Masquerade von Runya (in Venice) ================================================================================ Kapitel 1: Where are you? ------------------------- Er schritt durch die Menge, die sich in einem Ballsaal im Stil des 18. Jahrhunderts aufhielt. Alles um ihn herum glänzte in einem goldenen Licht. Das leise Gemurmel, das entstand, wenn viele Leute gleichzeitig redeten, füllte seine Ohren, doch er blendete es aus. Im Hintergrund hörte er die leise Musik, die im Tanzsaal nebenan gespielt wurde. Ein Walzer. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Siel liebte es zu tanzen. Dennoch war er sich sicher, sie nicht im Tanzsaal zu finden. Ihre Abmachung war es gewesen, dass er sie suchen müsse, wenn er eine Antwort auf seine Frage wollte. Und die wollte er, auch wenn er schon wusste, welche Antwort er bekommen würde. Denn für gewöhnlich stellte er nur Fragen, deren Antwort er bereits kannte. Dennoch wollte er es aus ihrem Mund hören. Und wenn Scorpius Malfoy etwas wollte, dann bekam er es auch! Und so kam es, dass er sich an einem lauen Sommerabend auf einem venezianischen Maskenball befand, um sie zu finden. Ein leises Prickeln vor Aufregung rieselte sanft seinen Rücken hinab. Es war so typisch für sie- ein Versteckspiel. Sie liebte es, mit ihm zu spielen und sie war die einzige Person, der dieses Privileg eingeräumt wurde. Denn mit einem Malfoy spielte man nicht. Eigentlich. Er strich weiter durch die Menge und schob die herumstehenden Damen und Herren sanft aus dem Weg. Man drehte sich nach ihm um und Scorpius entgingen die Blicke, mit denen ihn die anwesenden Damen bedachten keineswegs: neugierig, interessiert, abschätzend, einige lüstern (dabei konnte man dank der Halbmaske nur seine untere Gesichtshälfte sehen). Doch es interessierte ihn nicht. Nicht mehr. Der einstige Frauenheld und Herzensbrecher war gezähmt worden. Doch er schämte sich dessen nicht. Nein, vielmehr bekannte er sich offen dazu, denn er war stolz auf seine Beziehung und seine Liebe. Blitzte dort nicht ihre Haarfarbe auf? Hörte er nicht da ihr Lachen? Seine Sinne spielten in dem überfüllten Ballsaal verrückt. Ständig bildete er sich ein, sie zu sehen, zu hören, ihren Geruch- eine eigene Mischung aus Sommerregen, neuen Büchern und frischer Wäsche- zu riechen. Aber nein, es waren nur seine Sinne, die in die Irre geführt wurden. Das steckte wahrscheinlich dahinter. Sie wollte ihn verwirren, damit sie ihren Spaß hatte. Vor seinem inneren Auge sah er sie lachen, über seine Versuche, sie zu finden. Es war beinahe unmöglich. Aber eben nur beinahe. Er setzte seinen Weg fort, hinaus in den Hinterhof des Ballsaals, der ruhig und verlassen war. Dunkel lag er vor ihm, die Pflastersteine nur erhellt vom Vollmond, denn der Himmel wölbte sich über Venedig in einem samtenen, mitternachtsblau, auf dem kein einziger Stern neben dem Mond zu sehen war. In der Ferne konnte er das Meer rauschen hören, doch der Kanal vor ihm war still. Nur eine einsame Gondel schaukelte über das Wasser. In ihr eine Gestalt, gehüllt in einen schwarzen Umhang. Sie saß mit dem Rücken zu ihm, starrte auf einen Punkt auf der anderen Kanalseite. Nur ihre leise Stimme wehte leise zu ihm hinüber. Es war ein trauriges und melancholisches Lied. Er konnte nur Bruchstücke hören, die der Wind zu ihm herübertrug. Vielleicht erzählte es die Geschichte eines Mädchens, das die Regeln brach und nun vor einem Wendepunkt in ihrem Leben stand. Ein Mädchen so fröhlich wie ein Schmetterling, der im Frühling über eine Blumenwiese flog und so leidenschaftlich wie es nur pure Lebenslust sein konnte. Und der, der sie in ihr neues Leben führen sollte war nicht greifbar für sie gewesen, sie hatte ihn sich erobern müssen und vertraute ihm nun voll und ganz. Das stellte sich Scorpius zumindest vor, während er in einem Hinterhof in Venedig stand und dem Gesang seiner Liebsten lauschte. Denn dass es sie war, die er sah, die er hörte, das stand für ihn außer Frage. Er wusste nicht, wie lange er schon dort gestanden hatte, erst das hohe Lachen einer Frau, das aus dem Saal zu ihm herauswehte, ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken. Die Härchen in Scorpius‘ Nacken stellten sich auf, in