Ich komme nach Hause von Kittykate ================================================================================ Kapitel 1: Ich komme nach Hause ------------------------------- Sie stand am Fenster. Gedankenversunken. Ihre blauen Augen starrten den Mond an. Kein Blinzeln, kein Lidzucken. Ihre Augen hingen an dem weißgelben, vollen, runden Himmelskörper, der der Erde am nächsten stand und hing ihren Gedanken nach. Besorgt ruhten seine Augen auf ihr. Seit geschlagenen zehn Minuten stand sie am Fenster. Er hatte sie kommen hören. Ursprünglich wollte er sich bei ihr erkundigen, wie ihr Treffen mit ihm gelaufen war, doch in anbetracht ihrer Verfassung blieb er im Türrahmen stehen und beobachtete sie stumm. Er wollte etwas sagen, ihr eine Schulter zum Anlehnen bieten, aber er rief sich zur Vernunft. Sie war kein kleines Mädchen mehr. Im Gegenteil sogar. Und auch wenn er es nicht gerne zugab, war sie doch zu einer jungen Frau herangewachsen. Wie sehr sie die letzten Jahre doch geprägt hatten und wie schnell sie nun erwachsen wurde. Er ballte seine Hand zur Faust. Ihre Veränderung konnte nur mit ihm zu tun haben. Wer sonst sollte dafür verantwortlich sein. Zu oft in den letzten Jahren fand er sie in dieser Verfassung vor. Nur da war auch immer der Knirps zur Stelle um sie wieder aufzumuntern. Er schluckte. Seit gestern war der Junge weg. Kudos Eltern hatten ihn abgeholt und mit nach Europa genommen. Warum so plötzlich konnte er immer noch nicht nachvollziehen, aber es war nun mal so. Natürlich ging ihr der Abschied des Zwergs nahe. Er war für sie ein kleiner Bruder. In den letzten Jahren hatte sogar er, Kogoro Mori, sich an die kleine Nervensäge gewöhnt. Zu gerne würde er auf sie zu gehen, aber er senkte den Kopf und wandte sich ab. Dann verschwand er zur Tür hinaus und ließ sie alleine am Fenster stehen. Als er ging, atmete sie kurz auf und schon traten die ersten Tränen in ihre Augen. Sie spürte, dass ihr Vater sich um sie sorgte, aber jetzt konnte er ihr nicht helfen. Die ersten Tränen lösten sich als sie an die Geschehnisse dachten, die sich seit Conans Abreise überschlugen. *** Wieder mal stand Ran vor der großen Villa am Eingangstor und blickte zum dem weißen Gebäude empor. Sie wusste nicht, warum sie hier stand. Sie verstand nicht wieso ihre Füße sie hierher gebracht hatten. Aber nun war es so und sie starrte hinauf. Sie konnte immer noch nicht glauben was sie sah. Das Tor war offen und ein Mietwagen stand in der großen Auffahrt. Seit wann empfing Professor Agasa denn Besuch in der Villa? Zögerlich setzte sie einen Schritt in die Auffahrt und ging dann neugierig die Einfahrt entlang zum Anwesen ihres langjährigen und besten Freundes. Sie näherte sich rasch dem Haus vor dem der Leihwagen parkte. Neben dem Auto blieb sie stehen, warf einen kurzen Blick durch die Seitenfenster hinein, als die Haustür aufging und eine Frau lachend aus dem Haus heraustrat. Ihr folgte ein Mann und der Professor. "Dann ist das geklärt, Professor. Vielen Dank, dass Sie sich hier um alles gekümmert haben", bemerkte der Mann und erstarrte im nächsten Augenblick, als er das braunhaarige Mädchen vor sich stehen sah. Ran betrachtete überrascht die Erwachsenen und schluckte. Ein Frosch setzte sich in ihrem Hals fest. "Herr und Frau Kudo", brachte sie krächzend hervor. Shinichis Eltern waren hier und nicht mehr in Amerika. Aber warum... Conan trat heraus. "Mama, Papa." Alle Augen richteten sich auf den Grundschüler, der an Professor Agasa vorbeiging und im nächsten Moment erkannte der Junge selbst, wer da vor ihm und seinen Eltern stand. Erst erstarrte er innerlich, doch dann lächelte er seine