Blind eyes von Sopschild ================================================================================ Kapitel 4: Langeweile und Flashbacks ------------------------------------ Linn seufzte und spielte genervt mit der Ecke ihres Bettzeugs. Sie war sich nicht sicher, was schlimmer war, die Schmerzen, die sich nun nur noch stärker bemerktbar machen, wo der Großteil ihrer Medikamente abgesetzt war, oder die Langeweile, welcher sie schon seit Tagen verfallen war. Es war nicht so, als gäbe es nichts interessantes auf dem Schiff auf welchem sie sich befand, wie sie den wenigen Gesprächen mit fremden Agents entnehmen konnte, doch sie bekam in ihrem Zimmer wenig davon mit. Sofort nach dem Erwachen war ihr die eigenartige Stille aufgefallen, die sie umgab, viel zu untypisch für einen Ort, an dem viele Menschen arbeiteten und lebten. Man hatte ihr Zimmer Schalldicht isoliert. Dabei handelte es sich keineswegs um eine herkömmliche Isolation wie die eines Tonstudios, welche für Linns Ohren nur ein kleines Hindernis darstellte. Was immer die Ingineure von S.H.I.E.L.D angestellt hatten, Linn befand sich in unüblich leiser Umgebung. Natürlich war ihr nicht entgangen, das diese Maßnahme weniger für ihr Wohlergehen gedacht waren, eher damit sie nicht hinter die kleinen schmutzigen Geheimnisse kam, die zweifelsohne hinter jeder Ecke lauerten. Mit keuchendem Atem erhob sie sich, so langsam und schmerzhaft, dass als sie stand schweißnass und atemlos war. Nur mit Mühe und mit zusammengepressten Lippen konnte sie sich einen Schrei verkneifen. Sie zitterte, während sie auf wackligen Beinen, durch den Raum schwankte, wie ein Betrunkener kurz vor der Ohnmacht. Sie hätte wohl doch noch liegen bleiben sollen. Doch die Natur rief nach ihr und so torkelte sie zu dem kleinen angrenzenden Badezimmer. Sicher hätte sie auch eine der Krankenschwester rufen können, die ihr zu Hilfe geeilt käme, doch nach zweit Tagen, bei denen ihr Fremde beim Pinkeln zugesehen hatten, war sie fest entschlossen nun doch die letzten Reste ihrer Würde zu bewahren und es aus eigener Kraft zu versuchen. Rauschend ging die Klospülung und Linn war froh etwas zu hören. Nachdem die Ärzte sich davon überzeugt hatten, das Linns Herz alleine auch ohne äußerliches Zutun munter vor sich hin schlug, hatte man die Elektroden auf ihrem Brustkorb entfernt und so war das beruhigende Piepen auch verstummt. Von wegen Erholung – das was S.H.I.E.L.D mit ihr anstellte war Folter. Pure Folter. Es war so unendlich still, das sie bereits begonnen hatte mit sich selbst zu reden, nur um sicher zu gehen das sie nicht taub war. Linn fühlte sich wie eine Gefangene und in gewisser Weise war sie das auch, den die Türe ihres Zimmers war von Außen verschlossen, nicht das sie die Kraft besessen hätte zu fliehen, aber dennoch gefiel ihr die Angelegenheit immer weniger. Zurück in ihrem Zimmer glitt die Türe auf und herein kam ein Agent, der wortlos ein Tablett auf den Tisch stellte und dann wieder hinaus ging. Linn wusste, das sie meisten sie hier nur duldeten, in den wenigen Sekunden als die Tür offen stand, hatte sie den ein oder anderen Wortfetzen aufnehmen können. Die Agents hielten sie für ein unnützes blindes Mädchen mit einem viel zu frechen Mundwerk, eine Rebellin die nur Ärger bringen würde. Vielleicht war das auch ihr Plan; Ärger machen, sie war sich selbst noch nicht im klaren darüber, aber ihre Behandlung würde sie nicht ungerecht lassen. Linn setzte sich an den Tisch und griff nach einem der Brötchen auf dem Tablett, deren Geruch ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Wann hatte sie das letzte Mal richtig gegessen? Das war an dem Morgen gewesen bevor sie Hawkeye darüber in Kenntnis gesetzt hatte, das sie ihn bemerkt hatte. Die letzten Tage hatte sie mit Flüssignahrung aus dem Tropf vorlieb nehmen müssen. Genüsslich biss sie in das Gebäck während sie gedankenverloren das Brotmesser in der Hand drehte, dessen kühles Metall sich an ihre Haut schmiegte. Ob sie mit ihm ihre Freiheit erkämpfen könnte? Die Resignation folgte sofort. Sie wäre tot ehe sie das Zimmer überhaupt verlassen konnte. Sie war sich auch sicher genau in diesem Augenblick beobachtet zu werden. Nicht wie Clint, der auf einem Dach saß und Spanner spielte, eher auf eine Art