Wonderland of Steam and Rust von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: definition of destiny -------------------------------- Malik fragte sich gerade, was zum Teufel er hier nochmal verloren hatte. Er befand sich auf einer Party in einem Club, zu der er normalerweise gar nicht eingeladen worden wäre, wenn der Barbesitzer nicht rein zufällig ein Bekannter von Bakura gewesen wäre. Und er war auch nur hier, weil Ryou gerade mit einer hochansteckenden Grippe im Bett lag und er sonst nicht wusste, wie er sich die Zeit hätte vertreiben sollen. Er seufzte und rührte gelangweilt mit dem Strohhalm im übriggebliebenen Eis seines Cocktails herum, was ein leises Knistern verursachte. Bakura hatte ihn einfach mal so, seit sie hier angekommen waren, sitzen lassen und war seitdem nie wieder aufgekreuzt. Er vermutete mal, er steckte bei diesem Mädchen, von dem er ihm mal erzählt hatte. Das war auch immer so eine Sache. Bakura und die Frauen. Immer mal wieder eine Neue. Manchmal hatte er das Gefühl, der Junge wechselte die, wie andere Leute ihre Unterwäsche. Zumal er ohnehin nicht nachvollziehen konnte, was man an Frauen fand. Die hatten überall an den merkwürdigsten Stellen Kurven und Rundungen - er für seinen Teil konnte damit einfach nichts anfangen. Die Musik, die gespielt wurde, war etwas zu laut, dröhnte ein wenig in den Ohren. Aber es war gute Musik. Rock. Oldschool, nicht dieser neumoderne Scheiß, den man bis auf 20% in die Tonne kloppen konnte. Gerade lief "Paint it black" von den Rolling Stones. Er kannte hier kaum jemanden. Malik war ja nicht gerade introvertiert, aber diese Leute, die hier waren, die waren ihm alle irgendwie ... wie sollte er sagen? Nicht geheuer? Vor allem war es auffällig, wieviel älter die meisten Männer als er selbst waren. Er betrachtete sich, wie man es aus Langeweile nun einmal tat, die Menschen genauer. Ältere Geschäftsmänner, zumeist in ihren 40igern und 50igern, die sich oft mit einer jungen Frau an ihrer Seite schmückten, oder gleich mehreren und Malik hätte es nicht verwundert, wenn zumindest ein Teil von diesen Damen dafür bezahlt wurde. Sein Blick schweifte weiter durch den Raum, blieb dann unbewusst an zwei Personen hängen. Eine davon kannte er, Mariku Ikrush, er war in der Schule früher eine Klasse über ihm gewesen, bis er Gerüchten zufolge die Schule geschmissen und sich irgendeiner Gang angeschlossen hatte. Malik hatte nicht viel darauf gegeben, weil Gerüchte nun einmal Gerüchte waren, aber irgendwie kam er da so ins Zweifeln, ob nicht doch etwas Wahres darin steckte, als er seinen Landsmann da so sitzen sah, mit einer Zigarette im Mundwinkel, welcher zu einem schiefen, erheiterten Grinsen verzogen war, das ihm nicht so ganz geheuer war, den Pokerkarten in der Hand und diesem seltsamen Blitzen in den Augen, das Malik sogar von hier aus bemerkte. Irgendwie schauerte es ihn. Der Mann, der bei Mariku saß, musste wohl der Besitzer der Bar sein. Zumindest glaubte Malik das, Bakuras schwammigen Beschreibungen nach zu urteilen. Das auffällige, weiße, kurze und ein wenig wild abstehende Haar - dem Bakuras gar nichtmal so unähnlich, bot einen starken Kontrast zu der dunklen Haut - dunkler, als er selbst es war und das war in Japan schon eine Seltenheit. Hier lebten sehr wenige Dunkelhäutige und er sah dem Mann aufgrund seiner Gesichtszüge sofort seine nordafrikanische Herkunft an. Mit geweckter Neugier studierte er die Züge des Mannes weiter. Er schätzte ihn auf Ende 20, der Körperbau war sehr muskulös und mit seinen sicherlich 1,90m, soweit das im Sitzen zu beurteilen war, konnte sich Malik gut vorstellen, dass er unter dem kleiner gewachsenen Volk der Japaner auffiel, wie ein bunter Hund. Was er allerdings wirklich interessant fand, war die große, helle Narbe, die sich wie ein spitzer Zacken von knapp unter dem rechten Auge bis etwa kurz unter den Wangenknochen zog und wie ein F zwei Querschnitte hatte. Malik legte den Kopf schief und verlor sich ein wenig in Gedanken. Wo diese Narbe wohl herkam? Er fand Narben äußerst sexy, das war schon immer so gewesen. Er mochte diese Verruchtheit, das Gefährliche und Geheimnisvolle, das von ihren Trägern ausging. Plötzlich sah der Mann in seine Richtung und der stechende Blick von zwei tiefschwarzen