Adventskalender 2013 von Rajani (by Rajani & Tamanna) ================================================================================ Kapitel 10: Der Fall Tora ------------------------- Hat mein Herz je geliebt? Nein. Denn wahre Schönheit sah ich erst heut Nacht… An diesen Satz musste Ruffy nun denken. Er stammte aus dem Buch, dass Rika ihm geliehen hatte. Der Hauptcharakter sagte diese Worte, als er die Frau nach einiger Zeit der Trennung endlich wieder sah. Als er das zum ersten Mal gelesen hatte, wusste Ruffy damit noch nichts anzufangen. Aber jetzt… Hier zu sitzen, ihm gegenüber, und ihn anzusehen, brachte ihm die Bedeutung dieser Worte ins Bewusstsein. Noch nie hätte Ruffy einen Mann als schön bezeichnet. Und für andere wäre schön auch nicht das richtige Wort, um den Mann zu beschreiben – eher attraktiv. Aber Ruffy konnte es einfach nicht anders sagen. Der Mann auf dem Futon war ein gebräunter, großer Mann mit kurzem, schwarzem Haar, das recht flauschig aussah. Ruffy hätte nur allzu gern hindurch gewuschelt. Er hatte Kotletten, die bis auf Mundhöhe herunterreichten. Ach ja, sein Mund. So schön geformt, lud er förmlich dazu ein, ihn zu berühren. Ruffy konnte einfach nicht aufhören, darauf zu starren. Der Mann wirkte etwas älter. Ruffy schätzte ihn auf Anfang, Mitte 20. An jedem Ohr trug er zwei Ohrringe. Während der letzten Untersuchung konnte Ruffy außerdem sehen, dass der Mann viele Tätowierungen hatte. Hauptsächlich am Unterarm und an den Handflächen und Fingerknochen. Außerdem hatte er einen ziemlich muskulösen Körperbau. „So, jetzt hab ich dich!“, sagte der Mann plötzlich und platzierte einen weißen Stein auf dem Brett neben sich. Ruffy erwachte aus seinem Tagtraum. „Ach, wir spielen hier?“, scherzte er. Der Mann schmunzelte. „Jetzt komm schon, Ruffy-san! Ich darf noch nicht aufstehen und langweil mich hier so!“ Ach ja, dieses Lächeln. So warm und freundlich, ließ es Ruffy’s Herz freudig hüpfen. „Hey, wenn Chopper gleich kommt, können wir ihn ja fragen, ob du endlich aufstehen darfst“, schlug Ruffy vor. „Dann kann ich dich in der Stadt herumführen, Tora.“ Da der Mann sich nach wie vor an nichts erinnern konnte, auch nicht an seinen Namen, hatte Ruffy ihm kurzerhand einen gegeben. Als er ihn gefunden hatte, trug der Mann einen Kimono mit einem Muster, das an ein Tigerfell erinnerte, also nannte der Gummimensch ihn fortan Tora. Wie auf Stichwort kam Chopper dazu. Als er Ruffy und Tora sah, lächelte er. In den letzten 2 Tagen hatte sich der Zustand seines Patienten enorm verbessert – und irgendetwas sagte ihm, dass die häufigen Besuche von Ruffy der Grund dafür waren. Tora strahlte immer, wenn der Polizist ihn besuchte. „Wie geht es dir heute?“, fragte Chopper und stellte seine Arzttasche ab. „Schon besser“, antwortete Tora, warf einen Seitenblick auf Ruffy und fügte vorsichtig hinzu: „Ich könnte doch heute mal versuchen, aufzustehen. Ich würde so gern mal die Stadt sehen.“ Chopper stieß einen tiefen Seufzer aus. Nicht schon wieder! „Tora, das hatten wir doch gestern schon.“ „Aber es geht mir heute doch schon besser, als gestern…“ „Das mag sein, aber es ist Winter. Draußen liegt hoher Schnee und es ist kalt. Ich will nicht, dass du dich zusätzlich noch erkältest!“ „Ach Chopper“, mischte sich Ruffy ein, „du glaubst immer das Schlimmste. Tora wird sich doch nicht gleich erkälten, nur weil er mal vor die Tür geht! Und ich werde auf ihn aufpassen, keine Angst. Gönn ihm doch ein bisschen Spaß!“ „Ich bitte Sie, Doktor“, fügte Tora noch an. Chopper überlegte kurz, dann nickte er zustimmend. Es brachte eh nichts, mit den beiden zu diskutieren. Einer so stur, wie der andere. Sofort stellte Ruffy das Spielbrett weg, sprang auf und zog auch Tora auf die Füße. „Na los, gehen wir! Ich zeig dir die Stadt!“ Ohne Chopper’s OK abzuwarten, stürmten die beiden Männer davon. „Und das hier ist das Schloss des Shogun.