählen, was los war. Ich zog den Eternal Port aus meiner Manteltasche und hielt ihn dem Skelett vor.

„Oh, Alabasta?“ Er nahm den Kompass und begutachtete ihn. „Jemand wartet auf mich“, sagte ich nickend. La Boum hatte seinen gewaltigen Kopf aus dem Wasser gestreckt und schien auch interessiert zu sein. „Du musst nichts mehr sagen“, sagte Brook plötzlich. „Mein Herz hat deine Geschichte bereits erkannt. Naja, ich bin ein Skelett, also habe ich kein Herz! Skull Joke, yohohohoho!“ Fing das wieder an.

„Sag das bitte niemandem“, bat ich ihn. „Keine Sorge, meine Lippen sind versiegelt. Ich bin-„ „Halt die Klappe!“, unterbrach ich ihn. Seine Skull Jokes reichten mir. „Na gut“, schmollte Brook. La Boum tauchte wieder unter. Am Himmel funkelten immer mehr Sterne. Die Piraten feierten.

„Du hast so viel für uns getan“, durchbrach Brook die Stille zwischen uns. Ich sah ihn fragend an. „Du hast dein Leben oft für uns aufs Spiel gesetzt. Ständig dachtest du nur an unser Wohl. Selbst nach deinem harten Kampf gegen Falkenauge warst du einsatzbereit, um uns zu unterstützen.“ „Was soll die Predigt?“, fragte ich. Es war doch selbstverständlich, dass ich meine Freunde beschützte. Sie waren meine Familie. Ich wollte sie niemals verlieren.

„Yohohoho! Jetzt darfst du an dein Wohl denken“, lachte das Skelett. Ich hatte kaum auf meine Bedürfnisse geachtet. Mir lag das Wohl meiner Freunde am Herzen, aber jetzt, als Brook es aussprach, hörte ich die Wahrheit heraus. Ich war immer darauf bedacht, meine Freunde zu schützen. Selbst nach dem Kampf gegen Mihawk. Meine Wunden waren tief. Auf der nächsten Insel wurden wir von einer Piratenbande angegriffen. Natürlich kämpfte ich an der Seite meiner Freunde, auch wenn ich nicht voll einsatzfähig war.

„Vielleicht hast du Recht“, sagte ich in Gedanken versunken. Sobald ich in Alabasta war, würde einiges anders werden. Endlich herrschte Stille am Kap. Endlich konnte ich schlafen.
 

„Ich habe auf dich gewartet“, sagte Mihawk.

Eine weite Ebene erstreckte sich auf der Insel, perfekt für einen Kampf. Er stand mit verschränkten Armen da und grinste. Ich glaubte, etwas Stolz in seinem Blick erkennen zu können. Meine Freunde schauten mich besorgt an, nur Ruffy sah entschlossen aus. Er glaubte an mich. Das hatte er schon beim ersten Kampf gegen Mihawk getan. Ich band mein Kopftuch fest und zog Kuina’s Schwert. Mit diesem Schwert wollte ich ihn besiegen. Ich wusste, ich würde es dieses Mal schaffen. Die Wette wollte ich schließlich gewinnen.

„Ihr solltet besser Abstand halten“, meinte Mihawk zu Ruffy und den anderen. Nur widerwillig entfernten sie sich von mir. Jetzt hieß es alles oder nichts! Ich klemmte mir das Schwert zwischen die Zähne und zog meine anderen beiden Schwerter. Mihawk holte sein Black Sword hervor. Er wollte aufs Ganze gehen. Endlich konnte ich allen beweisen, was in mir steckte. Dieser Kampf würde der härteste Kampf meines Lebens werden.

Der Kampf begann und wir stürmten aufeinander zu. Er parierte meine Angriffe mit Leichtigkeit, doch auch ich wich seinen Schwerthieben immer wieder aus. Er landete den ersten Treffer. Ein leichter Schnitt zog sich an meiner linken Seite herunter. Heißes Blut lief an meinem Körper hinab und ein Brennen machte sich bemerkbar. Nur ein Kratzer!

Unsere Klingen prallten immer wieder aufeinander. Dieses Geräusch von klirrendem Metall ließ mich langsam aber sicher taub für alles andere werden. Ich musste mir überlegen, wie ich Mihawk treffen konnte. Irgendwann würde auch er einen Fehler machen, jedoch konnte das viel zu lange dauern. Spielerisch wich er meinen nächsten Angriffen aus und holte zum Gegenschlag aus. Da, er zeigte Blöße! Kurz bevor er nach vorne schnellte, konnte ich einen weiteren Angriff starten. Mein ausgestreckter Schwertarm schnitt in sein Fleisch am Bein. Leider erwischte mich sein Gegenangriff. Mein Oberkörper war blutüberströmt und ich flog einige Meter zurück.

„Ein Kratzer, nicht schlecht“, meinte Mihawk und sah auf die kleine blutende Wunde an seinem Bein. „Besser als nichts“, gab ich keuchend zurück. Ich musste aufmerksamer sein. Es würde nichts bringen, wenn ich für jeden Kratzer, den ich ihm zufügte, einen tiefen Schnitt kassierte. Ich wagte es nicht, einen Blick auf meine Freunde zu werfen. Ich konnte mir vorstellen, wie entsetzt sie mich ansahen. Ich musste einen klaren Kopf kriegen.

Ich schüttelte die Gedanken ab und versuchte es mit einem Fernangriff. Ich spannte meine Arme an und zog sie hinter meinem Kopf zurück, um meine Kraft zu sammeln. Mihawk erkannte, was ich vorhatte und schien ebenso einen Fernangriff zu planen. Mit der „300 Pfund Kanone“ könnte ich ihn treffen, aber wahrscheinlich würde er den Angriff umlenken. Zumindest war es einen Versuch wert. Zeitgleich starteten wir unsere Angriffe. Während meine drei schneidenden Wellen sich zu einer verbanden, sah ich eine schwarze Schnittwelle auf mich zukommen. Diese Geschwindigkeit! Ich konnte nicht mehr ausweichen. Meine Schwerter flogen umher und ich landete unsanft auf dem Rücken.

Ich spürte, wie das Blut aus meinen Körper kam, doch Aufgeben wollte ich nicht! Keuchend rappelte ich mich auf und sah zu Mihawk. Ich hatte ihn getroffen? Sein Angriff hatte meinen wohl nicht zerschlagen. Langsam kam Hoffnung in mir auf. Ich war ihm doch ebenbürtig! Ich nahm meine Schwerter an mich und ging zum Nahkampf über. Wieder prallten unsere Klingen aufeinander, wieder und wieder.

Der Kampf zog sich stundenlang. Jeder von uns landete regelmäßig Treffer. Ich war blutüberströmt, aber Mihawk sah auch nicht besser aus. Jetzt zählte nur noch, wer länger durchhielt. Jede noch so kleine Bewegung schmerzte, es fühlte sich an, als würde jeder einzelne Muskel meines Körpers reißen wollen. Mir fehlte die Kraft, doch ich wollte nicht aufgeben. Ich war so kurz davor, mein Ziel zu erreichen. Meine Freunde schauten zu, sie waren besorgt um mich, doch ich konnte sie nicht ansehen. Ich wollte sie nicht ansehen…noch nicht.

Mihawk’s Angriffe richteten sich nun gegen meine Hände. Er schlug mir die Schwerter weg, meine Hände bluteten stark. Ich hatte nur noch ein Schwert und mit dem würde ich ihn besiegen. Meine Beine fingen an, vor Erschöpfung zu zittern. Sie durften jetzt nicht nachgeben. Diesen Kampf wollte ich gewinnen!

Wir beide starteten einen Angriff. Wieder klirrte das Eisen unserer Schwerter, als sie aufeinander prallten. Meine Arme fühlten sich an, als würden sie jede Sekunde von meinem Körper fallen. Mihawk schien auch am Ende zu sein, doch sein Ehrgeiz ließ ihn weiterkämpfen.

„Ich hatte schon ewig nicht mehr einen so harten Kampf“, gab er keuchend zu, als wir voneinander für eine kurze Pause zurückwichen. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Es konnte ja nicht dauernd so weitergehen. Erst jetzt erkannte ich, wie er mich besiegen wollte. Er hatte mit Absicht meine Hände angegriffen, um mich kampfunfähig zu machen. Jeder seiner Angriffe war gezielt, obwohl ich sie für willkürlich hielt. So konnte ich ihn besiegen. Ich musste ihn nur erwischen.

Mihawk musterte mich skeptisch. „Ich werde gewinnen“, keuchte ich siegessicher und stürmte auf ihn zu. Mein Körper musste das jetzt noch aushalten. Nur ein gezielter Angriff würde reichen. Er parierte meine Angriffe noch immer mit scheinbarer Leichtigkeit. Irgendwie musste ich ihn doch treffen! Nach einigen Angriffen mehr schaffte ich es. Ich traf ihn an der Schulter! Er wich einige Schritte zurück.

„Du hast ganz schön lange dafür gebraucht“, bemerkte Mihawk und drückte seine Hand auf die Wunde. Das Blut quoll ungezügelt zwischen seinen Fingern durch. „Besser später als nie“, sagte ich, nachdem ich tief Luft geholt hatte. Würde das reichen? Wahrscheinlich nicht. Ich wagte es nun, einen kurzen Blick auf meine Freunde zu werfen. Sie sahen noch immer besorgt aus, aber ich erkannte auch etwas Erleichterung in ihren Blicken. Ruffy nickte zuversichtlich und ich wendete mich mit einem Lächeln wieder Mihawk zu.

„Tja, das war ein guter Treffer“, sagte Mihawk mit schmerzverzerrtem Gesicht. Meine Hand schmerzte und brannte, als ich mein Schwert fester umklammerte. „Diesen Kampf werden wir wiederholen, ich will meinen Titel schließlich zurückhaben“, fuhr er fort. Er wusste genau, wann es genug war. Ich konnte meine Gedanken nicht ordnen. Oder herrschte vielleicht Leere? Ich hatte es geschafft? Ich hatte es wirklich geschafft? In diesem Moment spürte ich kein Brennen, keine Schmerzen, kein Muskelreißen.

„Du bist ziemlich blass“, bemerkte Mihawk. Ruffy und die anderen kamen auf mich zu gerannt. „Du hast es geschafft!“, schrie Ruffy überglücklich. Auch alle anderen waren völlig aus dem Häuschen, doch ich konnte noch gar nichts realisieren. „Eh? Zorro?“ Ruffy sah mich besorgt an. „Ich kann nicht mehr…“, murmelte ich und ließ mich ins Gras fallen.

Chopper hatte unsere Wunden versorgt. Wir verabschiedeten uns von Mihawk und setzten unsere Reise fort. Wenn nur alles friedlich geblieben wäre…eine Piratenbande griff uns an. Sie waren stärker als gedacht und wir hatten große Schwierigkeiten, sie zu besiegen. Ich fühlte mich in meiner Verfassung nutzlos. Ich konnte kaum ein Schwert halten, um zu kämpfen. Die Schmerzen waren zu groß…doch ich wurde in einen Kampf verwickelt. Mein Gegner nutzte meine Verletzungen aus, so wie Okta es damals im Arlong Park getan hatte. Schmerzen…Blut…die verzweifelten Schreie meiner Freunde…
 

„Guten Morgen! Das schreit geradezu nach einem wunderbaren Liedchen zum Sonnenaufgang, yohohoho!“ Brook begann auf seiner Violine zu spielen und trällerte ein dämliches Lied. Es war also Zeit, aufzustehen. Die Piraten waren von diesem Wecker nicht sehr begeistert und schimpften und fluchten vor sich hin.

„Solche Banausen“, meinte Brook empört. „Sind wahrscheinlich nicht deine Fans“, sagte ich gähnend. Hoffentlich legten wir schnell ab. Meine Ungeduld wurde immer schlimmer. „Zorro?“ Ich sah Brook an. Was wollte er denn jetzt? Noch so ein peinlicher Abschied?

„Was ist?“, fragte ich das Skelett. „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich begleite?“, fragte er. „Was ist mit La Boum? Willst du ihn wirklich schon wieder verlassen?“, erkundigte ich mich.

„Ich habe es schon mit ihm besprochen. Er ist einverstanden“, sagte er freudestrahlend. „Er ist alt genug, um auf sich selbst aufpassen zu können, yohohoho! Außerdem ist ja noch Krokus da. Also, darf ich dich begleiten?“

„Es spricht nichts dagegen“, antwortete ich knapp. Eigentlich wollte ich das allein machen, aber ich brauchte doch Gesellschaft von meinen Freunden. Ich hatte mich zu sehr an sie gewöhnt. Diese Piraten waren natürlich kein Ersatz für die Launen der Strohhutpiraten.

„So, nun bist du auf der Grand Line!“, sagte Rotbart. Er wollte mich wohl loswerden. „Ja, hier sind wir auf der Grand Line“, meinte ich grinsend. Dem würde ich es schon noch zeigen. „Und dort wollen wir hin.“ Ich zeigte ihm den Eternal Port.

„D-d-du bleibst auf meinem Schiff?!“, fragte er nicht gerade glücklich. „Yohohoho, und ich komme mit!“, mischte sich Brook ein. „Wir wollen doch keinen Ärger, oder, Rotbart?“, versicherte ich mich und zog ein Schwert etwas aus der Schiede, dessen Klinge im Sonnenschein aufblitzte.

„N-n-na-natürlich nicht!“, rief Rotbart. „Also, alle Mann an Bord! Wir segeln nach Alabasta!“ Ein Stöhnen ging durch die Runde. Naja, aber ich hatte ihn überzeugt. Jetzt trennten mich nur noch wenige Tage von Vivi. Das Schiff setzte sich in Bewegung.

Hinterhältiges Angebot

Brook und ich saßen am Bug. Ich starrte in die Wellen, die am Schiff vorbeizogen.

„Warum wolltest du unbedingt mitkommen, Brook?“, fragte ich das Skelett mit dem Afro. „Weißt du, Zorro, das Reisen hat mir gefehlt und außerdem war ich noch nie in Alabasta. Dort gibt es bestimmt ein paar hübsche Frauen, die…“ Den Rest überhörte ich. Ich wusste, was er sagen wollte, welche Gedanken er hatte.

Ein Vogel näherte sich dem Schiff. Der Schatten wurde größer, bis ich einen Falken erkannte. Er landete direkt auf meiner Schulter und pickte gegen meine Wange. „Oh, er trägt einen Zettel am Bein“, bemerkte Brook. Ich setzte den Falken auf die Reling und löste das Papier von seinem Bein. Ich faltete den Zettel auf und las die Nachricht laut vor:

„Die Weltregierung scheint etwas Großes mit dir vorzuhaben. Ihre Methoden sind hinterhältig, also sei vorsichtig! – Mihawk“

Shanks hatte mich schon in Logue Town gewarnt, es schien wohl ziemlich ernst zu sein, aber was wollten die von mir? „Was sie wohl von dir wollen“, fragte sich auch Brook. „Bestimmt nichts Gutes“, wusste ich schon mal. Ich strich dem Falken über den Kopf und er flog wieder hinaus in den weiten Himmel.
 

„Da vorne ist eine Insel!“, schrie ein Pirat vom Krähennest herunter. Ein Tag auf der Grand Line war bereits vergangen. Das Schiff musste leider an der besagten Insel anlegen. Die Kerle hatten doch tatsächlich zu wenig Proviant mitgenommen!

Brook und ich schauten uns in der kleinen Hafenstadt um. Hier gab es nichts Besonderes. Die Häuser waren allesamt weiß und strahlten irgendwie Unschuld aus. An fast jedem Fenster standen Blumenkästen und die Leute schienen sich auch nicht wirklich an Piraten zu stören. Das alles machte mich sehr stutzig. Irgendwas war seltsam an dieser Stadt.

Ein glatzköpfiger alter Mann mit Brille kam geradewegs auf uns zu. Er trug ein Schwert bei sich, das von außen einem Kitetsu glich. Das konnte nur Ärger geben. „Lorenor Zorro, folge mir!“, sagte der Opa mit fester Stimme. Ehe ich mich versah, waren wir auch schon von schwarzgekleideten Agenten der Weltregierung umzingelt. „Hilfe!“, rief Brook erschrocken. Wir hatten wohl keine andere Wahl, als ihm zu folgen.

Der Opa führte uns eine Straße hinauf, an deren Ende eine weiße Villa stand. „Bitte tretet ein“, sagte er und ging durch die große Eingangstür. Wir folgten ihm. Aber was zum Geier wollte die Weltregierung von mir? Sie hatten mich viel zu schnell gefunden, fiel mir dabei ein. Hatten sie mich etwa schon länger beschattet? Hatte dieser Rotbart und seine Bande etwas damit zu tun?

Der Greis führte uns durch den langen Flur in einen großen Saal. In der Mitte waren Sofas um einen kleinen Tisch gestellt. Riesige Fenster tauchten den Raum in Sonnenlicht. Ich spürte Brook’s Anspannung.

„Setzt euch“, sagte der Opa und ließ sich auf ein Sofa nieder. Einige Agenten stellten sich hinter ihm auf. Misstrauisch setzte ich mich ihm gegenüber und zog Brook mit. „Ihr seid nun schon fast drei Jahre unterwegs“, begann er. „Damals gab es noch nicht so viel Ärger mit dem Strohhut, aber nun…“ Er sah mich eindringlich an. Ich spürte, wie Brook neben mir leicht zitterte. Ich hielt dem Blick stand.

„Du hast dir als Piratenjäger einen Namen gemacht“, fuhr er fort. „Das können wir natürlich sehr gut gebrauchen. Außerdem hat die Strohhutbande uns leider sehr oft geholfen. Die Sache damals mit Arlong im East Blue, aber auch die versuchte Machtergreifung Sir Crocodiles in Alabasta und noch mehr. Ihr seid keine gewöhnlichen Piraten, ihr helft den Menschen. Es wäre wirklich schade drum, wenn wir den Piratenkönig dafür bestrafen würden. Nun ja…da musst du herhalten. Du bist schließlich der Vize und willst deine Crew mit Sicherheit beschützen.“

Sein Blick durchbohrte mich fast. Piratenjäger…hilfsbereit…wollte er mich dafür hinrichten lassen? Eher nicht, es war etwas anderes. Ich hatte so das Gefühl, er wollte mich für die Weltregierung arbeiten lassen. Als Samurai der Meere? Nein, danke!

„Deinem Blick nach zu urteilen, weißt du bereits, worauf ich hinaus will“, meinte der Opa. Brook sah mich fragend an. „Ich werde den Samurai nicht beitreten! Ich werde nicht für die Weltregierung arbeiten!“, stellte ich gereizt klar.

„Du hast keine andere Wahl, Zorro“, sagte der Opa ruhig, aber vor sich hin grinsend. Ich musterte ihn skeptisch. „Vor den Heimatinseln deiner Freunde liegen bereits Marineschiffe. Es könnte sehr unschön werden. Du weißt ja noch, wie ein Buster Call aussieht. Aber wir würden uns natürlich freuen, den Piratenkönig öffentlich hinrichten zu lassen.“ Er lächelte mich siegessicher an. Die Schweine von der Weltregierung wollten tatsächlich einen Buster Call ausrufen. Damals war von Enies Lobby nichts übrig geblieben, auch viele Unschuldige wurden in diesem Feuergefecht getötet. Das wollten die jetzt mit meinen Freunden tun? Verdammt! Erpressung auf höchstem Niveau…

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass meine Nakama das zulassen werden, oder?“, bemerkte ich kühl. „Nein, das habe ich natürlich nicht geglaubt, aber ich habe noch etwas für dich“, meinte der Opa. Wieder huschte ein siegessicheres Lächeln über sein Gesicht. Ein Agent warf mir eine Zeitung in den Schoß. Ich sah auf die Zeitung, mir stockte der Atem. Sie wussten eindeutig zu viel!

„Prinzessin Vivi war doch an Bord eures Schiffes. Ihr alle seid Freunde. Ich bin mir sicher, dass du Alabasta retten willst. Wenn du den Titel Samurai nicht annimmst, legen wir euch auf der Stelle um und Prinzessin Vivi und ihr Land gehen in einem Krieg unter“, erklärte der Opa ruhig. Brook schaute neugierig auf die Zeitung.

König Farqurad erklärt dem Wüstenstaat Alabasta den Krieg. Er stellt harte Forderungen, denn er will unter allen Umständen Sandy Island in sein Königreich eingliedern. Wird es eine friedliche Lösung geben?

„Außerdem können wir keinen Gesetzlosen an der Seite der Prinzessin dulden“, fuhr der Opa fort. Und woher wusste er das schon wieder? Mir blieb einfach nichts erspart. Wenn die anderen die Zeitung lasen, würden sie bestimmt sofort nach Alabasta aufbrechen. Wir mussten früher als sie da sein. Allerdings waren ihre Heimatorte in großer Gefahr, wenn ich das Angebot ablehnen würde. Ich konnte das nicht zulassen…

„Nun?“ Der Opa sah mich eindringlich an. Ich stand auf und schaute zu Brook. „Tut mir Leid“, sagte ich zu ihm und wendete mich dem Opa zu. „Einverstanden. Damit das klar ist: Ich tue das nur für meine Crew und für Alabasta!“ Brook stand ebenso auf. „Gut“, nickte der Opa. Er hatte gewonnen.
 

Brook und ich waren auf dem Weg zum Hafen. Zum Glück herrschte Schweigen zwischen uns. Ich konnte den Gedanken nicht akzeptieren, ein Samurai der Meere zu sein.

„He, das Schiff legt ab“, bemerkte Brook ruhig. Ich sah auf das Meer. Dieser verdammte Rotbart hatte tatsächlich die Fliege gemacht! „Fragt sich nur, wo sie hin wollen…“, sagte ich und holte den Eternal Port hervor. „Haben die einen Log Port?“, fragte Brook.

„Naja, ich hatte ihnen einen versprochen, wenn sie mich nach Alabasta bringen“, erklärte ich. „Ich habe nur noch keinen aufgetrieben.“ „Dann sind sie verloren, yohohohoho!“, lachte Brook.

Klasse! Wir hatten kein Schiff mehr, Vivi musste wieder Spannungen in ihrem Land ertragen, im Moment waren wir verloren…und ich musste gemeinsame Sache mit der Weltregierung machen. Wie war ich da nur hineingeraten? Ich hätte vielleicht doch bei Koshiro bleiben sollen. Ein Anruf bei Vivi hätte bestimmt genügt, um Klarheit zu schaffen. Mann, was hatte ich schon wieder für Gedanken? Ich schüttelte den Kopf.

„Zorro?“ Brook sah mich besorgt an. „Wir bleiben über Nacht auf der Insel. Ich muss meine Gedanken erstmal irgendwie ordnen“, seufzte ich. „Einverstanden?“ „Yohohoho! Natürlich!“, lachte Brook. So sorglos wollte ich sein.

In einem Gasthof nahmen wir uns ein Zimmer.

Es war Mitternacht, Brook schlief bereits im Bett am anderen Ende des Zimmers. Ich lag noch immer wach und starrte an die Decke, in der Hoffnung, ein paar Antworten zu finden. Ich war nur wenige Tage unterwegs und schon saß ich im tiefsten Schlamassel. Erst das Treffen mit Shanks, dann wollte Brook plötzlich mitkommen, aber warum eigentlich genau? Naja…und nun war ich auch noch Samurai der Meere und kam von dieser verdammten Insel nicht mehr weg! Wie war das nur alles passiert?

Die anderen durften das alles nicht erfahren. Es war einfach nur Verrat. Shanks und Mihawk schienen davon genau gewusst zu haben. Zum Schutz meiner Kameraden? Ja, natürlich…ich hatte keine andere Wahl. Hätte ich das Angebot abgelehnt, wären wir womöglich alle tot oder erst Gefangene und danach zum Tode Verurteilte. Ich wollte jetzt keine Rechtfertigungen suchen. Es war einfach falsch, aber nur so konnte ich meine Freunde retten.

Ich erinnerte mich zurück an die Thriller Bark. Es war aussichtslos. Nach dem Kampf gegen Moria waren wir alle am Ende unserer Kräfte. Um meine Crew zu beschützen, hatte ich mich trotzdem auf einen Kampf gegen Kuma eingelassen. Als alle besiegt waren, musste ich etwas tun. Kuma sollte, nein, durfte Ruffy nicht kriegen. Und dieser dämliche Koch durfte auch nicht sterben. Es war eine schmerzvolle Erfahrung.

Durch Kuma hatte ich erst erkannt, wie sehr sich Ruffy für uns aufopferte. Jeder normale Mensch wäre längst tot gewesen! Doch er spielte alles nur mit einem Lächeln herunter. Es hatte mir auch gezeigt, wie schwach ich im Gegensatz zu Ruffy war. Ich hatte meine Grenzen einsehen müssen. Und ich ging den letzten Schritt…für meine Freunde, für ihre Träume.

Brook drehte sich in seinem Bett um. Ich sollte lieber an die Zukunft denken. Solange ich Samurai war, waren meine Freunde in Sicherheit. Jetzt hieß es, irgendwie nach Alabasta zu kommen. Wie ging es Vivi? Wie stand es um ihr Land? Und warum wollte dieser König Alabasta haben? Da ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. Etwas musste geschehen sein.

Und dieser seltsame Opa wusste von meinem Vorhaben. War ich so leicht zu durchschauen? Hatten die anderen womöglich auch etwas mitbekommen? Diese Gedanken machten mich nervös. Ich versuchte immer, so wenig wie möglich von mir preiszugeben. Ich wusste, dass Gefühle eine große Schwachstelle sein konnten, deshalb behielt ich alles für mich.