Augen traf ihn - Malik starrte schlagartig wieder auf den Inhalt seines Cocktailglases. Scheiße, irgendwie war ihm das jetzt peinlich. Seine Fingerspitzen spielten nervös mit dem Strohhalm, sein Puls ging schneller. Er widerstand der Versuchung, verstohlen hinüberzuspähen. Aber es war zu spät, man war auf ihn aufmerksam geworden. Einer der Kellner kam zu seinem Tisch, um sein Glas abzuräumen. Dabei sagte er, "Herr Wahwadi läd Sie an seinen Tisch ein." Damit zwinkerte er und ruckte in Richtung des Tisches, zu dem Malik noch vor wenigen Augenblicken hingestarrt hatte. Irgendwie hatte er die Vermutung, dass das weniger eine Bitte, denn eine Aufforderung gewesen war und mit gemischten Gefühlen stand er schließlich auf, um zu dem anderen Tisch herüber zu gehen. Da der Tisch im Halbdunkel gelegen hatte, hatte er vorhin nicht alle Personen gesehen, die an ihm gesessen hatten und so bemerkte er nun neben Mariku noch einen blonden, hochgewachsenen Westländer mit einem Ami-Kopftuch und einer dunklen Sonnenbrille. Malik verzog innerlich das Gesicht. Den Kerl mochte er jetzt schon aus dem einfachen Grund nicht, dass er Menschen hasste, die nachts, oder in einer dunklen Kneipe eine Sonnenbrille trugen. Dann noch ein schwarzhaariger Junge, der in etwa in seinem Alter sein durfte und gelangweilt mit einem Taschenmesser herumspielte. Mit abwartendem Blick blieb er vor dem Tisch stehen. Ließ sich seine leichte Nervosität nicht anmerken und verstellen, das konnte er sich gut. Der Mann, den er vorhin noch beobachtet hatte, blickte ihn mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck an, dann, zu Maliks Überraschung lächelte er und es war ein verdammt charmantes Lächeln. "Wir haben gerade gespielt." Maliks Blick fiel auf die Pokerkarten, die zwischen Alkoholgläsern, Flaschen und Aschenbechern wild auf dem Tisch verteilt waren. "Wieso gesellst du dich nicht zu uns?", lud er ihn ein und deutete auf einen der Plätze, die noch um den runden Tisch frei waren. Eine unmissverständliche Aufforderung. Aber Malik leistete ihr Folge. Warum? Er tat es einfach. Und er hatte das Gefühl, keine Wahl zu haben, abzulehnen, ohne jemanden zu beleidigen. Zögernd ließ er sich auf den Stuhl sinken und beobachtete, wie Mariku die Karten mischte. Dessen Blick, welcher für den Hauch einer Sekunde auf ihm gelegen hatte, war ihm irgendwie unangenehm, auch, wenn er nicht genau sagen konnte, warum. Er hatte irgendwie etwas Hämisches, Schadenfrohes gehabt. "Du musst Malik sein", fuhr der weißhaarige Mann fort. "Bakura hat mir erzählt, dass er heute jemanden mitbringt. Leider hat er mir verschwiegen, um was für einen überaus attraktiven, jungen Mann es sich da handelt." Der schwarzhaarige Junge, welcher mit dem Messer herum gespielt hatte, ließ ein verächtliches Schnauben hören, während Mariku spötisch die Augen rollte. "Ich bin Akefia Wahwadi, mir gehört der Laden hier neben sechs anderen in der Stadt." Ein Schleimer und ein Angeber noch dazu also, dachte Malik im Stillen. Ärgerlicherweise hatte Akefia Wahwadi eine so verdammt charmante Art, dass Malik es schwer fiel, ihn unsympathisch zu finden. Malik stützte sich mit dem Ellenbogen auf und erwiderte ebenso charmant: "Was wird das hier? Wollen Sie mich anmachen?" So frech die Frage auch war, das Lächeln des Mannes wich nicht. "Spielst du Poker?" "Ich habe nichts für Glücksspiel übrig." Abermals ein Lachen, diesmal von Mariku. "Oh, Akefia, was haben wir hier nur für einen anständigen Burschen angelacht." "Verschreck ihn mir bloß nicht. Junge, du gefällst mir-" Er wandte sich kurz zu einer der Bedienungen um, die gerade vorbeilief. "Mika, einmal einen von Mais Spezialcocktails für meinen Gast." Die junge Frau nickte und verschwand. Hätte Malik gewusst, dass das der Abend war, an dem er seine erste Line Koks ziehen sollte, hätte er sich von vornherein von dieser Bar ferngehalten und Bakura zum Teufel gejagt, als der ihn überredet hatte. Das bisschen Spaß hatte sich nämlich schon bald zum Alptraum entwickelt. Wenn man einmal Blut geleckt hatte, dann wollte man irgendwann mehr. Gerade im jetzigen Moment hatte Malik allerdings ganz andere Probleme. Es war dunkel, es war kalt, Ryou war weg und er hatte eine absolute Scheißlaune. "Wird das jetzt irgendwie zur Gewohnheit, dass