“ Ruffy hielt vor dem prächtigen Palast, Tora im Schlepptau. Er hatte den Älteren durch die ganze Stadt gezogen und dabei munter drauf los geplappert. Tora hatte das aber nichts ausgemacht. Es schien ihn sogar glücklich gemacht zu haben. Nach einer Weile hatten sich Tamanegi, Peman, Ninjin und Rika den beiden jungen Männern angeschlossen. Schließlich wollten sie den geheimnisvollen Fremden auch mal sehen. Erfreut hatte Rika festgestellt, dass Ruffy Tora die ganze Zeit an der Hand hielt – was diesen auch nicht besonders störte. Im Gegenteil: er drückte dessen Hand sanft und lauschte aufmerksam, was der aufgeweckte Gummimensch ihm zu erzählen hatte. Ruffy erzählte gerade, wie er damals Prinzessin Vivi kennen gelernt und sie vor Buggy, dem Clown gerettet hatte, als ein grimmig dreinblickender Mann am Tor auftauchte. „Oh? Hallo Igaram!“, rief Ruffy fröhlich. „Ich zeige Tora gerade die Gegend.“ „Wie schön. Aber bitte nicht hier. Das Palastgelände ist ohne ausdrückliche Erlaubnis nicht zu betreten! Und jetzt geht wieder!“ „Och menno~ Du bist echt gemein, Igaram!“, maulte Ruffy beleidigt, doch Tora zog ihn sanft zurück. „Ruffy-san, ich hab Hunger. Könnten wir jetzt etwas essen?“ Ruffy lächelte. „Klar! Ich kenn da ein super Restaurant, da wird es dir gefallen! Komm!“ Also machte sich die kleine Gruppe auf den Weg ins Lokal von Sanji und Nami. Dort trafen sie zu ihrer Überraschung auch auf Prinzessin Vivi. „Oh, hallo Vivi!“, grüßte Peman sie. „Wir waren gerade beim Palast. Der doofe Igaram hat uns aber gleich wieder weggeschickt…“ Vivi kicherte. „Ja, er ist manchmal wirklich sehr streng.“ „Was machst du eigentlich hier?“, erkundigte sich Ninjin. „Na ja…“ Vivi’s Blick wanderte zu Tora. Sie musterte den attraktiven Mann neugierig. „Ich wollte mir mal den geheimnisvollen Mann ansehen, von dem alle sprechen. Deswegen habe ich mich aus dem Palast geschlichen und hier gewartet. Ich hatte gehofft, ihr würdet irgendwann herkommen.“ Tora lächelte freundlich. „Ich würde mich Euch ja gerne vorstellen, Prinzessin, aber ich fürchte, ich weiß selbst nicht, wer ich bin.“ Er deutete auf Ruffy neben sich. „Aber Ruffy-san und auch alle anderen nennen mich Tora.“ „Sehr erfreut. Oh, und nenn mich doch bitte Vivi. Das tun alle anderen hier auch.“ „Du bist also Tora“, sagte Nami und trat lächelnd näher. Ihr Gesicht war leicht gerötet. Offenbar gefiel auch ihr der fremde Mann. „Du hast bestimmt Hunger, nicht? Komm, setz dich doch! Ich bring dir gleich was zu essen!“ Sofort griff Nami nach Tora’s Arm und führte ihn zu einem Tisch. Dann stellte sie ihm schnell etwas zu Trinken hin und erklärte ihm ausführlich, was es bei ihnen zu essen gab. Vivi setzte sich neben Tora und studierte ihn genau. Ruffy und Sanji schnalzten missbilligend mit der Zunge und beobachteten die Szene eifersüchtig – aus nicht ganz so verschiedenen Gründen. Schließlich setzten sich Ruffy und die Kinder zu Tora und Vivi an den Tisch. Sie aßen gemeinsam und unterhielten sich angeregt. Die Frauen flirteten angeregt mit Tora, aber der schien nicht darauf einzugehen. Stattdessen ergriff er unter dem Tisch Ruffy’s Hand und streichelte sie sanft. Ruffy errötete stark, versuchte angestrengt, sich nichts anmerken zu lassen. Dennoch machte er keinerlei Anstalten, seine Hand wegzuziehen. Er schloss die Augen und genoss die Wärme und das heftige Pochen seines Herzens. Als sie beim Nachtisch waren, gesellte sich eine hübsche, schwarzhaarige Frau zu ihnen. Sanji bekam Herzchenaugen und tänzelte zu ihr rüber. „Hallo, Robin-Maus!“, flötete er. „Hast du Hunger? Willst du was essen? Setz dich doch!“ Robin lächelte leicht. „Ich hätte gern einen Tee, danke.“ Sie setzte sich neben Vivi. „Konntest du etwas über Tora in Erfahrung bringen?