Der Morgen brach an und ich hatte kaum geschlafen. Heute mussten wir ein Schiff finden, das uns nach Alabasta bringen würde. Das war natürlich leichter gesagt als getan.

Brook und ich machten uns nach dem Frühstück auf zum Hafen. Die Sonne strahlte am Himmel, die Möwen flogen über die weiße Stadt…und es lag kein Schiff vor Anker.

„Hier sieht es schlecht aus“, bemerkte Brook enttäuscht. Ich hatte mir das alles ganz anders vorgestellt. Ich dachte, ich könnte ein paar Piraten erpressen, die mich geradewegs nach Alabasta bringen würden. Fehlanzeige. Das war naiv und dumm.

News Q landete neben mir und sah zu mir auf. „Oh, die Zeitung“, sagte Brook. Ich kramte eine Münze aus meiner Hosentasche und warf sie in die Geldbox der Möwe. Sie flog wieder davon, nachdem ich eine Zeitung genommen hatte. Ich schlug sie auf und sah Vivi auf der Titelseite. Sie war noch schöner geworden und lächelte. Neben ihr war ein schwarzhaariger Kerl mit merkwürdigem Schnurrbart, der fast einen ganzen Kopf größer als sie war. Er grinste frech in die Kamera.

Vivi…sie sah glücklich aus… „Friedenskompromiss gefunden“, las ich laut. „Prinzessin Nefeltari Vivi wird König Basset Farquard zum Mann nehmen. Die Königreiche Alabasta und Frommage werden vereint. König Kobra, der seit einiger Zeit erkrankt ist und sich deshalb nicht um die Regierung Alabastas kümmern kann, ist einverstanden.“

Ich wollte nicht, dass es wahr war. Ich wünschte mir, dass ich träumte. Enttäuschung machte sich in mir breit, mein Kopf war leer, ich konnte nicht nachdenken. Brook nahm mir die Zeitung aus der Hand und las es noch einmal für sich. War ich wirklich so naiv gewesen, zu glauben, dass sie noch immer auf mich wartete? Dass sie mich noch immer liebte? Dass sie sich an mein Versprechen erinnerte? Für mich brach eine Welt zusammen. Es war, als lägen Tausende Scherben vor mir. Vielleicht war es auch einfach nur meine Wunschvorstellung gewesen. Ich hatte mir zu viele Hoffnungen gemacht. Vivi würde diesen Farquard heiraten…sie sah so glücklich an seiner Seite aus. Logisch, er war nun mal ein König und konnte ihr mehr bieten.

„Glaubst du, sie wird ihn freiwillig heiraten?“, fragte Brook. „Sie sieht glücklich aus“, antwortete ich kühl. Was ich wirklich fühlte, brauchte niemanden zu interessieren. Vielleicht würde sie ihn nur heiraten, um den Frieden zu sichern. Andererseits konnte ich auch nicht von ihr erwarten, jahrelang auf meine Rückkehr zu warten. Für mich war das Bild in der Zeitung eindeutig, doch irgendetwas hielt mich davon ab, es als Wahrheit zu akzeptieren.

„Ich will Gewissheit.“ Meine Stimme klang leider nicht so stark, wie ich es mir gewünscht hatte. Brook nickte nur. Er hatte meine Gefühle und meinen Gedankenkrieg sicher längst durchschaut.

„Auf dieser Insel gibt es mit Sicherheit noch andere Hafenstädte“, sagte Brook und sah mich zuversichtlich an. „Dort finden wir bestimmt auch ein Schiff, das uns mitnimmt.“ Ich nickte. Er gab mir die Zeitung zurück. Ich sah mir noch einmal das Bild von Vivi an. Es fühlte sich an, als wäre mein Herz durchbohrt. Ich schüttelte diesen Gedanken jedoch schnell wieder ab und verstaute die Zeitung in meinem Mantel. „Lass uns gehen.“

Wald des Todes

Mit freundlicher Unterstützung meiner besten Freundin entstanden^^
 

Es war Zeit, meine Sorgen zu vergessen. Ich musste nach vorne schauen und vor allem zusehen, dass wir nach Alabasta kamen. Nun ja, für jemanden mit wenig Orientierungssinn war das natürlich leichter gesagt als getan.

„Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind, Zorro?“, fragte Brook und sah zu den hohen Baumkronen hinauf. Wir hatten die Stadt verlassen und gingen durch einen Wald…und dann war plötzlich der Weg verschwunden. „Woher soll ich das wissen? Warum bist du nicht vorangegangen?“, fragte ich entnervt zurück. „Du bist so zielstrebig vorgegangen, da dachte ich, du würdest dich hier auskennen, yohohohoho!“, lachte Brook. Ich musste wütend schnauben. Jeder in der Crew wusste, dass ich mich ständig verlief! Natürlich würde ich sowas niemals freiwillig zugeben, aber das war ja nicht der Punkt.

Der Wald war ziemlich dunkel, eher das Gegenteil der hellen Hafenstadt, durch die wir die Insel betreten hatten. Die Bäume waren sehr hoch und standen dicht beieinander. Der Boden war von Wurzeln und Gräsern bedeckt, hier und da waren noch Büsche. Aber wo war der Weg abgeblieben, auf dem wir uns noch vorhin befunden hatten?

Brook ging ein wenig umher und summte seine Lieblingsmelodie. „Lass uns weitergehen. Irgendwie werden wir schon wieder aus dem Wald finden“, seufzte ich. Brook sah mich an und verkniff sich mit Mühe das Lachen. Ich fühlte, wie mein Kopf heißer wurde. Scham oder Wut? Das durfte Brook erraten. Nachdem er sich einige Kopfnüsse von mir gefangen hatte, gingen wir schweigend weiter. Je tiefer wir in den Wald gingen, desto dunkler wurde es.

„Es ist so dunkel, ich sehe ja kaum die Hand vor meinen Augen!“, begann Brook. „Yohohoho! Ich hab ja gar keine Augen!“ Ein starker Windstoß fegte durch den Trampelpfad, auf dem wir uns befanden. Brook blieb abrupt stehen. Er schaute mich entgeistert an, Mann, der konnte gruselig gucken. „Z-z-zorro? Hi-hi-hier gibt’s e-e-es doch hoffentlich keine G-g-g-geister?!“ Es war immer wieder interessant zu sehen, dass ein Skelett Angst vor Geistern hatte. „Warum sollte es hier Geister geben?“, fragte ich schmunzelnd. Plötzlich hörten wir ein lautes Kichern. Es klang nach einem kleinen Mädchen. „Da hast du es! Das war bestimmt ein Geist!“, schrie Brook. Der Wind umspielte die Baumkronen und ein wahrer Blätterregen entstand. In den Büschen raschelte es. Meine Hand ruhte bereits auf einem Schwertgriff.

„Keine Sorge, Brook, es gibt keine Geister“, beruhigte ich das Skelett, das sich hinter mir versteckte. Ein leichtes Beben kam auf. Kam da etwas angerollt? Ich sah mich noch einmal um und bemerkte, wie die Bäume plötzlich einen Pfad geformt hatten. Es gab also nur noch einen Weg für uns. Hatten sich die Bäume bewegt?! „Zorro, ich reiße dich ja nur ungern aus deinen Überlegungen, aber dahinten kommen riesige Felsbrocken angerollt!“, schrie Brook und rannte los. Ich hörte wieder das Kichern, das schon bald von dem ohrenbetäubenden Geräusch der herannahenden Felsen verschluckt wurde. Ich rannte dem Skelett hinterher. Es gab ja nur einen Weg. Hatte die Weltregierung etwas damit zu tun? Sie hatten doch schon bekommen, was sie wollten.

Es ging steil bergab. Dies erhöhte logischerweise die Geschwindigkeit der Felsen, die uns verfolgten. „Ich will noch nicht sterben!“, heulte Brook und rannte noch schneller voraus. „Du bist doch schon tot!“, rief ich ihm hinterher. Ich sollte auch langsam mal schneller werden. Ein Versuch, die Felsbrocken zu zerschneiden, schlug fehl, da sie sich wieder zusammengesetzt hatten. Uns blieb nichts anderes übrig, als die Beine in die Hand zu nehmen. Das Kichern war wieder zu hören. War das wirklich ein Geist, wie Brook glaubte? Jedenfalls wollte das kichernde Mädchen uns in eine bestimmte Richtung locken.

„Der Weg ist da zu Ende!“, heulte Brook auf. „Erzähl keinen Mist!“, rief ich ungläubig. Was nun? Hinter mir, noch hinter den Felsbrocken hörte ich Gelächter. War da jemand? Es klang nicht nach dem kichernden Mädchen. „Was tun wir jetzt?!“, heulte Brook wieder auf und blieb kurz vor dem Abgrund stehen. Ich bremste neben ihm ab und drehte mich zu den Felsbrocken um. „Zeigt euch endlich, ihr Feiglinge!“, schrie ich gegen den Lärm der Felsen. Plötzlich zerfielen sie zu Staub und fünf kleine Wesen standen vor mir. „Gnome?“, fragte ich verwirrt. Ihre graue Haut war noch von Staub bedeckt, ihre Kleidung glich Lumpen.

„Igitt! Da unten hängt was!“, schrie Brook und sprang vom Abgrund weg. Er drehte sich um und erblickte die Gnome. „Igitt! Wo sind wir hier bloß?!“ Die Gnome schauten etwas traurig drein. „Vielleicht solltest du sie nicht beleidigen“, bemerkte ich und ging zum Abgrund. Ich sah hinunter. Ein Mädchen hing an einem Ast. Auch sie war voller Staub und Schlamm und trug zerrissene Kleidung. Hatte sie durch den ganzen Wald gekichert? In ihrer jetzigen Lage würde wohl niemand kichern. „Brook, da unten ist ein Mädchen und kein etwas“, meinte ich nur. „Wir sollten ihr helfen.“ Als ich mich wieder umdrehte, waren die Gnome verschwunden. Hatten sie Angst? „Das waren merkwürdige Wesen“, sagte Brook leise und widmete sich wieder dem Abgrund. „Sie hängt ziemlich weit unten. Wie wollen wir sie hochziehen?“ „Vielleicht finden wir hier irgendwo Lianen. Die Bäume sehen mir ziemlich exotisch aus“, murmelte ich und sah mich um. Brook machte sich gerade an einem Ast zu schaffen, an dem eine Ranke herunterhing. Das könnte man gut als Seil benutzen.

„So, ich denke, die Ranke ist lang genug“, sagte Brook. Er hielt die Ranke in der Hand und ging wieder zum Abgrund. „Gut“, sagte ich nickend. „He! Halt dich an der Ranke fest! Wir ziehen dich hoch!“, rief ich dem Mädchen zu. Sie nickte zögerlich. Als das Ende der ranke bei ihr angekommen war, hielt sie sich daran fest und ich zog sie herauf. Keuchend kniete sie am Boden und zitterte leicht.

„Danke“, sagte sie leise. Ihre Stimme war hell und klar. „Yohohoho, kein Problem, junge Dame!“, sagte Brook. „Sag mal, warst du diejenige, die gekichert hat?“ Sie sah das Skelett an. Ihre Augen waren gelb, sehr gelb. Die Augen einer Schlange. Langsam wurde ich skeptisch. War das wirklich ein normales Mädchen?

„Ich hing am Abgrund, welchen Grund sollte ich zum Kichern haben?“, fragte sie kühl. Ich bemerkte die Gnome, die sich hinter einem Baum versteckt hielten. Sie waren doch nicht ganz verschwunden. Sie zitterten vor Angst, als sie das Mädchen erblickten. „Das stimmt natürlich. Verzeih mir, bitte“, sagte Brook entschuldigend. „Komm, Brook, wir sollten weitergehen“, bemerkte ich ruhig und sah das Mädchen nicht an. Ich spürte ihren Blick auf mir ruhen. „Ihr wollt mich hier jetzt einfach allein lassen? MICH? Ihr habt mich doch eben erst gerettet!“, sagte das Mädchen immer lauter. Ihre Stimme füllte sich mit Wahnsinn. Da hatten wir uns wohl ein Problem geangelt.

„Wieso habt ihr sie gerettet?“, rief plötzlich einer der Gnome. Das Mädchen kicherte wieder vor sich hin. „Sie ist ein Dämon! Sie wird uns alle töten!“, schrie ein anderer Gnom. Brook und ich sahen uns fragend an und schauten wieder zu dem Mädchen. Sie hatte sich erhoben, ihr Kopf war gesenkt, doch ihr Körper zuckte mit jedem Laut, das sie von sich gab.

Die Gnome sprangen aus ihrem Versteck hervor und versteckten sich nun hinter uns. „Erst wollt ihr uns überrollen, danach einen Abgrund hinunterstoßen und jetzt versteckt ihr euch hinter uns“, bemerkte ich. „Könnt ihr euch mal endlich entscheiden?!“ „Das ist unser Wald. Jeder Mensch, der sich hierher verirrt, wird von uns vertrieben. So auch der Dämon, da sie in ihrer Menschengestalt herkam“, erklärte ein Gnom, der sich in mein Bein krallte. „Zorro, dürfen wir jetzt kreischend wegrennen?“, fragte Brook ängstlich.

Ich sah wieder zu dem Mädchen. Ihre Haut hatte sich dunkelgrün gefärbt. Ihre Arme verlängerten sich und bogen sich zu Sicheln. Ihr Unterkörper glich dem Schwanz einer Schlange. So sahen also Dämonen aus. „Brook, streich das Kreischen, aber renn!“, sagte ich mit mulmigem Gefühl. Das Skelett rannte auch gleich los, die Gnome hinterher. Die Dämonin fauchte und setzte sich sogleich in Bewegung. Vorerst rannte ich Brook hinterher. Als ich auf gleicher Höhe mit den Fliehenden war, fragte ich die Gnome: „Wie kann man Dämonen erledigen?“ „Man kann sie nicht erledigen!“, schrie ein Gnom.

Die Dämonin zerhackte hinter uns Wurzeln und Bäume mit ihren Sicheln. Sie war verdammt gefährlich! „Wenn man sie nicht erledigen kann, was sollen wir dann tun?!“ Mir riss langsam aber sicher der Geduldsfaden. Wenn man sie in Zwei teilte, war doch alles gut! Ich blieb stehen und zog zwei meiner Schwerter. Auch die Dämonin hielt an und sah mich verwundert an. „Was starrst du so?“, fragte ich sie. Sie fauchte nur zur Antwort und stürmte auf mich zu. Ich parierte ihre Sicheln, die sie mir immer wieder entgegen schlug.

„Lass das, du dummer Mensch!“, schrie ein Gnom. Alle anderen hielten sich die Augen zu. „Jetzt machen wir endlich Schluss!“ Mit einem gezielten Schlag halbierte ich ihren Körper. Zufrieden steckte ich meine Schwerter zurück. Leider währte das Glück nicht lange, denn ihr Körper regenerierte sich und war wieder Eins. So war das nicht geplant. Die Gnome sprangen auf meinen Rücken und schrien mir in die Ohren: „RENN!“

Die Dämonin schien nun noch wütender zu sein, deshalb befolgte ich lieber den Rat der Gnome, die mir eben ein ziemlich lautes Piepen in den Ohren geschenkt hatten. „Wo rennen wir eigentlich hin?“, fragte Brook, der vor mir her lief. „Egal wohin! Hauptsache weg von der da!“, piepste ein Gnom. Ihre kleinen Beine konnten sie wohl nicht mehr tragen, deshalb waren sie auf meinen Rücken gesprungen. Eine Augenweide waren sie nun wirklich nicht und meine Nase beschwerte sich auch langsam. Die Gnome waren glatzköpfig und hatten viel zu große Nasen. Ihr Geruch war…nun ja, etwas eigen.

Es wurde immer dunkler in diesem Wald. „Ich sehe nichts mehr!“, beschwerte sich Brook vor mir. „Du bist ein Skelett! Du hast noch nicht mal Augen! Wie kannst du überhaupt sehen?“, bemerkte der Gnom, der es sich auf meinen Schultern gemütlich gemacht hatte. Die anderen vier Gnome hingen mehr an meinem Mantel, als dass sie saßen. Es war leise geworden. War die Dämonin noch hinter uns? „He, Grünschopf! Pack das Skelett! Wir führen euch in unser Versteck“, meinte der sitzende Gnom. Ich nickte und griff nach Brook’s Arm. Er schrie vor Schreck sofort auf, bis er merkte, dass es nur ich war.

„Nach links!“, befahl der Gnom. Da ich so gut wie nichts sehen konnte, musste ich gehorchen. „Rechts!“ Ich stolperte fast über eine Wurzel. Ein leises Fauchen verriet mir, dass wir die Dämonin so gut wie abgehängt hatten. Die Gnome kannten sich in dem dunklen Wald sehr gut aus, wie es aussah. Wenigstens konnten wir so diesem Monster entkommen. „Achtung, es geht runter!“, lachte der Gnom plötzlich und ich spürte, wie der Boden unter mir verschwand. Unsanft rutschten wir durch einen Gang. Es war sehr kurvig, da würden einige blaue Flecken dazukommen. Nach einiger Zeit fielen wir durch ein Loch in eine Höhle, die von Fackeln erleuchtet wurde. Wenn man sich den Hintern brechen konnte, war es eben bei mir geschehen.

„Herzlich Willkommen in unserem Versteck!“, sagten die Gnome und sprangen von mir ab. „Aua“, brachte Brook nur hervor. Ich stand langsam auf und rieb mir den Hintern. Nie wieder würde ich irgendwo runter rutschen! „Was ist?“ Die Gnome sahen uns verständnislos an. „Nichts…“, grummelte ich. „Was nun? Wir wollen hier weg! Und ihr schleppt uns in eure komische Höhle!“ Die Gnome sahen sich an. „Unsere Höhle hat noch nie Witze gemacht. Warum sagt er dann, sie wäre komisch?“, murmelten sie unter sich. Na super, die Nase hatte wohl das Volumen für das Hirn eingenommen.

„Ihr müsst uns helfen, den Dämon zu fangen!“, meinte schließlich einer der Gnome. „Folgt uns! Wir bringen euch zu unserem Oberhaupt!“ Sie gingen einen kleinen Gang entlang, dem Brook und ich nur gekrümmt folgen konnten. Die Gnome waren ja nur knapp über einen Meter groß. Dafür waren sie ziemlich stark. Solche Felsbrocken konnten sie ohne Probleme bewegen oder hatten sie irgendeinen Trick? Wir kamen in einen großen Raum, der mit Gold geschmückt war. Am Ende war ein Thron, auf dem ein größerer Gnom saß.

„Chef! Wir haben einen Menschen und einen Toten gefunden! Sie haben sich mit dem Dämon angelegt! Vielleicht können wir den Dämon mit ihrer Hilfe einfangen!“, rief einer der Gnome begeistert. Die hatten ja große Hoffnungen in uns gesetzt. Der Chefgnom stand auf und sah uns an. „Nennt eure Namen!“, befahl er. „Ich bin tot und nichts als Knochen. Mein Name ist Brook“, stellte sich Brook vor und verbeugte sich. „Ich heiße Zorro“, sagte ich knapp.

„Nun denn, Zorro und Brook, wir möchten euch um Hilfe bitten. Dieses Mädchen, der Dämon, hat schon viele unseres Volkes auf dem Gewissen. Sie lockt Umherirrende auf eine falsche Fährte und so in den Hinterhalt, um sie zu fressen“, erklärte der eineinhalb Meter Gnom. Das war ja sehr appetitlich. „Es gibt eine Möglichkeit, den Dämon zu fangen!“, fuhr er fort. „Mithilfe eines alten Zaubers kann man Dämonen in ein Gefäß sperren. Wir sind im Besitz dieses Gefäßes, jedoch fehlt uns die Fähigkeit, den alten Zauberspruch zu lesen, um ihn auch anwenden zu können.“ „Yohohoho! Ihr wollt also, dass wir euch den Zauberspruch vorlesen, damit ihr ihn anwenden könnt?“, fragte Brook nach. „So in etwa, mein liebes Skelett“, sagte der Chef grinsend. Das gefiel mir nicht. „Ein Zauber benötigt sehr viel Energie. Unsere Körper sind dafür allerdings zu klein. Einer von euch muss den Zauber sprechen.“ Es sah uns mit großen Augen an. Wenn er nicht so hässlich wäre, hätte er bestimmt jemanden überzeugen können. „Wir würden euch im Gegenzug aus dem Wald führen!“, schlug einer der kleinen Gnome vor. Die nächste Erpressung? Irgendwie konnte die Welt mich in letzter Zeit nicht leiden.

Ich sah Brook an. Er sah mich nur erwartungsvoll an. „Na gut, wir helfen euch“, seufzte ich. Die Gnome brachen in Freude aus und schrien herum. Das Piepen in meinen Ohren kehrte wieder zurück. „Hört auf zu schreien!“

Verschwundenes Kichern

„Lasst das Festmahl beginnen!“, rief der Chefgnom. Wir saßen in einem großen Saal. An den Wänden hingen viele Fackeln, Teppiche und Goldfiguren. Ein langer Tisch war in der Mitte aufgestellt und rundherum kleine Stühle. Verdammt, waren Gnome klein…

Mit den Worten des Obergnoms kamen kleine Gnomdamen in den Saal marschiert. Jede von ihnen trug eine große Platte, auf der vermutlich etwas Essbares war, diese waren jedoch mit einem Deckel zugedeckt. „Yohohoho! Ein Festmahl! Nur für uns, Zorro!“, freute sich Brook neben mir. Auf dem kleinen Stuhl sah er noch viel größer aus. Seine Knie erreichten seine nicht vorhandenen Ohren. Auch ich saß sehr unbequem auf dem kleinen Stuhl. „Die wollen uns nur erpressen“, brummte ich.

Mit einem Klatschen wurden die Deckel angehoben und gaben den Blick auf das Festmahl frei. Mir drehte sich der Magen um, als ich fette, noch lebende Würmer und Insekten auf den Platten erblickte. Brook‘s Kinnlade klappte nach unten. „Lasst es euch schmecken! Ihr müsst schließlich zu Kräften kommen, wenn ihr den Zauber wirken wollt“, lachte der Chefgnom und nahm sich eine Hand voll Würmern, die er sich auch gleich in den Mund schob. „Was ist?“ Er sah uns fragend an, als Brook und ich uns die Hand vor dem Mund hielten. „Das sind die besten Zutaten dieser Gegend! Sie bringen euch viel Kraft! Greift zu!“, meinte er weiter und nahm ein dickes Insekt in die Hand. Er biss hinein und man hörte es laut knacken. „Sehr knusprig! Lecker!“

„Ich glaube, ich habe Magenschmerzen“, flüsterte Brook mir zu. „Ich auch“, sagte ich nickend. „Habt ihr noch etwas anderes zum Essen?“ Wir waren den halben Tag unterwegs gewesen und mein Magen hing mir schon in den Kniekehlen. Ich musste irgendetwas zwischen die Zähne kriegen. Alles außer diesen Viechern! „Oje, seid ihr etwa Vegetarier?“, fragte der Obergnom ungläubig. „Nun gut, ich denke, Salat ist noch da.“

Nach einer Weile kamen zwei Gnomfrauen und brachten uns je einen Teller Salat. Der sah wenigstens etwas appetitlicher aus als der Rest auf dem Tisch. „Zufrieden?“, erkundigte sich der Chef und ich nickte. Brook stocherte mit der kleinen Gabel im Salat herum, um wirklich sicher zu gehen, ob da nicht doch noch etwas krabbelte. Als er nichts entdeckt hatte, stach er beherzt in ein Salatblatt und schob es sich in den Mund.

Nachdem wir auch endlich gegessen hatten, ging es nun ums Geschäft. „Wie fängt man denn nun einen Dämon?“, fragte ich. „Hm…gut, dass du fragst“, sagte der Chef und klatschte in die Hände. Ein Gnom brachte ein Gefäß, das einer Vase glich. Es hatte auch einen Deckel. Darin konnte man einen Dämon sperren? Okay…

„Wie ihr sehen könnt, steht etwas auf der Vase geschrieben. Wir müssen nur das Teufelsweib in einen Hinterhalt locken, K.O. schlagen und den Spruch aufsagen. Damit wird sie in das Gefäß verbannt und kommt nicht mehr raus!“, erklärte der Chef stolz. Wenn er das so sagte, klang es verdammt einfach, aber so wie ich mein Glück kannte, würde es nicht so leicht werden. „Ist das alles?“, hakte ich nach. „Ja, das ist alles!“, sagte er grinsend. Brook sah mich besorgt an. „Ähm, Zorro? Ich glaube nicht, dass ich diese Aufgabe übernehmen kann“, sagte er leise. „Wie du sicherlich weißt, bin ich ein Skelett und Energie fließt wohl nicht so stark durch Knochen, sondern eher durch Muskeln und Nerven und Adern…“ „Ich mache das schon“, seufzte ich, doch Brook’s Blick blieb gleich. „Mach dir keine Sorgen. Ich habe einen Plan, wie wir die Dämonin erledigen.“

Die fünf Gnome, die wir gerettet hatten, führten Brook und mich durch die Gänge. „Sagt mal, wie kommt es, dass so kleine Wesen wie ihr große Felsbrocken bewegen können?“, fragte ich sie. „Das ist Magie!“, lachte einer von ihnen. „Von Geburt an sind wir fest mit der Erde verbunden, so können wir ungeheure Kräfte entwickeln!“ Das klang sehr gut. Sie konnten uns helfen, die Dämonin in den Hinterhalt zu locken. Vielleicht würde es ja doch einfach werden. „Wie sieht eigentlich dein Plan aus, Zorro?“, fragte nun Brook.

