Die Trauerweide von Gurgi ================================================================================ Kapitel 9: Was sollt ich sagen da mein Glaube starb, und die Wahrheit mein Freund die floh vor dir ins Grab... -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Was sollt ich sagen da mein Glaube starb, und die Wahrheit mein Freund die floh vor dir ins Grab... Funken stoben in den Nachthimmel, flackerte kurz auf, als bäumten sie sich gegen ihr verglühen, gegen ihr Ende auf. Holz knackte laut, ein beißender Geruch lag über der winzigen Lichtung... Kleine Flecke Blut glitzerten im Licht des Mondes...dunkel, kalt. Der Regen hatte nicht alles fortspülen, hatte nicht alle Schatten und allen Schmerz mit sich nehmen können. Ayesha sah ihre Umwelt durch einen dicken Tränenschleier, verschwommen, verklärt war ihr Blick. Ihre Augen brannten, waren gerötet von den langen Stunden die sie geweint hatte. Ihr Kopf war leer, wie ein ausgetrockneter See, ihre Gedanken waren erloschen. Sie fühlte nichts, nichts, nur eine große gähnende Leere in sich. "Wido," dachte sie und neue Tränen bahnten sich den Weg ihre Wangen hinab. "Warum? Warum?" schrien ihre Gedanken, doch sie verhallten ungehört.Für einen kurzen Augenblick richtete sich ihr Blick hinauf in den Himmel. Sterne funkelten zwischen den letzten dunklen Wolken hervor, der Nachtwind fuhr ihr durchs Haar, ließ ihre Tränen trocknen und rauschte durch das Blattwerk der Bäume. "Warum?" fragte sie sich erneut, doch sie wußte, niemand konnte ihr sagen, warum das Schicksal oftmals grausam und unberechenbar zuschlug. Warum es so kalt sein konnte, dass es jemanden straffte, der eine solche Straffe nicht verdient hatte. Ayesha atmete tief durch, doch immer noch entwich ihr Atem ihrer Kehle zitternd. Niemals würde sie diesen Anblick vergessen können...Niemals. In ihrem Magen stieg eine nie gekannte Übelkeit auf, als sie sich an das erinnerte, was ihre Augen erblickt hatten. Blut, überall Blut, der Körper Widos hatte leblos im kalten Regen gelegen. Seine Hand, vom Körper abgetrennt. Wunden, so viele Wunden, seine Augen, ausdruckslos,leblos hatten sie in den Himmel geblickt. Ayesha schlug bei diesen Erinnerungen die Hände vor ihr Gesicht, versuchte diese Bilder aus ihrem Kopf zu verdrängen, versuchte sie zu vergessen. Sie fühlte sich schuldig, was wäre gewesen, wenn sie bei ihm geblieben wäre? Hätte sie ihm helfen können? Wäre er dann noch am leben? Hätte er nicht soviel leiden müssen? Was wäre gewesen, wenn sie nicht so feige gewesen wäre? "Ich würde jetzt neben ihm liegen," dachte sie und verzog ihren Mund vor Bitterkeit und Trauer, ihre Augen richteten sich auf das Feuer, sanft fraß es sich durch Widos Körper, umhüllte ihn mit seinem Schein und seiner Wärme. Rauch stieg auf und wurde von dem Wind in alle Richtungen auseinander gewirbelt, seine Seele wurde in alle vier Winde verstreut. Langsam ging Ayesha näher an den Scheiterhaufen, den Ryan mit der Kraft der Verzweiflung errichtet hatte, hinüber. Noch einmal schweifte ihr Blick über den Körper Widos, er sah so friedlich in diesem Moment aus, nichts zeugte mehr von dem Leid und dem Schmerz, dass seine Gesichtszüge gefangen gehalten hatten, es war wie fort gespült. Müde schloß Ayesha ihre Augen. "Lebewohl," wisperte sie und sah noch einmal in Widos Gesicht. Ruckartig drehte sie sich um, als die Flammen über Wido zusammen schlugen wie die Schwingen eines Vogels, ihn aufnahmen in ihren Frieden, in ihre Stille. Leise hörte sie Loba jaulen, schon seit Stunden klagte sie der Welt auf diese Weise ihr Leid, ließ die Welt wissen, was ihr widerfahren war. Wie tausend Stiche bohrte sich dieses Klagelied in Ayeshas Kopf. Soviel Leid lag in diesem Gesang, soviel Schmerz. Sie öffnete ihre Augen und sah zu Loba hinüber, sie hatte ihren Kopf leicht angehoben, der Blick des Tieres war hinauf zum Himmel gerichtet, und sie sang, sang für ihren Herren. Neben ihr saß Ryan. Sie hatte ihre Arme um die Knie geschlungen und wiegte mit ihrem Oberkörper leicht vor und wieder zurück, wie zu einer leisen Melodie. Schon seit Stunden saß sie so da, apathisch, nicht in der Lage das Geschehene zu realisieren. Sie hatte geschrien, daran konnte sich Ayesha erinnern, hatte ihren Schmerz hinaus geschrien, hatte den leblosen Körper Widos in ihren Armen gehalten. "Wach auf du verdammter Kerl," hatte sie immer wieder und wieder geschrien. "Laß mich nicht alleine..." Dieser Aufschrei hallte immer noch in