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Von Skalpellen und Noten

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Kommentar: Hallo und herzlich Willkommen zu meiner neuen Story: Von Skalpellen und Noten.

Ich hoffe auf euer Wohlwollen und Interesse! Ich bin gespannt, was ihr sagt. Zu den Charakteren, zu dem Setting, usw...
 

Kennt ihr Frank noch? Er hatte einen kleinen Auftritt in meiner ersten Story Holz und Elfenbein. War dort quasi nur ein „Gastauftritt“, jetzt wird seine Geschichte erzählt.
 

[Update November 2014: Inzwischen ist die Geschichte grundlegend überarbeitet und auch verlängert worden. Daher auf ff.de "nur" noch eine Leseprobe.

Das eBook ist auf amazon unter http://www.amazon.de/Von-Skalpellen-Noten-Tanya-Heinrich-ebook/dp/B00PEE50R0/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1415529279&sr=1-1

erhältlich für 5,49€.

Neben der Story enthält das eBook zwei Bonusgeschichten: Cote d'Emeraud mit Alexis und Federico und Mile High Club mit Claude und Patrice. ]
 

Von Skalpellen und Noten
 

Kapitel 1
 

Frank Taylor brummte der Kopf, im wahrsten Sinne des Wortes, und er wünschte sich jetzt nur noch Eines: Sich endlich in seinem Zimmer auf dem Bett ausstrecken zu können und etwas von dem Schlaf nachholen, der ihm letzte Nacht abhanden gekommen war. Und nicht etwa, weil er bis tief in die Nacht an seiner Dissertation gearbeitet hätte. Nein, auch nicht, weil ihn Bianca, seine Freundin, auf den Beinen gehalten hätte. Nein, sein Mitbewohner hatte sich ein uralt Videospiel auf seinem Rechner installiert und sie hatten gemeinsam in Kindheitserinnerungen geschwelgt. Monkey Island war schon ein Klassiker für sich und sie würden sich wohl noch tagelang mit den Sprüchen „Du kämpfst wie eine Kuh!“ „Du kämpfst wie eine Super-Kuh!“begrüßen.
 

Doch er zweifelte bereits jetzt an der Durchführbarkeit seines Wunsches nach etwas Ruhe. Wann war es in der WG, die er sich mit vier Studenten teilte, schon einmal ruhig und friedlich? Ihm kam es so vor, das sich das Leben seiner Mitbewohner grob gesagt in zwei Phasen einteilen ließ: In der ersten Phase waren alle aufgedreht und immer auf dem Sprung zur nächsten Party. In Phase zwei drehten sie wieder durch, dieses Mal waren jedoch waren Klausuren, Prüfungen oder Abgabetermine für diverse Hausarbeiten der Grund. Für ihn sah die Situation mittlerweile etwas andres aus. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität hatte er im Großen und Ganzen ein recht entspanntes Leben. Wenn nicht gerade sein Betreuer wegen der Doktorarbeit Druck machte. So wie heute, deshalb war er auch so gereizt und er hatte insgesamt einen grauenhaften Tag hinter sich. Die Erstsemester waren ihm heute in seinem Tutorium dermaßen penetrant vorgekommen, hatten ihn pausenlos mit Fragen gelöchert, sodass er kaum seinen Stoff geschafft hatte. Zu guter Letzt hatte ihm sein Doktorvater noch vor dem Assistentenzimmer aufgelauert und ihn darüber informiert, dass Frank in drei Wochen auf einer Tagung einen Vortrag über seine Forschungsarbeit halten sollte.
 

Immerhin war die Hauptstraße nicht vollgestopft mit Touristen wie es vom Frühjahr bis Herbst in Heidelberg bei jedem Sonnentag der Fall war. Nun ja, im Winter gab es den Weihnachtsmarkt. Eigentlich gab es in Heidelberg immer Touristen.