die ihr noch unangenehmer war; der Raum war komplett mit Kameras ausgestattet. Ihren Verfolger hatte sie früh bemerkt, bei Kameras wusste sie nie ob nun jemand hinter den Bildschirmen saß oder nicht. Außerdem bestand die Möglichkeit, das sie bei Kameras auf Youtube landen würde. Nicht das es sie stören würde, sehen konnte sie die Videos sowieso nicht. Trotzdem blieb dieses unangenehme Gefühl das ihren Nacken kribbeln ließ. Sie wollte anderen nicht ihre Schwäche zeigen, dabei war sie bereits zwei Mal schreiend aufgewacht. Sie hatte von Manhattan geträumt, von den Wesen und ihren Taten und immer wieder musste sie sich in das Gedächtnis rufen, dass das Gesehene kein Traum gewesen war. Einen Tag nach der Katastrophe war sie ganz normal zur Arbeit gelaufen, im Glauben alles nur geträumt zu haben, nur um eine Ruine vorzufinden. Linn träumte anders als normale Menschen, sie kannte keine Bilder, keine Gesichter. Sie träumte in Emotionen, Geräuschen und Gerüchen. Es fiel ihr schwer einem Sehenden ihre Träume zu beschreiben, ebenso schwer wie es den Sehenden fiel Farben zu definieren. Manchmal wurde Linn gefragt ob sie nicht sehen wollen würde, doch Linn war von Geburt an blind. Sie kannte keine Farben und sie hatte auch keinerlei Sehnsucht nach ihnen. Wie konnte sie missen was sie nicht kannte? Das was sie Nachts wachrüttelte war das Gefühl des Ausgeliefert seins. Keine Kontrolle mehr zu haben und der Freiheit beraubt zu werden. Die Situation in der sie sich befand machte es auch nicht viel besser. Sie fühlte sich wie ein Stück Fleisch auf einem Teller. Zumindest glaubte sie das sich ein Stück Fleisch so fühlte, auch wenn sie es für das Fleisch nicht hoffte – schließlich würde es dann mitbekommen wie man es aß. Sie schluckte ein letztes Mal und stand dann von dem Tisch auf, wobei sie sich wimmernd an der Platte abstützen musste. Sie würde das nächste Mal darüber nachdenken bevor sie aus einem fahrenden Auto sprang. Wieder in den Kissen konnte sie nicht anders als herum zu rollen. Sie wusste nicht was sie tun sollte. Erneut stand sie auf, den Schmerz ignorierend. Wenn sie nur herum lag, würde sie später nur noch mehr Schmerzen haben. Sie pfiff leise und machte eine Kamera an der Decke in der Mitte des Raumes aus. Blitzschnell warf sie das Brotmesser welches noch in ihrer Hand lag dorthin wo sie die Linse anhands des Echos vermutete. Zufrieden hörte sie, wie die Kamera ein kurzes Piepen von sich gab und dann mit einem Zischen erstarb. Keine fünf Sekunden später wurde die Türe hinter ihr geöffnet und auch ohne nachzufragen wusste Linn um wenn es sich handelte. „Hallo Clint.“, sagte sie und neigte den Kopf. „Bist du Verrückt?!“, brüllte dieser nur. „Darüber wird noch debattiert.“ Er war wütend. Sie konnte riechen wie das Adrenalin durch seine Venen schoß, führen wie seine Muskeln leicht zitterten und hören wie schnell sein Herz schlug. Er war verdammt wütend! Linn vermutete eher wegen ihrer spontanen Entscheidung aus dem Auto zu springen, als wegen dem Verlust der Kamera. Wahrscheinlich war ihr Anfall Zerstörrungswut der Tropfen gewesen, der das Fass zum überlaufen gebracht hatte. Sie drehte sich zu ihm um und merkte wie er erschrocken die Luft zwischen die Zähne presste. Sie hatte keine Brille auf und so sah er in ihre toten weißen Augen, die nichtssagend stierten. Linn wusste wie unangenehm es für die Sehenden war in ihr Gesicht zu blicken, trotzdem schloss sie die Augen nicht. „Du bringst alle in Gefahr.“, zischte Barton gefährlich leise und ein eiskalter Schauer legte sich auf Linns Rücken. Sie wusste er war ein Killer und in gewisser Weise fürchtete sie sich vor ihm. „Wegen der Kamera? Ja, jemand könnte in die Scherben treten. Hast du einen Besen?“ Manchmal glaubte Linn das sie krank war. Sie konnte einfach nicht den Mund halten, auch wenn es manchmal besser für sie gewesen wäre. Vielleicht war es auch die Angst, denn auch wenn sie es niemals zugeben würde, in diesem Moment hatte sie schreckliche Angst vor Clint. Ihre Wortens schienen ihn noch wütender zu machen und plötzlich spürte sie die Wand hart in ihrem verletzen Rücken, seine Hand an ihrer Kehle und seinen Atem gefährlich nah an ihrem Ohr. „Für dich ist das alles nur ein Spiel oder? Ein Spaß den du dir machst?