Ayeshas Ohren wieder, verursachte, dass sich ihre Kehle schmerzhaft zusammen zog. "Laß mich nicht alleine." Doch Ryan hatte nicht geweint, nicht eine einzige Träne war aus ihren Augen entwichen, stumm war sie geworden. Ein entsetzliches Schweigen hatte sie erfasst, schon seit Stunden saß sie so da, wie ein verängstigtes kleines Kind. Nachdenklich starrte Ayesha in ihr verschlossenes Gesicht, keine Gefühlsregung huschte über ihr Antlitz, nur ihre Augen verrieten sie. Schmerz lag in ihnen, eine Art von Schmerz, welchen Ayesha nur zu gut kannte. Vorsichtig nährte sie sich Ryan, doch sie schien sie überhaupt nicht wahr zunehmen. Loba verstummte kurz und blickte Ayesha aus ihren traurigen grünen Augen an... Sanft strich Ayesha der Wölfin über ihren Kopf. Das struppige Haupt des Tieren senkte sich leicht, als habe es plötzlich Angst. Angst vor einer menschlichen Hand, da es erblickt hatte, wozu solche Hände in der Lage waren. Seufzend ließ Ayesha ihre Hand sinken, sie konnte die Reaktion Loba's gut nachempfinden, jedoch, es versetzte ihr einen kleinen Stich. Ein leises Geräusch drang an ihre Ohren, ein Wispern. Leicht wippte Ryan mit ihrem Oberkörper hin und her, ihr Mund formte Worte, doch sie entrannen nicht ihrer Kehle...nur ein erstickter Laut war zu hören. Mitfühlend blickte Ayesha Ryan an. Verlust und Schmerz spiegelte sich in ihren Augen wieder, doch da war noch etwas, Schuld. Ja, Ayesha glaubte Schuld in ihren Augen lesen zu können. Sanft legte sie Ryan eine Hand auf die Schulter, doch es war, als würde man Luft berühren. Ryan reagierte nicht. "Ryan," erst jetzt bemerkte Ayesha das ihre Stimme noch immer zitterte. "Ryan?" auch dieses mal reagierte sie nicht, ihre Augen waren starr auf den Scheiterhaufen gerichtet. "Verdammt, rede doch endlich," schrie Ayesha, die diese Stille um sich nicht mehr ertragen konnte. "Ryan, bitte, bitte, sag doch etwas." Kurz schlossen sich die Augen Ryans, Ayesha spürte, wie ein Beben ihren Körper durchflutete wie ein Blitz, ihre Unterlippe zitterte leicht. "Tot, er ist, nein, ich bin schuld, ich bin schuld, Tot." stammelte sie und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Langsam kniete sich Ayesha neben Ryan und sah sie fest an, dieses Wesen, so rau und unverwüstlich Ryan auf sie gewirkt hatte, so zerbrechlich und schwach war sie in diesem Moment. Sanft legte Ayesha einen Arm um Ryans Schultern und zog sie an sich, für einen kurzen Moment wehrte sich Ryan, ihr Körper verspannte sich, wurde steif in Ayesha's Armen, doch dann gab sie ihre Gegenwehr auf, sie hatte keine Kraft mehr dazu. "Ich habe ihn getötet, ich, nur wegen mir, ich bin schuld, Wido," schluchzte sie und barg ihr Gesicht an Ayeshas Hals. Ayesha fühlte den heißen Atem Ryan's auf ihrer Haut und sie schluckte hart, sanft strich sie ihr über ihr Haar, flüsterte beruhigende Worte, doch die Anspannung wich nicht aus Ryans Gliedern, wollte sie nicht frei geben. "Ich bin schuld," raunte Ryan durch zusammen gepreßte Zähne. "Ich habe ihn getötet." Erschrocken riß Ayesha ihre Augen auf, und nahm Ryan's Gesicht zwischen ihre Hände. Ihre Augen begegneten sich, Schmerz, Schuld, Trauer, all das vermischte sich in den Augen Ryans zu einer häßlichen Fratze. Sanft strich Ayesha ihr mit dem Daumen ihrer Hand über die Wange. "Nein," sagte sie und versuchte ihre Stimme fest und sicher klingen zu lassen, es mißlang ihr. "Du bist nicht schuld, du." "Natürlich bin ich schuld," schrie Ryan so laut sie konnte und riß sich von Ayesha los. "Nur wegen mir liegt er jetzt da. Was glaubst du wer schuld ist? Katlar? Nein, nur wegen mir war er hier, nur wegen mir, nur weil ich, weil ich, nein," ihre Stimme verwandelte sich in ein Schluchzen, ihre Knie zitterten. Ayesha sprang auf, umfing Ryans Körper und sank zusammen mit ihr wieder hinab in das kühle Gras. Kraftlos lag sie in ihren Armen, zitterte und bebte am ganzen Körper. "Wer ist er?" fragte Ayesha und ihre Stimme war so scharf wie die Klinge eines Messers. "Was will er von dir?" Ein lautes Lachen durchschnitt die Stille der Nacht, entgeistert starrte Ayesha Ryan an, die in ihren Armen lag und begonnen hatte fast schon hysterisch zu lachen. "Was er will?" fragte Ryan, löste sich aus Ayesha's Armen und suchte deren Augen. "Er will mich, so einfach ist das, er will mich," stieß sie krampfhaft hervor und lachte erneut. "Aber," brachte Ayesha hervor, doch als sie den Blick in Ryan's Augen bemerkte schwieg sie augenblicklich. "Aber