Heute jedoch regnete es und so versuchte Frank möglichst schnell nach Hause zu kommen und dabei nicht auf dem Kopfsteinpflaster auszurutschen. Natürlich hatte er den Regenschirm vergessen. Er fragte sich inzwischen ob der Tag noch schlimmer werden konnte. Vielleicht erbarmte sich ja seine Freundin und gab ihm einen Rückenmassage, eine Sache die Bianca wirklich gut beherrschte. Diese Aussicht besserte seine Laune.

Seine Kleidung klebte ihm bereits an der Haut.
 

Als er endlich vor der Tür des Wohnhauses angelangt war, bräuchte er den sprichwörtlichen Vergleich mit einem begossenen Pudel keineswegs scheuen. Beinahe wäre er mit den nassen Sohlen seiner Schuhe auch endgültig auf der ausgetretenen Treppe des Hauses ausgerutscht und konnte sich gerade noch so am Geländer festhalten. Hoffentlich sah ihn niemand der Nachbarn, die würden ihn doch glatt dazu verdonnern die Sauerei, die er im Treppenhaus anrichtete, sofort wieder zu beseitigen. Jetzt allerdings noch mit einem Schrubber und mehreren Wischlappen bewaffnet die Treppe zu putzen, das würde diesem schon sowieso beschissenen Tag noch die Krone aufsetzen. Außerdem hatte ihre WG nächste Woche Putzdienst. Kein Grund sich wegen ein paar Schlieren auf dem Boden ein schlechtes Gewissen zu machen. In ein paar Tagen würde es sowieso wieder an ihm hängenbleiben, das Treppenhaus zu putzen.
 

Doch Wunder über Wunder niemand der Nachbarn sah ihn und so kam er unbehelligt in den zweiten Stock. Gerade wollte Frank die Tür aufschließen als Lydia, das neueste Mitglied der WG die Wohnung verließ. Lydia war ein Erstsemester und hatte noch dringend ein Zimmer gesucht. Daher hatte sie auch mit der ausgebauten Besenkammer vorlieb genommen. Als Matthias, ihm gehörte die Wohnung, gesagt hatte, er würde die Besenkammer vermieten, hatte Frank nicht geglaubt, dass dieser Plan von Erfolg gesegnet war. Erstsemester jedoch, die händeringend eine Bleibe suchten, waren sogar mit einer kleinen Kammer zufrieden. Bezahlbarer Wohnraum in Heidelberg war ein knappes Gut, gerade zu Beginn der neuen Semester.
 

„Regnet es etwa?“ Lydia hüpfte an ihm vorbei und die gleich die Treppe hinunter. Oh diese Jugend. Immer gut drauf und überdreht!
 

„Wie kommst du bloß darauf?“, gab Frank spitz zurück. Insgeheim hoffte er, sie würde auf der Treppe ausrutschen. Lydia hatte sich an seinen Essensvorräten, seinen Vorrat an den besten Pralinen im Besonderen, vergriffen und das konnte er ihr nicht im Geringsten verzeihen.

Allerdings hörte er keinen Schmerzensschrei noch sonst irgendein Anzeichen dafür, dass sein makaberer Wunsch in Erfüllung gegangen wäre.
 

„Wäre ja auch zu viel des Guten gewesen“, brummte Frank vor sich hin. Nein, er war normalerweise nicht so negativ eingestellt. Aber vielleicht lag es auch daran, dass er Engländer war. Schwarzer Humor gehörte bei ihm zur Lebenseinstellung.
 

Frank schnürte die Schuhe auf und zog sie aus. Er wollte nicht noch ihren Flur volltropfen. Dann öffnete er die Wohnungstür und ging zu seinem Zimmer. Korrektur, zu Biancas und seinem Zimmer. Sie wohnten jetzt schon seit sechs Monaten zusammen in der WG.