“, erkundigte sich die Prinzessin. Robin war ihre Informantin. Vivi hatte sie losgeschickt, in der Hoffnung, dass Robin vielleicht jemanden traf, der etwas über Tora wusste – wer er war, woher er kam oder wer ihn angriff. Robin nahm die Tasse Tee entgegen, die Nami ihr brachte, trank einen Schluck und antwortete: „Ich konnte leider nichts herausfinden. Wo auch immer Tora herkommt, es scheint kein Ort hier in der Nähe zu sein.“ Enttäuschung machte sich in der Runde breit – nur bei Tora nicht. Er lächelte aufmunternd und sagte: „Das macht doch nichts. Ich bedanke mich bei dir für deine Hilfe, Nico-ya.“ Robin erwiderte das Lächeln. Offenbar war auch die sonst so kühle und unnahbare Frau nicht ganz gegen den Charme des fremden Mannes gefeit. „Ich werde mich gleich noch mal auf den Weg machen. Es gibt da ein kleines Dorf, etwas weiter von unserer Stadt entfernt, fast an der Grenze zu Zhong-Guo. Dort werde ich mich mal umhören.“ „Ich danke dir, Robin“, sagte Vivi. „Auf dich ist wirklich Verlass.“ „Zhong-Guo…“, überlegte Tora plötzlich laut. „Was hast du Tora?“, fragte Ruffy. Tora starrte auf seine Teetasse, sein Blick war ganz glasig, als er murmelte: „Ich weiß nicht… irgendwie kommt mir der Name bekannt vor…“ „Dann könnten wir da vielleicht fündig werden“, sagte Vivi aufgeregt. Robin nickte entschieden, stellte ihre Teetasse hin und stand auf. „Gut, dann breche ich sofort auf. Ich werde es euch wissen lassen, sobald ich etwas gefunden habe.“ Mit diesen Worten ging sie. Sanji winkte ihr traurig nach. Er konnte ihr gar nicht seinen neuestes Dessert auftischen. „Gut, wir sollten jetzt auch mal gehen“, verkündete Ruffy rasch, stand auf und griff wie selbstverständlich nach Tora’s Hand. Nami rümpfte die Nase. Sie hatte auch von Rika’s Theorie gehört und abgesehen, dass sie es genauso sah, wie Ruffy noch vor ein paar Tagen, war sie auch ein wenig eifersüchtig. Sie hätte lieber selbst eine Chance bei Tora. Zu ihrem noch größeren Ärger ließ sich Tora das auch noch gefallen. Die drei Jungs sprangen ebenfalls auf. Ruffy hielt inne. „Oh… wollt ihr etwa mitkommen?“ „Klar wollen wir“, wunderte sich Peman und musterte Ruffy irritiert. „Warum?“ „Na ja… also ich…“ Hilflos brach der junge Polizist ab. Wie sollte er ihnen nur beibringen, dass er mit Tora allein sein wollte? Zum Glück kam ihm Rika zu Hilfe. „Hey, Franky hat etwas Tolles gebaut. Wollen wir uns das angucken gehen?“, schlug sie rasch vor. „Nö, keinen Bock“, schlug Ninjin das Angebot aus. Rika verdrehte die Augen. Warum kapierten Jungs die einfachsten Anspielungen nicht? Keinen Sinn für Romantik… Tora beugte sich freundlich lächelnd zu den Jungs hinunter. „Aber Franky hat extra gesagt, dass ihr drei seine neueste Erfindung testen sollt“, erzählte er. Das war gelogen. Er wusste nicht mal, wer Franky war. Aber die Lüge verfehlte ihre Wirkung nicht. Die Jungs bekamen tellergroße, leuchtende Augen. Die Aussicht, mit Frankys Sachen spielen zu dürfen, änderte natürlich alles. „Habt ihr gehört? Wir dürfen Frankys Erfindung ausprobieren!“, rief Tamanegi begeistert. „Worauf warten wir noch?!“, stimmte Peman begeistert mit ein und die drei Jungs rannten jubelnd aus dem Restaurant. Rika grinste Tora zu, der das mit einem Zwinkern quittierte, dann folgte die Kleine ihren Freunden. Tora sah ihr nach, dann wandte er sich an Ruffy. „Gehen wir?“ Ruffy nickte, schnappte sich Tora’s Hand und lief mit ihm raus. Seinen Freunden rief er ein kurzes „Bis morgen!