was," spie sie aus und ihre Stimme wurde kalt. "Warum er das alles tut? Warum er mich schon so lange jagt, als wäre ich ein Tier?" Sie lachte kalt und fixierte Ayesha mit ihren Augen wie ein Katze einen Vogel. "Hast du jetzt Angst?" fragte sie und kam näher. Ayesha spürte wie sie unruhig wurde, jeder Muskel in ihrem Körper spannte sich. Ryans Gesicht war kaum mehr eine Fingerlänge von dem ihrem entfernt. Sie spürte ihren Atem auf ihrer Haut und ein Schauder jagte ihren Rücken hinab. "Warum tust du das jetzt?" fragte sie und erwiderte den Blick Ryan's so fest und bestimmt wie sie konnte. "Warum versuchst du mir jetzt Angst einzujagen?" Ryans Mundwinkel begannen leicht zu zucken, sie lächelte. "Weil du jetzt Angst haben solltest, Kleine," erklärte sie und schüttelte ihren Kopf. "Du weißt ja überhaupt nicht, mit wem du es zu tun hast, du weißt überhaupt nicht wie groß die Gefahr eigentlich für dich ist, du weißt überhaupt nichts," ihre Stimme schwankte und sie brach ihren Satz ab. Wut vibrierte in Ayeshas Nerven, als sie in das Gesicht Ryan's blickte, sie ballte ihre Hände zu Fäusten. Fest, damit sie nicht die Kontrolle über ihr Handeln verlor, weiß traten ihre Fingerknöchel hervor. "Du," zischte sie und verzog verächtlich ihren Mund. "Hör endlich auf mit diesen Spielchen, hör endlich auf damit, ich habe in seine Augen gesehen, habe gesehen, zu was er in der Lage ist. Erzähl mir also nicht, ich wüßte nicht, wie groß die Gefahr ist, ich habe es gesehen." Fest starrte sie sich an, über ihnen jagten die Wolken über den Nachthimmel, das Holz auf dem Scheiterhaufen knackte unter den Flammen auf, selbst Loba war durch ihre lauten Stimmen verstummt. Ryan blickte in Ayeshas vom Zorn gerötetes Gesicht. Sie seufzte leise und schlug ihre Augen nieder, es war soweit. Die Wahrheit, wie ein blankes Schwert schob sie sich zwischen sie beide, die Wahrheit, wie schmerzlich konnte sie sein? Wie häßlich, wie grausam? Langsam schüttelte Ryan ihren Kopf. Er war wieder gekommen, sie hätte es wissen müssen, wie hatte sie in dem Glauben leben können, dass es je ein Ende finden könnte? Wie hatte sie annehmen können, dass er aufgeben würde? Warum hatte sie daran geglaubt, dass ihre Vergangenheit sie nicht einholen würde? Die Vergangenheit ließ sich nicht einfach weg sperren, man konnte nicht vor ihr davonlaufen, sie holte einen immer wieder ein, immer wieder, soweit man auch laufen mochte, sie war immer präsent. In ihren Träumen, in ihrem Denken, in ihrem Fühlen und sie machte vor niemanden halt. "Warum jagt er dich?" Ryan hörte kaum noch die Frage Ayeshas, zu tief war sie in den Strudel der Erinnerungen versunken, sie fühlte eine sanfte Berührung auf ihrer Hand, vorsichtig hob sie ihren Kopf, blickte in Ayeshas Augen. Sie suchte eine Erklärung, einen Grund für all das, was geschehen war. "Warum?" wiederholte Ryan ihre Frage, doch ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. "Weil, ich, ich," stammelte sie, suchte in ihrem Kopf nach den richtigen Worten um Ayesha begreiflich zu machen, was sie getan hatte, doch sie fand sie nicht. "Warum?" fragte Ayesha erneut und ergriff ihre Hand. Ryan fühlte die Wärme die von Ayesha aus ging, es hatte etwas vertrautes und doch so fremdes an sich, dass sie zusammen zuckte. "Sie hat bereits zu viel gesehen," dachte sie und starrte auf ihre ineinander verflochtenen Finger. "Sie hat ihn gesehen, er wird sie, nein, nicht sie auch noch, nein." Diese Gedanken rauschten durch Ryans Geist wie ein reißender Fluß, ließen sie schwindeln, vernebelten ihr logisches Denken und zurück blieb nur Angst. Angst um dieses Mädchen, dass nicht wußte wen sie in diesem Moment anblickte und wessen Hand sie hielt. Tief holte sie Luft, überlegte sich, wie sie Ayesha alles erzählen konnte, ohne das Verachtung übrig blieb. "Er jagt mich weil, weil ich, weil seine Frau und sein Sohn durch meine Hand getötet wurden." Abrupt lösten sich ihre Hände. Stille kehrte zwischen ihnen ein und Ryan hörte wie Ayesha scharf die Luft einsog. Sie traute sich nicht ihren Kopf zu heben, fürchtete sich vor den Augen Ayesha's, fürchtete sich davor, dass sie nun das bekam was sie verdiente. Verachtung. Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben, nichts war zu vernehmen, kein Laut, nicht mal das Rauschen der Blätter durchbrach diese Stille welche die beiden Gestalten einhüllte. "Seine Frau und sein Sohn wurden durch meine Hand getötet." Dieser Satz hallte in Ayeshas Bewußtsein wider, doch sie war nicht fähig auch nur ein Wort zusprechen. "Sie hat getötet. Blut klebt an ihren Händen wie an den seinen." Forschend blickte sie Ryan in ihr Gesicht, doch dieses mal war es nicht so verschlossen und selbst beherrscht wie sonst, als würde sie ihren Blick nicht ertragen, schlug sie ihre Hände vor ihr Gesicht und begann leise zu wimmern. Ayeshas Atem ging stockend, was sollte sie jetzt nur tun? Ein Teil in ihr fürchtete sich plötzlich vor Ryan, der andere Teil in ihr wollte das eben gesagt nicht glauben, sträubte sich gegen die Wahrheit... Mit sanfter Gewalt nahm sie Hände Ryans von ihrem Gesicht fort, und blickte ihr lange in die Augen. "Warum hast du es getan?" fragte sie und ihre Stimme klang wieder erwartend fest und sicher. "Ich glaube nicht, dass du es ohne Grund getan hast." Irritiert blickte Ryan Ayesha an, sie wußte nicht, was sie ihr darauf antworten sollte. "Weil ich," begann sie brach dann sofort wieder ab, und musterte das Mädchen, dass vor ihr saß, ihr in die Augen blickte und den Grund für alles wissen wollte. Ryan seufzte laut, es tat weh sich zu erinnern. Bilder tanzten in ihrem Kopf. Gefühle. Erinnerungen die sie so tief in sich verschlossen und sich geschworen hatte, dass sie niemals wieder aufsteigen sollten. Sie fühlte, das ihre Hände immer noch durch einen festen Griff gehalten wurden, ihr Halt gaben für das, was nun vor ihr lag. "Du hast mich einmal gefragt, ob ich auch solche Erinnerungen an meine Heimat habe wie du," sagte Ryan und ihr Blick wurde traurig. Als sie sah, wie Ayesha schweigend nickte, fuhr sie fort. "Ich habe sie nicht, ich...ich werde dir jetzt Dinge sagen, die du nicht unbedingt verstehen wirst, ich verstehe sie ja selbst nicht einmal." Bedrückt hielt sie inne, spielte gedankenverloren mit den Fingern Ayesha's und sah sie dann wieder an. "Aber mir scheint, du hast ein Recht darauf. Ein Recht alles zu erfahren, ein Recht darauf, zu wissen, wie ich zu dem wurde was ich jetzt bin." Fest schnürte sich Ayeshas Kehle zu, sie fürchtete sich davor, was Ryan ihr nun erzählen würde. Sanft verstärkte sie den Druck ihrer Finger, versuchte ihr auf diese Weise klar zu machen, dass sie einfach nur zuhören, das sie einfach nur ihrer Geschichte lauschen würde... Nervös preßte Ryan die Luft zwischen ihren Zähnen hindurch, sie hatte angst, angst davor sich ihren Geistern zu stellen, den Geistern, welche sie schon so lange verfolgten, ihr den Schlaf raubten, immer in ihrem Kopf waren, sie nie zur Ruhe kommen ließen. Manchmal des Nachts hörte sie ihre Stimmen, hörte ihr Klagen, sah vor ihren inneren Augen ihre vor Schmerz verzehrten Gesichter, leise flüsterten sie ihren Namen immer wieder und wieder. "Mörderin, du bist eine Mörderin," Ryan schüttelte leicht ihren Kopf, als könnte sie so diese Stimme in ihrem Inneren zurück drängen, als könnte sie so diese Stimme zum schweigen bringen. Sie spürte, dass Ayesha immer noch ihre Hand hielt, sie wußte nicht, wie sie beginnen sollte. Wie fängt man an die Geschichte eines Lebens zu erzählen? Wie beginnt man seine eigene Geschichte zu erzählen? An welchem Punkt setzt man an, ab welchem Zeitraum werden Dinge relevant? Seufzend schloß Ryan ihre Augen, und dann sah sie es. Ein Dorf, dichter Wald, ein Fluß, Lachen, die Stimme einer Frau, dann Feuer, Schreie, Tränen und Dunkelheit. Erschrocken riß sie ihre Auge wieder auf, ihr Körper bebte und sie schlug die Augen nieder. "Ich war noch sehr jung," begann sie und ihre Stimme klang brüchig. "Ich habe nicht viele Erinnerungen an meine Kindheit, ich weiß nur, das Dorf in welchem ich lebte, es war sehr schön dort. Dichter Wald umgab es, ein Fluß. Ja, an ihn kann ich mich ganz deutlich erinnern, ich war sehr oft dort. Habe ihm zu gehört, wie er rauschte, seine Geschichte erzählte. Jeden Tag eine andere, so erschien es mir damals. Ich weiß noch, dass ich mich oft gefragt habe wohin er wohl führen mochte, ich war noch so jung." für einen kurzen Moment hielt Ryan inne und blickte Ayesha an. Ihre Augen waren auf sie gerichtet, sie hatte den Kopf schief gelegt und lauschte ihrer Stimme. Ryan sah, wie sie leicht nickte und sie fuhr fort zu erzählen: "Ich lebte bei meiner Mutter, meinen Vater habe ich nie kennen gelernt. Meine Mutter hat nicht gerne über ihn geredet. Warum, dass weiß ich nicht. Ich habe sie nie danach gefragt wenn ich ehrlich bin. Sie war ein anerkannte Person im Dorf, alle behandelten sie mit Respekt und ich, da ich ihre