seinem Bauch begann es zu kribbeln, als er langsam, mit lautlosen, samtenen Schritten auf die leicht schaukelnde Gondel zuging. Sie konnte ihn nicht gehört haben, dennoch verstummte der Gesang des Mädchens und sie drehte sich zu ihm um. Natürlich. Wie hätte es auch anders sein können, sie spürte seine Anwesenheit immer. Das berühmt berüchtigte schiefe Grinsen des Scorpius Malfoy lag inzwischen auf seinem Gesicht und seine sturmgrauen Augen fixierten sie. Auch sie musste lächeln, während freudige Erwartungen in ihr hochstiegen und sie fröstelte, wie unter einem Windhauch, den es nicht gab. Sie stand langsam in der wackeligen Gondel auf, und legte in einer einzigen, fließenden Bewegung ihren mitternachtsschwarzen Mantel ab, so dass ihr, dem Anlass entsprechendes, champagnerfarbenes Ballkleid zum Vorschein kam. Unter dem Schatten der Kapuze hatte ihr blutrotes Haar gelegen, das ihr in feinen Locken über die Schultern fiel. Um das ganze abzurunden lag auf ihrem Gesicht eine Maske, die den oberen Teil bedeckte und nur ihre Haselnussbraunen Augen frei ließen. Sie machte Anstalten, aus der Gondel auszusteigen und er hielt ihr- ganz der Gentleman- seine Hand hin. Neugierig betrachtete sie ihn genauer. Sein Smoking saß, wie nicht anders zu erwarten, perfekt und ebenso perfekt passte seine schwarze Halbmaske, die mit einem Goldrand eingefasst war zu seinem Gesicht. Seine Hand fasste die ihre fester und sobald sie festen Boden unter den Füßen hatte, zog er sie blitzschnell näher zu sich in eine Umarmung. Seine linke Hand umfasste ihre rechte und seine andere Hand lag auf ihrer Hüfte, so als ob er jeden Moment anfangen wollte mit ihr hier mitten im Hinterhof zu tanzen. Und tatsächlich machte er ihm Takt der Musik, die von innen leise zu ihnen heraus drang einige Schritte. „Du hast mich gefunden.“ Keine Frage, eine Feststellung. Sie hatte auch nichts anderes von einem Mann wie ihm, mit seiner Zielstrebigkeit erwartet. Es war alles nur ein Spiel gewesen, um diesen geheimnisvollen Abend zu nutzen. „Hast du etwas anderes geglaubt?“ diese Worte wurden so leise in ihr Ohr geflüstert, dass sie seinen Atem heiß an ihrem Ohrläppchen spüren konnte. Er fühlten sich an, wie ein hauchfeiner Kuss auf ihre Ohrmuschel. Langsam wanderten seine Lippen von ihren Ohren hinunter zu ihren Lippen. Ganz sanft zuerst, nur eine sachte Berührung zweier Lippen, wie vorbeistreichendes Herbstlaub, doch nach und nach immer fordernder werdend. Längst hatten sie in ihrem stillen Tanz inne gehalten, zu atemlos, um irgendetwas anderes als ihre Lippen zu kontrollieren. Seine Zunge begehrte Einlass, malte die Konturen ihres Mundes nach bis sie nachgab und sofort führten ihre Zungen den Tanz fort. Ihre Hände vergruben sich in seinem Nackenhaar, das so seidig war, während er seine Hände auf ihren Hüften platziert hatte. Sie schmeckte fallenden Schnee und kalten Wind, ebenso wie- unverkennbar- seine Lieblingssüßigkeit: weiße Gummibärchen. Sie lächelte in den Kuss. Plötzlich löste er den Kuss, wartete, bis sie ihre glasigen Augen öffnete und ihn ansah. Ihre Lippen waren immer noch nur Zentimeter voneinander entfernt, ihre Stirne aneinander gelehnt und seine Augen voller Liebe für die vor ihm stehende Frau. „Hast du dir eine Antwort überlegt?“ seine Hände fuhren sanft ihren Rücken hinauf, bis sie auf ihren Schulterblättern zum Liegen kamen, so, dass er sie noch näher an sich ziehen konnte, gerade nahe genug, dass sie sich noch in die Augen sehen konnte. Sie nickte. Zu mehr war sie nicht im Stande. Zu atemlos war sie, zu sehr hatte sie sein stürmischer Kuss aus dem Konzept gebracht, wie jedes Mal, wenn er es darauf anlegte. „Und? Willst du mich heiraten?“ Er hielt inne mit seinen Berührungen und sie konnte fühlen, wie er sich vor Spannung unwillkürlich anspannte, jeden Muskel in seinem Körper. Das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde immer breiter, sie ließ ihre Hände zu seiner Brust wandern, sah ihnen nach, bevor sie ihm wieder in die Augen sah und erneut nickte. „Ja, ich will.“ Natürlich war es ihm klar gewesen, er hatte nichts anderes erwartet. Und so kam es, dass Scorpius Malfoy Rose Weasley heiratete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)