Mit einem inbrünstigen Seufzer warf er seinen Rucksack auf den Boden. Die nassen Schuhe hatte er im Flur gelassen, um die würde er sich später kümmern können. Jetzt wollte Frank nur noch eine Sache erledigen: Sich endlich unter eine warme Dusche stellen, damit er die Kälte aus seinen Gliedern verbannen konnte. Dann würde er noch eine Kleinigkeit essen, falls sich Lydia nicht auch noch den letzten Rest von ihrem Nudelsalat unter den Nagel gerissen hatte.

Keine fünf Minuten später befand er sich dann auch bereits im Badezimmer. Genüsslich drückte er den Rücken durch und hob den Kopf dem angenehm warmen Wasserstrahl entgegen. Das war himmlisch. Das brachte das Universum wieder ins Gleichgewicht.
 

„Hi Frank!“
 

Erschrocken zuckte er zusammen und wäre daraufhin fast in der Duschwanne ausgerutscht.
 

„Raus aus dem Bad!“ Frank stützte sich mit einer Hand an den Kacheln ab, um so sein Gleichgewicht wieder zu finden. „Verdammt, warum kann Matthias nicht endlich das Türschloss reparieren?“, fluchte er.
 

Matthias, der Glückspilz, hatte die Wohnung von seinen Großeltern geerbt und weil er nun einmal notorisch pleite war, hatte er die Zimmer bald vermietet, um so über ein regelmäßiges Einkommen zu verfügen. Eine eigene Wohnung in der Heidelberger Hauptstraße sein Eigen nennen zu können, das alleine war schon eine Goldgrube.

Zurzeit zählte die WG fünf Bewohner: Matthias, Frank und seine Freundin Bianca, Lydia und eben David, der gerade Franks wohlverdiente Dusche störte.
 

„Verdammt David, hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man nicht zu fremden Leuten ins Badezimmer kommt!“, ereiferte sich Frank und versicherte sich nochmals, dass die Glaswände der Dusche tatsächlich beschlagen waren.
 

„Meine Mutter? Die war ne Dragqueen“, gab David zurück.
 

„Warum glaub ich dir das bloß aufs Wort?“, murmelte Frank.
 

„Mensch Frank, jetzt zier dich nicht so. Du hast nichts, was ich nicht schon irgendwo mal gesehen hätte. Außerdem dachte ich immer, du wärst bi.“
 

„Sei bloß ruhig.“ Wenn Bianca das hören würde, dann war sie die längste Zeit Franks Freundin gewesen. Er hatte es ihr nie gesagt, dass er schon mit Männern geschlafen hatte. Mittlerweile glaubte Frank sogar, dass sie ein Problem mit Homosexuellen hatte. Sie konnte auch David nicht leiden. Gut, David war in der Tat etwas schwierig und nicht zu vergessen tuntig. Eigentlich war er sogar sehr tuntig, aber doch ein sehr humorvoller, junger Mann.

Jedoch kam sie mit Matthias auch nicht sonderlich gut zurecht. Er war ihr zu nerdig, zu sehr Computerfreak. Dabei war er wirklich umgänglich, für einen Informatiker...
 

„Du meinst wegen Bianca? Ich habe dir schon oft gesagt, dass sie nicht zu dir passt.“
 

Frank stöhnte nur, erwiderte nichts und wusch sich das Shampoo aus den Haaren. Es nervte ihn wirklich, dass David und auch Matthias ihm das immer wieder unter die Nase rieben. Sogar Alexis, sein bester Freund seit Kindertagen, ritt von Zeit zu Zeit auf diesem Thema herum.

Er hatte mittlerweile bereits den Eindruck, dass sich die Drei irgendwie abgesprochen hatte. Aber was wussten sie schon über ihn und seine Freundin. Er und Bianca waren seit neun Monaten ein Paar. Es war ziemlich schnell gegangen, nachdem sie sich in einem Café kennengelernt hatten. Keine drei Monate später war sie zu ihm in die WG gezogen. Es hatte die Vernunft überwogen: Die Miete war für Bianca auf diese Weise um einiges billiger und die Wohnung lag näher am Germanistischen Seminar der Universität. Sie benötigte noch nicht einmal ein Fahrrad auf dem Weg zu ihren Vorlesungen. Sie hätte es zwar gerne, dass sie in eine eigene Wohnung umzogen, doch Frank wollte die heimelige Atmosphäre in der WG nur ungern aufgeben.

