Weihnachtszeit im Stark-Tower von Azuela ================================================================================ Kapitel 3: 3. Dezember ---------------------- 3.    Dezember   „Guten Morgen Mr Stark. Es ist der 3. Dezember, 9.30 Uhr. Die Aussentemperatur beträgt zwei Grad Celsius. Heute gibt es vielerorts Hochnebel, die Obergrenze liegt bei ca. 1200 Metern. Ausserhalb des Hochnebels meist sonnig-“ „Wirklich?“, fragte Loki sarkastisch. „Ausserhalb des Hochnebels sonnig?“ „Es tut mir Leid, Mr Laufeyson, ich gebe nur den Wetterbericht wieder.“ „Du solltest deine künstliche Intelligenz mal warten, Tony.“ „Hey, kritisier Jarvis nicht. Er macht einen wundervollen Job.“ „Danke, Sir.“ Tony gähnte und streckte sich, wobei er einen Arm um Lokis Schulter legte. „Und, was machen wir heute?“, fragte Loki ihn. „Uhm, keine Ahnung? Das übliche?“, fragte er zurück, nicht sicher, worauf der Gott hinaus wollte. Loki schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. „Erinnerst du dich noch an irgendetwas, was du vorgestern gesagt hast?“ „Ähm...“ „Chinesisches Essen, fast alle Avengers beisammen, Adventszeit...“, half ihm Loki auf die Sprünge. „Ah! Ja, richtig!“ Tony strahlte. „Wir hatten ausgemacht, jeden Tag etwas zusammen zu unternehmen!“ Dann verfinsterte sich seine Miene, als er angestrengt nachdachte. „Wir haben gestern nichts unternommen, oder?“ Loki lachte. „Nein, und ausser dir war auch niemand wirklich begeistert von der Idee. Nun, Steve vielleicht. Ja, ziemlich sicher sogar.“ „Ach was, die überzeugen wir schon! Die Weihnachtszeit soll man geniessen und mit seinen Freunden verbringen.“ „Ich glaube trotzdem nicht, dass sich ausser Steve jemand dazu bereit erklären wird.“ „Und wenn schon. Im Notfall machen wir zu dritt was. Irgendwelche Vorschläge?“ „Ein Dreier?“ „Uargh.“ Tony verzog angewidert das Gesicht, während Loki unschuldig grinste. „So schnell war ich noch nie meine Morgenlatte los“, grummelte er.   Steve und Bruce sassen schon am Frühstückstisch, als die beiden in die Küche kamen. Tony hätte es nie zugegeben, doch das war ein gutes Gefühl. Alle Avengers hatten ein eigenes Zimmer im Stark Tower und waren mehr oder weniger oft anwesend, und auch wenn sie sich manchmal auf die Nerven gingen, war es doch schön. Tony hatte lange genug allein in dem riesigen Gebäude gewohnt. „Morgen!“, rief er strahlend und machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. „Irgend jemand Lust, heute etwas zu unternehmen?“ „Ja“, antwortete Bruce, „Ich bin dabei, die Ergebnisse des Betazerfalls von Cobalt-60 Isotopen zu untersuchen, wenn die Gammaquanten von den üblichen 1.17 und 1.33 MeV abweichen.“ „Das klingt... spannend?“, sagte Steve vorsichtig. „Das tut es tatsächlich“, warf Tony über das Dröhnen der Kaffeemaschine hinweg ein, „aber ich dachte eher an eine gemeinsame Aktivität. Irgendwelche Vorschläge?“ „Ich hatte bereits einen, aber du warst nicht einverstanden“, entgegnete Loki, der seinen eigenen Kaffee in der Espressokanne zubereitete. „Ja?“, fragte Steve interessiert, „Was denn?“ „Nun, ich dachte, wir drei könnten-“ „Loki, wag es nicht diesen Satz zu beenden!“ Steve schaute ihn verwirrt an, aber glücklicherweise rettete Pepper die Situation, die gerade in der Küche auftauchte. „Morgen, Jungs“, sagte sie lächelnd und hielt auf den Kühlschrank zu, während sich Tony und Loki zu den anderen an den Tisch setzten. Summend inspizierte sie den Inhalt. „Haben wir Ingwer? Ich hätte Lust auf irgend etwas mit Ingwer. Oder Lakritze.“ Alle starrten sie an. „Was?