Die Entscheidung von NithrilMusic (Kampf, Schmerz, Entscheidung) ================================================================================ Kapitel 3: Entscheidung ----------------------- Als er das nächste Mal erwachte, schien die Sonne durch das Fenster ins Zimmer. Er war alleine. Sich umschauend setzte er sich auf. Lavi spürte, dass seine Wunden begonnen hatten zu heilen. Aber nicht nur das. Allens Worte hatten in ihm etwas ausgelöst, was er noch nicht so richtig in der Lage war zu begreifen. Seine eigene Aufgabe war es als Bookman, die verborgene Geschichte zu dokumentieren; immer objektiv zu bleiben und sich nicht in einen Krieg verwickeln zu lassen, waren Voraussetzung dafür. Dennoch war es nie zu vermeiden in Kontakt mit anderen Menschen zu kommen. Und es gab viele freundliche Menschen, die nicht ständig an Krieg, Vernichtung und Macht dachten. Gerade als Bookman kam man vielleicht mit solchen Menschen am meisten in Berührung. Wieso sollte es ein Fehler sein, einen guten Eindruck bei diesen zu hinterlassen und sie in sein Herz zu schließen, um sie für ihre Friedfertigkeit zu ehren? Allen hatte Recht. Ohne ein Herz würde er zu einer Maschine, die beobachtete und das Geschehen abspeichert. So lange er also seine Aufgabe als Bookman erfolgreich erfüllte und sich aus den Kriegen raus hielt, konnte er seine Gefühle behalten und auch zulassen. Auch wenn er wusste, dass er sich nie an einen anderen Menschen binden konnte. So lange er seiner Bestimmung nach kam, konnte er auch lieben. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Was so ein paar Worte ausmachen konnten. Sein Meister sah das sicherlich anders. Aber Lavi war er selbst und nicht der alte Mann. Was auch gut so war. Er spürte, wie ihm warm ums Herz wurde. Und der Grund dafür waren Allens Worte von der vergangenen Nacht. Wenn es jemand anderes gesagt hätte, wäre die Wirkung sicherlich anders gewesen. So lange er ein erfolgreicher Bookman war, konnte er auch Allen lieben! Es machte ihm nichts aus, dass dieser sich für Kanda entschieden hatte. Es war sogar besser so. So lange Allen glücklich war, war er es auch. Er fühlte sich leicht. Befreit von seinen Sorgen und der düsteren Verzweiflung. Und das Wetter trug noch dazu bei, dass es ihm wieder, seit langem, gut ging. Ja, er konnte wirklich sagen: „Es geht mir gut!“ Er konnte wieder ehrlich Lächeln. Es war ein schönes Gefühl. Ein Gefühl, das er nur zu gerne zu ließ. Es klopfte an der Tür, welche sich gleich darauf öffnete. Kanda trat ein. Sein Blick distanziert wie immer. Sie hatten die Rollen doch nicht getauscht. „Ich sollte nur schauen, ob du endlich wieder wach bist“, sagte der Schwarzhaarige mit gleichgültiger Stimme, schloss allerdings die Tür hinter sich und trat ans Fenster. Lavi merkte, dass der Andere es nicht so gleichgültig hin nahm, wie es schien. „Wie du siehst bin ich wach. Und ich fühle mich, als könnte ich Bäume ausreissen.“ Er grinste, reckte sich und gähnte. Dann blickte er zu dem schweigenden Kanda. „Aber du bist doch nicht nur deswegen gekommen, oder?“, hakte er vorsichtig nach und musterte ihn abschätzend. Kanda wandte sich zu ihm um und blickte ihn ernst, fast wütend an. „Ich sage es dir nur ein einziges Mal! Also hör gut zu! - Solltest du Allen, wie auch immer, erneut zum Weinen bringen, bring ich dich eigenhändig um!“ Während sein Gegenüber das sagte, weitete der Rotschopf die Augen. Er hatte zwar ähnliche Worte erwartet, aber, dass Allen wegen ihm geweint hatte, war nicht gewollt. Mit einem reuevollen Blick, senkte er den Kopf. „Tut mir Leid! Das hab ich nicht gewollt.“ Doch dann sah er Kanda ernst in die Augen. „Das Selbe gilt allerdings auch für dich, Yu! - Ich bring dich um, wenn du Allen unglücklich machst!“ Damit schien der Schwarzhaarige nicht gerechnet zu haben, denn er blickte sein Gegenüber verdutzt an. Leise seufzend schloss er die Augen. „Verstehe!“ „Versprochen? - Ein Versprechen unter Freunden!“ Lavi hob Kanda die Hand entgegen. Dieser ergriff sie nach kurzem Zögern und sie sahen sich in die Augen. „Versprochen!“ Es war also abgemacht. Sollte einer von ihnen Allen Walker Leid zu fügen, durfte der eine den anderen umbringen. Und sie beide wussten, dass es ernst gemeint war. Kanda wandte sich zum Gehen. „Ach, noch etwas!