Love Candy von _Haruka-chan_ ================================================================================ Kapitel 3: Tears don't fall --------------------------- Völlig entgeistert starre ich den Jungen der mir jetzt gegenübersteht an. Der Kerl, den ich heute morgen im Bus angerempelt habe und der in Schlabberhose und Pulli vor mir steht, der soll der weltberühmte Meisterdetektiv L sein?! Nie im Leben. Mir wird bewusst, dass momentan alle Blicke auf mich gerichtet sind, und ich ihn wie eine bekloppte anstarre. Schnell schaue ich zur Seite und murmle ein „Hallo...“. Auch er sieht etwas überrascht aus und auf den fragenden Blick meines Vaters sagt er: „Guten Tag. Ich bin L. Freut mich sie kennen zu lernen.“ Mein Vater nickt nur und sieht dann mich fragend an. „Kennt ihr euch etwa?“. „Ja wir sind uns durchaus schonmal begegnet.“, sage ich zähneknirschend. Ich weiß selber nicht, warum mich das so aufregt. //Idiotin! Reiß dich zusammen!//. „Können wir dann anfangen? Ich hab nämlich noch was wichtiges vor!“ sage ich gelangweilt. „Wenn du bereit bist, können wir sofort anfangen.“, meint L und ich stimme zu. „Dann folge mir bitte.“ Er führt mich in einen Raum, in dem sämtliche Fenster verdunkelt worden sind, allgemein wirkt der Raum kalt und abstoßend und die Einrichtung besteht aus einem Tisch und zwei Stühlen in der Mitte des Raumes. Die Wände sind dunkel gestrichen und die einzige Lichtquelle ist eine grelle Lampe, die von der Decke hängt. L setzt sich auf einen der Stühle und bietet mir den anderen an. Wiederwillig setzte ich mich hin und blicke ihn dann verärgert an. „Ich dachte ich soll eine Zeugenaussage machen und bin nicht zum Verhör eingeladen!“. Unbeeidruckt von meinem Tonfall holt er ein Mikrofon aus der Schublade und stellt es vor mich. „Du sollst auch eine Zeugenaussage machen, aber ich werde dir trotzdem einige Fragen stellen.“ „Wenns unbedingt sein muss.“ gebe ich mürrisch zurück. „Na dann. Also erzähl einfach von Anfang an was genau passiert ist.“ „Okay.“ //Bleib ruhig Cat, es ist alles okay. Du musst es nur erzählen und ein paar Fragen beantworten und dann kannst du wieder gehen. Das kriegst du doch wohl hin, oder? Reiß dich zusammen.// Um die Wahrheit zu sagen, ich habe Angst. Das ganze ist erst sechs Tage her und ich habe den größten Teil meiner Zeit damit verwendet, das Geschehene zu verdrängen um nicht durchzudrehen. Das ganze wahr sehr wohl ein Schock für mich und hat mich ziemlich mitgenommen, aber das würde ich niemals zugeben. Ich will nicht, dass ich plötzlich in Tränen ausbreche, wenn ich erzähle, was passiert ist. Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich gar erst gar nicht merke, als L mich anspricht. „Catheryne? Alles okay? Wir zwingen dich natürlich nicht, eine Aussage zu machen, du kannst das ganze selbstverständlich abbrechen und...“ „Nein, nein alles okay! Wirklich mir geht’s gut!“, unterbreche ich ihn und ich kann ihm ansehen, dass er mir nicht glaubt. Ich muss ziemlich bleich aussehen und ich wirke angespannt. Ich atme zweimal tief und wiederhole meine Antwort. „Mir geht’s gut. Ehrlich.“ „Na gut.“, meint L zögernd, aber er macht auch keine Anstalten zu gehen und das Gespräch von sich aus zu beenden. „Also, das war so...“, beginne ich. „Ich bin am Freitag nach der Schule noch mit meiner Freundin essen gegangen und bin danach zum Bahnhof gelaufen um mit dem Zug nach Hause zu fahren, weil mein Dad mich nicht abholen konnte. Dann...“ „Kurze Frage.“, unterbricht mich L, „um wie viel Uhr war das ungefähr?