“, fragte sie. „Ich bin schwanger, das ist völlig normal.“ „Ingwer und Lakritze zum Frühstück ist normal in der Schwangerschaft?“ „Sonderbare Essensgelüste sind normal“, präzisierte sie und wandte sich dann an Loki. „Hattest du das damals nicht?“, fragte sie, als wäre es das normalste der Welt. Loki stutzte kurz in seinen Bewegungen. „Uhm... ich habe ziemlich viel Gras gefressen“, antwortete er schliesslich und Tony bekam einen Lachanfall, der ihn fast an seinem Kaffee ersticken liess. „Ich dachte, wir wollten überlegen, was wir heute unternehmen sollen.“ Loki wirkte eindeutig etwas konsterniert und schien Pepper vom Thema ablenken zu wollen. „Ja, richtig“, zog Steve sofort mit, dem der Gesprächsverlauf ebenfalls unangenehm war. „Im Metropolitan Museum of Art gibt es eine neue Ausstellung mit Werken aus der amerikanischen Glasmalerei.“ „Na vielen Dank, da interessieren mich ja Bruces Gammaquanten noch mehr“, sagte Tony trocken, während er seinen verschütteten Kaffee aufwischte. „Etwas Kunstgeschichte würde dir gut tun“, warf Loki ein. „Vor ein paar Wochen hast du behauptet, das Gemälde von Jan van Eyck sei aus Desperate Housewives geklaut.“ „Das wirst du mir ewig nachtragen, oder?“ Loki grinste nur. „Also, ich finde Steves Vorschlag gut“, meinte Pepper. „Ausserdem passt es hervorragend zur Adventszeit, viele Glasmalereien haben einen sakralen Hintergrund.“ Tony sah noch immer nicht besonders begeistert aus. „Du kannst ja hierbleiben, ich bin sicher, Steve unterhält uns gut genug“, meinte Loki, und lehnte sich demonstrativ an dessen Schulter. Tony sah ihn finster an, während Steve rot anlief. „Na gut, ich bin dabei. Aber nur, weil ich dir kein Stück weit traue.“ Er zeigte anklagend auf Loki. „Bruce?“, fragte Pepper. „Ja, ok. Wieso nicht.“   Obwohl sie zu fünft das Museum besuchten, schlenderten Steve und Loki schlussendlich doch allein durch die Ausstellungsräume. Pepper hatte nach 15 Minuten aufgegeben, weil ihr die Füsse und der Rücken weh taten, und war auf einer Bank sitzen geblieben, um den Katalog durchzublättern. Bruce und Tony hatten sich in die Museums-Cafeteria zurückgezogen und fachsimpelten vermutlich über Photonen und Isotope. Steve indessen hatte sich zu Lokis persönlichem Museumsführer aufgeschwungen. Nun, da er endlich jemanden gefunden hatte, der sich tatsächlich für Kunstgeschichte interessierte, hatte er nicht vor, sich zurückzuhalten und erläuterte ihm die Glasmalereien und ihre Geschichte bis ins kleinste Detail. „Ursprünglich kam die Glasmalerei vermutlich aus dem Sassanidenreich, ein persisches Grossreich. Damals war sie auf sakrale Motive beschränkt und deshalb vor allem in Form von Kirchenfenstern zu finden. Es gibt verglaste Fenster aus dem 6. Jahrhundert, aus dem damaligen Konstantinopel. Das ist das heutige-“ „Istanbul, ich weiss.“ „Überhaupt ist uns Europa weit voraus. Im 7. Jahrhundert wurden in Europa viele Kirchen errichtet, die mit Glasgemälden versehen wurden. Die schönsten findet man vielleicht in der französischen Notre-Dame de Chartres. Dort gibt es 176 Fenster, die zusammen 2000 Quadratmeter abdecken!“ Loki lächelte über Steves Enthusiasmus, während er die Glasmalereien betrachtete. Sie waren wirklich sehr schön. Etwas ähnliches gab es in Asgard nicht. Steve redete weiter und weiter. Loki schien Wissen aufzusaugen wie ein Schwamm. „Nun, dann kam der zweite Weltkrieg“, sagte Steve schliesslich und seine Miene verdüsterte sich. „Dabei wurden natürlich viele Kunstwerke zerstört. Die Glasmalerei war davon besonders betroffen, da man sie natürlich nicht wie andere Bilder abhängen und in Kellern verräumen konnte.