„Mein Plan sieht so aus“, begann ich. „Wir brauchen die Hilfe von euch Gnomen, um die Dämonin in den Hinterhalt zu locken. Wenn ihr die Bäume wieder so verschiebt, dass es keinen Ausweg gibt, haben wir sie schon mal dort, wo wir sie haben wollen.“ Die Gnome nickten. „Dann kommst du ins Spiel, Brook. Du musst eine Melodie spielen, die der Dämonin die Kraft raubt. Sie sollte am besten gelähmt sein. Schaffst du das?“, fragte ich Brook. „Yohohoho! Natürlich! Eine meiner leichtesten Übungen. Ich habe schon eine wunderbare Melodie im Kopf!“, sprudelte das Skelett begeistert aus sich heraus. Perfekt. Es konnte also nichts schiefgehen! Ich begutachtete noch einmal die Vase in meiner Hand. Sie war dunkelblau und türkis, mit goldener Schrift waren Worte auf ihr geschrieben.
 

Setsieg sed Neman mi negnis eis ssad os, thcam hcilkcülg Eredna dnu trabneffo Elees renies Sinmieheg sad Neredna ned sad, thcirbrovreh Elees nehcilhcsnem red Nrenni med sua sad, Thcil sad tsi Thcil erhaw sad.

(Das wahre Licht ist das Licht, das aus dem Innern der menschlichen Seele hervorbricht, das den Anderen das Geheimnis seiner Seele offenbart und Andere glücklich macht, so dass sie singen im Namen des Geistes.

Khalil Gibran, Sämtliche Werke)
 

Wenn das mal gut ging…dieser Zauber würde wohl sehr viel Kraft kosten. Ein Gnom konnte das wahrscheinlich nicht überleben, obwohl sie mit der Erde verbunden waren. Hielt mein Körper das aus? Hofften wir es einfach mal.

Wir erreichten den Ausgang der Höhle. Einzelne Sonnenstrahlen erreichten ihren Weg durch das dichte Blätterwerk der Bäume. Es war scheinbar schon Nachmittag, kurz vor Sonnenuntergang. „Jetzt müssen wir nur noch das Mädel finden“, meinte ein Gnom. Einfacher gesagt als getan.

Wir wanderten durch den Wald. Hier und da wackelte es in Büschen, Vögel zwitscherten in den Ästen und Mäuse huschten an unseren Füßen vorbei. Keine Spur vom Dämon. Brook seufzte hinter mir. Er schien keine Lust mehr auf das Wandern zu haben. Auch meine Beine hatten die Nase gestrichen voll von dem unebenen Walduntergrund. Die Gnome trotteten vor mir her und ließen sich nichts anmerken. „Könnt ihr sie nicht irgendwie aufspüren?“, fragte ich seufzend. „Wir sind keine Spürhunde“, keifte einer der Gnome. Hauptsache, sie waren mit der Erde verbunden, klar…

Es wurde wieder dunkler im Wald, die Sonne war wohl schon fast komplett untergegangen. Langsam musste sie sich doch zeigen! Ich hörte wieder das Kichern und blieb stehen. Aus welcher Richtung kam es? „Was hast du, Zorro?“, fragte Brook. „Da war wieder das Kichern“, antwortete ich und sah mich um. Das Kichern wurde immer lauter und lauter. Sie kam also näher. Die Gnome versammelten sich um meine Beine, Brook zog seine Geige hervor. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Irgendetwas war anders…

Plötzlich sprang die Dämonin aus dem Busch hinter uns hervor. Sie war noch größer als vorher. „Oh nein, sie hat schon wieder jemanden gegessen! Die ist ja inzwischen riesig!“, kreischte ein Gnom und versteckte sich hinter meinen Beinen. Zusammengekauert hockte er da. „Dämonen werden also größer, wenn sie gefressen haben“, stellte ich fest. Super, da hatte sie wohl einiges verspeist. Sie war viel größer als ich! „Sie darf nicht entkommen! Lasst die Bäume einen Kreis um uns bilden!“, befahl ich den Gnomen und zog zwei Schwerter. „Bereit, Brook?“ „Yohohoho! Natürlich, mein Vize-Käpt’n!“, lachte Brook und begann, auf der Geige zu spielen. Auch die Bäume setzten sich in Bewegung. Von den ganzen Bäumen eingekesselt fauchte die Dämonin wütend und versuchte, sie mit ihren Sicheln zu zerschneiden. Dank den Gnomen hielten die Pflanzen stand. Völlig außer sich stürmte sie auf uns zu. Ihre Sicheln prallten auf meine Schwerter, ein unangenehmes Vibrieren lief durch die Klingen in meine Arme. Sie war verdammt stark! „Brook! Dauert es noch lange?“, schrie ich. „Sie scheint sehr viel Kraft zu haben. Ich sollte ein anderes Lied ausprobieren“, meinte das Skelett völlig ruhig und ließ eine andere Melodie erklingen.

Während Brook seelenruhig antwortete, holte die Dämonin immer wieder mit ihren Sicheln aus. Die Gnome waren erschrocken von mir weggesprungen und zu den Bäumen geflohen. Ich parierte weiterhin die Angriffe und wich weiter zurück. Mir blieb keine Gelegenheit, zurückzuschlagen, sie war einfach zu schnell. Brook’s Musik erklang im Kreis der Bäume, doch es schien keine Wirkung auf den Dämon zu haben. Sie schlug mit der gleichen Stärke zu wie vorher.

„Hast du noch ein anderes Lied?“, rief ich Brook zu. Langsam wurde es wirklich zu bunt. Ich konnte den Afromann nicht sehen, da die Dämonin den Blick auf ihn versperrte. Ich musste sie angreifen, damit ich mich etwas erholen konnte. Ich kreuzte meine Klingen, als sie ausholte, und schnitt durch sie hindurch. Völlig perplex schaute mich die Dämonin an und fauchte erneut. Ein tiefer Schnitt war auf ihrem Oberkörper und sie schien sich nicht mehr bewegen zu können. Erst jetzt bemerkte ich, dass sich die Musik verändert hatte. Sie klang sehr nach Mozarts Totenmesse und jagte mir eine Gänsehaut über den Körper.

„Los, jetzt, Zorro!“, rief ein Gnom. „Wir haben das Gefäß schon hingestellt. Du musst nur noch die Worte lesen!“ Ich nickte und lief zu dem Gefäß. „Öffne den Deckel!“, rief ein anderer Gnom. „Beeil dich, Zorro!“ Hauptsache, sie konnten rumkommandieren. Ich las die Worte: „Setsieg sed Neman mi negnis eis ssad os, thcam hcilkcülg Eredna dnu trabneffo Elees renies Sinmieheg sad Neredna ned sad“, brachte ich noch ohne Probleme hervor. Mit jedem Wort merkte ich, wie mein Körper anfing zu zittern, meine Muskeln brannten und mir stockte fast der Atem. „Mach weiter!“, riefen die Gnome verzweifelt. Die Vase leuchtete inzwischen auf, die Dämonin fauchte, als litte sie unter Schmerzen. Brook spielte weiterhin die Melodie. „thcirbrovreh Elees nehcilhcsnem red Nrenni med sua sad, Thcil sad tsi Thcil erhaw sad.“ Die letzten Worte brannten in meiner Kehle. Ich war, ohne es zu merken, auf die Knie gefallen. Die Dämonin schrie gequält auf. Die Vase leuchtete noch heller und schien sie einzusaugen. Die Gnome beobachteten gespannt das Spektakel. Auch Brook hatte aufgehört, auf seiner Geige zu spielen.

Mit einem leisen „Plopp“ war die Dämonin in der Vase verschwunden. Ich setzte den Deckel wieder auf und ließ mich nach hinten fallen. Die Wurzeln waren etwas unbequem. „Du hast es geschafft!“, riefen die Gnome überglücklich und hüpften um meinen Kopf herum. „He, lebst du noch?“, fragte einer von ihnen. „Das werde ich nie wieder tun!“, krächzte ich. Meine Stimme war so gut wie weg. „Yohohoho! Jetzt können wir endlich aus dem Wald“, lachte Brook. „Bringt ihr uns jetzt hier raus?“ „Natürlich, ihr habt uns schließlich auch geholfen!“, flöteten die Gnome. Endlich raus aus diesem kranken Wald! Brook würde wohl die Unterhaltungen führen müssen und das tat er auch.

„Kommt der Dämon denn auch wieder aus dem Gefäß heraus?“, fragte er die Gnome. Wir gingen wieder durch den Wald, in dem es schon ziemlich dunkel geworden war. Ich trottete hinter ihnen her. „Nur, wenn man den Deckel öffnet“, antwortete ein Gnom. „Hoffentlich tut das niemand, sonst hätten wir wieder jede Menge Ärger!“ Bei ihrem hohen Intelligenzquotienten würde es mich nicht wundern, dass einer von ihnen doch den Deckel öffnen würde. Hoffentlich würden sie das auch erst tun, wenn wir weit weg von dieser verdammten Insel wären.

Endlich erreichten wir den Waldrand. „Wenn ihr diesem Weg folgt, kommt ihr in eine kleine alte Ruinenstadt. Dort leben Menschen“, sagte ein Gnom. „Juhu, hast du gehört? Endlich wieder Menschen!“, freute sich Brook und sah mich freudestrahlend an, wie auch immer er das schaffte. Ich nickte nur. Ich war zu müde, um überhaupt noch zu reagieren. „Vielen Dank noch einmal! Ihr habt uns wirklich sehr geholfen! Jetzt sind wir wieder sicher in unserem Wald!“, sagte ein anderer Gnom. Ich nickte erneut und Brook sprach: „Das war nicht der Rede wert. Wir haben euch gerne geholfen, schließlich sind wir Dank euch wieder aus dem Wald draußen.“ Wir verabschiedeten uns von ihnen und machten uns auf den Weg in die Ruinenstadt, von der die Gnome gesprochen hatten.

„Wir sollten schauen, wo wir einen Schlafplatz finden“, meinte Brook. Zum Glück wusste er, was ich dachte. Die Stadt sah auch in der Dunkelheit nicht einladend aus. Es waren kaum Lichter vorhanden und so irrten wir durch die dunklen Straßen. Ich hörte Schritte hinter uns, also blieb ich stehen. „Was hast du?“, fragte Brook. Er drehte sich um, als ich nach hinten zeigte. Ein kleines Mädchen stand hinter uns. „Ihr solltet hier nicht herumirren“, sagte sie ängstlich. „Kommt mit! Sonst kommen wieder die bösen Männer!“ Sie nahm uns an der Hand und führte uns durch eine Seitenstraße in ein heruntergekommenes Haus. Auf dem Boden lagen Decken und Kissen, auf denen einige andere Kinder schliefen. Was war denn hier los?

„Ihr könnt über Nacht hier bleiben“, sagte sie leise. „Das ist sehr freundlich, danke“, bedankte sich Brook. Wenigstens hatten wir schon einmal einen Schlafplatz. Sobald ich wieder fit war, würde ich mir Gedanken um das alles hier machen. Jetzt wollte ich nur schlafen und hoffen, nie wieder einen Hokuspokus sprechen zu müssen.

Schwarze Stadt

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als ich aufwachte. Erst jetzt konnte ich die ganze Zerstörung erkennen. Ich sah direkt durch die Geschossdecke und das Dach, beides war fast vollkommen zerstört. Wie lang hatte ich wohl geschlafen? Ich versuchte aufzustehen, doch mir fehlte die Kraft. Fast, als wäre ich durch einen Sturm geschwommen, denn das hatte ich schon einmal erlebt. Nie wieder würde ich irgendeinen Hokuspokus sprechen!

Ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah meine Schwerter neben mir liegen. Dieser Raum schien ein Wohnzimmer gewesen zu sein, jedoch sah das Mobiliar sehr verkohlt aus, Fensterscheiben fehlten und überall waren Brandflecken zu finden. Niemand sonst war in dem Raum. Wo war Brook? Ich konnte mich nicht bewegen, also beschloss ich, liegen zu bleiben. Vielleicht würde noch etwas Schlaf helfen. Danach könnte ich nach einem Schiff suchen…
 

Ein wunderschöner Morgen! Ich war voller Tatendrang! Zorro schlief noch immer. Ich nahm es ihm nicht übel, denn er hatte einen Zauber sprechen müssen, der ihm einiges an Kraft geraubt hatte. Es war die Zeit gekommen, mich zu revanchieren! Während er sich ausruhte, konnte ich nach einer Mitfahrgelegenheit Ausschau halten.

Ich stand also auf, setzte meinen Zylinder auf und nahm meinen Gehstock. Pfeifend spazierte ich aus dem zerstörten Haus und sah mich um. Die Stadt schien angegriffen worden zu sein. Viele Häuser waren zerstört, einige bestanden nur noch aus Schutt und Asche. Das musste ein heftiger Angriff gewesen sein. Ich ging zur Hauptstraße und erblickte eine Gruppe von Kindern, die einige Trümmer wegräumten.

„Yohohoho! Guten Morgen, Kinder!“, begrüßte ich sie und erkannte auch gleich das kleine Mädchen, das uns in der Nacht zum Haus geführt hatte. „Guten Morgen!“, begrüßte sie mich mit einem süßen Lächeln. Sie hatte blonde schulterlange Haare, ihr Pony fiel ihr ins Gesicht. „Ich wusste nicht, dass sie schon wach sind, sonst hätte ich ihnen etwas zum Frühstück gemacht!“ „Mach dir nur keine Mühe, Kleine. Ihr seht sehr beschäftigt aus, kann ich euch irgendwie helfen?“, bot ich den Kindern an. „Ah, mein Name ist übrigens Brook.“ „Vielen Dank, das wäre sehr nett!“, sagte das Mädchen und verneigte sich höflich. „Ich heiße Lina. Wir wollen die Straße hier frei räumen. Leider sind wir nicht gerade die Stärksten…“

Ich sah zu den Kindern, die doch sehr erschöpft und abgemagert aussahen. Natürlich half ich ihnen und die Trümmer versperrten nicht mehr den Weg. Überglücklich liefen sie die freigewordene Straße entlang. Was war hier wohl geschehen? Gab es hier nur Kinder? Oder waren noch irgendwo ihre hübschen Mütter zu finden? „Wenn du Hunger hast, komm mit, Brook!“, lachte Lina und zog mich an der Hand mit sich. Die Straße führte zu einem kleinen Feld außerhalb der Stadt, auf dem Gemüse wuchs. Einige Pflanzen waren verdorrt, andere verbrannt. Lina rannte auf das Feld und buddelte wie ein Hund zwei Kartoffeln und zwei Karotten aus. Danach lief sie zu einer Tomatenpflanze und pflückte einige Früchte.

„Tut mir Leid. Mehr haben wir leider nicht“, sagte Lina betrübt, als sie mit ihrer Ernte zu mir kam. „Letzte Woche war noch alles gut…“ Sie reichte mir das Gemüse und wischte sich schnell über die Augen. „Was ist geschehen? Ich meine…wo sind denn all die Erwachsenen? Ich habe bisher nur Kinder in der Stadt gesehen“, tastete ich mich vorsichtig heran. Kinder konnte man sehr schnell zum Weinen bringen, also musste ich vorsichtig sein. Yohohoho! Was mir dabei einfiel: Die Kinder hatten ja gar keine Angst vor mir!

„Vor drei Tagen ist ein Piratenschiff aufgetaucht. Sie haben sofort das Feuer auf uns eröffnet“, sagte Lina traurig. „Unsere Familien haben uns Kinder in Sicherheit gebracht. Ich habe nur einige Wortfetzen aufgesammelt, aber ich glaube, alle Bewohner wurden als Sklaven mitgenommen.“ Sie schluchzte laut auf. Soso, Sklavenhändler. Aber auf dieser Insel saßen doch auch Menschen der Weltregierung. „Tut die Weltregierung nichts dagegen?“, fragte ich nach. „Wir haben bisher noch keine Antwort erhalten. Sie meinten, sie würden jemanden schicken, doch dieser Jemand wäre noch nicht auf der Insel“, schluchzte das Mädchen. „Sie meinten, ein Samurai der Meere würde Jagd auf diese Piraten machen! Aber auf die ist doch sowieso kein Verlass!“

„Oh, die haben uns mit Absicht einfach weggeschickt!“, rief ich aufgebracht. „Sie hätten uns bestimmt ein Schiff gegeben!“ Lina sah mich verwundert an, doch ich war zu sehr mit meinem Wutanfall beschäftigt. Wurden wir etwa mit Absicht zu dieser Insel geschickt? Dann hätten die Piraten ja gemeinsame Sache mit der Weltregierung gemacht! Als ich bemerkte, dass sich Lina von mir entfernt hatte, musste ich mich irgendwie rausreden…“Yohohoho! Entschuldige meinen Ausbruch! Kannst du mir vielleicht sagen, wann das Schiff abgelegt hat?“, fragte ich.

„Sie sind gestern Abend weggesegelt“, antwortete sie ängstlich. „Deswegen habe ich euch schnell in Sicherheit gebracht. Vielleicht hätten sie euch auch als Sklaven gefangen genommen!“ Wir hatten gute Chancen, Jagd auf diese Piraten zu machen! Die Frage war allerdings, ob der Samurai denn auch schon fit war.

„Könntest du mir den Weg zum Hafen zeigen, Kindchen?“, fragte ich das Mädchen, das auch gleich zur Antwort nickte. „Vielen Dank. Vielleicht sollten wir noch meinem Freund etwas vom Gemüse vorbeibringen. Er hat sicherlich Hunger.“ „Gut, machen wir“, lachte Lina und wir gingen wieder zurück in die Stadt. Ich lugte in das zerstörte Haus, in dem Zorro schlief. Scheinbar war er noch nicht wach. Er hatte wohl auch schon die Nacht im Gasthof nicht gut geschlafen. Sowas kannte ich gar nicht von ihm. Ich ging so leise ich konnte zu Zorro und legte ein paar Tomaten und eine Karotte neben seine Schwerter.

Lina wartete draußen auf mich. „Okay, wir können zum Hafen“, sagte ich, als ich das Gebäude wieder verlassen hatte. Fröhlich hüpfte Lina vor mir her, während wir der Straße zum Hafen folgten. Je näher wir dem Meer kamen, desto mehr Zerstörung wurde sichtbar. Die meisten Häuser waren nur noch ein Aschehaufen! Wahrlich kein schöner Anblick, doch die Kinder schienen sich kaum daran zu stören. „Sag mal, Brook, warum bist du denn so hoch?!“, fragte Lina plötzlich neugierig. „Äh…nun ja…“, stammelte ich. Ich wusste doch selbst keine Antwort darauf. „Ich bin so hoch, weil…äh…damit ich die Früchte der Bäume von ganz oben pflücken kann! Yohohohoho!“ Jaa, das musste es gewesen sein! „Du lachst wirklich lustig, Brook!“, lachte das Mädchen nun mit mir.

Schon bald konnte ich auf das strahlende Blau des Meeres blicken. Mein Herz weinte schon fast vor Freude bei diesem herrlichen Anblick! Ich war ein Skelett, also hatte ich kein Herz. Ein kleiner Skull Joke am Rande, yohohohoho! „Oh nein!“, schrie Lina plötzlich und ich erkannte auch sofort, warum sie geschrien hatte. Ein Schiff näherte sich der Insel, scheinbar war es ein Piratenschiff. „Sie sind zurückgekommen!“, heulte die Kleine laut auf und Sturzbäche von Tränen rannen an ihrem runden Gesicht hinab. Es wurde also Zeit, Piraten zu jagen!

„Das sind also diese Sklavenhändler?“, versicherte ich mich. Lina nickte nur schluchzend. „Weißt du, jetzt musst du keine Angst mehr haben“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Der Samurai, den die Weltregierung schicken wollte, ist nämlich da!“ Lina sah mich erstaunt an und kreischte: „Du bist ein Samurai der Meere?!“ Ich erschrak und fing auch an zu kreischen. Nun schrie sie noch lauter. Was hatte ich da nur angerichtet?

„N-nein, ich bin doch kein Samurai der Meere!“, klärte ich alles auf. „Und wen meinst du dann?!“, fragte sie sofort aufgebracht. „Etwa diese Schlafmütze, dem wir das Gemüse gebracht haben? Der taugt doch zu nichts! Der pennt!“ Der Schock stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie hatte keine große Meinung von uns, kannte uns womöglich gar nicht! Wir, die Crew des Piratenkönigs! Wir waren doch nicht so berühmt. Ich schaute das Mädchen an und sagte nichts. Die Stille konnte man schon fast greifen.

„Jetzt tu was! Die Piraten kommen näher!“, fing sie wieder an zu kreischen. Ich zuckte wieder vor Schreck zusammen. Die Kleine hatte ein kräftiges Organ. Ob sie auch singen konnte? Ich sollte diese Frage vorerst in den Hintergrund stellen, sonst würde mir noch das Trommelfell platzen. Ich war ein Skelett, besaß ich überhaupt noch ein Trommelfell? Yohohoho, ein Skull Joke, der mir irgendwie nicht gefiel…

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Alleine kämpfen? Vielleicht etwas zu riskant, ich wusste schließlich nicht, wie stark sie waren. Lina zu Zorro schicken? Sie würde nur Angst kriegen, da Zorro schlechte Laune haben würde. Mit Lina zu Zorro rennen und den Hafen unbewacht lassen? Klang sicher und niemand musste Angst haben, yohohoho! Zorro würde schneller aus ihnen Hackfleisch machen, als sie „Piratenjäger“ sagen könnten! Das war ein guter Plan.

„Wir müssen meinen Freund holen. Er wird die Piraten in null Komma Nix erledigen!“, sagte ich begeistert, doch Lina sah mich nur fassungslos an. „Und wo ist der Samurai?“, weinte sie schon fast. „Er schläft…“, murmelte ich hoffentlich unhörbar. Ein Kanonenschuss war zu hören. Sie eröffneten das Feuer! „Du meine Güte! Wir müssen alle Kinder evakuieren!“, rief ich hysterisch. „Wir müssen was?“, fragte Lina verwirrt. „Äh…such deine Freunde. Ihr müsst euch alle gut verstecken! Und vor allem so, dass ihr nicht weggebombt werdet!“ Sie sah mich schockiert an. Hatte ich mir Robin’s Humor abgeguckt? Mir kam es fast so vor. „Mein Freund und ich erledigen den Rest, okay?“, beendete ich den Satz. Lina nickte nur wild und wir rannten los.

An einer Kreuzung trennten wir uns und ich lief in Richtung des Hauses, in dem Zorro hoffentlich nicht mehr schlief! Er würde bestimmt schlechte Laune haben und mich umbringen! Moment! Ich war doch schon tot. Ob ich nochmal sterben konnte? Oh, falscher Zeitpunkt, um sich darüber Sorgen zu machen, yohohoho! Diese Piraten schienen auf jeden Fall äußerst brutal und blutrünstig zu sein. Die ganzen Spuren des letzten Angriffs ließen eine Gänsehaut aufkommen. Schon wieder ein Kanonenschuss. Ich blieb stehen und drehte mich um. Ein paar Häuser weiter war die Kugel eingeschlagen. Dunkler Rauch stieg auf. Die Menschen hier hatten es nicht leicht. Dabei war die Weltregierung doch direkt auf der anderen Seite der Insel! Sie ließ wirklich alles zu. Das Wohl der Menschen war schon lange in Vergessenheit geraten, umso mehr erstaunte es mich noch immer, dass sie Zorro zu einem Samurai gemacht hatten.

Ein weiterer Kanonenschuss ließ mich hochschrecken. Ich sollte mich lieber beeilen und Zorro um Hilfe bitten. Ich rannte weiter, so schnell ich konnte. Ich sah schon das Haus! Ich rief immer wieder laut Zorro’s Namen.
 

„Zorro!“ Nicht jetzt… „Zorro! Wach auf!“ Musste das sein? Langsam öffnete ich meine Augen. Ich hoffte, Brook hatte einen guten Grund, um mich zu wecken. Da stolperte auch schon das Skelett in das Haus und rief: „Zorro! Schnell! Wir werden angegriffen! Sie sind schon fast am Hafen!“

Ich setzte mich auf und sah Brook an. „Hä?“ „Nun mach schon! Die Weltregierung hat dich hierher geschickt!“, sagte er leicht verärgert. Hatte sie das? Dann hieß es wohl, Jagd auf Piraten zu machen.

Seufzend griff ich nach meinen Schwertern und bemerkte das Gemüse, das neben ihnen lag. Ich sah erneut zu Brook. „Ja, du darfst frühstücken“, meinte er entnervt. Ich verkniff mir lieber das Lachen, schnappte mir eine Tomate und stand auf. Ich hatte sie schnell verdrückt und fragte: „Bereit für die Jagd?“ „Aye, mein Vize!“, rief Brook.