beste Freundin an. "Hallo Ran." Er drehte sich seinen Eltern zu und sagte: "Mama, Papa, ich freue mich sie endlich wieder zu sehen." Er sah wieder zu seiner besten Freundin auf und erkannte ihren verwirrten Gesichtsausdruck. "Weißt du, Ran, Shinichis Eltern nehmen mich mit nach Europa. Sie machen bei meinen Eltern Urlaub, ehe sie wieder nach Amerika gehen." Es war ein Schlag ins Gesicht. Diese Nachricht kam so plötzlich und so überraschend, dass es ihr die Sprache verschlug. Doch sie sah sein, dass es das beste für das Kind war. Immerhin war er noch so klein. Sie schluckte die Tränen hinunter, nickte und schaffte sogar ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern. *** Ihre Augen senkten sich und zitternd wischte sie sich über ihre Tränenbenetzten Wangen. Dummerweise versiegte der Fluss nicht und mehr und mehr Tränen kullerten über ihre weichen Wangen. Sie atmete tief ein und aus, versuchte ihr Zittern wieder unter Kontrolle zu bringen. Aber ihre Gedanken überschlugen sich. Aufgeregt pochte ihr Herz in ihrer Brust. *** Am Abend des Abschieds klingelte Rans Handy. Zuerst wollte sie das Gespräch nicht annehmen, aber der Anrufer war Shinichi. Sie überlegte, wie lange sie nichts mehr von ihm gehört hatte. All die Wut und die Trauer nahmen überhand. Sie schnappte sich ihr Handy, nahm das Gespräch entgegen und schnappte wütend: "Weißt du eigentlich wie spät es ist?" "Ich dachte du freust dich über meinen Anruf", kam die Antwort. Seine Stimmlage klang beleidigt. "Aber wenn du nur streiten willst, dann leg ich wieder auf." "Du Idiot", fauchte Ran wütend ins Telefon. "Du hast dich so lange nicht mehr gemeldet." "Ich weiß, ich war an dem Fall dran und er ist gelöst." Eine kurze Pause entstand. Ran hörte ihn leise atmen. Sie glaubte schon, dass er nichts mehr zu sagen hatte, als er wieder begann: "Ich komme nach Hause. Hast du morgen Zeit? Ich möchte dich sehen." Ran schluckte, umfasste das Handy fester und presste es an ihr Ohr. Sie konnte seine Worte kaum glauben. Konnte es wirklich wahr sein? Kam er wirklich zurück? "Wann?" "Möchtest du frühstücken? Professor Agasa hat den Brunch auf zehn gelegt." "Ja", sie schluckte. Also würde sie wieder zu ihm nach Hause gehen. Shinichi lachte kurz auf. "Dann sehen wir uns morgen. Schlaf gut, Ran." Wieder entstand eine kurze Pause. Ran hatte den Eindruck, als wollte er ihr noch etwas sagen, doch dann legte er auf. Verwirrt und von ihren Gefühlen überrannt starrte sie ihr Handy an. Shinichi war zurück. In wenigen Stunden würde sie ihn wieder sehen. Es schien immer noch so unreal. Mit gemischten Gefühlen ging sie ins Bett, stellte sich den Wecker und schlief überraschenderweise auch schnell ein. Am nächsten Morgen zog sie sich ein weißes Sommerkleid an, schlüpfte in ihre weißen Ballerinas und schnappte sich ihre Handtasche. Ihr Vater schlief noch, darum hatte sie ihm nur eine Nachricht hinterlassen, dass sie unterwegs war. Mit Herzrasen und feuchten Fingern ging sie die wenigen Straßen entlang, die die Detektei von der Villa ihres besten Freundes trennten und fand sich um zwei Minuten vor zehn vor dem Tor ein. Sie klingelte einmal, dann ertönte schon der Summer. Sie atmete noch einmal durch, versuchte sich innerlich zu beruhigen, aber sie war zu aufgeregt. Lange hatte sie ihn nicht mehr gesehen und bis auf die seltenen Anrufe seinerseits bestand kaum Kontakt zwischen ihnen. Dabei waren sie vor einigen Jahren noch unzertrennlich gewesen. Sie ging die lange Einfahrt hin zur Haustüre und schon öffnete sich diese und ein junger Mann trat heraus. Er trug eine Jeans und ein weißes Hemd. Eine Hand war in seiner Hosentasche versteckt, während seine braunen Haare immer noch ungebändigt aussahen. Ihr Herz machte einen Hüpfer, als sie ihren Shinichi erkannte, und sie legte einen Zahn zu. Unbewusst beeilte sie sich schneller zu ihm zu kommen. Shinichi blickte sie an mit seinen blauen Augen. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, während er seine freie Hand hob, wie zum Gruß. Die Braunhaarige erreichte ihn wenige Schritte später und blieb vor ihm stehen. Sie strahlte übers ganze Gesicht, während sie ihren besten Freund aufmerksam betrachtete. Er sah kaum verändert aus. Ihr Herz hüpfte erfreut in ihrer Brust auf und ab und eine Wärme breitete sich rasend schnell in ihrem Körper aus. Ohne darüber nachzudenken überbrückte sie den kleinen Abstand zwischen ihnen und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Schon drückte sie sich fest an ihn, während sich einige Tränen nicht verhindern ließen. Sie war froh ihn endlich wieder zu sehen, ihn wieder bei sich zu wissen. Sie spürte, wie Shinichi ihre Umarmung erwiderte und sie im nächsten Moment fest an sich drückte. Sein Gesicht vergrub er an ihrer Schulter in ihrem offenen Haar und verstärkte seine Griff um das Mädchen. "Shinichi?" Überrascht über diese fremde Frauenstimme öffnete Ran ihre Augen und blickte in ein hübsches Gesicht von blondbraunem Haar eingerahmt. Die braunen Augen blickten direkt in Rans blaue Augen. Die Frau war ein Stückchen größer als die Oberschülerin, schlank und wirkte sehr erwachsen für ihr Alter. Eine Frage schoss ihr in diesem Moment durch den Kopf und ehe sie diese überhaupt stellen konnte, ahnte sie bereits wer hier vor ihr stand. Ran spürte wie Shinichi die Umarmung löste und sich von ihr ein Stück entfernte. Er drehte sich seitlich und deutete auf die schöne junge Frau. "Ran, das ist Shiho. Shiho, das ist meine beste Freundin, Ran Mori." Shiho setzte sich in Bewegung und ging auf Ran zu. Aufmerksam ruhten die Augen der Braunhaarigen auf der Schönheit und unsicher blickte sie zu Shinichi. Die Mädchen reichten sich die Hände. Die blondbraune Frau blickte von Ran zu dem Detektiv. "Essen ist fertig." Shinichi nickte. "Dann lasst uns hinein gehen." Wenig später begrüßte Ran auch den Professor und sie setzten sich zusammen an den reichlich gedeckten Frühstückstisch. So hatte sie sich das Frühstück ganz und gar nicht vorgestellt. Sie beobachtete Shinichi und Shiho, die mehr als vertraut miteinander umgingen, während der Professor fröhlich alte Geschichten erzählte. Ran senkte ihren Blick und widmete ihre Aufmerksamkeit dem Teller vor sich, aber richtigen Hunger verspürte sie nicht mehr. Stattdessen keimte ein kleines, beißendes Gefühl in ihr auf, das ihr immer lauter zuflüsterte, dass diese Frau mehr für Shinichi war, als eine Bekannte. War sie vielleicht sogar der Grund, warum er sich so lange nicht mehr bei ihr gemeldet hatte? "Aber Ran, was ist denn mit dir los? Du bist so schweigsam", dem Professor entging nicht, wie still der Gast war und mit seiner Aussage zog er auch die Aufmerksamkeit der anderen beiden auf die Braunhaarige. Ran blickte kurz auf und begegnete dem besorgten Blick ihres Sandkastenfreundes, ehe sie den Professor anlächelte. "Mir fehlt Conan. Es ist so langweilig ohne ihn." Ihr entging nicht wie der Professor Shinichi anblickte. Sie blickte nun auch wieder zu dem Detektiv, der nach wie vor seine Augen auf sie gerichtet hatte. Nach einem kurzen Blick zu Shiho, senkte diese auch schon die Augen und konzentrierte sich auf ihr Frühstück. Skepsis breitete sich in Ran aus und sie sah wieder zu ihrem Kindheitsfreund. Ein Verdacht keimte in ihr auf. All die Zeit, sie hatte mehrmals den Verdacht