“ Steve seufzte. „Ich wünschte, wir hätten damals mehr retten können.“ Loki sah ihn aufmerksam an. „Eure Prioritäten war nicht die Rettung von Kunstgeschichte, sondern von Menschenleben.“ „Ja. Ja, natürlich, das war auch richtig so. Und trotzdem... es ist soviel verloren gegangen in diesem Krieg.“ Steve schloss einen Moment die Augen und rieb sich die Stirn. „Sie sagen, wir hätten gewonnen. Aber ich weiss nicht, Loki. Ich weiss es wirklich nicht.“ „Für die bildenden Künste war der zweite Weltkrieg nicht das schlechteste, was passieren konnte“, erwiderte Loki. „Nein, das bestimmt nicht“, räumte Steve ein. „Auch die Glasmalerei hatte danach einen neuen Aufschwung. In den 50er und 60er Jahren entstanden hunderte neuer Glasmalereien, um die Beschädigten und Zerstörten zu ersetzen. Das nennt man dann wohl ,das Gute im Schlechten‘.“ Er sah immer noch verbittert aus, während er das sagte. „Der Impressionismus wäre ohne den Krieg nicht entstanden“, führte Loki aus, vielleicht, um ihn damit zu trösten. „Und ohne den Impressionismus keine Moderne. Vielleicht würdet ihr heute noch klassizistische Bilder betrachten, hätte es keinen Krieg gegeben.“ „Und das, glaubst du, rechtfertigt ihn?“ Steve sah ihn ungläubig an. „Das wollte ich damit nicht sagen. Nur, dass Kriege in der Regel auch Entwicklungsschritte bedeuten.“ „Ja, nun, von mir aus könnten wir auf Entwicklungsschritte verzichten, wenn es dafür keine Kriege gäbe.“ Loki widersprach nicht, obwohl er das für eine unsinnige Behauptung hielt. Doch Steve war wohl zu sehr persönlich in das Thema involviert, um es vorurteilsfrei vertiefen zu können. „Na ihr beiden Turteltäubchen?“ Tony schlang die Arme von hinten um Lokis Körper. „Was seht ihr euch schönes an?“ Er richtete den Blick auf das Ausstellungsobjekt vor ihnen. „Eine... Vase? Dafür haben wir Eintritt bezahlt?“ „Du hast überhaupt keinen Eintritt bezahlt. Steve war der einzige, der die 20 Dollar gezahlt hat.“ „Tja, dann muss er noch viel lernen. Die meisten Touristen fallen darauf rein.“ „Ich bin nicht darauf reingefallen“, antwortete Steve säuerlich. „Ich leiste gerne meinen Beitrag, um die bildenden Künste zu unterstützen.“ „Bildenden Künste? Das ist eine gottverdammte Blumenvase!“ Loki lachte und lehnte den Kopf an Tonys Schulter. „Es ist eine Glasvase von Émile Gallé“, erklärte Steve wütend. Er fühlte sich seltsam verraten durch Lokis Gelächter, nach dem ihm dieser über zwei Stunden interessiert zugehört hatte. „Schon gut, schon gut“, wehrte Tony ab. „Aber wir sind seit einer Ewigkeit in diesem Museum, Zeit, zu gehen. Ich hab heute noch was anderes vor.“ Wie um das zu bestätigen, drückte er Loki noch enger an sich, ohne sich um die Blicke der Leute um sie herum zu scheren. „Und morgen wähle ich aus, was wir machen“, fügte er hinzu, während er Lokis Hand nahm und ihn nach draussen zog. Steve seufzte ergeben und folgte den beiden hinaus.   -----------   Ein paar Anmerkungen zu diesem Kapitel: 1. Ich habe keine Ahnung, was Bruce am Küchentisch über Gammaquanten sagte und bin sicher, jeder, der sich ein bisschen damit auskennt, hätte einen Lachanfall^^’’ 2. Pepper spielt mit ihrer Frage nach Lokis Schwangerschaft natürlich auf die Geschichte mit Sleipnir, dem achtbeinigen Hengst, an ;) 3. Im Metropolitan Museum of Art sind die Eintrittspreise tatsächlich nur ‚Empfehlungen’. Da die meisten Touristen das nicht wissen, zahlen sie jedoch brav die ‚empfohlenen’ 20 Dollar ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)