Giftiges Zusammentreffen

„Nein, hier lang, Zorro!“, rief Brook immer nervöser. „Jaja…“, murrte ich. „Kannst du mich eigentlich mal aufklären? Was geht hier ab?“ Brook seufzte einmal böse und erzählte: „Vor drei Tagen wurde diese Stadt von Piraten angegriffen. Sie haben die Erwachsenen als Sklaven mitgenommen, die Kinder konnten in Sicherheit gebracht werden. Dieser Opa von der Weltregierung hat dir den Auftrag gegeben, diese Piraten dingfest zu machen!“ Ich wusste von keinem Auftrag. Ich hielt jetzt auch lieber meine Klappe, das Skelett schien sehr gereizt zu sein.

Ich rannte ihm hinterher. Wie konnte er sich nur die Wege merken? Hier sah doch alles gleich aus. Ein Kanonenschuss! Wenige Häuser vor uns war die Kugel eingeschlagen. Noch mehr dunkler Rauch kroch durch die Straßen. „Wir müssen uns beeilen!“, schrie Brook aufgeregt. „Sonst ist hier gleich nichts mehr übrig!“ Am Horizont sah ich das Meer. Wir waren schon fast am Hafen. Ein riesiges Piratenschiff ankerte dort. Den Jolly Roger hatte ich noch nie zuvor gesehen. Ein Skelett, das ein blutendes Herz in den Händen hielt.

Ich zog Brook in eine kleine Gasse. „Wir brauchen einen Plan“, sagte ich knapp. „Wir können da nicht einfach so reinstürmen. Sie haben schließlich Gefangene.“ Brook nickte. Stille. Es war nicht meine Absicht gewesen, selbst einen Plan auszudenken! „Hast du denn einen Plan?“, fragte er vorsichtig. „Nein“, gab ich knapp zurück, was Brook laut aufschreien ließ. „Halt die Klappe!“, fauchte ich.

Gut, nun hieß es wieder, die Fakten zu sortieren. Die Piraten hatten scheinbar nicht ihr Schiff verlassen, wir mussten also reinstürmen. Die Sklaven hielten sich wahrscheinlich auch dort auf, was ein Problem war. So konnte man schlecht einfach alle angreifen sondern musste darauf achten, wer wirklich der Feind war. Am besten wir würden auch nicht das Schiff zerstören. Mit dem könnten wir weiterreisen. Ob wir den Navigator wohl versklaven konnten?

„Hast du jetzt einen Plan?“, fragte Brook und starrte mich an. Ich seufzte. „Ich habe keine Ahnung, wie das gut gehen soll!“, gab ich zu. „Vielleicht sollten wir einfach zu ihnen gehen und sie anlügen.“

Er starrte mich entsetzt an. Wenigstens hatte ich nachgedacht, wenn auch nicht viel und nicht hilfreich und überhaupt… „Du bist verrückt“, meinte Brook ruhig. Sagte gerade der Richtige.

„Wir machen das jetzt einfach so! Auf mein Zeichen befreist du die Sklaven und bringst sie so weit wie möglich weg vom Schiff!“, befahl ich. „Äh…Zorro?“, unterbrach Brook schließlich meinen Befehl. „Dein Plan wird jetzt scheitern, die Piraten haben ihr Schiff verlassen.“ Ich schaute aus der Gasse und sah die gesamte Piratenmannschaft langsam die Straße heraufkommen. Perfekt!

„Schleich dich auf das Schiff und befreie die Sklaven. Besser geht’s doch gar nicht!“, sagte ich grinsend und band mein Kopftuch fest. Schließlich sollten sie wissen, wer sie da zum Teufel brachte. Der Name Piratenjäger würde wohl für immer auf mir liegen. Brook nickte etwas ängstlich und lief die Gasse entlang. Dahinter verschwand er um die Ecke und ich konnte mich um die Piraten kümmern.

Ich zog Kuina’s Schwert, das Wado-Ichi-Monji. Die Klinge blitzte im Sonnenschein auf. Jeglicher Schmerz, den ich vor wenigen Stunden noch verspürt hatte, war wie verschwunden. Der Schlaf hatte doch gut geholfen. Oder es war das Adrenalin, das durch meinen Körper raste. Mein Gefühl sagte mir, dass etwas nicht so laufen würde, wie ich es mir vorstellte. Wie oft war das auch schon der Fall gewesen?

Ich ging zur Straße, die zum Hafen führte, und sah die Piraten auf mich zukommen. Ich ging ihnen entgegen. Sie würden mich schon angreifen. Schritt für Schritt kamen wir uns näher. Die Blicke hoben sich, je näher ich ihnen kam. Die Augen weiteten sich, als sie mich erkannt hatten. Abrupt blieben sie stehen. „He, was soll das?“, fragte ich die Bande und blieb auch stehen. „Du!“, schrie ein etwa 2 metergroßer Mann mit einer Narbe am Kinn. Er trug einen Kapitänshut. Ich schaute ihn an, doch er sagte nichts weiter.

„Hat man dir nicht das Sprechen beigebracht?“, fragte ich seufzend. „Du!“, kam es wieder vom Kapitän. Und wieder Stille. „Gut, behalten wir mal die Manieren“, sagte ich ruhig. „Mein Name ist Lorenor Zorro, bester Schwertkämpfer der Welt und bekannt als Piratenjäger. Mit wem habe ich das Vergnügen?“ „Ah!“, kam es vom Kapitän. „Mein Name ist Francois, Kapitän der Skull Hearts und bekannt als…Sklavenhändler!“ Soso. Komischer Kauz.

„Gut, das sehe ich dann als Geständnis. Das ist euer Ende“, sagte ich leicht grinsend. Die Piraten starrten fassungslos zu ihrem Käpt’n und dann zu mir. „Eh, wie konntest du nur, Käpt’n?!“, schrien sie durcheinander. „Der König wird uns umbringen! Wir müssen die Sklaven doch nach Hause bringen!“ König? Sklaven nach Hause bringen? Das konnte ja noch spannend werden.

„Ich werde eurem König Bescheid sagen, dass mein Kumpel und ich die Sklaven befreit haben und ihr euer Leben verloren habt“, meinte ich beruhigend. „Ach, gut“, kam es zufrieden aus der Bande. „Seid ihr verrückt geworden?!“, schrie Francois seine Mannschaft an. „Der Kerl steht hier allein vor uns! Wir sind eindeutig in der Überzahl! Wir werden ihn erledigen!“ Lautes Kampfgeschrei. Ging es also endlich los.

„Attaquer!“, rief Francois seinen Männern zu, die auch sofort auf mich zu rannten. Mit erhobenen Säbeln tanzten sie bei mir an und umzingelten mich. „Süß“, meinte ich und klemmte mir das Schwert zwischen die Zähne, meine anderen Schwerter gezogen. „Dragon Strike! Tornado!“ Gut, dass sie mich umzingelt hatten. So konnte mein Wirbelwind wirklich alle erfassen. Ich steckte zwei meiner Schwerter wieder ein, während die Gegner noch immer durch die Luft flogen. Francois sah mich ungläubig an. „Mon dieu“, pfiff er heraus. „Das ist ja unglaublich! Warum hört die Attacke nicht auf?!“

Und das war alles, worüber er nachdachte? War ja wohl ein Witz. Das war kein Gegner für mich. „Noch einen letzten Wunsch?“, fragte ich den Kerl gnädig. „Moi? Non, non, du wirst dein letztes Gebet sprechen müssen“, lachte er. „Unser Königreich ist berühmt für seine hinterhältigen Kampfmethoden. Du wirst jetzt sterben!“ Er zückte einen Dolch, der von einer Flüssigkeit getränkt war. Die Klinge schimmerte lila. „Iiih, das wird giftig“, bemerkte ich. „Mourir!“, schrie der Riese und stürmte auf mich zu. Die Klinge durfte mich nicht erwischen. Wer wusste schon, was das für ein Gift war. Er stieß zu, doch ich konnte ausweichen. Er war zu langsam für mich. Das konnte nur ein leichtes Spiel werden. „Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich an keinen Gott glaube?“, fragte ich ihn, während er immer wieder versuchte, mich aufzuspießen. „Das letzte Gebet kannst du dir sonst wo hinstecken!“ Er stieß wieder zu. Den Moment nutzte ich für einen gezielten Schlag auf seinen Arm. Der Dolch flog durch die Luft und landete in einem Schutthaufen.

„Mein wunderschöner Dolch!“, heulte Francois und sah mich wütend an. „Dieser Kampf ist noch nicht vorbei!“ Er holte Nadeln aus seiner Jackentasche heraus. Die waren dann wohl auch giftig. „Willst du jetzt nähen?“, provozierte ich ihn. „Mach dich nicht über mich lustig!“, schrie er wütend und schleuderte mir die Nadeln entgegen. Komischerweise wurden es immer mehr. Ich schlug sie, so gut es ging, weg von mir. „Hihi, ich habe dich getroffen!“, grinste er plötzlich. Ich durfte es jetzt nicht wagen, seine Behauptung zu überprüfen. Den Moment konnte er gut nutzen, um mich auszuschalten. „Willst du einen Pokal dafür?“, fragte ich ihn gelangweilt. „Sacrebleu! Du wagst es immer noch, mich zu provozieren?! Weißt du denn nicht, wer ich bin? Wie mächtig ich bald sein werde?!“, schrie er aufgebracht. „Ich werde bald ein hoher Minister sein! Unser König steht kurz vor der Übernahme Alabastas! Und dafür werde ich in Frommage das höchste Amt innehaben! So sehr vertraut mir König Farquard!“ Oha, das war ja mal sehr interessant. Und gleichzeitig sein Todesurteil.

„Weißt du, Francois, das war gerade die falsche Antwort. Jetzt kann ich dich unmöglich am Leben lassen“, sagte ich kühl und schaute ihn an. Er hielt meinem Blick nicht stand und fing an zu zittern. „W-w-wie meinst du das jetzt?“, fragte er kleinlaut. „Hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass ich ein Samurai der Meere bin und den Auftrag erhalten habe, Alabasta zu retten?“, fragte ich ihn. Er schüttelte nur langsam den Kopf. Die Zahnrädchen schienen wohl endlich bei ihm zu arbeiten und er versuchte zu fliehen, heulend zu fliehen. „König Strike!“

Der Körper fiel dumpf zu Boden. Mein Tornado hatte sich inzwischen auch aufgelöst. Die Straße war voller Leichen. Eine Gewissheit. Alabasta wurde von Piraten bedroht. Dieser Farquard war mit Sicherheit kein König. Ich musste schnell zu Vivi, bevor sie einen großen Fehler machen würde!

„Gut gemacht, Zorro.“ Hinter mir waren Agenten der Weltregierung aufgetaucht. Ich drehte mich zu ihnen um. „Wir nehmen die Piraten jetzt mit“, sagte einer von ihnen. Sie schnappten sich die leblosen Körper und verschwanden mit der Technik „Rasur“. Schnell zum Hafen! Mein Gefühl hatte mich mal wieder nicht getäuscht, aber so eine Wahrheit wollte ich dann doch nicht gleich erfahren.

Brook winkte mir vom Schiff herunter, als ich am Hafen ankam. Er hatte alle Sklaven befreit, die nun langsam und unsicher das Schiff verließen. Von der Stadt kamen nun auch viele Kinder angerannt, die ihre Eltern und andere Verwandte in die Arme schlossen. Ein Happy End also. Ich sah die vielen glücklichen Gesichter der Leute. Ihre Augen waren voller Freudentränen. Bei dem Anblick schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht.

Brook kam auf mich zu. „Gut gemacht“, sagte ich lobend. „Das war doch ein Kinderspiel, yohohoho!“, lachte er. Er ging zu den Menschen und unterhielt sich mit ihnen. Mist, hatte der Käsekopf mich vorhin wirklich mit einer Nadel getroffen? Ich sah an mir herunter, tastete alles ab und fand zum Glück nichts. Puh, das wäre eine ziemlich gute Falle gewesen. Ein kleines Mädchen mit blondem Haar kam zu mir. Wenn ich mich recht erinnerte, hatte sie uns in der Nacht in das Haus geführt, in dem wir übernachtet hatten.

„Danke, Meister Zorro!“, sagte sie lächelnd und verneigte sich. „Du hast die Piraten erledigt! Ich hab alles genau gesehen!“ Oha, jetzt würde sie ein Trauma fürs Leben haben! Wie alt war sie? Höchstens zehn, schätzte ich, und hatte schon so viele Menschen sterben sehen. Da! Das Grinsen war wohl schon der Anfang! „Schon gut. Ich habe die Piraten aus eigener Sache erledigt. Ihr habt sozusagen den Nebeneffekt abbekommen“, sagte ich und schaute zum Schiff hoch. Wir brauchten ganz dringend einen Navigator, der mit dem Schiff auch umgehen konnte. Leider hatte ich alle Männer der Bande erledigt…

„Willst du nicht zu deinen Eltern?“, fragte ich das Mädchen, als sie mir immer wieder hinterher gelaufen war. „Ich habe keine Eltern. Sie sind schon vor langer Zeit gestorben. Ich kenne sie nicht einmal!“, antwortete sie, doch sie schien nicht betrübt deswegen zu sein. „Ich heiße übrigens Lina. Ich habe mich vorhin mit Brook unterhalten. Er wollte uns unbedingt helfen. Er ist ein sehr liebes Skelett.“ Ich nickte. Sie war ohne Eltern. Armes Mädchen.

„Ah, da bist du ja, Zorro!“, hörte ich Brook hinter mir. „Ich muss dir etwas ganz Dringendes erzählen!“ Ich drehte mich zu ihm um. Auch Lina war interessiert, was das Skelett zu berichten hatte. „Ob du es glaubst oder nicht, ich habe mit diesem Farquard gesprochen! Er hat mich für den Piratenkapitän gehalten und seine Pläne preisgegeben. Er sagte, er würde heute Abend die Schiffe vor einer Hafenstadt positionieren. Sie wollen die Prinzessin erpressen! Die Hochzeit wird erpresst! Scheinbar arbeiten nur Piraten für ihn, also gehe ich davon aus, dass er selbst kein König ist“, sagte Brook fast atemlos. „Morgen will er den Hochzeitstermin ausmachen! Er will ihn so früh wie möglich legen, damit ihm niemand in die Quere kommt.“

Ich ballte meine Faust. Sie drohten mit der Zerstörung, damit Vivi nicht mal daran dachte, die Hochzeit abzulehnen. Piraten würden Alabasta zerstören. Morgen sollte der Termin stehen. Ich sah verzweifelt das riesige Schiff an. Wie schnell würden wir sein? Alabasta war noch so weit weg. Wir würden es nicht rechtzeitig schaffen. „Oh, Lina, was tust du denn hier?“, fragte Brook plötzlich. Lina ignorierte ihn und stellte sich neben mich. Sie umklammerte meine linke Hand. Ich sah zu ihr herunter. „Ich habe keine Eltern“, sagte sie. „Nimmst du mich mit? Nach Alabasta?“ Sie sah zu mir auf und Tränen füllten ihre Augen. Warum wollte sie mit uns kommen? Wir waren ebenso Piraten, wie die Männer, die ihre Heimat angegriffen hatten. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und sah fragend zu Brook. Auch er schien perplex zu sein.

Ich bückte mich zu Lina herunter und sah ihr in die Augen. „Wir sind Piraten. Wir können doch nicht ein Kind mitnehmen“, versuchte ich zu erklären. „Aber…“, heulte sie aus. „Aber ich kenne mich mit Navigation aus! Und ihr braucht bestimmt jemanden, der euch nach Alabasta bringt, das Deck schrubbt und euch bekocht!“ Sie heulte noch lauter. Sie kannte sich mit Navigation aus? Das war ein Vorteil, aber trotzdem viel zu gefährlich für ein Kind.

Langsam kamen die Stadtbewohner zu uns. „Nehmt sie mit!“, rief ein Mann. „Es ist ihr großer Traum, auf das weite Meer hinauszufahren. Sie hat hier keine Familie mehr.“ „Sie hat euch schon so ins Herz geschlossen!“, rief eine Frau. „Den Abschied würde sie nicht mehr ertragen…“ Lina schluchzte noch immer. „Zorro?“ Brook sah mich fragend an. Ich wusste doch auch keine Antwort. Was sollte ich mit einem Kind anfangen? „Als ob du nicht wüsstest, wie es ist, ohne Eltern aufzuwachsen!“, ertönte eine Stimme. Okay, das reichte. Wer war das?

Ich stand auf und sah in die Menge. Sie alle sahen mich mit hoffnungsvollen Blicken an. Lina klammerte sich erneut an meine Hand. Ja, ich wusste, wie es war, ohne Eltern aufzuwachsen. Aber niemand konnte sie je ersetzen. Auch ich konnte ihr keinen richtigen Vater ersetzen.

„Die Reise ist anstrengend, das Meer ist rau, die Wellen sind stark und unberechenbar“, sagte ich leise und schaute dabei zu Lina. „Bist du dir wirklich sicher, dass du dich bereit dafür fühlst?“ Sie nickte und lächelte entschlossen. Ihre Augen waren noch immer voller Tränen. Ich sah Brook an. „Damit das klar ist: Du bist der Opa und passt auf sie auf“, sagte ich zu ihm und er grinste. Lina verstand wohl nicht, was ich gemeint hatte, aber alle anderen freuten sich und tanzten. Jetzt hatte ich mir ein Kind angelacht…

Ein Tag - Zwei Sichten

Ich war die ganze Nacht wach und hatte auf das weite Meer vor mir geschaut. Wir waren noch gestern aufgebrochen. Lina verstand wirklich viel vom Navigieren und schon nach kurzer Zeit hatten wir die Insel hinter uns gelassen. Zum Glück hatten die Piraten genug Proviant an Bord, sonst hätten wir einige Schwierigkeiten bekommen.

Am Horizont ging langsam die Sonne auf. Ich sah auf den Eternal Port, um den Kurs zu überprüfen, wie ich es inzwischen auch schon jede Sekunde tat. Viele Gedanken schwirrten mal wieder durch meinen Kopf. Allerdings hatte ich nun keine Ablenkung mehr. Selbst die Lust auf das Training war vergangen. Wir würden noch ungefähr drei Tage brauchen, bis wir Alabasta erreichten. Viel zu lange…

„Ach, hier bist du.“ Ich drehte mich nicht um. Ich saß am Bug, meine Beine ließ ich an der Reling herunterbaumeln, meinen Rücken zum Deck gekehrt. „He, ignorier mich nicht, Zorro“, sagte Brook nun leicht genervt. „Ich hab dich schon gehört“, seufzte ich. „Du solltest dich endlich schlafen legen. Du warst doch die ganze Nacht wach, oder?“, meinte er etwas besorgt.

„Was ist schon dabei?“, entgegnete ich ihm. „Ich kann nicht schlafen. Ständig denke ich nur an diesen dämlichen Typen, der Vivi erpresst! Ich will nicht wissen, was der noch alles geplant hat…“ „Zorro, ich erzähle dir noch einmal den Plan im Detail“, seufzte Brook. Ich drehte mich zu ihm um. Er hatte mit diesem Farquard sprechen können, hatte den ganzen Plan erfahren, aber mir hatte das Skelett natürlich nur das Wenigste erzählt. „Schieß los“, brummte ich.

Brook begann: „Gestern Abend wurden wahrscheinlich die besagten Piratenschiffe positioniert. Sie liegen mit großem Abstand an der Hafenstadt Tamalisk vor Anker, damit niemand erkennt, dass es Piratenschiffe sind. Sollte die Prinzessin sich weigern, würden die Schiffe sofort zur Stadt fahren und sie in einem Bombenhagel zerstören. Das ist auf jeden Fall die perfekte Erpressung.“

Ich nickte geistesabwesend. In Tamalisk hatten wir uns von Vivi verabschiedet. Sie blieb in ihrer Heimat, weil sie ihr Land über alles liebte. Niemals würde sie zulassen, dass ihrem Volk etwas zustieße. „Darf ich dich mal etwas fragen?“, meinte Brook zaghaft. Ich sah zu ihm auf. „Wie ist die Prinzessin denn so? Ich meine natürlich ihren Charakter…“ Ich musste grinsen.
 

Ein neuer Morgen begann. Ein neuer verdammter Tag lag vor mir! Ich wollte nicht aufstehen. Am liebsten würde ich mich in meinem Zimmer verkriechen, damit ich diese dämliche Fresse von Farquard nicht sehen musste. Leider hatte ich keine andere Wahl. Er hatte bestimmt wieder irgendeinen miesen Plan, um mich auf seine Seite zu ziehen. Ich hasste das Prinzessinnenleben! Ich wünschte, ich wäre damals auf der Flying Lamb weitergereist. Dann wäre ich die ganze Zeit bei ihm gewesen. Ob er mich vergessen hat? Das würde ich ihm niemals verzeihen! Er hat es mir schließlich versprochen. Er hielt doch immer seine Versprechen…

„Prinzessin Vivi! Das Frühstück ist angerichtet!“, ertönte die Stimme einer Wache. Musste ich also doch aufstehen. Ich sah kurz zu meinem Nachtschrank, auf dem die Zeitung lag. Die Zeitung, die von seinem Triumph berichtete, der Sieg über den besten Schwertkämpfer der Welt. Ich musste immer wieder über das Foto schmunzeln. Der Fotograf war wirklich ein Genie! Zorro schaute auf dem Bild ziemlich verwundert, richtig süß! Er hatte sich sehr verändert…ich konnte kaum glauben, dass ich das Glück hatte, ihn geküsst zu haben! Da würde wirklich jedes Mädchen eifersüchtig werden.

Ich sprang aus meinem Bett und verschwand in meinem Bad. Endlich hatte ich ein größeres Zimmer mit einem eigenen Bad. Sogar einen Balkon hatte ich nun, auf dem ich die kühlen Abende verbrachte, um in den Himmel zu schauen und mich an alte Zeiten zu erinnern. An all die schönen Zeiten, die langsam aber sicher vorbeigingen.

Ich zog mir ein Kleid an und bürstete kurz meine Haare durch. Als ich fertig war, lief ich aus meinem Zimmer, den Gang entlang, die Treppen hinunter, durch die große Halle zum Speisesaal. „Guten Morgen, Prinzessin“, begrüßte mich Peruh. „Guten Morgen!“, grüßte ich zurück und setzte mich an den Tisch. „Wie geht es denn Papa?“ „Er scheint sich langsam zu erholen. Dr. Oho wird gleich hier sein, dann könnt ihr mit ihm hoch gehen“, antwortete er. „Seid ihr denn bereit für den heutigen Tag? Am Mittag wird König Farquard hier sein…“ Bääh, das wollte ich nicht beim Frühstück hören. „Ja, was sein muss, muss sein“, seufzte ich und verfluchte Farquard für alles, was er getan hatte und noch tun würde. Schon bald würde ihn jemand richtig verprügeln, dass ihm Hören und Sehen verginge! Aber vielleicht war das auch alles nur mein Wunschdenken.
 

„Vivi liebt ihr Land über alles, deswegen ist sie schließlich nicht mit uns weitergereist. Sie hatte sich in die Baroque Firma eingeschlichen, die Alabasta übernehmen wollte. Wir haben sie nach Hause gebracht und ihr geholfen, ihr Land zu retten. Sie ist eine gute Kämpferin, liebt die Gerechtigkeit und ihr Land, tut alles für ihre Freunde, ist sehr fürsorglich“, erzählte ich, während Brook gespannt zuhörte. „Naja, sie kann auch zickig sein, manchmal etwas unüberlegt…schüchtern ist sie auch. Am Anfang hat sie nur mit Nami gesprochen, erst später hat sie den Mut gefasst, sich uns allen zu öffnen.“

„Yohoho, sie klingt auf jeden Fall sehr interessant!“, lachte Brook. „Ob sie mir wohl ihr-“ Ich knallte ihm eine. „Denk nicht mal dran!“, fauchte ich ihn an. Lina stolperte zu uns und rieb sich die Augen. „Hier seid ihr“, murmelte sie und gähnte. „Warum habt ihr mich nicht geweckt? Ich mache euch Frühstück…“ Sie drehte sich zum Gehen. „Das Frühstück kann noch warten. Außerdem können wir das auch tun“, sagte ich und sie blieb stehen. „Na gut“, meinte sie und setzte sich zu uns. „Warum hast du denn gelacht, Brook?“ „Ach, weißt du, ich habe gerade von einer wunderschönen Frau gehört, deren Höschen ich zu gerne sehen würde“, antwortete Brook eiskalt. „Ob du wohl noch einmal sterben kannst?“, fragte ich eher an mich gerichtet und nahm eines meiner Schwerter. Plötzlich saß das Skelett stocksteif da. „Äh…Z-zorro, d-das war nicht so gemeint…ich, äh…“, stotterte er vor sich hin. Lina schien geschockt von Brook’s Aussage zu sein. Sie starrte ihn entsetzt an.

„Keine Sorge, Lina, dir wird er nichts tun“, seufzte ich und legte mein Schwert wieder beiseite. „Eine falsche Bewegung und dein Afro ist ab!“ Brook nickte langsam.

„Ich weiß ja eigentlich gar nichts über euch“, bemerkte Lina nach einer kleinen Runde des Schweigens. Klar, aber Hauptsache sie wollte mitkommen. Das konnte ich ja leiden… „Und wir wissen nichts über dich“, seufzte ich. „Hm…okay, dann fange ich an!“, lachte Lina. „Ich heiße Lina, bin neun Jahre alt und habe am 5.März Geburtstag. Meine Hobbys sind malen und kochen. Ich mag Pferde und Glitzer und das Meer! Öhm…ich mag keine bösen Piraten und Staub! So, jetzt seid ihr dran!“ Sie grinste weiter.

