Moonlight Shadow von SeKaYa ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Disclaimer: siehe Kapitel 1 ~*~*~ Die Zeit bis zu dem Zusammentreffen verging langsam. Quälend langsam. Inzwischen war die Heilerin gegangen, und während er ihre Anwesenheit nicht wirklich vermisste, hatte er nun auch niemanden mehr, mit dem er reden konnte, um sich abzulenken. Prompt waren seine Kopfschmerzen schlimmer geworden oder zumindest glaubte er das. Er hatte die Augen geschlossen und wartete jetzt, in der Dunkelheit seines eigenen Kopfes, darauf, dass etwas geschah. Das Pochen hinter seiner Stirn war stärker geworden, aber in der Einsamkeit seiner Gedanken, gab es nichts, was er dagegen tun konnte. Er konnte sich nicht wirklich bewegen, konnte nicht einmal das kühle Tuch von den Augen nehmen und sich umsehen, ohne alles nur noch schlimmer zu machen. Deshalb wartete er. Jedes Mal, wenn er Schritte auf dem Gang hörte – lauter, als es wohl normal der Fall war – war er angespannt. Und dann gingen die Schritte vorüber und er wartete weiter. Irgendwann in diesem sich stetig wiederholenden Muster hatte ihn sein Zeitgefühl im Stich gelassen. Er rechnete schon fast nicht mehr damit, dass überhaupt jemand kam. Vielleicht hatte der Gryffindor, den man ihm aufhalsen wollte – denn wer sonst sollte es sein? – sich beschwert? Es wäre typisch. Gryffindors kamen immer mit einem kleinen Klaps davon und das war's. Und wenn ihnen irgendwas nicht in den Kram passte, dann reichte ein Nörgeln und Schuld abwälzen, und dann waren sie die Helden und alle anderen die Bösewichte. Egal, ob sie schuldig waren oder nicht. Sie hatten jemanden verletzt? Ach, das war bestimmt nur ein Versehen! Ein Ausrutscher oder Zufall. Jungs sind eben Jungs. Da passiert so was schon mal. Oh, ein Slytherin war das Opfer? Na, dann war es natürlich Notwehr. Slytherins konnten ja keine Opfer sein, das ging nun wirklich nicht. Natürlich hatte ein feiger Slytherin, denn sie sind ja alle feige, sich mit einer Übermacht aus Gryffindors angelegt, weil es ist ja so viel realistischer. Allein bei dem Gedanken daran wollte er kotzen. Wobei er sich nicht sicher sein konnte, dass es nur an diesem verqueren Unrechtssystem lag, und nicht doch an seinen Kopfschmerzen. Manchmal fragte er sich, ob sich jemals etwas an dieser Geisteshaltung zu Slytherins ändern würde – seine einzige Hoffnung war ja, dass es nach der Schule keine Rolle mehr spielte, aber das erschien ihm utopisch. Offenbar war es ja Allgemeinwissen, dass alle Slytherins das Erzböse verkörperten oder gar Teufel in Person waren. Er hielt inne bei dem Gedanken. Wenn er diesen Gedanken weiterverfolgte, dann war Sirius Black der Sohn eines Teufels. Nein, sogar von zwei Teufeln. Und das entsprach sogar irgendwie der Realität. Wie … besorgniserregend. Er wurde aus seinen finsteren Gedanken gerissen. Die Tür wurde geöffnet, und er konnte Stimmen hören, Schritte, etwas wie ein Scharren. Für den Bruchteil eines Augenblicks bereute er, dass er nicht sehen konnte, aber gleichzeitig war es besser so. Wenn er in das grinsende Gesicht eines Gryffindors sehen müsste, würde er sich wirklich übergeben. Hoffentlich in hohem Bogen auf besagten Gryffindor. Der Kommentar, den er hörte, hätte ihn beinahe dazu veranlasst, diesen Plan in die Tat umzusetzen. "Verdammt, Schni-, äh, Snape?! Was machst du hier?" Er rührte sich nicht, auch wenn er einige Antworten auf Lager gehabt hätte. Von einem rhetorischen Was glaubst du denn, Potter? und Wonach sieht's denn aus? bis zu einem Herumliegen, du Intelligenzbestie und Die Vorhölle genießen. Vielleicht hatte