Tochter war, wurde ebenso behandelt. Auch, wenn mir nie entgangen war, dass sie mich manchmal auf eine seltsame Art und Weise musterten, damals konnte ich es noch nicht verstehen, doch jetzt weiß ich warum." Ein Windstoß erfaßte ihre Haare, ließ einige Haarsträhnen ihr wirr ins Gesicht hängen. Ryan machte keine Anstalten sie fort zu wischen, sie spürte es nicht, fühlte nicht, das ihren Körper eine unglaubliche Kälte durchfuhr, hörte nicht, das Loba erneut begonnen hatte ihr Lied zu singen, sie fühlte nicht einmal mehr die Hände Ayesha's die ihre immer noch umschlossen. Ihr Geist glitt hinab, hinab in Empfindungen, in kostbare Augenblicke die sie so tief in sich verschlossen hatte. Alte Wunden rissen wieder auf, bluteten still. Ryan schluckte, ihre Stimme war zu einem leisen Flüstern herab gesunken. "Dann, dann kamen sie, nie wieder haben ich gesehen wie so wenige Menschen es vermochten, so viele in Entsetzten und Angst zu versetzen. Ich weiß noch, dass meine Mutter mich in ihren Armen hielt, mir beruhigend über mein Haar streichelte, doch ich wußte, sie selbst fürchtete sich viel mehr als ich mich. Ich hatte doch keine Ahnung wer diese Männer waren, ich wußte doch, ich wußte noch nicht, zu was sie in der Lage waren," abrupt brach ihre Stimme ab. Ayesha spürte wie sich der Druck um ihre Hände verstärkte. Ryan zitterte. "Du brauchst mir nicht mehr zu erzählen," sagte sie und ihre Stimme bekam einen einfühlsamen Tonfall. "Doch," sagte Ryan fest und sah ihr in die Augen. "Ich will weiter erzählen." Stumm nickte Ayesha, sie wußte, für Ryan war es schwer über diese Dinge zu sprechen. Schwer, weil es ihre Erinnerungen waren, ihr Schmerz. "Das nächste woran ich mich erinnern kann ist," erzählte Ryan weiter und rückte etwas näher an Ayesha heran. "Meine Mutter nahm mich bei der Hand. Unsere Hütte war nicht groß, nur ihre Schwester, sie selbst und ich lebten dort, sie hat gelächelt, jedoch es war in diesem Moment so unwirklich, so als wäre sie nicht sie selbst. Unter ihrem Bett gab es eine Bodenluke, ein Versteck. Ich kannte es, doch es war so dunkel, ich hatte mich schon immer vor der Dunkelheit gefürchtet. Ich wehrte mich, mit all meiner Kraft, ich, ich hatte Angst, ich wollte nicht dort hinunter. Stimmen kamen immer näher, meine Mutter schrie mich an, ich hatte Angst, so große Angst. Dann stieß sie mich hinunter, hart schlug ich auf dem Boden auf. Es roch nach Stroh, über mir schloß sich die Luke, das Licht wurde immer schwächer, bis mich diese Schwärze einhüllte. Dann war es so still, selbst mein Herzschlag erschien mir in diesem Moment als zu laut, ich fürchtete, jemand könnte es hören. Lange saß ich dort unten, umgeben von Stille und Dunkelheit. Plötzlich drang ein lautes Geräusch an meine Ohren, ich hörte meine Mutter schreien, dann lachten Männer, ich hörte Worte, doch ich wollte sie nicht verstehen. Meine Mutter, meine Mutter, sie schrie so furchtbar. Mit jedem Mal wurde sie lauter und das Lachen der Männer auch." der Atem Ryans beschleunigte sich bei diesen Worte, sie keuchte fast. In ihrem Kopf drehte sich alles, sie fühlte sich wie damals als sie in dieser Dunkelheit gewartet hatte. Doch auf was hatte sie gewartet? Auf was hatte sie gehofft? Sie wußte es nicht mehr. "Wie lange, wie lange ich dort unten gesessen habe weiß ich nicht mehr," sagte sie und in ihren Augen sammelte sich Tränen. "Ich hörte Rufe, erstickte Laute, dann war es wieder still, leise fielen Tropfen auf den mit Stroh bedeckten Boden. Jedesmal gab es ein leises Klicken, es klang wie Regen," Ryan lachte leise. "Es klang wie Regen," wiederholte sie und schüttelte ihre Kopf. "Einige Tropfen streiften mich, es fühlte sich seltsam auf der Haut an. Ich hörte wie die Männer davon gingen, ihre Stiefel ließen die Bodendielen knarren. Ich wartete, so lange wartete ich. Ich wußte, dass ich noch etwas in meinem Versteck bleiben mußte, ich konnte nicht sicher sein, das die Männer fort waren. So wartete ich, wartete bis ich es in dieser Dunkelheit nicht mehr aushielt. Mühsam habe ich die Luke geöffnet, hinaus gespäht. Niemand war da, schwerfällig bin ich aus meinem Versteck geklettert, ich war noch klein damals. Rötliches Licht ergoß sich durch die zersplitterte Tür. Alles war umgestürzt. Stühle, Krüge, der Tisch, einfach alles. Nichts lag oder stand mehr an seinem Platz. Meine Mutter, sie lag auf dem Bett. Ihre Augen, was war mit ihren Augen gewesen. Sie waren offen, schienen auf die Zimmerdecke zu