„Yohoho! Da mache ich gleich weiter!“, lachte nun auch Brook. „Mein Name ist Brook, ich bin tot und nichts als Knochen. Ich bin inzwischen, du meine Güte! 91 Jahre alt! Ich bin alt! Äh…mein Geburtstag ist am 3.April. Mein Hobby ist die Musik. Ich mag jegliche Art von Musik, Instrumenten und Damenhöschen. Ich mag nicht…Banausen, die Musik nicht würdigen. Yohohoho! Ich denke, ich habe mich ziemlich gut beschrieben!“ Lina sah wieder entsetzt zum Skelett. Jaa, Kleine, er war pervers.

„Jetzt bist du dran!“, sagte sie grinsend. „Na gut“, seufzte ich. Was für ein Theater. „Ich heiße Lorenor Zorro, bin 22 Jahre alt und mein Geburtstag ist am 11.November. Meine Hobbys sind trainieren und schlafen. Ich mag Schwerter, das Kämpfen und Reisen. Ich mag nicht…so einiges. Zufrieden?“ Wenn es jetzt jemand wagte, nein zu sagen, würde mich kennenlernen!

„Ihr seid ja alt!“, stellte Lina geschockt fest. Klar, man würde ja nicht jünger werden. Konnte sie schwimmen? Würde man es als Mord bezeichnen? „Wie wäre es mit Frühstück?“, schlug Brook vor und stand auf. Das Mädchen nickte und sprang ebenso auf. Gerade noch die Kurve gekriegt…
 

Ich wartete in der großen Halle auf den Arzt, Dr. Oho. Er war ein sehr vertrauter Mediziner des Palastes und hatte sich seit Beginn von Papa’s Erkrankung um ihn gekümmert. Bisher hatte er noch nicht herausfinden können, warum er krank geworden war. Ich hoffte, er würde endlich Ergebnisse haben.

„Hallo, Prinzessin!“, begrüßte mich Dr. Oho und verbeugte sich. „Gehen wir gleich hoch zu eurem Vater. Ich habe die Blutproben untersucht und etwas Interessantes herausgefunden.“ Endlich ein Ergebnis! Wir gingen die Treppen hinauf zum Schlafgemach meines Vaters. Ich klopfte an und Chaka öffnete uns die Tür. Er nickte zur Begrüßung und ließ uns hinein.

Papa lag in seinem Bett, das in der rechten Ecke des Zimmers stand. Zwei Stühle standen bereits daneben. Zu einem ging auch gleich Dr. Oho und setzte seinen Arztkoffer ab. „Wie fühlt ihr euch, eure Majestät?“, fragte er. „Schon besser“, antwortete auch gleich Papa. Seine Stimme klang noch immer schwach. Ich ging nun auch zu seinem Bett. „Kommen wir gleich zur Sache“, sagte Dr. Oho und holte einen Zettel hervor. „Ich habe euer Blut untersucht und etwas Interessantes gefunden! Die plötzliche Erkrankung wurde von Keimen ausgelöst, die es nicht auf Sandy Island gibt. Nein, sie stammen von einer Insel, auf der ein Königreich liegt…Frommage. Ihr wurdet vorsätzlich mit diesen Keimen infiziert.“

Es war alles genau geplant. Ich fiel aus allen Wolken. Trotz dieser Gewissheit durfte ich mich nicht widersetzen. Peruh hatte berichtet, dass in einiger Entfernung Schiffe vor Tamalisk ankerten. Generell war die Armee aus Frommage unserer Armee weit überlegen. Ihre Waffen waren brutal, die Zahl der Soldaten überstieg die der unseren bei weitem! Ich sank auf den Stuhl, der noch frei war. „Ich schätze, ihr wurdet bei eurem letzten Stadtbesuch infiziert“, fuhr Dr. Oho fort. „Oje, es tut mir Leid, Vivilein“, sagte nun Papa leise. „Ich hätte besser aufpassen sollen, dann würden wir jetzt nicht diesen Alptraum erleben…“ „Ist schon gut, Papa!“, sagte ich, hoffentlich auch entschlossen. „Ich werde mit diesem Farquard schon fertig! Vielleicht können wir die Hochzeit ja doch noch verhindern und ihn aus unserem Land vertreiben!“ Ja, das hoffte ich sehr. Ich hoffte, dass Zorro endlich hier auftauchte und seine Prinzessin rettete. Die Strohhutpiraten würden uns doch niemals im Stich lassen! „Ich habe bereits ein Gegenmittel entwickelt, allerdings wird die Kur einige Zeit dauern“, erzählte der Arzt weiter. Wenigstens ein kleiner Lichtblick.

„Prinzessin Vivi! König Farquard ist hier!“, hörte ich Peruh’s Stimme. Er öffnete langsam die Tür. „Gut, ich komme sofort!“, sagte ich und sah noch einmal Papa an. „Mach dir keine Sorgen, Papa. Ich schaffe das schon.“ Er schenkte mir ein Lächeln und ich verließ sein Zimmer. „Peruh, kann ich dich kurz sprechen?“, fragte ich meinen Leibwächter. Wir blieben auf der Treppe stehen. „Wir sollten uns eigentlich beeilen, Prinzessin“, meinte er etwas besorgt. „Gut, ich sag es ganz kurz!“, sagte ich grinsend. „Ich bin mir sicher, dass die Strohhutpiraten hier bald auftauchen und uns retten werden!“ „Prinzessin, habt ihr euch bei eurem Vater angesteckt?“, fragte er verdutzt. „Wieso sollten sie herkommen?“ „Weil es mir jemand versprochen hat!“, gab ich zurück. Nun sah er mich noch verwirrter an. „Es ist viel auf meiner Reise damals geschehen…jedenfalls wird jemand kommen und uns retten!“ Ich lächelte ihn an und ging weiter die Treppe herunter. In der großen Halle wartete bereits die Person, die ich am wenigsten sehen wollte.
 

Nach dem Frühstück legte ich mich an Deck. Vielleicht konnte ich endlich ein wenig schlafen. Mich beschlich allerdings ein mulmiges Gefühl, das noch etwas Schlimmes passieren würde. Ein tiefer Seufzer bahnte sich seinen Weg durch meine Kehle. So viel Pech auf einmal konnte man doch nicht haben.

„Zorro! Ich bin der Meinung, dass wir endlich Ruffy erzählen sollten, was abgeht!“, sagte Brook völlig überzeugt von seiner Aussage und stolperte mit der Teleschnecke zu mir. Unsanft landete er zu meinen Füßen. „Er wird es in der Zeitung gelesen haben“, brummte ich und schloss die Augen. „Dann sag ihm gefälligst Bescheid, dass wir zwei schon unterwegs sind!“, beharrte er weiterhin auf seinen Vorschlag. „Nein, das werde ich nicht tun! Und du wirst das auch nicht tun!“, fauchte ich ihn an. Es war, mehr oder weniger, mein Geheimnis, das Ruffy und die anderen unter keinen Umständen erfahren sollten. Es war schon schlimm genug, dass Brook mitgekommen war und mich jetzt sogar ein kleines Kind verfolgte!

„Aber…“, murmelte Brook. „Kein aber!“, sagte ich entschieden. „Vielleicht sollten wir eventuell der Weltregierung berichten, was wir herausgefunden haben. Sie könnten Alabasta unterstützen…“ „Auf einmal machst du gemeinsame Sache mit ihr“, meinte Brook ruhig. Auch das wollte ich eigentlich nicht, aber…was aber? Sie würden Alabasta helfen, oder nicht? Vielleicht wussten sie schon lange, was da genau vor sich ging. Warum taten sie nichts? Warum ließen sie es zu, dass Vivi diese Ehe gegen ihren Willen eingehen musste? Zeit für Antworten!

Ich kramte einen Zettel aus meiner Hosentasche, auf der eine Nummer draufstand. „Jetzt willst du doch anrufen!“, rief Brook siegessicher. „Ja, ich rufe an…allerdings nicht Ruffy! Das ist Mihawk’s Nummer. Vielleicht hat er ein paar Antworten, die ich brauche“, sagte ich immer leiser werdend. Das Skelett sah mich enttäuscht an.

„Hallo?“ Eine Frauenstimme meldete sich aus der Teleschnecke. War sie immer noch auf der Insel?! „Hey, Perona“, begrüßte ich die Geisterprinzessin mit wenig Begeisterung. „Das ist ein kleiner Notfall, ist Mihawk da?“ „Zorro!“, schrie sie zurück. „Warum willst du nicht mit mir sprechen?!“ „Gib schon her, du Göre!“, hörte ich Mihawk’s Stimme. „Yohohoho! Wer war denn die Frau? Hast du ihre Höschen gesehen?“, fragte Brook und die Röte stieg ihm ins Gesicht, komischerweise. „Mit welchen Verrückten treibst du dich rum, Lorenor?“, fragte Mihawk erschrocken über Brook’s Frage. „Frag lieber nicht“, antwortete ich seufzend. „Du müsstest mir ein paar Fragen beantworten, Mihawk.“

„Ich denke, ich fange lieber mit den Fragen an“, meinte Falkenauge gelangweilt. „Also, wie weit bist du bisher gekommen und was will die Weltregierung von dir? Was ist bisher geschehen?“ Super, der war ja sehr direkt. Ich holte tief Luft. „Gut, dann erzähle ich mal“, begann ich. Lina hatte sich inzwischen auch zu uns gesellt und war gespannt auf meine Geschichte. Ihre Augen glänzten vor Neugier.

„Ich habe mein verdammtes Dorf verlassen und musste in Logue Town ausgerechnet Shanks treffen!“ Ein Lachen war zu hören. „Kaum auf der Grand Line angekommen, meinte unser Musiker, mitkommen zu müssen.“ Brook sah verlegen weg und pfiff eine Melodie. „Dann meinte die verdammte Weltregierung, mich erpressen zu müssen, KOLLEGE!“ „Interessant“, gab Mihawk von sich. „Wenn das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, mussten wir uns in einem Wald verlaufen, wurden fast von einem Dämon aufgeschlitzt, ich wurde von GNOMEN angeschrien…“ Wieder lachte er, diesmal stimmte Perona mit ein. „…und letztendlich wurde ich für eine Piratenjagd missbraucht. Abgesehen davon, dass mir nun auch noch ein Kind hinterherläuft, verlief meine Reise bisher wirklich super und ich brauche immer noch drei verdammte Tage bis nach Alabasta!“ Endlich war der ganze Frust draußen. Allerdings erntete ich dafür nur Lachanfälle, von der Teleschnecke und von meinen Mitstreitern. Ja, ihr konntet darüber lachen. Hättet ihr mal mich gefragt…

„So, jetzt zu meinen Fragen!“, stellte ich klar, nachdem sich alle wieder beruhigt hatten. Was war daran auch bitte so witzig gewesen? „Wieso hilft die Weltregierung dem Königreich Alabasta nicht? Es ist so offensichtlich, dass da Piraten ihre Finger im Spiel haben, und trotzdem tun sie nichts!“ „Auch Königreiche können nicht ständig mit der Hilfe der Weltregierung rechnen“, seufzte Mihawk. „Es ist komplizierter, als du denkst, Grünschnabel. Die Königreiche haben untereinander Abkommen, die sie einhalten müssen. Die Weltregierung hält sich dabei vollkommen raus und greift nur ein, wenn es wirklich nötig ist, zum Beispiel wenn alle Reiche Krieg führen wollen. Diese Freiheit ist sehr wichtig, denn sonst würden alle Inseln der Welt nur einen Herrscher haben. Das ist sehr gefährlich, denn dieser Herrscher kann jegliche Regierungsform wählen. Meist endet dies in einer Diktatur, falls du es nicht wissen solltest.“

„Aber warum hilft die Weltregierung dann nicht Alabasta? Sie sind doch in großer Not!“, warf Lina ein. „Ach, du bist wohl das Kind. Warst ja richtig fleißig, Zorro!“, scherzte Mihawk. „Klappe!“, brummte ich. „Gut, Kleine, ich erkläre es dir“, meinte er. „Wenn die Weltregierung nun einschreiten würde und Alabasta Hilfestellung gibt, fühlen sich alle anderen Königreiche benachteiligt. Das führt zur Unzufriedenheit, Krieg und Aufstand gegen sie. Die Königreiche würden dann versuchen, die Weltregierung zu stürzen, dafür, dass sie sich unfair verhalten haben. Das nennt man eine Revolution. Da das aber nicht passieren soll, hält sich die Weltregierung getrost aus diesen Angelegenheiten heraus und schickt, wenn überhaupt, kleine Helfer. Ich schätze, du wurdest dafür engagiert, oder, Zorro?“

„Ja, das war auch ein Teil der Erpressung…“, antwortete ich. „Ich kann also nicht darauf hoffen, dass sie früher als ich da sind und die Piraten erledigen, die Alabasta angreifen wollen?“ „Nein, das ist dein Job, Piratenjäger.“ „Haha, wärst du mal hier geblieben!“, lachte Perona im Hintergrund. „Muss ich etwa auch Piraten jagen?“, fragte Lina. „Quatsch, das kannst du getrost Brook und mir überlassen“, sagte ich und lächelte ihr zu. „Eh? Ich muss auch?“, fragte Brook ungläubig. „Ich will nicht wissen, wie der Rest deiner Crew drauf ist“, seufzte Mihawk.
 

Nach dem Mittagessen bat mich Farquard auf mein Zimmer. Eigentlich hatte er dort nichts zu suchen, aber wer wusste schon, ob er nicht wieder einen erpresserischen Plan hatte. Ich führte ihn also hoch in mein Schlafzimmer. Dort angekommen hatte ich ein mulmiges Gefühl. Irgendetwas stimmte nicht. Aber wovor hatte ich Angst? Ich war eine Kämpferin! Im Notfall würde ich ihn K.O. schlagen können! Ja, das war die Lösung! Leider hatte er überall seine Spitzel. Eine falsche Bewegung und Tamalisk wäre nur noch Schutt und Asche…

„Wir sollten uns mal nä’er kennenlernen, meinst dü nischt auch, Vivi?“, sagte der Schnösel unschuldig und schloss die Tür ab. Ich musterte ihn skeptisch. Das war überhaupt nicht gut. Ich musste einfach so tun, als hätte ich nichts gemerkt. Seufzend setzte ich mich auf mein Bett, das an der linken Wand stand. Schön groß, daneben stand jeweils rechts und links ein Nachtschrank. Weiter links vom Bett war die Tür zum Badezimmer. Im Notfall würde ich da rein flüchten… „Dann erzähl doch mal von dir“, sagte ich, ohne ihn anzusehen.

Er fing an zu lachen. Warum lachte er? Ich fühlte mich unwohl. Und irgendwie hatte ich auch Angst. Was war los mit mir? „Ach, Vivi, dü bist wirklisch sehr lüstig!“, sagte er, nachdem er sich beruhigt hatte. „So meinte isch das doch gar nicht…“ Er setzte sich neben mich auf das Bett. Ich konnte seine Nähe nicht ertragen und stand auf. Mit schnellen Schritten ging ich zu dem großen Fenster, das den Blick auf den Balkon freigab. „Tja…“, sagte ich leise und wahrscheinlich auch zu ängstlich.

„Wir werden ‘eiraten, ma chérie, ist dir das nischt bewüsst?“, sagte er und stand plötzlich hinter mir. „Wir müssen doch einen Termin ausmachen. Wie wäre es mit morgen?“ Eindeutig zu früh. Langsam drehte ich mich zu ihm um, aber sein Gesicht wollte ich nicht sehen. Dieser dämliche Schnurrbart störte ungemein. Generell sahen seine Haare ziemlich fettig aus. Auch der Rest seines Körpers war keine Augenweide…eher speckig.

„Morgen ist viel zu früh!“, entgegnete ich ihm. Wieder lachte er. „Da müss isch disch wohl umstimmen“, sagte er, sein Kopf näherte sich meinem Gesicht. Nein! Ich ging an ihm vorbei, geradewegs zur Tür. Der Schlüssel war weg! Verdammt! Das Bad! Ehe ich mich versah, hatte mich Farquard an meinen Handgelenken gepackt und hielt sie über meinem Kopf. Er presste mich an den Schrank, der neben der Tür stand. „Lass mich los!“, zischte ich und wollte nach ihm treten, doch mein Versuch scheiterte. Er drückte sich an meinen Körper, sodass ich mich nicht bewegen konnte. Das war es wohl mit mir…

„Isch möchte dir nischt weh tun, isch will nur disch“, flüsterte er mir ins Ohr. „Lass mich los!“, schrie ich ihn an. Ich zappelte solange, bis er mich endlich losließ. Ich brauchte eine Waffe! Ich würde ihn umbringen! Ich rannte zu meinem Bett, doch er war leider schneller. Mit seinem ganzen Gewicht warf er sich auf mich. Zum Glück war das Bett weich, aber trotzdem saß ich in der Falle. „Du siehst wirklisch ümwerfend aus“, sagte er schmeichelnd und küsste meinen Hals. Sein Geruch stieg mir in die Nase. Ein Gemisch aus Käse, Zigarettenrauch und ein undefinierbares Parfum. Ekel stieg in mir auf.

Was sollte ich nur tun? Wenn ich mich jetzt wehrte, würden Tamalisk und alle Bewohner in einem Bombenhagel fallen. Musste ich mich wirklich für mein Land aufgeben? Warum geschah das alles nur? Tränen bahnten sich langsam ihren Weg über meine Wangen. Er hatte gewonnen…
 

Ich machte meine Augen auf. Schon wieder ein Alptraum… Ich gähnte und stand auf, um mich richtig zu strecken. Die Sonne ging bereits unter. Ein Blick auf den Eternal Port verriet mir, dass wir noch immer auf dem richtigen Kurs waren. Trotzdem würde es noch Tage dauern.

Ich hatte von Vivi geträumt. Sie war gefangen, in Ketten gehalten, allein, zerbrechlich, am Ende ihrer Kräfte. Hatte das etwas zu bedeuten? Ich war nie abergläubisch, aber wenn es nach Lysop oder Chopper ginge, war das ein Zeichen. Tatsächlich hatte ich ein mulmiges Gefühl, schon den ganzen Tag. Hoffentlich ging es ihr gut. Hoffentlich war alles in Ordnung.

„Zorro, wir haben etwas zum Essen gemacht!“, rief Lina aus der Kombüse. Ich ging über das Deck, die kleine Treppe hoch und in die Kombüse. Der Tisch war gedeckt, Brook saß bereits am Tisch. „Du siehst gar nicht gut aus“, bemerkte das Skelett, als ich mich setzte. „Ist irgendetwas?“ Auch Lina sah mich an. „Schon gut“, brummte ich. Schweigend aßen wir, doch die Stille machte mich fertig. Ständig dachte ich an meinen Traum. „Ich geh mal raus nach dem Wetter gucken“, sagte Lina, als wir fertig gegessen hatten, und ging hinaus. „Möchtest du reden?“, fragte Brook besorgt. „Haben Träume eine Bedeutung?“, fragte ich seufzend. Er sah mich verwirrt an und sah danach schweigend auf die Tischplatte. „Dachte ich mir…“

Der Wind war stärker geworden. Lina hatte erklärt, dass wir schneller in Alabasta sein würden, wenn das Wetter sich so hielt. Brook hatte sich dazu bereit erklärt, die Nachtwache zu übernehmen. Ich versuchte endlich einen ruhigen Schlaf zu finden. Wenn es denn gelingen würde…
 

Ich hasste mich. Ich hasste meine Schwäche, ich hasste meinen Körper, ich hasste einfach alles! Ich weinte unaufhörlich. Ich umklammerte mein Kissen, schrie hinein.

Lachend war er hinausgegangen, hatte mich gequält, hatte mir gedroht. Mir wurde erneut schlecht. Wie konnte er es nur wagen? Was hatte ich ihm denn getan?

Ich wickelte mir die Decke um meinen nackten Körper. Die Fetzen meines Kleides lagen auf dem Boden, meine Unterwäsche ebenso. Alles lag verstreut. Erneut kamen die Tränen. Und die Schmerzen. Und der Ekel. Ich hasste mich.

Da lagen auch die Schnipsel, die vorher noch eine Zeitung waren. Die Zeitung, die mir Hoffnung gegeben hatte. Alles war verloren. Meine Hoffnung lag zerrissen vor mir.

Zorro, wo warst du? Ich brauchte dich! Allein war ich noch immer zu schwach. Nur an deiner Seite konnte ich alles schaffen. Jetzt war es zu spät. Du warst zu spät. Du hattest es mir doch versprochen.

Was sollte ich jetzt noch tun? Es war ein Alptraum, aus dem ich unbedingt aufwachen wollte. Doch es gelang nicht. Die Realität war grausam. Ich wollte aufgeben, mein Leben beenden…doch etwas hielt mich davon ab. Warst du es?

Kräfte sammeln

Ein neuer Tag begann. Ich hatte zwar etwas Schlaf gefunden, doch erholsam war anders. Ich gähnte und streckte mich, als ich aufstand. Langsam bahnte ich mir meinen Weg auf das Deck. Brook und Lina veranstalteten dort ein Picknick. Es war tatsächlich ziemlich warm, obwohl die Sonne noch gar nicht ganz aufgegangen war. Das Meer war auch ruhiger geworden.

„Guten Morgen!“, rief Lina gutgelaunt und winkte mich zu ihnen. „Wir hatten Glück mit dem Wetter. In wenigen Stunden sind wir da!“ Glück mit dem Wetter? Wir hätten noch zwei Tage brauchen müssen…konnte sie zaubern? Ich sah sie skeptisch an, doch plötzlich ertönte die Teleschnecke.

„Brook, geh ran. Sollte es Farquard sein, wird er deine Stimme wiedererkennen und glauben, du wärst dieser komische Vogel“, befahl ich und vergaß dabei meine Zweifel an Lina. Brook nickte und nahm zögerlich das Mikro von der Schnecke.

„Hallo?“, fragte er vorsichtig. „Ah, Francois! Ich dachte schon, du würdest immer noch schlafen!“, lachte die Stimme aus der Teleschnecke. „Hör mal! Gestern ist etwas Unglaubliches passiert! Du wirst es auch nicht glauben können! So unglaublich!“ Er lachte weiter. „Möchtest du es mir nicht erzählen?“, fragte Brook immer noch vorsichtig. „Achso, ja natürlich!“, antwortete der Typ. „Francois! Unser Plan läuft besser als gedacht! Die Prinzessin hat keine Chance! Ich habe mich am Abend nicht mehr eingekriegt vor Lachen! Es war herrlich!“ Das klang ganz und gar nicht gut. Ich gab Brook das Zeichen zu weiteren Nachfragen.

„Es ist toll, dass alles so gut klappt, aber du drückst dich nicht sehr klar aus. Was hast du denn gestern erreicht?“, fragte Brook mit fester Stimme. Langsam hatte er das Schauspieltalent. Das war gelogen. Farquard war zu dämlich, um zu bemerken, dass Brook nicht Francois war. „Ich habe meine Zukünftige gesehen. Sie sieht einfach umwerfend aus, sag ich dir! Ihre Beine, ihr Po, und wie weich ihre Brüste sind! Sie konnte sich nicht wehren. Hat sich erstmal noch versucht zu widersetzen, aber ich war stärker. Naja, da habe ich sie flachgelegt! Sie hat ziemlich geheult, war wohl noch Jungfrau, aber was soll‘s! Ich liebe meinen Plan! Es läuft alles so perfekt! Und niemand wird uns aufhalten können! Die Schiffe sind schon stationiert, keiner wird es wagen, sich gegen uns zu stellen!“ Er lachte.

Meine Fäuste ballten sich. Brook hielt mir den Mund zu, auch Lina versuchte es. Ich wollte nicht mehr hören. Es war genug. Den Kerl könnte man nie wieder zu einem Ganzen machen können! „Du darfst jetzt nichts sagen!“, flüsterte Brook streng. „Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst, aber, bitte, bleib ruhig!“

„Ist etwas, Francois?“, fragte Farquard. „Äh…also, ein paar Sklaven machen ein wenig Ärger, aber alles unter Kontrolle!“, sagte Brook und verpasste mir eine Kopfnuss. Ich musste mich dringend beruhigen, sonst flog alles auf. „Achja, du hattest ja Sklaven an Bord…wo bist du denn gerade?“, fragte der Typ wieder völlig unschuldig. Oh, er würde sterben, so grausam wie nur möglich! „Komm doch einfach erstmal nach Alabasta. Ich denke, ich kann dir die Prinzessin klar machen. Sie wird alles tun, was ich will. Na? Was sagst du?“ Langsam reichte es doch!

„Nach Alabasta kommen?“, fragte Brook. „Ja, klar! Sehr gerne sogar! Ich bin auch schon ganz in der Nähe.“ „Super, ich erwarte dich dann in meinem neuen Palast!“, lachte Farquard und legte auf. Brook sah mich ängstlich an, Lina starrte auf das Essen vor uns. Ich platzte fast vor Wut. Eigentlich wollte ich nie wieder voller Wut in einen Kampf ziehen. Die Konsequenzen musste ich schon früh erfahren, doch jetzt ging es nicht anders.

Ich stand auf und ging zur Galionsfigur, die ein Drachenkopf war. „Geht es vielleicht noch schneller, Lina?“, fragte ich. „Mehr kann ich leider nicht tun“, antwortete sie betrübt. „Schneller geht es nicht.“ Vivi war sicher am Ende. Meine Alpträume spiegelten doch einen Teil der Realität wider. Warum war ich nicht schneller gewesen? Dann müsste sie nicht leiden.