“ zu. Die sahen ihm besorgt nach. Ob Ruffy sich im Klaren darüber war, was er da tat? Die Antwort darauf war ja und nein. Tief in seinem Inneren dachte Ruffy noch genauso, wie vor ein paar Tagen, als er sich noch von Tora fernhalten wollte. Aber mit ihm zusammen zu sein… machte den Gummimenschen so glücklich. All sein Kummer, den er noch vor einer Woche mit sich herumgetragen hatte, war verflogen. Und so langsam bekam er eine Idee, was ihm denn nun gefehlt hatte: es war Liebe. Das Gefühl, jemanden zu lieben und von diesem wieder geliebt zu werden. Er hatte natürlich nicht vergessen, dass die Liebe zwischen zwei Männer in dieser Zeit wohl kaum eine Zukunft hätte, aber daran wollte er jetzt einfach nicht denken. Für ihn zählte nur das Hier und Jetzt. Gemeinsam, Hand in Hand, liefen die beiden zum Hafen hinunter. Als sie dort ankamen, ging gerade die Sonne über dem Meer unter. Der Himmel leuchtete in zartem rosa und violett. Es war einfach umwerfend schön. Und ideal für den Moment. Ruffy warf einen leichten Seitenblick auf Tora neben sich. In diesem Licht wirkte er erhaben und geradezu göttlich. Der Gummimensch war hin und weg. Ohne darauf zu achten, ob sie irgendjemand sehen könnte, griff er mit seiner anderen Hand nach seinem Arm, drückte sich dagegen und schmiegte sein Gesicht sanft an dessen Schulter. Tora entlockte dies ein sanftes Lächeln. Er drückte Ruffy’s Hand. So standen sie da, bis die Sonne untergegangen war und darüber noch hinaus. Erst ein Geräusch riss die beiden aus ihrer Traumwelt. Ein Mann lief über den Steg und trug einen Sack von seinem Schiff. Um nicht aufzufallen, schufen die beiden Männer schnell etwas Abstand zueinander, bis der Mann vorbeigegangen war. „Ich sollte langsam mal zurück“, brachte Tora mit Mühe hervor. Nur ungern trennte er sich von dem süßen Strohhut-Jungen. Aber Chopper würde sonst noch böse werden, wenn er hier in der kalten Nachtluft herumstand. Wohlmöglich ließ er ihn dann morgen nicht wieder raus. Ruffy nickte zustimmend. Widerwillig machten sie sich auf den Weg zu Chopper. Vor der Tür wartete Robin schon auf sie. Als sie die Männer sah, kam sie ihnen entgegen. „Da seit ihr ja. Tora, ich glaube, wir haben einen wichtigen Schritt zur Aufklärung Eurer Identität gemacht.“ Sie deutete auf die Tür. „Kommt bitte mit.“ Überrascht, dass Robin plötzlich so förmlich mit ihm sprach, ließ Tora Ruffy’s Hand los und öffnete die Tür. Im Raum stand Chopper und unterhielt sich mit einer Frau mit langem, schwarzem Haar, die mit dem Rücken zur Tür saß und sich durch das Geräusch der geöffneten Tür umdrehte. Sie war auf den ersten Blick eine wahre Schönheit: ihre Haut war wie Porzellan, hell und zart. Sie hatte große, blaue Augen und schöne Lippen. Als sie Tora sah, öffnete sich ihr Mund, ihre Augen wurden groß und schimmerten feucht von den aufsteigenden Tränen. Dann sprang sie auf und rannte ihm in die Arme. „Oh Gott sei Dank, Ihr lebt!“, schluchzte sie und drückte ihn fest an sich. Tora hingegen war sehr irritiert, wusste nicht recht, ob er die Frau auch umarmen sollte. Weil er nicht reagierte, lockerte die Frau ihren Griff und sah ihm in die Augen. „Es stimmt also wirklich“, hauchte sie traurig. „Ihr erinnert Euch nicht mehr an mich, nicht wahr?“ Tora schüttelte den Kopf. Robin trat etwas näher. „Ich bin wie angekündigt zur Grenze gegangen. Dort erfuhr ich, dass diese Frau nach einem Mann suchte, der vor einer Woche verschwunden war. Ich habe sie aufgesucht und von Euch erzählt. Nachdem ich Euch beschrieb, erklärte sie sich bereit, hierher zu kommen, um herauszufinden, ob Ihr der gesuchte Mann seid. Nach ihrer Reaktion gerade zu urteilen, seit Ihr es wohl.“ „Und wer bin ich nun?“, brachte Tora ängstlich hervor. Robin ging vor ihm auf die Knie. „Ihr seit Trafalgar Law. Der Sohn des Kaisers von Zhong-Guo und dessen rechtmäßiger Thronfolger. Und die Dame in Euren Armen ist Eure Verlobte, Prinzessin Hancock.“ Tora alias Law erstarrte. Er war ein Prinz? Der Sohn des Kaisers? Dessen legitimer Nachfolger? Und er war verlobt mit dieser Frau, deren Gesicht ihm gar nichts sagte? Bei dem letzten Gedanken zuckte er zusammen und drehte sich wie in Zeitlupe zu Ruffy um. Der stand einfach nur da und sagte nichts… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)