gehegt, aber er hatte ihn immer wieder zerstreut. Sollte sie doch nicht so falsch gelegen haben? Sie zog ihre Hände auf ihren Schoß zusammen und begann unsicher mit ihren Fingern zu spielen. Ihre Augen ruhten auf dem jungen Mann. Shinichi öffnete den Mund, wollte etwas sagen, und schloss ihn dann wieder. Ein Gefühl in ihr bestätigte ihren Verdacht. Sie hielt den Blick auf ihn gerichtet. Fest und entschlossen. "Conan gibt es nicht, nicht wahr?" Nicht mehr als ein hauchen, dennoch hatte jeder der Anwesenden die Worte verstanden. Ein kurzer Blick zu Professor Agasa, der nun auch betroffen den Kopf senkte, bestätigte ihr alles. Wieder richtete sie ihren Blick auf Shinichi. "Darum hast du dich so selten gemeldet. Darum hast du nie gefragt wie es mir geht." Sie verstand nicht wie es sein konnte, dass er es war. Der kleine Junge, der ihrem Freund von Anfang an so ähnlich sah, war ihr bester Freund gewesen. Die gesamte Zeit über. Shinichi schluckte. Aber er saß ihr stumm gegenüber. Wollte er sie nicht aufklären? Rans Augen wichen zu Shiho. Woher kannte er sie, wenn er die gesamte Zeit bei ihr wohnte? Sie betrachtete die Mittelblonde aufmerksam. Sie kam ihr bekannt vor, aber sie wusste nicht woher. Shiho blickte auf und direkt in Rans Augen. "Du hast Recht, Ran. Conan gibt es nicht wirklich. Und Ai Haibara auch nicht." Ran versteifte sich. Sie war die kleine Ai gewesen? Unsicher blickte sie zu Shinichi, der sie nach wie vor stumm ansah. "Du hast mich jedes Mal von meinem Verdacht abgelenkt." Tränen schossen ihr in die Augen. "Du hast mich angelogen." Die ersten Tränen lösten sich und kullerten über ihre Wange. "Du hast mich die gesamte Zeit über angelogen." Ihre Stimme brach. Sie stand auf und flüchtete aus dem Esszimmer, durch den Flur und hinaus in die Einfahrt. Kaum war sie einige Schritte an der frischen Luft, erklang seine Stimme hinter ihr. Die Stimme, die sie so sehr liebte. Die Stimme, die sie so sehr vermisste. "Ran, warte!" Sie hatte lange genug gewartet, dennoch blieb sie stehen. Ihre Tränen flossen unaufhaltsam ihre Wangen hinab. Umdrehen würde sie sich nicht. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. "Wozu noch warten? Glaubst du nicht auch, dass ich lange genug gewartet habe?" Ihr wurde bewusst, dass er die letzten Monate immer an ihrer Seite war. Sie haben zusammen in einem Bett geschlafen. Er hatte sie aufgeheitert, wenn sie wieder mal über Shinichis Unzuverlässigkeit traurig war. Ihm hatte sie gesagt, dass sie Shinichi liebte. Er war mit ihr baden. Bei jedem weiteren Gedanken nahm ihre Gesichtsfarbe einen rötlicheren Ton an, bis sie am Ende einer überreifen Tomate glich. "Lass es mich erklären." Seine Stimme klang so nah. Mit einem Mal wurde sie richtig wütend. Die Tränen versiegten so schnell wie sie gekommen waren. Wutentbrannt drehte sie sich auf dem Absatz um und blitzte ihn an. "Was willst du mir erklären?! Wie du mich schamlos ausgenutzt hast? Ich habe Conan", sie schluckte. "Ich habe dir vertraut, dir Dinge erzählt, die ich dir niemals gesagt hätte und...", sie pausierte wieder, denn ihr schoss der Gedanke an ihr gemeinsames Bad durch den Kopf. "Spanner", fauchte sie knallrot. Shinchi zuckte zurück. "Ran, lass uns reingehen. Ich erzähle dir alles, aber bitte nicht hier draußen", drängte er sie flehend. Seine blauen Augen waren einfach nur auf sie gerichtet. Sie hatte jedes Recht sauer auf ihn zu sein. Er war nicht ehrlich zu ihr gewesen. Ran war versucht einfach zu gehen, aber dann würde sie niemals die Wahrheit erfahren. Schließlich nickte sie zu und gemeinsam gingen sie zurück ins Haus. *** Er hatte ihr alles erzählt. Von der Organisation, dem