Ich hob meinen Kopf und sah auf das Meer. Ja, der Plan war wirklich gut durchdacht. Vor uns war eine ganze Armee von Piratenschiffen. „Ein wenig Frust ablassen…“, murmelte ich vor mich hin und zog meinen Mantel aus. „Wir sind fast da!“, rief ich den anderen zu und band mir mein Kopftuch fest. Ich wusste nicht wie, aber Lina schien doch etwas mehr vom Wetter verstehen zu können und hatte mich angelogen. „Was hast du vor, Zorro?!“, fragte Brook erschrocken. „Ich erledige meinen Auftrag“, antwortete ich ruhig und bewaffnete mich. „Danke, Lina!“

Die Schiffe standen ziemlich weit vom Festland entfernt. Die Inselbewohner konnten somit nicht erkennen, dass es sich um Piraten handelte. Neben jedem der verschiedenen Jolly Roger war noch ein Symbol aufgemalt. Das musste wohl das Wappen des Königreiches Frommage sein. „Steuert das Schiff direkt in die Mitte!“, befahl ich. Langsam fuhr unser Schiff in die Reihen der anderen. Sollte ich sie mir einzeln vorknöpfen? Das würde zu lange dauern.

„3000 Pfund-Kanone!“ Ich wirbelte meine Schwerter umher und erzeugte drei Schockwellen, die sich zu einer verbanden und sich durch die erste Reihe von Schiffen bohrten. Die Bretter flogen durch die Luft, verzweifelte Piraten sprangen von Bord. Geschah euch recht! „Da meutert jemand!“, schrie eine Stimme von einem der Schiffe. Meuterei war gut, sehr gut.

„Die wollen auf uns schießen!“, schrie Lina verängstigt. „Das schaffen sie nicht“, beruhigte ich sie. Noch zwei Reihen waren übrig. Die würde ich mit einem Schlag versenken. „Falkenwelle!“ Ich schlug auf das Wasser ein und eine Wasserwand schoss in die Höhe. Dieser Angriff war natürlich nichts im Vergleich zu Mihawk’s Schwerthieb, aber es erfüllte seinen Zweck. Nachdem das Wasser wieder heruntergeprasselt war, schwammen nur noch die Reste der Schiffe auf dem Wasser. Die Piraten waren hoffentlich untergegangen. Am Horizont erkannte ich Festland. Endlich!

Nach einer Stunde erreichten wir die Hafenstadt Tamalisk. Die Luft war trocken, es war unerträglich heiß und den Sand konnte man schon fast riechen. „Wir müssen nur noch durch die Wüste“, sagte ich gelassen. Leider waren meine Begleiter nicht ganz davon begeistert. Wir verließen das Schiff, die Menschen schauten uns verwundert an, flüsterten sich etwas zu. Sie würden glauben, wir wären Feinde, da wir von einem Piratenschiff kamen. Mit Piraten hatten sie auch so schon einiges durchgemacht. Seit Crocodile würde sie wohl kein Vertrauen mehr fassen.

„Vielen Dank!“ Plötzlich stand ein Mann vor uns. „Ihr habt uns vor dem Tod bewahrt! Wir haben alles gesehen! Ihr seid unglaublich stark, Meister Zorro!“ Hier war ich wohl bekannt. „Ist schon gut“, brummte ich und wollte weiter, doch der Mann ließ mich nicht vorbei. „Ich...nein, wir möchten euch noch um einen Gefallen bitten! Wir wissen, es ist ziemlich unverschämt, aber wir befinden uns in einer Notlage…“ Alle Menschen knieten vor uns. Verwirrt sahen wir umher. „Prinzessin Vivi musste nur wegen uns vieles erleiden. Bitte, rettet sie! Es gibt kein Druckmittel mehr, doch sie wird davon in Arbana nichts erfahren. Farquard ist hinterhältig und muss aufgehalten werden!“, erklärte der Mann, Tränen stiegen ihm in die Augen. Das Volk liebte ihre Prinzessin, das konnte man erkennen. „Ich hatte sowieso vor, Vivi zu retten. Ich habe einige unschöne Dinge erfahren“, sagte ich ruhig. „Wir müssen nur irgendwie nach Arbana kommen.“ Die Menschen schauten zu mir auf, glückliche Gesichter, Freudentränen.

Der Mann führte uns zum Stadtrand und übergab uns dort Gewänder, damit wir nicht in der Hitze verglühten. „Eigentlich sollten wir keinen Piraten mehr vertrauen, seit Sir Crocodile dieses Land stürzen wollte, doch nun geht es nicht anders“, erklärte er. Er pfiff und ein breitgrinsender riesiger Krebs kam angelaufen. „Diese Umzugskrabbe wird euch in die Hauptstadt bringen“, sagte der Mann. „Wir sind euch zu tiefstem Dank verpflichtet. Ehrlich! Niemals hätten wir gedacht, dass nur eine Person so etwas leisten könnte!“ Ich sah kurz zu Brook und Lina, die sich scheinbar unwohl fühlten, vielleicht sogar nutzlos. Sie würden auch noch zum Zug kommen, da war ich mir sicher.

Der Krebs kam mir immer näher und grinste noch breiter. „Schere?“ Der Krebs freute sich wahrscheinlich, denn seine Stielaugen zuckten hin und her. Ein Hund würde mit dem Schwanz wedeln. „Ah, ihr kennt den Krebs? Umso besser. Gute Reise!“, verabschiedete sich der Mann. Wir kletterten auf Schere und schon lief er los. „Ich hab leider keine Nami dabei, die sich hier im Tänzerinnenkostüm hinstellt, aber könntest du trotzdem Vollgas geben?“, fragte ich den Krebs und fühlte mich sowas von bescheuert. Chopper hätte mit ihm reden können, ich nicht. Schon nach wenigen Minuten war die Stadt nicht mehr zu sehen. Nur noch wenige Stunden trennten uns von Arbana…nur noch wenige Stunden trennten mich von ihr.

„Lina, wie hast du das gemacht?“, fragte ich das Mädchen. Sie sah erschrocken auf. „Du hast es gemerkt?“, fragte sie verlegen. Ich nickte, Brook sah mich verwirrt an. „Nachdem meine Eltern gestorben sind, bin ich immer in den Wald gegangen. Dort habe ich mich mit dem Volk der Gnome angefreundet und sie haben mir einige Dinge über Magie beigebracht“, erklärte sie. „Naja, meine Magie hat wenig mit der Erde zu tun, so wie es die Gnome nutzen. Ich kann das Wetter ändern und so für den richtigen Wind sorgen. Als ihr geschlafen habt, habe ich Vollgas gegeben, damit wir heute hier ankommen…“ „Danke, du bist wirklich klasse!“, lobte ich Lina, die sofort rot wurde. „Yohohoho! Das ist ja wirklich interessant!“, lachte Brook. „Ich hoffe, ich werde dir auch noch von Nutzen sein, Zorro!“

„Das wirst du, keine Sorge“, beruhigte ich ihn. Er hatte mir schon genug geholfen, allein schon, weil er mich begleitete. Es wurde immer heißer. Ich war lange nicht mehr in der Wüste gewesen. Es war wirklich unerträglich. Nun würde ich wahrscheinlich den Rest meines Lebens hier verbringen…erst jetzt wurden mir einige Dinge bewusst. Was sollten wir tun, wenn wir Arbana erreichten? Einfach blind reinstürmen und den Feind erledigen? Wie sollte ich mich gegenüber Vivi verhalten? Ich hatte erfahren, was sie durchleben musste. Würde sie sich überhaupt freuen, mich zu sehen? Vielleicht hatte sie mit der ganzen Crew gerechnet.

„Zorro, ich bin glücklich.“ Brook’s Stimme riss mich mal wieder aus meinen Überlegungen. „Was zum Geier...?“, fragte ich geschockt. Diese Aussage klang sehr seltsam. Auch Lina schien verwirrt zu sein, was das Skelett mal wieder von sich gab. „Was schaut ihr denn so?“, fragte Brook unschuldig. „Ich bin glücklich, dich begleiten zu dürfen, Zorro. Als wir uns kennengelernt hatten, hatte ich dir schon so viel zu verdanken! Nicht nur, dass du meinen Schatten zurückgeholt hast, nein, auch dass du mir das Leben gerettet hast. Unter Einsatz deines eigenen Lebens.“ „Eigentlich habe ich Ruffy und den Kochlöffel gerettet“, brummte ich.

„Von Anfang an stehe ich tief in deiner Schuld. Nie hatte ich die Gelegenheit, mich erkenntlich zu zeigen“, fuhr Brook unbeirrt fort. „Ich habe immer zu dir aufgesehen, auch wenn ich keine Augäpfel mehr besitze, yohohoho! Irgendwann kam es mir nur noch so vor, dass dein eigener Traum zweitrangig geworden war. Du warst nur noch der Beschützer der Crew. Bis zu dem Tag, an dem du Falkenauge besiegt hast. Für diese Stunden des Kampfes war dein Traum alles, was zählte.“ Warum fing er schon wieder mit irgendwelchen Predigten an? Es nervte! Merkte er das nicht?

„Nach deinem Sieg hat mich Ruffy gebeten, auf dich achtzugeben. Er hatte selbst gemerkt, dass du nur unseren Schutz im Sinn hattest, egal zu welchem Preis“, erzählte das Skelett munter weiter und sah mich ernst an. „Mag sein, dass ich bisher dieser Bitte nicht nachgekommen bin, aber nun will ich dir unter allen Umständen helfen. Ich will mich revanchieren, für alles, was du für mich und für die Crew getan hast!“ Stille.

„Und worauf willst du jetzt hinaus?“, fragte ich nach. „Yohohoho! Sobald du wieder mit deiner Prinzessin vereint bist, möchte ich dein Leibwächter werden!“, sagte Brook voller Stolz. Okay…das ging doch etwas zu schnell. Solche Dinge hatte ich doch gar nicht zu entscheiden. Außerdem waren noch viele Fragen offen. Und vor allem gab es noch ein großes Problem, das direkt hinter Farquard kam: König Kobra. „Jaja“, brummte ich vor mich hin.

„Sag mal, hast du eigentlich schon einen Plan?“, fragte Lina nach Minuten des Schweigens. Ich sah sie an und schüttelte den Kopf. Geschockt fiel ihr die Kinnlade herunter. Warum waren sie nur alle immer so leicht zu erschrecken? Die Wahrheit war immer grausam, sowas sollte man wissen. „Und wie willst du dann die Prinzessin retten?!“, fragte sie aufgebracht. „Farquard filetieren“, murmelte ich. „Was weiß ich?! Ehrlich gesagt hätte ich noch nicht einmal gedacht, dass ich so schnell hier ankommen würde. Dass hier so viele Probleme warten würden. Dass wieder alles gegen mich ist…“ Den letzten Satz sagte ich leise, kaum hörbar. Nur einmal wollte ich etwas für mein Glück tun und schon kam alles anders. Die Welt hasste mich, das wusste ich ganz genau!

„Vielleicht sollten wir uns in den Palast schleichen“, schlug Brook vor. „Dort könnten wir den Soldaten erzählen, dass keine Gefahr mehr besteht, und dann gemeinsam mit ihnen gegen Farquard vorgehen.“ Dieser Vorschlag war wirklich zu gebrauchen. „Guter Plan. Es dürfte kein Problem sein, sie davon zu überzeugen“, sagte ich. Trotzdem blieb bei mir die Frage, wie ich Vivi gegenüber treten sollte. Ich wollte ihr schon die ganze Zeit diese drei kleinen Worte sagen, doch ich kam nie dazu. Langsam wurde es doch Zeit! „Für alle Fälle sollten wir erstmal Kräfte sammeln. Ruht euch aus. Sobald wir in Arbana sind, kann es ziemlich ungemütlich werden“, sagte ich und meine Begleiter nickten.

Während Lina und Brook in der Sonne ein Mittagsschläfchen hielten, beobachtete ich die vorbeiziehende Landschaft. Nur Sand…überall. Einige Dünen ragten meterhoch in den Himmel. Wirklich faszinierend, was die Natur zustande brachte. Wir waren schon Stunden unterwegs, wenn mich mein Zeitgefühl nicht ganz täuschte. Schon bald müsste ich Arbana sehen können. Ich bewunderte Schere’s Ausdauer. Trotz der unerträglichen Hitze lief er mit hoher Geschwindigkeit über den unebenen Untergrund. Er schien nicht erschöpft zu sein. Immer trug er dieses Grinsen im Gesicht. Das Grinsen, welches ich täglich von Ruffy sah. Waren die anderen schon unterwegs? Sie würden ziemlich sauer auf Brook und mich sein.

Endlich erkannte ich den riesigen Felsen, auf dem Arbana erbaut wurde. Wir waren fast da. Mein Herz schlug schneller, die Aufregung stieg. Was würde uns dort alles erwarten? Diesmal sollte nichts schiefgehen. „Hey, aufwachen!“, rief ich. Erschrocken saßen Lina und Brook aufrecht. Ich verkniff mir das Lachen. „Da vorne ist Arbana.“ Ich deutete auf den Horizont. „Es könnte zu Kämpfen kommen. Ich hoffe, ihr seid bereit dafür. Seid nicht sauer, aber ich werde erstmal allein in den Palast gehen und Vivi suchen. Ich traue euch alles weitere an.“

Lina und Brook nickten. Wir waren endlich da.

Angestaute Wut

„Ist das hoch!“, rief Lina. Wir waren an einem der Stadttore abgekommen. Schere verkroch sich auch gleich in den Schatten und verschnaufte. Vor uns lagen die Stufen zur Hauptstadt. „Okay, wir dürfen nicht auffallen“, erklärte ich. „Wir sollten uns durch die Gassen zum Palast schleichen. Dort müssen wir uns mit den Wachen verständigen und dann sehen wir weiter.“ „Gut, gehen wir los!“, lachte Brook und wir erklommen die Treppen.

Oben angekommen waren wir direkt auf einer der Hauptstraßen, die zum Palast führten. Ein leichter Wind wirbelte den Sand auf. Es war keine Menschenseele zu sehen. „Irgendwie leer“, bemerkte Lina. „Viel zu leer“, stimmte ich zu und ging los. Vielleicht konnten wir doch auf der Hauptstraße bleiben, aber wo waren die ganzen Stadtbewohner? Fand etwa doch noch eine Hochzeit statt? Farquard hatte nichts von einem Termin erzählt…und es war wirklich verdächtig still.

„Planänderung. Wir gehen einfach geradewegs zum Palast. Jeder, der sich uns in den Weg stellt…Moment…jeder Feind wird erledigt“, verbesserte ich mich. „Yohohoho! Die Sonne scheint dir nicht gut zu tun. Hast du schon einen Stich?“, scherzte Brook und Lina kicherte. Zum Glück nahmen sie das alles locker. Es wäre unerträglich, wenn sie vor Anspannung fast platzten.

Nach einem kleinen Marsch durch die Straßen landeten wir schließlich vor dem Palast. Wir hatten uns nicht verlaufen! Auch mal was Neues… Ich sah mich um. Auch der Vorplatz war wie leergefegt. „Hier stimmt was nicht“, brummte ich. „Gehen wir rein.“ Wir gingen auf die Treppen zu, die zum Palast führten, als plötzlich von allen Seiten als Wachen getarnte Piraten auftauchten. Sie trugen das Wappen von Frommage auf ihrer Kleidung. „Wir wurden entdeckt“, fiepste Lina.

„Wenn du erlaubst, würde ich mich gerne um diese Versager kümmern“, sagte Brook und zog die Klinge aus seinem Gehstock. „Gut, wir überlassen das dir“, antwortete ich und nahm Lina an die Hand. Ein Schatten flog über uns hinweg und ein Mann im weißen Gewand landete neben Brook.

„Jaha, jetzt wagt es auch noch Peruh, sich uns in den Weg zu stellen!“, lachten die Piraten. Peruh? War er nicht tot? „Ich werde dir helfen“, sagte Peruh und drehte sich zu Lina und mir um. „Prinzessin Vivi ist in ihrem Zimmer. Sie hat sich in ihrem Bad eingeschlossen und will seit Stunden nicht mehr herauskommen. Bitte kümmere dich um sie.“ Er drehte sich wieder zu den Feinden, die ihren Angriff starteten. Vivi ging es überhaupt nicht gut. Dieser Farquard konnte sein blaues Wunder erleben!

Ich rannte mit Lina die Treppen hoch und geradewegs auf die Tore des Palastes zu. Nirgends war eine Wache zu sehen. Hatten sie alle Angst? Wir liefen durch das Portal und landeten in einer großen Halle. Verdammt! Hier konnte man sich nur verlaufen! Ich hörte Schritte.

„Mimimimi!“ Diese Stimme… „Zorro! Hier rüber!“, räusperte sich Igaram, der aus einem Gang heraus sprach. Bei ihm waren zwei Soldaten Alabastas. „Du kommst mir gerade recht, Lockenkopf!“, begrüßte ich ihn. „Ich muss ganz schnell zu Vivi.“ „Natürlich musst du das!“, sagte Igaram und schaute zu Lina herunter. „Lina, du gehst mit dem Kerl hier zum König und erklärst alles, was passiert ist“, sagte ich zu ihr und sie nickte. „Ist das in Ordnung?“, fragte ich Igaram, der ebenfalls nickte. „Du bringst ihn in Prinzessin Vivi’s Zimmer“, befahl Igaram einer Wache.

Gemeinsam eilten wir die Treppen hinauf. Lina, Igaram und die zweite Wache trennten sich von uns. Wir liefen einen Gang entlang, der wieder zu Treppen führte. Hier würde ich nicht mehr heraus finden… „Da vorne rechts, die hinterste Tür“, keuchte die Wache. Der war verdammt schnell aus der Puste. „Danke!“ Ich rannte an ihm vorbei. „Sag Bescheid, wenn es brenzlig wird!“ Ich hielt vor der besagten Tür. Mein Herz schlug immer schneller. Ich klopfte an. Keine Reaktion.

Langsam öffnete ich die Tür und schaute hinein. Es war ziemlich unordentlich. Auf dem Boden lagen Kleidungsstücke und Papierfetzen herum. Ich ging hinein und schloss die Tür hinter mir. „Vivi?“, rief ich. Mein Puls beschleunigte noch mehr, als ich ein kleines Poltern aus der Tür links von mir hörte. Das musste wohl das Bad sein.

„Hau ab!“, schrie Vivi. Sie klang sehr heiser und sie weinte. „Vivi, ich bin es doch“, sagte ich und ging auf die Tür zu. „Tut mir leid, ich bin zu spät.“ Ich hörte ein Schniefen. „Nein…“, hörte ich die überraschte Stimme meiner Prinzessin. Jetzt hatte sie mich erkannt. Das Klackern des Schlosses verriet mir, dass sie gleich aus dem Bad kommen würde. Die Tür öffnete sich, mein Herz schlug noch schneller, wenn es überhaupt noch möglich war.

Vivi stand vor mir. Ihre Augen waren gerötet. Sie sah mich an und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. Ich stand nur da und sah sie an. Ihre langen blauen Haare fielen wie ein Vorhang herab. An ihren Armen erkannte ich einige blaue Flecken. An ihrem Hals befanden sich kleine rote Flecken. Sie zitterte. Langsam kam sie auf mich zu und fiel mir in die Arme. Ihr Gesicht vergrub sie in meiner Brust.

„Du bist endlich da!“, schluchzte Vivi. Ich strich ihr über den Kopf. Ja, endlich war ich wieder bei ihr. Endlich hielt ich sie wieder in meinen Armen. „Ich dachte, es wäre alles aus. Ich hatte solche Angst!“ „Keine Sorge, der Alptraum ist vorbei“, beruhigte ich sie. „Ich weiß, was passiert ist…“ Sie nickte zögerlich und sah zu mir auf. Sie lächelte mich erleichtert an.

„Oh, meine Prinzessin!“ Mann, durch die Teleschnecke war die Stimme leichter zu ertragen. „Wir ‘aben immer noch keinen ‘Ochzeitstermin ausgemacht!“ Die Stimme kam immer näher. Was war mit der Wache? Plötzlich sprang die Tür auf. Reflexartig schob ich Vivi hinter mich, als ich mich zur Tür drehte. „Eh? Wer bist denn dü?“, fragte Farquard wenig begeistert. „Ünd was ‘ast dü mit meiner Frau vor?“ „Gut, fangen wir an“, meinte ich ruhig. „Ich bin dein schlimmster Alptraum und werde Prinzessin Vivi retten.“ Vivi klammerte sich fest an meinen Mantel. Sie zitterte noch mehr.

„Das will isch aber se’en, Kleiner!“, lachte Farquard. Was sollte dieser dämliche Akzent? „Spar dir den Akzent, Schmalzlocke“, meinte ich und musterte seinen geschockten Blick. Sein Schnurbart passte zu seinen fettigen Haaren. „Eh? Sag mal, wer bist du eigentlich?“, fragte er nun ohne Akzent. „Mann, müsst ihr immer so anfangen?“, fragte ich genervt. „Deinen kleinen Helfer Francois hat es auch nichts genützt, als er wusste, wer ich bin.“

„Was soll das heißen?“ Farquard wurde ziemlich unruhig. Hatte er Angst? Oder war er einfach nur sauer? „Francois wartet in der Hölle auf dich und du wirst ihn auch gleich sehen!“, sagte ich kalt und zog zwei meiner Schwerter. „Vivi, versteck dich wieder im Bad. Ich kümmere mich um ihn.“ Ich spürte, wie ihre Hände mich losließen. Eine Tür schloss sich, Vivi war also in Sicherheit. „Du hast Francois auf dem Gewissen?“, fragte der Typ ziemlich sauer. „Das wirst du bereuen.“

Er holte kleine Nadeln hervor. Nicht schon wieder! „Das zieht nicht bei mir! Sündenphönix!“ Ich schoss eine Schockwelle auf ihn ab und er flog durch die Tür auf den Flur. „Alles in Ordnung?“, hörte ich Vivi’s Stimme. „Ja, mach dir keine Sorgen!“, antwortete ich und rannte auf den Flur. Farquard rappelte sich auf. Oje, ich hatte die Wand zertrümmert. Ob sie mir wohl auch Schulden auferlegen würden? „Du dreckiger Pirat wagst es tatsächlich, einen König anzugreifen?!“, schrie er aufgebracht. Ein paar seiner Männer kamen in den Flur gerannt. Super, noch mehr von denen. „Nein“, antwortete ich. „Ich Samurai der Meere wage es, einen hinterhältigen Piraten in die ewigen Jagdgründe zu schicken!“ Ein Schlag von mir und er flog seinen Männern entgegen.

Leider rappelten sie sich viel zu schnell wieder auf. Ziemlich sauer zogen sie ihre Dolche, die in einer Flüssigkeit getränkt wurden, so wie Francois‘ Dolch. Mir blieb nichts erspart. „Tjahahaha! Ich werde berühmt, wenn ich dich umgebracht habe!“, lachte Farquard auf. „Und da du dich mir in den Weg gestellt hast, muss das ganze Land leiden.“ Er holte eine Babyteleschnecke hervor. Plötzlich rannte Vivi aus dem Zimmer. „Nein, bitte! Das darfst du nicht tun!“, schrie sie auf und wollte auf ihn zu rennen, doch ich hielt sie am Arm fest. Farquard lachte nun noch lauter. „Zu spät, Schneckchen! Fertig machen zum Angriff!“, rief er in die Schnecke, doch man hörte nur das Rauschen der Wellen. „Was ist denn jetzt kaputt?!“ Vivi sah mich verwirrt an. „Denkst du, ich komme unvorbereitet?“, fragte ich den Typen, dessen Schnurbart bedrohlich spitz wurde. „Man nennt mich nicht umsonst Piratenjäger…naja, und sie waren mir im Weg.“

„Sie waren dir im Weg?!“, schrie er aufgebracht. „Ihr werdet alle sterben!!!“ „Das kenne ich schon…“, murmelte ich. „Vivi, versteck dich lieber. Es könnte zu gefährlich werden.“ „Nein!“, entgegnete sie kopfschüttelnd. „Ich werde mit dir kämpfen!“ Farquard verfiel wieder in einem Lachanfall. Der Typ war anstrengend, richtig nervig. „Gut, wie du meinst“, brummte ich. Jetzt musste ich doppelt aufpassen, nicht sehr von Vorteil, vor allem da sie Gift benutzten.

„Angriff!“, rief Farquard und seine Leute warfen die Leiche der Wache, die mich hergebracht hatte, auf uns. Erschrocken wich Vivi zurück. Der Gegner kam auf uns zu gerannt. Vorher war ich noch fest entschlossen, all meine Wut in diesem Kampf rauszulassen, doch nun hielt mich etwas davon ab. Wieder beschlich mich ein mulmiges Gefühl. Ich sollte kurzen Prozess machen…

„Weg mit euch!“ Mein Angriff erwischte die Wachen schwer und schleuderte sie bis zu den Treppen am Ende des Ganges. „Woah, macht jetzt nicht schlapp!“, schrie Farquard wütend, doch seine Männer standen nicht mehr auf. „Jetzt bist du dran“, sagte ich kalt und zeigte mit der Schwertspitze auf ihn. Er lachte nur. Dieses Lachen konnte nichts Gutes verheißen. Vivi klammerte sich an meinen rechten Arm. „Keine Angst, Vivi“, flüsterte ich ihr zu.