“, mit einem Mal war der Agent verschwunden, der schmunzelt in ihrer Küche gesäßen hatte, während er Kräutertee geschlürfte. Mit einem Mal war dort nur die Bedrohung vor Linn und plötzlich war sie wieder in ihrem Büro umzingelt von den Wesen die sie töten wollten. Linn hörte wie sie sie umkreisten, sie beäugten und sie griff fester nach ihrem Stock. Wie einen Baseballschläger hielt sie ihn über den Kopf, bereit zuzuschlagen. Leicht ging sie in die Hocke um sofort loszusprinten. Es war als würde die Zeit stehen bleiben. Sie wollte Leben! Die Schmerzen waren verschwunden, das Adrenalin schoß durch Linns Körper, sie wusste nicht mehr was sie tat, nicht wenn sie vor sich hatte. Mit ungeahnter Kraft stieß sie Clints Hand weg und im gleichen Moment rammte sie ihm ihr Knie zwischen die Beine. Stöhnend ging er zu Boden. Das Geräusch kam dem Bohrer eines Zahnarztes gleich und Linn wusste sie machten ihre Waffen schussbereit. Blitzschnell wich sie aus und sprang auf den Angreifer zu. Mit einem Schrei ließ sie den metallenen Blindenstock auf seinen Schädel niedersausen. Wie eine Marionette, dessen Fäden durchtrennt wurden ging er zu Boden. Sofort war Linn über Barton und schlug ihm mit der Faust in das Gesicht. Sie merkte nicht wie die Knochen in ihrer Hand brachen. Clint zog ein Knie an seinen Körper und trat ihr gegen den Brustkorb. Sie wurde nach hinten auf den Tisch geschneudert, der unter der Wucht des Aufpralls zerbrach. Ein Schuss zischte an ihr vorbei, so nah das ihre Haare anfingen zu schwefeln. Sie schmiss sich zu Boden und zog einem der Wesen die Beine weg. Dann schlug sie mit einem Stein aus dem Trümmern auf ihn ein. Stöhnend rappelte sie sich auf, stürzte sich erneut auf ihn. Seine Faust traf sie im Gesicht und Blut schoss aus ihren Nasenlöchern. Sie griff nach einer der Scherben die am Boden lagen. Ein weiteres Wesen griff nach ihr, wollte sie weg zerren. Sie rollte herum und trat in den Brustkorb. Sie konnte hören wie die Rippen, oder was immer das Wesen besaß brachen. Dann drehte sie ihm das Genick um und brach ihm das Rückrad. Blut tropfte aus ihrer Handfläche so feste umklammerte sie die Scherbe. Sie war ihre einzige Waffe gegen den Feind. Sie zitterte am ganzen Körper, dann rannte sie erneut auf ihn zu. Sie stieß ihren Stock in den Fuß des Feindes. Als er sich krümmte trat sie ihm unter das Kinn. Sie hörte wie er nach hinten kippte. Dann ließ sie den Stock auf seinen Hals niederschnellen. Clint packte ihren Arm und drehte ihn nach hinten. Mit einem schmerzerfüllten Schrei ließ sie die Scherbe fallen. Sie stieß sich mit dem Beinen vom Boden ab, dreht sich nach hinten und riss Barton von den Füßen. Ein Letzter war übrig. Ungläubig hatte er mit angesehen wie Linn in weniger als einer Minute vier seiner Leute getötet hatte. Er schoss auf sie und Linn wurde von der Druckwelle, die sie traf nach hinten geschleudert. Linn knurrte und griff nach seiner Kehle, als er versuchte sie wegzuschieben, biss sie in seine Hand. Das Wesen sprang auf sie zu unglaublich schnell. Linn konnte nicht mehr, sie war am Ende. Mit letzter Kraft riss sie eine Eisenstange auf den Trümmern und rammte sie dem Feind in den Leib. Er fiel zu Boden. Eine Ohrfeige donnerte in ihr Gesicht. „LINN!“, brüllte Clint. Ihr Kopf flog zur Seite und das Klingeln in ihren Ohren ließ Schwindel aufkommen. Plötzlich war sie wieder in der Realität. Sie spürte die Schmerzen und das Blut, welches aus ihrer Nase tropfte. Es war als würde die Last der Welt über ihr zusammenschlagen und zitternd sackte sie zu einem Häufchen zusammen. „Entschuldigung.“, keuchte sie und dann kamen die Tränen, die sie seit einem Jahr versuchte zurück zu halten. Sie weinte. Sie bekam nicht mit wie Barton, auf dem sie noch immer hockte ihr beruhigend mit der Hand über den Rücken strich und die Agents, die in den Raum gestürmt kamen wegwinkte. Sie bekam nicht mit wie er sie aufhob und ins Bett legte und wie er mit ihr sprach. „Du hast Flashbacks.“, es war eine Feststellung keine Frage, denn er kannte die Symtome. Oft genug hatte er erlebt wie einem Agent zusammenbrach, bis es niemanden mehr möglich war die Teile seines Lebens zusammenzusuchen. Linn weinte noch immer als sie schließlich in einen traumlosen Schlaf fiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)