er ja einfach die irrige Hoffnung, dass Potter ihn in Ruhe lassen würde, wenn er ihn ignorierte. Gleichzeitig rasten seine Gedanken. Er stellte sich, insgeheim, nämlich dieselbe Frage. Was hatte Potter hier verloren? Er hatte, auch wenn er kein Indiz gehabt hatte, fest damit gerechnet, dass es Black war, der mit ihm ins St. Mungos gekarrt worden war. Black war nämlich das letzte, an das er sich wirklich erinnerte, und dementsprechend hatte er seine Rachepläne auf Black ausgelegt. Sicher, es machte keinen großen Unterschied, Potter und Black waren beliebig intellektuell austauschbar. Selbst ein Stein hätte, von der Intelligenz her, ihren Platz einnehmen können, und er wäre sicherlich eine angenehmere Gesellschaft obendrein. Aber, und das war wichtig, Potter war nicht mit Blacks Verachtung für fremdes Leben ausgestattet. Das war aber auch der einzige Pluspunkt. Er hörte, wie Potter neben ihm einquartiert wurde. Auch wenn zwischen ihren Betten ein gewisser Abstand war – er schätzte ihn auf mindestens einen Meter – so war der Abstand doch um mindestens neunhundertneunundneunzig Meter zu wenig. Und das wäre der Mindestabstand, den er zu Potter haben wollte, wenn er sich erholen sollte. Die Heiler mussten wollen, dass er eine Art Nervenzusammenbruch erlitt und noch länger hier blieb. Andererseits, es würde auch eine verlängerte Abwesenheit von Potter und Black bedeuten. Er lauschte ein wenig. Das Rumoren nahm ab, dann wurde es schließlich still. Schritte, die Tür – Ruhe. Jetzt war er allein mit seinem Erzfeind. "Snape?" Er zuckte unwillkürlich zusammen, als Potter ihm das Tuch von den Augen nahm. Er blinzelte gegen das Licht, dann funkelte er die verschwommene Figur vor sich an, sich sicher, dass das Potter war. Nur Potter konnte selbst als verschwommener Schemen derartig arrogant wirken. "Gib es zurück", verlangte er scharf. Langsam wurde die Sicht klarer, was jedoch nur bedeutete, dass er Potters Gesicht erkannte. Na, zumindest grinste der Idiot nicht. "Wieso?", fragte Potter mit einem desorientierten – das hieß, mehr als sonst – Blick. Severus runzelte die Stirn und starrte ihn an. "Weil ich es sage", zischte er. "Ich schwöre dir, sobald ich aufstehen kann, stopfe ich dir deine –" Potter wich zurück. "Nur die Ruhe", sagte er hastig. "Ich wollte ... ich meine ... es war nur ... es sah aus ..." "Es sieht schlecht für dich aus", grollte Severus. "Jetzt gib es zurück und halt die Klappe, bevor ich dich auffresse!" Er bereute es augenblicklich, die Stimme gehoben zu haben. Schmerz durchfuhr ihn wie ein Donnerschlag. Wenigstens zeigten seine Worte einmal Wirkung, was ihn überraschte. Er sandte Potter einen letzten, bösen Blick, bevor Potter ihm das Tuch vorsichtig wieder auf die Augen legte. Insgeheim dachte Severus, dass Potter sich offensichtlich den Kopf gestoßen haben musste. Mehr noch als er selbst. Anders war dessen Verhalten nicht zu erklären. Schade nur, dass Potter nicht sein Gedächtnis verloren hatte. Dann hätte man dieser ganzen Misere zumindest etwas Gutes abgewinnen können. ooOoo James saß schweigend in seinem Bett und beobachtete Snape. Nicht, weil Snape in irgendeiner Art und Weise interessant war. Nur es gab nichts anderes für ihn zu tun. Snape wollte nicht reden, und wenn er ehrlich war, wusste James auch nicht, worüber er mit dem Slytherin reden sollte. Eigentlich war er nämlich verwirrt. Er hatte fest damit gerechnet, dass Sirius hier wäre, und dann war es Snape. Es ergab keinen Sinn – wenn Snape hier war, dann war die Wahrscheinlichkeit denkbar gering, dass es Snapes Schoßbasilik gewesen war. "Snape?", versuchte