Es gab noch einen ganz pragmatischen Grund. Die hohen Mieten wollte er sich sparen, denn auf Dauer würde er ganz sicher nicht in Deutschland bleiben. Irgendwann wollte er wieder zurück nach England und sich dann dort eine Existenz aufbauen.
 

„Frank!“ Das war Matthias und auch er kam ungerührt ins Badezimmer und scherte sich nicht im Geringsten darum, dass Frank unter der Dusche stand und David gerade seine Hose auszog.
 

„Hey, du kämpfst wie eine Kuh!“, gab Frank fröhlich von sich und knüpfte an ihre gestrigen Erlebnisse vor dem Rechner an.
 

„Das hilft dir jetzt auch nicht weiter. Und was soll das hier überhaupt? Wollt ihr hier ne Nummer schieben?“, fragte Matthias interessiert.
 

„Nö, aber jetzt wo du es sagst...“, schnurrt David und legte seinem Vermieter eine Hand an die Wange.
 

„Hör auf damit“, wehrte ihn Matthias ab. Er war nicht schwul, aber auf der anderen Seite hatte ihn Frank auch noch nie in Begleitung eines Mädchens gesehen.
 

„Frank du musst noch einkaufen gehen.“ Mit der gerechten Aufteilung der jeweiligen Pflichten in der WG ließ Matthias nicht mit sich spaßen.
 

„Ach nein, Matze komm schon! Ich hatte so einen scheiß Tag. Außerdem wollte sollte das doch Bianca machen!“
 

„Nun deine teure Freundin hat sich vor einer Stunde von uns verabschiedet. Sie wollte noch mal ins Seminar gehen und dann auf die Party von den Medizinern“, und so wie Matthias das letzte Wort betonte, ließ es keinerlei Zweifel mehr an seiner Wertschätzung gegenüber diesen Studenten.

Dies konnte aber auch daran liegen, dass er trotz einem guten Abitur und einem passablen Eignungstests nicht für das Medizinstudium zugelassen worden war. Um die Zeit zu überbrücken hatte er angefangen Medizinische Informatik zu studieren und war schließlich dabei geblieben. Frank hatte bis dato nicht einmal gewusst, dass es solche exotischen Fächerkombinationen gab.
 

„Was hast du gegen die Halbgötter in Weiß? Ich hatte mal einen...“, begann David.
 

„Das will ich nicht hören!“, rief Matthias. Frank stimmte ihm im Stillen voll und ganz zu. Mit Davids Männergeschichten könnte man das Drehbuch einer Soap füllen.
 

Bianca war also mal wieder auf einer Party. Schön, dass sie es ihm nicht gesagt hatte, sondern nur seinen Mitbewohnern. Noch nicht einmal einen Zettel hatte sie ihm auf den Schreibtisch gelegt, oder eine SMS hätte sie ja wenigstens schreiben können. Das war doch nicht zu viel verlangt.
 

„Kann das mit dem Einkaufen nicht warten? Und kann ich jetzt in Ruhe fertig duschen?“
 

„Gottchen seid ihr verklemmt.“ David öffnete die Tür der Duschkabine. „Bist du endlich fertig?“
 

„David!“ Frank versuchte die Tür wieder zu schließen, aber es war zwecklos. David störte sich nicht an dem erbosten Blick, der ihm zugeworfen wurde.

Also angelte sich Frank das Handtuch, das auf dem Boden vor der Dusche lag und gab die Kabine frei.
 