starren als suchte sie dort etwas. Langsam habe ich mich ihr genährt, ich wollte sie nicht erschrecken... Ich habe die Hand ausgestreckt. Wollte sie berühren, doch sie reagierte nicht. Ich habe ihren Namen gerufen, sie geschüttelt, doch sie regte sich einfach nicht. Erst dann sah ich es,über ihren Hals wandt sie ein breiter tiefer Schnitt... Blut sickerte unaufhörlich aus ihrer Wunde. Ihr Blut rann ihr den Arm hinab, tropfte auf den Boden, sickerte durch die Bodenritze in die Luke. Ich hatte gedacht es wäre Regen, ich hatte gedacht es wäre Regen," wiederholte Ryan ihren letzten Satz und verstummte dann. Aus geweiteten Augen starrte Ayesha sie an. Ihr Hirn arbeitete fieberhaft diese neuen Informationen zu verarbeiten, sie richtig einzuordnen. "Ich dachte es wäre Regen," hörte sie Ryan wispern die ihre Hände vor ihr Gesicht schlug und begann leise zu weinen. Ayesha schluckte, sie hatte das Gefühl als würden sich Finger um ihre Kehle legen und ihr somit die Luft zum Atmen nehmen. Sie keuchte, plötzlich beschlich sie ein eigenartiges Gefühl, sie konnte es nicht deuten, aber es war da. Immer noch hörte sie Ryan leise wimmern, spürte wie ihr eigenes Blut in den Adern rauschte. Nur schwer gewann sie wieder die Kontrolle über ihr Handeln, sie betrachtete Ryan und ihr Blick wurde weich, fast zärtlich. Sanft zog sie dieses zitternde und vor Tränen bebende Wesen in ihre Arme, strich ihr beruhigend über das von kaltem Schweiß durchtränkte Haar. "Sie, sie wurde geschändet," flüsterte Ryan und schlang ihre Arme fest um Ayeshas Taille. "Geschändet und getötet, und ich konnte ihr nicht helfen." Fest krallten sich ihre Finger in Ayeshas Gewand, suchten einen Halt. "Und was passierte dann?" fragte Ayesha, ihr immer noch beruhigend über ihr Haar streichelnd. "Ich, ich weiß es nicht mehr. Ich glaube, ich habe mich neben ihr zusammen gerollt. Ich wollte schlafen, schlafen und vergessen. ich muss lange geschlafen haben, denn als mich ein Rütteln weckte war die Sonne bereits untergegangen. Die Schwester meiner Mutter stand plötzlich vor mir. Ihre Augen waren kalt, an ihren Händen klebte Blut, heute bin ich mir sicher, dass sie einige von ihnen getötet hat, niemals hätte sie sich wie meine Mutter in solch ein Schicksal gefügt. Sie war zu stark und zu stolz. Sie zog mich mit sich, ich schrie sie an, schlug auf diese Hand die mich hielt immer wieder und wieder ein, doch sie ließ mich nicht los. Draußen roch die Luft verbrannt, die Hütten standen in Flammen. Alles war zerstört,einfach alles." Leise heulte der Wind auf, einige Funken lösten sich aus den Flammen und trieben zu ihnen hinüber. Traurig blickten Ayeshas Augen auf Ryan hinab, die zusammen gerollt in ihrem Schoß lag und mit ihren Tränen kämpfte. Langsam begann Ayesha zu begreifen, die Erkenntnis keimte in ihr auf wie ein Samenkorn. Zärtlich strich sie Ryan einige verirrte Strähnen aus der Stirn und flüsterte: "Habe ich Recht, wenn ich denke, dass sie dich ausgebildet hat?" Ein Schauder jagte Ryans Rücken hinab, als sie daran dachte. "Ja, das hat sie, ihr Name war Resa," sagte sie, doch plötzlich veränderte sich ihre Stimme. Sie wurde kalt, zornig, angefüllt mit Haß. "Sie hat mich ausgebildet. Zwei Sommer lang, sie hat mich nicht geschont, mich oft verletzt, sie war eine gute Kämpferin, doch sie brauchte mich. Ihr linker Arm war seit einem Kampf unbrauchbar geworden. Steif hing er an ihrer Seite hinab, deshalb brauchte sie mich. Sie wollte Rache. Rache, und ich war ihr Werkzeug dazu. Gemeinsam haben wir die Männer verfolgt, es waren sechs. Erst als ich diese Zahl wußte, hatte ich eine Ahnung davon, wie sehr meine Mutter gelitten haben mußte. In mir war nichts mehr, nichts mehr nur Haß. Haß und das Verlangen mich zu rächen." Ryan atmete tief durch, langsam verschwand das Zittern aus ihren Gliedern und sie löste ihren Griff um Ayeshas Taille. "Und ich habe mich gerächt," stieß sie hervor. "Keiner der Männer hatte auf mich geachtet, wer achtet schon auf ein Kind? Sie konnten nicht wissen, dass ich ihnen den Tod bringen würde." ein kaltes Lachen entfuhr ihr und Ayesha zuckte zusammen. "Resa hatte gute Arbeit geleistet, ich tötete leise, schnell und kalt. Ja, sie hat wirklich gute Arbeit geleistet. Sie selbst hat sich immer im Hintergrund gehalten, mir zu gesehen wie ich sie tötete, ihnen die Kehle durchschnitt, ihnen das Leben austrieb wie ein böser Geist. Die ersten zu töteten war sehr leicht, wir überraschten sie aus einem