“ „Ähm... ich glaube so gegen halb sieben, es war auf jeden Fall schon dämmrig draußen.“ Er nickt. „Okay erzähl weiter.“ Ich nicke ebenfalls. „Ich hab auf den Plan geschaut und gemerkt das erst in eineinhalb Stunden der nächste Zug fährt. Und weil ich nicht so lange am Bahnhof stehen wollte bin ich noch ein bisschen in die Stadt gegangen. Um viertel vor acht hab ich mich dann auf den Weg zum Bahnhof gemacht. Es war dann schon ziemlich dunkel und deshalb bin ich ziemlich schnell gelaufen und...“ Ich merke, dass ich automatisch immer schneller spreche und ich werde rot. Er soll nicht denken, dass ich Angst habe. „Jedenfalls...“ , spreche ich weiter, und bemühe mich meine Stimme ruhig zu halten, „habe ich dann ein komisches Geräusch aus einer Seitengasse gehört und wollte dann nachsehen was passiert ist und...“. Ich stocke. Was danach passiert ist, habe ich noch nicht verarbeitet. Es war... grauenvoll und ich werde es nie wieder vergessen. Ich bin so unglaublich nervös, dass ich anfange zu zittern. Und dann kommt alles in mir hoch. Die Angst, die Panik und die Verzweiflung fressen sich in meinen Verstand und plötzlich wird mir schwarz vor Augen. Das letzte was ich sehe, bevor ich vollständig das Bewusstsein verliere, sind die weit aufgerissenen Augen von L, die mich erschrocken anstarren. Ich falle, falle immer tiefer. Um mich herum ist vollkommene Schwärze. Ich weiß was gleich passieren wird. Sowas wie hier ist mir schon in meiner Kindheit passiert. Nach dem Tod meiner Mutter, bin ich regelmäßig zusammengebrochen und habe jedesmal die Szene ihres Todes erneut durchleben müssen. Auch danach, ist mir das gleiche immer passiert, wenn ich etwas schlimmes erlebt habe. Ich weiß, dass es diesmal nicht anders sein wird, und ich das grauenhafte Erlebnis von Freitag noch einmal durchleben werde. Es ist dunkel und ziemlich kalt geworden. Ich ziehe meine Jacke enger um mich. Ich will eigentlich nur noch nach Hause. In dieser Gegend ist es ziemlich unheimlich. Plötzlich höre ich ein seltsames Geräusch, ein erstickender Laut. Ich fröstle. Ich will einfach weitergehen und so tun als hätte ich nichts gehört, aber ich bin einfach zu neugierig und laufe auf eine kleine Seitengasse zu, aus der das Geräusch kam. Ein Fehler, den ich noch bitter bereuen würde. Ich blicke um die Ecke und sehe eine schwarz vermummte Gestalt. Sie hält ein Messer in der Hand. Und von dem Messer... tropft Blut! Ich schlage mir die Hand vor den Mund um nicht laut loszuschreien. Oh mein Gott! Auf dem Boden liegt ein Mädchen! Die Gestalt grinst fürchterlich und sticht zu. Ich kann mich nicht bewegen, ich bin wie erstarrt. Ich wollte dem Mädchen helfen, doch in diesem Moment kann ich nichts anderes als Schreien. Ich bin vollkommen entsetzt und verängstigt. Die Gestalt dreht ihren Kopf ruckaritg in meine Richtung und ihre Augen blitzen gefährlich. Das Messer erhoben, welches immer noch voller Blut ist, kommt sie jetzt auf mich zu. Ich weiche ein paar Schritte zurück. „Nein... Nein“ , flüstere ich. „NEIN!