er es nach einer Weile noch einmal. Snape knirschte mit den Zähnen. "Potter", knurrte er, "nenn mir einen Grund, warum ich mit dir reden sollte. Nur einen. Und es sollte ein guter sein, sonst hexe ich dich so zusammen, dass die dich gleich in der geschlossenen Abteilung hierbehalten." James seufzte. Warum versuchte er es eigentlich? "Ich dachte nur, vielleicht weißt du ja, warum wir hier sind..." Das sorgte tatsächlich für eine Reaktion. Langsam und leise ächzend setzte der Slytherin sich auf, oder vielmehr, er stützte sich auf den Ellenbogen ab, den feuchten Lappen von seinen Augen nehmend. James' Blick wanderte zu dem Verband, den er zuvor bereits gesehen, aber so ziemlich ignoriert hatte. Außerdem war Snape verdächtig blass, und jetzt noch mehr als schon zuvor. "Potter", sagte Snape, und seine Stimme klang deutlich angestrengt, "verschone mich mit diesem Geflunker. Reicht es nicht, dass irgendeine von deinen – euren – Idiotien uns ins verdammte Krankenhaus gebracht hat? Musst du mir jetzt auch noch auf die Nerven gehen, indem du mir sinnlose Fragen stellst? Ich will meine Ruhe – mehr nicht. Ist das zu viel verlangt? Musst du mich jetzt auch noch im Krankenbett drangsalieren?" James blinzelte. "Wieso drangsalieren? Ich habe nur –" "Potter", schnappte Snape und funkelte ihn an, "ich will kein Wort hören. Herrgott Sakrament aber auch! Tust du nur so oder bist du wirklich so blöd, wie du aussiehst?" "Ich weiß nicht –" "Ich habe Kopfschmerzen, Potter! Eine verfluchte Migräne! Falls es dir nicht aufgefallen ist, was auch immer ihr für einen Streich dieses Mal spielen musstet, hat mir eine Platzwunde und die dazugehörige Gehirnerschütterung beschert!" Snape schnaufte und ließ sich in die Kissen zurückfallen, offensichtlich entkräftet. "Aber bitte, wenn ich dir vor die Füße kotzen soll, mach so weiter." Er schloss die Augen und versuchte, sich das feuchte Tuch erneut übers Gesicht zu legen, aber James konnte sehen, dass es dem Slytherin schwer fiel. Er schwieg und beobachtete seinen Erzfeind. Es war ein regelrechter Gefühlsausbruch gewesen, mehr noch, Snape hatte zugegeben, dass es ihm schlecht ging. Wenn das allein schon kein Hinweis darauf war, dass Snape wirklich krank war, dann wusste James auch nicht mehr. Und obwohl er angenommen hatte, dass es ihn freuen würde, zu sehen, wie elend es dem Slytherin ging, fühlte er sich beinahe schuldig. Aber nur beinahe. Denn er glaubte keine Sekunde lang, dass die ganze Sache seine Schuld war. Das war absurd. Vor allem, bevor er hier aufgewacht war, war er auf dem Weg zu einer Strafarbeit gewesen. Mit Sirius. Und er war sich mehr als sicher, Snape nicht gesehen zu haben, denn daran würde er sich garantiert erinnern – weil er ihn in die nächste Woche gehext hätte. Wegen ihm war es ihnen nicht möglich gewesen, Remus Gesellschaft zu leisten, und James hasste Snape dafür. Remus litt an Vollmonden, und jetzt, wo sie fähig waren, ihm die Verwandlung durch ihre Anwesenheit zu erleichtern, kam Snape daher und brachte sie in Schwierigkeiten, so dass sie ausgerechnet an Vollmond Strafarbeiten hatten. Nein, das war ganz sicher nicht James' Schuld. Dennoch ... ein Blick auf Snape genügte, um ihm zu sagen, dass irgendetwas Schlimmes passiert war. Und es hatte sowohl ihn als auch James erwischt, aber scheinbar niemanden sonst. Zumindest niemanden, soweit James wusste. Er wollte sich gar nicht erst ausmalen, was man ihnen alles verschweigen könnte. Was, wenn sie beide einfach diejenigen waren, die glimpflich davongekommen waren? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)