“ Er blieb in der Tür stehen und bedachte Lavi nur mit einem eiskalten bösen Blick. „Nenn mich nie wieder bei meinem Vornamen!“ Lavi grinste breit und hob abwehrend die Hände. „Aber nicht doch.“ „Ganz wieder der Alte“, ertönte eine weibliche Stimme vom Gang. „Da sieh an. Es geht ihm wieder gut“, folgte eine Altmännerstimme darauf. Lenalee, sein Meister und Allen standen vor der Tür. Nachdem Senior Bookman seinen Schüler nochmals unter die Lupe genommen hatte, reisten sie weiter. Der Tag blieb weiterhin freundlich und sie scherzten miteinander, wie zu alten Zeiten. Es fühlte sich fast so an, wie damals, als sie sich erst kennen gelernt hatten und jeder noch er selbst gewesen war. Sie lachten viel und freuten sich. Gegen Abend kamen sie in der Stadt an, in welcher sie den Marschall treffen sollten. Es war sehr ruhig und nur hin und wieder begegneten ihnen Menschen. Schnell fanden sie die Unterkunft, die ihr Treffpunkt war. Und dort fanden sie auch schon den Marschall, welcher sie freundlich willkommen hieß. Sie beschlossen sie Nacht in der Herberge zu verbringen und sich am nächsten Morgen dann auf den Weg zurück ins Hauptquartier zu machen. Doch der nächste Tag war verregnet und sie mussten erst einen Planwagen finden, welcher sie in die richtige Richtung mitnahm. Es schien so als wolle es den ganzen Tag regnen, denn er Himmel war voller grauer Wolken und gegen Mittag war noch keine Besserung in Sicht. Das Wetter schlug sich ein wenig auf die Stimmung der Truppe. Allen und Kanda begannen sich mal wieder zu streiten. Lenalee versuchte sie zu beruhigen. Nur die beiden Bookman saßen schweigend da und harrten der Dinge, während der Marschall den jungen Exorzisten belustigt zu sah. Am späten Nachmittag, sie hatten fast die nächste Stadt erreicht, wurden sie mal wieder angegriffen. Nicht, dass es nicht zu erwarten gewesen war. Doch die Zahl der Dämonen war weitaus größer und sie waren nicht alleine. Sie wurden von drei Noah angeführt. Lavi erkannte sie alle drei: Tyki Mikk, Scinn Bolic und Rhode Kamelot. Und mal wieder entbrannte ein erbitterter Kampf. Zu Beginn schien es sehr ausgeglichen. Natürlich waren die Noah hinter dem Marschall her und die anderen fünf Exorzisten versuchten diesen zu gut es ging zu schützen. Doch nach einer Weile änderten die Noah ihre Taktik. Sie brachten es fertig ihre Gegner zu trennen. Und ehe Lavi sich versah, stand er plötzlich alleine Tyki Mikk gegenüber. Er wusste nicht, was mit Lenalee war, welche bis gerade eben noch an seiner Seite gekämpft hatte. Er hoffte nur, dass es ihr gut ging. Außer Atem stand er dem Noah gegenüber, seinen Hammer kampfbereit in der Hand. Seine Wunden waren noch nicht ganz verheilt gewesen, weshalb er nicht im Besitz seiner vollen Kräfte war. Er blutete auch bereits schon an unzähligen Stellen. Doch es änderte nichts an seinem Kampfgeist. Er konnte nicht zu lassen, dass der Noah dem Marschall Schaden zu fügte. Und obwohl er wusste, dass Noah für unsterblich galten, war er sich sicher, dass dem nicht so war. „So sieht man sich also wieder, Junior Bookman!“, sagte Tyki mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Du erinnerst dich doch wohl noch an unser erstes Treffen?“ Und wie er sich daran erinnern Konnte. Mehr als ihm lieb war. Er konnte sich nur zu gut an den Tag erinnern, an dem er sozusagen sein rechtes Auge verloren hatte. Wie oft hatte er sich gewünscht diesen Tag zu vergessen. Doch er hatte sich so sehr in ihn hinein gebrannt, dass nichts es überdecken konnte, außer eine Augenklappe, die er seitdem trug. Lavi schwieg verbissen. „Sag bloß du kannst dich nicht erinnern“, gab der Noah verwundert von sich. „Das wird Sheryl sicher nicht freuen. - Keine Sorgen, ich bin nicht gekommen, um dich zu töten. Aber das weißt du sicher. Ich komme im Auftrag von Sheryl.“ Während diesen Worten kam Tyki näher und grinste den jungen Bookman hinterlistig an. Immer noch keuchend stand er da, seinem Feind gegenüber und blickte ihm fest in die Augen. Er wusste ganz genau, was Tyki vor hatte. Wusste ganz genau, wie der Auftrag des anderen Noah lautete. Aber er konnte es nicht zu lassen. Denn wenn er es tat, würde Kanda ihn sicher umbringen, da es Allen ganz sicher unglücklich machen würde. Ein bitteres Grinsen legte sich auf seine Lippen. „Und du glaubst, dass ich mich wieder widerstandslos von dir fangen lasse. - Ich bin mittlerweile nicht mehr so wehrlos wie damals!