“, kreische ich jetzt, drehe mich um und renne was das Zeug hält. Ich werfe einen Blick zurück, doch von dem Anblick, der zerfetzten Leiche des Mädchens wird mir schlecht. Die Gestalt zögert nicht lange und sprintet hinterher. Ich schreie und renne weiter. Plötzlich höre ich ein Sirren hinter mir und lasse mich instinktiv auf den Boden fallen. Keine Sekunde zu früh denn da, wo gerade noch mein Kopf war, saust jetzt das Messer vorbei. Ich rapple mich wieder auf und renne weiter. Die Gestalt ist mir dicht auf den Fersen und ich schreie verzweifelt um Hilfe. Ich bin wieder in der Shopping-Straße und ein paar Passanten, die noch unterwegs waren drehen sich um. Ich schreie immer noch verzweifelt um Hilfe und drehe mich kurz um, um zu sehen, ob die Gestalt noch da ist. Da schließt sich plötzlich eine Hand um meine Kehle und drückt zu. Ich ringe verzweifelt nach Luft, aber je mehr ich mich anstrenge, destso schwieriger wird es zu atmen. Im Hintergrund höre ich ein paar erschrockene Rufe und Stimmen, aber schon fängt alles an zu verblassen und ich blicke in graue, gefühlslose Augen. Dann wird alles schwarz. „Und ihr geht’s auch wirklich gut?“ „Ja sie wird gleich wieder aufwachen, keine Sorge.“ Ich höre gedämpfte Stimmen und langsam öffne ich meine Augen. Ich liege offensichtlich irgendwo drauf da, das erste was ich sehe, die weiß gestrichene Decke ist. Ich höre die Stimmen von L, meinem Vater und Watari die sich alle rechts von mir versammelt haben. Ich versuche mich aufzusetzen und sofort verschwimmt alles wieder. Sofort sieht mein Vater mich an und setzt sich neben mich. „Cat? Alles wieder okay? War es arg schlimm?“ „Geht schon.“, sage ich leise und lehne mich erschöpft an seine Schulter. „Hab ich geschrien?“, frage ich leise. „Ja aber nur einmal, sonst lagst du einfach nur da.“ Ich nicke schwach. //Na toll. Ich bin nicht nur vor den Augen eines Meisterdetektivs umgekippt, sondern habe auch noch wie eine gestörte geschrien. Gott, ist das peinlich. Das sowas auch immer mir passieren muss.// Beschämt blicke ich auf den Boden. Ich spüre L's borenden Blick und sehe ihn schließlich an. Seine schwarzen Augen blicken mich besorgt an und er setzt sich neben mich. „Gehts dir auch wirklich wieder gut?“, fragt er. „Seh ich wirklich so scheiße aus?“, murmle ich, doch er hat es trotzdem gehört. „Nein, aber du bist blass und siehst ziemlich mirgenommen aus.“, sagt er ernst. „Möchten Sie etwas zu trinken?“, fragt Watari. „Oh ja gerne, ein Glas Wasser bitte.“ sage ich und Watari bringt mir sofort eins. Ich nehme es dankend an und stürze es sofort runter. Ich bin unglaublich durstig. Ich stelle das Glas auf dem Tisch vor mir ab und schweige. Ich weiß nicht ob ich etwas sagen soll. Sicher, L hat eine Erklärung verdient, aber ich kann einfach nicht darüber sprechen. Ich sehe meinen Vater an. Er nickt verständnisvoll und erklärt L und Watari was passiert ist. Die beiden hören schweigend zu und ich ziehe die Knie hoch und vergrabe mein Gesicht. Ich hasse das. Als mein Vater geendet hat, ist es still im Raum. Niemand sagt ein Wort. Das macht mich wahnsinnig. Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Ich spüre wie die Tränen in mir hochkommen. Ich versuche verzweifelt sie zu unterdrücken, doch leider erfolglos. Sie laufen mir nur so über die Wangen und ich schluchze. Ich wollte nie, dass die Sache so endet. Ich komme mir kindisch vor, wie ich hier so sitze, mein Gesicht hinter meinen Haaren versteckt und weine. Ich will einfach nicht, dass sie meine Tränen sehen. Plötzlich spüre ich wie jemand seinen Arm um mich legt und mich an sich zieht. Doch es ist nicht mein Vater, sondern es ist L. Das bringt mich nur noch mehr zum weinen und ich schluchze in seinen Pulli. Er legt den Arm um mich und flüstert mir zu, dass schon alles okay wäre und dass es nicht schlimm wäre, aber ich komme mir wie eine Idiotin vor. Und da ich nichts besseres weiß, bleibe ich einfach so liegen und weine weiter. L lässt mich nicht los. Und das ist gut so. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)