Hinterhalt, nur einmal mußte ich einen offenen Kampf bestreiten und ich wurde schwer verletzt. Resa pflegte mich gesund, sie brauchte mich noch, der sechste und letzte war jedoch nicht so einfach zu finden." kurz hielt Ryan inne, sammelte Kraft für den letzten Teil ihrer Geschichte, sammelte Kraft für den schmerzlichsten Teil. "Wir, wir drangen in sein Haus ein, es wurde gut bewacht, doch Resa hatte mir beigebracht lautlos zu sein, die Dunkelheit auszunutzen und zu einem Schatten zu werden, doch wir trafen ihn nicht an. Er war nicht dort. Nur seine Frau und sein kleiner Sohn. Seine Frau war sehr schön, dass weiß ich noch. Sein Sohn, er war etwas jünger als ich. Sie flehten, bettelten um ihr Leben. Die Frau weinte und zog ihren Sohn in ihre Arme, ihr Flehen war umsonst. Ich hatte nicht gewußt, wie kalt Ressa wirklich war, sie riß der Frau ihr Kind aus den Armen, hielt ihm die Klinge an seine Kehle, sein Blut ergoß sich über ihre Hand, auf den Boden. Dann ließ sie diesen kleinen, leblosen Körper auf den Boden fallen, seine Mutter schrie laut, sie weinte, wimmerte, dann schrie mich Ressa an, ich solle es zu Ende bringen. Ich gehorchte ihr, ich weiß nicht warum. Langsam ging ich auf die Frau zu. Ihre Augen waren weit aufgerissen, starrten mich an, ein leiser Laut drang aus ihrer Kehle, als mein Schwert sich in ihr Fleisch bohrte. Sie sackte auf die Seite, starrte mich noch einmal an. Noch heute sehe ich sie vor mir, wie sie auf dem Boden liegt und das Licht in ihren Augen immer schwächer wird." "Das war Katlars Frau?" fragte Ayesha leise. Ryan nickte leicht. "Ja, seine Frau und sein Sohn. Durch die Schreie waren die Wachen aufmerksam geworden, sie haben uns gejagt. Resa wurde schwer verletzt und ich habe sie mit mir gezehrt. Sie war die letzte Person, mit der ich etwas verband. Mein altes Leben, auch wenn ich genau wußte, dass sie mich nicht liebte. Ich konnte sie nicht zurück lassen. Ich habe ihre Wunden versorgt, doch ich wußte, dass sie sterben würde. Ihr Atem war flach, der Puls kaum noch zu fühlen. Ich fragte sie, ob sie nun stolz auf mich sei, doch sie lachte nur kalt. Wie soll man auf eine Mörderin stolz sein? Das war ihre Antwort gewesen. Ich verstand sie nicht, sie hatte mich zu dem gemacht was ich war. Sie lachte, hustete, zog mein Gesicht nahe an das ihre und sagte: Du bist eine Mörderin Ryan, hast du geglaubt, sie wäre deine Mutter? Wie dumm von dir, kleine Närrin, sie hat dich gefunden. Du hast nie zu uns gehört nie, deine Augen, kleines Wald Kind, kleine Mörderin, Mörderin." Tränen brannten auf Ryans Gesicht, diese Worte hatten alles in ihr zerstört, sie fühlte den verwirrten Blick Ayeshas der auf ihr haftete, sie durchbohrte. Langsam wandte sie ihr Gesicht dem Ayeshas zu und sah ihr in die Augen. Tränen liefen ihre Wangen hinab, tropften auf Ayesha's Hände. "Du wußtest es nicht," sagte Ayesha leise und wischte ihr die Tränen fort. "Du konntest es nicht wissen." "Ist das wirklich eine Entschuldigung?" fragte Ryan und umklammerte ihre Hand. "Nein, das ist es nicht." "Bist du sicher, dass sie dir die Wahrheit gesagt hat?" fragte Ayesha, die immer noch versuchte zu begreifen was Ryan ihr eben erzählt hatte. "Warum hätte sie lügen sollen?" gab Ryan die Frage zurück. "Alles paßte zusammen. All diese Dinge, die mich schon immer beschäftigt hatten, warum meine Mutter immer so beharrlich über Fragen von mir geschwiegen hatte. Warum mich Resa nie mit Liebe behandelte, alles bekam plötzlich einen Sinn, einfach alles." "Trotzdem, du hattest ein Recht auf deine Rache, auch wenn sie nicht deine leibliche Mutter gewesen war," beharrte Ayesha, doch Ryan lachte leise. "Ich habe Resa getötet," flüsterte sie und sah zu, wie sich Ayesha's Blick in Entsetzten verwandelte. "Warum?" wisperte sie erschrocken. "Ich habe die Kontrolle verloren," sagte Ryan und wich ihrem Blick aus. "Wut und Enttäuschung, das war alles was ich empfinden konnte. Ich, ich haßte sie in diesem Augenblick so sehr, wie sie dort vor mir lag, mich auslachte und immer wieder Mörderin flüsterte. Darin liegt meine wahre Schuld..." Augenblicklich schlang Ryan erneut ihre Arme um Ayesha und drückte sie fest an sich. "Bitte, bitte ver...verachte mich jetzt nicht," schluchzte sie und vergrub ihr Gesicht in Ayeshas Haaren. "Bitte." Starr wie ein Fels saß Ayesha da, spürte die Nähe des fremden Körpers, das Zittern, die Verzweiflung, was sollte sie jetzt tun? Ohne Nachzudenken, legte auch sie ihre Arme