„Warum gehst du dich jetzt eigentlich duschen? Es ist mitten am Tag“, erkundigte sich Matthias.
 

„Tja, ich hab noch ein Rendezvous. Und zwar mit einem...“
 

„Das will ich auch nicht wissen!“ Matthias ging in den Flur hinaus. „Mir reicht es, wenn ich mir die Typen morgens beim Frühstück ansehen muss!“
 

„Wenn du niemanden mitbringst, dann muss ich das ja wohl kompensieren.“
 

Das waren Matthias und Frank in Bestform.
 

Wieder trocken und aufgewärmt ließ sich Frank auf sein Bett fallen. Er würde morgen einkaufen gehen. Matthias hatte noch einmal mit sich reden lassen.

Er kickte Biancas Playboy-Kissen auf den Boden. Wie er das Teil verabscheute. Aber genau genommen war es ja ihr Bett. Sie hatte es damals aus ihrer alten Bude mitgenommen als sie hier in die WG gezogen war. Auf Franks schmaler Matratze hatten sie beide nun wirklich nicht schlafen wollen.
 

Eigentlich sollte er den ersten Entwurf für seinen Vortrag zu Papier bringen, aber nicht jetzt. Vielleicht konnte er sich am Abend dazu aufraffen oder es morgen im Büro machen, sofern ihn keine nervigen Studenten aufsuchten.
 

Frank war gerade eingeschlafen, als David in sein Zimmer kam: „Telefon für dich.“
 

Er gähnte und streckte die Hand aus, um sein Handy entgegenzunehmen. Das hatte er heute auch schon gesucht, also hatte er es wohl einmal wieder in der Gemeinschaftsküche liegen gelassen.
 

„Ja?“, Frank setzte sich auf und gähnte erneut. Ihm fiel auf, dass David die Zimmertür nicht wieder geschlossen hatte. Mit Sicherheit hatte er den Namen des Anrufers auf dem Display gesehen und wollte lauschen. Nein, David war überhaupt nicht neugierig.
 

„Ich wollte dich gewiss nicht aufwecken“, meldete sich die Stimme des Anrufers im feinsten Oxford English.
 

„Endlich rede ich einmal wieder mit einem vernünftigen Menschen“, wechselte Frank nun auch ins Englische. Natürlich hatte er diese Stimme sofort erkannt.

„Alex, ich hatte einen scheiß Tag“, jammerte er gleich los.
 

„So hörst du dich an.“
 

„Danke. Endlich jemand, der es auch anerkennt. Wo bist du?“
 

„Du wirst lachen. Ich bin in Deutschland. Ich habe gedacht, dass so die Telefonkosten niedrig bleiben.“
 

„Wenn du sowieso in Deutschland bist, warum kommst du nicht für einen kleinen Besuch vorbei?“
 

„Ich würde gerne kommen, aber wir reisen morgen bereits wieder nach England zurück.“
 

„Wir?“
 

„Federico und ich.“
 

„Ach so.“
 

„Wie geht es Bianca?“ Alexis‘ Stimme klang betont gleichgültig.
 

„Bianca, Bianca. Darüber will ich jetzt kein Wort hören. Sie ist mal wieder auf einer Party“, knurrte Frank. Er hörte wie David hinter der Zimmertür lachte.
 

„Ich dachte, du hast ein heißes Date“, rief Frank dem Mitbewohner zu. David kicherte noch einmal und verschwand.
 

„Frank...“ Alexis seufzte und beachtete den Zwischenruf gar nicht. „Weißt du noch, wie es bei mir und Henry war?“
 

„Du wirst das doch nicht vergleichen wollen?“ Natürlich wusste Frank alles von der missglückten Beziehung zwischen seinem Freund und Henry. Aber dies war längst Vergangenheit. Das war noch vor Federico gewesen.
 