„Hihi, du musst sie gar nicht erst beruhigen. Seit gestern ist sie sowieso fertig mit der Welt!“, lachte Farquard frech. „Aber es hat dir doch auch gefallen, oder?“ „Schluss jetzt!“, sagte ich entschieden. „Du bist also noch stolz darauf, was du getan hast. Das zeigt nur, was für ein Feigling du bist. Vergreifst dich mit hinterhältigen Methoden an wehrlosen Frauen. Toller Kerl bist du.“ Ich festigte den Griff um meine Schwerter, Vivi ihren an meinem Arm. „Echt süß, wie du dich für so ein kleines dreckiges Weibsstück einsetzt. Dann werdet ihr beide eben zusammen sterben! So wie die Wache dort“, lachte er erneut und deutete auf den Leichnam neben uns.

„Ich hab genug von dir!“, schrie Vivi und nahm sich blitzschnell mein drittes Schwert. Es ging alles viel zu schnell…sie stürmte auf ihn zu. Er lachte. Er stach mit dem Dolch zu. Vivi’s Schrei. Blut tropfte auf den Boden. Er lachte erneut. Noch lauter als vorher.

„Das war dumm“, fuhr ich Vivi an. Ich hatte sie noch rechtzeitig nach hinten gezogen, weg von der vergifteten Klinge. Sie war unsanft hinter mir gelandet. Mit einer Finte hatte mich der Kerl erwischt. Ich war viel zu unachtsam. Er hatte mich an meiner linken Schulter getroffen. Ein brennender Schmerz zog sich durch meinen Arm. Ich wich von ihm zurück.

„Tjahahahaha! Das läuft ja immer besser!“, lachte Farquard siegessicher. „Das Gift wird dich in wenigen Sekunden lähmen. Dein Herz wir aufhören zu schlagen. Genieße deinen letzten Atemzug.“ Klar, als ob ich so leicht zu erledigen wäre. Vorher musste ich ihn noch aus dem Verkehr ziehen. Eher würde ich nicht sterben! „Eh, du stehst ja immer noch“, bemerkte Farquard.

„Was hast du denn erwartet?“ Die Schmerzen wurden immer unerträglicher. Mein Arm war schon taub. „Mein Schwert, Prinzessin.“ Vivi sah mich fassungslos an und übergab mir mit zitternden Händen das Schwert, welches sie mir vorher entwendet hatte. „Das war dein Todesurteil, ist dir das klar, kleiner Pirat?“, fragte ich den Schnösel. Ich ließ mir nicht anmerken, wie sehr das Gift an meinen Kräften zehrte. Die Schmerzen breiteten sich in meinem Oberkörper aus. Bloß nicht aufgeben!

Farquard wich langsam und vor allem ängstlich zurück. „Da-das sieht ni-nicht gut für mich aus“, bemerkte er. Ich brachte meine Schwerter in Position. „Geheime Kunst. 3.000 Welten!“ Er hatte keine Chance. Mein Angriff war brutal. Ich hatte ihn aufgeschlitzt, wie ich es sonst nie tat. „Dein Gift ist viel zu schwach“, keuchte ich und sank auf die Knie. Ich hatte ihn erledigt. Endlich.

„Zorro!“ Brook und Peruh kamen die Treppen hinauf gerannt und standen nun im Flur. „Er muss sofort behandelt werden!“, sagte Vivi hektisch. Sie stand plötzlich hinter mir. Peruh nickte und rannte auch gleich wieder die Treppen herunter. „Alles in Ordnung?“, fragte Brook besorgt. Ich musste lächeln und dann wurde alles schwarz.

Endlich sorglos

Und er hatte mich schon wieder gerettet. Wenn er nicht in dem Augenblick gekommen wäre, ich wüsste nicht, was ich getan hätte. Ich saß am Krankenbett. Dr. Oho hatte seine Wunde versorgt und das Gift neutralisiert. Zum Glück hatte das alles diese Wendung genommen. Wenn er schlief, sah er gar nicht so gefährlich aus.

„Das war ganz schön knapp!“ Das kleine Mädchen wich nicht von Zorro’s Seite. Sie hieß Lina und hatte mir von den Abenteuern erzählt, die sie mit ihm und dem Skelett, Brook, erlebt hatte. „Hast bestimmt einen Schrecken bekommen, oder?“, fragte sie grinsend. Sie war wirklich zuckersüß! „Natürlich habe ich einen Schrecken bekommen, aber so ein kleiner Kampf haut ihn nicht um“, antwortete ich ihr. Natürlich hatte ich im ersten Moment geglaubt, dass Zorro gleich tot umfallen würde, aber er blieb standhaft. Er hatte mit Sicherheit schon viel schlimmere Verletzungen überlebt, da konnte ihn das doch nicht umbringen.

„Prinzessin, solange der Vize bewusstlos ist, kann ich es ja ruhig wagen“, meinte Brook plötzlich und nahm seinen Zylinder vom Kopf. „Dürfte ich wohl euer Höschen sehen?“ Wie bitte? Ich sah ihn fassungslos an. Gehörte er wirklich zu Ruffy’s Bande? Wie konnte er nur? Wie konnte Nami ihn nur ertragen? „Spinnst du, Brook?!“, schrie Lina und das Skelett fing ebenso an zu schreien. Nur Verrückte…typisch für die Strohhutpiraten. Aber wo war eigentlich der Rest von ihnen?

„Verzeiht mir, Prinzessin. Es ist so über mich gekommen…“, entschuldigte sich Brook und sah mich an. Er war verdammt gruselig! „Schon gut“, sagte ich und verdrängte meine Erinnerungen an den vorherigen Tag. „Sag mal, wo ist denn der Rest der Crew?“ „Zuhause“, antwortete Brook knapp. „Hör auf, mich zu veräppeln! Sag schon, wo sind Ruffy, Nami, Lysop, Sanji und Chopper?“, fragte ich weiter. Die zwei Knallköpfe waren doch nie im Leben allein hergekommen, oder?

„Ihr glaubt mir nicht, oder?“, fragte Brook gekränkt. „Nun ja, wie soll ich es euch erklären…Es war auch eher Zufall, dass ich hergekommen bin. Zorro sagte, dass niemand von seiner Reise erfahren solle. Dann kamen die ganzen Umstände…“ „Ich dachte, ihr wärt hier, um Alabasta zu retten…?“ Ich war etwas verwirrt. Hatte Zorro wirklich die ganze Zeit an sein Versprechen von damals gedacht? Und er hatte es niemandem erzählt? Ich glaubte, die ganze Bande würde hier auftauchen, vor allem nach den Zeitungsartikeln, die erschienen waren. Ich fühlte mich wie im siebten Himmel!

„Die Rettung Alabastas kam irgendwie dazu. Yohohoho! Wie das Leben so spielt“, lachte Brook. „Er war wirklich sehr besorgt um euch. So habe ich ihn noch nie erlebt und ich kenne ihn nun schon einige Jahre.“ Ich schaute zu dem Schlafenden. All das nur für mich. Oh Mann, warum kamen mir schon wieder die Tränen?! Ich wischte sie mir schnell weg und wendete mich mit einem Lächeln zu dem Skelett. „Danke, dass du ihn begleitet hast. Und natürlich auch Danke an dich, Lina. Allein hätte er sich bestimmt verlaufen und wäre niemals hier angekommen“, lachte ich.

„Prinzessin Vivi, das Essen ist angerichtet!“, ertönte eine Stimme vor der Tür. Die Blicke von Brook und Lina hoben sich. Sie schienen hungrig zu sein. Es war ja schon früher Abend, kein Wunder. „Der Speisesaal ist unten. Die Wache wird euch hinbringen“, kicherte ich. Sofort sprangen sie auf und gingen zur Tür. „Vielen Dank!“, riefen beide glücklich und verließen das Zimmer.

Nun waren wir allein. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass du hier vor mir lagst. Dass du dein Leben für mich aufs Spiel gesetzt hattest. Drei lange Jahre hatte ich gewartet. Gehofft, dass du bald wieder bei mir sein würdest. Als ich hörte, dass die Strohhutbande verschwunden war, war das ein großer Schock für mich. Wart ihr tot? Wurdet ihr besiegt? Hattet ihr euch getrennt? Erst zwei Jahre später, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, wart ihr zurückgekehrt. Seitdem verfolgte ich jede Neuigkeit über euch, über dich.

„He, wo starrst du hin?“ Erschrocken sah ich etwas auf, direkt in sein Gesicht. Ein Grinsen war darauf zu sehen. „Erschreck mich nicht so!“, kam es aus mir heraus. Oh, das wollte ich nicht…“Du bist viel zu schreckhaft. Solltest du dir endlich abgewöhnen“, sagte Zorro. Er setzte sich auf und schaute mir direkt in die Augen. Mein Herz schlug immer schneller und schneller. Doch dann wendete er seinen Blick ab. Was war los? Er sollte mich anschauen! So wie früher auch…oder war es wegen Farquard? War ich jetzt wertlos für ihn? Nein, so war er doch nicht, oder? Wieder liefen mir Tränen über die Wangen.
 

Ich fühlte mich schlecht, als ich Vivi in die Augen sah. Ich konnte sie nicht vor Farquard retten. Sie musste sehr gelitten haben. Ich senkte meinen Blick. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich nicht da war, um sie davor zu bewahren. Ein Schluchzen ließ mich wieder auf sehen. Sie weinte. „Was hast du, Vivi?“, fragte ich sanft. Ich strich ihr mit meiner rechten Hand über ihre linke Wange. Mein linker Arm war immer noch taub. Sie sah mich an.

„Es tut mir so leid“, schluchzte sie und sah wieder weg. Was tat ihr denn leid? Sie hatte doch nichts verbrochen. „Ich konnte mich nicht wehren…Farquard hat…“ Ich nahm sie in den Arm. Sie musste nicht weitersprechen. „Du hast keinen Grund, dich zu entschuldigen“, beruhigte ich sie. Sie schmiegte sich an mich. Es war so schön, ihre Nähe zu spüren. „Mir tut es leid, dass ich nicht früher da war“, gab ich zu. Wenn einiges nicht vorgefallen wäre, hätte ich vieles verhindern können…aber die Welt hasste mich. Das hatte ich bei dem Kampf vorhin auch wieder bemerkt.

„Bist du wirklich allein losgezogen?“, fragte Vivi, als sie sich wieder beruhigt hatte. „Ja, war vielleicht nicht unbedingt einer meiner besten Ideen, aber ich bin hier“, antwortete ich. Sie lachte bei meiner Antwort. Es war wirklich unglaublich, was in den letzten Tagen vorgefallen war. „Ich sollte dich nicht weiter stören“, murmelte sie und löste sich aus meinem Arm. „Du musst dich ausruhen, immerhin bist du verletzt.“ „Das ist nur ein Kratzer, keine Sorge“, seufzte ich. „Für dich ist alles nur ein Kratzer!“, schimpfte sie los. Oha, hatte ich wohl übertrieben. „Danke!“, sagte sie und schenkte mir ihr süßes Lächeln. Sie stand auf und ging zur Tür. „Ich hole uns etwas zum Essen.“ Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer.

Ich ließ mich zurück in das Kissen sinken. Das Gift hatte ganz schön reingehauen. Das hatte ich nicht erwartet. Solange ich meinen Arm nicht bewegen konnte, musste wohl oder übel auch das Training ausfallen. Vielleicht wurde es auch langsam an der Zeit, Ruffy aufzuklären. Die anderen waren bestimmt schon unterwegs und würden bald Alabasta erreichen. Da musste ich sie ja irgendwie vorwarnen, wenn man das so nennen konnte.

Vivi fühlte sich wirklich mies. Es musste entwürdigend sein, was sie durchlebt hatte. Sie hatte sich sogar dafür entschuldigt. Schon seltsam, welche Gedanken und Gefühle man in einigen Situationen erlebte. Jetzt war alles vorbei. Niemand konnte sie wieder verletzen und quälen. Jetzt würde ich auf sie aufpassen. Für immer. Für immer? Ich plante nie großartig, schon gar nicht, was in der Zukunft passieren sollte. Vielleicht wurde es aber langsam an der Zeit, sich solche Gedanken zu machen.

Die Tür sprang auf und Vivi kam mit zwei Tellern in der Hand herein. Ich setzte mich wieder auf und sah sie lächeln. Für dieses Lächeln würde ich alles tun! „Bitte.“ Sie reichte mir einen Teller und setzte sich auf die Bettkante. „Terrakotta hat extra für euch etwas ganz Besonderes gekocht. Das meinte sie zumindest“, kicherte sie. Sie schien mir wieder so sorglos. Ich nahm die Gabel in die Hand und fluchte, dass ich meinen linken Arm noch nicht wieder bewegen konnte. Als Linkshänder tat ich mich immer schwer, nur die rechte Hand zu benutzen.
 

„Zorro! Aufstehen!“ Ein Gewicht landete auf dem Bett und als ich mein Auge öffnete, sah ich, dass Lina auf meinem Bett gelandet war. „Spinnst du, Brook?! So doch nicht!“, schimpfte sie. „Ich hätte ihn verletzen können!“ „Das würde ihm auch recht geschehen!“, sagte das Skelett wütend. Okay, was hatte ich schon wieder verbrochen? „Guten Morgen auch“, brummte ich.

„Guten Morgen! Es wird Zeit, dass du mit Ruffy sprichst!“, sagte Brook aufgebracht. „Du siehst ja, was du von deinen Alleingängen hast!“ Er deutete auf meine linke Schulter. „Jaja…“, brummte ich erneut. Langsam setzte ich mich auf. Das würde hart werden. Brook setzte eine Teleschnecke auf das Bett. Ich schluckte. Musste das sein? Ich konnte ja noch nicht einmal Vivi drei kleine Worte sagen!

Und da kam auch schon Vivi ins Zimmer. „Guten Morgen! Ihr seid aber schon ganz früh wach“, bemerkte sie und sah dann die Teleschnecke. „Komme ich ungelegen?“ „Ihr kommt genau richtig!“, sagte Brook entschieden. Diese ernste Art passte überhaupt nicht zu ihm. „Setzen!“, befahl er und Vivi setzte sich neben mich auf das Bett. „Was ist denn mit dem los?“, fragte sie leise in mein Ohr. „Keine Ahnung“, flüsterte ich zurück.

Brook sah uns böse an, wie auch immer er das anstellte, und wählte die Nummer. „Hallo?“, ertönte eine Frauenstimme. „Yohoho! Hallo, gnädige Frau. Würdet ihr mir vielleicht euer Höschen zeigen?“, platzte es auch gleich aus ihm heraus. „Sag mal, wie dämlich bist du eigentlich?“, fragte ich das Skelett etwas fassungslos über seine Reaktion, während die Frau angefangen hatte, zu kreischen. „Hihi, bist du es, Brook?“, war nun Ruffy’s Stimme zu hören. „Ah, Ruffy! Wer war denn die Frau?“, fragte Brook auch gleich neugierig. Hey, er hatte sein Vorhaben vergessen! Punkt für mich!

„Ach, das war Makino. Sie besitzt eine Bar. Da bin ich auch gerade. Was gibt es denn?“, fragte Ruffy naiv wie immer.

Brook hielt mir die Schnecke fast unter die Nase. Ich seufzte. „Hey, Ruffy“, sagte ich weniger begeistert. „Oh, Zorro! Du bist ja auch da!“, freute er sich. „Hast du dich wieder verlaufen oder warum bist du bei Brook gelandet?“ Nein, nicht nur Ruffy bekam einen Lachanfall. Auch alle anderen Zuhörer. Warum mussten sie mich ständig auslachen? Was hatte ich ihnen denn getan?!

„Nein, ich habe mich nicht verlaufen!“, stellte ich klar und das Lachen im Raum erstickte. Nur Ruffy lachte munter weiter. „Du bist wirklich lustig“, bekam er heraus. „Der hat völlig den Verstand verloren“, schlussfolgerte Vivi das Verhalten. „Das hat er schon vor einiger Zeit“, brummte ich. Das Lachen hatte aufgehört.

„Wusste ich es doch!“, sagte Ruffy stolz. Okay…vielleicht hätte Vivi nichts sagen sollen. „Hat alles geklappt? Wie es sich anhört, ist Vivi in Sicherheit“, bemerkte er weiter. Er hatte es gewusst, aber woher? Naja, das war jetzt auch egal. „Ja, alles im grünen Bereich“, antwortete ich. „Gut“, sagte Ruffy und ich stellte mir sein Grinsen vor. Eindeutig von Shanks… „Warum ruft ihr dann an?“, fragte er. „Ich muss dir wohl einiges erzählen, Ruffy“, begann ich. „Nö, wozu?“, kam es aus ihn heraus. Der Typ sprach in Rätseln! „Ich wusste doch, dass du nach Alabasta wolltest. Als dann die Zeitung kam und Vivi drinstand, wusste ich, dass du alles erledigen würdest. Weißt du was? Shanks ist hier!“

Vivi sah mich verwirrt an. Der Kerl hatte mich durchschaut…und dabei konnte er nicht mal eins plus eins rechnen. Ich war erbärmlich. „Hey, Zorro!“, ertönte nun Shanks‘ Stimme. „Wie ich höre, bist du doch angekommen! Lass uns demnächst mal kämpfen. Ich will immer noch sehen, wie du Mihawk besiegen konntest!“ „Nein“, antwortete ich knapp. Das ging mir alles zu schnell.

„Spielverderber!“, konterte er. „Sag mal, hat die Weltregierung dich geschnappt?“ Vivi sah auf. „Ja, leider…“, antwortete ich. „Was wollten sie von dir? Du lebst noch?“, fragte Ruffy neugierig. „Sorry, Käpt’n, aber ich bin jetzt einer der Sieben Samurai der Meere“, sagte ich mit schlechtem Gewissen. Wieso konnten sie nicht einfach mal bei einem Thema bleiben?! „Moment mal!“, kam es plötzlich von Ruffy. Mist… „Was hast du mit Shanks zu schaffen?! Woher kennt ihr euch denn?!“, fragte er schockiert. Natürlich, an etwas anderes dachte er nicht. „Ich bin ihm in Logue Town begegnet“, brummte ich. „Achso“, pfiff Ruffy. „Cool!“ Wieder stellte ich mir sein Grinsen vor…

„Sag mal, Ruffy, kann ich dich etwas fragen?“, mischte sich nun auch Vivi in das Gespräch ein. „Klaro, schieß los!“, kam auch gleich die Antwort. „Darf ich…darf ich deinen Vize hier bei mir behalten?“, fragte sie und wurde leicht rot. Sie wollte, dass ich blieb! Ruffy lachte nur. „Du bist doof. Warum lachst du dauernd?“, fragte Lina aufgebracht. „Das war eine super tolle Frage und du lachst!“

„Hö? Wer ist denn das?“, fragte Ruffy verwirrt. „Ist das euer Kind? Naja, auch egal. Natürlich darfst du Zorro behalten!“ Er lachte wieder. Klar, unser Kind…ich hatte noch gar nicht überlegt, wie ich Lina wieder loswurde. Ob es hier ein Waisenhaus gab? Bestimmt… „Danke, Ruffy“, lachte Vivi und fiel mir um den Hals. Oh, da hatte etwas geknackt, was nicht knacken sollte. „Du wirst alt“, scherzte sie leise. Sie hatte es wohl gehört.

Nach vielen weiteren Scherzen war das Gespräch mit Ruffy endlich beendet! Es war wirklich eine Erlösung. Mich wunderte es allerdings immer noch, dass er alles wusste. Hoffentlich hatten die anderen nichts bemerkt. Wir saßen im Speisesaal und frühstückten.

„Wir haben heute viel zu tun“, seufzte Vivi. „Mein Vater möchte auf jeden Fall mit euch Dreien sprechen, dann muss das Volk über die Geschehnisse informiert werden, außerdem muss ich noch ins Waisenhaus. Ich habe den Kindern versprochen, dass ich heute zum Spielen komme…“ Und sie zählte immer mehr auf. Es war zu spät, einen Rückzieher zu machen. Und scheinbar würde es auch noch lange dauern, bis ich ihr diese drei kleinen Worte sagen konnte. Das dauerte doch nicht all zu lang. Bestimmt gab es zwischendrin noch Zeit.

Tja, das dachte ich…

Ich liebe dich

Vivi brachte uns nach dem Frühstück in den Thronsaal, wo ihr Vater bereits auf uns wartete. Er lächelte zufrieden, als wir auf ihn zukamen. Einige Wachen stellten sich hinter uns auf, auch Igaram, Peruh und Chaka waren anwesend.

„Schön, euch alle munter zu sehen“, begann Kobra. „Wir alle sind euch wirklich sehr dankbar. Ohne euch wäre Alabasta ins Chaos gestürzt. Wer weiß, was noch geschehen wäre.“ Seine Stimme wurde ernst, Vivi griff automatisch nach meiner Hand. Sie stand die ganze Zeit neben mir. „Natürlich möchte ich mich für euren wagemutigen Einsatz erkenntlich zeigen“, fuhr er fort und schaute jeden von uns nacheinander an. „Ihr dürft jeden Wunsch äußern.“ Oh nein…

„Yohohoho! Wenn ihr das so sagt“, begann Brook, doch ich trat so fest es ging auf seinen Fuß. „Aua! Was sollte das?!“, schrie er aufgebracht. Kobra sah uns verwirrt an. „Seinen Wunsch willst du bestimmt nicht hören, Papa“, klärte Vivi ihn auf. „Okay, ich halte mich zurück“, sagte Brook betrübt.

„Nun denn, wie kann ich mich erkenntlich zeigen? Es muss doch etwas geben, was ihr euch wünscht?“, fragte Kobra erneut. Wir schwiegen. „Was ist mit dir, Lina?“, fragte er nun das kleine Mädchen neben Brook. „Ich?“, fragte sie schüchtern. „Nun ja, ich wünsche mir eigentlich…nur…eine Familie…“ Natürlich wünschte sie sich das. In so jungen Jahren auf sich allein gestellt zu sein, war überhaupt nicht schön. Kobra schien überrascht über ihre Antwort. Bevor es noch schlimmer wurde…

„Wir fühlen uns wirklich geehrt, dass du unsere Wünsche erfüllen willst, aber das ist nicht möglich. Niemand kann sie uns erfüllen“, erklärte ich. „Wir sind Vivi’s Freunde. Es war selbstverständlich, dass wir ihr helfen. Und das werden wir auch immer wieder tun.“ „Meinen Wunsch könnte man erfüllen“, schmollte Brook und ich verpasste ihm einen kräftigen Stoß in die Rippen.

„So ist das also“, murmelte Kobra vor sich hin, richtete aber seinen Blick sofort auf uns. „Mich wundert es sehr, dass nicht die ganze Strohhutbande aufgetaucht ist. Hat das einen bestimmten Grund?“ Super, Schwierigkeiten direkt vor mir! Warum starrten mich jetzt alle hilfesuchend an? „Ganz einfach…“, begann ich und suchte nach einer Ausrede. „Als wir die Neuigkeiten über Alabasta gehört haben, hat Ruffy beschlossen, nur Brook und mich zur Hilfe zu schicken. Es wäre viel zu gefährlich geworden, wenn sich der Piratenkönig hier aufhalten würde.“

„Das ist natürlich sehr schade, aber wahrscheinlich die beste Möglichkeit“, gab Kobra zu und schien mit meiner Antwort zufrieden zu sein. Hatte er eigentlich gemerkt, dass Vivi meine Hand nicht losließ? Wenn nicht, war er sehr dämlich…

„Farquard’s Leichnam und seine Gefolgsleute werden bald der Marine übergeben. Wir werden natürlich dafür sorgen, dass euch nichts geschieht“, versicherte uns Kobra, aber diese Bemerkung schien mir nur nebenbei gesagt worden zu sein. Er wusste sicherlich, dass wir unter Schutz der Weltregierung standen.

„Mein Vater wurde hinterhältig mit Keimen infiziert“, erklärte Vivi, als wir den Thronsaal verlassen hatten. Brook und Lina waren nach draußen gegangen, wo sich die Stadtbewohner bereits versammelt hatten. „Deswegen ist das alles erst so weit gekommen. Aber zum Glück bist du aufgetaucht…“ Mein Herz hüpfte vor Freude. Ich sollte es ihr jetzt sagen! Genau hier. Tja, wäre auch zu schön gewesen…

„Prinzessin Vivi! Die Menschen sind versammelt. Sie erwarten eure Rede“, störte natürlich Peruh. „Gut, komm, lass uns gehen!“, sagte Vivi lächelnd und sah mich an. „Wolltest du etwas sagen?“ Ich schüttelte den Kopf und folgte ihr nach draußen. Ihre langen Haare wehten wunderschön mit jedem Schritt, den sie tat. Ihr rosafarbenes Kleid umspielte ihre Beine wunderbar. Wie lange durfte ich diesen Anblick noch sehen?

Vivi ging entschlossen die Treppen ein wenig hinunter. Hunderte Menschen waren auf dem Platz vor dem Palast versammelt. Es war atemberaubend. Auch Lina und Brook schienen begeistert davon zu sein. Als die Menge Vivi erblickte, jubelten alle Menschen durcheinander. Vivi’s Blick war nun erleichtert. Sie winkte ihrem Volk zu und strahlte. Ich stellte mich zu meinen Begleitern, die, wie die Wachen auch, eher seitlich standen.

