Sugar Sugar Rune - Sechs Jahre später (wird aktuell überarbeitet) von Anastasya ================================================================================ Kapitel 10: Aller guten Dinge sind drei? oder: Vanilla legt vor --------------------------------------------------------------- Die ersten Unterrichtsstunden zogen sich irre in die Länge. Es fiel mir wahnsinnig schwer, die Augen offen zu halten. Während die Minuten so dahinkrochen, stützte ich meinen Kopf in die Hände und wurde immer wieder von Sekundenschlaf durchgeschüttelt. Außerdem war mir schrecklich kalt. Vermutlich würde ich jetzt echt krank werden und dann war nur Lovin daran schuld. Es klingelte zur großen Pause und ich hatte wirklich das Gefühl, gleich vom Stuhl zu kippen. Vanilla kam an mein Pult und musterte mich besorgt. „Hey Choco-chan, alles ok?“ Ich nickte nur in dem vollen Bewusstsein, dass hier gar nichts okay war. Ich musste irgendwas tun! „Mensch, Vanilla, ich muss kurz zum Kiosk und mir 'nen Energy-Drink oder so holen, sonst penne ich gleich einfach ein. Ich bin sofort wieder da.“ Und mit diesen Worten peste ich auch schon los und ließ Vani einfach stehen. Wie automatisch trugen meine Füße mich raus aus dem Schulgebäude und runter vom Schulhof. Ich rannte wie eine Irre. Ein kleines Stück rechts die Straße runter, war eine kleine Tankstelle und durch die gläserne Eingangstür trat ich ein. Zielstrebig stellte ich mich vor das Regal mit den Energy-Getränken und griff mir wahllos vier Halbliter Dosen. Ich nahm einfach die billigsten. Schließlich wollte ich keinen speziellen Geschmack, sondern einfach nur nicht mehr so krass durchhängen. Dankbar nahm ich dem Verkäufer die Dosen ab, als er sie abkassiert hatte. Er wirkte noch ziemlich jung, vielleicht 19. Ich nahm ihn aber nur am Rande wahr, bis mir etwas auffiel: Sein Herz leuchtete orange. Es war ein helles Orange, aber es war orange. Ich musterte ihn genauer. Er lächelte und druckste irgendwie rum, während ich noch immer etwas verdattert vor ihm stand. Dann fragte er mich, ob ich nicht einmal mit ihm ausgehen wolle. Ich blinzelte überrascht. Was sollte ich dazu sagen? Ich wusste es nicht so recht und wollte gerade sein Herz einsacken, da hielt ich inne. Vielleicht sollte ich wirklich mit ihm ausgehen. So könnte vielleicht mehr als ein orangenes Herz für mich rausspringen. Kurzentschlossen lächelte ich ihn an und nickte. „Klar doch.“ Ich griff unbekümmert nach dem Kulli und einem der Lottoscheine, die auf dem Verkaufstresen auslagen und kritzelte meine Handynummer mit meinen Namen darauf. Dann drückte ich ihm den Schein in die Hand. „Bis dann.“, meinte ich noch keck und schritt gelassen zur Tür. Da hatte sich dieser kleine Ausflug ja direkt doppelt gelohnt. Doch, als ich durch die sauberen Scheibe des Eingangs blickte, geriet mir etwas ins Sichtfeld, was mich kurz aus den Latschen riss. Pierre! Schon wieder! Verfolgte er mich oder warum lief er mir ständig über den Weg? Das war doch nicht mehr normal. Wollte irgendeine höhere Macht mich hier verarschen? Pierre war nicht alleine, sondern offensichtlich mit einigen Kommilitonen unterwegs. Darunter auch das Mädchen, mit dem ich ihn beim Schuhekaufen gesehen habe. Sie klammerte sich an seinen Arm und lachte schrill, das hörte ich sogar durch das Glas. Klang wirklich bescheuert, total übertrieben. Sie kamen auf die Tür der Tankstelle zu und wollten offensichtlich rein. Ähmm, wie war das mit dem Verarschen? SOS, SOS! Ich wurde panisch und sah mich um. Scheiße, es gab nur diesen einen Ein- und Ausgang. Ich tat, als müsste ich meinen Schuh zuschnüren und bückte mich auf den Boden. Die Dosen stellte ich vor mir ab. Der Verkäufer reckte den Hals und musterte mich mit einer Miene irgendwo zwischen Irritation und Sorge. Der sollte jetzt bloß keine Aufmerksamkeit auf mich lenken. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die Glastür sich öffnete. Wenn sie jetzt reinkamen, dann konnte ich doch bestimmt unerkannt hinausschlüpfen. Ich richtete mich auf, stieß aber aus Versehen eine meiner Dosen weg. Sie rollte über den blanken Boden, bis sie schließlich von einem braunen Schuh gestoppt wurde. Mein Blick wanderte weiter hoch, über ein Hosenbein und dann erkannte ich einen von den Jungs, die eben mit Pierre über die Straße gelaufen waren. Mürrisch sah ich auf und griff danach. „Nimm deine Latschen weg!“, motzte ich ihn an und runzelte verärgert die Stirn, aber vermutlich wollte er mir gar nichts Böses, sondern eigentlich nur nett sein. Pff, konnte mir ja egal sein! Pierre, der den Arm um seine Freundin gelegt hatte, sah mich amüsiert an; nicht auf die nette Weise, eher als wäre ich eine erbärmliche Kakerlake. Ich überlegte kurz und wägte meine Möglichkeiten ab. Sollte ich einfach weglaufen oder stehen bleiben? Mich entschuldigen oder weiter wettern? Ich konnte gerade wirklich nicht beurteilen, was das Klügste war. Es war, als wäre mein Hirn im Stand-By-Modus. Aber ich konnte hier nicht einfach dämlich rumstehen. Fast automatisch machte mein Mund einfach, was er für das Richtige hielt. „Wenn man was aufheben will, macht man das entweder richtig oder man lässt es.“, fuhr ich Pierres Kumpel weiter an, schnappte mir die entflohene Dose und schlang meine Arme dann fester um meine Getränke. Dann machte ich auf dem Absatz kehrt, ohne von Pierre Notiz zu nehmen und versuchte, dabei eher würdevoll, als flüchtend zu wirken. Ob es mir gelang konnte ich wirklich nicht beurteilen. Ich war wahnsinnig froh, als ich in den Klassenraum zurückkehrte. Vanilla saß mit schüchternem Blick auf ihrem Pult und war von einem Pulk von Jungs umringt. Ich kämpfte mich durch die Gruppe hindurch, bis ich vor meiner besten Freundin stand und meine Dosen auf ihre Tischplatte knallte. „Abflug.“, befahl ich den Jungs barsch. Unzufrieden murrend zogen sie ab. War auch besser für sie. Vanilla strahlte mich an. „Choco, ich hab schon zwei orangene und ein violettes Herz. Damit hab ich schon die 2000 Ecru-Marke geknackt!“ Mist, dann hatte sie ja schon 3100 Ecru; und ich noch gar keine! Ich versuchte krampfhaft zu lächeln, schließlich war es ja schön für Vanilla. Ich freute mich für sie. Sogar ein lilanes Herz, wow. Vor unserem Koma hatten wir das beide noch nie. Bisher hatte ich das auch nur bei Lovin gesehen. Das war also tatsächlich ein Vorteil, wenn man 17 und nicht mehr 11 Jahre alt war. Mit 11 war leidenschaftliches Begehren noch kein Thema, jetzt dagegen schon. Schließlich war auch Sex allgegenwärtig. Besonders in unserem Alter. Ich musste mich unbedingt reinhängen, um nicht wieder meine Qualifizierung zu gefährden. Vielleicht bot sich ja eine Chance, wenn ich nachher mit Vanilla in die Stadt ging. Ich trank eilig eine Dose Energy leer, dann die zweite. Wie von Sinnen kippte ich mir das Gesöff, das offen gesagt nicht sonderlich gut schmeckte, in die Kehle und hoffte, dass es einfach schnell wirkte. Gleich hatten wir wieder wieder Mathe und gerade bei Frau Kanjuji wollte ich nicht schon wieder allzu negativ auffallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)