„Es ist einen Vergleich wert“, verteidigte sich Alexis. „Jeder hat mich vor Henry gewarnt, aber ich war zu blind es zu erkennen. Bis es dann zu spät war... Nun, du kennst das Ende der Geschichte...“ Alexis‘ Stimme hatte einen bitteren Ton angenommen.
 

„Es ist nicht das Gleiche“, meinte Frank noch einmal. „Du kannst Bianca auch schlecht mit Henry vergleichen.“
 

Da musste Alexis lachen: „Nein, ich denke nicht.“ Dann verstummte er und stöhnte. „Fedri lass das. Ich telefoniere... Nein, lenk mich nicht ab. Das ist nicht fair. Oh, komm schon!“
 

„Was ist los bei euch?“, erkundigte sich Frank. Doch er konnte ein Grinsen schon nicht mehr unterdrücken, konnte sich ziemlich genau vorstellen, was am anderen Ende der Leitung passierte.
 

„Federico ist wieder aufgewacht. Du solltest sehen wie er sich im Bett räkelt. Mensch Fedri, jetzt schmoll doch nicht so!“
 

Ja, das waren Alexis und Federico, die beiden Turteltauben. Kurioserweise, obwohl Frank der beste Freund von Alexis war, seinen Lover Federico hatte er erst zweimal von Angesicht zu Angesicht gesehen.

Und zugegeben, es war damals auch nur ein kurzes Vergnügen gewesen. Federico war aus Alexis‘ damaliger Wohnung in Genf gestürmt und hatte dabei so ausgesehen als ob er in den nächstbesten Rosenbusch kotzen wollte. Alexis hatte die Dummheit begangen und den damals noch so jungen und unerfahrenen Pianisten geküsst, was für Federico zu viel gewesen war.

Das zweite Mal war in London gewesen. Er hatte er sich mit Alexis getroffen und bevor sie ihre Tour durch die Clubs begonnen hatten, waren sie noch einmal in dessen Wohnung auf einen Zwischenstopp vorbeigekommen. Federico war auch da gewesen und hatte es sich bequem gemacht... Ziemlich bequem... Sehr bequem.

Andere Männer hätten Federico wohl gefragt, was ihm einfiele sich hier mitten am Tag auf der Couch einen runterzuholen. Alexis war aus einem anderen Grund aufgebracht gewesen: „Du sollst doch auf meiner Couch nichts essen!“, war alles, was er zu Federico und der halb aufgegessenen Pizza gesagt hatte, die noch neben ihm stand.

Frank hatte es vorgezogen sich zu entschuldigen und im Flur auf seinen Kumpel zu warten.
 

„Ich muss Schluss machen“, verabschiedete sich Alexis und holte Frank wieder in die Gegenwart zurück.
 

„Lass mich raten... Eheliche Verpflichtungen?“, stichelte Frank. Das Wort ‚Ehe‘ durfte man momentan gegenüber Alexis nicht in den Mund nehmen, denn Federico und Alexis planten gerade ihre Heirat. Also die offizielle Zeremonie. Ja, die beiden machten wirklich ernst. Dies an sich genommen war zwar heute nichts mehr Besonderes, aber wenn man Alexis noch aus seinen wilden Jahren kannte – so wie Frank...
 

„Sehr witzig. Also dann. Wenn du willst, kannst du dich nächste Woche bei mir in England melden.“
 

„Okay.“
 

Frank beendete das Gespräch. Es hatte seine Laune definitiv gebessert. Aber so war das schon immer gewesen, wenn er mit Alexis geredet hatte. Sie beide verstanden sich wirklich sehr gut, waren beinahe so etwas wie Brüder.

Sie waren im gleichen kleinen Städtchen im Süden Englands geboren und aufgewachsen. Auch wenn Alexis, bedingt durch den Beruf seines Vaters, oft im Ausland geweilt hatte. Zumindest in den langen Ferien im Sommer hatten sie viel gemeinsam unternommen.