Gift, welches ihn geschrumpft hatte, seiner Suche nach dem Gegengift und wie er Shiho kennenlernte. Es war so unreal und doch sagte er die Wahrheit. Seine Augen zeigten die Ehrlichkeit in seinen Worten. Professor Agasa und auch Shiho stimmten in die Geschichte mit ein. Es war längst Abend, als Ran gegangen war. Seit dem hatte sie nichts mehr von ihm gehört oder gesehen. Ein trauriges Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Sie lehnte ihre heiße Stirn an das kühle Fensterglas und schüttelte über sich selbst den Kopf. Was hatte sie denn auch anderes erwartet? Immerhin bat sie ihn um eine Auszeit. Sie wollte ihn nicht sehen, nicht hören und alles erst einmal für sich verarbeiten. Dennoch erhoffte sie sich, dass er sich ihrem Wunsch wiedersetzte. Aber so war er nun mal. Er respektierte sie, ihren Wunsch und würde sich nicht melden. Nicht bevor sie ihm ein Zeichen gab. "Du Idiot", hauchte Ran ihrem Spiegelbild zu. "Er ist wieder hier und was machst du? Stößt ihn einfach von dir weg und bittest ihn in der Nähe einer wunderschönen Frau zu bleiben." Die Braunhaarige wusste nicht, ob Shiho für sie eine Konkurrenz war. Die beiden teilten sich die Vergangenheit, die schrecklichen Erlebnisse, aber würden sie sich auch noch mehr teilen? Die gesamte Zeit war sie sauer auf ihn gewesen, dabei hatte er sich alle Mühe gemacht, ihr das zu erklären. Seine Gründe waren so einfach wie nachvollziehbar. Er habe ihr nichts gesagt, weil er sie beschützen wollte. Er hätte es sich niemals verzeihen können, wenn ihr etwas zugestoßen wäre. Zum ersten Mal in dieser Nacht fiel ihr die Straße unter ihr bewusst auf. Eigentlich war immer etwas los, aber seltsamerweise war es heute draußen still und menschenleer. Ihre Augen blickten auf die gegenüberliegende Straßenseite und nun fiel ihr der dunkle Schatten auf, der am Zaun des Nachbargebäudes lehnte. Sie zwinkerte ihre Tränen weg um schärfer zu sehen. Kein Zweifel er war es. Und es schien ihr, dass er direkt zu ihr hinauf blickte. Auch wenn sie sein Gesicht in der Dunkelheit nicht sehen konnte, so spürte sie seine Augen auf sich. Wie lange stand er dort schon? Warum hatte er nichts gesagt? Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Mit einem Mal schien alles vergangene vergessen zu sein. Ihr wurde schlagartig klar, dass es um ihre Zukunft ging. Die Vergangenheit war gestern. Nur die Gegenwart und die sich daraus entwickelnde Zukunft zählte. Sie würde nicht den Fehler machen und ihn ein weiteres Mal gehen lassen. Nie wieder wollte sie ihn missen. Abrupt drehte sie sich vom Fenster weg, eilte durch die Wohnung und schnappte sich ihren Hausschlüssel. Fest entschlossen dieses Mal alles richtig zu machen, zog sie die Wohnungstür hinter sich zu und eilte die Treppen hinab. Wenig später öffnete sie die Haustür und eine eisige Kälte schlug ihr entgegen. Auch wenn es noch Spätsommer war, so wurden die Nächte bereits deutlich kühler. Sie blickte über die Straße. Er musste bereits komplett durchgefroren sein. Shinichi hatte sie bemerkt, denn er begann sich zu bewegen. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass wirklich kein Auto kam, überquerte er die Straße. Seine Hände in den Hosentaschen versteckt, schlenderte er auf sie zu. Sie sah ihm an dass er fror. So ein Idiot. Er hätte doch etwas sagen können. Trotz ihres Vorhabens alles richtig zu machen, funkelte sie ihn böse an, kaum dass sie ihm ins Gesicht sehen konnte. "Idiot! Du holst dir hier draußen noch eine Lungenentzündung." Unsicher blickte er sie an und je näher er ihr kam, desto schneller erkannte sie dass er leicht zitterte. "Wenn sich die Warterei gelohnt hat, nehme