“ Tyki seufzte. „Dabei hatte ich Sheryl versprochen sanft zu dir zu sein. - Allerdings, wenn du dich wehrst, bleibt mir wohl nichts andres übrig.“ Der Noah grinste nur noch breiter und ließ mehrere Schmetterlinge, die Tease, erscheinen, sowie seine zackige Waffe. Die Tease flogen auf Lavi zu und wollten ihn abknabbern. Kurzer Hand verbrannte er sie mit seinem Feuersiegel zu Asche und blockte einen Schlag seines Gegners ab. Er wusste nur zu gut, dass er eigentlich keine Chance hatte. Doch lieber würde er sterben, als sich erneut diesen Torturen zu unterziehen. Der dritte Schlag traf ihn an seiner schwersten Verletzung an der Schulter. Ein schneidender Schmerz durchzuckte seine rechte Körperhälfte und er konnte nur mit Mühe dem nächsten Schlag ausweichen. Er hatte das Gefühl, wie wenn seine rechte Seite gelähmt war. Und wieder landete sein Gegner einen Treffer an der selben Stelle. Er stöhnte vor Schmerz und konnte sich einige Augenblicke nicht rühren. „Was ist? Hast du dich doch für den schmerzlosen Weg entschieden?“ Sein Gegner hatte den Angriff kurz eingestellt. Nach drei tiefen Atemzügen schwang Lavi seinen Hammer und schleuderte sein Combo-Siegel auf den Noah. Doch er hatte ihn verfehlt. Tyki war verschwunden. Nein, der hatte sich nur versteckt. Aufmerksam sah Lavi sich um. Er versuchte die Schmerzen zu ignorieren und sich zu konzentrieren. Tyki schoss aus dem Boden direkt vor ihm und traf ihn genau in den Magen. Er flog einige Meter weit, bevor er gegen einen Baum schlug und zu Boden fiel. Ihm blieb für einige Sekunden die Luft weg und sein Hammer entglitt seinen Fingern. Benommen blieb er liegen und rang nach Atem. Doch dann riss er sich zusammen und versuchte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht aufzurichten. Jede Bewegung schoss einen Hagel von Explosionen durch seinen Körper. Er zitterte am ganzen Leib. Vor ihm tauchten Tykis Schuhspitzen auf. „Das ging aber schnell!“ Er sah blaue Blitze und spürte einen schneidenden Schmerz in seinem Herz. Dann zerbarst es. Alles was übrig blieb war ein gelber Staub. Sein Innocence war zerstört. Die einzige Waffe, mit der man gegen einen Noah ankam. Er spuckte Blut und sank wieder auf den Boden. Schwer atmend lag er da. Tyki beugte sich zu ihm runter. „Da ich dein Innocence zerstört hab, kommst du jetzt freiwillig mit?“, fragte dieser gelangweilt. „Nur über meine Leiche“, brachte er mühsam hervor, während sein Gegner sich im Schneidersitz neben ihn setzte und sich eine Zigarette anzündete. „Tja, ich werde dich aber nicht töten. Das bringt weder Sheryl noch mir etwas. Und dir doch sicher auch nichts.“ Kanda würde ihn eh umbringen. Egal was er jetzt tat. Wenn er mit Tyki ging und Sheryl den Noah in ihm wieder erweckte, wäre Allen sicher wütend. Und wenn er stürbe, wäre dieser traurig. Beides Gründe für Kanda ihn zu töten; nach dem Versprechen, welches sie sich gegeben hatten. Doch jetzt zu sterben bedeutete weniger Schmerzen für ihn und er zöge die Wut seines Meisters weniger auf sich. Aus dem Augenwinkel beobachtete er den Noah. Er wartete bis dieser unaufmerksam in den Himmel blickte. Vorsichtig tastete er nach dem Griff in seiner Jacke. Er hatte es immer bei sich getragen. Seit dem Tag an dem er sein erstes Leben beendet hatte. Es war das Einzige, was ihn noch an sich selbst und sein wahres Ich erinnerte. Es war das Einzige, wieso er seine Familie nicht vergaß. Das Einzige, was er nicht verlieren wollte. „Nun gut. Dann werden wir uns mal auf den Weg machen“, sagte Tyki und stand auf. „Zu spät!“, murmelte Lavi nur noch. Dann stieß er sich die Klinge direkt ins Herz. Ein beißender Schmerz durchzog ihn, dann wurde ihm ganz warm. Langsam schloss er das Auge und seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Verzeih mit Ji-Ji! - Kanda, du darfst mich ein zweites Mal umbringen! - Mach es gut, Lenalee! - Allen, ich liebe dich! Es tut mir Leid!“ Das waren seine letzten Gedanken ehe er in ein endloses Nichts fiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)