ich alleine in irgendwelchen Erdlöchern lande und mich irgendwo verlaufe?", schimpfte er vor sich hin, während er sich an der feuchten, kalten Wand entlang tastete. Er wusste nicht, wie lange er durch das Dunkel irrte, als er endlich ein fahles Licht in weiter Ferne ausmachen konnte. Grimmig steuerte er darauf zu. Wer auch immer es gewagt hatte, ihn in diese Situation zu bringen und Ryou zu entführen, würde es bitterlich bereuen, das schwor er sich. Er merkte es nicht, aber es war das erste Mal seit zwei Jahren, dass wieder Kampfgeist in ihm keimte. Als er schließlich aus der Höhle heraustrat, hätte er vor Wut am liebsten gegen einen Stein getreten. Er befand sich wieder im Wald. Das Ende der Höhle hatte direkt auf eine Lichtung geführt, welche gleich fünf Abzweigungen hatte. Bei genauerem Hinsehen, bemerkte er, dass diese Abzweigungen beschildert waren. Interessiert studierte er die Aufschrift der Schilder: "VeRlOrEnE TrÄuMe" "Hauhs dess Huttmachas" "O$twe$ten" "Der HersKönnigin ihr Schlos" und ... Malik runzelte die Stirn ... "DA AUF GAR KEINEN FALL ENTLANG!" Gute Güte. Welcher Spaßvogel hatte denn diese Schilder aufgestellt? Malik war genauso schlau wie vorher und ließ sich erstmal frustriert auf die Erde sinken. Konnte da nicht einfach ein Schild stehen auf dem stand: "Da ist Ryou"? "Ostwesten!!!", regte er sich auf, "Wer baut denn eine Straße nach Ostwesten???" Er war schon versucht, einfach aus reinem Trotz den letzten Weg zu nehmen, als ihn eine Stimme fast zu Tode erschreckte. "Du kannst auch nichts anderes, als jammern, oder?" Er wirbelte zur Seite herum, aber da war niemand. "Hallo?", fragte er zaghaft. "Hier unten, du Holzkopf." Malik senkte den Blick und tatsächlich, da auf einem herzförmigen, dunkelgrünen Blatt saß eine fette, kleine ... Moment. "Kaiba?" Zum Dank wurde ihm ein Schwall bläulicher Rauch ins Gesicht gepustet. "Nicht ganz." "Ich versteh nur Bahnhof. Egal, kannst du mir sagen, wo ich Ryou finde? Vorhin war er noch da, jetzt ist er weg und ich hab keine Ahnung, welchen gottverschissenen Weg ich jetzt hier nehmen soll, um nicht im Nirgendwo zu landen oder noch schlimmer, diesem komischen Jabberwocky in die Hände zu fallen!" Die blaue Raupe, die etwa so groß und so dick war, wie Maliks Unterarm und irritierendeweise das Gesicht des Firmenchefs Seto Kaiba hatte, schob sich das Mundstück ihrer Wasserpfeife wieder zwischen die Lippen, nahm einen tiefen Zug und pustete dann drei Ringe aus. "Also, zu erst einmal", sagte sie kategorisch, "Bist du nicht der Einzige, der hier grade nicht das große Los gezogen hat, also jammer nicht rum. Schau mich an. Ich bin eine fette, hässliche, blaue Raupe und werde vermutlich bald an Lungenkrebs sterben, aber beschwer ich mich? Nein. Also. Zweitens. Nur du allein kannst entscheiden, welcher Weg dich an dein Ziel bringt. Und zwar, indem du dir erstmal ein Ziel schaffst." "Hä?" "Herrgott, wie schaffst du es eigentlich, dir die Schuhe zuzubinden? Kein Wunder, dass es soweit mit dir gekommen ist." Maliks Blick verdüsterte sich. "Du musst grad reden, du schwimmst ja im Geld!" "Wieder falsch. Gerade hock ich auf diesem verdammten Blatt, von dem ich Ausschlag am Hintern bekomme und rede mit einem Vollidioten, der sein eigenes Leben nicht auf die Reihe kriegt und stattdessen lieber die ganze Zeit wegläuft." "Sowas muss ich mir jetzt echt nicht bieten lassen", erwidert Malik pampig und wollte sich schon umdrehen und einfach gehen, als er es sich anders überlegte. Die Kaiba-Raupe war hier gerade das einzige Lebewesen, das ihm sagen konnte, in welche Richtung er gehen musste. "Geld schützt einen auch nicht immer. Aber wie dem auch sei - wenn du nicht weißt, wo du hinsollst, dann geh im Zweifel immer zum Hutmacher. Nur solltest du mittlerweile so klug sein, nicht mehr alles zu glauben, was er behauptet." Dann erschien mit einem "Puff"-Geräusch plötzlich eine kleine, blaue Wolke um die Raupe herum und kurz darauf war sie verschwunden. Einen Moment lang starrte er noch auf die Stelle. Dann straffte er die Gestalt. "Zum Hutmacher also." Und irgendwie hatte er schon eine merkwürdig-unruhige Vorahnung, um wen es sich dabei handeln könnte. Und er wusste ganz und gar nicht, ob ihm das gefiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)