ich das in Kauf." Ran schüttelte den Kopf. "Komm erstmal mit rein." Schon drehte sie sich um und schloss die Haustüre auf. Im Hausgang war es deutlich wärmer und Shinichi rieb sich über seine Arme, während er sich verlegen umsah. Die Oberschülerin ahnte, dass es für ihn ein komisches Gefühl sein musste. Er war jeden Tag die Treppen zur Wohnung hinaufgestiegen, aber immer als Conan, selten als Shinichi. "Du bist viel zu leichtsinnig. Warum hast du nicht gesagt, dass du hier bist. Ich hätte dich doch reingelassen." Fast schüchtern suchten seine Augen die ihren. Zögernd begann er: "Hättest du? Du wolltest mich weder sehen noch hören", erinnerte er sie an ihre eigenen Worte. Ran trat auf ihn zu, ließ ihn nicht aus den Augen. "Wie lange standest du dort schon?" Auch wenn sie immer noch sauer war, und das war sie wegen ihrer Sorge um ihn, trat ein sanfter Ausdruck in ihr Gesicht. "Eine Weile", gestand Shinichi leise. Sie kam noch ein Stückchen näher. "Du bist nicht bei ihr", stellte sie erleichtert fest. Er schüttelte seinen Kopf, seine Augen in ihren versunken. "Nein, sie ist nur eine Freundin." Shinichi schluckte. "Es gibt ein Mädchen, das mir viel mehr bedeutet." Noch ein Schritt näher und sie sah zu ihm auf. Ein Blatt Papier passte noch zwischen die beiden Körper, sonst nichts. "Seit wann sind Sie an einem Mädchen interessiert, Herr Detektiv?" Er legte seine Arme um sie und drückte ihren Körper gegen seinen. Allerdings brach keiner von ihnen den Blickkontakt ab. "Schon lange, bevor das Unglück im Tropical Land seinen Lauf nahm." Er pausierte, holte tief Luft und gestand ihr das, was er schon vor langer Zeit hätte tun müssen, sich aber nie getraut hatte. "Ich liebe dich, Ran. Du bist meine beste Freundin, aber irgendwann, ich weiß nicht mehr wann, bist du mehr für mich geworden. Ich wollte es dir schon so oft sagen, aber nie fand ich den Mut dazu." Sie blickte ihm in die blauen Augen und versank darin. Ihr Herz pochte wohlig gegen ihre Rippen und ihr Magen kribbelte, als hätte jemand einen ganz Schwarm Schmetterlinge hineingesetzt. Sanft legte sie eine Hand an seine Wange und lächelte ihn an. "Ich liebe dich auch, Shinichi." Sie stupste ihn gegen die Nase. "Aber das weißt du ja bereits." Er lächelte sie liebevoll an, drückte sie fester an sich und senkte seinen Kopf zu ihr hinab. Langsam näherte er sich ihren Lippen und schon verschlossen sie ihre zu einem sanften Kuss, den Ran zu gerne erwiderte. Allerdings hielt der Moment nicht lange, denn Shinichi löste sich plötzlich und unterdrückte einen Nieser. Sie griff nach seiner Hand. "Ich mach dir einen Tee, denn ich habe keine Lust dich gleich zu Anfang unserer Beziehung gesund pflegen zu müssen." Schon zog sie ihn mit sich die Treppe hinauf. "Du sturer Idiot musst auch in der Kälte stehen." "Weil du sturer Idiot mich nicht sehen wolltest. Wie hätte ich mich sonst überzeugen sollen, dass es dir gut geht", wiedersprach Shinichi ein wenig beleidigt, aber nachdem Ran ihm ein versöhnliches Lächeln schenkte, war er auch wieder milde gestimmt. "Du hast dir Sorgen um mich gemacht?" "Natürlich, immer und zu jeder Zeit", antwortete Shinichi ehrlich und folgte ihr in die Wohnung. Sie gingen zusammen in die Küche. Kaum war das Wasser für den Tee aufgesetzt, zog der Detektiv seine Sandkastenfreundin in seine Arme und drückte ihr einen erneuten Kuss auf die Lippen. "Du weißt schon, dass du mich ab jetzt nicht mehr los wirst." "Das will ich dir auch geraten haben, Kudo", drohte Ran lächelnd an seinen Lippen und zog ihn wieder an sich, nur um ihn in einen erneuten Kuss einzufangen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)