Wolfgang und Juli von Akio21 (Begegnung im Park) ================================================================================ Kapitel 9: Rückschlag --------------------- Es lief wie erwartet. Ich biss die Zähne zusammen, in der Hoffnung, die anderen würden von alleine aufwachen, was sie aber nicht taten und als ich es nicht mehr aushielt, befreite ich mich sprang aus dem Bett und rannte nach unten ins Bad. Erleichtert stieg ich wieder die Treppe hoch. Wolfram saß aufrecht im Bett und sah mich etwas verwirrt an. Ich erklärte die Situation. „Oh Yuri, was bist du doch für ein Weichei.“ Klar, der hätte sicher nicht gezögert, aber – er hatte ja auch Recht. Ob ich der einzige Mensch war, der wartete bis seine Blase am Platzen war, bevor er andere weckte? Was für ein trostloser Gedanke. „Gut, dass du mich hast“, meinte Wolfram gerade. „Ah ja, was das angeht, also...“ „Willst du jetzt duschen?“ Ich nickte. Das wollte ich eigentlich schon lange. Aber nicht in einem fremden Haus. „Kann ich dein Telefon benutzen?“ „Sicher, aber wozu denn?“ „Ich dachte, ich ruf Murata an, der kann mich dann abholen und – wie kommt Wolfgang eigentlich hierher?“ „Murata hat ihn vorbeigebracht. Er kam wohl nicht klar mit ihm. Sagte, Wolfgang hätte die halbe Nachbarschaft alarmiert, und es sei ihm nicht gelungen ihn zur Ruhe zu bringen.“ „Ah so.“ „Aber als er dann hier war, war alles in Ordnung. Er hat mit Juli gespielt und dann geschlafen.“ „Gut, vielen Dank, dass du dich um mich gekümmert hast, Wolfram, ne? Wer weiß, was sonst passiert wäre.“ Wolfram sah mich aus seinen grünen Augen nur an und schwieg. Hatte ich was Falsche gesagt? „Du willst also deinen Freund anrufen, damit er dich abholt? Hab ich dich richtig verstanden?“ Ich nickte nur beklommen. War etwa was Falsches daran? „Na schön. Wie du willst.“ Seine Stimme klang nun irgendwie frostig. Er stand auf, ging zu einem Stuhl und zog einen viel zu dünnen – was war das – ein Bademantel sicher nicht – Mantel über das viel zu dünne – das war ein Negligé, oder? In Rosa? Kurz, es war mehr zu sehen, als nicht zu sehen. Konnte man in so einem Ding überhaupt schlafen? Nun, Tatsache, das er geschlafen hatte. Ich schüttelte den Kopf. Das konnte mir ja auch egal sein. Wolfram ging an mir vorbei und ich folgte ihm, in der Annahme, er würde mich zum Telefon führen. Stattdessen ging er ins Bad. Verwirrt stand ich davor und wartete. Na ja, vermutlich musste er auch mal. Die Zeit zog sich dahin und ich hörte plötzlich Wasserrauschen. Duschte er jetzt etwa? Was war mit mir? Ich konnte doch nicht in einem fremden Haus nach dem Telefon suchen und ungefragt telefonieren. Ich lehnte mich an die Wand und wartete eine geschlagene Stunde bis er endlich fertig war. „Was stehst du da rum?“ wurde ich gefragt, als er wieder herauskam, diesmal mit einem dünnen Bademantel und in Badelatschen. „Na, ich hab auf dich gewartet. Schließlich kann ich ja nicht hier herum suchen. Ich wollte doch nur telefonieren.“ Meine Stimme klang jetzt auch leicht wütend. Ich fühlte mich Stehen gelassen. Wolframs Augenbrauen zogen sich nach unten. „Hält dich jemand davon ab?“ „Nein, aber – ich weiß doch gar nicht, wo das Telefon steht.“ „Willst du damit sagen, dass du das vergessen hast, obwohl du gestern Abend noch deine Mutter angerufen hast, um ihr zu erzählen, du hättest die Liebe deines Lebens gefunden?“ „Ich hab – WAS? Und wer ist diese Liebe meines Lebens? DU – vielleicht? Wieso hast du mich nicht davon abgehalten?