Sie waren sich recht ähnlich, auch in ihrer sexuellen Orientierung. Alexis war sogar der erste Junge gewesen, den Frank je geküsst hatte und der Erste, mit dem er Sex gehabt hatte.

Er konnte sich noch sehr genau an diesen Nachmittag erinnern. An seine Unsicherheit und wie aufgeregt er gewesen war als er zu Alexis gegangen war, der an diesem Tag an der Orgel in der Stadtkirche geübt hatte.

Sie hatten nichts gesprochen, die ganze Zeit nicht. Und es war schließlich Alexis gewesen, der ihn angesehen, gelächelt und ihm eine Hand in den Nacken gelegt hatte, um ihn näher zu sich heran zu ziehen.

Alexis hatte schon sehr bald sein Coming Out gehabt, während Frank lange Zeit seine sexuellen Vorlieben verschwiegen hatte.
 

„Wer ist dieser Alexis eigentlich?“, riss ihn David aus seiner Versunkenheit und Frank fühlte sich wie ertappt. Er hatte gedacht, David hätte nicht mehr gelauscht und wäre in sein Zimmer gegangen. Jetzt stand er in all seiner Pracht vor Franks Bett. Die Haare mit einer Unmenge von Gel in Form gebracht, den knackigen Hintern in einer roten Jeans verpackt von dem engen, figurbetonten Shirt ganz zu schweigen.
 

„Ein guter Freund.“
 

„Wie gut?“
 

„Mhm?“ Frank wusste nicht genau, worauf der andere hinauswollte.
 

„Bist du in ihn verliebt?“
 

„Nein, das heißt, ich war es einmal - zwei Wochen lang. Da war ich sechzehn.“ Sie waren ziemlich bald von Verliebtheit zum pragmatischen Kumpelsex übergegangen. Überraschenderweise hatte dies ziemlich gut und lange Zeit funktioniert.
 

„Ach so. Er hat ne sexy Stimme. Oh, ich steh auf Engländer!“
 

Frank prustete los, wenn Alexis dies hören würde.
 

„Was denn?“
 

„Nichts“, wehrte Frank ab und setzte sich an seinen Schreibtisch. Eigentlich konnte er auch noch etwas arbeiten, wo er schon einmal wach war.
 

Um Mitternacht beschloss Frank nicht mehr länger auf seine Freundin zu warten. Schließlich musste er morgen auch wieder im Büro sitzen. Es machte einfach keinen guten Eindruck, wenn er ständig am Gähnen war oder Augenringe hatte.

Frank war zunehmend verärgert über Biancas Verhalten. Es war schlichtweg unverantwortlich und sie gefährdete ihr Studium damit. Ganz sicher würde sie morgen nämlich keine ihrer Vorlesungen besuchen wollen, geschweige können.

Es war nicht so, dass er ihr den Spaß nicht gönnen würde, oder generell etwas gegen Studi-Partys hatte. Ganz im Gegenteil! Als er noch studiert hatte, war er auch öfters auf den Partys anzutreffen gewesen. Er hatte sich auch mal übelst betrunken, das war im zweiten Semester gewesen. Er wusste es noch sehr genau, so dreckig war es ihm noch nie gegangen. Das alles gehörte dazu. Doch wenn man es übertrieb und jede Woche einen auf Partymaus machte, das konnte Frank wirklich nicht gutheißen. Sollte ihn Bianca ruhig einen Spießer nennen, damit konnte er leben.

Aber vielleicht hatte sie nur ein wenig gefeiert und war vernünftig geblieben. Die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.
 

Doch nein, seine Freundin hatte es einmal mehr so richtig krachen lassen. Es war Matthias, der in sein Schlafzimmer kam und an seiner Schulter rüttelte. In dem Glauben, dass es seine Freundin war, griff er nach der Hand und zog die Person näher an sich heran.
 

„Also Frank!“, zischte es und Frank zuckte zurück als ob er sich verbrannt hätte.
 