um Ryan und erwiderte den Druck. "Nein," flüsterte sie und begann von neuem Ryan über ihr Haar zu streicheln. "Ich verachte dich nicht." Doch war das die Wahrheit? Immer noch brauste die Angst in ihr wie ein Sturm. "Es gibt ihn doch noch in ihr," dachte Ayesha und blickte starr vor sich hin. "Es gibt den Stummen also doch noch tief in ihr." Ryan schluchzte, umklammerte Ayesha wie eine Ertrinkende, sie fühlte sich leer, alles war gesagt. "Ich verachte dich nicht," hörte sie Ayesha wieder flüstern, doch sagte sie in diesem Moment die Wahrheit, oder tat sie es nur, weil sie angst hatte? Zweifel nagten an Ryan, sie wußte, ein Wesen wie sie hatte nichts anderes als Verachtung verdient. "Du bist eine Mörderin," wieder hörte sie die Stimme Ressa's in ihr. Ihre kalte, lieblose Stimme. "Du hast mich benutzt," schrien ihre Gedanken, kämpften mit dem Geist in sich. "Benutzt, als wäre ich dein Spielzeug, benutzt weil du dir nicht selbst die Hände schmutzig machen wolltest, du hast mich benutzt." "Und du hast dich benutzen lassen," gab ihr die Stimme als Antwort, und Ryan wußte, dass es die Wahrheit war. Sie war ein perfektes Werkzeug gewesen, ohne einen eigenen Willen, leichtgläubig, jung und dumm. Sanfte Hände strichen ihr über ihr verschwitztes Haar, hielten sie fest. Ryan fühlte sich so müde, so unendlich müde. "Ayesha," flüsterte sie und blickte zu ihr hinauf. "Ich bin, ich bin so müde, so müde." Erschöpfung bahnte sich ihren Weg durch ihren Körper, befiel ihren Geist, lähmte ihn, ließ ihn hinab gleiten.. "Dann schlaf," raunte Ayesha ihr ins Ohr. "Schlaf, ich bin da, ich bleibe bei dir." Ryan lächelte kraftlos, ihre Augenlieder wurden schwer. Sie fühlte, wie die Anspannung aus ihren Gliedern wich. Sie frei gab, ihr Atem wurde gleichmäßig, sie hörte Ayesha leise eine Melodie summen, sie verschmolz mit dem Gesang Lobas zu einem wunderschönen Lied. Wie ein kleines Kind rollte sich Ryan in Ayesha's Armen zusammen, und glitt hinab in einen traumlosen, dunklen Schlaf. Leise summte Ayesha ihre Melodie, sie hatte nicht mehr gewußt, dass sie dieses Lied noch immer kannte. Ihr Vater hatte es ihr immer vorgesungen als sie noch ein Kind war. "Es hat deiner Mutter immer so gefallen," hatte er gesagt und seine Augen waren bei diesen Worten immer so traurig geworden. Schwer lag Ryans Körper in ihren Armen, doch sie wollte sie nicht los lassen. Zärtlich strich sie ihr über ihre Hand. "Schlaf nur," wisperte sie. "Ich bin da, ich passe auf dich auf." seltsam klangen diese Wörter in ihren Ohren. Ihr Blick wanderte hinauf in den Himmel. Mit jedem Augenblick wurde es heller, der Himmel verfärbte sich im Osten bereits rötlich. "Ein neuer Tag," dachte Ayesha und blickte auf Ryan hinunter. "Ein neuer Tag." Sie betrachtete das Gesicht Ryans, sie zuckte unkontrolliert und klammerte sich noch fester an Ayesha. Sie lächelte sanft. "Ich bin da," raunte sie ihr ins Ohr, und Ryan beruhigte sich etwas. "Ich kann es einfach nicht glauben," dachte sie und sie bemerkte erst jetzt, das auch ihre Augen schwer wurden. "Ich kann es nicht glauben, dass du das getan hast, du hattest recht. Ich hätte es lieber nicht erfahren." Vorsichtig legte sich Ayesha auf den Boden, sie roch das Gras, fühlte, dass es von Tau und Regen noch feucht war, immer noch hielt sie Ryan in ihren Armen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, sie lauschte ihrem gleichmäßigen Atem, hielt sie sacht fest. "Ich hätte es lieber nicht erfahren," dachte sie noch, bis auch sie der Müdigkeit in sich erlag, sich ihre Augen schlossen und erst, kurz bevor ihr Körper in den Schlaf eintauchte erkannte, wie häßlich die Wahrheit sein konnte. Nachwort: Mm, irgendwie ein komisches Kapitel wie ich finde, was hat mich da nur geritten?! Tja, ich weiß es nicht mehr. Ich finde, es ist irgendwie nich so wirklich gut geworden, aber jetzt ist es ja schon zuspät. Ist wieder etwas länger geworden. Freischalter...Tschuldigung... So, jetzt ist es raus, ihr wißt nun vieles über Ryan's Vergangenheit. Kommt evtl. etwas unpassend, aber ich möchte es ungern ändern, außerdem ist es ja schon das zehnte Kapitel und irgendwann muß es ja mal ans Tageslicht kommen oder?! Ich hoffe euch hat das Kapitel etwas gefallen und das es nicht all zu verwirrend war... Ich bedanke mich an dieser Stelle wieder für das Lesen und grüße alle die es bis zum Schluß durchgelesen haben. DANKE und bis bald ^^ Adios seen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)