„Ich habe gute Neuigkeiten für euch!“, rief Vivi mit fester Stimme in die Menge. „Farquard wird uns nicht mehr erpressen! Der Alptraum hat endlich ein Ende!“ Freudengeschrei, das immer lauter wurde, ging durch die Menschenmasse. Auch Freudentänze wurden aufgeführt. „Gestern wurden er und seine Männer von tapferen Kriegern besiegt. Diese Krieger wollen wir natürlich ehren! Zeigt euren ganzen Dank!“, fuhr Vivi fort und winkte uns zu sich. Die Menge jubelte weiter, auch als Lina, Brook und ich vortraten. Auch Peruh stand nun vorne und sprach: „Heute Abend werden wir ihnen zu Ehren ein großes Fest abhalten! Wir hatten uns schon auf eine Hochzeit vorbereitet, das können wir ja heute getrost opfern!“ Noch mehr Jubelschreie. Dass niemand dabei taub wurde…

„Wow, wir sind Helden!“, freute sich Lina, als wir wieder in den Palast gingen. „Das ist so cool!“ „Yohohoho! Vielleicht kann ich heute Abend die eine oder andere Dame um etwas bitten“, freute sich auch Brook und erntete einen bösen Blick von mir, was ihn aber nicht zu stören schien. „Es ist so schön, wieder strahlende Gesichter zu sehen!“, sagte Vivi überglücklich. Ihre Augen funkelten förmlich vor Glück. Konnten sie uns endlich mal allein lassen?

„Ah, da fällt mir was ein! Ich wollte König Kobra ja um etwas bitten“, sagte Brook plötzlich. „Keine Sorge, nicht das, was du denkst!“ Mit einem Grinsen verschwand er um die Ecke. Konnte sich nicht auch Lina erbarmen?

„Und was tun wir jetzt?“, fragte sie auch gleich neugierig. „Jetzt gehen wir ins Waisenhaus. Da sind ganz viele Kinder, die sich schon darauf freuen, mit uns zu spielen“, antwortet Vivi und strich ihr über den Kopf. „Das klingt toll!“, freute sich Lina und schnappte sich auch gleich Vivi’s Hand. „Los geht’s!“ „Du kommst doch auch mit, oder?“, fragte mich Vivi. Mir blieb ja keine andere Wahl. Meinen linken Arm konnte ich ja wieder bewegen und solange mir kein Balg auf die Schulter sprang, konnte es ja nicht so schlimm werden. Tja, das dachte ich…

Wir gingen die Hauptstraße entlang. Vivi und Lina gingen Hand in Hand, ich trottete eher hinterher. Noch mehr Kinder würde ich nicht ertragen. Nach einigen Abzweigungen waren wir auch schon da. Was ich sah, gefiel mir ganz und gar nicht. Eine Horde von Kindern rannte auf uns zu, sprang auf uns, benutzte uns als Klettergerüst! Nur Lina schien es zu gefallen, da sie natürlich mitmachte. Vivi störte sich überhaupt nicht daran. Sie ging so sanft mit den Kindern um, umarmte fast jeden einzelnen und lachte mit ihnen.

Nachdem beschlossen wurde, ein Ballspiel zu spielen, herrschte auch einigermaßen Ruhe. Lina hatte sofort neue Freunde gefunden und war auch mit Eifer im Spiel dabei. Vivi setzte sich zu mir auf die Bank, die auf dem Hof des Waisenhauses stand. „Es ist schön, die Kinder so glücklich zu sehen“, seufzte sie und beobachtete das Spiel. War jetzt die perfekte Gelegenheit, meine Liebe zu gestehen? Tja, das dachte ich…

Die Leiterin des Heimes setzte sich zu uns und bedankte sich für den Besuch. „Es ist selten, dass sich königliche Leute direkt unter das Volk mischen. Ich habe schon in einigen anderen Ländern gelebt, aber nur hier spüre ich die Liebe zum Volk“, sagte die dicke Frau. „Und vor allem habe ich noch nie neben einem echten Helden gesessen.“ Sie lachte und warf mir einen Blick zu, der fast einen Würgereiz auslöste. Vivi hatte das wohl gesehen und kicherte vor sich hin.

„Sag mal, Zorro, wieso ist Lina bei dir?“, fragte Vivi und auch die Heimleiterin schien Interesse an der Antwort zu haben. „Es war ehr Zufall. Brook und ich haben ihre Heimatstadt vor Piraten gerettet“, erklärte ich. „Als der Kampf mit ihnen rum war, hat sie mich gebeten, sie mitzunehmen. Die Bewohner der Stadt meinten, sie hätte keine Eltern und wollte schon immer aufs Meer hinausfahren. Naja, so hat sie sich uns angeschlossen.“

„Armes Ding“, sagte die dicke Frau traurig. „So jung und schon ganz allein auf der Welt. Ich kann sie gerne hier im Haus aufnehmen.“ „Nein, das können wir ihr nicht antun“, sagte Vivi. „Sie hat den Wunsch geäußert, eine Familie zu haben. Da kommt ein großes Waisenhaus nicht so recht in Frage.“ Nein, das hatte sie doch wohl nicht wirklich gesagt? Würde ich das Kind niemals loswerden? „Oh, das ist natürlich eine andere Sache“, stimmte die Leiterin zu. „Ob wir hier auch eine Familie für sie finden werden? Schließlich ist mein Waisenhaus nicht umsonst so groß. Ich kann nur wenige Kinder vermitteln.“ „Das musst du auch gar nicht“, kicherte Vivi. Ich spürte ihren Blick auf mir ruhen. Nein, warum tat sie mir das an? „Es wäre besser, wenn sie bei den Leuten bleibt, die sie schon kennt.“ Sie stand auf und streckte ein wenig ihre Beine. „Ich gehe noch ein wenig mit den Kindern spielen.“ Mit einem Lächeln ging sie auf das Spielfeld zu.

„Du liegst ihr sehr am Herzen“, ertönte die Stimme der Frau neben mir. „Prinzessin Vivi hat in den letzten Tagen sehr viel durchmachen müssen. Es ist schön, ihr Lächeln wiederzusehen. Leider weiß man nicht, ob es auch wirklich echt ist oder nur eine Fassade.“ „Sie kann ihre wahren Gefühle sehr gut verbergen“, stimmte ich zu. „Naja, und vielleicht hat sie auch recht mit Lina. Natürlich hätte sie hier viele Freunde, aber das ersetzt nicht die tiefe Geborgenheit einer Familie.“ „Du bist ohne Eltern aufgewachsen, stimmt’s?“, fragte sie nun. Ich nickte nur. „Hihi, ihr werdet eine wunderbare Familie“, lachte sie und ging nun auch zu den spielenden Kindern.

Es war nicht schwer zu erkennen, dass sich Vivi eine eigene Familie wünschte. Sie liebte die Kinder und wollte mit Sicherheit auch eigene haben. Nach dem, was Farquard ihr angetan hatte, würde sie sicherlich sehr zurückhaltend mit diesem Wunsch sein. Und trotzdem lächelte sie. Es war ihr wahres Lächeln. Ihr Alptraum war vorbei und das wusste sie. Ich musste doch endlich mal eine Gelegenheit finden, ihr meine Gefühle zu offenbaren. Als wir damals auf der Insel gestrandet waren, hatte sie mich nicht aussprechen lassen. Doch sie fühlte genauso wie ich. Ich würde noch wahnsinnig werden, wenn ich es ihr nicht bald sagte!

Die Sonne wanderte weiter zum Westen und würde bald untergehen. Die Stadtbewohner bauten Reihen von Tischen und Bänken auf dem Palastvorplatz auf. Die waren ganz schön in Feierlaune. „Yohohoho! Und das alles nur, weil wir sie gerettet haben!“, lachte Brook. „Es ist toll, ein Held zu sein!“, schwärmte Lina. Sie sollten sich nicht zu sehr daran gewöhnen. „Kriegt euch wieder ein“, ermahnte ich die Beiden. Vivi war nach dem Waisenhausbesuch verschwunden, um die Vorbereitungen für das Fest zu kontrollieren. Alles war hektisch und durcheinander.

„Wie ich das alles hasse“, brummte ich. War ja schön und gut, dass sie sich freuten, aber warum mussten wir unbedingt dabei sein? Rummeckern half ja sowieso nicht. Ich hoffte nur, dass sie genug Alkohol hatten, damit ich das alles ertragen konnte. Ich hatte immer noch keine Gelegenheit, mit Vivi allein zu sein. Das Schicksal konnte mich wirklich nicht leiden. Ständig funkte jemand dazwischen, egal ob Peruh, die Frau von Waisenhaus oder Brook und Lina. Wenigstens einmal konnten sie doch mal Rücksicht nehmen!

„Da bist du ja, Zorro!“ Ich drehte mich zu der Stimme um und sah dem Arzt direkt ins Gesicht. „Ich muss noch deinen Verband wechseln. Nach dem Fest werde ich mit Sicherheit nicht mehr in der Lage dazu sein“, lachte er. Oh, wie ich das hasste… Er zerrte mich zum Krankenzimmer, wo er bereits neuen Verband, Tupfer und Desinfektionsmittel bereitgestellt hatte. „Die Wunde verheilt sehr gut“, murmelte er vor sich hin und tupfte alles Mögliche darauf. Das Brennen wurde immer unangenehmer. Danach zückte Dr. Oho den Verband und schon war alles vorbei. Zum Glück. In einem unbeobachteten Moment würde der Verband sehr schnell verschwinden. Mit dem hatte man einfach keine Bewegungsfreiheit.

„Darf ich reinkommen?“ Vivi lugte durch die Tür. „Ja, wir sind fertig“, antwortete Dr. Oho und packte seine Sachen zusammen. „So, das Fest wartet!“ Mit diesen Worten verschwand er aus dem Zimmer. Endlich allein? Ich traute dem Frieden nicht. „Hier, frische Kleidung“, sagte Vivi und reichte mir ein Hemd und eine Hose. „Heute herrscht wirklich Ausnahmezustand in ganz Alabasta. Überall wird gefeiert.“ Sie starrte aus dem Fenster, während ich mir die Hose anzog. „Ist doch verständlich“, bemerkte ich und widmete mich dem kurzärmeligen blauen Hemd. Kam ich mit meiner Schulter rein? Eine falsche Bewegung und es schmerzte…

Vivi seufzte. Sie drehte sich zu mir um und beobachtete, welche Probleme ich hatte. Kichernd kam sie zu mir und nahm mir das Hemd aus der Hand. „Wie ein kleines Kind“, flötete sie und half mir mit den Ärmeln. „Das ist nur eine Ausnahme“, brummte ich zurück. Sie knöpfte mir sogar noch das Hemd zu. War jetzt die richtige Gelegenheit? „Ich habe dich sehr vermisst“, gab Vivi zu und schaute zu mir auf, ihre Hände ruhten an meinem Kragen. „Ich dich auch“, sagte ich leise und legte meine Arme um sie.

Endlich spürte ich wieder ihre Nähe. Diesmal zitterte sie nicht wie Espenlaub. Sie war völlig entspannt und glücklich. „Wirst du dein Versprechen auch wirklich halten und für immer bei mir bleiben?“, fragte sie etwas schüchtern. „Natürlich“, antwortete ich auch gleich. Unsere Gesichter kamen sich immer näher…

„Prinzessin Vivi!“ Natürlich… Peruh platzte in das Zimmer und blieb erschrocken stehen. „Verzeihung!“, sagte er und verneigte sich. Irgendwie war heute der Wurm drin. „Euer Vater wartet bereits auf euch. Das Fest muss eröffnet werden.“ „Jaa, ist ja gut“, sagte Vivi enttäuscht und löste sich von mir. Peruh verschwand wieder aus dem Zimmer und Vivi sah mich an. „Tut mir Leid. Wenn das Fest vorbei ist, werden wir die Zeit zusammen verbringen“, sagte sie entschuldigend und hauchte mir einen kleinen Kuss auf die Lippen. So zart und weich…

Auf dem Weg nach draußen erklärte sie mir, dass sie Peruh ein wenig von uns erzählt hatte. Hätte er nichts gewusst, hätte er sich mit Sicherheit zwischen uns geworfen, mich erstochen oder sonstwas getan…

Kobra wartete bereits ungeduldig auf Vivi, die schnell zu ihm eilte. Auch sie hatte sich umgezogen und trug ein weißes Sommerkleidchen. Stand ihr sehr gut. „Es ist schön, euch alle wohlauf zu sehen!“, rief Kobra in die Menge, als Vivi neben ihm zum Stehen kam. „Nun ist der Alptraum vorbei. Es ist einiges vorgefallen, was unverzeihlich ist, aber das wollen wir ruhen lassen, denn Farquard ist tot! Freuen wir uns über unsere wiedererlangte Freiheit!“ „Lasst das Fest beginnen!“, rief Vivi. Brook und einige andere Musiker begannen auch gleich, auf ihren Instrumenten zu spielen. Die Menschen tanzten alle durcheinander.

Vivi und ich setzten uns an einer der Tischreihen. Es gab Essen in Hülle und Fülle. Das waren wohl die ganzen Vorräte, die für die Hochzeit gedacht waren. „Was für eine Erleichterung“, seufzte Vivi und tat sich etwas von dem Essen auf den Teller. „Keine Hochzeit!“ „Da solltest du dich nicht zu früh freuen“, ertönte Kobra’s Stimme hinter uns. „Du bist schon 19 Jahre alt und immer noch nicht verlobt. Das gehört sich nicht für eine Prinzessin.“ Wünschten sich deshalb die kleinen Mädchen, eine Prinzessin zu sein? Krankes Volk…

Kleines Mädchen…wo war eigentlich Lina abgeblieben? Das fing ja gut an! Ich hatte das Kind verloren! Ob gut oder schlecht war jetzt erstmal Nebensache. Mein Blick streifte durch die Menge. Warum war sie auch so klein? „Was ist?“, fragte Vivi. „Ich habe das Gör verloren…“, gab ich zu. „Weit kann sie ja nicht sein. Sie hängt an dir und würde nicht abhauen“, kicherte sie. „Keine Sorge.“

Der Abend schritt fort und die Langeweile wurde größer. Vivi unterhielt sich dauernd mit verschiedenen Leuten. Ob sie Lust hatte, mit mir zu tanzen? Sie mochte das schließlich. Endlich war sie in keinem Gespräch mehr verwickelt. „He, Vivi. Möchtest du tanzen?“, fragte ich sie und sie nickte sofort überglücklich. Wir mischten uns unter das Volk und fanden schnell in den Rhythmus hinein.

„Endlich keine nervigen Fragen, die ich beantwortet muss“, sagte Vivi erleichtert. „Wirklich nervig, wenn sich alle Leute mit einem unterhalten wollen.“ „Du bist die Prinzessin, was erwartest du?“, lachte ich. „Ein wenig mehr Abstand…aber es ist schön, dass alle so ausgelassen feiern.“

Wenn jetzt nicht die perfekte Gelegenheit war, wusste ich auch nicht mehr. Ich sollte aufhören, so viel zu denken… „Vivi, ich wollte dir schon die ganze Zeit etwas sagen“, traute ich mich endlich. Sie sah zu mir auf, leicht fragend und sanft lächelnd. „Dauernd wurden wir gestört, aber jetzt ist der perfekte Zeitpunkt. Ich-„

„Partnertausch!“ Plötzlich wurde mir Vivi aus meinen Armen gerissen und die dicke Frau vom Waisenhaus stand vor mir. „Hallo, du Held!“, begrüßte sie mich und tanzte munter weiter. Welt, was hatte ich dir angetan?! „Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich heiße Mirabelle. Nenn mich ruhig Miri.“ Sie zwinkerte mir zu. Ihre Haare waren kinnlang und gewellt, die Haarfarbe lag irgendwo zwischen blond und hellbraun. Und wo war Vivi?

Ich suchte sie in der Menge, während alle durcheinander tanzten. Endlich sah ich sie auch. War das Corsa, mit dem sie da tanzte? „Sei doch nicht so schüchtern“, seufzte Mirabelle. „Unterhalte dich doch ein wenig mit mir!“ Sie folgte meinem Blick und fand Vivi und Corsa zusammen tanzen. „Ah, verstehe, du bist eifersüchtig“, sagte sie wie selbstverständlich. „Nein“, brummte ich. Kobra war inzwischen einige Stufen nach oben gestiegen und hatte den Partnertausch veranlasst. Na klar, das war Absicht.

„Hört mir zu!“, rief er nun und die Musik erstarb. Alle drehten sich zu den Palaststufen, auf denen sich der König befand. „Ich denke, es ist allen bewusst, dass Prinzessin Vivi baldmöglichst heiraten muss.“ Das meinte er doch nicht ernst, oder? „Vivi, Corsa, kommt doch bitte zu mir“, bat er das Tanzpaar. „Oh, das ist wirklich süß“, pfiff Mira. „In aller Öffentlichkeit!“ Bitte nicht…

Sie standen neben Kobra, der stolz lächelte. Corsa nickte und wandte sich Vivi zu. Sie wich allerdings einen Schritt zurück. „Nein, das ist nicht euer Ernst!“, rief sie aufgebracht. Ich bahnte mir langsam einen Weg nach vorne. „Natürlich ist das unser Ernst!“, sagte Kobra ruhig. „Wir kennen uns schon so lange Vivi“, begann Corsa. „Und heute möchte ich diesen Schritt wagen!“ Natürlich, erst war sie einem notgeilen Käsefresser entkommen und jetzt sollte sie den nächsten heiraten müssen. War ihr eigener Wille nichts wert?

Corsa kniete sich hin und nahm Vivi’s Hand. „Prinzessin Vivi, wollt ihr-„ „Stopp!“, rief ich dazwischen. Super Aktion, und jetzt? Verwirrt sah er mich an, als ich auf sie zukam. „Geht das alles nicht ein bisschen zu schnell?“, fragte ich und versuchte so, mich rauszureden. „Wieso mischst du dich ein?“, fragte Kobra aufgebracht. Gut, darauf konnte ich nicht antworten, wäre auch zu peinlich in aller Öffentlichkeit gewesen.

„Gegenfrage: Warum tust du ihr das an?“, fragte ich knapp. Kobra sah mich verwirrt an. Mein Herz raste vor Aufregung. Ich verfluchte mich, dass ich nie gründlich nachdachte, bevor ich etwas tat. „Vivi kennt ihre Pflichten als Prinzessin. Ich tue ihr gar nichts an. Außerdem spricht nichts gegen eine Hochzeit mit jemandem, den sie seit ihrer Kindheit kennt!“, konterte er. Mist, Punkt für ihn. „Trotzdem will ich selbst entscheiden!“, mischte sich Vivi ein. „Natürlich kenne ich Corsa schon sehr lang. Du kannst ruhig wieder aufstehen.“ Corsa stand wieder auf und ließ ihre Hand los. „Aber ich liebe ihn nicht! Bei einer Hochzeit sollte doch Liebe im Spiel sein, oder nicht? Gerade jetzt merke ich, dass diese alten Traditionen zu Nichts zu gebrauchen sind!“ Es musste von unten sehr spannend ausgesehen haben, worüber wir diskutierten. Die Menschen waren ruhig und ich spürte ihre Blicke in meinem Rücken.

„Ich bin mir sicher, dass du deine Frau geliebt hast, Kobra. Warum soll Vivi dann unglücklich in einer Ehe sein?“, hakte ich nach. Kobra musterte mich skeptisch. „Warum mischst du dich überhaupt ein, Pirat?“, fragte er misstrauisch. Jetzt oder nie…es war ja nur ganz Arbana, das zusah, wie ich mich zum Deppen machte.

„Na, was denkst du?“, fragte ich ihn kühl. Es herrschte Schweigen. Sehr langes Schweigen. Langsam hörte man die Menschen miteinander flüstern. „Verstehe“, sagte Kobra nun. „Du willst mir meine Tochter wegnehmen. Du willst sie mit Sicherheit auf euer Schiff zurückholen! Deshalb hat euch der Strohhut geschickt!“ Das Flüstern der Menge wurde lauter. Hm…Kobra’s Idee klang gar nicht so schlecht. Auf diese Art müsste ich ihn nicht ertragen. Eine große Meinung schien er sowieso nicht von mir zu haben.

„Glaubst du das?“ Ich sah Kobra an. „Gut, dann kommt hier die Auflösung: Ich habe Ruffy nicht gesagt, dass ich allein unterwegs sein werde. Ich bin nicht freiwillig ein Samurai der Meere geworden. Ich bin nicht umsonst den ganzen verdammten Weg bis hierher gegangen.“ Mann, das konnte jetzt nur noch schief gehen… Ich spürte, wie mich alle ansahen. Corsa eher wütend. Kobra auch nicht besser. Peruh sehr zuversichtlich. Ebenso wie Brook. Vivi erwartungsvoll.

„Ich bin hier, weil“, begann ich und sah Vivi an. „Weil ich Vivi liebe. Und das wollte ich schon die ganze Zeit sagen. Ich liebe dich.“ Es war raus! Plötzlich war es ganz still geworden. Viel zu still. Vivi jedoch störte es nicht. Sie sprang mir in die Arme. Es war zwar nicht das Beste für meine Schulter gewesen, aber das war mir jetzt egal. Vivi hatte Freudentränen in den Augen. „Ich liebe dich auch“, sagte sie und küsste mich. Die Menschen applaudierten. War das gut oder schlecht? Mit Sicherheit würden sich die Wachen gleich auf mich stürzen.

„Warum hast du das nicht gleich gesagt?“, fragte Kobra seufzend. Verwirrt drehte sich Vivi zu ihrem Vater um. „Du hast nichts dagegen?“, fragte sie zurück und ich verstand nur noch Bahnhof. Mir kam alles so unwirklich vor. Vielleicht war das alles auch nur ein Traum. „Wenn du glücklich bist, Vivi, dann bin ich es doch auch!“, lachte Kobra und umarmte überglücklich seine Tochter.

„Yohohoho! Sehr gut gemacht“, ertönte Brook’s Stimme hinter mir. „Jetzt habe ich eine Familie!“, freute sich Lina und griff nach meiner Hand. Glücklich schaute sie zu mir auf. „Es tut mir leid, dass ich diese Show abziehen musste“, sagte Corsa verlegen. „König Kobra hat wohl von Anfang an gemerkt, dass zwischen dir und Vivi etwas läuft.“ Na herrlich… „Niemand von uns hätte es geschafft, sich Farquard zu widersetzen geschweige denn ihn auch noch zu besiegen! Du bist wirklich sehr stark“, gab er zu. Ich sagte nichts. Schweigen war Gold. Ich musste erstmal alles wirken lassen. War das alles wirklich geschehen?

Das Fest wurde fortgeführt. Die Menschen waren begeistert von mir, sprachen mich dauernd an und ließen mich einfach nicht mehr in Ruhe. Die Nacht verging wie im Flug, die Sonne zeigte ihre ersten Sonnenstrahlen. Die Stadt war wie ausgestorben. Brook, Vivi und ich saßen noch an einer der Tischreihen. Lina schlief auf meinem Schoß. „Yohoho, an diese wunderschönen Damen hier könnte ich mich gewöhnen!“, lachte Brook. „Der Soul King ist wieder da!“ „Auch hier ist Belästigung strafbar“, bemerkte Vivi, die ihren Kopf an meine rechte Schulter gelehnt hatte. „Ich kann nicht glauben, dass du Mitglied in Ruffy’s Crew bist.“ „Das kann ich leider sehr gut glauben“, brummte ich. „Yohohohoho! Es war eine sehr lustige Begegnung“, erinnerte sich Brook. „Und Nami und der Kochlöffel haben ihre Aufgabe total verfehlt. Sie sollten Ruffy davon abhalten, irgendwelche Leute in die Crew einzuladen. Jetzt haben wir ein Skelett“, erklärte ich. „Ihr seid echt ein verrückter Haufen“, gähnte Vivi. „Endlich ist alles gut. So soll es für immer bleiben…“

Das sollte es. Es war so viel geschehen. Trotzdem kam ich an meinem Ziel an. Ich lernte neue Freunde, aber auch neue Feinde kennen. Vielleicht lernte ich auch mehr über mich. Die Reise um die Grand Line hatte mir nicht so viele Erkenntnisse gebracht wie die letzten Tage.

Und warum kommen mir jetzt solche Gedanken? Achso, die Geschichte ist rum. So schnell kann es gehen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  obelix
2020-07-29T15:17:21+00:00 29.07.2020 17:17
Hi

Ich habe mir die ganze fanfic reihe gelesen und muss sagen die Geschichte fand ich gut. Die Charaktere kommen gut rüber und man gut lesen was geschehen ist.

Mfg Obi
Antwort von: RuffysKreationen
30.07.2020 16:31
Vielen Dank! :)
Von:  canstyl44
2013-11-05T03:44:57+00:00 05.11.2013 04:44
Wahnsinn ich habe diese Fanfic sehr genossen und als Pair finde ich di3 beid3n auch nicht schlecht
was ich sagen will hammer fanfic mach weiter so
Antwort von: RuffysKreationen
05.11.2013 17:34
Vielen Dank! X3
Das freut mich sehr^^
Von:  _Natsumi_Ann_
2013-07-29T15:09:50+00:00 29.07.2013 17:09
WUHhahahah es geht weiter!!!!!!
endlich sehen sie sich wieder... also bald :P
und brook kommt mir haha wie lustig, geile idee ^^

bin sehr sehr sehr gespannt wies weiter geht^^
dein schreibstil ist so knuffig^^

lieben gruß^^
Antwort von: RuffysKreationen
29.07.2013 17:12
Danke XD


Zurück