„Matze? Was soll das?“
 

„Deine Freundin sitzt neben der Toilette. Mach was!“
 

„Oh, Shit!“ Frank war schon auf den Beinen.
 

„Hat sie wieder das Schlüsselloch nicht gefunden?“
 

„Sieht ganz so aus, sie hat an der Tür geklopft.“
 

Die Haustür war im Sommer meistens offen, daher hatte es Bianca noch die Treppe hinauf zur WG geschafft. Matthias bewohnte das Zimmer direkt neben der Wohnungstür. Kein Wunder, dass ihn Biancas Lärmen auch als erstes aufgeschreckt hatte.
 

„Tut mir wirklich leid.“
 

„Hm, dir muss es ganz bestimmt nicht leid tun!“, meinte sein Mitbewohner spitz und ging dann am Filmplakat von Priscilla – Königin der Wüste vorbei wieder in sein Zimmer. David war hauptsächlich für die Dekoration ihrer Bude verantwortlich wie man an solchen Utensilien unschwer erkennen konnte.
 

Frank gähnte und wäre jetzt auch lieber wieder ins Bett gekrochen, doch er musste sich um Bianca kümmern. Hoffentlich musste sie sich nicht auch noch erbrechen...
 

Oh Fehlanzeige. Sie war gerade mitten dabei. Frank rieb sich über das Gesicht. Wenn er dies Alexis erzählen würde... Er hörte förmlich den Kommentar seines Freundes: ‚Bianca ist nichts für dich!‘

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

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Kommentare zu dieser Fanfic (24)

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Von: abgemeldet
2012-12-21T12:52:59+00:00 21.12.2012 13:52
Jaaaaaa...diese Tussi Bianca...endlich ist sie weg.
Jetzt kann die Geschichte ja nur noch besser werden, als sie eh schon ist.
War wieder ein sehr schönes Kapitel.
Ich freu mich schon auf das Nächste.
Von:  Satnel
2012-11-01T20:47:24+00:00 01.11.2012 21:47
Wie schön ein neues Kapitel und dann auch gleich ein so langes.
Na ja das in der Beziehung etwas schon ganz schön im argen lag, war ja deutlich zu erkennen. Da war die Trennung wirklich das Beste und er hat es ja ganz schön erwachsen durchgezogen. Hab ich schon gesagt das ich David toll finde.^^
Auch die Szene im Hinterhof war toll. Nur hast du einmal statt Patrick Patrice geschrieben, das sollte man vielleicht noch einmal ändern.
Aber wieder ein schönes Kapitel und ich freue mich auf das nächste.

Lg
Von: abgemeldet
2012-10-18T13:04:49+00:00 18.10.2012 15:04
Diese Geschichte gefällt mir bis jetzt sehr gut. Die Szene im Bad ist göttlich. Allerdings mag ich die Mädels i-wie nicht so wirklich, vor allem Bianca. Ok, sie hatte bis jetzt noch keinen großen Auftritt, aber wie sie sich verhält gefällt mir nicht. Ich stimme Alexis und den anderen zu: "Bianca passt nicht zu Frank." Zu ihm würde ein bodenständigeres und vernünftigeres Mädel - oder evtl. auch ein Mann - besser passen.
Von:  Satnel
2012-10-08T23:33:56+00:00 09.10.2012 01:33
Hallo
Also ich bin zufällig über diese Geschichte gestolpert und muss sagen, bis jetzt gefällt sie mir sehr gut.
Vor allem die Mitbewohner sind mir sehr sympathisch. Und allgemein wie sie miteinander umgehen. Es passiert nicht oft das man eine Störung dieser Art unter der Dusche hat.^^
Von der Freundin hat man bis jetzt ja nicht sehr viel mitbekommen, aber ich denke das wird sicher auch interessant.
Zwar habe ich die andere Geschichte nicht gelesen, aber das werde ich nun ja vielleicht nachholen.
Lg Satnel


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