“ Wolfram drehte mir den Rücken zu und ging nach oben. So ein Mist, das musste ich so schnell wie möglich wieder in Ordnung bringen, hatte den keiner bemerkt, dass ich ganz offensichtlich nicht mehr Herr meiner Sinne gewesen war? Na gut, ich hatte lange genug gewartet. Was sollte schon passieren, sollte er etwa die Polizei anrufen und sagen, der Kerl den ich mit nach Hause genommen und der hier geschlafen hat, hat mein Telefon benutzt? Aber egal, es ging mir ohnehin nur um Manieren, die waren mir eben anerzogen worden. Ich wünschte, meine Eltern wären ungezwungener mit solchen Sachen gewesen. Ich lief durch den ersten Stock bis ich auf einem Beistelltischen das Telefon entdeckte. Es – war irgendwie angezogen. Mit einem Stoff aus rosa Plüsch umhüllt. Ich fragte mich, wieso. Wolfram hatte nicht Tuntiges an sich, im Gegenteil. Vielleicht war das auch nur eine Art Verzierung, so wie andere Leute Bilder aufstellten. Ich besah mir das Ding näher und konnte erkennen, das es mit einem Kabel angeschlossen war. Okay, dann war es das wohl. Ich nahm den Hörer ans Ohr und wollte gerade wählen, als ich eine Stimme hörte. „Guten Morgen, Graf Wolfram. Haben sie gut geschlafen?“ Vor Schreck legte ich schnell wieder auf. Was war das? Das war nicht echt oder? Eine Art Spielzeug. Genau. Es gab ja auch diese Puppen die zu kleinen Mädchen Mama sagten, das hier war wohl etwas ähnliches. Ich stampfte den Gang zurück und merkte, wie ich mich wieder erschöpft zu fühlen begann. An der Treppe rief ich: „Wolfram, Wolfram bitte ruf Murata, oder ein Taxi oder irgendwas – irgendjemand.“ Ich setzte mich auf die Stufen. Mist, das Zeug war stark. Es war wohl ein Irrtum, dass es mir schon besser ging. Wolfram erschien jetzt oben und war halb angezogen. „Yuri, was ist denn?“ „Ich weiß nicht – Wolfram, einen Krankenwagen, bitte.“ Wolfram kam die Stufen herunter gerannt und zu mir. „Du liebe Zeit, Yuri, du bist ja ganz blass, warum hast du denn nichts gesagt?“ „Ich will doch nur – ins Krankenhaus und nein, ich erinnere mich nicht, wo das Telefon ist, wirklich.“ „Bleib hier, rühr dich nicht von der Stelle.“ Das hatte ich auch nicht vor. Wolfram rannte den selben Weg zurück den ich eben hergekommen war, und nahm das rosa Etwas in die Hand. Oh nein, was glaubte er mit seinem Spielzeugtelefon erreichen zu können? Kurz darauf war er wieder bei mir. Ich hatte Mühe, klar zu denken, bekam aber trotzdem mit, dass Wolfram meinen Arm um seine Schulter legte und mir aufhalf, Schritt für Schritt führte er mich zur Wohnzimmercouch. Dort ließ ich mich erst mal fallen. Bruchstücke eines Horrorfilms tauchten in meinem Kopf auf. Ich sah eine Frau die ihren Angebeteten am Bett fesselte, und ihm sogar das Bein brach, nur damit er nicht fliehen konnte. Was wenn ich jetzt hier gefangen war, und durch Drogen nie mehr wieder klar denken konnte für immer verdammt hierzubleiben? Ich lehnte alles ab, was Wolfram mir anbot, sogar das Glas Wasser. Und dann hörte ich endlich die Sirene eines Krankenwagens. Er würde doch wohl nicht vorbeifahren? Wolfram stand auf und ging zur Tür. Drei Männer kamen herein, einer sah mir mit einer Lampe in die Augen, ein anderer band ein Blutdruckmessgerät um meinen Arm. Der dritte betrachtete mich nur und hielt ein Klemmbrett im Arm. Nach einer gefühlten Ewigkeit brachten zwei eine Bahre herein, befahlen dass ich mich darauf legen solle und hielten auch Wolfram fern. Ich wurde festgeschnallt und zum Wagen gebracht. Wolfram durfte nicht mitkommen, weil wir nicht verwandt waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)